FRAUEN FÜR MENSCHENRECHTE

UND

______FRIEDEN

BEGEGNUNG MIT TRÄGERINNEN DES ALTERNATIVEN NOBELPREISES

EINE VERANSTALTUNGSREIHE VOM 26.11. - 29.11.2008 DAS PROJEKT

Das Nord Süd Forum München e.V. engagiert sich seit fast 20 Jahren für internationale Gerechtigkeit, Menschenrechte und Globales Lernen.

Neben Veranstaltungen und Aktionen in München nach dem Grundsatz "global denken - lokal handeln" schließt dies insbesondere Bildungs- und Bewusstseinsarbeit ein.

Angesichts der negativen Auswirkungen der gegenwärtigen Globalisierung auf weite Teile der Menschheit und der Bedrohung der Lebensgrundlagen entstand im Jahr 2007 die Idee, "Begegnungen mit Alternativen Nobelpreisträgern" zu ermöglichen, die sich mit dem herrschen- den Weltbild, dem Wirtschaftssystem und unserem Lebensstil auseinandersetzen. Die Preisträger Nicanor Perlas (Philippinen), Manfred Max-Neef (Chile) und Hans-Peter Dürr (Deutschland) stellten sich dieser Auseinandersetzung in der Veranstaltungsreihe "Dialog mit der Zukunft - Die Welt anders denken".

Ermutigt durch die überaus positiven Rückmeldungen wurde für 2008 eine neue Veranstal- tungsreihe mit Alternativen Nobelpreisträgern geplant.

Anlässlich des 60. Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wurden für die Folgeveranstaltung drei Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises eingeladen, die sich explizit für die Wahrung der Menschenrechte und für Friedensarbeit in ihren Heimatländern einsetzen.

Drei Preisträgerinnen sagten ihre Teilnahme an einer Veranstaltungsreihe vom 26. - 29.11.2008 zu, nämlich die Friedensaktivistin Dekha Ibrahim Abdi aus Kenia, die 2007 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, Ruth Manorama aus Indien, die 2006 für ihren engagierten Einsatz gegen die Diskriminierung von Angehörigen der Dalit-Kaste geehrt wurde, und Irene Fernandez aus Malaysia, die im Jahr 2005 für ihr mutiges und herausragendes Engagement zur Durchsetzung der Rechte der Ärmsten ausgezeichnet wurde.

Irene Fernandez musste ihre Teilnahme kurzfristig absagen, da ihre seit 13 Jahren schwelende Gerichtsverhandlung wegen "böswilliger Veröffentlichung falscher Nachrichten" auf den Zeit- raum der geplanten Veranstaltungsreihe gelegt wurde.

Als Kooperationspartner für die Finanzierung der Veranstaltungsreihe konnten der Katholische Fonds - Kooperation Eine Welt und die Hochschule München gewonnen werden.

Geplant wurde ein Nachmittag mit Studierenden der Hochschule München, Fakultät für ange- wandte Sozialwissenschaften, und zwei Tage, an denen die Frauen getrennt einzelne Schulen besuchen und mit den Schülerinnen und Schülern ins Gespräch kommen sollten.

Kooperationspartner für Veranstaltungen im bayrischen Raum waren das Nord Süd Forum Fürstenfeldbruck, die Werkstatt Solidarische Welt e.V. Augsburg und das Nord Süd Forum Aschaffenburg.

Als Höhepunkt der Veranstaltungsreihe wurde ein öffentliches Podiumsgespräch für Freitag, 28. November 2008 in München geplant.

2 DER ALTERNATIVE NOBELPREIS THE RIGHT LIVELIHOOD AWARD

Der Right Livelihood Award, im Deutschen häufig Alternativer Nobelpreis genannt, wird an Personen, Organisationen und Repräsentanten sozialer Bewegungen vergeben, die sich mit praktischen Lösungen und Modellen für menschenwürdige Lebensweisen einsetzen. Er wird jährlich an vier Preisträger verliehen.

Die Preise wurden 1980 vom Philatelisten, Journalisten und zeitweiligen Mitglied des Europäischen Parlaments (Die Grünen/EFA) Jakob von Uexküll aus dem Erlös seines Bestandes wertvoller Briefmarken gestiftet, nachdem der Vorstand der Nobelstiftung seinen Vorschlag abgelehnt hatte, einen Nobelpreis für Ökologie und Entwicklung zu vergeben, für den Uexküll die finanziellen Mittel bereitstellen wollte. Uexküll wollte damit "jene ehren und unterstützen, die praktische und beispielhafte Antworten auf die dringendsten Herausforderungen unserer Zeit verwirklichen".

Die Stiftung wird von privaten Spendern unterstützt.

Bisher wurden von der gemeinnützigen schwedischen Stiftung 128 Preisträger aus 56 Ländern ausgezeichnet. Die Preisverleihung findet im schwedischen Reichstag mit Unterstützung von Parlamentariern aus allen politischen Parteien statt. Das Preisgeld beträgt insgesamt zwei Millionen schwedische Kronen, umgerechnet etwa 210.000 Euro. Häufig ist einer der vergebe- nen Preise ein Ehrenpreis; dann verteilt sich das Preisgeld auf die drei anderen Preisträger.

Die meisten Preisträger werden ausgezeichnet für Verdienste in den Bereichen Umwelt, Frieden, Abrüstung, Menschenrechte, Entwicklung, Kultur und Spiritualität, indigene Völker, Verbraucherschutz, Bildung, Gesundheit, Energie und Ressourcenschonung.

Die Preisträger eines Jahres werden von einer internationalen Jury bestimmt.

In Anlehnung an die Gepflogenheiten beim Nobelpreis werden auch beim Right Livelihood Award die Preisträger des Jahres Ende September/Anfang Oktober bekannt gegeben - die eigentliche feierliche Preisverleihung findet dann Anfang Dezember in Stockholm statt.

Geschäftsführer der Right Livelihood Award Stiftung ist Ole von Uexküll, Neffe des Stifters Jakob von Uexküll

Foto: Wikipedia

Jakob von Uexküll, Stifter des Alternativen Nobelpreises, (Right Livelihood Award)

3 DEKHA IBRAHIM ABDI, KENIA

Right Livelihood Award 2007

Dekha Ibrahim Abdi wurde 1964 im Distrikt in der mehrheitlich von Somali bewohnten Nordost- provinz Kenias unweit der Grenze zu Somalia geboren.

In jener Zeit herrschte in der Region der "Shifta- Krieg" (1993-1967) zwischen der kenianischen Regie- rung und Somali-Rebellen, die für den Anschluss der Provinz an ein Groß-Somalia kämpften.

