I BONN OKTOBER 1964 • 12. JAHRG. • EINZELH. 2,50 DM

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GESELLSCHAFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN (DGVN) ^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^^

VERLAG: PETER BUCHBENDER - BONN • BREITE STRASSE 13-15 ^^i^H DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR DIE VEREINTEN NATIONEN BONN

Präsidium: INHALTSVERZEICHNIS Dr. , Bundeskanzler a. D. Prof. Dr. Paul Barandon, Gesandter a. D., Hamburg Fritz Berg, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Köln , Regierender Bürgermeister, Berlin Zum 19. Jahrestag der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1964 Dr. , MdB, Botschaft des Präsidenten der Generalversammlung Bundesminister a. D., Bonn Bischof D. Dr. Otto Dibelius, Berlin Carlos Sosa Rodriguez Bundeskanzler Prof. Dr. Dr. h. c. Botschaft des Generalsekretärs der Vereinten Nationen U Thant . . 15Frit7 z Erler, Stellv. Vorsitzender der SPD, Bonn Ministerpräsident a. D. , Grenzen und Krisen der friedenserhaltenden UNO-Aktionen .... 158 Neuenkirchen/NE Erzbischof Dr. Lorenz Jaeger, Paderborn von Dr. Otto Leichter, New York Prof. Dr. Erich Kaufmann, Heidelberg Ministerpräsident , Gedanken über das Selbstbestimmungsrecht der Völker 166 Stuttgart von Dr. Dedo von Schenck, Vortr. Legationsrat I. Kl. im Auswärtigen Amt Reichstagspräsident Paul Lobe, Berlin Prof. Dr. Hermann Mosler, Ausbildung und Bereitstellung einer UN-Friedenstruppe 172 Max-Planck-Institut, Heidelberg Ludwig Rosenberg, von Generalmajor Indarjit J. Rikhye Vorsitzender des DGB, Düsseldorf Bundesminister a. D. Dr. Hermann Schäfer, Ergebnis der Genfer Welthandelskonferenz aus westlicher Sicht . . . 178 Bad Godesberg von Regierungsrat Dr. Rolf Möhler Bundesminister , Bonn Bundesminister Dr. Gerhard Schröder, Bonn Bundesrepublik und Internationale Arbeitsorganisation Dr. Hermann Weinkauff, Beteiligung am Technischen Hilfeleistungsprogramm der IAO . . . 180 Präsident des Bundesgerichtshofes a. D., Karlsruhe von Dr. Hans-Herbert Langen Vorstand: Prof. Dr. Walter Erbe, MdL, Tübingen Die Statistik bei den Vereinten Nationen (Schluß) 182 (Vorsitzender) Dr. Carl Eduard Bloem, Rechtsanwalt, Mannheim (Stellv. Vorsitzender) von Oberregierungsrat Dr. Günther Jacobi Frau , MdB, Pinneberg/Holst. (Stellv. Vorsitzende) UN und Sonderorganisationen in Kürze 185 Dr. Otto Junghann, Reg.-Präs. a.D., Hannover (Ehrenvorsitzender) Prof. Dr. , MdB, Heidelberg Die Bundesrepublik und die Vereinten Nationen (Ehrenvorsitzender) Dokumente und Nachrichten 189 Frau Theanolte Bähnisch, Staatssekretär a. D., Bonn Bundesleistungen an die Vereinten Nationen und Oskar Bartheis, Oberreg.-Rat, Stuttgart Staatssekretär Karl-Günther von Hase, Sonderorganisationen (Tabelle) 191 Leiter des Presse- und Informationsamtes, Bonn Klaus Hüfner, Dipl.-Volkswirt, Berlin Ministerialdirektor Dr. Josef Jansen, Entschließungen des Sicherheitsrats zu Zypern 192 Auswärtiges Amt, Bonn Dr. Erhard Klotz, Geislingen/Steige Literaturhinweise 192 Jens Naumann, stud. rer. pol., Berlin Heinz Putzrath, Geschäftsführer, Bonn Waldemar Reuter, Mitglied des Bundesvorstandes des DGB, Düsseldorf Erwin Schoettle, Vizepräsident Herausgeber : Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen, Bonn. des Deutschen Bundestages, Stuttgart Chefredakteur: Kurt Seinsch, Bonn, Simrockstraße 23, Fernruf 2 35 40/2 47 66. Frau Dr. Hildegard Wolle-Egenolf, Namentlich gezeichnete Beiträge geben die Meinung des Verfassers, nicht ohne Rechtsanwältin, Wiesbaden weiteres die des Herausgebers oder der Redaktion, wieder. Kurt Zabel, Dipl.-Volkswirt, Berlin Clemens Alfermann, Verlag: Peter Buchbender, Bonn, Breite Straße 13-15, Fernruf 31721. Vorsitzender Landesverband Nordrhein-Westfalen Postscheckkonto: Köln 420 10. Bankkonto: Dresdner Bank Bonn 31533. Otto Bach, Präsident des Abgeordnetenhauses Alle Rechte, auch die der fotomechanischen Wiedergabe, sind vorbehalten. Für von Berlin, Vorsitzender Landesverband Berlin fotomechanische Vervielfältigung zum innerbetrieblichen Gebrauch sind pro Foto• Dr. Werner Ehrich, MdBB kopierblatt 10 Pf vom fotokopierenden Unternehmen in Wertmarken an die Inkasso• Vorsitzender, Landesverband Bremen stelle für Fotokopiergebühren beim Börsenverein des Deutschen Buchhandels in Walter Gaßmann, MdB, Direktor, Frankfurt a. M. zu entrichten, gemäß dem zwischen dem BDI und dem Börsen• Vorsitzender Landesverband Baden-Württemberg verein abgeschlossenen Rahmenabkommen vom 14. 6. 1958. Dr. Erich Moelle, Präsident des Landesrechnungshofes a. D., Anzeigenverwaltung: Mönch-Verlag, 54 Koblenz, Florinsmarkt 9, Vorsitzender Landesverband Niedersachsen Fernruf 3 27 78/3 6143. Dr. Theodor K. Siegel, Bankier, Vorsitzender Landesverband Bayern Druck: Peter Buchbender, Bonn, Breite Straße 13 -15. Prof. Dr. Carlo Schmid, Erscheinungsweise: zweimonatlich. — Preis: Jahresabonnement (6 Hefte) Vizepräsident des Deutschen Bundestages, 12,— DM; bei Zustellung durch die Post (Inland) 13,20 DM; für Mitglieder der Vorsitzender Landesverband Hessen Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen beträgt der Bezugspreis jährlich 9,— DM (zuzüglich Portospesen 1,20 DM); Einzelheft 2,50 DM. Die Bezugszeit gilt Generalsekretär: ganzjährig bzw. halbjährig mit weiterer Verlängerung, falls nicht einen Monat Hans Pfenninger, Deutsche Gesellschaft vor Ablauf des Kalenderjahres gekündigt wird. Bezug durch alle Postämter, den für die Vereinten Nationen, Generalsekretariat Buchhandel und den Verlag. Bonn, Simrockstraße 23, Telefon 2 47 66. Zum 19. Jahrestag der Vereinten Nationen am 24. Oktober 1964

Botschaft des Präsidenten der Generalversammlung Carlos Sosa Rodriguez Heute habe ich zum zweiten Mal die Gelegenheit, aus Anlaß des Jahrestages der Vereinten Nationen zu den Völkern der Erde zu sprechen. In dem Jahr, auf das wir zurückblicken, haben wir immer wieder in tiefer und aufrichtiger Sorge um den Weltfrieden und die internationale Einigkeit gebangt. Es liegt zwangsläufig in der Natur der Vereinten Nationen und in dem Sinn ihres Daseins, daß sie in all die Konflikte ein• greifen, die das Uberleben der Menschheit und das Glück der Bewohner unseres Planeten bedrohen. Alle Staaten erkennen in den Vereinten Nationen die einzige Hoffnung auf Versöhnung und die einzige weltumfassende Organisation, die ge• rechte Lösungen für Situationen findet, die unabwendbar zu Gewalttaten und Unheil führen. Diese Bemerkungen über die Rolle der Vereinten Nationen scheinen übermäßig optimistisch, wenn man an die ernsten Krisen des letzten Jahres denkt und, an die großen Probleme, mit denen sich die Generalversammlung auf ihrer kom• menden Tagung befassen muß. Und doch, ich glaube aufrichtig daran, daß wir in den von den Vereinten Nationen einge• schlagenen Weg, den sie während der 19 Jahre ihres Bestehens verfolgt haben, unser Vertrauen für die Zukunft setzen dürfen, und ich bin sicher, daß der gute Wille der Völker, an die ich mich heute wende, dieses gemeinsame Unternehmen aller Länder zu einem Erfolg wie keinem gleichen in der Geschichte der Menschheit führt. Am heutigen Tage, an dem wir zur Feier eines neuen Jahrestages zusammenkommen, möchte ich als Präsident der Gene• ralversammlung Regierungen und Völkern aller Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen meine besten Wünsche über• mitteln.

Botschaft des Generalsekretärs der Vereinten Nationen U Thant Heute, am 24. Oktober 1964, dem 19. Jahrestag der Vereinten Nationen, appelliere ich erneut an verstärkte Bemühungen, unsere Organisation zu unterstützen und zu festigen. Mit den Jahren ist es nun schon Tradition geworden, den Tag der Vereinten Nationen aus Freude und aus Anlaß zu Zusammenkünften zu begehen, aber auch um der Gelegenheit willen, unsere Kräfte erneut all dem, was die Vereinten Nationen darstellen, zu widmen. Es ist ein Augenblick, um mit ruhigem Stolz auf die vollbrachten Leistungen zurückzu• blicken und mit Hoffnung und Entschlußkraft den großen Aufgaben, die vor uns liegen, entgegenzusehen. In der kurzen Zeitspanne von 19 Jahren haben die Vereinten Nationen unbestreitbar bewiesen, daß sie eine wesentliche Rolle in der heutigen Gesellschaft spielen. Die Meinungen über die Fehler und Tugenden unserer Organisation mögen zwar auseinandergehen. Einige werden ihre Schwächen hervorheben, andere ihre Tugenden preisen. Aber niemand leugnet die Notwendigkeit ihrer Existenz, denn es ist nicht mehr möglich, sich eine Welt vorzustellen, in der die Vereinten Nationen fehlen. Die Erfolge sprechen für sich selbst. In der Politik haben die Vereinten Nationen schnell und konstruktiv gehandelt, wann immer sie sich einer internationalen Krise gegenübersahen. Zur Zeit sind UN-Friedenstruppen und Beobachter• missionen in mehreren Unruhegebieten der Erde eingesetzt. Die Friedenswahrung ist sicherlich unsere größte Aufgabe, denn ein Atomkrieg könnte die ganze Erde vernichten. Doch es gibt noch andere schwere Probleme — Armut, Hunger, Unwissenheit, Krankheit, Ungerechtigkeit —, die uns fast ebenso tiefe Sorgen bereiten. Wir dürfen nicht ruhen, solange diese Geißeln Millionen von Menschen daran hindern, den ihnen zustehenden Platz in einer Welt einzunehmen, die heute allen ein zufriedenes Leben geben könnte. Unsere Aktionen im gegenwärtigen Entwicklungsjahrzehnt, um den ärmeren Ländern zur Erreichung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Wachstumsrate zu verhelfen, werden weiterhin verstärkt. Ein wesentlicher Schritt hierzu wurde im vergan• genen Jahr durch die Welthandelskonferenz getan. Gewiß, das chronische Problem der wirtschaftlichen Kluft zwischen den reichen und den armen Ländern kann nicht über Nacht gelöst werden, aber man hat hier einen ersten ermutigenden Anfang durch unvoreingenommene Beurteilung der Lage und den Versuch, auf neue Weise die Probleme anzugehen, gemacht. Auch eine weitere Konferenz dieses Jahres, die Dritte Internationale Konferenz zur friedlichen Nutzung der Atomenergie, kam den Entwicklungsländern zunutze, besonders den Ländern mit unzureichenden herkömmlichen Energiequellen. Mißverhältnisse in Wohlstand und an Möglichkeiten sind nicht die einzigen Probleme in der Welt. Die Charta bekräftigt erneut „den Glauben an die Grundrechte des Menschen, an Würde und Wert der menschlichen Persönlichkeit, an die Gleichberechtigung von Mann und Frau ... ". In diesem Jahr taten die Mitgliedstaaten einen fest entschlossenen Schritt vorwärts, indem sie die Erklärung der Vereinten Nationen über die Beseitigung jeglicher Form von Rassendiskriminierung einstimmig annahmen und die Notwendigkeit von Maßnahmen, nationale wie internationale, für ihre Verwirklichung be• stätigten. Hier ist unsere gemeinsame Front, an der wir zusammen weiterkämpfen. Jedes Jahr, das vorübergeht, ist Zeuge der Wirk• samkeit der internationalen Zusammenarbeit in dem Kampf für diese Ziele. Da nun das Jahr bevorsteht, das die General• versammlung das „Jahr der Internationalen Zusammenarbeit" benannt hat, bekräftigen wir erneut unseren Entschluß, diesen Geist der Zusammenarbeit auf alle Gebiete auszuweiten, indem wir uns zusammenschließen, um unsere gemein• samen Ziele ZU erreichen. (Ubersetzung aus dem Englischen) Grenzen und Krisen der friedenserhaltenden UNO-Aktionen DR. OTTO LEICHTER, NEW YORK

Aus dem Inhalt: Allgemeine Situation der UN in der poli• I. Politische Gefahren durch Geldmangel tischen Sommerpause — Die finanziellen Schwierigkeiten — Anwendung des Artikels 19 bei der Sowjetunion? — Stand• U Thant hatte beabsichtigt, die politische Sommerpause, punkte der Sowjetunion und Frankreichs — Sowjetische die durch die Verschiebung des Beginns der 19. Generalver• Denkschrift über UN-Friedenstruppe — Britisch-amerika• sammlung auf den 10. November verlängert zu sein schien, nische Vorschläge — Suche nach Ausweichmöglichkeitenaber in Wirklichkei— t durch die Ereignisse überhaupt nicht Zypern: U Thant warnt vor Waffeneinfuhr — Notsitzungen begann, zu einer Entschärfung der großen politischen und und Appelle des Sicherheitsrates — Türkischer Truppenaus• finanziellen Probleme als Folgen der friedenserhaltenden tausch — Erkrankung des UNO-Schlichters — Zypern vor der Aktionen der UNO zu nutzen. Seine Bemühungen waren, Generalversammlung? — Kongo: Militärischer Abzug derwi e er nach seinen Besuchen in Paris, London, Moskau und Vereinten Nationen — Südostasien — Südafrika. Washington selbst erklärte, insofern von keinem Erfolg be• gleitet, als die maßgebenden Persönlichkeiten de Gaulle, Die friedenserhaltenden Aktionen blieben auch während des Chruschtschow und Johnson an ihren bisherigen gegen• Sommers die Hauptsorge der Vereinten Nationen. Ihre un• sätzlichen Auffassungen unverändert festhielten. Er selbst gelösten und bei der gegenwärtigen Struktur der Weltorgani• habe seine Aufgabe nicht darin gesehen, die bei den be• sation auch kaum lösbaren Probleme traten weiter in den teiligten Staaten seit langem festgelegten Standpunkte zu Vordergrund. Die Probleme sind finanzieller, politischer und ändern, sondern sie über die Situation in den Vereinten militärischer Natur. Sie wurden deutlicher durch die Ende Nationen aufzuklären. Alle Beteiligten seien sich einig über Juni abgeschlossene militärische Aktion der UN im Kongo, die Notwendigkeit einer Stärkung der Vereinten Nationen. in der noch in Gang befindlichen Zypernaktion und selbst bei Uber die Wege zu diesem Ziel beständen jedoch erhebliche der verhältnismäßig kleinen friedenserhaltenden Beobach• Differenzen2. tungsaufgabe der Vereinten Nationen in Jemen. Die finanzielle Schwierigkeit der Weltorganisation, die sich Im Kongo brachen sofort nach Abzug der letzten UN-Truppen in eine noch ernstere politische verwandeln kann, besteht Stammeskämpfe aus. Politische Gegensätze führten darüber darin, daß seit dem 1. Januar 1964 die Sowjetunion der UNO hinaus zu Rebellionen, derer die Zentralregierung in dem 51 Millionen Dollar, also mehr als zwei volle Jahresbeiträge, riesigen Land bisher nicht Herr werden konnte. Die Gefahr infolge ihrer Nichtbeteiligung an den Kosten für die Pa• eines neuerlichen Zerfalls des Kongo tauchte auf und besteht lästinaaktion und die Kongoaktion schuldet. Nach Artikel 19 weiter. An eine etwaige neue militärische Aktion der UN ist der Charta haben Mitglieder, die mit ihren Beiträgen um schon allein aus finanziellen Gründen nicht zu denken. Die mehr als zwei volle Jahressätze im Rückstand sind, kein Deckung der Kosten für die abgeschlossene UN-Aktion ist Stimmrecht in der Generalversammlung. Wenn die Ver• noch nicht erfolgt. sammlung am 10. November zusammentritt, muß die Frage Die Zypernaktion zeigte in den letzten Augustwochen folgende angesprochen werden, und zwar entweder vom Präsidenten Situation: Die schwere Erkrankung des UN-Schlichters, des der vorangegangenen 18. Versammlung, der noch die Ab• finnischen Diplomaten Tuomioja, erfolgte gerade vor Beginn stimmung über die Wahl des neuen Präsidenten leitet, oder neuer aussichtsreicher Gespräche in den beteiligten Haupt• von einer beliebigen Delegation, die vor der Abstimmung städten. Erzbischof Makarios gelang es, eine direkte Ver• verlangen könnte, daß die Sowjetunion und andere Ost• ständigung zwischen Griechenland und der Türkei zu ver• blockländer, für die das gleiche gilt, bei der ersten Abstim• hindern und bisher auch den sogenaniten Acheson-Plan. mung nicht mehr mitstimmen. An diese Frage dürfte sich Hinzu kommt, daß hinsichtlich der Beteiligung der UN an der eine lange juristische und politische Auseinandersetzung Friedenswahrung auf Zypern finanzielle Schwierigkeiten po• knüpfen, die entweder mit dem Stimmrechtsverlust der litische Folgerungen zeitigen. Die auf Zypern stehenden Sowjetunion oder mit einer politischen Niederlage der Ver• UNO-Truppen in Stärke von rund 6000 Mann werden durch einigten Staaten enden würde, die in den vorangegangenen freiwillige Beiträge finanziert. Für die zweite vom Sicherheits• Versammlungen die Führung jener Gruppe in der UNO über• rat genehmigte Dreimonatsfrist, die am 26. September 1964 nommen hatten, die die Kosten für die Kongo- und die ausläuft1, ist die Finanzierung im gegenwärtigen Augenblick Palästinaaktionen als solche Ausgaben bezeichnete, die wie so, daß der Generalsekretär sich veranlaßt sah, wegen feh• ordentliche Mitgliedsbeiträge bezahlt werden müßten. Die lender Mittel mit dem vorzeitigen Abzug der UNO-Truppen amerikanische Auffassung ist durch ein Gutachten des Inter• aus Zypern zu drohen. Und schließlich, aufgeschoben, aber nationalen Gerichtshofs und einen Beschluß der General• keineswegs aufgegeben ist der Wunsch der türkischen Regie• versammlung, die dieses Gutachten anerkannte, bekräftigt rung, einen Teil ihrer auf Zypern stationierten Truppen ab• worden. Nichtzahlung der Beiträge für die genannten Ak• zuziehen und durch frische Kontingente zu ersetzen. Die tionen müßte also auf die zu zahlenden Beiträge angerechnet türkischen Kontingente befinden sich auf der Insel aufgrund werden. der Zypernverträge des Jahres 1960. Die Regierung von Zypern weigerte sich, einen solchen Wechsel zuzulassen, da 1. Die Standpunkte Frankreichs und der Sowjetunion nach ihrer Meinung die Verträge durch die Geschehnisse Die Sowjetunion und Frankreich vertreten dagegen den aufgehoben und ungültig geworden sind. Aus der gegen• Rechtsstandpunkt, daß es sich bei den Ausgaben für die sätzlichen Auffassung über die Truppenablösung kann sich Kongoaktion um „illegale" Ausgaben handele, die die Mit• ein neuer Konfliktstoff ergeben, der gefährlicher ist als die glieder nicht wie ordentliche Beiträge zu zahlen verpflichtet Kämpfe von Kokkina in den ersten Augusttagen und die seien; nur der Sicherheitsrat könne solche Ausgaben be• darauf folgenden Bombardements Zyperns durch die tür• willigen. Daher sei Artikel 19 auf die Palästina- und Kongo• tische Luftwaffe. ausgaben nicht anwendbar. In der Rechtsauffassung sind sich So verdichteten sich politische und finanzielle Schwierig• die UdSSR und Frankreich im wesentlichen einig, in der keiten bei der Durchführung von friedenserhaltenden Aktio• Praxis besteht ein Unterschied. Frankreich hat die Beiträge nen zu einer ernsten Sorge der Weltorganisation. für die Kosten der UNEF-Truppe in Palästina seit 1956 be-

158 Vereinte Nationen 5/64 zahlt, teils aus traditioneller Freundschaft zu Israel, teils hält sie kaum eine Veränderung gegenüber den starren weil sie in der Zeit vor dem Machtantritt de Gaulles an• sowjetischen Postulaten hinsichtlich der Kompetenz über liefen. Der Zahlungsrückstand Frankreichs würde nach dem solche Aktionen. Die Sowjetunion verlangt, daß diese Ak• jetzigen Verfahren erst im November 1965 die Abstimmungs• tionen ausschließlich vom Sicherheitsrat beschlossen werden, berechtigung gefährden. Für die Kongoaktion zu zahlen hat in dem sie bekanntlich über ein Vetorecht verfügt. Sie will sich Frankreich jedoch aus den gleichen Gründen wie die sich also alle Rechte vorbehalten und keiner Majorisierung Sowjetunion geweigert. Präsident de Gaulle ließ U Thant unterwerfen. Über die Finanzierung solcher Aktionen sagt gegenüber bei seinem Besuch keinen Zweifel daran, daß er die Denkschrift, daß nach internationalen Rechtsgrundsätzen seinen Standpunkt hinsichtlich der Illegalität der Kongo• der Angreifer angehalten werden soll, die Kosten für not• kosten und seiner Ablehnung gegenüber friedenserhalten• wendige Aktionen zu bezahlen. Es könnten jedoch Fälle ein• den Aktionen, sofern sie nicht vom Sicherheitsrat beschlossen treten, in denen es für andere Mitgliedstaaten gleichfalls sind, nicht geändert habe und infolgedessen Beitragsleistun• notwendig werde, sich an der Deckung der Kosten zu be• gen zur Deckung solcher Kosten auch weiterhin ablehne. teiligen: Nach dieser Haltung der französischen Regierung kam die „Die Sowjetunion wird in solchen künftigen Fällen, wenn Ablehnung durch den sowjetischen Ministerpräsidenten der Sicherheitsrat in strikter Übereinstimmung mit der Chruschtschow bei dem darauf folgenden Besuch U Thants in Charta Beschlüsse faßt, bewaffnete Kräfte aufzustellen Moskau nicht unerwartet. Chruschtschow drohte sogar eine und zu finanzieren, bereit sein, mit anderen Mitglied• Überprüfung des sowjetischen Verhältnisses zu den Ver• staaten an der Deckung der Ausgaben bei der Aufrecht• einten Nationen und gegebenenfalls einen Auszug der So• erhaltung solcher bewaffneter Streitkräfte teilzunehmen." wjetunion aus der Generalversammlung an. Diese vorsichtige Formulierung, die ausdrücklich nur für zu• Aber auch eine Abstimmung, die gegen die Vereinigten künftige Aktionen gilt, läßt nicht klar erkennen, ob und in• Staaten entscheidet und der Sowjetunion und anderen eine wieweit die Sowjetunion sich wirklich an solchen Kosten zu Freistellung von den Nichtzahlungen für die genannten beteiligen bereit ist. Deutlich aber schließt sie eine Be• Aktionen ermöglicht, kann schwerwiegende Folgen haben. teiligung an der Kostendeckung aller nicht vom Sicherheits• Die USA haben sich in dieser Sache nicht weniger festgelegt. rat genehmigten Aktionen aus. Die Haltung des Kongresses bei der Bewilligung von US- Beiträgen für die UNO könnte hierdurch ernsthaft negativ b) Britisch-amerikanischer Standpunkt beeinflußt werden und damit eine weitere Zerrüttung der Trotzdem war das sowjetische Memorandum Ausgangs• UNO-Finanzen nach sich ziehen. Beide Häuser des Kon• punkt einer Diskussion über friedenserhaltende UN-Aktio• gresses haben in einstimmigen Resolutionen die Bezahlung nen. Die britische UNO-Delegation machte in einer Zuschrift4 der Schulden an die UNO seitens aller Mitglieder gefordert. an den Generalsekretär Vorschläge, die der Sowjetunion Damit ist auch die Hoffnung, daß eine amerikanische Re• bereits in einem vertraulichen Memorandum der USA und gierung nach der Präsidentenwahl bei Beginn der 19. Gene• Großbritanniens vom März 1964 zur Lösung der Finanz• ralversammlung in dieser umstrittenen Frage größere Flexi• probleme unterbreitet worden waren. Die britische Note er• bilität zeigen könnte, verringert worden. wähnt folgende Vorschläge aus ihrem Memorandum, das bis• Die Härte des Finanzboykotts durch Frankreich und die her offiziell von der Sowjetunion noch nicht beantwortet Sowjetunion zeigt sich auch in folgendem: Gewisse Spekula• worden ist: tionen hatten sich darauf gerichtet, daß die Sowjetunion und Frankreich der UNO nach dem nunmehr erfolgten Abschluß 1. Alle Vorschläge für friedenserhaltende Aktionen sollen der Kongoaktion unter Beibehaltung ihrer Rechtsstandpunkte zuerst vom Sicherheitsrat beraten und der Generalver• durch eine großzügige Geste aus ihren finanziellen Verlegen• sammlung nur dann zugewiesen werden, wenn der Rat heiten, etwa durch Zuwendungen in anderer Form wie einer blockiert ist; Schenkung o. ä., helfen würden. Bisher ist nichts derartiges 2. ein Finanzausschuß für friedenserhaltende Aktionen, dem geschehen und auch nicht angekündigt. Paris wie Moskau unter anderem alle ständigen Mitglieder des Sicherheits• haben sich bisher auch nicht an den freiwilligen Leistungen rates angehören, soll von der Generalversammlung ein• für die Finanzierung der UN-Truppen auf Zypern beteiligt, gesetzt werden; obgleich beide Regierungen am 20. Juni im Sicherheitsrat 3. dieser Ausschuß soll Methoden für die Finanzierung für deren Verlängerung gestimmt haben und obwohl die friedenserhaltender Aktionen erwägen, etwa eine be• Aktion ebenso wie ihre Finanzierung — allerdings durch frei• sondere Beitragsskala, die von dem sogenannten 21er- willige Beiträge — vom Sicherheitsrat beschlossen war '. Ausschuß für Finanzierungsfragen erstellt werden könnten. Die Generalversammlung würde nur Finanzie• rungsvorschläge erwägen, die von dem Ausschuß mit 2. Diskussion Uber zukünftige friedenserhaltende Aktionen Zweidrittelmehrheit vorgeschlagen würden. Die Finanzkrise der UNO ist für die Organisation selbst eine Frage des Geldes. Für die nichtzahlenden Staaten, Sowjet• Diese Vorschläge sollen allen UN-Mitgliedern eine gewisse union, Frankreich und einige andere, ist es eine Frage der Sicherheit bieten, daß sie nicht zu unerwünschten oder zu Rechtsstandpunkte. Die genannten Staaten beabsichtigen weitgehenden Leistungen gezwungen werden. Die Zuständig• keineswegs, einige Millionen Dollar oder Rubel zu sparen. keit des Sicherheitsrates würde, solange er nicht durch das Die größte Schwierigkeit liegt darin, daß sich die genannten Veto aktionsunfähig wird, gewahrt bleiben; erst nach seiner Staaten so außerordentlich starr festgelegt haben. Kein Staat Lähmung solle die Generalversammlung in Aktion treten zeigt sich bisher geneigt, von seinem Standpunkt abzugehen, können. Man dachte hierbei auch an die Möglichkeit, daß weil er zudem fürchtet, sein Gesicht zu verlieren. eines Tages das kommunistische China als ständiges Ratsmit• glied über das Vetorecht verfüge. Das könnte, wie die a) Eine sowjetische Denkschrift Sowjetunion wohl weiß, auch für sie praktische Folgen Es ist möglich, daß eine Denkschrift3, die die Sowjetunion haben und sie daran denken lassen, auch ihrerseits die am 10. Juli über künftige Friedensaktionen der UN ver• Generalversammlung einzuschalten, wenn im Sicherheits• öffentlichte, in diesem Fragenkomplex eine bedeutende Rolle rat China ein Veto einlege. Dennoch ist bisher kein An• spielen wird. In ihr zeigt sich zwar eine gewisse Bereitschaft, zeichen zu erkennen, daß sich die offizielle Haltung der das Problem friedenserhaltender UNO-Aktionen aufgrund Sowjetunion ändert. Sie hat sich zu den amerikanisch• des Kapitels VII der Charta zu diskutieren, aber sonst ent• britischen Vorschlägen noch nicht geäußert.

Vereinte Nationen 5/64 159 3. Suche nach Ausweichmöglichkeiten auf Zypern1. Am 6. Juli übernahm der indische General Selbstverständlich sind alle beteiligten Kreise bemüht, es Thimayya von seinem Vorgänger Gyani das Kommando der nicht erst zu einer Konfrontation der Hauptbeteiligten in der Truppen. Die relative Ruhe auf der Insel zu der Zeit glich Generalversammlung kommen zu lassen. So wird Anfang nur der Ruhe vor einem neuen Sturm. Beide Parteien be• September der sogenannte 21er-Ausschuß unter dem bewähr• nutzten sie lediglich zu neuen militärischen Vorbereitungen. ten Vorsitz des nigerianischen Delegationschefs Adebo zu• 1. U Thant warnt vor Waffeneinfuhr sammentreten und nach einem Ausweg suchen. Es wird in Bereits am 16. Juli sah sich der Generalsekretär genötigt, an gewissen Kreisen, die die Sowjetpolitik und ihre Wandel• beide Seiten in Zypern und an die beteiligten Regierungen barkeit auch in angeblich „unabänderlichen" Positionen einen dringenden Appell zu richten, den gefährlichen Ten• kennen, nicht für unmöglich gehalten, daß die Sowjetunion denzen zu einem neuen Zusammenstoß entgegenzutreten. unter einem gewissen Druck vor allem der afrikanischen U Thants Appell wurde nicht nur durch die sich erweiternde und asiatischen UN-Mitglieder und angesichts der festen politische Kluft zwischen den beiden Gemeinschaften hervor• Haltung der USA eine Existenzkrise der UNO dennoch zu gerufen, sondern auch durch die Möglichkeit, daß einige der vermeiden trachtet, in dem sie auf einen Kompromißvorschlag Kontingente stellenden Regierungen bei einem offenen Krieg eingeht, den der 2 ler-Ausschuß vor Beginn der 19. General• zwischen Zypern und der Türkei ihre Truppen aus Zypern versammlung vorlegen könnte. zurückziehen könnten. So verlangte Schweden mehr Kompe• Im Falle des Scheiterns aller sonstigen Versuche beabsichtigt tenzen für die UNO, damit sie auf Zypern ihre Aufgabe U Thant, unmittelbar vor Beginn der neuen Generalver• besser durchführen könne. sammlung seinerseits einen Vorschlag in der Finanzfrage Mit aus diesem Grunde übermittelte U Thant am 22. Juli zu unterbreiten. In welcher Richtung sich der Vorschlag der Regierung von Zypern eine neue Note. In ihr sprach er bewegen könnte, ist bisher nicht bekannt. seine Besorgnis über die Einschränkung der Bewegungsfrei• Ein voller Zusammenprall der beiden Weltmächte in der heit der Truppe aus. Auch würde sie an der Kontrolle der UNO wegen eventuellem Entzug des Stimmrechtes der Waffeneinfuhr nach Zypern gehindert. So habe man den Sowjetunion in der Generalversammlung hätte mit Sicher• UN-Truppen den Zugang zum Hafen von Limassol ver• heit negative Folgen für die von beiden Seiten angestrebte weigert. Patrouillen der UN-Friedenstruppe sei der Zugang internationale Entspannung. Ganz allgemein herrscht trotz zu bestimmten Gebieten untersagt, ja diese seien in völliger starker Sorge immer noch die Meinung, daß eine entschei• Verletzung des Übereinkommens zwischen der UNO und der dende Konfrontation wegen der unterschiedlichen Rechts• zyprischen Regierung über den „Status" der UN-Truppe standpunkte in der Finanzfrage vermieden wird, da diese sogar durchsucht worden. Gleichzeitig machte der General• bei aller Wichtigkeit weltpolitisch gesehen doch nicht von sekretär den türkischen Vizepräsidenten von Zypern, Dr. erstrangiger Bedeutung ist. Kütschük, auf die Gefahren geheimer Waffeneinfuhr aus der Türkei nach Zypern aufmerksam. Solche Waffenimporte II. Ungelöste Zypernkrise widersprächen den UN-Resolutionen über Zypern. In einer Antwortnote, die große Besorgnis erweckte, er• Am 20. Juni 1964 beschloß der Sicherheitsrat eine drei• widerte Präsident Makarios zunächst, daß es nicht möglich monatige Verlängerung der Anwesenheit der UNO-Truppe wäre, UN-Truppen Zutritt zu solchen Stellen zu gewähren, die für die Verteidigung und Sicherheit Zyperns Bedeutung hätten. Die zyprische Regierung bedauere im übrigen die Durchsuchung von UN-Truppen, sie sei aber fallweise not• wendig gewesen, weil auf UN-Fahrzeugen „türkische Rebel• len" transportiert worden seien. Offenbar auf energisches Drängen U Thants, der in der Frage der Bewegungsfreiheit der UN-Truppen die Anrufung des Sicherheitsrates andeu• tete, revidierte Makarios seine Stellungnahme und infor• mierte den Generalsekretär, daß Zypern die volle Bewe• gungsfreiheit der UNO-Truppe garantiere; lediglich dort, wo es die Staatssicherheit und Verteidigung Zyperns erfor• derten, könnten die UN-Truppen erst nach Fühlungnahme GRIECHEN• mit der Zypernregierung Zutritt erlangen. LAND*^ 2. Notsitzungen des Sicherheitsrates Anfang August kam es zum Ausbruch offener Kämpfe in und ZYPERN um Zypern. Am 8. August verlangte die Türkei die drin• Verstärkungen Von'Türken gende Einberufung des Sicherheitsrates, nachdem türkische dus der Luft 0b kontrollierte Flugzeuge das Gebiet von Kokkina zunächst überflogen und Straße dann bombardiert hatten. Die zyprische Regierung verlangte Türkischer w j r 6 ebenfalls die sofortige Einberufung des Rates. Er trat am Brückenkopf s0- Samstagabend, dem 8. August, zusammen. Seine Mitglieder •Llef'k'a sahen angesichts der militärischen Aktionen in der Kokkina- Gegend auf dem Lande, der türkischen Interventionen aus iittiiKOSI/V der Luft, insbesondere aber auch angesichts der vom FAMA6USTA zyprischen Vertreter befürchteten und nach seiner Behaup• tung bereits im Gange befindlichen türkischen Flottenaktion Griechische Ausbildung^lagen in den Gewässern nahe Zyperns, seine Aufgabe vor allem darin, einen sofortigen Waffenstillstand zu erreichen. Der französische Delegierte Seydoux gab diesem Wunsch Aus• LIMASSOL druck und forderte den norwegischen Präsidenten des Rates, Botschafter Nielsen, auf, einen solchen Appell an die Betei• Wl J" \w Griechische Ldndungen ligten zu lancieren.