Zur Aufstandsbekämpfung wurde die Bevölkerung in von der Regierung kontrollierte Dörfer umgesiedelt, und so lebte auch Dekha Ibrahim Abdi zunächst in einem solchen "Kijiji", einem Dorf oder einer Zeltstadt, wo Menschen und Vieh in einem abgeschlossenen Gebiet gehalten wurden. Viele Menschen und Tiere starben deswegen. Bis 1990 herrschte in Wajir weiterhin Ausnahmezustand.

Dekha Ibrahim Abdi selbst ist Muslimin und Somali, wuchs aber zusammen mit Menschen ver- schiedener Ethnien und Religionen in der Nachbarschaft auf. In ihrer Sekundarschule waren die Kinder nach ethnischer und religiöser Zugehörigkeit getrennt, doch Dekha pflegte seit ihrer Kindheit Freundschaften über diese Grenzen hinweg.

Nach Aufhebung des Ausnahmezustands verschlechterte sich die Sicherheitslage Anfang der 1990er Jahre weiter, Konflikte führten zu 1.500 Toten und Hass zwischen den örtlichen Clans. 1992 starteten Dekha Ibrahim Abdi und weitere Frauen wie auch Männer deshalb eine Friedensinitiative, brachten Menschen verschiedener Clans und Ethnien zusammen, führten trotz Widerständen der Clan-Ältesten Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien und erreichten schließlich ein Friedensabkommen. Zur Durchsetzung des Abkommens wurde das Wajir Peace Comittee gegründet, bestehend aus Clanvertretern, Vertretern der staatlichen Sicherheitsorgane, religiösen Führern, Parlamentariern, NGOs usw.. Dekha Ibrahim Abdi, die in einem Projekt für mobile Gesundheitsversorgung für Nomaden gearbeitet hatte, wurde zur Sekretärin des Komitees gewählt.

Das Modell des Friedenskomitees kam 1998 erneut zum Einsatz, nachdem es Übergriffe auf Christen in Wajir gegeben hatte. Das Peace Comittee wurde daraufhin aktiv, um den Dialog und die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen zu stärken. Dieses Modell kam seither in anderen Teilen Kenias, aber auch in Uganda, Äthiopien, Sudan und Südafrika zum Einsatz, Dekha Ibrahim Abdi war in Somalia, Sierra Leone, Sudan, Kanada, Kambodscha, den Philippinen, Ghana, Nigeria, den Niederlanden, Simbabwe und Großbritannien tätig. 1997 war Abdi unter den Gründungsmitgliedern der Coalition of Peace in Africa (COPA). Seit kurzem 2007 gehört sie dem Beratergremium des Berghof Forschungszentrums für konstruktive Konfliktbearbeitung an.

2005 wurde Dekha Ibrahim Abdi als Kenyan Peace Builder of the Year ausgezeichnet. Sie gehörte zu den 1000 Frauen, die für den Friedensnobelpreis 2005 nominiert waren. 2007 erhielt sie den Alternativen Nobelpreis. Sie lebt heute in .

"The participation in a peace process is not about the mathematics of numbers and percenta- ges in relation to who is in majority or minority. It is about plurality, diversity, participation and ownership of all affected by the conflict ..."

Dekha Ibrahim Abdi

4 RUTH MANORAMA, INDIEN

Right Livelihood Award 2006

Ruth Manorama wurde 1952 in Chennai (Tamil Nadu) geboren und gehört der Kaste der Dalits ("Unberührbare") an. Jedoch entkam sie teilweise den Benachteilungen dieser Schicht, indem sie und ihre Familie zum Christentum konvertierten.

Zudem profitierte sie von den wirtschaftlichen wie politischen Rechten und Förderungsmaßnahmen, die im Jahre 1950 vom damaligen Dalit-Führer Babasaheb Ambedkar eingeführt wurden. So konnten ihre Eltern, Dorothy und Paul Dhanraj, eine Beamtenlaufbahn einschlagen und Ruth und ihre sechs Geschwister studieren lassen. Manorama zählt damit zur Dalit-Elite, die damit den schlimmsten Formen der Diskriminierung und der Armut entfliehen konnten.

Manorama besuchte gute Schulen und machte 1975 ihren Abschluss auf dem Gebiet der Sozialarbeit an der Universität von Chennai.

Nicht zuletzt durch den Einfluss der Eltern, die sich ebenfalls sozial engagierten, war für Ruth Manorama klar, dass sie sich für die Menschen- rechte einsetzen würde.

Ihr Name "Manorama" ist auch ein Zeichen für ihr soziales Engagement. Es ist der Name der ältesten Tochter von Pandita Ramabai, einer Kämpferin für die soziale Gerechtigkeit der Frauen. Ramabai lebte von 1858 bis 1922 in Indien und prägte Ruth Manorama stark.

Ruth Manorama engagiert sich seit ihrem Studienabschluss für die Belange ausgegrenzter Gruppen, sei es aus sozialen, ökonomischen oder geschlechtsrelevanten Gründen. Sie enga- giert sich nicht nur, sie mobilisiert auch die betroffenen Menschen, um ihnen zu helfen ihre Lage selber verbessern zu können - eine Hilfe zur Selbsthilfe.

Sie kämpft für die Grundrechte auf Wasser, Toiletten und Strom in den Slums von Bangalore, wo sie selbst seit langem wohnt. Sie klärt Menschen über ihre Rechte auf, um ihnen Bildung zu ermöglichen, um später selbst auf eigenen Beinen stehen zu können.

Manorama ist in zahlreichen Gruppen aktiv. So engagiert sie sich im Verband der Slum- bewohnerInnen des Bundesstaates Karnataka, im "Centre for Labour", im "Christian Dalit Liberation Movement" oder im Dalit-Frauen Verband (NFDW), dessen Präsidentin sie ist.

Für ihr Engagement für die Rechte der Dalit-Frauen wurde Manorama im vergangenen Jahr mit dem "Right Livelihood Award 2006", dem Alternativen Nobelpreis, geehrt.

Manorama sieht in dieser Auszeichnung auch eine Ehrung der Dalit-Frauen, die damit in den Fokus der Öffentlichkeit geraten. Und tatsächlich berichten Medien in den heutigen Tagen über die Gesellschaft der Dalits wesentlich mehr als früher. Trotz der Anerkennung ihrer Arbeit und den Siegen, die sie erringen konnte, weiß auch sie jedoch, dass es noch enorm viel zu tun gibt.

5 IRENE FERNANDEZ, MALAYSIA

Right Livelihood Award 2005

Irene Fernandez, in Malaysia geborene Tochter eines indischen Einwanderers bekam den Right Livelihood Award 2005 für ihr mutiges und heraus- ragendes Engagement zur Durchsetzung der Rechte der Ärmsten.

Mit intensiver Bildungs- und Netzwerkarbeit grün- dete die ehemalige Lehrerin mehrere basisdemo- kratische Organisationen zur politschen Interes- senvertretung benachteiligter Bevölkerungs- gruppen. Ihre Organisation Tenaganita setzt sich vor allem für die Rechte von Gastarbeiterinnen ein. Seit 2001 ist Fernandez Vize-Vorsitzende des Frauenflügels der Oppositionspartei "Parti Keadilan Rakyat" (Volksgerechtigkeitspartei). Sie ist verheiratet und hat drei Kinder.

Im wirtschaftlich aufstrebenden Malaysia suchen viele Menschen aus Bangladesh, Indonesien, Myanmar und den Philippinen Beschäftigung - etwa drei Millionen sind es, unter ihnen sehr viele Frauen. Nur 450.000 sind legal im Land. Werden Arbeiterinnen und Arbeiter von den Behörden auf- gegriffen und können keinen legalen Status nach- weisen, bringt man sie in staatlichen Abschiebelagern unter.

1995 veröffentlichte Tenaganita einen Bericht über die desolate Situation in diesen Lagern, wo schwere Misshandlungen, sexueller Missbrauch und Unterernährung an der Tagesordnung sind. Daraufhin wurde Irene Fernandez wegen "übler Nachrede" von einem hohen Polizei- beamten angezeigt. Sieben Monate nach Veröffentlichung des Berichts wurde sie verhaftet und wegen "böswilliger Veröffentlichung falscher Nachrichten" angeklagt. Seit 1996 musste sie 310 Mal vor Gericht erscheinen. Der Schuldspruch gegen sie am 16. Oktober 2003 war ein schwe- rer Schlag für die Arbeit von Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidigern.

Eine 12-monatige Haft drohte Irene Fernandez, die Berufung einlegte und nach Zahlung einer Kaution dem Gefängnis entging. Ihre Berufungsverhandlung wurde immer wieder verschoben und verzögert, im Oktober schließlich hat man sie auf den 24. bis 28 November angesetzt - genau zu dem Zeitpunkt, an dem sie hier in München von ihrer Arbeit berichten wollte.

Am Morgen des 24. Novembers 2008 wurde sie freigesprochen - ein großer Erfolg für die Menschenrechtsaktivistin! Wir freuen uns mit Frau Fernandez und Tenaganita.

6 DAS PROGRAMM Ê Hochschultag

Die Hochschule München, Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften, lud am 26.11.08 von 13 bis 17 Uhr zu einer Begegnung mit den beiden Trägerinnen des alternativen Nobelpreises, Dekha Ibrahim Abdi und Ruth Manorama ein.

Die Veranstaltung richtete sich an Studierende, Lehrende und Gäste der Hochschule München.

Die Dekanin, Frau Prof. Dr. Susanne Elsen, begrüßte etwa 70 Studierende zu dieser Begegnung.

Die Diskussion wurde vom Bayrischen Rundfunk für das Interkulturelle Magazin aufgezeichnet.

Aus dem Bericht der Studierenden:

"Frau Elsen begrüßte zuerst unsere Gäste und alle Studierenden.

Anschließend teilte sie uns mit, dass Frau Irene Fernandez nicht an der Veranstaltung teilneh- men kann, da sie in Malaysia wegen Veröffentlichung falscher Informationen angeklagt ist und ihre Ausreise somit von politischer Seite verhindert wurde. Deshalb erwarteten wir nun die indi- sche Preisträgerin Frau Ruth Manorama, die sich zu Beginn der Veranstaltung jedoch noch im Flugzeug nach München befand. Alle drei Frauen wurden für ihre Arbeit mit dem "Right Liveli- hood Award" ausgezeichnet und wollen uns von ihrer Arbeit berichten.

Dann wurde der Nobelpreisträgerin Dekha Ibrahim Abdi aus Kenia das Wort überlassen. Sie berichtete eindrucksvoll aus ihrer Kindheit, in der sie selbst viel Gewalt und Konflikte miterlebt hatte. Sie selbst ist in einer "gemischten Nachbarschaft" aufgewachsen, wo religiöse und ethni- sche Konflikte an der Tagesordnung standen. Sie berichtete von einem Tag, an dem sie in der Schule saß und zusehen musste wie Soldaten der Regierung ein ganzes Dorf niederbrannten, anschließend trieben die Truppen die Schüler aus den Klassen und ließen sie einen ganzen Tag lang würdelos in der Sonne sitzen, "ohne Schatten, Wasser oder Essen".

Diese konflikt- und gewaltreiche Phase ihres Lebens hat sie stark geprägt und sie entwickelte mit Hilfe anderer eine Methode basisdemokratischer Friedensarbeit. Um den brutalen Bürgerkrieg zu beenden, versuchte sie Gespräche mit den verschiedenen verfeindeten Clans zu führen.

Nach einer kurzen Pause konnten wir auch Frau Manorama begrüßen, die mitsamt ihrem Gepäck direkt vom Flughafen in die Hochschule kam, um uns von sich und ihrer Arbeit zu berichten.

Sie ist die indische Nobelpreisträgerin und setzt sich vor allem für die Rechte der Dalit-Frauen ein. Die Dalits gehören zur untersten sozialen Kaste Indiens und somit auch zu einer der ärm- sten. Frau Manorama ist selbst Angehörige der Dalit- Kaste, konnte den Benachteiligungen unter denen diese Schicht litt, jedoch entkommen, da ihre Familie zum Christentum überwechselte.

7 Zudem konnte sie von politischen sowie wirtschaftlichen Rechten profitieren, die der damalige Dalit-Führer eingeführt hatte. Ihre Eltern konnten somit einen Beamtenstatus erzielen und Ruth Manorama hatte das große Glück, gute Schulen besuchen und einen Abschluss in Sozialarbeit machen zu können.

Ihre Motivation sich für Menschenrechte einzusetzen, wurde durch das soziale Engagement ihrer Eltern noch verstärkt, sodass sie sich seit ihrem Studienabschluss für ausgegrenzte Gruppen einsetzt. Manorama versucht zu helfen wo es am nötigsten gebraucht wird, erklärt den Menschen ihre Rechte, um ihnen Bildung und ein eigenständiges Leben zu ermöglichen. Sie ist auch noch in zahlreichen Gruppen aktiv, wofür sie 2006 den alternativen Nobelpreis erhalten hat, den sie selbst auch als Ehrung für die Dalit-Frauen sieht, da diese so auch ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten.

Aufgrund der englischen Sprache in der die gesamte Veranstaltung abgehalten wurde, war es uns nicht möglich jede Einzelheit zu verste- hen. Doch es muss unbedingt gesagt werden, dass beide Nobelpreisträgerinnen bemerkens- werte Persönlichkeiten sind, die sich mit viel Arbeit und Mühe für unterdrückte und ausge- grenzte Schichten einsetzen. Beeindruckend ist ihr Mut und der Kampfgeist der hinter ihrer Arbeit steht."