160 Vereinte Nationen 5/64 Eine Unterbrechung der Sitzung bis nach Mitternacht zur telefonischen Rücksprache einiger Delegierter mit ihren Re• gierungen führte zu keinem Ergebnis, da einige Verbindungen nicht hergestellt werden konnten. Der Rat vertagte sich auf den Nachmittag. Er trat dann aber wegen inzwischen erfolg• ter weiterer türkischer Bombardements auf zyprisches Gebiet am gleichen Sonntagvormittag bereits um 11.00 Uhr wieder zusammen. Auf Vorschlag des Botschafters der Elfenbeinküste einigte sich der Rat unbeschadet der weiteren Ratsverhand• lungen und ihres Ausgangs auf einen sofortigen Appell an die Regierungen der Türkei und Zyperns. Der Präsident ersuchte daraufhin die türkische Regierung, sofort die Bombardierung und die Anwendung von Waffengewalt jeder Art gegen Zypern zu beenden, und die zyprische Regierung, den ihrer Kontrolle unterstehenden bewaffneten Streitkräften die unverzügliche Feuereinstel• lung zu befehlen. Mit diesen Appellen allein war die kritische Situation nicht beseitigt. Die Debatte selbst stand im Zeichen eines Ulti• matums, das der griechische Botschafter Bitsios dem Sicher• heitsrat im Namen seiner Regierung bekanntgab: Wenn die türkische Luftaktion über Zypern nicht bis drei Uhr Sonn• VII. tag nachmittag aufhöre — es war zu dieser Zeit gegen US-Flotte Mittag —, würde Griechenland sowohl mit seiner Luftwaffe als auch mit allen anderen militärischen Mitteln Zypern zu Hilfe kommen. Der Sicherheitsrat sah sich in die Notwendigkeit versetzt, KAMBODSCHA einen noch stärkeren Waffenstillstandsappell in Form einer SUDVIETNAM Resolution 5 zu erlassen. Die USA und Großbritannien legten einen Text vor, in dem ßän%thu^hatang der vorgenannte Appell des Präsidenten des Rates zuerst Dafafj noch einmal bekräftigt wurde. Alle Beteiligten wurden ferner aufgefordert, „voll mit dem Kommandanten der Vereinten Nationen bei der Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit zusammenzuarbeiten". Schließlich forderte JBfcföwM. Nächschub die Resolution alle Staaten auf, „alle Handlungen zu unter• lassen, welche die Lage verschlimmern oder zur Ausbreitung der Feindseligkeiten beitragen könnten". Der Text wurde ^Kommm. Hauptquartiere mit 9 Stimmen, bei Stimmenthaltung der Sowjetunion und der Tschechoslowakei, angenommen. Die beiden kommunisti• flWkm - Südviettiam^'Luftstützpunkte schen Mitglieder, die zu Beginn der Sitzung am Samstag• abend in einer einstündigen Geschäftsordnungsdebatte Priori• tät für den Redner von Zypern vergeblich durchzusetzen ver• 3. Neuer Appell des Sicherheitsrates sucht hatten, bemühten sich, den zyprischen Standpunkt zu Der Rat trat am 11. August erneut zu einer Sitzung zusam• unterstützen, wollten andererseits aber nicht die Verant• men. Zypern hatte sie wegen der weitergehenden Überflie• wortung für eine Verhinderung einer Resolution und damit gung der Insel durch türkische Flugzeuge verlangt. Nach einer Aktion des Sicherheitsrates in dieser kritischen Situa• einer eingehenden Debatte über einen Ausgleich faßte der tion dadurch übernehmen, daß die Sowjetunion gegen den norwegische Ratsvorsitzende Nielsen das Ergebnis als Uber• vorgelegten Text ein Veto einlegte. einstimmung ohne Abstimmung in folgendem Text zusam• Während also bei den kommunistischen Mitgliedern des Rates men: die Tendenz bestand, sich zumindest nach außen hin mit den „Der Sicherheitsrat nimmt mit Befriedigung zur Kenntnis, zyprischen Auffassungen zu identifizieren, war bei den daß der Waffenstillstand in ganz Zypern beachtet wird; übrigen Mitgliedern des Rates der Wunsch vorherrschend, fordert die Parteien auf, die Entschließung vom 9. August kriegerischen Aktionen auf beiden Seiten so rasch als mög• (S/5868) voll zu befolgen; ersucht alle Regierungen, alle lich Einhalt zu gebieten. Es war auch unverkennbar, daß die Flüge über dem Territorium von Zypern, die seine Souve• Vereinigten Staaten, die bei früheren Gelegenheiten den ränität verletzen, einzustellen; fordert den Kommandanten türkischen Aktionen und Absichten gegenüber Zypern kri• der UN-Truppe auf, die Einhaltung des Waffenstillstandes tisch gegenüber gestanden hatten, nun Verständnis für die zu beaufsichtigen und Einheiten in den Zonen, die Schau• fast ausweglose Situation zeigten, in der sich die türkische platz der jüngsten militärischen Operationen waren, zu Minderheit auf Zypern befand. Dies schien wiederum die verstärken, um die Sicherheit der Einwohner zu gewähr• türkische Regierung zu ihren militärischen Aktionen zu leisten; ersucht alle, die in Frage kommen, mit dem UNO- zwingen. Kommandanten zusammenzuarbeiten und ihn bei der Er• Der Appell des Rates war von Erfolg begleitet. Am Abend füllung seiner Aufgabe zu unterstützen." des 10. August konnte der Generalsekretär aufgrund ein• gegangener Berichte mitteilen, daß die beiden Appelle von Der Kompromiß, der diesem Text zugrunde lag und hinter den Parteien respektiert würden und der Waffenstillstand den Kulissen des Rates in der fünfstündigen Sitzung er• in Kraft getreten sei. reicht wurde, besteht in der Aufforderung an alle Regie-

vereinte Nationen 5/64 161 rungen, nicht allein an die türkische, eine Überfliegung punktes der zyprischen Regierung liegen, demzufolge die Zyperns zu unterlassen, und in der Aufforderung an den Londoner Verträge von 1960, aufgrund deren die türkischen UN-Kommandanten, die UNO-Truppe in der kritischen Truppen auf Zypern stationiert sind, in der Tat nicht mehr Gegend von Kokkina zu verstärken. Dies entsprach vor bestehen. Aber ein Zwischenfall bei der Landung der tür• allem einer Anregung der US-Delegation, die aufgrund kischen Truppen würde nicht nur Kampfhandlungen zwischen eigener Informationen die Auffassung hatte, daß auch nach den beiden zyprischen Gemeinschaften, sondern vor allem Feuereinstellung die Lage der Türken in der Gegend von einen kriegerischen Zusammenstoß zwischen der türkischen Kokkina kritisch sei. Die türkische Regierung stellte nun die Streitmacht und der zyprischen Regierung bedeuten. Dies Flüge über Zypern ein, forderte aber, daß sich die zyprischen könnte aber das Startzeichen zu einem umfassenden Lan- Griechen auf jene Stellungen zurückziehen sollten, die sie dungsversuch der Türken auf Zypern zum Schutz ihrer vor Beginn der Kämpfe am 5. August besetzt hatten, also die Truppe und damit den Ausbruch eines regelrechten Krieges Eroberungen vor dem Eintreten des Waffenstillstandes wieder darstellen. aufgäben. Diese Forderung wurde jedoch nicht durchgesetzt. Die Lage auf Zypern ist seitdem im ganzen ruhig geblieben. 5. Finanzierungskrise auch der Zypernaktion Die Türken führten bei der UNO wiederholt Beschwerde Aufgrund der Resolutionen des Sicherheitsrates über die über die Wirtschaftsblockade gegenüber verschiedenen tür• Zypernaktion vom 4. März7 und 20. Juni1 1964 sollte die kischen Siedlungen. Der militärische Kommandant und der Kostendeckung der UN-Aktion in Zypern entweder durch politische Vertreter des Generalsekretärs in Zypern setzten die Truppen stellenden Länder selbst oder durch freiwillige bei Erzbischof Makarios eine Erleichterung der Lebensmittel- Beiträge anderer Staaten und durch die Regierung von und Wasserversorgung der Türken durch, aber die Beschwer• Zypern erfolgen. Wenn U Thant in seinem Bericht8 an den den der türkischen Minderheit dauern an. Trotzdem ist es im Sicherheitsrat vom 15. Juni diese Finanzierungsmethode als ganzen gelungen, den labilen Waffenstillstand aufrechtzuer• unbefriedigend bezeichnete, so gab ihm die weitere Ent• halten. Die Appelle des Rates blieben nicht wirkungslos. wicklung recht. In zwei Berichten9 an den Rat vom Ende August wies U Thant 4. Truppenaustausch verschoben darauf hin, daß für den sechsten Monat der Zypernaktion Inzwischen drohte Ende August eine neue, in gewisser Be• — die Aktion hatte offiziell am 26. März begonnen und wurde ziehung ernstere Krise wegen Zypern auszubrechen. Die durch Beschluß des Rates vom 20. Juni bis 26. September türkische Regierung beabsichtigte, von ihrem Truppen• verlängert — keine finanziellen Mittel mehr zur Verfügung kontingent in Stärke von 650 Mann, das auf Zypern aufgrund ständen. Die freiwilligen Beiträge für das zweite Quartal der Verträge aus dem Jahre 1960 stationiert ist, einen Teil waren hinter denen des ersten zurückgeblieben. Es fehlten zu „rotieren", d. h. Truppen, die schon lange im Dienst stan• 2 Mill. $ an den Gesamtkosten in Höhe von 12,3 Mill. $. den, durch frische zu ersetzen. Die Türkei verständigte die U Thant erklärte, daß unter diesen Umständen der Rat die UNO und ersuchte sie um entsprechenden Schutz dieser weitere Verantwortung trage, und eine vorzeitige Zurück• Operation. Die zyprische Regierung dagegen vertrat den ziehung der UN-Truppen sei nicht zu vermeiden, wenn nicht Standpunkt, daß die Türkei nach der von Makarios verfügten weitere Mittel zur Verfügung gestellt würden. Aufhebung des sogenannten Allianz-Vertrages kein Recht Jedenfalls wird, selbst wenn das Verbleiben der UN-Truppen mehr hätte, Truppen auf Zypern zu unterhalten. Die zyprische bis 26. September finanziell gesichert werden könnte, Mitte Regierung würde also die Landung der türkischen Truppen September eine Entscheidung über die Fortsetzung der Ak• nicht mehr zulassen. tion über den 26. September hinaus getroffen werden müssen. Wie der Generalsekretär in einem Bericht6 an den Sicher• Die kritische Lage auf Zypern einerseits, die begrenzten Er• heitsrat vom 29. August betonte, löste die Absicht einer folge, die die UN-Aktion bis jetzt dort zu verzeichnen hatte, Truppenauswechselung eine neue Krise aus. U Thant erklärte, auf der anderen Seite sind bei der Entscheidung darüber zu daß die UNO den von der Türkei verlangten Schutz ihres erwägen, ob eine Fortsetzung der Aktion sinnvoll ist. Die Truppentransportes durch die UNO-Friedenstruppe auf Gefahr eines Ausbruchs offener Feindseligkeiten im Falle Zypern abgelehnt habe, weil dies nach den Beschlüssen des eines Abzuges der UN-Truppen bleibt wahrscheinlich der Sicherheitsrates nicht unter die Kompetenz der UNO-Truppe ausschlaggebende Gesichtspunkt. falle. Die UNO könne lediglich die Truppenauswechselung „beobachten", wie dies auch bei dem von der griechischen 6. Die Erkrankung des UNO-Schlichters Regierung am 3. Juli vorgenommenen Truppenaustausch Unmittelbar bevor derUNO-Schlichter Tuomioja am 17. August geschehen sei. mit neuen Vorschlägen von Genf, wo er seine neue Mission U Thant wies ferner darauf hin, daß er sich an die zyprische sorgsam vorbereitet hatte, in die entsprechenden Haupt• und türkische Regierung mit dem Ersuchen gewandt habe, städte reisen wollte, erlitt er einen Schlaganfall, der es ihm keine neue Krise heraufzubeschwören. Die zyprische Regie• nicht mehr erlaubte, die Vermittlungsaktion weiterzuführen. rung hätte auf ihrem ablehnenden Standpunkt beharrt, und Einen „grausamen Schlag" nannte U Thant Tuomiojas Er• die türkische Regierung habe sich ebenfalls geweigert, einer krankung. Er war um so folgenschwerer, als eine gewisse von ihm vorgeschlagenen Verschiebung um wenige Wochen Hoffnung bestand, daß Griechenland und die Türkei sich in zuzustimmen. Unter diesen Umständen sehe er sich genötigt, direkten Kontakten über einen Vorschlag einigen könnten, den Sicherheitsrat zu alarmieren. Im Augenblick der Ver• der als „Acheson-Plan" bekannt wurde. Der frühere US- öffentlichung des Berichtes des Generalsekretärs wurde eine Außenminister Dean Acheson hatte auf Ersuchen Präsident Erklärung der türkischen Regierung bekannt, daß sie die Johnsons in Genf hinter den Kulissen Grundlagen für einen Truppenauswechselung „um kurze Zeit verschiebe". Vermittlungsvorschlag entworfen. Der Plan sieht die ENOSIS, So verhallte der Appell des Generalsekretärs im Augenblick d.h. die Vereinigung Zyperns mit Griechenland, bei weitgehen• nicht ungehört, aber der Truppenaustausch bleibt eine poten• den Minderheits- und Selbstverwaltungsrechten für die tür• tielle Gefahr für die nähere oder weitere Zukunft. Die da• kische Minderheit, eine türkische Militärbasis auf Zypern im mit angesprochene Frage rührt an die juristischen, politi• Rahmen der Nato und eine Entschädigung der Türkei durch schen und militärischen Grundlagen auf Zypern. Wenn die eine kleinere griechische Insel vor. Die neue Reise Tuomiojas türkische Regierung auf die Auswechslung der Truppen ver• schien auch deshalb gute Aussichten zu bieten, weil sie in zichtet, nachdem die griechische sie vorgenommen hat, könnte die Zeit der leichten Entspannung nach den bedrohlichen Er• darin eine indirekte De-facto-Anerkennung des Stand• eignissen zu Anfang August gefallen wäre. Eine direkte Dis-

162 Vereinte Nationen 5/64 kussion zwischen Ankara und Athen lag in Reichweite. Da• UNO-Aktion im Kongo vom 29. Juni 196411 an den Sicherheits• bei hoffte man, Erzbischof Makarius so unter Druck setzen zu rat bezeichnet der Generalsekretär die Aufstellung der UNO- können, daß er einem Ausgleichsplan zustimmen müßte. Die Friedenstruppe für den Kongo im Jahre 1960 „als eine be• Erkrankung Tuomiojas führte offenbar eine Wendung herbei; merkenswerte und dramatische Bekundung der Weltsolidari• es gelang nun dem zyprischen Präsidenten und den hinter tät". Nach Meinung U Thants, der 1960 noch kein General• ihm stehenden Kräften in Athen, eine solche Verständigung sekretär war, hätten die Vereinten Nationen, als sich der zu verhindern. Sie hatten Zeit gewonnen. kongolesische Präsident Kasavubu und Ministerpräsident Lumumba an die Organisation wandten, nicht die Möglichkeit 7. Zypern vor der Generalversammlung? gehabt, die erbetene Hilfe abzulehnen, ohne einen schweren Jedenfalls war auch das politische Bild der Schlichtungs• Vertrauensverlust in der ganzen Welt zu erleiden. Die An• aktion in Zypern Ende August nicht ermutigend. Acheson wesenheit der UNO-Truppe war der entscheidende Faktor kehrte aus Genf nach Washington zurück, offenbar unter für die Wahrung der territorialen Integrität des Landes; auf dem Eindruck, daß sein Plan an dem Widerstand des Präsi• ihr Wirken hin mußten die ausländischen Söldner in Katanga denten Makarios gescheitert war und daß es im Augenblick ihre Tätigkeit einstellen, und ihr fällt ein Hauptteil an dem weder einen aktionsfähigen UNO-Schlichter noch einen kon• Verdienst zu, einen weitverbreiteten Bürgerkrieg im Kongo kreten Schlichtungsvorschlag mit Aussicht auf Erfolg gab. verhindert zu haben. So faßt der Generalsekretär die wich• Diese Erschwerung der Lage führt auf die Absicht von Erz• tigsten Leistungen der militärischen Anwesenheit der UN- bischof Makarios zurück, eine direkte Einigung zwischen Truppe im Kongo zusammen. Griechenland und der Türkei zu verhindern und die Zypern• frage in der am 10. November beginnenden Generalversamm• Der Ausbruch der neuen inneren Unruhen im Kongo ist im lung aufzurollen und in ihr auf eine Resolution loszusteuern, wesentlichen darauf zurückzuführen, daß es während der die Zypern ein uneingeschränktes Selbstbestimmungsrecht fast vierjährigen militärischen Anwesenheit der UNO im einräumt. Makarios hofft, mit diesem, den antikolonialen Kongo nicht gelungen ist, in ausreichender Zahl disziplinierte Gefühlen in der Generalversammlung entgegenkommenden kongolesische Militär- und Polizeieinheiten aufzustellen, die Losungswort eine Volksabstimmung auf Zypern zu erreichen, die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung zu garan• deren Ergebnis die bestehenden internationalen Verträge tieren und Stammes- oder politische Unruhen zu verhindern ablehnen und letztlich auch der türkischen Minderheit — vermöchten. Als der Sicherheitsrat im Juli 1960 die Aufstel• etwa 18 Prozent der Gesamtbevölkerung — den Willen der lung einer UNO-Truppe für den Kongo einstimmig beschloß n, griechischen Mehrheit auferlegen würde. Dabei hofft Ma• sollte es eine der Hauptaufgaben der UNO-Truppe sein, der karios sowohl auf die Unterstützung der Afrikaner und Regierung bei der Reorganisierung und Schulung der kongo• Asiaten wie des Ostblocks. Ob angesichts der für viele UN- lesischen Armee zu helfen, damit diese in die Lage versetzt Mitglieder heiklen Minderheitsfragen der Plan von Makarios würde, die Verantwortung für die öffentliche Ordnung zu in der Generalversammlung Erfolg hat und welche praktisch• tragen. Zu einem wirklich ernsten und durchgreifenden Ver• politischen Wirkungen er für die Lage auf Zypern und für such einer Schulung und Disziplinierung der kongolesischen die türkische Haltung haben wird, sind offene Fragen. Armee ist es nicht gekommen. Über die Gründe ist man ver• Es erhebt sich noch eine andere sozusagen verfassungsrecht• schiedener Meinung. Einige, die im Kongo waren, sind der liche Frage: Nach der UNO-Charta sind Themen, die auf der Meinung, daß der Oberbefehlshaber der kongolesischen Tagesordnung des Sicherheitsrates stehen, von einer Be• Armee, Mobutu, keine „Einmischung" zuließ. schlußfassung durch die Generalversammlung ausgeschlossen. U Thant selbst nennt in seinem Abschlußbericht über den Zwar wurde die Kongofrage seinerzeit — allerdings auf• Kongo noch einen anderen Grund: die tiefe politische Mei• grund der Entschließung „Uniting for Peace" 10 — ebenfalls nungsverschiedenheit hinsichtlich der Reorganisation der von der Generalversammlung diskutiert, obwohl sie vor dem kongolesischen Armee zwischen dem früheren kongolesischen Sicherheitsrat anhängig blieb. Jedenfalls wurde Ende August Ministerpräsidenten Adoula, dem Generalsekretär und dem die Absicht, die Generalversammlung mit der Zypernfrage UNO-Beratungsausschuß für den Kongo. Im Dezember 1962 zu befassen, als ein weiteres Hindernis für eine Verbesserung ersuchte Adoula die UNO, bei der Schulung der Armee zu der Schlichtungsaussichten angesehen. helfen. Adoula wünschte von Belgien, Israel, Italien, Kanada und Norwegen das Personal und das Material zur Schulung der kongolesischen Armee und von den USA die logistische III. Kongo Hilfe. Die UNO sollte die Tätigkeit der Ausbildungskontin• gente koordinieren. U Thant erklärt in dem Bericht, daß 1. Die Lage nach Abzug der UN-Truppe sowohl er wie der UNO-Beratungsausschuß für den Kongo Die militärische Anwesenheit der UN im Kongo endete am gegen diese im wesentlichen zweiseitige Planung, nämlich 30. Juni nach fast vierjähriger Dauer. Es war die größte zweiseitig jeweils zwischen der Kongo-Regierung und jeder Aktion, die die UNO seit ihrer Gründung unternommen hat. der genannten sechs Regierungen, Bedenken hatte. Der Gene• Das gilt für die Größe des Gebietes, auf das sich die UNO- ralsekretär lehnte es daher seinerzeit ab, den sogenannten Präsenz erstreckte, für die Anzahl der Länder, die der UNO „Schirm der Vereinten Nationen über diesen Plan" zu ent• Truppen zur Verfügung stellten, für die Kosten der Aktion falten. Ungeachtet dessen wandte sich Adoula an jede der und nicht zuletzt für die Fülle der Verwaltungs-, wirtschaft• genannten Regierungen. Einige von ihnen stellten Hilfe in lichen und politischen Probleme, die in einem Lande zu lösen Aussicht. Da aber auch afrikanische Mitglieder des UNO- oder wenigstens in Angriff zu nehmen waren, das die zehn• Beratungsausschusses ihn ablehnten, konnte der Reorgani• fache Größe der Bundesrepublik hat und in dem wenige sationsplan nicht zur Durchführung gelangen. Tage nach dem Beginn seiner staatlichen Selbständigkeit jede Solange der riesige Kongostaat nicht in der Lage ist, aus Ordnung zusammengebrochen war. eigener Kraft Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten, werden Neue Zerfallserscheinungen im Lande begannen sich bereits Krisen vorkommen. Es ist nicht von der Weltorganisation im Hinblick auf das bevorstehende Ende der militärischen zu vertreten, daß Belgien seine Kolonie Kongo 1960 zu früh Anwesenheit der UNO zu zeigen. Sie erreichten nach dem und nicht ausreichend vorbereitet in die Selbständigkeit ent• gänzlichen Abzug der UNO-Truppen ein bedenkliches Aus• lassen hat. maß. So ist eine abschließende Würdigung des Erfolges oder Mißerfolges der vier Jahre währenden militärischen Anwesen• War es zweckmäßig und angebracht, die militärische An• heit der UNO im Kongo im gegenwärtigen Augenblick nicht wesenheit der UN im Kongo am 30. Juni dieses Jahres zu möglich. In seinem Bericht über das Ende der militärischen beenden, wo sich schon im Frühjahr in verschiedenen Teilen

Vereinte Nationen 5/64 163 des Landes Unruhen zeigten? Hierauf erklärte der General• Und schließlich war auch der Gegensatz zwischen Indonesien sekretär auf seiner Pressekonferenz vom 20. August, die und dem vor einem Jahr gegründeten Bundesstaat Malaysia Zurückziehung der UNO-Truppe aus dem Kongo sei eine bis zum Abschluß dieses Berichtes kein Verhandlungsgegen• Folge der Entschließung der Generalversammlung gewesen, stand. die ihn nur zur Finanzierung der Truppe bis zum 30. Juni 1964 ermächtigt habe. Ein kompetentes Organ der UN (Sicher• 1. Nordvietnam und die USA heitsrat oder Generalversammlung) habe keinen neuen Wegen der Angriffe nordvietnamesischer Flotteneinheiten Beschluß, der für ihn verbindlich gewesen sei, gefaßt. Er gegen im Golf von Tongking befindliche US-Kriegsschiffe in wisse nicht, ob das politisch ein Fehler gewesen sei. Finanziell den ersten Augusttagen richteten die USA in der Nacht vom habe es keine andere Lösung gegeben. Außerdem habe die 4. zum 5. August eine dringende Beschwerde an den Sicher• Kongo-Regierung selbst keinen Antrag auf Verbleiben der heitsrat und forderten die sofortige Beratung „der ernsten UN-Truppe über den 30. Juni hinaus gestellt. Situation, die durch die gezielten Angriffe des Hanoi-Regimes Ohne Zweifel ist das Ende der militärischen Anwesenheit gegen US-Flottenfahrzeuge in internationalen Gewässern ent• der UNO im Kongo wesentlich durch ihre finanzielle Lage, standen war". Gleichzeitig informierten die USA den Rat, vor allem als Folge des Zahlungsboykotts einer Reihe von daß US-Flugzeuge in Ausübung des Rechtes auf Selbstver• Ländern gegenüber Ausgaben der Vereinten Nationen im teidigung nordvietnamesische Stützpunkte bombardiert hät• Kongo, bedingt. ten. Die USA verhielten sich damit wie bei früheren ähnlichen 2. Die Zivilaktionen im Kongo gehen weiter Gelegenheiten. Auch 1958, als amerikanische Marine-Infan• Die bisher größte UNO-Aktion auch auf dem Gebiete der terie im Libanon landete, informierten die USA sofort den Wirtschafts- und Entwicklungshilfe geht im Kongo weiter. Sicherheitsrat. Dasselbe geschah während der Kubakrise, Es gibt kaum einen Zweig der Verwaltung und Wirtschaft, als unmittelbar nach der Ankündigung der Quarantäne gegen• auf dem die von der UN-Familie, das heißt von der UNO über Kuba Präsident Kennedy am 22. Oktober 1962 die selbst und von ihren Sonderorganisationen, bereitgestellten dringende Einberufung des Rates verlangte. Fachleute nicht einen maßgebenden Einfluß ausgeübt hätten Die Anrufung des Rates in der Frage Nordvietnam hatte vor und ausüben. Mag das Urteil über den Wert der militärischen allem den Zweck, die Erklärungen, die Präsident Johnson im Anwesenheit der Vereinten Nationen im Kongo noch schwan• Augenblick der amerikanischen Gegenmaßnahmen selbst ab• ken und der endgültigen Abklärung bedürfen, hinsichtlich gegeben hatte, noch einmal und mit besonderem Nachdruck der zivilen Leistungen der UNO im Kongo gibt es eine solche vor dem internationalen Forum des Sichterheitsrates zu Unsicherheit nicht. Sie sind im Rahmen des Möglichen so wiederholen. So erklärte Stevenson in den Ratssitzungen am umfangreich und positiv, daß sie insgesamt nur Anerkennung 5. und 7. August, die Aktion der USA gründe sich auf das und Zustimmung gefunden haben. Es wird auf die Zivil• Recht zur Selbstverteidigung, die auch nach der UNO-Charta operationen der Vereinten Nationen im Kongo noch beson• erlaubt sei. Die US-Position im Rat war also nicht Berufung ders zurückzukommen sein. auf einen Vergeltungsakt oder eine militärische Repressalie, sondern Inanspruchnahme des Rechtes auf Selbstverteidigung. IV. Südostasien und Südafrika Dies erschien als juristische Begründung um so angezeigter, Die politischen Probleme und Krisen in Südostasien blieben als der Rat die britischen Vergeltungsmaßnahmen gegen weiterhin am Rande der Tätigkeit der UNO. Das gilt sowohl Jemen am 9. April 1964 in einer Entschließung13 „als unverein- für Südvietnam hinsichtlich seiner kritischen Beziehungen zu Kambodscha, womit der Sicherheitsrat im Juni kurz be• U Thants Reise im Sommer dieses Jahres führte u. a. zu Begeg• faßt war, das gilt gleichermaßen für das südvietnamesische nungen mit dem bisherigen englischen Premierminister, Sir Alec Problem als Teil einer Konfrontation zwischen den USA und Douglas-Home (Bild links), mit seinem Nachfolger Harold Wilson (linkes Bild Mitte), mit Chruschtschow im Kreml (rechtes Bild Mitte) dem nordvietnamesischen Regime von Hanoi, das im August und mit Präsident Johnson im Weißen Haus. (Rechtes Bild; s. VN vorübergehend Beratungsgegenstand im Sicherheitsrat war. Heft 4/64 S. 149 und S. 188 dieser Ausgabe.)

IIIII ¡¡111

164 Vereinte Nationen 5/64 bar mit den Zielen und Grundsätzen der UNO-Charta ver• Bekanntlich lehnte es die Regierung von Nordvietnam ab, an urteilt" hatte. den Beratungen des Sicherheitsrates in irgendeiner Form Die Delegierten der beiden kommunistischen Länder im Rat, teilzunehmen. Das wurde zunächst in Hanoi kurz nach der der Sowjetunion und der Tschechoslowakei, und hierbei vor Einladung des Rates bekanntgegeben. Erst später übermittelte allem der tschechoslowakische Sprecher, kritisierten, daß es die Sowjetdelegation in der UNO in einer Note an den Rat sich bei dem Vorgehen der USA um eine Vergeltungsaktion vom 12. August die Erklärung der Regierung von Nordviet• und eine militärische Repressalie mit überlegenen, der Situa• nam ohne ein eigenes kommentierendes Begleitwort. Nord• tion nicht angemessenen Mitteln gehandelt habe. Dies sei, vietnam erklärte die Vereinten Nationen für Angelegenheiten selbst wenn amerikanische Schiffe durch kleine Einheiten Südostasiens als nicht zuständig; nur die Signatarmächte der angegriffen worden wären, was die kommunistischen Redner Genfer Konferenz von 1954 könnten in einer neu einzuberu• gleichfalls in Zweifel zogen, sowohl völkerrechtlich wie nach fenden Konferenz diese Frage regeln. Darüber hinaus, aller• der UN-Charta verboten. dings ohne auf die Einladung des Rates Bezug zu nehmen, übermittelte der Außenminister der Demokratischen Repu• Die eigentliche politische Bedeutung der Beratung der ameri• blik von Nordvietnam am 20. August dem Präsidenten des kanischen Beschwerde gegen das Hanoi-Regime verschob Rates eine Gegendarstellung über die Zwischenfälle im Golf sich aber auf ein anderes Thema durch das Ersuchen der von Tongking. Die Ablehnung der Einladung durch Nordviet• Sowjetunion, Nordvietnam zu den Beratungen des Rates nam bedeutete das Ende der Ratsdiskussion über dieses Pro• hinzuzuziehen. Die USA erklärten sich überraschend damit ein• blem. Die USA hatten ihren Zweck erreicht, nämlich ihren verstanden, falls auch die Regierung von Südvietnam, also die Standpunkt in dem Konflikt vor dem Forum der UN darzu• Republik Vietnam, eingeladen würde. Nach längerem Hin legen. Die Sowjetunion buchte einen deutlichen Prestige• und Her wurde am 7. August eine allgemeine Verständigung verlust durch die Absage Hanois und zeigte kein Interesse, darüber erzielt, daß der Rat Inf ormationen hinsichtlich der Be• die für sie peinlich gewordene Erörterung fortzusetzen. Peking schwerde der USA gegen die Demokratische Republik von benutzte die Initiative der Sowjetdelegation zu einer Ein• Vietnam (Nordvietnam) entweder durch deren Teilnahme an ladung Hanois zu einem neuen Angriff auf Moskau. der Debatte im Rat über diese Beschwerde oder in anderer Südostasien und der Krieg in Vietnam sind in ihrem Kern Form, wie auch Informationen von der Republik Vietnam also auch durch die Tongking-Vorfälle nicht vor die UNO (Südvietnam) willkommen heißen würde. gebracht worden. Nach Meinung des Generalsekretärs, wie Die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende politische er sie noch am 6. August kundtat, kann die UNO bei der Bedeutung der Einladung Nordvietnams liegt in folgendem: Regelung der Probleme in diesem Teil der Welt unter den Es handelt sich um die erste Einladung des Sicherheitsrates gegebenen Umständen und „weil einige beteiligte Länder an den kommunistischen Teil eines geteilten Landes. Auch nicht Mitglieder der Vereinten Nationen sind, keine nütz• würde es darüber hinaus im besonderen möglich, die Probleme liche Rolle spielen". Es ist seine Meinung, daß die Lage in Südostasiens in Anwesenheit und unter Teilnahme einer mit Südostasien nicht mit militärischen, sondern mit politischen dem kommunistischen China geographisch und politisch aufs Methoden gelöst werden müsse. Hierin besteht eine Uberein• engste verbundenen Regierung im Rahmen der UNO zu dis• stimmung mit der Auffassung des französischen Präsidenten kutieren 14. Schließlich hatte die Einladung an Nordvietnam de Gaulle, der eine Lösung der Krisen in Südostasien nur noch Bedeutung als Prüfstein für den rivalisierenden Ein• durch eine Wiederbelebung der Genfer Konferenz von 1954 fluß der Sowjetunion und Rotchinas auf das kommunistische für möglich hält. Nordvietnam. Wie in der UNO bekannt wurde, hatte die Sowjetunion die Einladung an Hanoi vorgeschlagen, ohne zu 2. Grenzfragen zwischen Kambodscha und Südvietnam wissen, ob die nordvietnamesische Regierung bereit sein Der Sicherheitsrat hatte am 4. Juni 1964 nach einer eingehen• würde, ihr Folge zu leisten. Eine Ablehnung mußte als Be• den Beratung über Beschwerden Kambodschas gegen Süd• weis dafür angesehen werden, daß der chinesische Einfluß in vietnam und die USA wegen Grenzverletzungen einen Aus• Nord Vietnam stärker ist als der sowjetische. schuß aus drei Mitgliedern des Rates gebildet15 der an Ort

Vereinte Nationen 5/64 165 und Stelle die Zwischenfälle prüfen und Maßnahmen erwägen Der Ausschuß beschloß zunächst, im Sinne der Entschließung sollte, um neue Zwischenfälle zu verhindern. Die Dreimann- an alle Mitgliedstaaten der UN heranzutreten und sie zu Mission hatte am 22. Juni in Nizza Gelegenheit, mit Prinz ersuchen, bis zum 30. November dem Ausschuß ihre Stellung• Norodom Sihanouk, dem Staatsoberhaupt von Kambodscha, nahmen über die Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit von zu sprechen, und besuchte Kambodscha vom 26. Juni bis Wirtschaftssanktionen zu übermitteln. In der Zuschrift an die 5. Juli und Südvietnam vom 5. bis 14. Juli. In ihrem um• Staaten vom 25. August werden die Regierungen ausdrücklich fangreichen Bericht an den Sicherheitsrat vom 27. Juli16 macht darauf aufmerksam gemacht, daß der Rat die Apartheid• die Mission folgende Vorschläge zur Regelung der Grenz• politik „verurteilt" habe. (Abgeschlossen am 31. August 1964) konflikte: 1. Der Sicherheitsrat soll eine Gruppe von UN-Beobachtern Anmerkungen: nach Kambodscha entsenden und den Generalsekretär 1 UN-Doc. S/5778. — Deutsche Übersetzung s. VN Heft 4/64 S. 153. mit der Durchführung dieser Aufgabe im Einvernehmen 2 Über den äußeren Ablauf der Reise s. VN Heft 4/64 S. 149 und S. 188 dieser Ausgabe. mit den Mitgliedern des Rates betrauen. 3 UN-Doc. S/5811. 2. Der Sicherheitsrat soll Kambodscha und der Republik 4 UN-Doc. S/5853. 5 UN-Doc. S/5868. — Deutsche Ubersetzung s. S. 192 dieser Ausgabe. von Vietnam die Wiederaufnahme der im August 1963 6 UN-Doc. S/5920. abgebrochenen diplomatischen Beziehungen empfehlen. 7 UN-Doc. S/5575. — Deutsche Ubersetzung s. VN Heft 2/64 S. 77. 8 UN-Doc. S/5764. 3. Der Sicherheitsrat soll eine Persönlichkeit von hohem 9 UN-Doc. S/5910 und S/5918. internationalem Ansehen, die beide Parteien akzeptieren, 10 Vgl. hierzu Prößdorf, Klaus: Vom Sicherheitsrat zur Generalver• als Vermittler über strittige Angelegenheiten, insbesondere sammlung. Theorie und Praxis der „Uniting for Peace-Resolution" vom 3. November 1950, in VN Heft 1/62 S. 14 ff. über die Festlegung der gemeinsamen Grenzen, ernennen. 11 UN-DOC. S/5784. Des weiteren möge der Sicherheitsrat von den Zusicherungen 12 UN-Doc. S/4387. — Deutsche Ubersetzung s. VN Heft 1/62 S. 27. 13 UN-Doc. S/5650. — Deutsche Ubersetzung s. VN Heft 3/64 S. 120. Südvietnams über die Beachtung der Grenzen Kambodschas 14 Die Einladung an beide Teile eines geteilten Landes wurde in der sowie seiner Neutralität und territorialen Integrität Kenntnis UNO als Abweichung von der bisher bei den Diskussionen über nehmen. Korea geübten Praxis angesehen und darüber hinaus als ein mög• licher Präzedenzfall für Diskussionen über andere „geteilte Länder" Der Bericht ist im Rat bisher nicht behandelt worden und geprüft. So erhob sich auch die Frage, ob die Ubereinstimmung des man erwartet zunächst auch nicht die Wiederaufnahme der Sicherheitsrates, Nord- und Südvietnam einzuladen, nicht Rück• wirkungen auf die Diskussionen über die deutsche Frage haben Diskussion, es sei denn, daß neue, ernste Störungen an den könnte. Dabei wurde die Anwendbarkeit auf eine Einladung an Grenzen eintreten. „zwei deutsche Staaten" — abgesehen von allen politischen Erwä• gungen — juristisch als völlig abwegig angesehen. Der Hauptgrund 3. Südafrika dafür liegt darin, daß die Demokratische Republik von Vietnam (Nordvietnam) als eine der Signatarmächte der Genfer Vereinba• In einer Resolution über Südafrika vom 18. Juni 1964 setzte rungen von 1954 eine völkerrechtlich anerkannte Einheit ist. Das der Sicherheitsrat einen aus allen Mitgliedern des Rates gilt in keiner Weise für die „DDR". Sogar im Falle von Nordkorea, das niemals ohne Bedingungen vor die UNO geladen und niemals bestehenden Expertenausschuß ein, der bis Ende Februar 1965 erschienen sei, liege ein Vertrag zwischen der nordkoreanischen dem Rat über „Tunlichkeit, Wirksamkeit und Folgen" von Regierung und der UNO über den Waffenstillstand, Gefangenen• austausch usw. vor. Ähnliches gelte wiederum nicht für die SBZ. Wirtschaftssanktionen gegen Südafrika wegen der Apart• Daher bedeute die Einladung an Nord- und Südvietnam auch kei• heidpolitik berichten soll. Der Ausschuß konstituierte sich nen Präzedenzfall für die deutsche Frage. am 21. Juli. Frankreich, das sich bei der Abstimmung im Rat 15 UN-Doc. S/5741. — Deutsche Ubersetzung s. VN Heft 3/64 S. 120. 16 UN-Doc. S/5832. seinerzeit der Stimme enthalten hatte, ließ sich bisher im 17 S. hierzu VN Heft 4/64 S. 123 f. Ausschuß nicht vertreten. 18 UN-Doc. S/5773. — Deutsche Ubersetzung s. VN Heft 4/64 S. 154.