" Dekhas Rede war sehr ausführlich und sehr beeindruckend. Sie bezieht ihre eigenen Eindrücke mit in ihre Rede ein, meint, solch vermeintlich kleinen Dinge wie in einen Bus zu steigen und von einem Ort zum anderen fahren zu können, sollten geschätzt werden, denn sie habe erfahren, was es heißt, wenn alles um einen herum zusammenbricht. … Um 15 h kam Ruth Manorama hinzu. Trotz offensichtlicher Erschöpfung von ihrer Reise hielt sie eine aufrüttelnde Rede über ihre Arbeit. Ich empfand die Veranstaltung sehr gelungen und sehr wichtig für die Studie- renden der Sozialen Arbeit. Die Energie beider Frauen war so hoch, dass man spüren konnte, wie sie etwas in den ZuhörerInnen anstoßen und bewegen konnten. …." (Ulrike Zinsler, Begleiterin von Dekha)

"Thank you for giving me hope for this planet." (Kommentar zu Dekha nach der Veranstaltung)

" Es war einfach nur Klasse! Danke! …" (Prof. Dr. Susanne Elsen, Dekanin)

8 Ë Schultage

Das Angebot des Nord Süd Forums und der Agendakoordination Eine Welt, Trägerinnen des Alternativen Nobelpreises an Schulen einzuladen, stieß auf sehr große Resonanz. Einigen Schulen, die Interesse gezeigt haben, musste abgesagt werden, weil die zur Verfügung ste- henden Termine innerhalb weniger Tage nach dem Versand der Einladungen bereits ausge- bucht waren.

Dekha Ibrahim Abdi und Ruth Manorama besuchten jeweils vier Schulen für je zwei Unterrichtseinheiten: n Werner-von-Siemens-Realschule (Dekha Ibrahim Abdi) n Dante Gymnasium (Ruth Manorama) n Ricarda-Huch-Realschule (Ruth Manorama) n Carl Spitzweg-Gymnasium Germering (Ruth Manorama und Dekha Ibrahim Abdi) n Salvator Realschule (Dekha Ibrahim Abdi) n Pater-Rupert-Mayer-Gymnasium Pullach (Ruth Manorama) n Berufsschule für Einzelhandel Nord (Dekha Ibrahim Abdi)

Die Rückmeldungen aus den Schulen waren durchwegs positiv, auch die beiden Referentinnen und deren Begleiterinnen waren begeistert vom Interesse der Schüler und Schülerinnen.

Zitate der Städt. Werner-von-Siemens-Realschule "Am Freitag, den 28.11.2008 konnten wir die Trägerin des Alternativen Nobelpreises, Frau Dekha Ibrahim Abdi aus Kenia bei uns an der Schule begrüßen. She is a peacemaker - so ein- fach lässt sich ihre Arbeit im Englischen ausdrücken … Sie hielt ihre Rede bei uns in Englisch, das war anstrengend, aber die meisten Schüler der Klasse 8 a und 9 b konnten ihre wichtigste Botschaft verstehen und sogar im Dialog mit Dekha Beispiele auf Englisch nennen.

Schimpfwörter in Englisch können ja leider die meisten von euch besser behalten als so manche Vokabel. Friedensarbeit fängt bereits in deinem täglichen Umfeld an, indem du auf Gewalt verzichtest, auf verbal violence, auf in Worte gefasste Beleidigungen, die du deinen Mitschülern tagtäglich einfach ohne zu überlegen an den Kopf wirfst, wie 'motherf …' oder 'son of a b…'

Auch über emotional violence sprach Frau Abdi sehr lange: wir sollten daran denken, was für ein Akt der Gewalt es ist, wenn wir jemanden ausgrenzen, ihn aus welchen Gründen auch immer nicht an unseren Aktivitäten, Spielen, Gesprächen teilhaben lassen ..."

9 Zitate Dante-Gymnasium "Dabei waren alle SchülerInnen der 10. Klasse und einige Kollegiaten der Leistungskurse Geographie sowie fünf Lehrkräfte - insgesamt ca. 120 - 130 Personen. Die neue Mensa der Schule war ein idealer Rahmen.

Im Anschluss an die Ausführungen von Frau Manorama wurden zunächst nur zögernd Fragen gestellt - die Moderatorin verstand es jedoch geschickt, die Zuhörer aus der Reserve zu locken, so dass der Diskussionsteil schließlich länger wurde als der eigentliche Vortrag.

Beide Teile waren sehr, sehr eindrucks- voll. Alle hörten konzentriert und sehr ruhig zu - davon kann man in so mancher Unterrichtsstunde nur träumen.

Bei den SchülerInnen war das Echo ungeteilt positiv - die Schilderung der Situation aus erster Hand erzeugt natur- gemäß ein anderes Bewusstwerden der Situation als das Studium entsprechender Literatur oder Zeitungsberichte …."

10 Zitate Ricarda-Huch-Realschule “Frau Manorama war 90 Minuten in den drei 9. Klassen (ca. 80 SchülerInnen) …. Die SchülerInnen waren mucksmäuschenstill und lauschten gebannt. Sie selber war überrascht, wie ruhig die waren. … Zuerst hat sie ausführlich ihre Schulsituation in Indien mit der hier ver- glichen. Auch dass sie keine Musterschülerin (‘I was a naughty pupil') und Mitglied einer ‘gang' war. (Am Schluss fragte ein Junge, was aus den anderen Gangmitgliedern geworden sei: ‘doc- tors, teachers etc.'). Sie hat ihren Werdegang beschrieben und begründet, warum sie nicht das Angebot, an der Uni zu arbeiten, angenommen hatte. Sie wollte nicht abgehoben unterrichten und forschen, angesichts der Probleme, die sie um sich herum sah. Sie berichtete über ihre Arbeit in den Slums und ihren Einsatz zur Bekämpfung von Kinderarbeit, besonders ‘bonded labour' (Schuldknechtschaft). Dazu schilderte sie Einzelschicksale als Beispiel…"

Zitate Karl-Spitzweg-Gymnasium Germering “Es waren sehr beeindruckende Stunden mit den beiden Referentinnen, vielen herzlichen Dank dafür, dass wir beide erleben konnten. … Am schönsten fand ich, dass bei beiden gleich hinter- her zwei Jugendliche zu den Gästen gegangen sind, um sich zu erkundigen, wie sie selbst hel- fen können. Es war übrigens bei rund 100 Schülern mucksmäuschenstill! …"

11 Bericht Petra Bittner zum Besuch in der Salvator-Realschule “Frau Lemke hatte alles mit viel Liebe und Engagement vorbereitet. Die Schulleiterin war eben- falls sehr aufgeschlossen und engagiert. … Die ca. 50 Mädchen waren während der Veranstaltung wie gebannt und zum Schluss wurde sogar zu der von Dekha mitgebrachten Musik getanzt. Ein sehr gelungener Schulbesuch!"