Gedanken Ober das Selbstbestimmungsrecht der Völker DR. DEDO VON SCHENCK Vortragender Legationsrat I. Kl. im Auswärtigen Amt

Die Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts ist für kratie" und „Koexistenz" in der weltpolitischen Auseinander• Deutschland von außerordentlicher, wenn nicht entscheidendersetzun g zwischen den Westmächten und der Sowjetunion Bedeutung. Was das Selbstbestimmungsrecht besagt, ist nicht seit 1945 zugefallen ist. Obgleich sich der neuzeitliche Begriff so eindeutig und klar, wie es auf den ersten Blick scheint. der „Demokratie" nachweislich in Westeuropa und Nord• Jeder, der aus dem Selbstbestimmungsrecht Ansprüche ab•amerika entwickelt hat und eng mit der im gleichen Bereich leitet, muß wissen, worum es sich handelt. Dieses Wissen soll entstandenen Idee der Freiheit und der Grundrechte des ein• nachstehender Beitrag vermitteln. zelnen Menschen verbunden ist, hat die Sowjetunion es nicht nur vermieden, ihn als maßgebliches Gestaltungsprinzip für Zu den charakteristischen Merkmalen unseres Zeitalters gehört die inneren Verhältnisse eines Staates offen abzulehnen und es, daß politische Auseinandersetzungen oft gerade dann, wenn zu bekämpfen; sie hat ihn im Gegenteil trotz seiner Un• sie einen ideologischen Hintergrund haben, scheinbar keines• vereinbarkeit mit dem von ihr im eigenen Lande prak• wegs im Zeichen gegensätzlicher Ideen geführt werden, die tizierten und in von ihr besetzten Gebieten errichteten Re• miteinander offen konfrontiert würden. In der Innenpolitik gierungssystem ihrem eigenen offiziellen Sprachgebrauch wie in der Außenpolitik finden vielmehr gewisse program• zeitweise in einer Form einverleibt, die bei ihren Verbün• matische Grundbegriffe Verwendung, die von den streiten• deten in einer entscheidenden Phase des Zweiten Weltkrieges den Parteien in das Vokabular ihrer Argumentation und den Eindruck erweckte, als bestünde zwischen ihr und ihnen ihrer Propaganda ohne Rücksicht darauf übernommen wer• ein grundsätzliches Einverständnis über die innenpolitischen den, ob sie ihrem eigentlichen Inhalt nach den eigenen poli• Verhältnisse, die im besiegten Deutschland und in den ost• tischen Zielen entsprechen. Wie wenig eine gemeinsame Ter• europäischen Staaten herzustellen seien1. Mit dem Begriff minologie auf übereinstimmenden Auffassungen zu beruhen der „Koexistenz" verbinden sich bei vielen Menschen im braucht, zeigt etwa die Rolle, die den Begriffen der „Demo• Westen Wunschvorstellungen, die weit entfernt von dem In-

166 Vereinte Nationen 5/64 halt sind, den dieser Begriff in den Augen seiner sowjeti• Jeder Versuch, diesen Begriff zu präzisieren und damit seinen schen Urheber hat2; nur hat der Westen es bisher nicht fertig• Mißbrauch zu verhindern, wird von einer klaren Unter• gebracht, ein klares eigenes Konzept der „Koexistenz" zu scheidung dieser beiden Aspekte auszugehen haben, ohne entwickeln, das es ihm gestatten würde, mit diesem Begriff daß ihr innerer Zusammenhang deshalb geleugnet werden so erfolgreich zu operieren, wie es die Sowjetunion lange darf. Ein Volk kann sehr wohl seine „äußere" Selbstbestim• Zeit mit dem der „Demokratie" zu tun verstanden hat3. mung in einem eigenen Nationalstaat behalten, aber die Die Gefahr einer Vernebelung seines Inhalts droht in wach• „innere" Selbstbestimmung weitgehend verloren haben; die sendem Maße auch dem Begriff des „Selbstbestimmungs• Diktaturen des 20. Jahrhunderts bieten hierfür — ob man rechts der Völker" (Right of self-determination, Droit des nun an die kommunistisch regierten Satellitenstaaten der peuples de disposer d'eux-mêmes). Diese Gefahr ist umso Sowjetunion in Europa oder an die autoritären Regierungs• größer, als es sich hier um einen verhältnismäßig jungen, systeme mancher anderer Staaten denkt — eindrucksvolle seiner Definition nach noch nicht gefestigten Begriff handelt, Beispiele9. Auf der anderen Seite läßt sich die „innere" Selbst• dessen Klärung in der politischen und juristischen Literatur bestimmung eines Volkes bis zu einem gewissen Grade auch lange Zeit sträflich vernachlässigt worden ist. Erst neuerdings ohne „äußere" Selbstbestimmung verwirklichen; es handelt haben namentlich auf deutscher Seite intensive Bemühungen sich dann um die Herstellung eines mehr oder minder großen eingesetzt, die historischen Ursprünge, die geistigen Grund• Maßes an Autonomie, ohne daß die Bildung eines eigenen lagen und den realen Inhalt des Begriffs des Selbstbestim• souveränen Staates erreicht würde10. mungsrechts der Völker zu klären4. Das deutsche Volk hat Allerdings läßt sich nicht verkennen, daß ein Volk nur dann in seiner gegenwärtigen Lage auch allen Anlaß, sich Klarheit ein echtes Selbstbestimmungsrecht ausüben kann, wenn ihm darüber zu verschaffen, was das Selbstbestimmungsrecht die Möglichkeit einer freien Willensäußerung gegeben und der Völker bedeutet und was aus ihm für die Behandlung es seiner Entwicklungsstufe nach in der Lage ist, eine mit der Deutschland-Frage gefolgert werden kann. Den in letzter demokratischen Mitteln herbeizuführende Entscheidung Zeit unternommenen Bemühungen um eine Klärung des über seine Zukunft zu treffen11. In einem ganz umfassenden Selbstbestimmungsrechts liegt daher besonders für uns Sinne ist die Selbstbestimmung daher nur dann gegeben, Deutsche weit mehr als nur ein theoretisches Interesse zu• wenn sie nach beiden Seiten hin erreicht ist; dieser Fall ist grunde. Im folgenden soll versucht werden, auf einige Ge• in einem Nationalstaat gegeben, der eine freiheitlich demo• sichtspunkte hinzuweisen, die für die weitere Diskussion kratische Verfassung hat. Aber es zeigt sich immer wieder, über das Selbstbestimmungsrecht wesentlich erscheinen. daß der „äußere" Aspekt des Selbstbestimmungsrechts in der politischen Wirklichkeit den „inneren" Aspekt in den Hinter• Geistige Grundlagen grund drängt. Wenn gegenwärtig für die Völker Afrikas das Die geistigen Wurzeln des Selbstbestimmungsrechts dürfen Selbstbestimmungsrecht gefordert und verwirklicht wird, nicht erst da gesucht werden, wo der Begriff terminologisch so wird dabei fast ausschließlich an die Bildung nach außen zum ersten Male auftritt. Letzteres scheint zuerst in der hin unabhängiger Staaten gedacht; wie es mit der inneren Publizistik des kleindeutschen Liberalismus in der Mitte des Verfassung dieser jungen Staaten aussieht und ob dort de• 19. Jahrhunderts geschehen zu sein5, ohne daß der Ausdruck mokratische Verhältnisse herrschen, spielt kaum eine Rolle sich indessen schon damals fest eingebürgert hätte; offenbar und wird gerade auch von den Vereinten Nationen offenbar hat die Reichsgründung der Jahre 1867—71 das Interesse an als unwesentlich angesehen12. Andernfalls müßte der in vielen einem Thema, das naturgemäß einem befriedigten National• Fällen naheliegende Einwand, daß ein echtes Selbstbestim• gefühl ferner liegt als dem unerfüllten, in Deutschland zu• mungsrecht ohne vorherige Bildung funktionierender de• nächst wieder erlöschen lassen6. Aber der Zusammenhang, mokratischer Institutionen nicht ausgeübt werden könne und in dem das Wort „Selbstbestimmungsrecht" erstmalig in Er• die Gewährung der äußeren Unabhängigkeit daher verfrüht scheinung tritt, läßt als eine seiner Grundlagen die Idee des sei, mehr Gewicht haben, als er in der Praxis bisher gehabt Nationalstaates deutlich werden, die im 19. Jahrhundert hat und voraussichtlich auch weiterhin haben wird. nicht nur die deutsche Publizistik weitgehend beherrschte, Müssen hiernach die äußere und die innere Seite des Be• sondern in theoretischer Hinsicht vor allem in Italien von griffes des Selbstbestimmungsrechts unterschieden werden, Mazzini und Mancini herausgearbeitet wurde7 und ihre dyna• wenn nicht immer wieder Unklarheiten und Mißverständ• mische Kraft auch in der tatsächlichen politischen Entwick• nisse entstehen sollen, so hat dieser Begriff auch noch in lung immer stärker offenbarte8. Neben dem Nationalstaats• anderer Hinsicht einen Januskopf: Ein Recht der Selbst• gedanken, bis zu einem gewissen Grade sogar als sein Vor• bestimmung kann sowohl von jedem einzelnen als auch von läufer und Wegbereiter, entwickelte sich der demokratische einer mehr oder minder großen Gruppe von Menschen gel• Gedanke, der sich seit der Gründung der Vereinigten Staaten tend gemacht werden. Der Gedanke der individuellen „Selbst• von Nordamerika und der französischen Revolution zu• bestimmung" taucht bereits im deutschen Idealismus gegen nächst in Europa gegen den zähen Widerstand der alten Ende des 18. Jahrhunderts auf13; und in den geistesgeschicht• Dynastien und des von ihnen vertretenen monarchischen lichen Untersuchungen über die Grundlagen des Selbst- Prinzips schrittweise durchzusetzen vermochte und der Idee bestimmungsrechts wird ebenso wie in den einschlägigen des Selbstbestimmungsrechts der Völker noch eine zweite Resolutionen der Vereinten Nationen immer wieder die Idee Richtung gab: Der „äußeren" Selbstbestimmung der Völker, der Menschenrechte angeführt, die sich gleichzeitig mit der wie sie sich in der Bildung unabhängiger Nationalstaaten Entstehung der Demokratie in England und Nordamerika verwirklicht, soll auch ihre „innere" Selbstbestimmung ent• entwickelt hat und erstmalig in der Virginia Bill of Rights sprechen, wie sie in der freiheitlichen Demokratie ihre Er• während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges um• füllung findet. Die Kombination dieser beiden Gedanken fassend formuliert worden ist. Als politischer Begriff hat das führte ideologisch jedoch nicht zu ihrer vollständigen Ver• Selbstbestimmungsrecht indessen keinen individuellen, son• schmelzung und zur Bildung eines umfassenden Begriffs des dern einen kollektiven Sinn erhalten. Man fördert weder die Selbstbestimmungsrechts, sondern zu zwielichtigen Unklar• Idee der Menschenrechte noch die des Selbstbestimmungs• heiten, wie sie besonders die Äußerungen des amerikanischen rechts der Völker, wenn man beide allzu eng miteinander Präsidenten Wilson während des Ersten Weltkrieges kenn• zu verbinden versucht. Die Menschenrechte stehen ihrer Idee zeichneten und noch heute die Definition des Selbstbestim• nach jedem einzelnen Menschen für sich selbst zu; aus ihnen mungsrechts und damit seine Entwicklung zu einem an• ergibt sich, wieweit er auch seinem eigenen Staat gegenüber erkannten juristischen Begriff erschweren. ein unveräußerliches Recht der „Selbstbestimmung" geltend

Vereinte Nationen 5/64 167 machen kann. Das kollektive Selbstbestimmungsrecht einer darstelle. In der westlichen Völkerrechtslehre wird nur ver• Gruppe von Menschen und insbesondere eines ganzen Volkes einzelt die Meinung vertreten, daß das Selbstbestimmungs• muß hiervon trotz unverkennbarer innerer Beziehungen klar recht jedenfalls zu den allgemeinen Rechtsgrundsätzen zu unterschieden werden. Ebenso wenig wie ein Volk als soziolo• zählen19 oder immerhin auf dem Wege sei, völkerrechtliche gischer Faktor lediglich der Summe der einzelnen Menschen Bedeutung zu erlangen20. Nur die sowjetische Völkerrechts• gleichzusetzen ist, aus denen es besteht, ist auch sein kollek• lehre legt dem Selbstbestimmungsrecht mit Entschiedenheit tives Selbstbestimmungsrecht etwa nur die Addition der und Nachdruck den Charakter einer regelrechten Norm des seinen Angehörigen individuell zustehenden Menschenrechte. Völkerrechts bei, die sogar den Vorrang vor anderen völker• Das Recht der Bildung eines eigenen Staates kann seinem rechtlichen Regeln genieße21. Wesen nach niemals einem Individuum für sich allein, son• Die häufigsten und am schwersten wiegenden Einwände, die dern nur einer Gruppe von Menschen als solcher zustehen, in der westlichen Völkerrechtslehre gegen den Rechts• die groß genug ist und über die Fähigkeit verfügt, von diesem charakter des Selbstbestimmungsrechts erhoben werden, Recht effektiven Gebrauch zu machen. Es kann dabei im gehen dahin, daß weder über das Subjekt noch über den In• Ergebnis nicht auf den Willen jedes einzelnen Angehörigen halt des Selbstbestimmungsrechts Klarheit und Überein• einer solchen Gruppe, auf die „volonte de tous", sondern nur stimmung bestünden, und daß das Selbstbestimmungsrecht auf die „volonte générale" ankommen. Ohne diese berühmte im übrigen von den Staaten in allzu vielen Fällen nicht Unterscheidung Rousseaus kann bei all ihrer Problematik respektiert und daher offenbar nicht als eine Norm des das Wesen des kollektiven Selbstbestimmungsrechts kaum Völkerrechts betrachtet werde; vor allem erweise sich immer erfaßt werden. wieder die im geltenden Völkerrecht fest verankerte Souve• ränität der Staaten, mit der das Selbstbestimmungsrecht Rechtliche Bedeutung seiner Natur nach kollidiere, als der offensichtlich stärkere Grundsatz. Es ist daher zweifelhaft, ob die Vereinten Nationen einen In der Tat handelt es sich hier um schwierige Fragen, ohne glücklichen Entschluß faßten, als ihre Vollversammlung im deren Beantwortung das Selbstbestimmungsrecht in das Jahre 1950 die Menschenrechtskommission beauftragte, „to System des geltenden Völkerrechts kaum einzuordnen ist. study ways and means which would ensure the right of Man würde aber dem gegenwärtigen Stand der Diskussion peoples and nations to self-determination"14. Artikel 1 Abs. 2 über das Selbstbestimmungsrecht nicht gerecht werden, wenn und Artikel 55 der Satzung der Vereinten Nationen erwähnen man diese Fragen als noch völlig offen oder gar als unlösbar das Selbstbestimmungsrecht der Völker als einen der Grund• bezeichnen wollte. Es läßt sich zunächst einmal feststellen, sätze, die für die ..relations among nations" maßgebend sein daß das Selbstbestimmungsrecht der Völker als strukturelles sollen. Von diesem Gesichtspunkt sollte daher ausgegangen Ordnungsprinzip der Völkerrechtsgemeinschaft nicht nur werden, wenn die Frage geprüft wird, ob das Selbstbestim• von den Vereinten Nationen gemeinsam in aller Form mungsrecht völkerrechtliche Bedeutung gewonnen hat und wiederholt anerkannt worden ist, sondern heute grundsätz• dementsprechend von den Staaten als den nach wie vor lich von kaum einem Staat mehr abgelehnt wird und als wichtigsten Subjekten des Völkerrechts respektiert werden solches auch zwischen den einzelnen Machtblöcken nicht mehr muß15. Es ist mit Recht darauf hingewiesen worden, daß streitig ist. Auch über den Inhalt des Selbstbestimmungs• diese Frage besser der Völkerrechtskommission als der rechts der Völker bestehen theoretisch keine grundlegenden Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen zur Prü• Meinungsverschiedenheiten. Gegen die Definition des Selbst• fung zugewiesen worden wäre16. Ihre Überweisung an die bestimmungsrechts, wie sie von der Menschenrechtskommis• letztere Kommission hat zur Folge gehabt, daß die grund• sion der Vereinten Nationen am 21. April 1952 beschlossen sätzliche Erörterung des Selbstbestimmungsrechts innerhalb und von der Vollversammlung in ihre Resolution 1514 (XV) der Vereinten Nationen in den Bemühungen um eine uni• vom 14. Dezember 1960 bestätigt worden ist, werden von versale Menschenrechtskonvention steckengeblieben ist, da keiner Seite prinzipielle Einwände erhoben. Die Entwicklung für absehbare Zeit keine Aussicht auf den Abschluß einer der letzten Jahre, in denen im Zeichen des Selbstbestim• solchen Konvention vorhanden ist17. Immerhin kann die mungsrechts allein in Afrika über 20 neue Staaten ent• Menschenrechtskommission das Verdienst für sich in An• standen und unabhängig geworden sind, spricht eindeutig spruch nehmen, mit dem von ihr am 21. April 1952 ange• dafür, daß als Gegenstand des Selbstbestimmungsrechts nommenen Artikel über das Selbstbestimmungsrecht diesem eines Volkes letztlich die Bildung eines eigenen souveränen Begriff eine in der Satzung der Vereinten Nationen fehlende Staates angesehen wird. Was der von der Menschenrechts• Definition gegeben und damit einen wesentlichen Fortschritt kommission angenommene Artikel über das Selbstbestim• in der Diskussion über das Selbstbestimmungsrecht erzielt zu mungsrecht in vorsichtiger Form umschreibt, läßt sich eben• haben. falls in der praktischen Konsequenz nur dahin konkreti• „All peoples and all nations shall have the right of self- sieren, daß jedes Volk ein Recht auf einen eigenen Staat determination, namely, the right freely to détermine geltend machen kann. their political, economic, social and cultural status." 18 Problematisch bleibt der Inhalt des Selbstbestimmungsrechts Die Menschenrechtskommission hat ferner das Verdienst, daher im Grunde nur noch da, wo es sich um die Rechts• mit ihren Arbeiten die Voraussetzungen dafür geschaffen stellung einer ethnischen Minderheit handelt, die gar keinen zu haben, daß die VII. Vollversammlung mit ihrer Resolution Nationalstaat bilden will, sondern den Anschluß an den 637 (VII) vom 16. Dezember 1952 das bisher eindrucksvollste bereits vorhandenen Staat desjenigen Volkes erstrebt, zu Bekenntnis der Vereinten Nationen zum Selbstbestimmungs• dem sie sich bekennt; hier erhebt sich die Frage, ob eine recht der Völker ablegte und seine Beachtung allen Mitglied• solche Minderheit eine mehr oder weniger weitgehende staaten eindringlich nahelegte. Aber die Vorschläge der Men• Autonomie oder gar die Sezession von dem Staatsverband schenrechtskommission und die auf ihrer Grundlage be• beanspruchen kann, in den sie eingegliedert ist. Für die po• ruhende Resolution der Vollversammlung von 21. Dezember litische Bedeutung dieser Frage war zwischen den beiden 1952 haben eine nüchterne Untersuchung und Feststellung, Weltkriegen etwa der Fall der sudetendeutschen Bevölke• welchen Platz das Selbstbestimmungsrecht im geltenden rung in der Tschechoslowakei und ist heute etwa der Fall Völkerrecht einnimmt, nicht ersetzen können. Nach wie vor Südtirol ein bekanntes Beispiel. Zweifellos läßt sich das geht die herrschende Ansicht dahin, daß das Selbstbestim• Minderheitsproblem bei einer vollständigen Klärung des mungsrecht gegenwärtig noch keine Norm des Völkerrechts Inhalts und der völkerrechtlichen Bedeutung des Selbst-

168 Vereinte Nationen 5/64 bestimmungsrechts nicht in der Weise völlig ausklammern, wie es der 3. Ausschuß der X. Vollversammlung der Ver• einten Nationen im Jahre 1955 etwas willkürlich getan hat22. Aber es handelt sich hierbei doch um ein weiteres und spezielles Problem, dessen Schwierigkeit eine Klärung des eigentlichen Kerns des Selbstbestimmungsrechts nicht aus• schließt. Dieser Kern aber besteht in dem Recht eines jeden Volkes, seinen eigenen Staat zu bilden23. Damit ist aber zugleich auch eine wesentliche Antwort auf die angeblich ungelöste Frage nach dem Subjekt des Selbst• bestimmungsrechts gewonnen: Als „Volk" im Sinne des Selbstbestimmungsrechts der Völker kann zwar nicht ohne weiteres jede Volksgruppe, wohl aber die Gesamtheit eines sich als ethnische, sprachliche, geschichtliche und kulturelle Einheit fühlenden und bekennenden Volkes angesehen wer• den; der Anspruch auf volle Selbstbestimmung setzt ferner die Fähigkeit zur eigenen Staatsbildung voraus. Es wird immer wieder Fälle geben, wo es zweifelhaft sein mag, ob eine bestimmte ethnische Gruppe in diesem Sinne als selb• ständiges „Volk" qualifiziert werden kann. In vielen Fällen wird diese Frage aber ganz eindeutig und ohne jeden Zweifel zu bejahen sein. Wer wollte z. B. bestreiten, daß etwa die Franzosen, Italiener, Polen und auch die Deutschen — um nur einige Beispiele zu nennen — selbständige Völker im vollen Sinne des Begriffes sind? Und kann die Frage nach der Fähigkeit zur eigenen Staatsbildung bei Völkern, die diese Fähigkeit im Laufe ihrer Geschichte längst bewiesen haben, überhaupt noch aufgeworfen werden? Die Frage nach dem „Träger" des Selbstbestimmungsrechts ist somit gar nicht so schwer zu beantworten, wie es von vielen Seiten dargestellt wird. Schwierig wird zwar hie und da die Subsumtion unter den Begriff des „Volkes" sein, d. h. die Entscheidung darüber, ob eine ethnische Gruppe ein selbständiges und über die Fähigkeit zur eigenen Staats• bildung verfügendes Volk darstellt und somit ein volles eigenes Selbstbestimmungsrecht geltend machen kann. Die gelegentliche Schwierigkeit der Subsumtion ist aber kein Argument dafür, daß überhaupt keine Rechtsnorm vorliege. Wenn die Völkerrechtsgemeinschaft im übrigen bisher keine „Einzelform" nennt sich eine abstrakte Skulptur, die vor dem UN- Instanz geschaffen hat, der die Entscheidung zustünde, ob Gebäude in New York zu Ehren Dag Hammarskj ölds enthüllt wurde. Sie wurde von der englischen Bildhauerin Barbara Hepworth ge• eine bestimmte ethnische Gruppe als selbständiges „Volk" schaffen und von dem amerikanischen Mäzen Blaustein gestiftet. im Sinne des Selbstbestimmungsrechts anzusehen ist, so handelt es sich hierbei um eine Tatsache, die auch auf vielen Vereinten Nationen geförderten Unabhängigkeitsbewegung anderen Gebieten die praktische Durchsetzung des Völker• der Bevölkerung der ehemaligen afrikanischen und asiati• rechts entscheidend behindert. Ein spezieller Einwand gegen schen Hoheitsgebiete der europäischen Kolonialmächte spricht den Rechtscharakter des Selbstbestimmungsrechts kann daher indessen eindeutig dafür, daß das Selbstbestimmungsrecht hieraus nicht hergeleitet werden, sofern man nicht dem sich der Souveränität gegenüber bereits als das mindestens Völkerrecht schlechthin den Charakter einer Rechtsordnung moralisch und politisch stärkere Recht zu erweisen beginnt. abstreiten will. Die Souveränität bleibt heute dem Selbstbestimmungsrecht Begrenzt man das Selbstbestimmungsrecht der Völker in nur noch da überlegen, wo sie dieses Recht nicht der Ge• dieser Weise zunächst einmal auf seinen heute allgemein samtheit eines zur selbständigen Staatsbildung fähigen anerkannten oder jedenfalls unbestrittenen Kern, so er• Volkes, sondern nur einem Teil von ihm vorenthält, der als scheint auch sein Verhältnis zu dem Begriff der Souveräni•Minderheit in einem von ihm nicht als sein eigener National• tät in einem anderen Licht, als es in den meisten bisher vor• staat betrachteten Staatswesen lebt. Wenn die Position der liegenden Untersuchungen über die Rechtsnatur des Selbst• deutschsprachigen Bevölkerung Südtirols in ihren Ausein• bestimmungsrechts dargestellt wird. Wenn der Gegenstand andersetzungen mit dem italienischen Staat verhältnismäßig des Selbstbestimmungsrechts eines Volkes letztlich die Er• schwach ist, so liegt das letztlich nicht an den Friedensver• richtung eines eigenen Nationalstaates ist, so steht das trägen von 1919 und 1947; entscheidend ist vielmehr, daß Selbstbestimmungsrecht zur Souveränität nicht in einem die Südtiroler kein selbständiges Volk darstellen und nicht immanenten Gegensatz, sondern in einem teleologischen die Unabhängigkeit eines eigenen Staates erstreben, sondern Verhältnis der organischen Stufenfolge und der gegenseitigen sich aller Wahrscheinlichkeit nach für den Anschluß an Ergänzung. Denn das Selbstbestimmungsrecht eines Volkes Österreich entscheiden würden, wenn ihnen die Möglichkeit schließt hiernach die Souveränität nicht aus, sondern drängt einer völlig freien Entscheidung gegeben werden würde; ihre im Gegenteil zu ihr hin und findet in ihr seine Erfüllung. Position wäre stärker, wenn sie den Willen und die Fähigkeit Ein Antagonismus zwischen Selbstbestimmungsrecht und zur eigenen Staatsbildung hätten. Die Souveränität hat nach Souveränität entsteht allerdings da, wo das Selbstbestim• wie vor großes Gewicht als völkerrechtliches Argument zur mungsrecht eines Volkes ganz oder teilweise von der Unterstützung des machtpolitischen und wirtschaftlichen In• Souveränität eines Staates überlagert wird, den es nicht teresses der Staaten an der Unveränderlichkeit der zwischen als seinen Nationalstaat anerkennt. Der Erfolg der von den ihnen bestehenden Grenzen und an der Aufrechterhaltung

Vereinte Nationen 5/64 169 eines Status quo, dem die gesamte Völkerrechtsgemeinschaft dieses Prinzip vom Gründer des Sowjetstaates, W. I. den Vorzug vor einem das vorhandene Gleichgewicht und Lenin, vorgebracht und ausgearbeitet wurde und daß möglicherweise den Weltfrieden gefährdenden Änderungs• es stets der Politik der UdSSR in der nationalen Frage versuch gibt; dieses Gewicht reicht jedoch nicht mehr aus, zugrunde gelegen hat. wenn auf der anderen Schale der Waage der Anspruch eines Der Versuch, auf dieses Prinzip zu spekulieren, um die ganzen Volkes auf staatliche Selbständigkeit und Unabhän• Bestrebungen der westdeutschen Revanchisten zu recht• gigkeit steht. fertigen, kann niemanden irreführen. Zudem ist gut be• kannt, daß die Teilung der beiden auf dem Territorium Selbstbestimmungsrecht und Deutschland-Frage des ehemaligen Reiches bestehenden deutschen Staaten nicht nach einem nationalen, sondern nach einem sozialen Was ergibt sich aus den vorstehenden Überlegungen für die Merkmal erfolgt ist, wobei in einem Staate, der DDR, gegenwärtige Situation des deutschen Volkes? Die Antwort der Sozialismus aufgebaut wird, während im anderen, ist, daß die Deutschland-Frage unter dem Gesichtspunkt des der Bundesrepublik, der Kapitalismus bewahrt bleibt. Selbstbestimmungsrechts einem Staat erhebliche Verlegen• Die Frage der Vereinigung dieser Staaten ist Sache von heit bereiten muß, der ideologisch seit langem den Anspruch 30 darauf erhebt, ein Vorkämpfer des Selbstbestimmungsrechts ihnen selber und keines anderen." der Völker zu sein: nämlich der Sowjetunion. Die sowjetische Die Sowjetunion will es hiernach geflissentlich vermeiden, Völkerrechtslehre bejaht nicht nur die völkerrechtliche Ver• das Selbstbestimmungsrecht der Völker grundsätzlich in bindlichkeit des Selbstbestimmungsrechts, sondern hat sich Frage zu stellen oder auch nur dem deutschen Volk offen auch unter dem nachwirkenden Einfluß Lenins eindeutig abzuerkennen; sie gibt sogar ausdrücklich zu, daß zwischen dahin festgelegt, daß als Subjekt des Selbstbestimmungs• den beiden getrennten Teilen des deutschen Volkes gar keine rechts jeweils die Gesamtheit einer Nation anzusehen sei24. Unterschiede des „nationalen Charakters" bestehen. Auch Der Begriff der „Nation" aber ist von niemand anderes als hütet sich die Sowjetunion davor, dem Selbstbestimmungs• von Stalin sehr prägnant als „eine historisch entstandene, recht des deutschen Volkes etwa ihre eigene Souveränität als stabile Gemeinschaft der Sprache, des Territoriums, des das stärkere Recht entgegenzusetzen; denn sie will nicht zu• Wirtschaftslebens und der sich in der Kulturgemeinschaft geben, daß sie selbst die von ihr besetzte Zone Deutschlands offenbarenden psychischen Eigenart" definiert worden25. beherrscht und damit im Grunde eine verschleierte Annexion Unter diesen Umständen kann die Sowjetunion schwerlich vollzieht, die Mitteldeutschland dem sowjetischen Macht• bestreiten, daß das deutsche Volk eine Nation ist, der in bereich einverleiben soll. Vielmehr versucht die Sowjetunion ihrer Gesamtheit das Selbstbestimmungsrecht und damit die offensichtliche Unvereinbarkeit der von ihr betriebenen auch das Recht auf einen eigenen Nationalstaat zusteht; Spaltung Deutschlands mit ihrer eigenen Selbstbestimmungs• irgendwelche Zweifel hieran können im übrigen um so doktrin und dem Selbstbestimmungsrecht des deutschen Vol• weniger bestehen, als das deutsche Volk im Laufe seiner kes mit der Behauptung zu bemänteln, daß sich in dem von Geschichte bewiesen hat, daß es zur Bildung eines jungen ihr besetzten Teil Deutschlands eine „andere soziale" Ord• Staates auch die Fähigkeit besitzt. Die sowjetische Deutsch• nung als in der Bundesrepublik Deutschland entwickelt habe. landpolitik aber hat es erklärtermaßen darauf abgesehen, Dieses Argument ist indessen nur dazu geeignet, die innere die staatliche Einheit Deutschlands zu zerstören und sowohl Unaufrichtigkeit der sowjetischen Deutschland-Politik zu das deutsche Volk selbst als auch die gesamte übrige Welt enthüllen. Denn einmal ist es der ganzen Welt bekannt, daß zu zwingen, den Zerfall Deutschlands in zwei Staaten an• das in Mitteldeutschland eingeführte kommunistische System zuerkennen, neben denen außerdem noch eine „Freie Stadt nicht von der Bevölkerung in freier Entscheidung gewählt, West-Berlin" als dritte „selbständige politische Einheit"26 sondern ihr von der sowjetischen Besatzungsmacht mit allen figurieren soll; mit zynischer Befriedigung wird in der TASS- Mitteln — einschließlich dem der militärischen Unterdrük- Erklärung vom 7. März 1964 zum Tätigkeitsbericht der Re• kung — aufgezwungen wird; die dort hergestellte „soziale gierung der Bundesrepublik Deutschland für 1963 sogar be• Ordnung" ist daher in keiner Weise das Ergebnis der Aus• hauptet, daß „der Friede und die europäische Sicherheit" übung des Selbstbestimmungsrechts auch nur eines geschlos• durch den „Zerfall des Reiches nur gewonnen" hätten27, ob• senen Teiles des deutschen Volkes, sondern lediglich das Ziel gleich allein schon die in Mitteldeutschland zum Schutze der einer dieses Recht mißachtenden und allenfalls von der klei• kommunistischen Gewaltherrschaft stationierten 22 sowje• nen kommunistischen Minderheit der Bevölkerung unter• tischen Divisionen und die Abriegelung der gesamten so• stützten Besatzungspolitik. Zum anderen aber ist der Hinweis wjetischen Besatzungszone durch Mauer, Minenfelder und auf die unterschiedliche soziale Ordnung in den verschie• militärisch bewachten Stacheldraht dagegen sprechen, daß denen Teilen Deutschlands mit dem gerade von der sowje• der Friede und die Sicherheit Europas durch die sowjetische tischen Völkerrechtslehre anerkannten Grundsatz unverein• Politik der Teilung Deutschlands gefördert würden. Um diese bar, daß das Selbstbestimmungsrecht nicht einzelnen Teilen, Politik zu rechtfertigen und mit der sowjetischen Doktrin sondern nur der Gesamtheit einer Nation zusteht. Es kann vom Selbstbestimmungsrecht der Völker in scheinbaren Ein• daher gerade auch vom sowjetischen Standpunkt aus nur klang zu bringen, nehmen die TASS-Erklärung vom 7. März Sache des ganzen deutschen Volkes sein, über seine so• 1964 und die ebenfalls von der TASS verbreitete Stellung• ziale Ordnung gemeinsam zu entscheiden. Um diese Ent• nahme der sowjetischen Regierung vom 18. Juli 1964 zur scheidung und seine „innere" Selbstbestimmung ausüben Deutschland-Erklärung der drei Westmächte vom 26. Juni zu können, muß dem deutschen Volk aber zunächst seine 196428 ihre Zuflucht zu einem dialektischen Winkelzug: „äußere" Selbstbestimmung zurückgegeben und die staatliche Einheit Deutschlands wiederhergestellt werden. Die gegen• „Die Spaltung Deutschlands erfolgte nicht nach natio• wärtige Situation Deutschlands ist daher ein lebendiger Be• nalem, sondern nach sozialem Prinzip, und zwischen der weis dafür, daß ein Volk ohne äußere Selbstbestimmung Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demo• auch keine volle innere Selbstbestimmung genießen kann. kratischen Republik bestehen Unterschiede nicht natio• Solange die Sowjetunion dem deutschen Volk, dessen na• nalen Charakters, sondern in der sozialen und wirtschaft• tionale Einheit auch sie nicht leugnet, die Selbstbestimmung lichen Ordnung dieser Staaten."29 und damit die Wiederherstellung seiner nationalen Einheit verweigert, setzt sie sich in einen durch keinerlei dialektische „Was die Frage der Selbstbestimmung der Nationen an• Ausflüchte zu beseitigenden Widerspruch zu dem von ihr belangt, auf die sich die Regierungen der USA, Englands anerkannten Grundsatz des Selbstbestimmungsrechts der und Frankreichs berufen, so muß bemerkt werden, daß

170 Vereinte Nationen 5/64 richtig, als es sich um die ideologischen Grundlagen und die Ent• Völker und zu der Erklärung der Vereinten Nationen vom stehung der Idee des Selbstbestimmungsrechts handelt; im Ergebnis 14. Dezember i96031, deren Kernsätze wie folgt lauten: hat der Begriff des Selbstbestimmungsrechts heute aber eine selb• ständige, von dem der Demokratie weitgehend unabhängige Bedeu• "2. All peoples have the right to self-determination; by tung dadurch erlangt, daß der Aspekt der „äußeren" Selbstbestim• virtue of that right they freely determine their political mung immer größere Bedeutung gewonnen hat. 10 Denkbar ist allerdings, daß mehrere Völker ihre äußere Selbst• Status and freely pursue their economic, social and bestimmung freiwillig in gleicher Weise beschränken, um ihr cultural development." inneres Selbstbestimmungsrecht gemeinsam auszuüben. Dies ist das "6. Any attempt aimed at the partial or total disruption Ziel eines Zusammenschlusses mehrerer Staaten oder auch eines Integrationsprozesses, wie er etwa auf wirtschaftlichem Gebiet in of the national unity and the territorial integrity of a den Europäischen Gemeinschaften eingeleitet worden ist. country is incompatible with the purposes and principles 11 Es ist deshalb nicht verwunderlich, daß der Gedanke des Selbst• bestimmungsrechts um die Wende des 19. zum 20. Jahrhundert of the Charter of the United Nations." besonders von Theoretikern des Sozialismus aufgegriffen und pro• pagiert worden ist. So beschloß der Londoner Internationale Diese Feststellungen sind von der Vollversammlung der Sozialistische Arbeiter- und Gewerkschaftskongreß von 1896: „Der Vereinten Nationen mit großer Mehrheit getroffen worden Kongreß erklärt, daß er für ein volles Selbstbestimmungsrecht der und können als authentische Auslegung der Artikel 1 Abs. 2 Nationen eintritt." (S. dazu Kraus, Anm. 4, aaO, S. 578.) Ausgangs• punkt war dabei sicherlich weniger der nationale als vielmehr der und 55 der Satzung der Vereinten Nationen gelten, soweit demokratische Gedanke, nicht die Idee der „äußeren", sondern die darin vom Selbstbestimmungsrecht der Völker und seiner der „inneren" Selbstbestimmung. 12 Bezeichnend hierfür ist die Ziffer 3 der von der Vollversammlung Bedeutung für die zwischenstaatlichen Beziehungen die Rede der Vereinten Nationen am 14. Dezember 1960 verabschiedeten ist. Wann immer sich die Vereinten Nationen mit der ..Déclaration on the granting of independence to colonial countries Deutschland-Frage befassen sollten, werden sie daher ihre and peoples", Res. 1514 (XV): „Inadequaey of political, economic, social or educational préparations should never serve as a pre- Aufmerksamkeit vor allem der Tatsache zuwenden müssen, text for delaying independence." daß die sowjetische Deutschland-Politik mit der Satzung und 13 S. die von Kluke (s. Anm. 4, aaO, S. 155) in Anm. 1 zitierten Äuße• rungen Schillers und Goethes. mit den wiederholten Erklärungen der Vereinten Nationen 14 Res. 421 D (V) vom 5. Dezember 1950. über das Selbstbestimmungsrecht völlig unvereinbar ist. 15 In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, daß das englische Wort „nations" seinem Sinn nach nicht mit dem deutschen Wort „Na• tionen" zusammenfällt, sondern darüber hinaus auch und — im Anmerkungen: Unterschied von dem Wort „peoples" — sogar in erster Linie zur 1 Später hat die Sowjetunion zwar mit der Einführung des Begriffs Bezeichnung von Staaten dient. Mindestens die englische Fassung der „Volksdemokratie" den grundsätzlichen Unterschied des kom• der Satzung der Vereinten Nationen spricht mithin dafür, daß der munistischen Staatsgedankens von dem der westlichen Demokratie Grundsatz der Selbstbestimmung der Völker für die zwischen• terminologisch eingestanden. Aber auch diese neue Wortbildung staatlichen Beziehungen maßgebend sein soll. Aber selbst wenn stellt sich dem Begriff der „Demokratie" nicht kontradiktorisch man das Wort „nations" nur im Sinne von „Nationen" versteht, hat entgegen, sondern versucht ihn mit pleonastischen Mitteln zu über• Artikel 1 Abs. 2 der Satzung eine völkerrechtliche Bedeutung. trumpfen. Bezeichnend ist auch, daß die kommunistischen Macht• Denn auch die Beziehungen zwischen „Nationen" können rechtlich haber in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands das Ad• nur auf der Ebene des Völkerrechts erfaßt werden. jektiv „demokratisch" nicht nur zur Bezeichnung des von ihnen 16 So Menzel, s. Anm. 4, aaO, S. 282. mit Hilfe der Sowjetunion beherrschten Teils Deutschland als 17 S. dazu Meyer-Lindenberg, Hermann: Die Bemühungen der Ver• „Deutsche Demokratische Republik" mißbrauchen, sondern auch in einten Nationen um eine Kodifikation der Menschenrechte, Fest• ihrer Propaganda immer wieder darzutun versuchen, daß ihr schrift für Laun (1962) S. 303 ff. Regierungssystem „demokratisch" sei. S. etwa den Aufsatz von 18 Diese Formulierung ist später von der XV. Vollversammlung wört• Bach, „Die DDR — eine echte Demokratie" in der sowjetzonalen lich unter Ziffer 2 ihrer bereits oben in Anm. 12 erwähnten „De- Zeitschrift „Außenpolitik" (1963) S. 873 ff. claration on the granting of independence to colonial countries 2 Vgl. dazu neuestens Wetter, Gustav A.: Philosophische Hinter• and peoples" vom 14. Dezember 1960 übernommen worden. gründe der Koexistenz-Doktrin, Europa-Archiv Heft 2/1964 S. 35 ff. 19 So namentlich Scelle, G.: „Quelques réflexions sur le Droit des und Schneider, Helmut: Zur Definition der „friedlichen Koexistenz", peuples à disposer d'eux mêmes", Festschrift für Spiropoulos Europa-Archiv Heft 5/1964 S. 181 ff. (1957) S. 385 ff., und die Thesen des Verfassungsausschusses des 3 S. dazu Bender, Peter: Offensive Entspannung (1963) S. 38. Königsteiner Kreises vom 23. September 1961, abgedruckt in „Selbst• 4 Zu nennen sind namentlich: bestimmungsrecht in West und Ost" (1963), Sonderdruck aus der Decker, Günter: Das Selbstbestimmungsreeht der Nationen (1955); Zeitschrift Internationales Recht und Diplomatie, Heft 1/1962 S. 55 ff. Kraus, Herbert: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker (1959), ab• 20 So etwa Rabl, s. Anm. 4, aaO, S. 173. gedruckt in Internationale Gegenwartsfragen; Ausgewählte kleine 21 Es ist das Verdienst von Boris Meissner, dies festgestellt und in Schriften von Herbert Kraus; seiner Abhandlung „Die sowjetische Stellung zum Selbstbestim• Meyer-Lindenberg, Hermann: Das Selbstbestimmungsrecht der mungsrecht der Völker" (in Internationales Recht und Diplomatie Völker, Politisch-Soziale Korrespondenz (1961) S. 6 ff.; [1962] S. 21 ff.) im einzelnen nachgewiesen zu haben. Menzel, Eberhard: Die Vereinten Nationen und das Selbstbestim• 22 S. Menzel, Anm. 4, aaO, S. 291. mungsrecht der Völker, Festschrift für Laun (1962) S. 270 ff.; 23 Das heißt nicht unbedingt, daß dieser Staat restlos alle Angehö• Barandon, Paul: Selbstbestimmungsrecht und Anschlußverbot, rigen des ihn bildenden Volkes und alle Gebiete umfassen müßte, Festschrift für Laun (1962) S. 11 ff.; die von ihm besiedelt sind. In letzterer Hinsicht stehen einer to• Raschhofer, Hermann: Das Selbstbestimmungsrecht in westlicher talen Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts eines Volkes in Sicht, Internationales Recht und Diplomatie (1962) S. 13 ff.; vielen Fällen nicht nur unüberwindliche tatsächliche Hindernisse, Meissner, Boris: Die sowjetische Stellung zum Selbstbestimmungs• sondern auch rechtlich die Schranke der Souveränität eines ande• recht der Völker, Internationales Recht und Diplomatie (1962) ren Staates entgegen, ohne daß das Völkerrecht dem Selbstbestim• S. 21 ff.; mungsrecht insoweit bisher gegenüber der Souveränität der be• Rabl, Kurt: Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, München 1963; stehenden Staaten einen Vorrang eingeräumt hätte. Insofern ent• Kluke, Paul: Selbstbestimmung. Vom Weg einer Idee durch die spricht das Gutachten, das die seinerzeit vom Völkerbund einge• Geschichte (1963); setzte Juristenkommission im Jahre 1921 im Falle der Aarlands- Studien und Gespräche über Selbstbestimmung und Selbstbestim• Insel und ihrer unter finnischer Oberhoheit lebenden schwedischen mungsrecht Bd. 1 (1964), hrsgg. von Kurt Rabl; Bevölkerung erstattete (The Aaland Islands Question, Report of s. ferner das die ältere Literatur umfassende Verzeichnis bei the Committee of Jurists, L. N. O. Z., Spec. Suppl. No. 3, October 1920, Armbruster, Artikel „Selbstbestimmungsrecht" in Strupp- pp. 5), im Ergebnis wahrscheinlich auch noch dem heutigen Stand Schlochauer: Wörterbuch des Völkerrechts Bd. 3 (1962) S. 250 ff. des Völkerrechts. 5 S. dazu Kluke, Anm. 4, aaO, S. 31; Kraus, Anm. 4, aaO, S. 577 ff. 24 S. dazu die Nachweise bei Meissner, s. Anm. 4, aaO, S. 28 ff. 6 Kluke (s. Anm. 4, aaO, S. 12) weist darauf hin, daß das Wort 25 So J. Stalin in seinem 1913 erschienenen Aufsatz über „Marxismus „Selbstbestimmungsrecht" sich Ende des 19. Jahrhunderts weder und die nationale und kollektive Frage", in deutscher Uberset• in den Konversationslexiken noch in dem damals erschienenen zung Berlin 1950, S. 32. Handwörterbuch der Staatswissenschaft findet. 26 So Artikel 6 des Vertrages vom 12. Juni 1964 „über Freundschaft, ge• 7 S. dazu Kluke, Anm. 4, aaO, S. 24 f. — Die prägnanteste Formulie• genseitigen Beistand und Zusammenarbeit zwischen der Union der rung des Nationalstaatsgedankens stammt allerdings von dem Sozialistischen Sowjetrepubliken und der Deutschen Demokrati• schweizerischen Staatsrechtler Johann Kaspar Bluntschli: „Jede schen Republik". Nation ist berufen und berechtigt, einen Staat zu bilden. Wie die 27 Zitiert nach der vom Presse- und Informationsamt der Bundes• Menschheit in eine Anzahl von Nationen geteilt ist, soll die Welt regierung im Pressefunk Ost-West vom 7. März 1964 herausge• in ebenso viele Staaten zerlegt werden. Jede Nation sei ein Staat, gebenen deutschen Ubersetzung. jeder Staat eine Nation." Allgemeine Staatslehre, 6. Aufl. (1866) S. 107. 28 Gemeint ist die von den Drei Mächten zum Moskauer Abkommen 8 Außer der staatlichen Einigung Deutschlands und Italiens sind vom 12. Juni 1964 zwischen der UdSSR und der SBZ abgegebene namentlich die erfolgreichen Unabhängigkeitsbestrebungen Grie• Erklärung vom 26. Juni 1964, deren deutsche Übersetzung im Bul• chenlands und der spanischen Kolonien in Südamerika sowie die letin des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung Nr. vergeblichen Versuche des polnischen Volkes zu nennen, seine 101 vom 27. Juni 1964 abgedruckt ist. staatliche Selbständigkeit wieder zu erkämpfen. 29 So die TASS-Erklärung vom 7. März 1964. 9 Wenn Kluke feststellt, daß das Selbstbestimmungsrecht „untrenn• 30 So die Erklärung der sowjetischen Regierung vom 18. Juli 1964. bar mit der Gedankenwelt der modernen Demokratie verbunden 31 Res. 1514 (XV) vom 14. Dezember 1960. (Vgl. Anm. 12) — Deutsche ist" (s. Anm. 4, aaO, S. 16, auch S. 48), so ist dies zwar insoweit Übersetzung s. VN Heft 4/62 S. 117.

Vereinte Nationen 5/64 171 Ausbildung und Bereitstellung einer UN-Friedenstruppe GENERALMAJOR INDARJIT J. RIKHYE Militärberater des Generalsekretärs Über die UN-Truppen, ihre Bereitstellung, Ausbildung, Or• des Friedens brauche. Und da es noch nicht möglich sei, eine ganisation, ihren Einsatz und ähnliche Probleme, fand Endevollständig e Berufsfeuerwehr zu unterhalten, müsse man Februar 1964 in Oslo eine Konferenz statt. Auf ihr machte eben ein System mit freiwilligen Feuerwehrleuten schaffen. Generalmajor Rikhye, derzeitiger Militärberater des General•Deshalb eine Gestellung von Einheiten als Bereitschafts- sekretärs der Vereinten Nationen, nachstehende Ausfüh•Truppe. rungen. Sie sind geeignet, den grundsätzlichen Unterschied II der Aufgaben für die UN-Truppen einerseits und für her• Kurz gesagt, eine ständige UN-Truppe liegt gegenwärtig kömmliche militärische Verbände andererseits zuaußerhal verdeut•b des Bereichs des Möglichen: finanzielle, politische lichen. Es wird besonders auf Teil V hingewiesen. und administrative Gründe verhindern ihre Aufstellung. I Dennoch steht die UNO weiter vor der dringenden Notwen• Wenn man an eine nationale oder internationale Organisation digkeit, eine wirksamere Maschinerie zur Friedenserhaltung, denkt, die Gesetz und Ordnung, Frieden und Ruhe wahren vor allem durch die Verwendung militärischen Personals und soll, so denkt man naturgemäß stets daran, einer solchen militärischer Einheiten, zu schaffen. Für diesen Zweck wür• Organisation die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu den Bereitschaftstruppen, gebildet aus Kontingenten, die von stellen. In den letzten 17 Jahren ist militärisches Personal Mitgliedstaaten freiwillig aufgestellt werden, ein wirk• zunehmend von der UNO eingesetzt worden, um eine wich• sameres Mittel bilden. Das wurde auf der 18. Tagung der tige und kraftvolle Rolle bei der Erhaltung des Friedens zu Generalversammlung deutlicher, als mehrere Länder von der spielen. Der Unterhalt einer internationalen Truppe stellt Tribüne der Generalversammlung aus offiziell Bereitschafts• Probleme politischer, militärischer und finanzieller Art, die einheiten anboten. So erklärte der kanadische Premier• nicht leicht zu lösen sind und für die es keine Patentregel minister am Tage der Eröffnung der Generalversammlung: gibt. Deshalb wäre es schwierig, wenn nicht unmöglich, eine wir schlagen vor, daß die interessierten Regierungen ständige UN-Truppe nach dem Modell anderer Verteidigungs• die Probleme und die technischen Fragen von Friedens• streitkräfte wie der Nato oder des Warschauer Paktes zu operationen prüfen. Dies könnte zu einer Zusammen• organisieren. Die finanzielle Belastung wäre untragbar, fassung der vorhandenen Möglichkeiten und zur koordi• denn die Vereinten Nationen stünden vor folgendem Di• nierten Entwicklung ausgebildeter und ausgerüsteter lemma: eine ausreichend starke Truppe würde große Geld• Truppen für den UN-Dienst führen, damit möglichen mittel erfordern, die nicht aufgebracht werden könnten; künftigen Forderungen nach friedenserhaltenden und andererseits würde eine Truppe, die den möglichen finan• polizeilichen Aktionen unter der blauen Fahne der Welt• ziellen Mitteln entspricht, ihrer Aufgabe nicht gerecht wer• organisation und auf Ersuchen dieser Organisation ent• den. Das wird deutlich, wenn wir uns vergegenwärtigen, sprochen werden kann." daß eine ständige UN-Truppe in der Lage sein müßte, kleiner Bald nach Kanada boten auch Dänemark, Norwegen, Schwe• Buschfeuer wie im Jemen und umfangreicher Konflikte wie den, Finnland und die Niederlande freiwillige Bereitschafts• im Kongo Herr zu werden. verbände für den Einsatz in friedenserhaltenden Operationen Die Vereinten Nationen sind in wachsendem Maße eine frie• der UN an. denserhaltende Organisation geworden. Wenn heute irgendwo In der Vergangenheit ist der UNO der Vorwurf gemacht in der Welt Unruhen entstehen, erheben sich immer Stim• worden, militärische Operationen improvisiert begonnen zu men, die ein Eingreifen der UN fordern oder vorschlagen. haben. Das ist weitgehend richtig. Aber man muß erkennen, Dabei ist allgemein anerkannt, daß sich das Feuer weniger daß der Generalsekretär bei allen bisherigen durch inter• ausbreitet und die Zahl der Feuerwehrleute kleiner sein nationale Brände ausgelösten UN-Operationen zum Zeit• kann, je eher man ihm zu Leibe rückt. Heute zeigt sich beim punkt der Entscheidungen nicht über den notwendigen Stab ersten Anzeichen einer internationalen Krise die Tendenz, verfügte. Hastig wurden die entsprechenden Ersuchen an die UNO einzuschalten, sei es durch die Einberufung des einzelne Länder gerichtet, und die Truppen wurden sehr Sicherheitsrates, sei es durch das Ersuchen an den General• kurzfristig eingesetzt. Es ist schwierig, sehr kurzfristig genau sekretär, Beobachter zu stellen, einzugreifen oder zu ver• die Einheiten zu rekrutieren, die für den jeweiligen Einsatz mitteln. Auf diese Weise wurden viele internationale Pro• geeignet sind, und es ist weiterhin schwierig, eine Truppe ins bleme ohne ein militärisches Eingreifen beherrscht. Dies be• Feld zu stellen, deren Verbände und Stäbe zum ersten Mal deutet jedoch nicht, daß die UNO eine militärische Truppe bei einer so heiklen Operation zusammenkommen. Es sind nicht benötigt. Bei einigen Problemen — praktisch bei den nicht nur Unterschiede der Sprache und der Tradition, son• wesentlichen — konnte nur der Einsatz einer internationalen dern auch der Ausbildung, Ausrüstung, Theorie und der Ge• Truppenmacht zur Abschreckung, zur Neutralisierung oder neralstabszusammenarbeit vorhanden. zur Erzwingung einer Lösung den Frieden wahren. Solche Zahlreiche der eben erwähnten Schwierigkeiten wären ge• Fälle sind immer zahlreicher geworden. Dementsprechend ringer gewesen, hätte man vor den militärischen Operationen nahmen Gespräche und Debatten über eine friedenserhaltende in ausreichendem Maße militärisch vorausplanen können. Maschinerie der UNO zu. Für den Kern jeder militärischen Planung — die vorgestellte Einige glauben, daß eine solche Truppe als eine ständige Lage — sind die Voraussetzungen hier nicht ideal, da es sehr organisiert werden müßte, zu der alle Mitglieder Kontin• schwierig ist, sich alle möglichen Umstände, unter denen der gente stellen. Es ist interessant festzustellen, daß auf der Einsatz einer UN-Truppe in jedem Spannungsgebiet der Welt Genfer Abrüstungskonferenz die beiden großen Machtblöcke notwendig werden könnte, vorzustellen. Dennoch kann, wenn die Aufstellung einer solchen Truppe als unerläßlichen ein erfahrener Planungsstab und die Daten über die einzelnen Schritt zur Verwirklichung einer vollständigen Abrüstung Kontingente und den Nachschub bereitstehen, viel im voraus bezeichneten. Andere wiederum weisen darauf hin, daß die getan werden, um Zeit, Geld, Mühen und sogar Menschen• Abrüstung nach wie vor noch weit in der Zukunft liege und leben zu sparen, wenn der Zeitpunkt kommt, Einheiten ein• daß die UNO deshalb sofort ein Instrument zur Wahrung zusetzen.

172 Vereinte Nationen 5/64 Wollkleidung zu Operationen in tropischen Verhältnissen an III oder umgekehrt. Einige Einheiten trafen ohne Kochmöglich• Hinsichtlich der Definition einer aufgestellten Bereitschafts• keiten ein. Viel Personal war nicht gegen Pocken und tro• truppe werden folgende Kriterien stillschweigend anerkannt: pische Krankheiten geimpft worden. die Bereitstellung erfolgt durch die jeweilige Regierung Wenn auch der Gesundheitszustand des größten Teils der freiwillig; Truppen im allgemeinen sehr gut war, hatte man doch in die bereitgestellten Einheiten verbleiben bis zu ihrer einigen Fällen eine geeignete medizinische Untersuchung Verwendung durch die UNO ganz unter Befehl und Kon• versäumt, so daß dringende Evakuierungen nötig wurden, trolle ihrer Regierung; als sich einige chronische Krankheiten nach dem Eintreffen die jeweilige Regierung muß einem UN-Ersuchen auf im Operationsgebiet herausstellten. Obwohl anerkennens• Einsatz ihrer Einheiten in einer bestimmten Operation wert ist, daß die Truppen, die Mitgliedstaaten der UNO für zustimmen; Einsätze so großzügig angeboten hatten, auf so kurze Be• in der Bereitschaftsphase entstehen der UNO keine finan• nachrichtigung hin zusammengesetzt werden konnten, besteht ziellen Verpflichtungen. doch offenkundig die Notwendigkeit einer verwaltungstech• Im Rahmen dieser Grundsätze müßte es weitgehend mög• nischen Vorbereitung. Die Mitarbeit der Militärbehörden der lich sein, für einen möglichen künftigen Einsatz eine koordi• Regierungen ist darüber hinaus erforderlich, um den Be• nierte Planung vorauszusehen und vorzunehmen. Ein kleiner fehlshabern ihrer Verbände die Notwendigkeit klarzumachen, Planungsstab im UN-Hauptquartier müßte in Zusammen• sich an die Verwaltungsvorschriften des UN-Hauptquartiers arbeit mit den Staaten, die Kontingente bereitstellen, für und des Befehlshabers der UN-Truppen zu halten. verschiedene Einsatzformen planen. Die Mehrzahl der bis• her bereitgestellten Einheiten sind ganz natürlicherweise V Kampfeinheiten. Jedoch auch Verwaltungs- und Nachschub• einheiten sowie Stabsoffiziere sind für jede Operation not• UN-Operationen beruhen auf einigen Grundregeln, die für wendig. Ihre Bereitstellung ist unerläßlich. Eine Luftwaffen• die Truppen mit den Blauhelmen charakteristisch sind: beteiligung ist ebenfalls wesentlich. In der ersten Planungs• a) Gewaltanwendung nur zur Selbstverteidigung; phase müßte die UNO daher auf der Grundlage der bis• herigen Erfahrungen die Modelle für zwei oder drei Grund• b) Bewegungsfreiheit im ganzen Gebiet. typen einer Truppe herausbilden. Daraus würde sich eine Diese beiden Grundsätze weichen so stark von dem her• Liste der Arten und der Anzahl der Einheiten ergeben, die kömmlichen militärischen Verhalten ab, daß es notwendig Verhandlungen zwischen der UNO und den Ländern, die wird, Offiziere und Mannschaften an ihre Beachtung zu Kontingente bereitstellen wollen, erleichtern werden, um binden. In der ganzen Welt werden Armeen dazu ausgebildet, im Bedarfsfall über die notwendigen Kontingente für eine den Feind zu besiegen und zu vernichten. Für die UNO sind Truppe jeder Größe zu verfügen. diese Vorstellungen nicht gültig. Es gibt keinen Feind, nie• mand soll besiegt werden, es gibt keine Vernichtungsabsicht, Die gesamten Planungen müßten sich auf drei Hauptpunkte und die Idee der Neutralisierung trägt einen anderen Akzent: konzentrieren: Transport, Ausbildung und Versorgung der es genügt nicht, nur einen Gegner zu neutralisieren, vielmehr Kontingente. Stunden, ja Tage kostbarer Zeit können ge• müssen alle Kriegführenden neutralisiert werden, und zwar spart werden, wenn die Verladungsdaten einer Einheit vorher ohne Anwendung von Gewalt, allein durch Anwesenheit. Die bekannt sind. Das wirft die Frage nach Stärke und Aus• Bewegungsfreiheit im ganzen Gebiet, das von beiden Seiten rüstung des Kontingents und nach Art des Transports auf. besetzt gehalten wird, ist daher notwendig. Gleichzeitig muß Solche Einzelfragen müssen von der UNO, dem Staat, der die Präsenz, damit sie respektiert wird, durch eine Truppe die Einheit stellt, und dem Staat, der für den Transport gesichert werden, die in der Lage ist, sich im konven• sorgt, geprüft, erörtert und vereinbart werden. Die nationalen tionellen oder im Partisanenkrieg zu verteidigen, falls ein Organisations- und Ausrüstungspläne können dann so ge• oder beide Streitende sich gegen den Vermittler wenden. Eine ändert werden, daß es den Kontingenten möglich ist, be• Sonderausbildung ist daher für jede Einheit, die in einer stimmte UNO-Missionen zu erfüllen. Die Transporterforder• UN-Truppe mitwirkt, zwingend. Oft ist gesagt worden, daß nisse würden gelöst sein, und die Kontingente könnten inner• die Friedenserhaltung der UNO nur in einer Polizeiaktion halb weniger Stunden nach einer Resolution des Sicherheits• bestände und eine Polizeiausbildung daher ausreichend sei. rats oder der Generalversammlung und nach der Billigung Das ist nicht richtig. Eine Polizeitruppe wäre nicht in der eines UN-Ersuchens durch die Regierungen auf dem Luft• Lage gewesen, sich in Elisabethville im Feuer der katan- weg sein. gesischen Gendarmerie zu behaupten. Zudem ist es leichter, IV eine erfahrene Kampfeinheit mit gewissen Polizeifunktionen In Gaza und im Kongo ergaben sich Fälle, in denen die bekannt zu machen, als aus Polizeikontingenten Einheiten zu UN-Truppen aufgefordert wurden, die örtlichen Sicherheits• bilden, die zur militärischen Selbstverteidigung in der Lage kräfte gegen Unruhen und gegen den Mob zu unterstützen, sind. und in einigen Fällen waren die UN-Truppen unmittelbar in Eine Bereitschaftstruppe müßte diese Ausbildung in der derartige Situationen verwickelt. Bisweilen mußte das UN- Bereitschaftsphase erhalten, denn es ist schwierig, Truppen Personal im Rahmen seiner Aufgaben gewisse Polizeifunk• im Operationsgebiet auszubilden. Außerdem verfügt die UNO tionen ausüben, um Leben und Eigentum zu schützen, und nicht über die geeigneten Möglichkeiten oder Ausbildungs• in verschiedenen anderen Fällen die zivilen Behörden unter• lager. Hinzu kommt, daß die Staaten, die der UNO Kon• stützen. In den meisten Fällen waren die UN-Truppen für tingente zur Verfügung stellten, üblicherweise in regelmäßigen solche Aufgaben nicht ausgebildet worden. Oft waren ihre Zeitabständen für diese Verbände Übungen abgehalten Waffen und ihre Ausrüstung für diese Aufgaben nicht ge• haben. Bei Durchführung dieser Übungen im Operations• eignet. gebiet hätte man die Stärke der Truppe wesentlich größer Das UN-Hauptquartier hat bereits den Regierungen einige halten müssen, wodurch neue finanzielle und Verwaltungs• allgemeine Anhaltspunkte über die Lebensbedingungen in probleme entstanden wären. einigen wahrscheinlichen künftigen Operationsgebieten ge• VI geben. Aber selbst wenn genaue Informationen und Instruk• Dieses System der Zwischenübungen wirft ein Problem auf, tionen gegeben wurden, so wurden sie nicht immer befolgt. das sehr wichtig wird, wenn die Operation lange dauert. In einigen Fällen z. B. kamen Kontingente mit schwerer Nehmen wir einmal an, daß ein Staat ein Bataillon für eine

Vereinte Nationen 5/64 173 UN-Operation bereitstellt und dieses Bataillon jahrelang aus• bildet, bis die Zeit des Einsatzes durch die UNO gekommen ist. Sechs Monate später kehrt das Bataillon nach Hause zu• rück und wird im Operationsgebiet durch ein noch uner• fahrenes ersetzt, das höchstens eine sechsmonatige Ausbil• dung hinter sich hat. So gesehen wäre es empfehlenswert, wenn die Einsatzzeit bei der UNO mindestens ein Jahr be• tragen würde. Das würde eine Mindestzeitspanne für die Ausbildung einer Einheit erlauben, um eine andere nach Ablauf ihres Turnus im Operationsgebiet zu ersetzen. Da• durch würden auch die Kosten der Operation wesentlich ge• senkt werden. Der Mitgliedstaat, der das Kontingent bereit• stellt, hat jedoch das letzte Wort. Besteht er auf einem sechs• monatigen Turnus, dann muß die UNO sich entweder damit abfinden oder eine Einheit von anderer Seite anfordern. Län• der, die auf einem sechsmonatigen Turnus bestehen, müssen zudem zwei gleich ausgebildete Einheiten für jedes Kon• tingent unterhalten, dessen Bereitstellung sie zugesagt haben. Einige Länder können keine Einheiten ihrer Nationalarmee außer Landes schicken und müssen daher ein Freiwilligen• kontingent aufstellen. In diesem Falle handelt es sich bei dem Verband, der schließlich entsandt wird, um eine Reserve- Einheit, deren Mannschaften ihre Ausbildung einige Jahre früher im Wehrdienst ihrer Armee erhielten. Bevor sie nun das Land verlassen, machen sie eine kurze Übung von einigen Wochen. Es wird schwierig sein, solche Reserve-Einheiten als Bereitschafts-Kontingente für eine UN-Truppe auszu• bilden. Dieses Problem bedarf noch der Untersuchung im Einzelnen. Es ist unmöglich, alle die verschiedenartigen Einheiten, die für eine UN-Operation notwendig sein könn• ten, vorauszusehen. Aus der Erfahrung weiß man, daß bestimmte Sondereinheiten fast für jede Operation ge• braucht werden. Ein gutes Beispiel bilden die Transport- Kontroll-Einheiten. Bei jeder Operation der UNO machen die häufigen Verlegungen von Einzelpersonen und Verbänden sowie die großen Mengen eintreffender Vorräte und die not• wendigen Bewegungen innerhalb des Operationsgebietes eine wirksame Transport-Kontroll-Organisation erforderlich. Es ist bisher recht schwierig gewesen, ausgebildete Einheiten und Mannschaften für diese Spezialaufgabe zu bekommen, da es sich bei den Staaten, die große Transport-Kontroll-Einheiten größere Transportdisziplin hinwirken. Die Forderung nach in ihren Streitkräften unterhalten, gerade um diejenigen geeigneter Ausbildung in der Bereitschaftszeit liegt auf der handelt, die normalerweise keine Kontingente stellen, näm• Hand. lich um die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats. VII Andere Staaten mit annehmbaren Staatsangehörigen können entweder ihre wenigen Spezialisten nicht entbehren oder Eine Auslandsausbildung würde auch dabei helfen, eines haben in ihrer militärischen Organisation nicht genügend der Probleme zu lösen, denen sich UN-Truppen gegenüber• Experten. Daher ist es in der Planungsphase notwendig, für sehen, nämlich das Sprachen-Problem. In der ONUC hatten die Ausbildung solcher Spezialeinheiten zu sorgen, wobei wir zu einem bestimmten Zeitpunkt Kontingente und Stabs• die Hilfe und die Mittel anderer Länder, die selbst keine personal aus 22 Ländern. Eine gemeinsame Arbeitssprache Truppen stellen, aber zur Unterstützung der Ausbildung be• war notwendig. Aus zwei Gründen wurde Englisch gewählt: reit sind, in Anspruch genommen werden können. Das wäre es ist eine der amtlichen Arbeitssprachen der UN, und es war nicht nur für die UNO, sondern auch für die Länder, deren leichter, Personal mit Englisch als Zweitsprache zu erhalten. Mannschaften ausgebildet werden, ein Vorteil. Das traf für Offiziere und einen Teil der Unteroffiziere zu. Rekrutierung und Ausbildung geeigneten Personals für die In einigen Kontingenten jedoch konnten die unteren Ränge Versorgung und den technischen Dienst stellten besondere kein Englisch. Wenn aber eine Truppe für die friedens• Probleme. Es gab Fälle, in denen Mannschaften ohne Rück• erhaltenden Aufgaben der UNO bereitgestellt und ausgebildet sicht auf ihre Eignung eingestellt wurden, um die Sollstärke werden soll, wird es unerläßlich sein, daß alle Teile einer aufzufüllen. Das kann im Einsatzfall ernste Folgen haben. solchen Einheit eine Sprachausbildung erhalten, die eine Verständigung mit anderen Kontingenten der Truppen zu• Das allgemeine Niveau in der Instandhaltung der Fahrzeuge mindest über die wichtigsten Angelegenheiten möglich macht. und in der Fahrausbildung war bisher bei den meisten Kon• Das Ausbildungsprogramm wird für jedes einzelne Land tingenten niedrig. Natürlich gibt es auch Beispiele für eine unterschiedlich sein müssen, entsprechend der nationalen vorzügliche Wartung der Fahrzeuge. Die Unfallquote der Ausbildung der Einheit. Es dürfte notwendig sein, daß das UN-Truppe tendiert hoch. Auch Staatsangehörige von Län• Programm von den Verantwortlichen für die Ausbildung des dern, in denen die UN-Truppen operierten, wurden gelegent• Kontingents und von dem UNO-Stab für die Koordinierung lich durch UN-Angehörige getötet oder schwer verletzt. Das der Ausbildung ausgearbeitet wird. In jedem Fall sind hat nicht nur eine Haftung seitens der UNO zur Folge, son• folgende Gegenstände für jedes Kontingent, gleich welcher dern belastet die beiderseitigen Beziehungen. Es ist dringend Art, wesentlich: Unruhen- und Mobkontrolle, Überwachungs• notwendig, daß die Befehlshaber der Kontingente auf eine dienst, Untersuchung von Zwischenfällen, Rettungsdienst,

174 Vereinte Nationen 5/64 geführt werden. Wenn die Verbände zur Beteiligung an einer UNO-Truppe entsandt werden, so ist die UNO für ihren operativen Einsatz und für ihren Nachschub verant• wortlich. Nationale Verwaltungsangelegenheiten und diszi• plinarische Fragen unterliegen weiterhin nationalen Befehlen. Es besteht Ubereinstimmung, daß die Disziplin in der Ver• gangenheit keine ernsthaften Probleme aufwarf, eine Tat• sache, für die den Truppen und ihren Befehlshabern hohes Verdienst gebührt. Dennoch ist der Umstand, daß der Be• fehlshaber der UN-Truppe keine Disziplinargewalt über die nationalen, seinem Kommando unterstehenden Kontin• gente hat, eine potentielle Gefahr, die beseitigt werden sollte und die wahrscheinlich auch beseitigt werden kann, wenn Bestimmungen ausgearbeitet und von allen Staaten, die Kontingente stellen, angenommen werden. Gleichfalls ist es notwendig, daß einige Länder besondere disziplinarische Vollmachten für das Einsatzgebiet gewähren. Gegenwärtig wird ihren Soldaten für Vergehen im UN-Dienst vor heimischen nationalen Gerichten nach dem staatlichen Strafgesetz der Prozeß gemacht. Da diese Gerichte nicht im Operationsgebiet zusammentreten können, kommt es häufig zu schwerfälligen und wirkungslosen Prozessen. Nach den Status-Vereinbarungen, die die UNO mit den Re• gierungen des Operationsgebietes abschließt, genießen die UN-Truppen Befreiung von den Landesgesetzen. Solche Befreiungen legen der UNO und ihrem Generalsekretär eine schwere Verantwortung auf. Es wäre daher äußerst uner• wünscht, wenn Übertretungen und flagrante Verletzungen der örtlichen Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen sich ohne Gegenmaßnahmen ereignen und die Schuldigen ohne geeignete Disziplinarmaßnahmen davonkommen würden. Es ist mit großem Bedauern festgestellt worden, daß in einigen wenigen Fällen, darunter auch bei schweren Verbrechen, die jeweiligen Regierungen nicht geneigt waren, die notwendigen Untersuchungen vorzunehmen und geeignete disziplinarische Maßnahmen gegen die Schuldigen zu ergreifen. Die Auswir• kungen, die eine solche Haltung auf den Ruf, die Disziplin und die Moral der UN-Truppe hat, und die große Besorg• nis, die sie bei der Regierung des Landes, in dem die UN- Truppen eingesetzt sind, sowie bei anderen Regierungen aus• Unterstützung der zivilen Behörden, Hygiene und Erste Hilfe, löst, brauchen nicht hervorgehoben zu werden. Der ge• Beobachtungsaufgaben sowie Vorschriften und Verfahren der samte Fragenkomplex der Disziplin eines militärischen Kom• UNO. Bei Offizieren, die für den Dienst in Stäben bereit• mandos der UNO im Einsatzgebiet bedarf der dringenden gestellt werden, müßte die Ausbildung noch Befugnisse und Aufmerksamkeit der Mitgliedstaaten, die die UN-Bemühun• Pflichten eines Militärbeobachters, Untersuchung eines Zwi• gen auf diesem Gebiet weiter großzügig zu unterstützen be• schenfalls, Vermittlung oder Beobachtung einer Waffenruhe absichtigen. einschließen. Mehr als 40 verschiedene Länder haben bisher IX Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften für UN-Opera• tionen oder militärische Beobachtergruppen zur Verfügung Die Vereinten Nationen treffen mit den Ländern, die Kon• gestellt. In diesen Ländern besteht somit ein Stamm von tingente stellen, bestimmte Vereinbarungen über diese Ein• Offizieren und Unteroffizieren, die als Instrukteure bei der heiten. Nach den gemachten Erfahrungen erhielten diese Ver• Vorbereitung und Ausbildung neuer Einheiten eingesetzt einbarungen eine festere Form. Als Regelfall entsenden die werden können. Für die Tätigkeit der UNO ist es charak• Staaten die gestellten Truppen voll ausgerüstet und ver• teristisch, daß jede Operation sich in wichtigen Einzelheiten pflichten sich, Besoldung und Zulagen zu zahlen. Die UNO von allen anderen unterscheidet. Daher benötigen Länder, sorgt für den Transport der Truppen in das Einsatzgebiet die nur an ein oder zwei Operationen teilnahmen, zusätzliche und zurück in die Heimat, für Nachschub im Felde und ver• Hilfe zur Ergänzung ihrer Ausbildung. Das kann erreicht gütet den Regierungen eine Reihe von Sonderausgaben. werden, indem man Personal zur Ausbildung in andere Letzteres bezieht sich auf eine Vielzahl von Posten. Einige Länder schickt oder indem man Ausbilder, die auf bestimmten Länder können z. B. — wie bereits gesagt — keine natio• Gebieten spezialisiert sind, in das Land holt. Dieser Aus• nalen Einheiten ins Ausland entsenden, sondern müssen tausch kann entweder direkt oder über die UNO erfolgen. einen Freiwilligenverband aufstellen. In solchen Fällen kann In jedem Fall setzt er eine intensive Zusammenarbeit und noch nicht einmal der Grundsold in den Staatshaushalt dieser Koordinierung voraus. Länder aufgenommen werden. Dadurch entsteht ein An• spruch gegen die UNO unter der Rubrik Sonderausgaben. VIII Nehmen wir einen anderen Fall, z. B. Indien, das gezwungen Aber nicht nur die Ausbildungsprobleme erfordern eine solche war, einige Territorialeinheiten zu integrieren, die die na• Koordinierung. Über einige andere Fragen, die sich bei der tionalen Sicherheitsaufgaben für die der UNO zur Verfügung Organisation und Operation einer UN-Sicherheitstruppe als gestellten Truppen übernehmen mußten. Für die indische Probleme erwiesen haben, könnte ohne weiteres während der Regierung wäre es gerechtfertigt, die Ausgaben, die aus der Bereitschaftszeit verhandelt und eine Regelung herbei• Integration dieser Territorialstreitkräfte entstehen, als außer• vereinte Nationen 5/64 175 f