12 Zitate Pater-Rupert-Mayer-Gymnasium Pullach "Vielen Dank noch einmal für die Vermittlung von Ruth Manorama! Es war eine eindrucksvolle Veranstaltung. Überwiegend aus den Leistungs- und Grundkursen Englisch nahmen ca. 60 SchülerInnen teil, die interessiert den Ausführungen von Frau Manorama folgten und im zweiten Teil der Veranstaltung Fragen stellten ..."

Zitate Städtische Berufsschule für den Einzelhandel Nord "Es wurden sehr schöne, anschauliche Beispiele gegeben - Lösung der Konflikte von unten nach oben in einer Gesellschaft - anerkennen und verstehen der Standpunkte der anderen Partei(en) durch ‘Gehen in den Schuhen des Anderen' - Christen besuchen muslimische Schulen und umgekehrt - Trennung der Begriffe Islam und Muslime - Bewertung einer Religion nur dann, wenn man diese durch Eigenstudium kennen gelernt hat, dabei sollten einzelne Symbole dieser Religion nicht verherrlicht werden - Rückbesinnung auf die Werte der jeweili- gen Religion …"

"Durch miteinander reden werden Lösungen gefunden - nicht über Verbote, Besserwisserei und Druck - seid ehrlich und konsequent - Fragen stellen und Antworten selbst suchen …"

"Die ca. 50 Schüler (ca. 18 - 20 Jahre) waren sehr aufmerksam und stellten interessante, wenngleich auch manchmal (altersgemäß) provokante Fragen, die von Dekha bereitwillig und im Detail beantwortet wurden …"

13 Ì Kooperationsveranstaltungen

Um auch unseren Kooperationspartnern im bayrischen Umland die Möglichkeit zu geben, diese hochkarätigen Gäste ihrem Publikum vorzustellen, wurden öffentliche Veranstaltungen im Landkreis Fürstenfeldbruck, in Augsburg und in Aschaffenburg organisiert.

Nord Süd Forum Fürstenfeldbruck Das Nord Süd Forum Fürstenfeldbruck lud am 27.11.08 am Gymnasium Olching zu einem Podiumsgespräch mit Dekha Ibrahim Abdi und Ruth Manorama ein.

Einführung und Moderation übernahm Dr. Geseko von Lüpke.

Die Veranstaltung fand in Zusammenarbeit mit dem Eine Welt Netzwerk Bayern statt.

14 Werkstatt Solidarische Welt Augsburg In Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Augsburg wurde Dekha Ibrahim Abdi zu einer öffentlichen Veranstaltung am 26.11.08 ins Rathaus Augsburg eingeladen. Nach einem Empfang im Rathaus trug sich Dekha ins Goldene Buch der Stadt Augsburg ein.

Auszüge aus der Rede des dritten Bürgermeisters Peter Grab:

"Dear Ms. Abdi, Dear members of our City Council, Dear members of Werkstadt Solidarische Welt, Dear Mr. Aydin of Interkulturelle Akademie,

Your visit here is not just a great pleasure for us, but also and above all a valuable present - because you have brought peace in your luggage! On behalf of our Lord Mayor, Dr. Gribl, I welcome you most warmly to Augsburg.

Peace requires steadfast, tough, permanent service, it demands stamina, leaves no room for doubt. This quote from the French politician and Nobel Prize Winner Aristide Briand applies just as much today as it did 79 years ago. Peace has to be earned, day by day, continually rene- wed; it is not an award we can adorn ourselves with.

Above all peace has to be lived from within. You, dear Ms. Abdi, have taken this conviction as the guideline for your actions. From your childhood onwards you have been possessed with the desire to live together with others in mutual respect and mutual understanding. And in spite - or maybe because your experience with war and violence you have kept hold of this dream and passed it on, not only in , but in many other countries. The world has become a more peaceful place thanks to your untiring efforts for peace and grassroots democracy - a fan- tastic achievement which was rightly acknowledged in 2007 with the Right Livelihood Award.

Your signature in the Golden Book - just about a month after Prince El Hassan bin Talal from Jordan, the winner of the Augsburg Peace Prize - should constantly remind us of our responsi- bility to live out peace and to foster it. For a city steeped in a tradition of peace, which looks from the past towards a future full of prospects. We want to continue on the path which began in 1555 with the Religious Peace of Augsburg between Catholics and Protestants. The grand Festival of Peace on August 8th and the award of the Augsburg Peace Prize every three years are important stations and the aim is to achieve a fruitful and enhancing togetherness of the various religions and cultures.

Dear Ms. Abdi, we thank you very much indeed for your visit, we are looking forward to your talk and we wish you strength for the tasks ahead and encourage you on that path. Many thanks also to the workshop "Solidarische Welt" which helped to organise this event as part of the African Weeks in co-operation with the Green faction of the Augsburg City Council."

15 Nord Süd Forum Aschaffenburg Zum Abschluss der Veranstaltungsreihe war Dekha Ibrahim Abdi für den 29.11.08 in das Martinushaus Aschaffenburg eingeladen.

16 Í Öffentliche Veranstaltung am 28.11.08 im Alten Rathaussaal München

Als würdiger Rahmen für den Höhepunkt der Veranstaltungsreihe konnte in Kooperation mit der LHM der Alte Rathaussaal für das Podiumsgespräch am 28.11.08 genutzt werden.

Etwa 250 Gäste kamen zu der Veranstaltung, die von Renate Börger moderiert wurde. Die musikalische Einstimmung übernahmen Alvaro Vidal (Gitarre), Gloria Guerzanini (Percussion) und Katharina Vigoo (Querflöte). Es begrüßte Bürgermeister Hep Monatzeder und Geseko v. Lüpke gab eine Einführung zum Right Livelihood Award. Die englischen Beiträge der Referentinnen wurden von Kristina Breith übersetzt, die Flüsterübersetzung für die Referentinnen übernahm Petra Bittner.

Die Persönlichkeit beider Preisträgerinnen und ihre Beiträge waren so überzeugend, die Moderation so souverän und die Übersetzung so hervorragend, dass das Publikum immer wieder spontan applaudierte und sich zum Schluss der Veranstaltung bei den Beteiligten mit standing ovations bedankte.