UN-Operation bereitstellt und dieses Bataillon jahrelang aus• geführt werden. Wenn die Verbände zur Beteiligung an bildet, bis die Zeit des Einsatzes durch die UNO gekommen einer UNO-Truppe entsandt werden, so ist die UNO für ist. Sechs Monate später kehrt das Bataillon nach Hause zu• ihren operativen Einsatz und für ihren Nachschub verant• rück und wird im Operationsgebiet durch ein noch uner• wortlich. Nationale Verwaltungsangelegenheiten und diszi• fahrenes ersetzt, das höchstens eine sechsmonatige Ausbil• plinarische Fragen unterliegen weiterhin nationalen Befehlen. dung hinter sich hat. So gesehen wäre es empfehlenswert, Es besteht Übereinstimmung, daß die Disziplin in der Ver• wenn die Einsatzzeit bei der UNO mindestens ein Jahr be• gangenheit keine ernsthaften Probleme aufwarf, eine Tat• tragen würde. Das würde eine Mindestzeitspanne für die sache, für die den Truppen und ihren Befehlshabern hohes Ausbildung einer Einheit erlauben, um eine andere nach Verdienst gebührt. Dennoch ist der Umstand, daß der Be• Ablauf ihres Turnus im Operationsgebiet zu ersetzen. Da• fehlshaber der UN-Truppe keine Disziplinargewalt über durch würden auch die Kosten der Operation wesentlich ge• die nationalen, seinem Kommando unterstehenden Kontin• senkt werden. Der Mitgliedstaat, der das Kontingent bereit• gente hat, eine potentielle Gefahr, die beseitigt werden sollte stellt, hat jedoch das letzte Wort. Besteht er auf einem sechs• und die wahrscheinlich auch beseitigt werden kann, wenn monatigen Turnus, dann muß die UNO sich entweder damit Bestimmungen ausgearbeitet und von allen Staaten, die abfinden oder eine Einheit von anderer Seite anfordern. Län• Kontingente stellen, angenommen werden. der, die auf einem sechsmonatigen Turnus bestehen, müssen Gleichfalls ist es notwendig, daß einige Länder besondere zudem zwei gleich ausgebildete Einheiten für jedes Kon• disziplinarische Vollmachten für das Einsatzgebiet gewähren. tingent unterhalten, dessen Bereitstellung sie zugesagt haben. Gegenwärtig wird ihren Soldaten für Vergehen im UN-Dienst Einige Länder können keine Einheiten ihrer Nationalarmee vor heimischen nationalen Gerichten nach dem staatliehen außer Landes schicken und müssen daher ein Freiwilligen• Strafgesetz der Prozeß gemacht. Da diese Gerichte nicht im kontingent aufstellen. In diesem Falle handelt es sich bei dem Operationsgebiet zusammentreten können, kommt es häufig Verband, der schließlich entsandt wird, um eine Reserve- zu schwerfälligen und wirkungslosen Prozessen. Einheit, deren Mannschaften ihre Ausbildung einige Jahre Nach den Status-Vereinbarungen, die die UNO mit den Re• früher im Wehrdienst ihrer Armee erhielten. Bevor sie nun gierungen des Operationsgebietes abschließt, genießen die das Land verlassen, machen sie eine kurze Übung von einigen UN-Truppen Befreiung von den Landesgesetzen. Solche Wochen. Es wird schwierig sein, solche Reserve-Einheiten Befreiungen legen der UNO und ihrem Generalsekretär eine als Bereitschafts-Kontingente für eine UN-Truppe auszu• schwere Verantwortung auf. Es wäre daher äußerst uner• bilden. Dieses Problem bedarf noch der Untersuchung im wünscht, wenn Übertretungen und flagrante Verletzungen Einzelnen. Es ist unmöglich, alle die verschiedenartigen der örtlichen Gesetze, Verordnungen und Bestimmungen sich Einheiten, die für eine UN-Operation notwendig sein könn• ohne Gegenmaßnahmen ereignen und die Schuldigen ohne ten, vorauszusehen. Aus der Erfahrung weiß man, daß geeignete Disziplinarmaßnahmen davonkommen würden. Es bestimmte Sondereinheiten fast für jede Operation ge• ist mit großem Bedauern festgestellt worden, daß in einigen braucht werden. Ein gutes Beispiel bilden die Transport- wenigen Fällen, darunter auch bei schweren Verbrechen, die Kontroll-Einheiten. Bei jeder Operation der UNO machen jeweiligen Regierungen nicht geneigt waren, die notwendigen die häufigen Verlegungen von Einzelpersonen und Verbänden Untersuchungen vorzunehmen und geeignete disziplinarische sowie die großen Mengen eintreffender Vorräte und die not• Maßnahmen gegen die Schuldigen zu ergreifen. Die Auswir• wendigen Bewegungen innerhalb des Operationsgebietes eine kungen, die eine solche Haltung auf den Ruf, die Disziplin wirksame Transport-Kontroll-Organisation erforderlich. Es und die Moral der UN-Truppe hat, und die große Besorg• ist bisher recht schwierig gewesen, ausgebildete Einheiten und nis, die sie bei der Regierung des Landes, in dem die UN- Mannschaften für diese Spezialaufgabe zu bekommen, da es Truppen eingesetzt sind, sowie bei anderen Regierungen aus• sich bei den Staaten, die große Transport-Kontroll-Einheiten größere Transportdisziplin hinwirken. Die Forderung nach Unterstützung der zivilen Behörden, Hygiene und Erste Hilfe, löst, brauchen nicht hervorgehoben zu werden. Der ge• in ihren Streitkräften unterhalten, gerade um diejenigen geeigneter Ausbildung in der Bereitschaftszeit liegt auf der Beobachtungsaufgaben sowie Vorschriften und Verfahren der samte Fragenkomplex der Disziplin eines militärischen Kom• handelt, die normalerweise keine Kontingente stellen, näm• Hand. UNO. Bei Offizieren, die für den Dienst in Stäben bereit• mandos der UNO im Einsatzgebiet bedarf der dringenden lich um die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats. VII gestellt werden, müßte die Ausbildung noch Befugnisse und Aufmerksamkeit der Mitgliedstaaten, die die UN-Bemühun• Andere Staaten mit annehmbaren Staatsangehörigen können Pflichten eines Militärbeobachters, Untersuchung eines Zwi• gen auf diesem Gebiet weiter großzügig zu unterstützen be• entweder ihre wenigen Spezialisten nicht entbehren oder Eine Auslandsausbildung würde auch dabei helfen, eines schenfalls, Vermittlung oder Beobachtung einer Waffenruhe absichtigen. haben in ihrer militärischen Organisation nicht genügend der Probleme zu lösen, denen sich UN-Truppen gegenüber• einschließen. Mehr als 40 verschiedene Länder haben bisher Experten. Daher ist es in der Planungsphase notwendig, für sehen, nämlich das Sprachen-Problem. In der ONUC hatten Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften für UN-Opera• IX die Ausbildung solcher Spezialeinheiten zu sorgen, wobei wir zu einem bestimmten Zeitpunkt Kontingente und Stabs• tionen oder militärische Beobachtergruppen zur Verfügung Die Vereinten Nationen treffen mit den Ländern, die Kon• die Hilfe und die Mittel anderer Länder, die selbst keine personal aus 22 Ländern. Eine gemeinsame Arbeitssprache gestellt. In diesen Ländern besteht somit ein Stamm von tingente stellen, bestimmte Vereinbarungen über diese Ein• Truppen stellen, aber zur Unterstützung der Ausbildung be• war notwendig. Aus zwei Gründen wurde Englisch gewählt: Offizieren und Unteroffizieren, die als Instrukteure bei der heiten. Nach den gemachten Erfahrungen erhielten diese Ver• reit sind, in Anspruch genommen werden können. Das wäre es ist eine der amtlichen Arbeitssprachen der UN, und es war Vorbereitung und Ausbildung neuer Einheiten eingesetzt einbarungen eine festere Form. Als Regelfall entsenden die nicht nur für die UNO, sondern auch für die Länder, deren leichter, Personal mit Englisch als Zweitsprache zu erhalten. werden können. Für die Tätigkeit der UNO ist es charak• Staaten die gestellten Truppen voll ausgerüstet und ver• Mannschaften ausgebildet werden, ein Vorteil. Das traf für Offiziere und einen Teil der Unteroffiziere zu. teristisch, daß jede Operation sich in wichtigen Einzelheiten pflichten sich, Besoldung und Zulagen zu zahlen. Die UNO Rekrutierung und Ausbildung geeigneten Personals für die In einigen Kontingenten jedoch konnten die unteren Ränge von allen anderen unterscheidet. Daher benötigen Länder, sorgt für den Transport der Truppen in das Einsatzgebiet Versorgung und den technischen Dienst stellten besondere kein Englisch. Wenn aber eine Truppe für die friedens• die nur an ein oder zwei Operationen teilnahmen, zusätzliche und zurück in die Heimat, für Nachschub im Felde und ver• Probleme. Es gab Fälle, in denen Mannschaften ohne Rück• erhaltenden Aufgaben der UNO bereitgestellt und ausgebildet Hilfe zur Ergänzung ihrer Ausbildung. Das kann erreicht gütet den Regierungen eine Reihe von Sonderausgaben. sicht auf ihre Eignung eingestellt wurden, um die Sollstärke werden soll, wird es unerläßlich sein, daß alle Teile einer werden, indem man Personal zur Ausbildung in andere Letzteres bezieht sich auf eine Vielzahl von Posten. Einige aufzufüllen. Das kann im Einsatzfall ernste Folgen haben. solchen Einheit eine Sprachausbildung erhalten, die eine Länder schickt oder indem man Ausbilder, die auf bestimmten Länder können z. B. — wie bereits gesagt — keine natio• Das allgemeine Niveau in der Instandhaltung der Fahrzeuge Verständigung mit anderen Kontingenten der Truppen zu• Gebieten spezialisiert sind, in das Land holt. Dieser Aus• nalen Einheiten ins Ausland entsenden, sondern müssen und in der Fahrausbildung war bisher bei den meisten Kon• mindest über die wichtigsten Angelegenheiten möglich macht. tausch kann entweder direkt oder über die UNO erfolgen. einen Freiwilligenverband aufstellen. In solchen Fällen kann tingenten niedrig. Natürlich gibt es auch Beispiele für eine Das Ausbildungsprogramm wird für jedes einzelne Land In jedem Fall setzt er eine intensive Zusammenarbeit und noch nicht einmal der Grundsold in den Staatshaushalt dieser vorzügliche Wartung der Fahrzeuge. Die Unfallquote der unterschiedlich sein müssen, entsprechend der nationalen Koordinierung voraus. Länder aufgenommen werden. Dadurch entsteht ein An• UN-Truppe tendiert hoch. Auch Staatsangehörige von Län• Ausbildung der Einheit. Es dürfte notwendig sein, daß das spruch gegen die UNO unter der Rubrik Sonderausgaben. dern, in denen die UN-Truppen operierten, wurden gelegent• Programm von den Verantwortlichen für die Ausbildung des VIII Nehmen wir einen anderen Fall, z. B. Indien, das gezwungen lich durch UN-Angehörige getötet oder schwer verletzt. Das Kontingents und von dem UNO-Stab für die Koordinierung Aber nicht nur die Ausbildungsprobleme erfordern eine solche war, einige Territorialeinheiten zu integrieren, die die na• hat nicht nur eine Haftung seitens der UNO zur Folge, son• der Ausbildung ausgearbeitet wird. In jedem Fall sind Koordinierung. Über einige andere Fragen, die sich bei der tionalen Sicherheitsaufgaben für die der UNO zur Verfügung dern belastet die beiderseitigen Beziehungen. Es ist dringend folgende Gegenstände für jedes Kontingent, gleich welcher Organisation und Operation einer UN-Sicherheitstruppe als gestellten Truppen übernehmen mußten. Für die indische notwendig, daß die Befehlshaber der Kontingente auf eine Art, wesentlich: Unruhen- und Mobkontrolle, Überwachungs• Probleme erwiesen haben, könnte ohne weiteres während der Regierung wäre es gerechtfertigt, die Ausgaben, die aus der dienst, Untersuchung von Zwischenfällen, Rettungsdienst, Bereitschaftszeit verhandelt und eine Regelung herbei• Integration dieser Territorialstreitkräfte entstehen, als außer•

174 Vereinte Nationen 5/64 vereinte Nationen 5/64 175 ordentliche Ausgaben zu beanspruchen. Alle Auslandszu• X schläge, die von den Regierungen gezahlt werden, können Seestreitkräfte: 1948 operierten bei der Überwachung des ebenfalls unter dieser Rubrik geltend gemacht werden. Auf Waffenstillstandes zwischen Israel und den Araberstaaten den ersten Blick sieht das wie ein buchhalterisches Problem zwei amerikanische Zerstörer mit der UNO zusammen. Ihre aus, doch handelt es sich in Wirklichkeit nicht um eine Ver• Hauptaufgabe war, Verletzungen des Waffenstillstandes auf rechnungsfrage. Unterschiede in den nationalen Zuschlägen See zu beobachten. UNEF verfügte zeitweilig über eine inter• und den Auslandszuschlägen haben zur Folge, daß innerhalb nationale Überwachungsgruppe. Einige kleine Marine-Ein• einer UN-Truppe einige Kontingente viel höhere Bezüge er• heiten wurden in West-Neuguinea eingesetzt, hauptsächlich halten als andere, und das, obwohl sie alle den gleichen Ge• für Transportaufgaben, und ein Transporter, die USS „Blatch- fahren ausgesetzt sind und den gleichen Dienst leisten. Die ford", wurde im Zusammenhang mit der Kongo-Operation Lage wurde noch komplizierter, als einige Länder auf fast drei Jahre lang zur Unterstützung des Austauschs der höheren Zuschlägen für ihre Truppen im Kongo-Einsatz be• Kontingente — vor allem aus dem Fernen Osten — ver• standen. Das löste bei den meisten Ländern eine allgemeine wendet. Der militärische Seetransport wird immer gebraucht, Tendenz zur Erhöhung der Zuschläge für ihre Soldaten aus. doch ist er nicht leicht zu bekommen. Der Einsatz von Im Interesse der Wirtschaftlichkeit und auch der Moral er• Kampfschiffen ist möglich, wenn auch etwas fernerliegend. gibt sich offensichtlich die Notwendigkeit, dieser Tendenz Luftstreitkräfte: Der Einsatz von Flugzeugen bei den UNO- Einhalt zu gebieten und ein einheitliches System der Zu• Operationen ist bisher konstant geblieben. Truppentransport, schlagszahlungen, die von der UNO zurückerstattet werden, Versorgung, Beobachtung, Aufklärung, Evakuierung, Ret• festzulegen. tungsmaßnahmen erforderten den Einsatz zahlreicher Typen Es ist klar, daß solche Unterschiede die Moral der Truppe kleiner und mittlerer Maschinen. Hubschrauber und Wasser• berühren können. Das wird besonders deutlich, wenn z.B. flugzeuge waren dank ihrer Beweglichkeit und der Fähigkeit, zwei Männer, die den gleichen Dienst tun — manchmal in fast überall zu starten und zu landen, sehr nützlich. Dakotas, unmittelbarer Nähe —, sehr unterschiedliche Bezüge erhal• DC-4- und DC-6-Maschinen sowie Caribous erwiesen sich im ten, die von der UNO ausgeglichen werden, d. h. der eine Nahen Osten und im Kongo ebenfalls als äußerst nützlich. Soldat etwa kostet die UNO 8 Dollar, der andere 625 Dol• Größere Maschinen wurden für den Austausch von Kon• lar im Monat. Da dieser Unterschied in keinem Verhältnis tingenten und für den Lufttransport großer Nachschubmengen zu den Lebenshaltungskosten im Operationsgebiet steht, liegt verwendet. Sie waren jedoch kein Teil der Truppe, da sie nie es auf der Hand, daß es im Interesse der Leistung, der ständig gebraucht wurden und ihre Unterhaltskosten, wenn Moral und der Wirtschaftlichkeit wünschenswert ist, die Zah• sie ungenutzt bleiben, außerordentlich hoch sind. Das übliche lung der Zuschläge an die UNO-Truppen nach vereinbarten Verfahren bestand darin, die Mitgliedstaaten aufzufordern, und einheitlichen Richtlinien vorzunehmen. Einige Länder, Transportraum für Lufttransporte der UN-Truppe zur Ver• die Freiwillige stellten, fühlen sich verpflichtet, diese Sol• fügung zu stellen, wenn es notwendig war. Wenn die UNO daten nach den Sätzen für die Zivilangestellten der UNO künftige Operationen durchführen soll, erscheint es unerläß• zu bezahlen, und zwar mit der Begründung, daß diese Frei• lich, gleichfalls Transporthilfe bereitzustellen. Die Planungen willigen aus dem Zivilleben kommen und daher ebenso wie sollten mit anderen Worten vorsehen, daß bestimmte Flug• die Zivilisten der UNO behandelt werden müßten. Man hat zeugtypen bereitgestellt werden, mit denen Truppen und/oder auch gesagt, daß attraktive Auslandszulagen geboten wer• Nachschubgüter von den beitragenden Ländern zum Schau• den müßten, um die Freiwilligenanwerbung zu fördern. In platz des Geschehens in der Anfangsphase einer Operation Ländern, die reguläre Truppen mit Auslandserfahrungen gebracht werden können. haben, bestehen Verordnungen und Bestimmungen für die Die Lufttransporteinheit für UNEF wird von Kanada gestellt Zahlung von Auslandszulagen. Diese Länder haben beschlos• und operiert als einzelnes nationales Luftwaffenkontingent. sen, ihre Sätze für Auslandszulagen nicht einfach deshalb Daher ergaben sich für die Operationen keine organisato• heraufzusetzen, weil nun die UNO die RückZahlungsver• rischen Schwierigkeiten. Im Kongo war die UNO gezwungen, pflichtung übernommen hat. Die Zuschläge für diese Sol• einen UNO-Lufttransportverband auf multinationaler Grund• daten werden den Grundbezügen angepaßt, um alle mög• lage zu bilden. Es ist ein Verdienst der Staaten, die das lichen Härten für ihre Angehörigen auszugleichen und einen Personal und das Material stellten, daß diese Einheit, trotz Anreiz für den Dienst im Ausland zu geben. Im allgemeinen unzähliger Schwierigkeiten, einen bedeutenden Beitrag zum übersteigen sie nicht 20 Prozent der Durchschnittsbesoldung Erfolg der UN-Operation im Kongo leistete. Diese Einheit ist der Soldaten. später aufgelöst worden, weil ihre Beibehaltung mit einer Hier sollen keine Vorschläge entwickelt werden, wie die Län• herabgesetzten Zahl von Maschinen zu unwirtschaftlich war. der die Besoldung und Zuschläge für ihre Truppen festsetzen Eine Untersuchung der Geschichte dieser Einheit würde viele und regeln sollen. Die hier zum Ausdruck gebrachten Vor• Schwächen erkennen lassen, deren Beseitigung bei einer stellungen sollen nur weitere Überlegungen auf ihrer Seite künftigen Operation möglich sein sollte. Bei den Flugzeug• über diese grundsätzlich bedeutsame Frage anregen, die be• besatzungen handelte es sich entweder um Mannschaften der reits Verwaltungsschwierigkeiten verursacht und die Moral aktiven Luftwaffe oder um Reservisten. Das Bodenpersonal und mithin die operative Wirkung der Friedenstruppen der setzte sich ähnlich zusammen. Beim fliegenden Personal UNO beeinflußt hat. Da die UNO gewöhnlich mit einem mußten ernsthafte Schwierigkeiten überwunden werden, um knappen Etat auskommen muß, werden die Zuschläge, die Hubschrauberbesatzungen zu erhalten. Obwohl Vereinbarun• den Kontingenten zu zahlen sind, zu einem Hauptgesichts• gen für die Ausbildung von Mannschaften in den USA ge• punkt bei dem Herantreten an eine bestimmte Nation. In troffen wurden, begegnete man ernsthaften Personalproble• vielen Fällen ist die Nationalität im höchsten Maße annehm• men. Es besteht offensichtlich die Notwendigkeit, daß die bar, die Soldaten sind qualifiziert und von Fachleuten aus• beitragenden Länder dieses Problem detaillierter untersuchen, gebildet, und doch zögert die UNO mit der Anforderung, um die Einsatzfähigkeit zu erhöhen und die UN-Operationen weil sie innerhalb der Grenzen des Etats bleiben muß. Daher zu erleichtern. Beim Bodenpersonal fehlten vielfach die er• wird es in der Bereitschaftsphase notwendig sein, die Zu• forderlichen Kenntnisse. Es gab Fälle, in denen falsch schläge zu prüfen, den Versuch zu einer einheitlichen Rege• angeworben war, d. h. Personen, die für offene Stellen in lung zu machen und ein System zu entwickeln, das die Un• Spezialzweigen rekrutiert worden waren, hatten keine Erfah• terschiede, selbst wenn die Zuschläge nicht für alle Natio• rungen oder nicht die geforderte Spezialausbildung. Schwie• nalitäten ganz gleich sind, vertretbar und annehmbar macht. rigkeiten ergaben sich auch, Personal für Bestandaufnahme,

176 Vereinte Nationen 5/64 Anforderung und Ausgabe von Ersatzteilen zu bekommen. Vielleicht die größte Schwierigkeit, der bisher jede UN- Es herrschte ferner ein fühlbarer Mangel an geeignetem Truppe gegenüberstand, war das Unvermögen, die nationalen Personal zur Überwachung der Lufttransporte, um zu ge• Kontingente zu einer wahrhaft internationalen Streitmacht währleisten, daß der Transportraum optimal wirtschaftlich zu verschmelzen. UNEF und ONUC sind nicht wirklich voll genutzt wurde. integrierte Streitmächte gewesen. Die nationalen Kontingente Die UN-Erfahrungen mit dem Chartern kommerzieller Flug• operierten gewöhnlich als getrennte nationale Einheiten, und zeuge waren nicht immer positiv. In Gefahrensituationen be• um sie am sinnvollsten einzusetzen, wurden ihnen getrennte reitet es verständlicherweise Schwierigkeiten, Zivilluftfahrt• Aufgaben übertragen. Bei gemeinsamen Operationen besteht gesellschaften zu finden, die bereit sind, ihre Flugzeuge ein• die Gefahr, daß Schwierigkeiten entstehen. zusetzen. Mit zunehmender Erfahrung erwies es sich als Diese Schwierigkeiten setzen im Hauptquartier der Truppe möglich, die Sicherheitsfaktoren zu verbessern und bessere ein. Die Entwicklung der UN-Truppen hat bis jetzt noch nicht Dienstleistungen von den gecharterten Flugzeugen zu er• den Stand erreicht, der eine vollständige Integration des halten. Die UNO unterhält keine ständige Luftflotte und muß Stabes des Hauptquartiers zuließ. Kein Hauptquartier einer daher mit Fluggesellschaften, die Flugzeuge und bisweilen UN-Truppe arbeitete bisher als ein völlig integriertes ein• auch kleinere Flugzeugverbände — im allgemeinen mit klei• heitliches Hauptquartier. Diese Situation wird durch die An• neren Maschinen — stellen, Verträge abzuschließen suchen. wesenheit nationaler Verbindungsoffiziere und durch die Be• Es gibt sicherlich noch Möglichkeiten, die Kontrolle dieser fehlshaber der Kontingente weiter kompliziert, die entweder Flugzeuge zu verbessern, um mit den vorhandenen Mitteln direkt oder über den konsularischen Dienst ihres Landes bei sparsamem Kostenaufwand die besten Ergebnisse zu in den Operationsgebieten zu ihren Regierungen Verbindun• erzielen. gen aufrechterhalten. In der Praxis hängt hierfür sehr viel Kampfflugzeuge sind bisher von der UNO nur in den Kongo- von den Befehlshabern ab, den Befehlshabern der ganzen Operationen eingesetzt worden. Drei Flugzeugtypen wurden UN-Truppe wie auch von den Kommandeuren der Kon• eingesetzt — die Canberra, die F-86 und Saab-Düsenjäger. tingente und Einheiten. Einige Persönlichkeiten haben sehr Die Notwendigkeit, der UN-Truppe im Kongo auch Kampf• viel für die Integration und für die Herausbildung einer flugzeuge zuzuteilen, zeigte sich nach den gescheiterten Ver• wahrhaft internationalen Truppe getan. Dennoch ist das suchen, die irische Garnison in Jadotville im September Problem zur Zeit ungelöst. 1961 zu entsetzen. Verstärkungen, die von Elisabethville ent• Das UN-Hauptquartier hat die Entwicklung einer geeigneten sandt wurden, bemühten sich vergeblich, da sie ständig von Stabsausbildung von zivilem und militärischem Personal, das einer katangesischen Fouga Magister-Maschine gestört wur• bei künftigen Operationen eingesetzt werden könnte, ge• den. Dieses katangesische Flugzeug, das von einem Söldner prüft. Es gibt offenkundig Grenzen. Nach der Ausbildung ist geflogen wurde, brachte auch einige Verwirrung in den Luft• es vielleicht nicht möglich, dieses Personal für eine längere transport der UNO. Nach dem Eintreffen äthiopischer und Zeit einzusetzen, und später steht es nicht mehr zur Ver• schwedischer Düsenkampfflugzeuge wurde es möglich, die fügung, da andere Verpflichtungen es nicht erlauben, dieses katangesischen Flugzeuge zu neutralisieren. Bei einer Personal für beabsichtigte Ernennungen in Reserve zu späteren Operation war es — dank wertvoller Informationen halten. durch einen UN-Aufklärer — sogar möglich, die katangesi• XII schen Maschinen bei Jadotville und an anderen Orten am Der Generalsekretär erklärte 1963 vor dem Verband der ehe• Boden auszuschalten. maligen Harvardstudenten: Es stellte sich jedoch heraus, daß Düsenmaschinen zur direk• ten Unterstützung der Bodentruppen in UN-Operationen „Obwohl es aus den von mir dargelegten Gründen viel• nicht voll geeignet sind, da die UNO Gewalt nur in sehr be• leicht verfrüht ist, die Bildung einer ständigen UN- schränktem Maße anwenden kann. Dennoch ist festzustellen, Truppe in Erwägung zu ziehen, gibt es, wie ich glaube, daß die UN-Truppe über Düsenkampfflugzeuge, auch wenn eine Anzahl von Maßnahmen, die sogar schon jetzt ge• bei deren Einsatz zur Unterstützung einer Friedensoperation troffen werden können, um unsere Fähigkeiten zu ver• größte Zurückhaltung geboten ist, unbedingt verfügen muß, bessern, gefährlichen Situationen zu begegnen. Es wäre sofern die Parteien des Konflikts mit solchen Maschinen z. B. äußerst wünschenswert, wenn die Länder in ihrer ausgerüstet sind. nationalen militärischen Planung geeignete Einheiten XI vorsähen, die in kurzer Frist für den Dienst bei den Befehlskette: Solange die Führung einer Operation beim Vereinten Nationen bereitgestellt werden können, um Generalsekretär liegt, braucht er einen kleinen militärischen so den Umfang der im Ernstfall notwendigen Impro• Stab, der ihn bei dieser Aufgabe unterstützt. visationen zu verringern." Anerkannt wird die Notwendigkeit eines solchen Stabes Der Notstandscharakter, der jede Operation der UNO aus• seit der Ernennung des finnischen Generals Martola zum zeichnet, bedingt bis zu einem gewissen Grade die Notwendig• Militärberater des Generalsekretärs während der Aufstellung keit zur Improvisation. Wie bei einem Feuer weiß man nicht, von UNEF. Über die Größe und die Aufgaben eines solchen wo, wann und unter welchen Umständen es ausbricht. Das Stabes ist seitdem viel diskutiert worden. In drei Punkten ist jedoch kein Grund abzuwarten, bis der Alarmruf ertönt, besteht bei allen Überlegungen eine gemeinsame Auffassung: und erst dann nach den Löscheimern und den Männern, die Erstens muß der Generalsekretär über eine sachverständige es löschen sollen, Ausschau zu halten. militärische Beratung verfügen, solange er für den Einsatz Jede Operation glich bisher einem Buschfeuer, das plötzlich militärischen Personals in einer Friedensoperation verant• begann und schnell auf ein großes Gebiet überzugreifen wortlich ist. Zweitens, wenn ein System der Bereitstellung drohte. Die Möglichkeiten, mit Erfolg einen großen Wald• von Einheiten für UN-Operationen von den Mitgliedstaaten brand zu verhindern, werden bedeutend erhöht, wenn es angenommen wurde, dann muß im Sekretariat der UN eine ein Korps freiwilliger Feuerwehrleute gibt, das bereits aus• ständige militärische Planung erfolgen. Drittens, die Er• gebildet, ausgerüstet und vorbereitet ist, um einzugreifen, fahrungen aus vergangenen Operationen müssen durch Stu• wenn der Alarmruf ertönt. Diese Bereitstellung von Kontin• dien und Nutzung lebendig bleiben und dürfen nicht in den genten wird nicht das Problem des Weltfriedens lösen, aber Archiven vergraben werden. Jeder dieser Gesichtspunkte richtig angepackt, wird sie sicherlich ein Meilenstein auf dem würde die Existenz eines militärischen Stabes im Sekretariat Wege zu seiner Herbeiführung sein. rechtfertigen. (Übersetzung aus dem Englischen)

Vereinte Nationen 5/64 177 Ergebnis der Genfer Welthandelskonferenz aus westlicher Sicht

DR. ROLF MÖHLER Regierungsrat im Bundesministerium für Wirtschaft

Niemand konnte erwarten, daß die Genfer Welthandels- Konferenz, daß eine Diskussion über die weiteren Voraus• konferenz1 während 3 Monaten die vielfältigen und schwie• setzungen des Wachstums durch höhere Ausfuhrerlöse nicht rigen Probleme, welche der wirtschaftliche Aufbau in den in Gang kam. Dies lag zum Teil daran, daß die Entwicklungs• Entwicklungsländern im weltwirtschaftlichen Zusammenhang länder sich nicht auf eine Diskussion über ihre Eigenanstren• stellt, lösen würde. Aber die Konferenz hat geleistet, was gungen einlassen wollten, sondern auf einer Aussprache über eine Versammlung von Vertretern aus 119 großen und kleinen, ihre Forderungen bestanden. Die internationale Zusammen• armen und reichen, industrialisierten und agrarischen, kom• arbeit zum Nutzen des Wirtschaftsaufbaus der Entwicklungs• munistischen und westlichen, planwirtschaftlich und markt• länder kann aber letztlich nur dann zum Erfolg führen, wenn wirtschaftlich ausgerichteten Staaten allein vollbringen konnte: alle Aspekte des Problems gesehen und erörtert werden. Beginn des umfassenden Dialogs über die Fragen des Wirt• schaftswachstums in den wirtschaftlich weniger entwickelten Neue Ordnung des internationalen Handels? Gebieten der Welt und die grundsätzliche Einigung über die Wie sollen nun die Ausfuhrerlöse der Entwicklungsländer Einrichtungen, in denen der in Genf begonnene Dialog fort• gesteigert werden? Vor und während der Konferenz haben gesetzt werden kann und soll. die Vertreter dieser Länder zu diesem Zweck eine neue Wer sich an die Meldungen über Abstimmungen erinnert, in Ordnung des internationalen Handels gefordert. Auch in der denen die Entwicklungsländer dank ihrer zahlenmäßigen Gemeinsamen Erklärung der 77 Entwicklungsländer zum Überlegenheit auch ohne die Zustimmung der in erster Linie Schluß der Konferenz wird diese Forderung wiederholt. Nun betroffenen westlichen Industrieländer ihre Auffassungen in ist eine Neuordnung des Welthandels, der seine bestehende Empfehlungen der Konferenz zu verwandeln sich anschickten, Ordnung für die marktwirtschaftlich orientierten Länder im mag vielleicht daran zweifeln, ob die Konferenz wirklich den GATT gefunden hat, eine heikle Angelegenheit. Über zwei Beginn eines Gesprächs darstellt. Er übersieht jedoch die Drittel des Welthandels entfallen auf die westlichen Industrie• große Zahl von einstimmig angenommenen Empfehlungen. länder. Er übersieht auch, daß im Wege des kompromißbereiten Gesprächs die wichtigsten Empfehlungen über Handel und Eine fortdauernde Prosperität in den westlichen Industrie• Entwicklungshilfe einstimmig angenommen werden konnten. ländern, die es ihnen gestattet, die Erzeugnisse der Entwick• Und dort, wo Mehrheitsbeschlüsse ohne die Zustimmung der lungsländer in immer stärkerem Maße aufzunehmen, ist eine Länder, die deren Lasten tragen sollen, angenommen wurden, der wichtigsten Voraussetzungen für das wirtschaftliche haben die westlichen Industrieländer keinen Zweifel daran Wachstum in diesen Ländern. Bei jedem Versuch einer Neu• gelassen, daß sie derartige Empfehlungen lediglich als ein• ordnung des Welthandels muß deshalb Sorge getragen wer• seitige Erklärungen über die Auffassung der zustimmenden den, daß dadurch der Handel der westlichen Industrieländer Länder ansehen können. Diese Auffassung ist im übrigen im Interesse der Entwicklungsländer selbst nicht gestört wird. nicht auf die westlichen Industrieländer beschränkt geblieben, Prüft man nun die einzelnen Vorschläge der Entwicklungs• sondern hatte sich zum Schluß der Konferenz allgemein länder, die keineswegs neu sind, so kann man feststellen, daß durchgesetzt. Sie hat auch in der Gemeinsamen Erklärung die Neuordnung in zwei Richtungen angestrebt wird: der 77 Entwicklungsländer am Ende der Konferenz ihren 1. durch Lenkung der Grundstoffmärkte mittels Grundstoff• Niederschlag gefunden. abkommen, Über Grundsatzfragen läßt sich trefflich streiten. Die Er• 2. mittels Durchbrechung des Prinzips der Meistbegünstigung örterungen in Genf waren notwendigerweise dadurch gekenn• zugunsten der Entwicklungsländer. zeichnet, daß die allgemeinen Themen vorherrschten: etwa Ausrichtung der Grundstoffpreise am Preisindex für impor• Grundstoffabkommen tierte Industriegüter, allgemeine Wachstumsziele der Ent• wicklungsländer, Ausgleichsfinanzierung bei Verschlechterung In der Diskussion über die Grundstoffabkommen war man der Austauschverhältnisse zwischen Entwicklungs- und In• sich über das Ziel, den Entwicklungsländern stabile und dustrieländern (terms of trade). Es ist zu erwarten, daß die angemessene Preise zu sichern, einig. Die unterschiedlichen Diskussion in Zukunft konkreter und damit stärker an den Auffassungen, nach welchen Kriterien diese Preise festgelegt Sachfragen ausgerichtet wird. werden sollen und über die Methoden der Preisstabilisierung, Die zahlreichen Themen, die auf der Konferenz erörtert bleiben bestehen und werden durch die Kompromißempfeh• wurden, lassen sich im wesentlichen auf 2 Fragen zurück• lung nur mühsam verdeckt. Den Entwicklungsländern schwebt führen: vor, die Preise für die von ihnen ausgeführten Grundstoffe an dem Preisindex der von ihnen eingeführten Industriegüter 1. Erhöhung der Ausfuhrerlöse der Entwicklungsländer; zu orientieren, so daß ihre Kaufkraft erhalten bleibt. So ver• 2. Umfang und Ausgestaltung der Entwicklungshilfe. ständlich dieser Wunsch vom Standpunkt der Entwicklungs• länder ist, so wenig dürfte er sich verwirklichen lassen. Er Steigerung der Ausfuhrerlöse der Entwicklungsländer übersieht, daß sich Preise im Weltmaßstab nicht beliebig Der Generalsekretär der Konferenz, Professor Raul Pre- manipulieren lassen. Das zentrale Problem, wie sich Angebot bisch, hat in seinem Bericht an den Generalsekretär der Ver• und Nachfrage bei den einzelnen Grundstoffen derart auf• einten Nationen über die Ergebnisse der Konferenz darauf einander abstimmen lassen, daß die Preise auf einem an• aufmerksam gemacht, daß die Notwendigkeit einer Erhöhung gemessenen Niveau stabil bleiben, hat auch diese Konferenz der Ausfuhrerlöse der Entwicklungsländer, wenn sie ihre einer Lösung nicht näher bringen können. Die Aussichten, Wachstumsziele erreichen wollten, nicht mehr bezweifelt dieses Ziel durch Grundstoffabkommen in der von den wurde. Man wird dem zustimmen können, aber auch hinzu• Entwicklungsländern angestrebten Art zu erreichen, dürften fügen müssen, daß Steigerung der Ausfuhrerlöse noch nicht angesichts der Erfahrungen, die mit den bestehenden Ab• automatisches Wachstum bedeutet. Es war ein Mangel der kommen gemacht wurden, skeptisch beurteilt werden.

178 Vereinte Nationen 5/64 länder wollten nicht, wie es ein indischer Delegierter im Präferenzen für Entwicklungsländer privaten Gespräch ausdrückte, „schulmeisterliche Belehrun• Auch der Vorschlag der Entwicklungsländer, den Grund• gen" anhören. Es ist jedoch auf die Dauer ausgeschlossen, satz der Meistbegünstigung zu ihren Gunsten zu durch• sich nur über die Höhe und die Ausgestaltung der Hilfe der brechen, ist nicht neu. Die feste Haltung der USA hat hier Industrieländer zu verständigen und nicht gleichzeitig die eine grundsätzliche Einigung verhindert. Es darf aber nicht Voraussetzungen, unter denen diese Hilfe in den Entwick• vergessen werden, daß der größte Teil der übrigen westlichen lungsländern allein wirksam werden kann, zu erörtern. Eine Industrieländer, insbesondere die EWG-Mitgliedstaaten und solche Erörterung muß u. a. auch die Frage der Aufnahme• Großbritannien, bereit ist, Präferenzen zugunsten der Ent• fähigkeit der Entwicklungsländer für fremdes Kapital um• wicklungsländer zuzustimmen. Es ist bemerkenswert, daß fassen. Dem oft beschworenen Grundsatz der internationalen der Vorschlag der Entwicklungsländer über die Ausgestal• Solidarität wird nur eine derart umfassende Erörterung aller tung der Präferenzen ganz von dem Grundsatz inspiriert ist, Gesichtspunkte gerecht. Nur unter dieser Voraussetzung läßt der auch der bestehenden Ordnung des Welthandels zu• sich auch die öffentliche Meinung in den Industrieländern grundeliegt: dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung; die für die Belange der Entwicklungsländer erwärmen. Eine Präferenzen sollen von allen Industrieländern allen Entwick• solche Erörterung vermag allerdings nur dann fruchtbar zu lungsländern für grundsätzlich alle Waren gewährt werden. werden, wenn sie sich nicht so sehr in allgemeinen Fest• Eine solche Regelung ist am ehesten geeignet, die Gefahr von stellungen und Forderungen verliert, sondern sich mehr den Verzerrungen des Welthandels zu bannen und die Wahl des unterschiedlichen Verhältnissen in den einzelnen Ländern günstigsten Standortes zu ermöglichen. Ihr sollte deshalb von zuwendet. den westlichen Industrieländern grundsätzlich gefolgt wer• den. Die künftigen Erörterungen über die Durchbrechung Wachstumsziele und Entwicklungshilfe des Grundsatzes der Meistbegünstigung der Entwicklungs• länder werden sich auch mit der Vorzugsbehandlung der Eine auf diese Weise stärker an den jeweiligen Sachfragen Entwicklungsländer untereinander befassen müssen. Präfe• orientierte Diskussion könnte auch in der Frage der Wachs• renzen, die sich alle Entwicklungsländer untereinander ge• tumsziele zu einer Annäherung der Standpunkte führen. Die währen würden, dürften hier keine angemessene Lösung sein. Vertreter der westlichen Länder hatten für das Bestreben Sie läßt die Frage des Schutzes offen und würde die Auf• einiger Entwicklungsländer, das von den Vereinten Nationen spaltung des Welthandels begünstigen. Die Binnenmärkte proklamierte Ziel eines jährlichen Wachstums von fünf Pro• vieler Entwicklungsländer sind für den Aufbau von Indu• zent des Bruttosozialprodukts neu zu bestimmen und als strien viel zu klein. Die Vorzugsbehandlung muß hier die Bezugsgröße das Prokopfeinkommen zu wählen, wenig Ver• Aufgabe erfüllen, den Binnenmarkt zu vergrößern. Dies be• ständnis. Aber auch wenn man sich bewußt ist, daß für das deutet eine Fortentwicklung von Art. XXIV GATT, der be• Denken in Entwicklungsplänen dieser Frage eine gewisse Be• reits jetzt eine Vorzugsbehandlung bei Zollunionen und Frei• deutung zukommt, wird man der Aufstellung globaler Wachs• handelszonen zuläßt. tumsziele wenig abgewinnen können. Man hat sich schließlich Bei dem allen darf freilich auch auf Seiten der Entwicklungs• darauf geeinigt, die Frage des möglichen Wachstumszieles länder nicht übersehen werden, daß Zollpräferenzen keine unter Beachtung der jeweiligen Verhältnisse des einzelnen Absatzgarantie darstellen. Weder sie noch irgendeine Ein• Landes zu prüfen. Dies bedeutet jedoch nicht, daß die In• richtung der UN kann den Entwicklungsländern die müh• dustrieländer sich in Genf verpflichtet hätten, dann auch für same Eroberung von Exportmärkten abnehmen. Verliert der den Kapitalzufluß, dessen Notwendigkeit sich bei dieser Prü• Ruf nach einer neuen Ordnung des Welthandels auch bei fung ergeben kann, zu sorgen. Eine derartige unübersehbare näherer Prüfung viel von seinem revolutionären Klang, so Verpflichtung kann keine Regierung übernehmen. Die Forde• darf doch nicht das Unbehagen der Entwicklungsländer an rung nach mehr Kapital- und technischer Hilfe aus öffent• der bestehenden Ordnung übersehen werden. Dieses Un• lichen Mitteln übersieht zudem, daß die dem System der behagen entzündet sich vor allem dort, wo die bestehenden Marktwirtschaft in erster Linie entsprechende Form der Regeln nicht befolgt und Handelshemmnisse entgegen den Entwicklungshilfe durch den Export privaten Kapitals ge• Grundsätzen der bestehenden Ordnung von den Industrielän• leistet wird. Es ist aber eine Binsenweisheit, daß der Zustrom dern nicht beseitigt werden. Die Grundsätze des freien Welt• privaten Kapitals zu einem nicht unwesentlichen Teil von handels vermögen das Ziel einer neuen internationalen Ar• dem Investitionsklima in den Entwicklungsländern abhängt. beitsteilung, das die 77 Entwicklungsländer in der Gemein• Es ist deshalb sehr zu begrüßen, daß die Konferenz eine samen Erklärung zum Schluß der Konferenz fordern, in wirt• Empfehlung über die Förderung von privaten Kapital• schaftlich zweckmäßiger Weise zu erfüllen, aber nur wenn es investitionen angenommen hat. konsequent verfolgt wird. Andernfalls ist zu befürchten, daß die bestehende Ordnung ihre Glaubwürdigkeit verliert. Ausgleichsfinanzierung Über die Frage einer Ausgleichsfinanzierung im Falle einer Wirksame Verwendung der Entwicklungshilfe Verschlechterung der terms of trade zum Nachteil der Ent• Während somit auf dem Gebiet des Handels die Grundlage wicklungsländer hat man sich nicht einigen können. Die für weitere Erörterungen über eine Anpassung der Welt• Vertreter der Entwicklungsländer ließen sich leider nicht handelsordnung gelegt wurde, gehen die Empfehlungen, die davon überzeugen, daß die Entwicklung der terms of trade auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe einstimmig angenom• nur einen Anhaltspunkt für eine bestimmte Preisentwicklung men wurden, zumindest zum Teil mehr ins einzelne. Das gilt geben, daß sie aber keinen Maßstab für den erforderlichen einmal für die Empfehlung, daß jedes Industrieland ein Pro• Kapitalzufluß abgeben können. Auch die Begründung, es zent seines Volkseinkommens für die Entwicklungshilfe auf• handele sich hier lediglich um einen Ausgleich ungerecht• bringen soll. Neu ist daran freilich nur, daß dieses Ziel nicht fertigter Gewinne, dürfte nur dann überzeugen, wenn man mehr für die Gesamtheit der Industrieländer, sondern für die Preisgestaltung nicht nach wirtschaftlichen Gesichts• den Nettokapitalaufwand jedes der Industrieländer gesondert punkten beurteilen will. Es ist allerdings möglich, daß der aufgestellt wurde. Wichtiger als die Festlegung dieses Ziels unvorhergesehene Ausfall von Exporterlösen den Entwick• ist jedoch die Bereitschaft, künftig nicht nur die Aufwendun• lungsprozeß eines Entwicklungslandes zurückzuwerfen droht, gen der Industrieländer, sondern auch den Beitrag der Ent• ohne daß die Möglichkeit besteht, den Internationalen Wäh• wicklungsländer zu erörtern. Die Erörterungen hierüber sind rungsfonds (IWF) in Anspruch zu nehmen. Für solche Fälle auf der Konferenz zu kurz gekommen. Die Entwicklungs• ist der britisch-schwedische Vorschlag einer ergänzenden

Vereinte Nationen 5/64 179 Finanzierung durch die Internationale Entwicklungs-Organi• man sich über die wichtigsten Fragen allseits zu einigen ver• sation (IDA) gedacht, der bei den westlichen Industrieländern mochte, einen hoffnungsvollen Ansatz. Es ist nicht leicht, eine günstige Aufnahme fand und zum Studium an die Welt• ein Verfahren zu finden, das die Interessen einer Gruppe, die bank überwiesen wurde. Dieser Vorschlag vermeidet die viele und bevölkerungsreiche Staaten umfaßt, den Interessen Gefahr, daß Kapitalmittel zur Finanzierung von Devisen• einer Gruppe von Ländern, denen die überragende wirt• ausfällen eingesetzt werden, die auf eine fehlerhafte Politik schaftliche Bedeutung zukommt, angleicht. Es sollte jedoch, der Entwicklungsländer selbst zurückgeführt werden müssen. schon mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung, künftig Er stellt im übrigen eine nützliche Fortentwicklung der bis• möglichst vermieden werden, die mehrheitliche Abstimmung herigen internationalen Finanzierungsmöglichkeiten dar. als Mittel der Willenskundgebung auf wirtschaftlichem Ge• biet zu verwenden, da dieses Verfahren allzuleicht den Ein• Spielregeln des künftigen Gesprächs druck erweckt, als sollte die Forderung der Mehrheit gegen den Willen der Minderheit durchgesetzt werden. Die Welthandelskonferenz war der Beginn eines Dialogs. Auch seine Spielregeln müssen erst im einzelnen ausgearbeitet wer• Anmerkung der Redaktion: 1 Weitere Beiträge über die Welthandelskonferenz s. in VN Heft den. Hierfür bietet die Schlußphase der Konferenz, in der 6/63 und 2 bis 4/64.