17 18 ZUSAMMENFASSUNG / AUSBLICK

Auch diese zweite Veranstaltungsreihe mit TrägerInnen des Alternativen Nobelpreises war ein voller Erfolg und gibt Mut, die Serie fortzusetzen. Besonders geglückt war die Wahl des Themas "Frauen für Frieden und Menschenrechte" und die Wahl der Referentinnen. Dass Menschenrechtsarbeit durchaus auch persönliche Risiken mit sich bringt, wurde deutlich durch die verhinderte Ausreise von Irene Fernandez. Viel zum Gelingen der Veranstaltungsreihe haben auch das engagierte und zuverlässige Team der BegleiterInnen, die ausgezeichnete Pressearbeit, gute Logistik und Koordination beigetra- gen. Der Erfolg der öffentlichen Veranstaltung im Alten Rathaussaal ist mit auf die kompetente Moderation und die hervorragende Übersetzung zurückzuführen. Sowohl Dekha Ibrahim Abdi als auch Ruth Manorama äußerten sich sehr beeindruckt über das große Interesse, das ihrer Arbeit entgegen gebracht wurde. Trotz des dicht gedrängten Programms waren beide Frauen durchgehend voller Energie und Überzeugungskraft.

19 Koordination der Veranstaltungsreihe

Geschäftsstelle des Nord Süd Forums München e.V..

Ein Team von engagierten BetreuerInnen begleitete die beiden Referentinnen zu den verschie- denen Veranstaltungen und sorgte so für einen reibungslosen Ablauf des Programms.

Medienarbeit zur Veranstaltungsreihe

Andrea Reiche war verantwortlich für die umfassende Pressearbeit, die Organisation der Pressekonferenz am 26.11.08 in der Grütznerstube, die Erstellung der Pressemappen und für die Vermittlung von Interview-Terminen mit den Preisträgerinnen.

Inge Wittenzellner begleitete als Fotografin die Frauen zu den Veranstaltungen.

20 Anhang 1

Medienberichte zur Veranstaltungsreihe Alternative Nobelpreisträgerinnen, 26.- 29. November 2008

Zeitungsberichte

Rathaus Umschau, 20.11.08 Hinweis auf Pressekonferenz unter Termine Hinweis auf Veranstaltung Feitag, 28.11. unter Termine Rathaus Umschau, 21.11.08 1 Seite Bericht unter Meldungen

SZ Nr. 277, 28.11.08 München lokal, kurzer Bericht und Veranstaltungs- hinweis Veranstaltungshinweis Serviceseite

In münchen Nr 24/ 08 Veranstaltungshinweis

Nachberichterstattung

Deutsche Welle, Islamportal qantara.de Claudia Mende, Auf Friedensmission: Dekha Ibrahim Abdi

Publik-Forum Claudia Mende, Auf Friedensmission: Dekha Ibrahim Abdi

Hörfunk

BR 2, Notizbuch, 28.11.08 Geseko v. Lüpke, Porträt Dekha Ibrahim Abdi

BR 2, Zündfunk Generator, 14.12.08 Judith Schnaubelt, Frauen für Menschenrechte und Frieden.

BR 5, Interkulturelles Magazin, 30.11.08 Eleni Illiadou, Stefan Klotz

Deutsche Welle, 30.11.08 Francis Musebeni

Internet-Ankündigungen www.afroport.de www.frauenverbaende.de www.muenchner-friedensbuendnis.de www.muenchen.de www.wir-sind-kirche.de www.tibet-munich.de www.lifeguide-muenchen.de www.dielinke-muc.de www.my-utopia.net www.luzi-m.org www.dkp-muenchen.de www.nordsuedforum.de www.einewelthaus.de

Berichterstattung über Kooperationsveranstaltungen

Veranstaltung Germering, Julia Greif, merkur.pan.fidion.de/regionen/ffb/;art8854,986958, www.merkur-online.de/lokales/nachrichten/unberuehrbare-gespraech-schuelern-22763.html

Veranstaltung Augsburg, www.forumaugsburg.de/s_4termine/aktuell/index.htm

21 Anhang 2

Auf Friedensmission: Dekha Ibrahim Abdi

"Wir können Konflikte lösen"

Dekha Ibrahim Abdi hat eine schwierige Mission, sie will Frieden stiften. In ihrer Heimat Kenia ver- mittelt sie zwischen verfeindeten Parteien auf lokaler und nationaler Ebene. 2007 erhielt sie den alternativen Nobelpreis. Claudia Mende traf die Mediatorin in München.

Als Dekha Ibrahim Abdi die Turnhalle der Salvator-Realschule für Mädchen in München betritt, kehrt schlagartig Ruhe ein. Die pubertierenden 16-jährigen Mädchen aus den neunten und zehnten Klassen können sich ihrer Ausstrahlung nicht entziehen. Ihr grünes Kopftuch rahmt das schwarze Gesicht ein, das bodenlange Kleid ist farblich abgestimmt. Ihre dunklen Augen strahlen Ruhe und Entschlossenheit aus.

Die Kenianerin ist gekommen, um auf Einladung der Organisation "Nord Süd Forum" den Münchner Schülerinnen von ihrer Arbeit als Friedensstifterin zu berichten. Denn Menschen können Konflikte lösen, auch wenn es manchmal ausweglos erscheint, so ihre Botschaft. Dekha Ibrahim Abdi ergreift das Mikrofon und erzählt mit klarer Stimme, wie sie mit einfachen Methoden zwischen Menschen vermittelt, die sonst in ihrer Wut irgendwann zu den Waffen greifen.

Was Gewalt bedeutet, weiß Abdi aus eigener Erfahrung. Sie wurde 1964 im Wajir-Distrikt im Nordosten Kenias an der Grenze zu Somalia geboren. Ethnisch gesehen ist sie eine Somali. In der nomadischen Gesellschaft Somalias haben Frauen traditionell eine starke Stellung. "In dieser unwirtlichen Gegend tra- gen Frauen seit jeher zum Unterhalt der Familien bei", sagt die Kenianerin.

Aufwachsen im Ausnahmezustand

Der Distrikt Wajir ist eine unruhige Gegend, fernab von den prominenten Konfliktherden der Welt. Bis 1990 herrschte ein Ausnahmezustand, weil somalische Rebellen für den Anschluss der Provinz an Somalia kämpften. Die kenianische Regierung zwang die Bevölkerung in bewachte Dörfer. Es gab immer wieder bewaffnete Überfälle zwischen verfeindeten Clans. Bis heute kommt es in der bitterarmen Gegend zu Konflikten um Wasserstellen, zu Viehdiebstahl und Familienfehden.

Abdi wurde Lehrerin an einer Mädchenschule und erlebte, dass manchmal Kinder auf dem Weg in die Schule getötet wurden. Als 1991 ihre erste Tochter zur Welt kam, beschloss sie etwas gegen die Gewalt zu unternehmen. "Ich werde nie vergessen, was meine Mutter mir damals sagte", erzählt sie. "Als du zur Welt kamst, musste ich dich schützen und jetzt musst du genauso um deine eigene Tochter fürchten. Hört das denn nie auf?"

Verhandeln mit den Clan-Ältesten

Mit drei weiteren Frauen begann Abdi, die Probleme im Distrikt zu besprechen. Reibereien auf dem Markt, Probleme in der Schule, Auseinandersetzungen zwischen Familien, kein Konflikt war unbedeutend. Die Frauen brachten die verfeindeten Parteien zusammen, man stritt, tobte, schrie, redete stundenlang und konnte auf diese Weise viele Probleme auf ein menschliches Maß reduzieren. "Die Menschen müs- sen ihren Zorn und ihren Ärger loswerden können, erst danach ist eine Verständigung möglich", meint Abdi. Das war der Beginn einer Karriere als Mediatorin und Friedensstifterin.

Die Frauen waren so geschickt, ihre Arbeit nicht als Frauengruppe zu deklarieren, sondern auch Männer mit ins Boot zu nehmen. "Bei uns an der muslimisch geprägten Küste Kenias muss man hinter den Kulissen arbeiten", betont Abdi. Die Frauen verhandeln mit Clan-Ältesten, Behörden, einflussreichen Geschäftsleuten und Politikern.

"Es ist relativ leicht, die Anerkennung der religiösen Führer und der Clan-Ältesten zu bekommen", sagt sie und fügt mit einem verschmitzten Lächeln hinzu: "Ich akzeptiere ihre Spielregeln. Sie vergessen dann, dass ich eine Frau bin und sehen mich nur noch in meiner Funktion."

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Schwieriger sei es mit Geschäftsleuten und Politikern. "Sie sind nicht am Gemeinwohl interessiert. Wenn man ihre Interessen berührt, dann kommen sie einem in die Quere", so Abdi. Ihre Arbeit erfordert unendli- che Geduld und große innere Stärke. "Man darf niemanden verurteilen. Sonst geht es nicht."

Heute lebt Dekha Ibrahim Abdi mit ihrem Mann, einem Augenarzt, und ihren vier Kindern in der Hafenstadt Mombasa. Sie arbeitet als Beraterin für Hilfsorganisationen, aber ihre Mission bleibt die Konfliktlösung.

Inzwischen ist ihre Arbeit auch von der kenianischen Regierung anerkannt. 2006 wurde sie gebeten, im Rift Valley zu vermitteln. 2007 erhielt sie den alternativen Nobelpreis.

Über Kenia hinaus werden heute auch in Somalia und Äthiopien Konflikte nach ihrem Modell bearbeitet. In Afghanistan arbeitet ein früherer Studienkollege, Mohammed Suleman, in der Region Kunduz mit dem Konzept der Dialog-Foren. Dort greifen sie unter dem Namen "Peace Shuras" das islamische Prinzip der Dorfversammlungen auf.

Friedensstiftung auf nationaler Ebene

Das Jahr 2008 brachte Dekha Ibrahim Abdi an die Grenzen ihrer Kraft. Im Januar brachen in Kenia nach den Präsidentschaftswahlen Unruhen aus. Amtsinhaber Kibaki hatte sich gleich am Wahlabend zum Sieger erklärt, das machte die Menschen misstrauisch. Herausforderer Raile Odinga reklamierte den Wahlsieg ebenfalls für sich. Der Konflikt entlud sich entlang ethnischer Linien.

Die resolute Friedensstifterin war zum ersten Mal auf nationaler Ebene gefragt. Vier Monate lang hat sie in drei Distrikten von Dialog-Foren aufgebaut, in denen Menschen zusammen kamen, um anste- hende Probleme zu besprechen: niedergebrannte Häuser, Plünderungen, leere Geschäfte.

Bei den Unruhen in Kenia kamen 1.300 Menschen ums Leben, 350.000 wurden vertrieben. Am 28. Februar wurde Oppositionsführer Odinga an der Macht beteiligt, die Situation beruhigte sich. Christliche und islamische Würdenträger riefen plündernde Jugendliche dazu auf, ihre Beute innerhalb von sieben Tagen zurück zu geben. Abdi blieb insgesamt vier Monate in Nairobi und sah ihre Familie nur am Wochenende.

"Nach dieser Anstrengung war ich ausgebrannt und musste dringend meine Batterien wieder aufladen", berichtet sie. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihrem Bruder fuhr sie im September und Oktober zur Pilgerfahrt nach Mekka.

Auch im Alltag braucht sie ihre regelmäßigen Gebete als Kraftquelle. "Nur wer mit sich selbst im Reinen ist, kann Frieden stiften", betont sie. Wenn Abdi wieder einmal von ihrer Arbeit erschöpft ist, geht sie zum Schwimmen in den Indischen Ozean. "Ich übergebe den ganzen Stress dem Meer. Dann geht es wieder weiter."

Claudia Mende

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Unterwegs für den Frieden

Alternative Nobelpreisträgerin Dekha Ibrahim Abdi an der Städt. Werner-von-Siemens-Realschule

Am Freitag, den 28.11.2008 konnten wir die zwischen den einzelnen Clanführern und den Trägerin des alternativen Nobelpreises, Frau religiösen Führern vermittelt. Um langfristig Dekha Ibrahim Abdi aus Kenia, bei uns an der Vertrauen in der Bevölkerung zu schaffen, sind Schule begrüßen. die Arbeit mit Frauen und der interreligiöse Dialog wichtige Bestandteile ihrer Arbeit. Die Friedensstifterin (she is a peacemaker - so einfach lässt sich ihre Arbeit im Englischen aus- drücken) Abdi wurde 2007 mit dem “Right Livelihood Award“ ausgezeichnet, “weil sie in unterschiedlichen ethnischen und kulturellen Situationen gezeigt hat, wie religiöse und ande- re Meinungsverschiedenheiten sogar nach gewalttätigen Konflikten versöhnt werden kön- nen und wie in einem kooperativen Prozess Frieden und Entwicklung erreicht werden kann“.