Bundesrepublik und Internationale Arbeitsorganisation Beteiligung am Technischen Hilfeleistungsprogramm der IAO Dl . HANS-HERBERT LANGEN Internationales Arbeltsamt, Zweigstelle Bonn Seit nunmehr 45 Jahren bemüht sich die Internationale größten wirtschaftlichen Bedeutung einen ständigen Sitz im Arbeitsorganisation (International Labour Organization, ILO), Verwaltungsrat der Organisation und war bis in die Ver• die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in waltungsspitze durch hervorragende Mitarbeiter vertreten. allen Ländern der Welt zu verbessern. Die IAO ist eine Nach dem Austritt der Hitlerregierung aus der IAO 1939 gemeinsame Einrichtung von Regierungen, Arbeitgebern und dauerte es bis 1951, ehe Deutschland wieder Mitglied der Arbeitnehmern aus 110 selbständigen Staaten und beschäftigt IAO wurde. Seitdem hat die Bundesrepublik in den meisten heute in ihrem Genfer Hauptamt mehr als 1000 Mitarbeiter. Organen der Organisation ihre frühere Bedeutung zurück• Neben ihrer Tätigkeit als Forschungs- und Informations• erhalten. zentrum für alle Fragen des Arbeitslebens wurden nach 1930 Die Beteiligung der Bundesrepublik am Technischen Hilfe• Sachverständige zur Beratung über Probleme der Gewerbe• leistungsprogramm der IAO erfolgt durch die Entsendung aufsicht, der Sozialversicherung und der Berufsausbildung deutscher Sachverständiger in die Entwicklungsländer, durch in viele Mitgliedstaaten entsandt und Fachkräften aus diesen die Hilfe bei der Einrichtung und Ausstattung von Lehr• Ländern die Gelegenheit geboten, durch Besuche in Ländern werkstätten in diesen Ländern und durch die Ausbildung mit beispielhaften Einrichtungen auf diesen Gebieten und von Stipendiaten aus Entwicklungsländern in der Bundes• durch die Teilnahme an den von der IAO veranstalteten republik. Außerdem wird ein erheblicher finanzieller Beitrag Seminaren ihre Fachkenntnisse zu erweitern. Unter dem zur Finanzierung dieser und anderer Aufgaben geleistet, welche neuen Namen „Entwicklungshilfe" hat dieser Zweig der die IAO aus ihrem eigenen Budget oder mit Hilfe von Mitteln Tätigkeit der IAO nach 1946 einen bedeutenden Aufschwung aus dem Fonds für das Erweiterte Technische Hilfeleistungs• genommen, als die IAO den Status einer Sonderorganisation programm und aus dem Sonderfonds der UN finanziert. der Vereinten Nationen erhielt. Mehr als 50°/o des Budgets Ende 1963 waren 15 deutsche Staatsangehörige als Berater der IAO wurden 1963 direkt für Projekte der Entwicklungs• im Auftrage der IAO in Afrika, Asien und Südamerika hilfe ausgegeben. tätig. Bei den Schwierigkeiten, deutsche Fachleute zu finden, Innerhalb des Technischen Hilfeleistungsprogrammes der die sowohl über hervorragende Fachkenntnisse und die not• UN wurden der IAO vor allem Aufgaben aus den folgenden wendigen menschlichen Qualitäten verfügen, als auch fließend Sachgebieten zur Durchführung übertragen: eine Fremdsprache beherrschen, kann dieser geringe Anteil an den fast 500 Sachverständigen der IAO kaum überraschen. 1. Eingliederung der Arbeitskräfte in den Wirtschaftsprozeß. Erfreulicherweise wird sich diese Zahl 1964 kräftig erhöhen. Hierzu gehören Analysen über den Bedarf an Arbeits• Die wachsende Verbreitung der englischen und französischen kräften allgemein und über den Bedarf an Facharbeitern Sprache in Deutschland läßt hoffen, daß sich diese Entwick• bestimmter Kategorien, Lehrlingsausbildung, Ausbildung lung während der kommenden Jahre fortsetzen wird. von Vorarbeitern, Meistern und Instruktoren, berufliche Als Beispiel für den Einsatz deutscher Sachverständiger soll Weiterbildung und Anlernen ungelernter Arbeitskräfte für hier kurz über das Dieselprojekt in Ostpakistan berichtet die Tätigkeit in Industrie und Handwerk. werden, das von Herrn Mörke geleitet wird. Bei dem kürz• 2. Aus- und Fortbildung betrieblicher Führungskräfte auf lichen Besuch von Bundespräsident Lübke in Ostpakistan den Gebieten der Produktivitätsförderung, betriebliches konnte Herr Mörke diesem die Einrichtungen des Ausbil• Rechnungswesen, Personalführung. dungszentrums zeigen. 3. Förderung des Genossenschaftswesens, des Handwerks Innerhalb des derzeitigen 5-Jahresplanes der Pakistanischen und der Kleinindustrie. Regierung spielt die Verbesserung des Transportwesens eine 4. Auf- und Ausbau der Arbeitsverwaltung, der Arbeits• überragende Rolle. Der Bau von Staudämmen und Fluß• aufsicht und der Sozialversicherung, Verbesserung der regulierungen, von Kraftwerken und Industrieanlagen stellt Arbeitsbedingungen. Anforderungen, denen die herkömmlichen Transportmittel Deutschland gehörte schon immer zu den wichtigsten Mit• nicht gewachsen waren. Wegen des ausgedehnten Netzes an gliedsländern der IAO. Auf der ersten Internationalen Ar• Flüssen und natürlichen Wasserwegen in Ostpakistan wird beitskonferenz 1919, also unmittelbar nach Ende des Ersten der weitaus größte Teil des Transportes mit Segelbooten Weltkrieges, wurde Deutschland in die IAO aufgenommen. auf dem Wasser abgewickelt. Die geringe Kapazität dieser Bis 1939 hatte Deutschland als eines der 10 Länder mit der Segelboote und die von vielen Zufällen abhängigen Wind-

180 Vereinte Nationen 5/64 Verhältnisse haben dazu geführt, daß eine immer größere dem derzeitigen Umfang durchgeführt werden können. Von Anzahl von kleinen und mittleren Dieselaggregaten für die den 1500 Stipendiaten dieses Programmes seit 1953 kamen Flußschiffahrt im Ausland erworben und installiert wurden. mehr als 50 °/o nach Deutschland. Das Industriemeisterpro• Es fehlte jedoch an ausgebildeten Fachkräften für die regel• gramm wurde nach 1950 entwickelt, um den akuten Mangel mäßige Pflege und Wartung dieser Maschinen sowie für an mittleren Führungskräften in den Balkanländern und im einfachere und schwierigere Reparaturen. Dieser Mangel Nahen Osten zu steuern. Die rasche Industrialisierung in wurde mit der stürmischen Entwicklung des Dieselverkehrs diesen Ländern hatte dazu geführt, daß bestenfalls hand• immer deutlicher. Mit finanzieller Unterstützung des Sonder• werklich vorgebildete Meister und Facharbeiter Meister• fonds der UN und mit 50 °/o Beteiligung der Pakistanischen funktionen in modernen Industriebetrieben übernommen Regierung hat die ILO deshalb ein Dieselausbildungszentrum hatten. Durch praktische Mitarbeit in ausgewählten Industrie• in Narayangenj geschaffen, dessen Leitung Herr Mörke im betrieben der Bundesrepublik und anderer westeuropäischer Jahre 1961 übernommen hat. In 12 Monatskursen für Repa• Staaten sollte diesen Meistern Gelegenheit gegeben werden, raturspezialisten und 18 Monatskursen für Instruktoren ihre Ausbildungslücken auszufüllen. Die Fortbildung sollte werden hier fast 200 einheimische Fachkräfte pro Jahr aus• überwiegend technischer Art sein. Sie kann im einzelnen um• gebildet. Die Erweiterung des Ausbildungszentrums, die zur fassen: Zeit vorgenommen wird, wird die Ausbildung von 300 Spe• 1. Bedienung, Pflege und Reparatur von Maschinen, die in zialisten pro Jahr möglich machen. Mit berechtigtem Stolz den Heimatbetrieben der Stipendiaten vorhanden sind konnte Herr Mörke den Bundespräsidenten auf diese erfolg• oder dort installiert werden. reiche Aufbauarbeit hinweisen, an der innerhalb eines inter• nationalen Teams von Sachverständigen zwei weitere deut• 2. Information über technische Verfahren und Produktions• sche Experten für jeweils ein Jahr tätig waren. abläufe, die im Entwicklungsland eingeführt wurden, je• In besonders großzügiger Weise hat die Bundesrepublik auch doch nicht die erwarteten Erfolge bringen. bei der Einrichtung von Lehrwerkstätten innerhalb des 3. Kennenlernen neuer Arbeitsmethoden, Maschinen und Anden-Programmes der UN mitgeholfen. Bei diesem Pro• Werkzeuge. gramm, einer Gemeinschaftsaufgabe fast aller Sonderorgani• Das Programm kann natürlich die normale Ausbildung von sationen der UN, ist das Internationale Arbeitsamt feder• Industriemeistern nicht ersetzen. Es kann zudem in seiner führend. Man hat sich die Aufgabe gesetzt, die 7 Millionen ursprünglichen Zielsetzung nach der Einrichtung entsprechen• Indianer in den Hochtälern der südamerikanischen Anden — der Ausbildungsstätten in diesen Ländern weitgehend als die vergessenen Indianer, wie sie oft genannt werden — in abgeschlossen betrachtet werden. Während der letzten Jahre das wirtschaftliche und soziale Leben der Staaten einzu• hat sich jedoch auf Wunsch der Entwicklungsländer ein gliedern, auf deren Gebiet sie leben. Im Jahre 1953 hat sich Wandel in der Zielsetzung des Programms vollzogen. Heute eine Gruppe von Wissenschaftlern zunächst damit beschäf• dient das Industriemeisterprogramm überwiegend der Vor• tigt herauszufinden, welche handwerklichen Fertigkeiten die bereitung mittlerer Führungskräfte auf die Umstellung von Indios schon besitzen, und darauf aufbauend ein Programm handwerklicher auf industrielle Fertigung, von mechanisierten für eine weitergehende Berufsausbildung und eine Er• auf automatisierte Produktionsverfahren sowie auf die Ver• gänzung dieser Fertigkeiten entwickelt. Die Ergebnisse dieser Bundespräsident Lübke besichtigt ein Dieselmotor-Ausbildungs• Untersuchung wurden in einem Programm niedergelegt, zentrum in Ostpakistan. Es ist Teil eines Projektes des UN-Sonder• das vor allem die Entwicklung der Textilerzeugung auf fonds, das von der ILO durchgeführt wird. Links der verantwortliche handwerklicher Grundlage, der Landwirtschaft und der Vieh• deutsche ILO-Experte H. Mörke. zucht, der Hauswirtschaft mit Kleintierhaltung und des Bauhandwerks vorsieht. Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat durch mehrere groß• zügige Spenden bei der Realisierung dieser Projekte mit• geholfen. Für das Ausbildungszentrum in Puno/Peru wurden Maschinen und Werkzeuge im Werte von 57 800 DM für die Schreinerwerkstätten zur Verfügung gestellt. Im Ausbil• dungszentrum Taraco in Peru finanzierte der DGB den Bau eines Gemeinschaftszentrums, lieferte die notwendigen Ein• richtungsgegenstände und stellte eine Sanitätsstation zur Verfügung. Zur Zeit wird über die Einrichtung einer weiteren Lehrwerkstatt in Oruro/Bolivien verhandelt, für die der DGB einen Beitrag in Höhe von 300 000 DM in Aussicht gestellt hat. Außerdem steht die IAO in Verhandlungen mit der Bundesregierung wegen der Koordinierung der deutschen bilateralen Entwicklungshilfeleistungen mit den von der IAO und den übrigen UN-Sonderorganisationen durchge• führten Projekten. Einen bedeutenden Beitrag zum Technischen Hilfeleistungs• programm der IAO hat die Bundesrepublik auch durch die Aufnahme von Stipendiaten und deren Ausbildung in Deutschland geleistet. Seit 1953 waren Jahr für Jahr um 100 Ingenieure, Genossenschaftler, Fachleute der Berufs• ausbildung, Techniker und Industriemeister in Deutschland, um sich Anregungen für den organisatorischen Aufbau ähn• licher Einrichtungen in ihrer Heimat zu holen oder sich durch mehrmonatige praktische Mitarbeit in deutschen Industrie• betrieben beruflich weiterzubilden. Besonders das Programm zur Fortbildung von Industrie• meistern hätte ohne die Hilfe der Bundesrepublik nicht in

Vereinte Nationen 5/64 181 breiterung des Produktionsprogrammes. In der Überwindung dige Ergänzung der bilateralen Hilfe darstellen. Die Dis• der Umstellung- und Anlaufschwierigkeiten und in der kussion über den Anteil der internationalen Technischen Einsparung von Experimentierkosten entfaltet dieses Pro• Hilfe an den Gesamtleistungen der Geberländer ist durch gramm heute seinen höchsten Wirkungsgrad. den Bericht einer französischen Sonderkommission wieder Eine vor einigen Jahren durchgeführte Untersuchung hat lebhafter geworden. Dieser Anteil bewegt sich z. Z. zwischen außerdem gezeigt, daß die zurückgekehrten Industriemeister 3 °/o und 25 °/o. Es dürfte kaum möglich sein, hierüber eine fast in der Regel Maschinen und technische Einrichtungen verbindliche Norm aufzustellen. Es wird immer einer Ab• derjenigen Länder bevorzugen, in denen sie als Stipendiaten wägung der Interessenlagen der Geberländer und der Ent• des IAA beruflich fortgebildet wurden. Diese Feststellung ist wicklungsländer bedürfen. Immerhin läßt sich feststellen, sicherlich eine Empfehlung für dieses Programm, das in daß ein Trend zur Erhöhung der multilateralen Technischen kleinerem Maßstab auch während der nächsten Jahre fort• Hilfe sichtbar wird. Dieser Trend geht auf den Wunsch geführt werden soll. mancher Entwicklungsländer zurück, die ein zu starkes Enga• Die oben mit einigen Beispielen erläuterten Maßnahmen gement eines bestimmten Geberlandes oder einer bestimmten der internationalen Technischen Hilfe können natürlich nicht Gruppe von Geberländern vermeiden möchten. So kann die den Anspruch erheben, bilaterale Hilfen der Bundesrepublik Internationale Technische Hilfe manche Lücke ausfüllen und Deutschland und anderer Industriestaaten zu ersetzen. Es wirksame Hilfe auch dort leisten, wo die Notwendigkeit wird jedoch heute kaum bestritten, daß sie eine notwen• anerkannt wird, es aber an dem geeigneten Instrument fehlt.

Die Statistik bei den Vereinten Nationen (Schluß) DR. GÜNTHER JACOBI Oberregierungsrat im Statistischen Bundesamt verbrauch und Ernährung, Wohnen, Erziehung, Arbeitskräfte, IV. Statistische Kommission und Statistisches Amt soziale Sicherheit, Sozialprodukt und seine Verwendung Der Statistischen Kommission gehören jetzt 18 Vertreter an, beziehen. Das Kompendium ist eine Gemeinschaftsarbeit des von denen jeweils jährlich der dritte Teil neu gewählt wird. Statistischen Amtes und einiger Sonderorganisationen. Ihre Berichte an den Wirtschafts- und Sozialrat über die Am Industriezensus 1963 werden sich mehr als 90 Länder Ergebnisse der bis jetzt abgehaltenen 12 Tagungen vermitteln beteiligen. Das Weltprogramm bezieht sich auf Betriebe in gedrängter Form einen guten Überblick über die Tätig• des Bergbaus, des verarbeitenden Gewerbes, der Bauwirt• keit des Statistischen Amtes der Vereinten Nationen; sie enthalten auch wertvolle Hinweise auf die Entwicklung schaft und der Energieerzeugung (auch Handwerksbetriebe). der Statistik in anderen internationalen Organisationen. Der Beschäftigte, geleistete Arbeitsstunden, Löhne und Gehälter, begrenzte Raum reicht nicht aus, um die Leistung des Sta• Sachanlagen, Lagerbestände, Materialverbrauch, gelieferte tistischen Amtes voll und ganz würdigen zu können. Wenige Waren, Brutto- und Nettoproduktionswerte werden erfaßt. Bemerkungen über die fachlichen Arbeiten müssen genügen. Langjährige umfangreiche Untersuchungen waren nötig, um Das Arbeitsprogramm des Statistischen Amtes erstreckte das anspruchsvolle Programm verwirklichen zu können. sich bisher vor allem auf die Bevölkerungs- und Sozial• Wichtig sind natürlich auch vergleichbare laufende Industrie• statistik, auf die Industrie-, Außenhandels-, Binnenhandels-, statistiken und einheitliche Berechnungen von Produktions- Verkehrs- und Preisstatistiken sowie auf die Volkswirt• indices; das Statistische Amt arbeitet ständig an der Ver• schaftlichen Gesamtrechnungen. Zahlreiche und teilweise besserung auch dieser Statistiken und der hierfür ebenfalls sehr umfangreiche Untersuchungen über spezielle statistische schon vorhandenen Richtlinien. Hervorzuheben ist noch die Probleme waren nötig, um internationale „Standards" für „Internationale Standard-Klassifikation aller wirtschaftlichen diese Statistiken empfehlen zu können, die dazu beitragen, Tätigkeiten", ohne die eine einheitliche Gliederung der Be• die Qualität und Vergleichbarkeit der Statistiken im Laufe triebe nach Wirtschaftszweigen undenkbar wäre. Die Syste• der Zeit ständig zu verbessern. matik bezieht sich nicht nur auf die Industrie, sondern auf Volks- und Wohnungszählungen sollen alle 10 Jahre statt• die gesamte Wirtschaft und ist daher für alle auf wirtschaft• finden. Internationale Grundsätze dazu sind für das Jahr liche Institutionen abgestellte Statistiken von Bedeutung. 1950, auf Grund der Erfahrungen überarbeitete und verbes• Mit der aus dem Mindest-Warenverzeichnis des Völkerbundes serte Empfehlungen für das Jahr 1960 entwickelt worden. entwickelten Internationalen Warensystematik für den Nicht alle Länder führten in diesen Jahren die großen Zäh• Außenhandel ist ein bedeutender Fortschritt bei der Verein• lungen durch. Dennoch wird die Bevölkerungsstruktur in heitlichung der Außenhandelsstatistik erzielt worden. Nach den Jahren zwischen 1955 und 1964 in nahezu 200 Ländern dieser Systematik, die alle in der Welt gehandelten Waren und Gebieten nach einheitlichem Muster erfaßt worden sein. umfaßt, kann jetzt der weitaus größte Teil des Welthandels Dieses Zahlenmaterial — auch die Ergebnisse der Wohnungs• klassifiziert werden. Da die Außenhandelsstatistik weit• zählungen — ist eine wichtige Grundlage für Fortschreibun• gehend auf zollamtlichen Angaben beruht, ist die neuer• gen und Vorausschätzungen der Bevölkerung bzw. für die dings erfolgte Abstimmung der Warensystematik mit der Schätzung des Wohnungsbedarfs, womit sich das Statistische Brüsseler Zollnomenklatur — die Grundlage für die Zoll• Amt ebenfalls eingehend befaßt. Zuverlässige Unterlagen nomenklaturen vieler Länder — von großem Vorteil. Zu der über das Wachstum der Bevölkerung zu erhalten ist aber guten Vergleichbarkeit der Außenhandelsstatistik haben auch noch immer ein großes Problem; denn annähernd vollständige Empfehlungen über den Umfang der Statistik, über die Be• Aufzeichnungen über Sterbefälle und Geburten liegen zur wertung der Ein- und Ausfuhrgüter, über die Berechnung Zeit nur für 36 vH der Weltbevölkerung vor. von Volumen- und Preisindices sowie auch über Zollgebiete Das in Verbindung mit dem Bericht der Vereinten Nationen beigetragen. über die soziale Lage in der Welt erschienene „Kompendium Weitere, speziell vom Statistischen Amt der Vereinten Natio• der Sozialstatistik" gibt ausführliche Informationen über nen bearbeitete Empfehlungen zur Vereinheitlichung der Veränderungen in der Lebenshaltung. Es umfaßt zahlreiche Statistik beziehen sich auf den Handelszensus, auf laufende Tabellen, die sich sowohl auf die Bevölkerung und Bevölke• Groß- und Einzelhandelsstatistiken, auf die Verkehrsstatistik, rungsbewegung als auch auf Gesundheit, Nahrungsmittel- die Statistik der Großhandelspreise, die Volkswirtschaftlichen

182 Vereinte Nationen 5/64 Gesamtrechnungen und die Statistik der Kapitalbildung und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen sowie auf die Wanderungsstatistik und die Statistik des (FAO). Das Sammeln von Auskünften und die vielfach erfor• grenzüberschreitenden Personenverkehrs. Die ebenfalls be• derliche Schätzung von Ergebnissen ist aber im Hinblick auf reits vorhandenen Richtlinien zur Anwendung des Stich- die Besonderheiten der landwirtschaftlichen Verhältnisse probenverfahrens in der Statistik sind schon veraltet; sie schwierig. Die FAO legt deshalb großen Wert auf die Ent• werden gerade überarbeitet, um dem Fortschritt in der wicklung geeigneter Stichprobenverfahren, um bessere Er• Methode gerecht zu werden. Auf die Entwicklung des Stich• gebnisse in die Hand zu bekommen, als sie — jedenfalls in probenverfahrens wird besonderer Wert gelegt; denn damit den Entwicklungsländern — durch Befragungen der Betriebs• lassen sich in vielen Fällen schneller und billiger als bei inhaber oder Schätzungen von Berichterstattern zu erhalten Totalzählungen ausreichende statistische Ergebnisse erzielen. sind. Bei Anwendung des Stichprobenverfahrens ist es mög• Besonders in den Entwicklungsländern können bestimmte lich, die benötigten, aber vielfach nicht vorhandenen oder Informationen überhaupt nur auf diesem Wege eingeholt mangelhaften Angaben über Ernteerträge, Anbauflächen, werden. Das Stichprobenverfahren ist also — in gewissen Viehbestand, Produktion tierischer Erzeugnisse, Produktions• Grenzen — ein vorzügliches Mittel, um die internationale kosten u. a. nach einheitlichen Gesichtspunkten verhältnis• Statistik verhältnismäßig rasch zu vervollständigen oder mäßig schnell zu erlangen. Auf die großen, gewöhnlich alle zu verbessern. 10 Jahre stattfindenden Totalerhebungen kann freilich nicht Das Statistische Amt der Vereinten Nationen veröffentlicht verzichtet werden, vor allem nicht auf den von der FAO das Zahlenmaterial in Jahrbüchern, Vierteljahres- und gründlich vorbereiteten Landwirtschaftszensus, durch den Monatszeitschriften, von denen das „Statistical Yearbook" wichtige Strukturdaten ermittelt werden (Betriebe, Besitz• und das „Monthly Bulletin of Statistics" einen Überblick verhältnisse, Betriebsinhaber, Beschäftigte, Bodennutzung, über die wichtigsten Ergebnisse der weltweiten Statistik, Anbauflächen und Ernteerträge, Viehhaltung, Maschinen• also auch über die Statistik der Sonderorganisationen, ver• verwendung, Verkehrsverhältnisse, Bewässerung, Dünge• mitteln. mittel u. a.). Wichtig für die Beurteilung des Emährungs- und Lebensstandards der Bevölkerung sind auch die von der FAO aufgestellten Versorgungs- und Ernährungsbilanzen V. Sonderorganisationen der Vereinten Nationen sowie kurzfristig verfügbare Statistiken über die Erzeugung, Die Sonderorganisationen befassen sich entsprechend der den Verbrauch, den Außenhandel usw. Auch Erhebungen vertraglich festgelegten Arbeitsteilung zwischen ihnen und über Forsten und Forstprodukte, über die Fischerei und den dem Statistischen Amt der Vereinten Nationen im allge• Walfang, über wichtige landwirtschaftliche Produkte wie meinen mit spezifischen Statistiken ihres Arbeitsbereichs. Baumwolle, Wolle, Reis, Zucker usw. sind erforderlich. Die Die statistischen Arbeiten der Internationalen Arbeitsorgani• FAO hat Richtlinien und Grundsätze für diese Statistiken sation (ILO) beziehen sich auf die Zusammenstellung und entwickelt, die ständig überprüft, erweitert oder verbessert Veröffentlichung von Zahlenmaterial, das als Grundlage für werden. die Arbeitspolitik dient und solche Tatbestände umfaßt, die Die Ergebnisse der Statistiken werden in mehreren Jahr• für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen büchern über landwirtschaftliche Produktion, über den von Bedeutung sind. Die ILO hat sich besondere Verdienste Außenhandel mit Ernährungsgütern, über die Fischereistati• erworben um die Vereinheitlichung und Verbesserung der stik und die Statistik forstwirtschaftlicher Produkte sowie in Statistiken über Beschäftigte, Teilbeschäftigte, Arbeitslose, Monatszeitschriften veröffentlicht. Verdienste, Arbeiterstunden, Arbeitsunfälle, Streiks und Das Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist nicht auch über die sogenannten Wirtschaftsrechnungen — stati• nur die Bekämpfung von Krankheiten und Gebrechen, son• stische Erhebungen über die Einkommens- und Ausgaben- dern die Herbeiführung des bestmöglichen Gesundheits• Nachweisungen privater Haushalte —, die für die Berech• zustandes. Eine weit verzweigte Organisation des statistischen nung von Preisindices der Lebenshaltung und für die Schät• Dienstes, dessen Zentrale in der Unterabteilung „Seuchen• zung des Privaten Verbrauchs im Rahmen der Volkswirt• nachrichten und Gesundheitsstatistik" der Technischen Ab• schaftlichen Gesamtrechnungen wichtig sind. Von größerer teilung des WHO-Sekretariats liegt, sorgt dafür, das benö• Bedeutung ist auch die in langjähriger Arbeit entwickelte tigte statistische Material über Epidemien, Krankheiten, Internationale Berufssystematik, die genaue Beschreibungen Todesursachen und über die Einrichtungen des Gesundheits• der Berufe enthält, diese nach der Art der verrichteten dienstes und dessen Tätigkeit zu beschaffen. Empfehlungen Tätigkeit definiert und zu Berufsgattungen, Berufsunter• zur Morbiditäts- und Mortalitätsstatistik, nicht zuletzt das gruppen und Berufshauptgruppen zusammenfaßt. Die Syste• von der WHO bearbeitete und in gewissen Zeitabständen matik ist ein unentbehrliches Hilfsmittel bei Volks- und überprüfte Verzeichnis der Krankheiten, Verletzungen und Berufszählungen; sie dient gleichzeitig den Zwecken der Todesursachen sowie deren Klassifizierung dienen der inter• Arbeitsvermittlung. nationalen Vereinheitlichung des Grundlagenmaterials. Die Während die von der ILO ausgearbeiteten Normen für die bereits vom Völkerbund herausgegebenen wöchentlichen, verschiedenen Statistiken den Mitgliedsländern im allge• monatlichen und jährlichen Veröffentlichungen „Epidemio- meinen zur Anwendung empfohlen werden, gelten für die logical and Vital Statistics" werden fortgeführt. Statistik der Löhne und der Arbeitszeit gewisse, in einem Eine Angelegenheit der Organisation der Vereinten Nationen internationalen Abkommen, der Konvention Nr. 63 vom für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) ist es, Jahre 1938 niedergelegte Mindestforderungen an die Stati• internationales Zahlenmaterial über den Bildungsstand und stik; die Mitgliedsländer, darunter auch die Bundesrepublik das Schulwesen, über die Herstellung von Büchern, Filmen, Deutschland, sind also verpflichtet, die dort gegebenen An• Zeitungspapier, über Museen, Büchereien, Theater u. a. weisungen zur Statistik der Löhne und Arbeitszeit zu be• systematisch zusammenzustellen und in vergleichbarer Weise achten. zu veröffentlichen. Die UNESCO vermittelt in einem mehr• Im „Yearbook of Labour Statistics" und in der Monats• bändigen Werk, dem „World Survey of Education", einen zeitschrift „International Labour Review" werden die wich• ausgezeichneten Überblick über den Aufbau und die mannig• tigsten statistischen Ergebnisse mitgeteilt. fachen Formen des Bildungswesens in der Welt, angefangen Zuverlässige Zahlen über die Weltlage und die Entwicklung vom Kindergarten, über die Schulen und Hochschulen bis auf dem Gebiet der Ernährung und Landwirtschaft sind eine zu den zahlreichen Weiterbildungsmöglichkeiten für Er• wesentliche Voraussetzung für das Wirken der Ernährungs•wachsene.

Vereinte Nationen 5/64 183 enger begrenzten Räume hat sich bewährt, und zwar auch im Hinblick auf die Statistik. Die Statistiker bei den regio• nalen Kommissionen haben wiederholt die Aufmerksamkeit des Statistischen Amtes auf wesentliche statistische Fragen gelenkt, die nicht nur für die Länder einer Region von Be• deutung waren, sondern die auch — wie sich zeigte — eine ein• gehende Betrachtung im weltweiten Rahmen verdienten. Sie haben auch die Zentrale wirkungsvoll unterstützt, wenn es galt, den Empfehlungen zur Statistik praktische Anerkennung zu verschaffen. Im Zuge der neuerdings vom Wirtschafts• und Sozialrat in die Wege geleiteten Maßnahmen zur Dezen• tralisierung der Arbeiten auf wirtschaftlichem und sozialem Gebiet werden die regionalen Wirtschaftskommissionen noch an Bedeutung gewinnen. Es wäre denkbar, daß sie noch mehr als bisher auch für die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen, mit denen sie teilweise schon eng zusammen• arbeiten, die aber auch über eigene regionale Einrichtungen verfügen, zu einem Mittelpunkt der regionalen statistischen Arbeit werden. Die Stärkung ihrer Autorität könnte sich auch auf die regionalen Organisationen außerhalb der Ver• einten Nationen auswirken, zu denen ebenfalls teilweise schon gute Verbindungen bestehen, und der Vereinheitlichung der internationalen Statistik in der Praxis größeren Nachdruck verleihen. Den Anlaß zur Gründung der hier besonders interessieren• den Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) gaben die großen Probleme, die beim Wieder• aufbau der durch den Krieg zerstörten Wirtschaft zu lösen waren. Der Verkehr und die Grundstoffindustrie, die Kohle- und Energiegewinnung, die Stahlerzeugung mußten zunächst Der Hochkommissar der UN für Flüchtlinge, Dr. Felix Schnyder aufgebaut werden, die Ernährungs- und Wohnungsprobleme (rechts), überreicht Prof. Wilhelm Backhaus, einem der sechs welt• waren zu lösen, und schließlich galt es, die Voraussetzungen bekannten Pianisten, die sich auf einer Schallplatte zugunsten des für das Wiederaufleben der Weltwirtschaft und des inter• UN-Flüchtlingswerks vereinigt haben, eine Erinnerungsgabe. (S. auch nationalen Handels zu schaffen. Die Statistik hatte die Aus• S. 190 dieser Ausgabe.) gangslage zu beschreiben und die Wirkung der eingeleiteten Der Internationale Währungsfonds (IMF) ist die zentralwirtschaftspolitischee n Maßnahmen zu kontrollieren. Die da• Stelle für die Sammlung von Informationen über Geld- und mals von der ECE gebildeten Fachausschüsse mit ihren Finanzprobleme. Über direkte Verbindungen mit den Zen• statistischen Arbeitsgruppen, die sich mit den kurz ange• tralbanken und zuständigen Ministerien der Länder verfügt deuteten Problemen befaßten, bestehen noch; sie legen heute der Fonds über Unterlagen aus dem Geld- und Kreditwesen, mehr Gewicht auf die Probleme der Wirtschaftsentwicklung d. s. Gold- und Devisenbestände, Goldproduktion, Ein- und auf längere Sicht. In diesem Zusammenhang ist eine gut Ausfuhr von Gold, Devisenkurse, und vor allem über die entwickelte europäische Statistik über die Landwirtschaft, Zahlungsbilanzen der Länder. Die Standardisierung der über Kohle, Stahl, Holz, Energie, über Wohnungen und über Zahlungsbilanzen steht im Mittelpunkt der statistischen den Binnenverkehr entstanden. Arbeit. Für ihre Darstellung gibt es die im „Balance of Eine wesentlich größere Rolle für die Entwicklung der euro• Payments Manual" niedergelegten internationalen Richt• päischen Statistik spielt die bei der ECE eingerichtete Kon• linien, die inzwischen mit dem System Volkswirtschaftlicher ferenz Europäischer Statistiker. Ihre Gründung entsprang Gesamtrechnungen der Vereinten Nationen in Übereinstim• praktischen Bedürfnissen. Mit dem fortschreitenden euro• mung gebracht worden sind. Der IMF beteiligt sich auch päischen Integrationsprozeß bemühten sich immer mehr in hervorragendem Maße am weiteren Ausbau der Volks• europäische Organisationen — zunächst jede für sich —, wirtschaftlichen Gesamtrechnungen, die künftig auch die vergleichbares Zahlenmaterial zusammenzutragen. Aber die Kapital- und Kreditverflechtungen zwischen den einzelnen isolierte Behandlung von statistischen Fragen auf Teil• Sektoren der Volkswirtschaft aufzeigen sollen. gebieten führte zu einer übermäßig starken Belastung der Von den anderen Sonderorganisationen seien nur noch die statistischen Ämter und zu Doppelarbeit; sie beeinträchtigte Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) sowie der auch die Ausarbeitung eines nur nach homogenen statistischen Weltpostverein (UPU) und der Internationale Fernmelde• Grundsätzen zu gewinnenden europäischen Gesamtbildes vom verein (ITU) erwähnt, die internationales statistisches Mate• Stand und der Entwicklung der wirtschaftlichen und sozialen rial über den Luftverkehr bzw. über den Postverkehr und Verhältnisse in Europa. Die europäische Zusammenarbeit den Fernsprech-, Telegraphen- und Funkdienst veröffent• auf statistischem Gebiet verlangte nach einem Zusammen• lichen. wirken der mit der praktischen Durchführung der statisti• schen Arbeiten betrauten Statistiker und nach einer Organi• sation mit einem ausgewogenen Arbeitsplan und einem Büro, VI. Regionale Wirtschaftskommissionen und Statistiker- das in ständiger Fühlung mit den zentralen statistischen Konferenzen Ämtern in den Ländern und mit den internationalen Organi• Die regionalen Wirtschaftskommissionen wurden geschaffen, sationen steht. Dieser Forderung entspricht die Konferenz damit sie der Weltorganisation die für die allgemeine Urteils• Europäischer Statistiker, der die Leiter der statistischen bildung notwendigen Vorstellungen von den regionalen Pro• Zentralämter aller europäischen Staaten und der Vereinigten blemen vermitteln. Der Austausch von Erfahrungen und das Staaten (als Mitglied der ECE) angehören und die es auch Studium der speziellen Probleme innerhalb der geographisch verstanden hat, die Mitwirkung der Sonderorganisationen

184 Vereinte Nationen 5/64 der Vereinten Nationen sowie wichtiger europäischer Organi• mit einem statistischen Netzwerk, das immer mehr und immer sationen zu erreichen (z. B. der Europäischen Gemeinschaften bessere Informationen über die Lebensgrundlagen und die in Brüssel, der Europäischen Organisation für wirtschaftliche Lebensverhältnisse der Völker bereitstellt. Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris, des Die Zusammenarbeit der Statistiker, die auf die ständige Moskauer Rats für gegenseitige Wirtschaftshilfe (COMECON) Verbesserung der Statistik und der statistischen Methoden u. a.). gerichtet ist und die Vergleichbarkeit der statistischen Ergeb• Die Konferenz Europäischer Statistiker hat sich bis jetzt nisse zum Ziel hat, sowie die damit verbundene Definition sehr eingehend mit der Weiterentwicklung der Volkswirt• und Klassifizierung der vielfältigen zu messenden Tatbe• schaftlichen Gesamtrechnungen befaßt, die es erlauben, die stände vermitteln über sprachliche Grenzen hinaus tiefe Ein• wichtigsten wirtschaftlichen Tatbestände und Vorgänge in blicke in die Lebensbedingungen der Völker und fördern ihrer gegenseitigen Abhängigkeit zu überschauen, und die das gegenseitige Verständnis im Sinne der Charta der Ver• zugleich den Weg für einen systematischen Auf- und Ausbau einten Nationen. der Statistik weisen. Die Konferenz hat außerdem nach einem Praktischen Nutzen aus der internationalen Statistik ziehen in sich ausgewogenen Programm die Verbesserung der für nicht nur die internationalen Organisationen selbst, für die die kurzfristige Wirtschaftsentwicklung benötigten Statistiken sie unentbehrlich ist, sondern auch die einzelnen Länder. gefördert. Es wurden auch europäische Programme für große Der Vergleich vermittelt in vielen Fällen neue Erkenntnis; Zählungen (Volks-, Wohnungs-, Landwirtschaftszählungen) er ist immer lehrreich und bringt Gewinn. Der Statistiker entwickelt, die den Weltprogrammen angepaßt sind, die aber empfängt dabei auch Anregungen, wie er die Statistik seines die europäischen Verhältnisse und Möglichkeiten besser be• Landes verbessern und vervollkommnen kann. Die Länder rücksichtigen. Mit diesen und anderen Arbeiten hat die Kon• müßten sich in mühevoller und zeitraubender Arbeit wich• ferenz in Verbindung mit dem Statistischen Amt der Verein• tige Informationen aus anderen Ländern unmittelbar be• ten Nationen wichtige Beiträge auch zur Entwicklung der schaffen, wenn ihnen die internationalen Organisationen diese weltweiten Statistik geleistet. Sie wurde zum Vorbild bei Sorge nicht abgenommen hätten. Der größten Organisation der späteren Gründung ähnlicher Einrichtungen im Fernen bleibt es vorbehalten, den weltumspannenden statistischen Osten und in Afrika, die dort beim Aufbau der Statistik in Apparat zu lenken und — ohne mit besonderen Vollmachten den Entwicklungsländern wichtige Funktionen wahrnehmen. ausgestattet zu sein — der statistischen Tätigkeit in aller Welt durch überzeugende Koordinierungsmaßnahmen die im VII. Schlußbetrachtung Interesse aller Beteiligten liegende Richtung zu geben.

So wie der Unternehmer heute nicht mehr auf seine Buch• Ausgewählte Literatur haltung verzichten will, wie der einzelne Staat nicht ohne Fürst, Gerhard: Auf dem Wege zu international vergleichbaren Stati• das für seine Verwaltungstätigkeit grundlegende statistische stiken in: Wirtschaftsdienst 40. Jg. (1960) Heft 9. — Internationale Zahlenmaterial auskommt, so können auch die internationalen Statistik im Handwörterbuch der Sozialwissenschaften. Statistisches Bundesamt: Die Statistik in den internationalen Orga• Organisationen ihre Aufgaben nicht ohne internationale nisationen, Heft 1 (Weltorganisationen), Heft 2 (Regionale Organi• Statistik erfüllen. Die vor allem seit dem Zweiten Weltkrieg sationen), Heft 3 (Die Arbeiten der Konferenz Europäischer Statistiker 1953—1959). in ungeahntem Maße sich ausweitende internationale Zu• Vereinte Nationen: Yearbook of the United Nations, ab 1946/47, New sammenarbeit erstreckt sich notwendigerweise auch auf die York. — Statistical Yearbook of the United Nations (enthält auch Statistik. Von der breiteren Öffentlichkeit kaum bemerkt, wichtige Ergebnisse anderer internationaler Organisationen). — Stati• stical Papers, Series M No. 20, Rev. 1: Directory of International überzog die Organisation der Vereinten Nationen die Welt Standards for Statistics (including a bibliography on methods).

UN und Sonderorganisationen in Kürze

Abermalige Verschiebung der Sowjetunion und Frankreich ande• bei handelt es sich um Themen sehr un• der 19. Generalversammlung rerseits wegen der unterschiedlichen terschiedlicher Art. Sie dienen teils der Auffassung über die Finanzierung frie• Organisation und Durchführung der Ge• Die bevorstehende 19. Generalversamm• denserhaltender Aktionen der UN vor• neralversammlung selbst. So gilt Punkt 1 lung wird aller Voraussicht nach ein erst zu vermeiden und für einen Kom• der Eröffnung der Versammlung durch zweites Mal verschoben werden, und promiß Zeit zu gewinnen. (Vgl. S. 158 ff.) den Chef der Delegation desjenigen zwar auf den 1. Dezember. Vorausge• Mitgliedstaates, der in der vorangegan• gangen war die Verschiebung vom 15. genen Sitzungsperiode den Präsidenten September auf den 10. November. — Die Die vorläufige Tagesordnung stellte. In diesem Jahr dürfte es Präsi• Ordentlichen Tagungen der jährlich der 19. Generalversammlung dent Rodriguez selbst sein, da er, wie es stattfindenden Versammlungen begin• Die vorläufige Tagesordnung für die heißt, wieder die venezolanische Dele• nen nach Regel 1 ihrer Geschäftsord• Generalversammlung ist den Mitglie• gation anführt. Ihm obliegt es auch nung am dritten Dienstag im September. dern der Vereinten Nationen am 10. Sep• noch, den Punkt 2 durchzuführen, d.h. Das wäre in diesem Jahr der 15. Sep• tember pünktlich zugestellt worden, wie die Versammelten zu einer Minute stil• tember gewesen. Mit Rücksicht auf die es ihre Geschäftsordnung in Regel 12 len Gebets oder der Besinnung aufzu• Konferenz der afrikanischen Staatsober• („sechzig Tage vor Beginn der Tagung") fordern. Es folgen Wahlen, so des neuen häupter Anfang Oktober in Kairo und bestimmt. Auch einige Ergänzungsge• Präsidenten der Generalversammlung vor allem auf die Präsidentschaftswah• genstände zur Aufnahme in die Tages• (Punkt 4), der dann die Leitung der len in den USA am 3. November ist die ordnung sind nachträglich beantragt Versammlung vom bisherigen über• diesjährige Generalversammlung auf worden. Die vorläufige Tagesordnung nimmt, ferner der Vorsitzenden der 7 den 10. November verschoben worden. enthält 83 Punkte. Eine Ergänzungsliste Hauptausschüsse und der 17 Vizepräsi• Die neuerliche Verschiebung auf den darüber hinaus bisher 7 weitere. Aber denten. Punkt 8 gilt der Annahme der 1. Dezember hätte ihren Grund darin, auch diese wird noch einige Zusätze er• endgültigen Tagesordnung, und mit die gefährliche Konfrontation zwischen halten. Insgesamt ist also mit über 90 Punkt 9 beginnt die sogenannte General• den Vereinigten Staaten einerseits und Tagesordnungspunkten zu rechnen. Hier• debatte. Sie dauert im allgemeinen meh-

Vereinte Nationen 5/64 185 rere Wochen. Mit ihr geben üblicher• zum Zuge. Punkt 83 wird Afrika als gen liegt der aus den vergangenen Jah• weise viele Staatsoberhäupter, Regie• atomwaffenfreie Zone zum Gegenstand ren angesammelte defizitäre Gesamt• rungschefs und Außenminister die Auf• haben. betrag von rd. 150 Millionen Dollar noch fassungen ihrer Länder zu brennenden Es ist auch dieses Mal wieder so, daß unter einem Tausendstel von dem, was Problemen wieder, nicht selten begleitet einige besonders wichtige Themen erst gegenwärtig in der Welt in einem Jahr von programmatischen Erklärungen und in der Ergänzungsliste genannt sind, so für Rüstungszwecke ausgegeben wird, grundsätzlichen Vorschlägen. Weitere die Zypernfrage, die Nichtweiterverbrei• da diese Ausgaben für 1964 auf etwa Punkte sind die Abgabe und Behand• tung von Kernwaffen, die Frage der 165 Milliarden US-Dollar geschätzt wer• lung der Rechenschafts- und Tätigkeits• Vertretung Chinas in der UNO, wohinter den. berichte der Hauptorgane, so dessic h das Problem Rotchina verbirgt. Die Generalsekretär U Thant hat zugleich Generalsekretärs, des Sicherheitsrates friedliche Regelung von Grenzstreitig• mit der Vorlage des Haushaltsvor• usw. (Punkte 10—14). Es folgen die Wah• keiten und der Schutz nationaler Ho• anschlages auch zur Budgetpolitik der len zum Sicherheitsrat und zum Wirt• heitsrechte bilden im wesentlichen das UNO Stellung genommen. Er weist hier schafts- und Sozialrat (15, 16). Punkt 18 derzeitige Ende der langen Liste. — Die auf die beklemmende Finanzlage der gilt der Aufnahme neuer UN-Mitglieder; Generalversammlung selbst wird bald Organisation einerseits und auf die es stehen z. Z. Malawi und Zambia an. nach Beginn die Aufteilung des umfang• drängenden und wachsenden Aufgaben, reichen Programms auf das Plenum und die die Mitgliedstaaten an die UNO zur Und dann folgt die Masse der sachbe- auf die 7 Hauptausschüsse vornehmen. Durchführung herantragen. Eine Lösung ladenen Programmpunkte. Sie werden könne nicht in der Beschränkung der den Inhalt der Generalversammlung normalen Tätigkeiten der Vereinten Na• ausmachen. Ihre Themen sind im we• Haushaltsvoranschlag für 1965 tionen liegen. Es sei auch unrealistisch, sentlichen folgende: Planung des Jahres Generalsekretär U Thant schätzt die die starre Beibehaltung des bisherigen der Internationalen Zusammenarbeit Gesamtausgaben der Organisation der Budgets vorzuschlagen. Die weitere Stär• 1965 anläßlich des zwanzigjährigen Be• Vereinten Nationen für 1965 auf kung der Organisation sei nur möglich, stehens der UN (20), Entkolonisierung 104 693 750 US-Dollar. Das bedeutet eine wenn die Mitgliedstaaten einer ver• (21), Abrüstungsfragen aufgrund des Be• Steigerung gegenüber dem von der Ge• nünftigen Wachstumsrate des jährlichen richts der Genfer 18-Mächte-Abrüstungs• neralversammlung genehmigten Budget Budgets zustimmten. U Thant erläutert konferenz (23), Atomwaffenverbot (24), für das laufende Jahr um 3 366 150 US- dann im einzelnen seine bezifferten Vor• totales Verbot der Atomteste (25), Zu• Dollar. Da der Voranschlag für 1965 Ein• schläge. Sie werden vielfältiger Prüfung sammenarbeit bei der friedlichen Be• nahmen der Organisation aus Führun• bereits vor und während der kommen• nutzung des Weltraums (26), Korea (27), gen, Spenden, Buch- und Briefmar• den Generalversammlung unterliegen regionale Entspannung in Europa: Der kenverkauf usw. in Höhe von 16 687 600 und bedürfen ihrer Entscheidung. rumänische Antrag hierfür tendiert US-Dollar erwartet, beläuft sich die von nach einem atomwaffenfreien Mittel• den Mitgliedstaaten durch reguläre europa (28), die Auswirkungen atomarer Beiträge aufzubringende Summe auf Tuomioja gestorben Strahlen aufgrund des Berichts des Wis• 88 006 150 US-Dollar, oder 1 865 350 mehr senschaftlichen Strahlenausschusses (29). als für 1964 gebilligt. — Die geplante Der Vermittler der Vereinten Nationen Die nächsten Punkte gelten den Palä• Etatssteigerung wird von U Thant mit im Zypernkonflikt, der finnische Bot• stinaflüchtlingen (30) und der südafri• Lohnerhöhungen, mit einem um 294 Po• schafter Sakari Severi Tuomioja, ist am kanischen Apartheidpolitik, über die sitionen erweiterten Stellenplan, mit 9. September 1964 in Helsinki gestorben. zwei umfangreiche Berichte vorliegen Kosten für die bereits im Vorjahr ge• Er hatte am 16. August in Genf, wo er (31). Die Ergebnisse und die Auswir• nehmigten, durch das Anwachsen der seinen Sitz als Vermittler hatte und von kungen der Welthandelskonferenz Mitgliederzahl erforderlich gewordenen wo aus er sich einige Stunden später bringt 32. Es folgen eine ganze Reihe Umbauten am Hauptsitz der UNO, mit zu weiteren, allgemein als aussichtsreich weiterer wirtschaftlicher Themen, von der Zunahme der Konferenztätigkeit der angesehenen Verhandlungen nach Athen, denen jedes erhebliches Gewicht hat und Vereinten Nationen und mit der Tilgung Ankara und Nikosia begeben wollte, die fast alle das gesamte heutige welt• der UN-Schuldverschreibungen, die in einen Gehirnschlag erlitten, war am wirtschaftliche Gefüge betreffen, so daß den vergangenen Jahren ausgegeben darauffolgenden Tag operiert, schließ• natürlich schnelle und konkrete Er• wurden, um den im wesentlichen durch lich in sein Heimatland geflogen worden gebnisse nicht zu erwarten sind: Schnel• die Ausgaben für das Eingreifen der und ist hier, ohne das Bewußtsein wie• lerer Kapitalfluß in die Entwicklungs• Vereinten Nationen im Kongo entstan• dererlangt zu haben, im Alter von 53 länder (33), Errichtung eines Kapital• denen finanziellen Engpaß zu überbrük- Jahren verschieden. Finnland ehrte sei• entwicklungsfonds (34), Industrielle Ent• ken, begründet. Die genannten Zahlen nen hochverdienten Politiker mit einem wicklung (35), Verwendung frei wer• gelten nur für den ordentlichen Haus• Staatsbegräbnis. — Generalsekretär dender Rüstungsmittel zu friedlichen halt der Organisation. Sondermaßnah• U Thant hatte Tuomioja am 25. März Zwecken (38), Hoheitsrechte an natür• men wie die friedenserhaltenden Opera• dieses Jahres nach Zustimmung der am lichen Hilfsquellen (39), Inflation und tionen an der ägyptisch-israelischen Zypernstreit beteiligten Mächte zum wirtschaftliche Entwicklung (40), Be• Grenze, in Zypern usw. fallen ebenso• Vermittler ernannt. Tuomioja war zu völkerungswachstum und wirtschaftliche wenig hierunter wie die Ausgaben des dieser Zeit finnischer Botschafter in Entwicklung (41), die Technische Hilfe Weltkinderhilfswerks (UNICEF), des Er• Stockholm. Es ist nicht die Schuld des der UN (44, 45), die soziale Weltlage (47). weiterten Programms für Technische Vermittlers Tuomioja, daß eine Lösung Weitere Punkte gelten den humanisti• Hilfe (EPTA), des Sonderfonds (SPF) im Zypernkonflikt während seiner Le• schen Angelegenheiten: Die Internatio• und einiger kleinerer Körperschaften; benszeit nicht erreicht wurde. Eine Ver• nale Flüchtlingsfrage (49), Bekämpfung diese schöpfen sämtlich aus freiwilligen mittlung bedarf als Voraussetzung in der Rassendiskriminierung (50), Men• Spenden. jedem Fall der Kompromißbereitschaft schenrechtskonventionen (51, 52), För• der streitenden Parteien. Diese war zu derung der Menschenrechte (53), Reli• Das Defizit der Weltorganisation betrug seiner Zeit und ist möglicherweise auch gionsfreiheit (54, 55), Asylrecht (56), In• am 30. Juni 1964 134,5 Mill. US-Dollar gegenwärtig noch nicht in ausreichendem formationsfreiheit (57). Die noch abhän• gegenüber 74,1 Mill. Dollar Ende 1962. Maße vorhanden. Seine, von allen am gigen Gebiete und verwandte Kolonial• Die Beitragsrückstände, vor allem für Streit beteiligten Staaten wie auch von fragen, einschließlich Südwestafrika und die umstrittenen Zahlungsverpflichtun• der ganzen interessierten Welt aner• portugiesische Territorien, enthalten gen zu den Friedensoperationen im kannte Leistung besteht darin, das Klima 60—65. Eine große Anzahl von Punkten Kongo und im Vorderen Orient, betru• dafür geschaffen zu haben, daß Ge• befaßt sich mit Finanz-, Haushalts- und gen zusammen mit den Rückständen der spräche überhaupt wieder in Aussicht Verwaltungsangelegenheiten der Orga• ordentlichen Beiträge Ende 1963 147 Mill. genommen und rationale Überlegungen nisation und ihrer zahlreichen Unter• Dollar (Ende 1962: 43,1 Mill. Dollar). Die in dem schwer lösbaren Zypernproblem organe (66—77). Das Völkerrecht in ver• Finanzmisere der Vereinten Nationen Platz greifen konnten. (Zum Lebenslauf schiedenen Aspekten kommt in 78—82 wäre mit einem Schlag behoben, wenn s. VN Heft 2/64 S. 73 und Bilder s. VN die Rückstände gezahlt würden. Im übri• Heft 2/64 S. 46 und 3/64 S. 88.)

186 Vereinte Nationen 5/64 erhält während der Sonderausbildung fen waren Karabiner, leichte Maschinen• Galo Plaza Zypern-Vermittler in der Bereitschaftszeit 1000 Kronen gewehre und einige Granatwerfer. Die Zum Vermittler im Zypernstreit ist von monatlich, die der dänische Staat zahlt. zahlreichen Munitionskisten deklarierten Generalsekretär U Thant der ecuadoria- Im Einsatz durch die UNO untersteht sich durch aufgeklebte Zettel als ameri• nische Staatsmann Galo Plaza ernannt die Truppe ausschließlich deren Kon• kanische Herkunft. Die Durchsuchung worden (s. VN Heft 3/64 S. 93). Die Re• trolle, und diese trägt die Kosten (vgl. der Panzerwagen war auf ausdrückliche gierungen Zyperns, Griechenlands, der VN Heft 4/64 S. 150). Anordnung des Oberbefehlshabers der Türkei und Großbritanniens waren ge• zyprischen Armee, General Grivas, er• mäß der Entschließung des Sicherheits• Schwedische UN-Offiziere verurteilt folgt, dem vermutlich Hinweise über den rates vom 4. März 1964 (s. VN Heft Waffenschmuggel zugespielt worden wa• 2/64 S. 77) vorher konsultiert worden Zwei bisherige schwedische Leutnante ren. Die beiden schwedischen Offiziere und hatten sich mit der beabsichtigten der UN-Friedenstruppe wurden am und weitere drei schwedische Soldaten Ernennung einverstanden erklärt. Plaza 19. Oktober von einem Gericht in Stock• Wurden verhaftet. Die Soldaten wurden tritt damit die Nachfolge des während holm zu je zwei Jahren Zwangsarbeit nach einer durch die Vereinten Nationen seiner Vermittlertätigkeit im Zypern• und zur Zahlung der Gerichtskosten erfolgten ersten Untersuchung der An• streit an einem Gehirnschlag verstor• verurteilt. Außerdem wurden sie degra• gelegenheit wieder freigelassen. benen finnischen Diplomaten Tuomioja diert. Sie waren beschuldigt worden und an. Plaza war bereits seit dem 11. Mai hatten eingestanden, zugunsten der Tür• Die UN-Wachen wurden bewaffnet 1964 als persönlicher Vertreter des Ge• ken auf Zypern Waffenschmuggel be• neralsekretärs auf Zypern die höchste trieben zu haben. Der Richter wies bei Die 115 Wachbeamten am Hauptsitz der politische Autorität der Vereinten Na• der Urteilsverkündung darauf hin, daß Vereinten Nationen in New York, denen tionen. Seine Aufgabe war es, die Span• die beiden Offiziere durch ihre Hand• der Schutz und die Sicherheit der zahl• nungen zwischen den griechischen und lungsweise den Ruf Schwedens als tat• reichen Diplomaten, Beamten, Besucher türkischen Volksgruppen zu mildern kräftigem Förderer der Vereinten Na• und der Gebäude obliegt, wurden jetzt und nach Möglichkeit abzubauen. Die tionen geschadet haben. — Der Waffen• mit Handfeuerwaffen ausgerüstet. Es jetzige Vermittlertätigkeit dient einer schmuggel durch die schwedischen Offi• handelt sich um eine Vorbeugungsmaß• Lösung der mit der Zypernfrage ver• ziere auf Zypern war am 24. September nahme. Bisher hatten die Wachbeamten bundenen staatsrechtlichen und völker• entdeckt worden und erregte nach Be• kurze Knüppel. Waffen wurden nur von rechtlichen, also der international strit• kanntwerden beträchtliches Aufsehen den etwa 30 Offizieren und Sergeanten tigen Probleme. — Plaza wurde 1906 in der ganzen Welt. Schweden selbst der uniformierten Wachen und von rund in New York geboren. Zu der Zeit war sah seine hochgeachtete Unparteilichkeit 30 Detektiven in Zivil getragen. sein Vater Botschafter Ecuadors in den durch eigene Offiziere angegriffen. Die USA, nachdem er vorher bereits zwei• Regierung ließ noch am gleichen Tage Reisen des Generalsekretärs (Forts.) mal die Präsidentschaft seines Landes dem Generalsekretär durch ihren Ver• innehatte. Galo Plaza studierte Land• treter bei den Vereinten Nationen ihr Nachstehend wird der im vorigen Heft wirtschaftswissenschaft und besuchte tiefes Bedauern aussprechen. In einem begonnene Bericht über die mehrwöchige eine Diplomatenschule. Von 1936—38 besonderen Kommunique drückte sie Reise des Generalsekretärs U Thant in war er Oberbürgermeister der Landes• darüber hinaus ihre schärfste Mißbilli• die politisch führenden Hauptstädte der hauptstadt Quito, 1940 Verteidigungs• gung über die Pflichtverletzung der bei• Welt zu Besprechungen mit den leiten• minister, 1944—46 Botschafter in den den Angehörigen des schwedischen Kon• den Staatsmännern fortgesetzt und be• USA, von 1948—52 Präsident Ecuadors tingents der UN-Friedenstruppe aus. endet. Der Bericht nur über den äußeren und von 1960—64 Präsident der Ent- Auch in Nikosia und Athen hat das Ablauf der Reise soll den Rahmen ver• wlcklungsbank des Landes. In den Zwi• schwedische Außenministerium sein tie• anschaulichen, in dem die Verhandlun• schenjahren betätigte er sich privat• fes Bedauern zum Ausdruck bringen gen zwischen den Großmächten und den wirtschaftlich, besonders auf dem Sek• lassen. Führende schwedische Politiker Vereinten Nationen, vertreten durch den tor der landwirtschaftlichen Entwick• aller Parteien zeigten eine ähnliche Hal• Generalsekretär, stattfanden. Uber ihren lung Ecuadors. — Mit den Vereinten tung. Diese starke Reaktion und Nieder• Inhalt wird an anderer Stelle berichtet. Nationen ist Plaza seit seiner Bot• geschlagenheit in Schweden erklärt sich Moskau: U Thant hatte sein Heimatland schafterzeit in den USA verbunden. So daraus, daß die tatkräftige Unterstüt• Birma, dem er auf Einladung der Re• nahm er 1945 als Delegierter seines Lan• zung der aktiven Friedenstätigkeit der gierung einen ersten Besuch als General• des an der Gründungskonferenz der UN Vereinten Nationen zu den Grundpfei• sekretär abgestattet hatte, um Mitter• in San Francisco teil. Als Präsident lern der schwedischen Außenpolitik ge• nacht zum 28. Juli verlassen und traf Ecuadors besuchte er 1951 die Welt• hört. Schweden weist mit Stolz darauf über Kairo, wo er auf dem Flughafen organisation und sprach zur General• hin, daß bereits 17 000 Soldaten in UN- abermals vom Außenminister der VAR versammlung. 1959/60 präsidierte er eine Diensten gestanden haben. — Der Waf• und anderen begrüßt wurde, mit einer Studiengruppe für die wirtschaftliche fenschmuggel war aus der an der Nord• sowjetischen Aeroflot nachmittags in Integrierung Lateinamerikas der Wirt• westküste der Insel gelegenen, von tür• Moskau ein. Außenminister Gromyko, der schaftskommission der UN für Latein• kischen Zyprioten besetzten, aber von stellvertretende Außenminister Zorin, amerika (ECLA). 1958 leitete er die Be• griechischen Zyprioten belagerten Ort• früher langjähriger sowjetischer Bot• obachtermission der UN bei den Span• schaft Kokkina heraus auf zwei schwe• schafter in Bonn und wiederholt Ver• nungen im Libanon und 1960 eine UN- dische Schützenpanzerwagen erfolgt und treter der Sowjetunion bei den Ver• Gruppe zum Studium der Verwaltung für den weiter landeinwärts gelegenen einten Nationen in New York, ferner der ehemaligen belgischen Militärbasen türkischen Stützpunkt Lefka bestimmt. der Doyen des diplomatischen Corps und Kamina und Kitona im Kongo. Auf der Mitte der Strecke, vor dem etwa andere begrüßten ihn. Der Moskauer 20 km ostwärts von Kokkina gelegenen Flughafen hatte mit UN- und National• Ort Xeros, stieß erst der eine und eine fahnen geflaggt. U Thant betrat zum Dänemark stellt UN-Truppen Stunde später der zweite Panzerwagen dritten Mal als Generalsekretär Mos• Die dänische Regierung hat am 1. Sep• auf eine Straßensperre der zypriotischen kauer Boden. Der erste offizielle Be• tember die Aufstellung einer Bereit• Nationalarmee. Hier wurden sie aufge• suchstag seines jetzigen Aufenthaltes schaftstruppe für den Einsatz durch die halten und eine Durchsuchung verlangt. (29. Juli) sah zuerst eine fünf viertel• Vereinten Nationen endgültig beschlos• Die Schweden weigerten sich erst und stündige Unterredung im Außenmini• sen. Die Truppe soll 950 Mann stark sein wiesen auf die zwischen Zypern und den sterium mit Außenminister Gromyko, und aus Freiwilligen bis zum Alter von Vereinten Nationen bestehende Verein• Zorin, Fedorenko, dem ständigen Ver• 32 Jahren bestehen. Die Rekrutierung barung hin, der zufolge UN-Fahrzeuge treter der Sowjetunion bei der UNO, wird im Oktober beginnen. Es sollen vor nicht untersucht werden dürfen. Erst als Nowikow, dem Leiter der Abteilung für allem Soldaten angeworben werden, de• die Zyprioten mit Gewaltanwendung internationale Angelegenheiten im so• ren Dienstzeit in den dänischen Streit• drohten, ließen die Schweden die Unter• wjetischen Außenministerium, und Sus- kräften abläuft. Jeder Angeworbene suchung zu. Die beschlagnahmten Waf• low, dem Untergeneralsekretär der UN muß sich auf 1 Jahr verpflichten. Er für politische und Sicherheitsfragen. Um

Vereinte Nationen 5/64 187 11 Uhr vormittags traf U Thant im Der schon längere Zeit vorher fest• sationen werden 1965 9142 Personen Kreml mit Ministerpräsident Chru• gelegte Besuch U Thants erhielt eine tätig sein, gegenüber 8672 im Jahre 1964 schtschow zusammen. Diese Unterredung, besondere Note durch das am Tage zu• und 8181 im Jahre 1963. Die Zunahmen an der im wesentlichen dieselben Per• vor erfolgte Bombardement der USA auf sind teils auf Zuteilung weiterer Auf• sonen teilnahmen, dauerte etwa zwei• einige nordvietnamesische Küstenstädte gaben, teils auf gewachsene Mitglied• einhalb Stunden. Sie verlief sehr herz• als Antwort auf die Angriffe nordviet• schaft infolge des Hinzukommens in• lich. Ein freier Meinungsaustausch galt namesischer Torpedoboote auf US-Kreu• zwischen selbständig gewordener Län• Fragen von beiderseitigem Interesse, der zer. Dieses Thema beherrschte am Be• der zurückzuführen. Zukunft der Vereinten Nationen, dem suchstag die Welt und wurde von Prä• Die Haushaltsansätze der einzelnen Son• Finanzproblem, der Abrüstung und der sident Johnson bereits mit den ersten derorganisationen für 1965 sind fol• Lage in Südostasien. Anschließend war Begrüßungsworten, allerdings bei Ver• gende: Internationale Atomenergie-Or• der Generalsekretär Ehrengast eines meidung einer direkten Erwähnung, ganisation (IAEA) 11 Mill. $; Inter• offiziellen Essens in der Katharinenhalle gegenüber U Thant berührt. nationale Arbeitsorganisation (ILO) des Kreml, an dem die zuvor genann• Es folgte ein einstündiges Gespräch mit 19 Mill. $; Ernährungs- und Landwirt• ten, weitere Kabinettsmitglieder und dem Präsidenten, das sehr herzlich und schaftsorganisation der UN (FAO) andere hohe Persönlichkeiten teilnah• freundschaftlich geführt wurde und 19 Mill. $; Organisation der UN für Er• men. Chruschtschow toastete auf das einem offenen und freien Gedanken• ziehung, Wissenschaft und Kultur Wohl von Person und Amt U Thants, austausch diente. Hierbei wurde auch (UNESCO) 23 Mill. $; Weltgesundheits• auf die Stärkung der Vereinten Nationen die Südostasienfrage angeschnitten. Es organisation (WHO) 38 Mill. $; Inter• zur Erhaltung des Friedens und auf das schlossen sich ein vom Außenminister nationale Zivilluftfahrtorganisation Wohlergehen der ganzen Menschheit. Rusk im State Department gegebenes (ICAO) 6 Mill. 8; Weltpostverein (UPU) Abends war U Thant Gast des Bot• Arbeitsessen und weitere Unterredungen 1 Mill. S; Internationaler Fernmelde• schafters seines Heimatlandes Birma. an, an denen außer dem Gastgeber und verein (ITU) 5 Mill. $; Weltorganisation Am folgenden Tag (30. Juli) wurde den zuvor genannten Begleitern der frü• für Meteorologie (WMO) 1 Mill. $; U Thant u. a. vom Rektor der Moskauer here Sonderberater Kennedys, McGeorge Zwischenstaatliche Beratende Seeschiff• Universität in Anwesenheit von Zorin, Bundy, und der Abteilungsleiter für fahrtorganisation (IMCO) 0,8 Mill. $. — Fedorenko, von Professoren und Stu• internationale Organisationen, Harlan Hierin sind nicht die 4 Finanz-Sonder• denten, darunter besonders aus Asien, Cleveland, teilnahmen. Am Abend gaben organisationen Weltbank (IBRD) Inter• der juristische Ehrendoktor verliehen. Präsident Johnson und seine Gattin dem nationaler Währungsfonds (IMF), Inter• Es schloß sich ein vom Rektor der Uni• Generalsekretär zu Ehren im Weißen nationale Finanz-Corporation (IFC) und versität gegebenes Festessen an. U Thant Haus ein Staatsdinner. Internationale Entwicklungsorganisation sagte in einem Trinkspruch, er halte es Die dem Generalsekretär gezeigte Re• (IDA) enthalten. Die Mitgliedschaft in für bemerkenswert, daß nach der New präsentation entsprach in jeder Bezie• diesen Organisationen beruht finanziell Yorker jetzt auch die Moskauer Uni• hung den Formen für den Empfang auf Einzahlung von Kapitalanteilen und versität ihm den Ehrendoktor verliehen eines Staatsoberhauptes. Lediglich auf nicht aufgrund der Zahlung jährlicher habe. Mit weiteren Unterredungen, so einiges rein militärisches Gepränge Mitgliedsbeiträge. Dementsprechend sind mit dem stellvertretenden Außenminister wurde mit Absicht verzichtet. U Thants auch die Budgets anders gestaltet. Die über vom Vortag übriggebliebene The• Vorgänger Trygve Lie und Dag Ham- Finanz-Sonderorganisationen finanzie• men, und mit Besichtigungen u. a. des marskjöld hatten diese Ehrung nicht er• ren sich ähnlich einer Bank durch Ge• neuen Informationszentrums der Ver• fahren. Die Vereinigten Staaten wollten währung von Darlehen gegen Zinsen. einten Nationen in Moskau, verging der mit ihrem großartigen Empfang nicht hin• Die Bundesrepublik Deutschland ist in Tag. Abends gab Außenminister Gro- ter den Formen zurückstehen, mit denen allen genannten Sonderorganisationen myko einen großen Empfang, und an• der Generalsekretär zuvor in Paris und Vollmitglied. Die von ihr an die Son• schließend holte sich das Fernsehen den Moskau bedacht worden war. Der Be• derorganisationen geleisteten Beiträge Generalsekretär. — Der Rückflug nach such des Generalsekretärs in Washington bzw. Kapitalanteile enthält die Tabelle New York erfolgte am 31. Juli. war ein würdiger Abschluß seiner lan• „Bundesleistungen an die Vereinten Na• In Stockholm hatte U Thant auf dem gen Reise. Am darauffolgenden Vor• tionen und Sonderorganisationen" auf Flughafen ein langes Gespräch mit dem mittag flog U Thant wieder nach New S. 191 dieser Ausgabe. schwedischen Außenminister Nüssen, York zurück. und bei einer weiteren Zwischenlan• dung in Kopenhagen mit dem dänischen Veränderungen in den Außenminister Haekkerup. Der General• Die Budgets der Sonderorganisationen Mitgliedschaften der Vereinten Nationen sekretär traf nach seiner 17tägigen Reise und der Sonderorganisationen gegen Abend wieder in New York ein. Die Sonderorganisationen der Vereinten Nationen sind selbständige internatio• UN: Rückgang der Mitgliederzahl von nale Körperschaften. Sie haben dem• 113 auf 112 durch Zusammenschluß der Washington: Die letzte Station der lan• entsprechend eigene beschlußfassende Staaten Tanganjika und Sansibar am gen politischen Reise des Generalsekre• Organe und einen eigenen Verwaltungs• 26. April 1964 zur Vereinigten Republik tärs bildete nach nur wenigen Tagen apparat. Sie sind jedoch durch Verträge von Tanganjika und Sansibar. Unterbrechung der Besuch in Washing• mit der UNO verbunden, weshalb sie ton am 6. August auf Einladung der zur UN-Familie gehören. Die Bezeich• IAEA: Zugang durch Kamerun am amerikanischen Regierung. In Begleitung nung Sonderorganisationen ist üblich 13. Juli 1964 als 88. Mitglied. u. a. von dem amerikanischen Unter• geworden und hat in die deutschen Bun• FUND: Rückgang der Mitgliederzahl generalsekretär und Friedensnobelpreis• desgesetzblätter Eingang gefunden. Die durch den Austritt Kubas am 2. April träger Ralph Bunche und dem Kabinetts• englische Bezeichnung lautet Specialized 1964 von 103 auf 102. (Berichtigung der mitglied und Chefdelegierten der USA Agencies. Die zutreffendste deutsch• Angabe in VN Heft 3/64 S. 118.) bei den Vereinten Nationen Adlai Ste• sprachige Bezeichnung würde Fach• IDA: Zugänge durch Kamerun am venson traf der Generalsekretär am organisationen sein, da sich die Organi• 10. April als 92., Luxemburg am 4. Juni Vormittag auf dem Washingtoner Mili• sationen jeweils mit ganz bestimmten als 93. und Belgien am 2. Juli 1964 als tärflugplatz Andrews ein, wo er von Fachgebieten im Rahmen der weltweiten 94. Mitglied. dem Protokollchef des State Department internationalen Zusammenarbeit be• IFC: Zugänge durch Korea am 16. März Angier Biddle Duke begrüßt und an• fassen. — Entsprechend ihrer Selbstän• als 77. und Jamaika am 31. März 1964 schließend mit einem Hubschrauber zum digkeit verfügen sie über eigene Haus• als 78. Mitglied. Rosengarten des Weißen Hauses ge• halte. Für 1965 belaufen sich die Haus• ICAO: Zugang durch Malawi am 11. Ok• flogen wurde. Hier empfing ihn Prä• haltsansätze dieser Sonderorganisationen tober 1964 als 106. Mitglied. sident Johnson in Anwesenheit von der Vereinten Nationen auf 125 Mill. $. WMO: Zugang durch Kenia am 2. Juli Mrs. Johnson und 100 ausländischen Das stellt gegenüber 1964 eine Erhöhung 1964 als 125. Mitglied. Die Mitglieder• Diplomaten und führenden Politikern um 10 Mill. $ und im Vergleich zu 1963 zahl setzt sich aus 112 Staaten und der Vereinigten Staaten. um 22 Mill. $ dar. In diesen Organi• 13 Territorien zusammen.