Sie hielt ihre Rede bei uns in Englisch, das war anstrengend, aber die meisten Schüler der Klasse 8 a und 9 b konnten ihre wichtigste Bot- schaft verstehen und sogar im Dialog mit Dekha Beispiele auf Englisch nennen (Schimpfwörter in Englisch können ja leider die meisten von euch besser behalten als so manche Vokabel). Friedensarbeit fängt bereits in deinem täglichen Umfeld an, indem du auf Gewalt verzichtest, auf verbal violence, auf in Worte gefasste Beleidi- gungen, die du deinen Mitschülern tagtäglich einfach ohne zu überlegen an den Kopf wirfst, wie “motherf…..” oder “son of a b…..”, so die englischen Beispiele. Auch über emotional violence sprach Frau Abdi sehr lange, wir sollten daran denken, was für ein Akt der Gewalt es ist, wenn wir jemanden aus- grenzen, ihn aus welchen Gründen auch immer nicht an unseren Aktivitäten, Spielen, Gesprä- Aufgewachsen in einem jahrzehntelangen chen teilhaben lassen. Guerillakrieg zwischen verschiedenen Clans und Religionen entwickelte Abdi zusammen mit Am Ende gab es noch eine fröhliche Foto- anderen eine besondere Art, um für den Frieden session, bei der alle versuchten, noch mit aufs zu kämpfen, durch nachbarschaftliche, basisde- Bild zu kommen. mokratische Friedensarbeit. Frau Magdolen Durch die Gründung ethnisch gemischter Friedensgruppen und der Entwicklung ziviler Für mehr Infos klickt auf Friedensabkommen wurde auf lokaler Ebene www.peacedirect.org/projects/dekha.html

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Bericht der Hochschule München, Fakultät für angewandte Sozialwissen- schaften, zur Veranstaltung am 26.11.2008

"We are just common people"

Ruth Manorama aus Indien informierte über die Situation von Dalit-Frauen, während Dheka Ibrahim Abdi von ihrer basisdemokratischen Friedensarbeit in Krisengebieten erzählte. Beide Frauen, die Ende November zu Gast an der Hochschule München waren, erhielten für ihr soziales Engagement den Right Livelihood Award. Zum ersten Mal begegnet sind sich Dekha Ibrahim Abdi und Ruth Manorama jedoch an der Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften. Vor zahlreichen interessierten Studierenden berichteten sie über ihre Arbeit und diskutierten mit den TeilnehmerInnen über die Bedeutung, die Chancen, aber auch die Risiken ihres Engagements. Die Ausreise der angekündigten Referentin Irene Fernandez aus Malaysia wurde kurzfristig durch die Festlegung von gerichtlichen Anhörungsterminen verhindert. Im Namen aller Fakultätsmitglieder bedauerte Dekanin Prof. Susanne Elsen die Absage der Menschenrechtsaktivistin, freute sich jedoch sehr, dass Fernandez am 24. November nach einem seit 13 Jahren laufenden Verfahren von der Anklage, gegen das Presse- und Publikationsgesetz Malaysias verstoßen zu haben, freigesprochen wurde. An ihrer Stelle konnte die Fakultät Ruth Manorama aus Indien begrüßen, die direkt vom Flughafen nach Pasing kam, um an der Veranstaltung mit den Studierenden teilzunehmen. In einem packenden Vortrag berichtete die indische Sozialarbeiterin über die Situation von Frauen in Indien, die qua Geburt der untersten Kaste der Dalit angehören. Das Kastensystem prägt nach wie vor das gesellschaftliche Leben und den Alltag der Menschen in Indien - obwohl es offiziell nicht mehr exi- stiert. Doch sowohl das politische System als auch die verschiedenen Religionen tolerieren diese Situation, da ihre gesellschaftliche Macht dadurch gestärkt wird. Die Position dieser entrechteten und ausgegrenzten Frauen zu stärken, machte sich Ruth Manorama zur Lebensaufgabe. Die konvertierte Christin wurde selbst als Dalit geboren und weigert sich, den "Namen einer Kaste, meines Vaters oder Ehemanns in meinem Ausweis zu tragen". Gemeinsam mit einer großen Zahl von betroffenen Frauen engagiert sie sich auf allen politischen Ebenen für die Durchsetzung sozialer, kultureller und ökonomischer Rechte der Dalit-Frauen. Durch die Organisation von Massenprotesten trägt ihre Arbeit dazu bei, die sozialen Folgen des Kastensystems öffentlichkeitswirksam zu thematisieren. Ruth Manorama forderte die Studierenden zudem auf, sich darüber bewusst zu sein, dass sie als AkademikerInnen das Potenzial haben, die öffentliche Meinung zu beeinflussen. Es gebe so viele Möglichkeiten, sich zu engagieren und auf gesellschaftliche Missstände hinzuweisen. "We two got a price but there are so many people in this world who are doing good work and we are just common people like them", sagte die Trägerin des Alternativen Nobelpreises über sich und ihre Mitstreiterin Dekha Ibrahim Abdi, die eindrucksvoll von ihrer Kindheit in der ostkenianischen Krisenregion Wajir erzählte. Ethnische und religiöse Konflikte waren in dieser "gemischten Nachbarschaft" ihr ständiger Begleiter. Doch bereits als Kind lehnte Dekha Ibrahim Abdi es ab, bei der separatistischen Lagerbildung mitzuma- chen und sich einer Seite anzuschließen. Stattdessen bemühte sie sich gemeinsam mit ihren Freundinnen, in den Schulpausen Freundschaften mit anderen Kindern zu pflegen - gleich welcher Religion oder Stammeszugehörigkeit sie waren. Als junge Frau entwickelte sie diese einfache Idee weiter zu einem besonderen Konzept ziviler Friedensarbeit, in dem der Dialog zwischen den ethnischen Gruppen, Generationen, Geschlechtern und gesellschaftlichen Institutionen von zentraler Bedeutung ist.

25 Anhang 4

Dekha Ibrahim Abdi engagiert sich heute sowohl in Kenia als auch in anderen Ländern für basisdemokra- tische Friedensarbeit und Konfliktbewältigung. Gerade in Krisenzeiten sei es ihrer Meinung nach die wich- tigste Aufgabe der Gemeinschaft, Solidarität und gemeinsame Werte zu erhalten, um eine Spaltung der Gesellschaft und daraus entstehende Konflikte zu vermeiden.

Ihren Erfolg sieht die Kenianerin vor allem in zwei Ursachen begründet: Zum einen gelte es, Wut, Ärger und Frustration in konstruktive Kräfte umzuwandeln. Zum anderen müsse man daran glauben, dass jede kleine Veränderung von großer Bedeutung ist. Abschließend appellierte Ibrahim Abdi an die Studierenden, sich mit der Frage auseinander zu setzen, wie sie zur Aufrechterhaltung des Friedens beitragen und sich an der gesellschaftlichen Entwicklung beteiligen können.

26 Impressum

Veranstalter

Nord Süd Forum München e.V. Schwanthalerstr. 80 80336 München

089/856375-23 www.nordsuedforum.de [email protected]

In Kooperation mit dem Katholischen Fonds - Kooperation Eine Welt, der Hochschule München - Fakultät für angewandte Sozialwissenschaften, der Landeshauptstadt München.

Das Nord Süd Forum München wird gefördert durch das Kulturreferat der LHM.

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