188 Vereinte Nationen 5/64 Die Bundesrepublik und die Vereinten Nationen Dokumente und Nachrichten

Vor allem aus der Welt der Wissenschaft kamen jeden Tag Bundestagsabgeordnete besuchen die UNO viele Persönlichkeiten zu dem deutschen Stand. Die Aus• In den letzten Wochen haben eine Reihe von Bundestags• stattung, die architektonische Gestaltung des Standes und das abgeordneten die deutsche Beobachtermission bei der UNO ausgelegte Informationsmaterial fanden Anerkennung. Selbst• und den Hauptsitz der Vereinten Nationen besucht. Die Ab• verständlich kann eine solche Zusammenstellung von Bei• geordneten Karl August Bühler (CDU/CSU), Alex Hösl (CDU/ spielen nicht vollständig sein. Sie ist in gewisser Beziehung CSU), Gottfried Leonhard (CDU/CSU), Dr. Wolfgang Imle nicht einmal repräsentativ, weil in ihr nur anschaulich dar• (FDP), Hans-Heinz Bauer (SPD) und Karl Regling (SPD), die stellbare Dinge ihren Niederschlag finden können, das klar sich auf einer Reise in die USA für einige Tage in New York Sichtbare aber nicht immer das Wesentliche sein muß. Gene• aufhielten, wurden vom Geschäftsträger der deutschen Beob• rell erlaubte die deutsche Ausstellung einen gewissen Ein• achtermission bei den UN, Botschaftsrat Professor Dr. Fritz blick in den gegenwärtigen Stand der Entwicklung von Kern• Caspari, begrüßt, der zu Ehren der Gäste ein Frühstück in forschung und Kerntechnik in der Bundesrepublik. Das pu• den Vereinten Nationen gab. Auch eine Delegation des Ver• blizistische Echo auf die Ausstellung läßt erkennen, welch teidigungsausschusses des Deutschen Bundestages, der erhebliche Bedeutung man gerade auch im Ausland der Ent• Dr. Georg Kliesing (CDU/CSU), Dr. Friedrich Schäfer (SPD) wicklung auf dem Kernenergiegebiet in Deutschland beimißt. und Hermann Schmidt (SPD) sowie aus dem Bundes• Wie die beiden vorangegangenen Atomkonferenzen der Ver• verteidigungsministerium Ministerialrat Heinz Kretschmann, einten Nationen diente auch diese ausschließlich der friedlichen Ministerialrat Dr. Hans Siebe und Regierungsdirektor Dr. Carl• Nutzung der Atomenergie. Der Bundesminister für wissen• heinz Borchers angehörten, unterrichteten sich in den Ver• schaftliche Forschung, Hans Lenz, äußerte sich darüber wäh• einten Nationen über die Tätigkeit der Beobachtermission. rend der Konferenz wie folgt: „Wir sagen uns jeden Tag und Schließlich statteten auch die auf Einladung des State Depart• jeden Morgen im Ministerium, daß wir diese Kraft, die damals ment die Vereinigten Staaten bereisenden Bundestagsabge• Otto Hahn entdeckt und beschrieben hat, nur zu friedvollen ordneten Holger Börner (SPD), Hermann Dürr (FDP), Harry Zwecken verwenden wollen und verwenden werden. Wir Liehr (SPD) und Linus Memmel (CSU) in Begleitung des werden durch Atome leben, wir wollen nicht durch Atome Geschäftsträgers den Vereinten Nationen einen Besuch ab. sterben." (Siehe ferner VN 1/64 S. 32, 2/64 S. 76, 3/64 S. 117, 4/64 S. 150.) Weiterer deutscher Beitrag zur Zypern-Aktion Für die Friedensaktion der Vereinten Nationen in Zypern UNESCO-Generaldirektor besucht die Bundesrepublik hat die Bundesrepublik einen zweiten Beitrag von $ 500 000,— René Maheu, der Generaldirektor der UNESCO, der Sonder• (2 Millionen DM) bereitgestellt. Der Geschäftsträger der organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissen• Beobachtermission, Botschaftsrat Professor Caspari, konnte schaft und Kultur, besuchte auf Einladung der Bundesregie• dem Generalsekretär einen Scheck in dieser Höhe überreichen rung vom 8. bis 12. September die Bundesrepublik. Der Bun• und den Dank von Generalsekretär U Thant für die erneute deskanzler empfing den Generaldirektor zu einem eingehen• deutsche Unterstützung dieser Friedensoperation der UN den Meinungsaustausch über kulturpolitische Fragen im entgegennehmen. Mit diesem Beitrag erhöht sich die Betei• Rahmen der weltweiten Arbeit der UNESCO. Hierbei brachte ligung Deutschlands an dieser Friedensaktion auf 1 Million der Bundeskanzler sein großes Interesse an der Arbeit der Dollar. UNESCO sowie seine Bereitschaft, die Organisation in ihren Bemühungen auf dem Gebiet der Bildungshilfe in den Ent• Deutsche Vertretung im UN-Sonderausschuß wicklungsländern zu unterstützen, zum Ausdruck. Maheu traf Auf der Sitzung des UN-Sonderausschusses für Völkerrechts• ferner u. a. mit Bundesaußenminister Dr. Schröder, mit dem grundsätze über freundschaftliche Beziehungen und Zusam• Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Scheel, menarbeit zwischen den Staaten, die vom 24. August bis und dem Präsidenten der Ständigen Konferenz der Kultus• 1. Oktober in Mexiko City abgehalten wurde, war als Be• minister zusammen. In Köln, wo er von 1931 bis 1933 Lektor obachter für die Bundesrepublik Deutschland Legationsrat an der Philosophischen Fakultät der Universität war, sprach I. Klasse Dr. Harald Heimsoeth von der Beobachtermission Maheu auf einer Arbeitssitzung der Deutschen UNESCO- der Bundesrepublik bei den Vereinten Nationen in New York Kommission im Gürzenich, dem sich ein Empfang anschloß. für den größten Teil dieser Zeit anwesend. Bundesminister Scheel begrüßte es in den Gesprächen mit Maheu, daß sich der Schwerpunkt der Arbeit der UNESCO Die Bundesrepublik auf der Dritten Internationalen neben der Pflege der kulturellen und wissenschaftlichen Be• Atomkonferenz der Vereinten Nationen in Genf ziehungen zunehmend auf die Förderung des Bildungswesens, Die von den Vereinten Nationen durchgeführte Dritte Kon• der Naturwissenschaften und der Technik in der Welt und ferenz über die friedliche Nutzung der Atomenergie, die vom insbesondere in den Entwicklungsländern konzentriert habe. 31. August bis zum 10. September in Genf stattfand, war die Die Förderung des Bildungswesens als Voraussetzung für eine erste ihrer Art, bei der die Bundesrepublik nach dem bis geistige und materielle Entwicklung sei als die Antwort zu 1955 bestehenden Verbot zur Betätigung auf diesem Gebiet würdigen, die die UNESCO heute auf die Erfordernisse un• mit eigenen wissenschaftlichen und technischen Leistungen serer Zeit gebe. Der Bundesminister unterstrich in diesem vor das Forum der Fachwelt und Öffentlichkeit trat. In be• Zusammenhang die besondere Bedeutung der multilateralen sonderer Weise geschah das in der sogenannten wissenschaft• Hilfe und erklärte, daß die Bundesrepublik beabsichtige, die lichen Regierungsausstellung, auf der 18 Nationen wesentliche Konsultation mit der UNESCO zu intensivieren. Es wurde Ergebnisse ihrer Kernforschung und -technik zeigten. Auf vereinbart, daß die Bundesrepublik bei einigen konkreten ihr gab die Bundesrepublik auf 600 qm Ausstellungsfläche Projekten ihrer bilateralen Bildungshilfe mit der UNESCO (Vereinigte Staaten 1710 qm, Sowjetunion 1025 qm, Frank• zusammenarbeitet. Hierdurch sollen die großen Erfahrungen reich und Großbritannien je 756 qm, Italien 300 qm) in Mo• dieser Sonderorganisation der Vereinten Nationen bei der dellen, Photographien, Graphiken usw. einen allgemeinen Förderung des Erziehungswesens in den Entwicklungsländern Überblick auf dem Gebiet der Kernenergie. Besonderes Inter• systematisch wirksam werden. esse beanspruchten dabei der Unterrichtsreaktor SUR 100, der Wanderwellenplasmabeschleuniger und der Versuchsstand für Deutsche Beteiligung an der 8. Generalkonferenz der IAEA Kugelbeschickung und Kugeldurchlauf, die im Original aus• Ministerialdirigent Dr. Schulte-Meermann vom Bundesmini• gestellt waren und in Betrieb gezeigt wurden. Der Unter• sterium für wissenschaftliche Forschung leitete die deutsche richtsreaktor war der einzige auf der Ausstellung, der in Delegation, die vom 14. bis 18. September 1964 an der 8. Gene• vollem Betrieb vorgeführt wurde. Auch die Bücherschau auf ralkonferenz der Internationalen Atomenergie-Organisation der deutschen Regierungsausstellung wurde sehr beachtet. — (IAEA) in Wien teilnahm. Aufgabe dieser zur UN-Familie Der Besuch der deutschen Ausstellung war erfreulich rege. zählenden internationalen Organisation ist die Förderung

Vereinte Nationen 5/64 189 einer weltweiten Zusammenarbeit bei der friedlichen Nut• 30-cm-Langspielplatten ist auch diesmal wieder mit einem zung der Kernenergie. (S. auch vorstehenden Beitrag über die starken Verkauf zu rechnen, zumal der Erlös dem genannten Dritte Genfer Atomkonferenz.) Die deutsche Delegation be• Zweck zufließt. (S. Bild S. 184 dieser Ausgabe.) richtete auf der 8. Generalkonferenz die bedeutenden Fort• schritte bei der Planung und dem Bau von Kernkraftwerken Pädagogen-Seminar der DGVN in Wiesbaden in der Bundesrepublik Deutschland. Sie unterbreitete Vor• „Wie kann man Schülern die Vereinten Nationen nahebrin• schläge mit dem Ziel einer patenschaftsähnlichen Zusammen• gen?" war das Thema eines Seminars für Pädagogen, das die arbeit zwischen Forschungszentren in technisch schon weit Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen vom 16. bis fortgeschrittenen Staaten und in Entwicklungsländern. Die 19. September 1964 in Wiesbaden durchführte. Es nahmen Delegation bekundete ihr Vertrauen in die Zukunft der etwa 30 Pädagogen aus 9 Bundesländern teil. Sie vertraten Internationalen Atomenergie-Organisation, deren Arbeiten alle Schularten und die Schulverwaltung. Vormittags fanden die Bundesrepublik mit dem vierthöchsten Mitgliedsbeitrag Lehrstunden in Schulen mit anschließenden Diskussionen fördert. statt. Die Nachmittage sahen Vorträge über UN-Themen, gleichfalls in Verbindung mit dem Schulunterricht, Das Se• Wiederwahl Deutschlands in den Verwaltungsrat von minar ließ ein großes Interesse schulischer Kreise an dem UNICEF Thema Vereinte Nationen erkennen. Auf der Sommersitzung des Wirtschafts- und Sozialrats der Vereinten Nationen in Genf ist die Bundesrepublik Deutsch• Informationsreise des deutschen UN-Beobachters nach land erneut auf drei Jahre in den Verwaltungsrat des Welt- Südamerika kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF) gewählt Der deutsche Beobachter bei den Vereinten Nationen, Bot• worden. Die Wiederwahl wird am 1. Februar 1965 effektiv. schafter von Braun, hat Ende September eine Informations• Deutschland, das nach den Vereinigten Staaten den zweit• reise nach Lateinamerika angetreten. Beginnend in Rio de größten Beitrag für das Weltkinderhilfswerk zahlt und auch Janeiro, wird er die deutschen Vertretungen in einer Reihe eine besonders intensive und erfolgreiche Werbetätigkeit für von lateinamerikanischen Ländern besuchen, um sich über private Spenden zum Weltkinderhilfswerk entfaltet, ist seit südamerikanische Probleme zu unterrichten, insbesondere 1957 ununterbrochen im Verwaltungsrat dieser bedeutenden soweit sie die Vereinten Nationen berühren. karitativen Hilfsorganisation der Vereinten Nationen ver• treten. ECE und Bundesrepublik. Velebit in Deutschland Die Verbindung der Bundesrepublik mit der Wirtschaftskom• „Ihr Gruß hilft einem Kinde" mission der Vereinten Nationen für Europa (ECE) zeigt sich Unter diesem Motto steht auch in diesem Winter wieder der an zwei Ereignissen des Monats Oktober. Einmal besuchte Verkauf der UNICEF-Grußkarten in allen Ländern der Welt. der Kohleausschuß der ECE vom 2. bis 10. die Bundesrepu• Er begann in der Bundesrepublik am 15. September. Künstler blik. Von der Sitzung in Genf kommend, stattete der Aus• aus Frankreich, Vietnam, Porto Rico, Schweden und den Ver• schuß, der es sich als Programm gesetzt hat, neben den Sit• einigten Staaten schufen dieses Mal die farbigen Zeichnungen. zungen auch den Kontakt zur Praxis zu pflegen, auf Ein• Der Erlös fließt dem Weltkinderhilfswerk der Vereinten ladung der Bundesregierung und der deutschen bergbaulichen Nationen (UNICEF) zu. Die Grußkarten sind ohne und mit Organisationen unseren Kohlenrevieren einen Besuch ab. Glückwunschtext in den fünf Amtssprachen der UN erhältlich. München, Saarbrücken und Essen waren unter anderem Jede Schachtel mit 10 bunten Karten und Briefumschlägen Stationen der Reise, welche die Delegierten über Produktions• kostet 5,— DM. Der Verkauf des Vorjahres erbrachte 2 000 000 und Absatzverhältnisse im Kohlenbergbau und dessen Fort• Dollar. Er ermöglichte die Durchführung von 24 Projekten in schritte auf technischem und sozialem Gebiet unterrichten Ländern Afrikas, Asiens und Lateinamerikas. — Der Welt• sollten. Bei Gelegenheit einer Rheinfahrt von Bingen nach kindertag am 21. September hatte zum Motto „Helft den Kin• Koblenz fand am 6. 10. 1964 ein offizieller Empfang durch die dern in einer sich wandelnden Welt." Er gab wieder einmal Bundesregierung, vertreten durch Staatssekretär Dr. Neef Gelegenheit, die Öffentlichkeit auf die notwendige Hilfe für vom BMWi, statt. Der neugewählte Präsident Duflou (Belgien) Millionen Kinder hinzuweisen. Die Karten sind bei örtlichen brachte in seinem Dank vor allem die Anerkennung für die UNICEF-Verkaufsstellen oder bei dem Deutschen Komitee vorzügliche Organisation der Reise zum Ausdruck. In der für UNICEF, 5 Köln, Drususgasse 1—5, zu erhalten. spontanen Bemerkung des sowjetrussischen Delegierten, die Männer der Kohle seien eine besondere Art Menschen, sie „International Piano Festival" verzichten auf das Licht des Tages, um es anderen zu bringen, Sechs berühmte Pianisten unserer Zeit sind mit bekannten spiegelt sich etwas von dem Geist, unter dem diese Reise klassischen Stücken jetzt auf einer Schallplatte vereinigt. Sie stand, wider. Der Kohleausschuß hat in den vergangenen haben ihre Rechte an der Platte den Vereinten Nationen un• Jahren schon Reisen nach Belgien, Großbritannien, der So• entgeltlich zur Verfügung gestellt. Auf jeden Gewinn haben wjetunion, Polen und den Niederlanden durchgeführt und auch die Hersteller der Platte verzichtet. Der Verkaufserlös wird im kommenden Jahr voraussichtlich in die Vereinigten wird dem Flüchtlingswerk der Vereinten Nationen zufließen. Staaten reisen. Auf der ersten Seite der 30-cm-Langspielplatte spielen Robert Zum anderen stattete der Exekutiv-Sekretär der ECE, der Casadesus eine Sonate von Mozart (KV. 333), Wilhelm Kempff frühere jugoslawische Diplomat Dr. V. Velebit, am 8. und Impromptu Nr. 3 von Franz Schubert und Claudio Arrau die 9. Oktober 1964 im Zuge einer Reise durch verschiedene Phantasie-Stücke „Aufschwung" und „In der Nacht" von Hauptstädte (Paris, Brüssel, Luxemburg, Den Haag) der Bun• Robert Schumann. Auf der Rückseite spielt Wilhelm Backhaus desregierung einen Besuch ab. Dr. Velebit, der 1961 der Nach• Beethovens Mondschein-Sonate; es folgen Chopins Polonaise folger des kürzlich als UN-Vermittler für Zypern verstorbenen Op. 53, gespielt von Alexander Brailowsky, und als letztes die früheren finnischen Ministers Tuomioja antrat, war kurz nach 6. Ungarische Rapsodie von Franz Liszt, wiedergegeben von seiner Ernennung 1961 zuletzt in Bonn gewesen. Seine Ge• Byron Janis. — Bei dieser Langspielplatte zugunsten der spräche mit den Staatssekretären Lahr vom Auswärtigen Amt Flüchtlinge in aller Welt handelt es sich um die zweite ihrer und Dr. Neef vom Bundeswirtschaftsministerium dienten Art. Vor zwei Jahren brachte eine erste Platte („All Star einer Tour d'horizon der laufenden Arbeit der ECE und der Festival") einen Reinertrag von über 1,3 Mill. Dollar. Auf ihr Mitarbeit der Bundesrepublik hierbei. Gestreift wurden unter waren bekannte Schlager- und Liedersänger vereinigt. In der anderem Fragen des Ost-Westhandels und die möglichen Bundesrepublik wurden von dieser ersten Platte, die zum Auswirkungen der Welthandelskonferenz auf die Arbeit der Teil auch jetzt noch verkauft wird, über 225 000 Stück abge• ECE, Industrie- und Energiefragen sowie die bevorstehende setzt. Damit lag der Verkauf in der Bundesrepublik an der Tagung der Wirtschaftsberater der Mitgliedsregierungen, die Spitze aller Länder der Welt. — „International Piano Festival" sich mit dem Thema Notstandsgebiete beschäftigen werden. wird in Schallplattengeschäften ab November dieses Jahres Anläßlich der von Staatssekretär Lahr und Ministerialdirek• zum Preise von 20,— DM erhältlich sein. Infolge der außer• tor Dr. Woratz gegebenen Frühstücke konnte Dr. Velebit auch gewöhnlichen Qualität und bei einem um 20 Prozent gerin• seine Kontakte mit Vertretern anderer an den Arbeiten der geren Preis der Platte im Vergleich zu anderen klassischen ECE beteiligten Ressorts erneuern.

190 Vereinte Nationen 5/64 Bundesleistungen an die Vereinten Nationen und Sonderorganisationen

I960 1963 1964 2 1961 1962 A Vereinte Nationen DM DM DM DM DM 1. Beitrag des Bundes an die Wirtschafts• kommission der UN für Europa (ECE) 535 000 560 000 560 000 700 000 700 000 2. Rauschgiftkommission 120 000 145 000 145 000 166 273 187 000 3. Beitrag an das Intern. Büro der UN-Konvention über die Todeserklärung Verschollener 4 000 3 000 2 100 1 133 1 150

B UN-Hilfswerke 3 1. Sonderfonds der UN (SPF) 2 000 000 12 792 000 19 520 000 21 400 000 21 400 000 2. Technisches Hilfswerk (EPTA) 5 000 000 8 528 000 10 480 000 10 600 000 10 600 000 3. Weltkinderhilfswerk (UNICEF) 2 500 000 5 500 000 5 500 000 6 000 000 6 000 000 4. Hilfswerk für arabische Flüchtlinge aus Palästina (UNRWA) 1 000 000 1 000 000 2 500 000 2 500 000 1 600 000 5. Flüchtlingsfonds der UN (UNREF) 880 000 880 000 1 500 000 1 200 000 1 200 000

C Spenden zu Sonderaktionen 1. Zur Verlegung des Tempels von Kalabscha (Nubienprojekt der UNESCO) 1 000 000 4 000 000 2 500 000 300 000 2. Zur Kongo-Hilfe 12 000 000 200 000

D Beteiligung an der Sanierungsanleihe der UN4 — — 40 000 000 7 049 Q00 — E UN-Sonderorganisationen 5 1. Int. Arbeitsorganisation (ILO) 1 630 000 1 785 600 1 929 700 2 431 600 2 245 100 2. Ernährungs- und Landwirtschafts• organisation (FAO) 2 725 400 3 025 400 3 000 000 6 000 000 5 175 000 3. Organisation für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) 2 800 000 3 025 500 3 210 000 4116 500 4135 000 4. Int. Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) 997 000 953 000 886 700 1 195 300 2 631 899 5. Weltbank (BANK) 6 32 760 000 31 200 000 31200 000 31 200 000 — 6. Int. Währungsfonds (IMF)7 7. Weltgesundheitsorganisation (WHO) 3 480 000 3 877 900 4 666 000 6 566 000 7 125 000 8. Weltpostverein (UPU) 66 600 66 600 75 000 75 000 125 000 9. Int. Fernmeldeverein (ITU) 254 500 430 000 430 000 526 500 522 560 10. Weltorganisation für Meteorologie (WMO) 150 000 126 000 122 000 157 300 262 000 11. Zwischenstaatl. Beratende Seeschiffahrts• organisation (IMCO) 54 000 50 000 60 000 65 000 83 000 12. Int. Finanz-Corporation (IFC)8 _____ 13. Int. Entwicklungsorganisation (IDA)9 50 806 000 40 791 000 40 779 200 40 536 000 40 570 000 F Andere UN-Organisationen5 1. Int. Atomenergie-Organisation (IAEA) 1 427 300 1 571 000 1 550 000 1 887 100 2 129 900

Anmerkungen: 4 Bei den unter D genannten Beträgen han• trägt 1,050 Mill. US-Dollar. Die abschlie• delt es sich um die Beteiligung an einem ßende Einzahlung wurde 1963 geleistet. 1 Die Zahlen sind vom Auswärtigen Amt; Darlehen, das mit jährlich 2 % verzinst 7 Die Mitgliedschaft der Bundesrepublik be• die Angaben unter E 5 (Weltbank), E 6 und zurückgezahlt wird. ruht finanziell auf Kapitalbeteiligung. Der (Währungsfonds), E 12 (IFC) und E 13 (IDA) deutsche Anteil (Quote) beträgt 787,5 Mill. jedoch vom Bundesministerium für Wirt• 5 Die Bundesrepublik ist in allen Sonder• US-Dollar. Hiervon sind 25% in Gold ein• schaft. organisationen und in der IAEA ordent• gezahlt. Der Rest wird in eigener Währung 2 Die unter A genannten Zahlen sind Pflicht• liches Mitglied. Die Zahlen sind Mitglieds• zur Verfügung gestellt. beiträge infolge ordentlicher Mitglied• beiträge. Ausnahmen siehe unter Anm. 6 8 Bei der IFC ist 1956 durch einmalige Zah• schaft. bis 9. lung von 15,3 Mill. DM der Kapitalanteil 3 Die unter B aufgeführten Hilfswerke der 6 Die Mitgliedschaft der Bundesrepublik be• der Bundesrepublik geleistet worden. UN wirken aufgrund erhaltener Spenden, ruht finanziell auf Kapitalbeteiligung. Hier• 9 Bei der IDA beträgt der Kapitalanteil der die Mitgliedstaaten und Nichtmitglieder von sind 10 °/i in bar zu leisten und 90 »/« Bundesrepublik 52,960 Mill. US-Dollar. Er leisten. Garantiesumme. Der deutsche Anteil be• ist mit der Zahlung für 1964 erfüllt.

Vereinte Nationen 5/64 191 führung der Entschließungen des Sicher• heitsrats vom 4. März 1964, 13. März 1964 Entschließungen des Sicherheitsrats und 20. Juni 1964, — in Erneuerung des Ausdrucks seiner hohen Wertschätzung für die Staaten, die zur Durchführung der Entschließung des Zypern Sicherheitsrats vom 4. März 1964 mit Trup• SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Die Zy• zu unterlassen, welche die Lage verschlim• pen, Polizei, Versorgungsgütern und finan• pernfrage. — Entschließung vom 9. August mern oder zur Ausbreitung der Feind• zieller Unterstützung beigetragen haben, seligkeiten beitragen könnten. — in Hochachtung vor dem Gedenken an 1964 (DOC. S/5868) Abstimmungsergebnis: +9; — 0; =2: So• Sakari Tuomioja für die hervorragenden Der Sicherheitsrat, wjetunion, Tschechoslowakei. Dienste, die er der Sache der Vereinten Anmerkung: Die oben genannten Entschlie• Nationen geleistet hat, — in Sorge über die erhebliche Verschlechte• — mit dem Ausdruck der Genugtuung dar• rung der Lage in Zypern, ßungen des Sicherheitsrats vom 4. und 13. März und vom 20. Juni 1964 sind in deutscher über, daß ein neuer Vermittler vom Ge• — in Bestätigung der Entschließungen des neralsekretär in Ubereinstimmung mit der Sicherheitsrats vom 4. März (S/5575), 13. Übersetzung enthalten in VN 2/64 S. 77 und VN 4/64 S. 153. Entschließung vom 4. März 1964 ernannt März (S/5603) und 20. Juni 1964 (S/5778) über worden ist, diese Angelegenheit, 1. bestätigt seine Entschließungen vom — in Erwartung des Berichtes des General• SICHERHEITSRAT — Gegenstand: Die Zy• 4. März 1964, 13. März 1964, 20. Juni 1964 und sekretärs über die Lage, pernfrage. — Entschließung vom 25. Sep• 9. August 1964 sowie die auf seiner 1143. 1. bekräftigt den folgenden Appell, den der tember 1964 (Doc.S/5987) Sitzung am 11. August 1964 vom Präsiden• Präsident des Rats soeben an die Regie• Der Sicherheitsrat, ten zum Ausdruck gebrachte allgemeine rungen der Türkei und Zyperns gerichtet Übereinstimmung; hat: „Der Sicherheitsrat hat mich ermäch• — im Hinblick auf den Bericht des General• sekretärs und im besonderen darauf, daß 2. ersucht alle Mitgliedstaaten, die vorge• tigt zu dringenden Appellen an die tür• nannten Entschließungen zu erfüllen; kische Regierung, sofort die Bombardie• der Generalsekretär das Verbleiben der Friedenstruppe der Vereinten Nationen, 3. verlängert die Zeit, während der die Frie• rung und die Anwendung von Waffen• denstruppe der Vereinten Nationen gewalt jeder Art gegen Zypern zu be• die aufgrund der Entschließung des Sicherheitsrats vom 4. März 1964 (S/5575) (UNFICY) in Zypern verbleiben soll — enden, und an die zyprische Regierung, und zwar in Übereinstimmung mit den den ihrer Kontrolle unterstehenden be• aufgestellt wurde, über den 26. September hinaus für notwendig hält, Bestimmungen der Entschließung vom waffneten Streitkräften die unverzügliche 4. März 1964 —, um drei Monate bis zum Feuereinstellung zu befehlen."; — in Kenntnis des von der Regierung von 20. Dezember 1964; 2. fordert von allen Beteiligten einen sofor• Zypern angezeigten Wunsches, daß die 4. ersucht den Generalsekretär, den Sicher• tigen Waffenstillstand; Stationierung der Truppe der Vereinten heitsrat über die Durchführung der Be• 3. fordert von allen Beteiligten, voll mit dem Nationen in Zypern über den 26. Septem• stimmungen dieser Entschließung durch Kommandanten der Vereinten Nationen ber 1964 hinaus fortgesetzt werden sollte, die beteiligten Parteien laufend zu unter• bei der Wiederherstellung von Frieden und — in Erneuerung des Ausdrucks seiner hohen richten. Sicherheit zusammenzuarbeiten; und Wertschätzung für den Generalsekretär 4. fordert alle Staaten auf, alle Handlungen wegen seiner Bemühungen bei der Durch- Abstimmungsergebnis: Einstimmige Annahme.

1963. Besonders hervorzuheben ist hier die kerung in der Bundesrepublik Deutschland Literaturhinweise Berechnung von Indizes der Weltproduktion um 6,5 0/o (in Frankreich 7 »/o, USA 8"/«, UdSSR und der Beschäftigung, die jetzt auch die 91/«), in Indien aber um 12 'In, im Iran um 13 'In osteuropäischen Länder einschließen. und in Südkorea oder in den Philippinen so• Statistical Yearbook 1963. ORR Dr. Günther Jacobi gar um 17 bzw. 18 °/o. ORR Dr. Güther Jacobi New York: United Nations 1964. 714 p. Clothbound $ 11.50, Paperbound $ 9.00. Demographic Yearbook 1963. Die Aufgaben der Weltgesundheitsorganisa• Sales No. 64.XVII.1. tion in der Entwicklungsdekade der Verein• Die 15. Ausgabe des Statistischen Jahrbuchs New York: United Nations 1964. 752 p. ten Nationen. Herausgegeben von Professor der Vereinten Nationen ist jetzt erschienen. Clothbound $ 11.50, Paperbound $ 9.00. Dr. med. Helmut J. Jusatz. Sales No. 64. XIII. 1. Das Buch gibt wie immer den besten, dem Bonn 1964, 52 Seiten, Broschiert 3,— DM neuesten Stand der Statistik in allen Ländern Das Demographic Yearbook, die Hauptquelle (= Schriftenreihe der Deutschen Gesell• entsprechenden Überblick über die demo• der internationalen Bevölkerungsstatistik, be• schaft für die Vereinten Nationen Heft 15, graphische, wirtschaftliche, soziale und kul• steht nunmehr seit 15 Jahren. Das Jahrbuch erhältlich bei DGVN, Bonn, Simrock- turelle Entwicklung in der Welt. Die einzel• 1963 enthält wieder weltumfassende statisti• straße 23). nen Abschnitte — Bevölkerung, Arbeits• sche Daten über den letzten Stand und die kräfte, Produktion in Landwirtschaft, Berg• Entwicklung der Bevölkerung. Außerdem Ende Oktober 1963 führte die Gesundheits• bau, verarbeitendem Gewerbe sowie im Bau• wird die bereits im Jahrbuch 1962 begonnene kommission der Deutschen Gesellschaft für gewerbe und in der Energiewirtschaft, Ver• Veröffentlichung ausführlichen statistischen die Vereinten Nationen im Internationalen kehr und Nachrichtenwesen, Binnen- und Materials aus den letzten Volkszählungen fort• Institut Schloß Mainau unter Leitung ihres Außenhandel, Zahlungsbilanzen, Löhne und gesetzt und Zahlen über die Gesamtbevölke• Vorsitzenden Professor Jusatz das 6. Ge• Preise, Volkseinkommen, Geld-, Bank- und rung und die Bevölkerung der Großstädte, sundheitsseminar durch. Teilnehmer waren Börsenwesen, öffentliche Finanzen, Woh• über die Gliederung der Bevölkerung nach Professoren, Medizinalräte, Oberinnen und nungsverhältnisse, Erziehung und Bildung — Stadt und Land, nach Alter und Geschlecht, einige Medizinstudenten aus 10 europäischen enthalten im allgemeinen Zahlenmaterial für nach dem Geburtsland, der Staatsangehörig• Ländern. Das Seminarthema lautete: Die eine Reihe von Jahren nach dem letzten keit, nach Volkstum, Sprache und Religion Aufgaben der Weltgesundheitsorganisation Krieg bis zum Jahre 1962. — In das Jahrbuch sowie Angaben über den Schulbesuch und in der Entwicklungsdekade der Vereinten ist erstmalig eine Tabelle aufgenommen den Bildungsstand, über die Erwerbstätigkeit Nationen. Eine jetzt erschienene Broschüre worden, die in übersichtlicher Form wichtige und über Größe und Zusammensetzung der enthält die wichtigsten der auf dem Seminar statistische Ergebnisse enthält, die sich im Haushalte gebracht. Es ist beabsichtigt, gehaltenen Referate im Wortlaut. Fast alle großen ganzen zu Weltsummen zusammen• in den drei Jahrbüchern 1962, 1963 und 1964 Referenten sind als Ärzte in Entwicklungs• fassen lassen. Daraus geht hervor, daß sich die Hauptergebnisse der letzten Volkszählun• ländern tätig gewesen, was den Wert ihrer die Bevölkerung der Welt von 1958 (2,9 Milli• gen darzustellen. (Die Daten aus den vorange• Ausführungen steigert. Die Beiträge lauten: arden Köpfe) bis zum Jahre 1962 (3,1 Milli• gangenen Volkszählungen in den Jahren um Das Arbeitsprogramm der WHO für die Ent• arden Köpfe), also in nur vier Jahren, um 1950 — den ersten nach dem Kriege, die nach wicklungsdekade der Vereinten Nationen 8,4 % vermehrt hat. In etwa gleichem Maße einem von den Vereinten Nationen empfoh• (Dr. Fritz Beske, Europäisches Büro der ist in diesen vier Jahren auch die landwirt• lenen Programm durchgeführt wurden — WHO, Kopenhagen), Die Beratungen der schaftliche Produktion gestiegen. Eindrucks• findet man in den Jahrbüchern 1955 und 1956.) Sektion Gesundheit und Ernährung auf der voll sind die Weltproduktionszahlen (in Mil• Aus dem neuen Demographic Yearbook geht Genfer UN-Konferenz über die Anwendung lionen Tonnen) im Jahre 1962 für Weizen hervor, daß im Jahre 1962 etwa 66 Millionen von Wissenschaft und Technik zugunsten (262), Mais (216), Reis (246), Kartoffeln (264), Menschen mehr auf der Welt lebten als 1961. der Entwicklungsländer (Prof. Jusatz, Heidel• Milch (333). Die industrielle Produktion hat Niemals zuvor ist die Bevölkerung so stark berg), Die Ausbildungsarbeit der WHO, dar• sich seit 1958 um 35 °/o erhöht; die mitgeteilten gewachsen. Die jährliche Zunahme betrug in gestellt am praktischen Beispiel des Gondar- Produktionsmengen einzelner Erzeugnisse den Jahren zwischen 1930 und 1940 durch• Projektes in Äthiopien (Dr. Otto Jaeger, verdeutlichen die Entwicklung. Auch auf die schnittlich nur 23 Millionen; im folgenden Berlin), Körperliche und seelische Voraus• Ausweitung des Außenhandels innerhalb von Jahrzehnt waren es 36 Millionen und in den setzungen für Entwicklungshelfer: Freud vier Jahren um 31 "/o (Welteinfuhren 1962 Jahren zwischen 1950 und 1960 etwa 50 Millio• und Leid des Spezialberaters (Prof. Hassel• nahezu 150 Milliarden S) und des Verkehrs nen. Besonders problematisch ist diese Ent• mann, Erlangen), Als psychologischer Be• um mehr als 16 °/o (gemessen an den Fracht- wicklung in Asien, wo mehr als die Hälfte rater der WHO in Südvietnam (Dr. Erich Tonnen-Kilometern) sei hier hingewiesen. — der Weltbevölkerung lebt. Hier allein hat Haisch, Konstanz), Die Stellung und die Die ständige Verbesserung der internationa• sich die Zahl der Bevölkerung von 1961 auf Kompetenzen der WHO auf dem Gebiete len Statistik erlaubte die Aufnahme weiterer 1962 um 43 Millionen erhöht. In den letzten der internationalen Gesundheitsgesetzgebung neuer Tabellen in das Statistische Jahrbuch fünf Jahren (1958 bis 1963) wuchs die Bevöl- (Dr. Dr. Amir Arbab-Zadeh, Düsseldorf).

192 Vereinte Nationen 5/64 UNITED NATIONS PUBLICATIONS

UN MONTHLY CHRONICLE xi A new monthly magazine, replacing United Nations Review. The Chronicle has a new format, 1 \ and comprises four main sections: record of the month, special features, pictorial section, and announcements and special notices. Annual subscription: $ 3.00.

YEARBOOK OF THE UNITED NATIONS 1962 A reference work providing a comprehensive record of the United Nations and its related agencies in 1962. Developments in the political, economic, social, non-self-governing, legal and administrative fields are thoroughly covered. 16th edition, clothbound, indexed. (Sales No. 63. I. 1) $ 16.50.

EVERYMAN'S UNITED NATIONS A complete handbook on the work of the United Nations and its related agencies since its beginning in 1945 up to 1963. This is a basic history describing the structure, functions and activities of the United Nations, including a resume of each question or dispute. 7th edition. (Sales No. 64. I. 9) Cloth: $ 5.00. Paper: % 1.95.

HOMAGE TO A FRIEND A memorial tribute by the United Nations upon the death of the late President John F. Ken• nedy. Includes euologies delivered by many distinguished delegates, excerpts from the late President's speeches in which he made reference to the United Nations, and a selection of photographs. Bound: $ 3.00. Paper: $ 1.95.

Alexander Horn Elwert und Meurer W. E. Saarbach R. Eisenschmidt Spiegelgasse 9 Hauptstraße 101 Gertrudenstraße 30 Schwanthaler Str. 59 Wiesbaden Berlin-Schöneberg Köln (1) Frankfurt/Main

SALES SECTION, UNITED NATIONS, PALAIS DES NATIONS, GENEVA.

Bundesrichter Dr. Hanswerner Müller Handbuch der Gesetzgebungstechnik 1963. XV, 349 Seiten. Kartoniert. DM 68,—

Wer als Verwaltungsbeamter oder Richter oder schließlich als Diener der Wissenschaft, z. B. als Kommentator, sich in neuzeit• liche Gesetze vertiefen muß, stöhnt oft über ihren Zustand, die Unklarheit und Widersprüchlichkeit, den bedenklichen, manchmal irreführenden Sprachgebrauch usw. Die Ursachen dieses Mißstandes sind mannigfaltig. Der Verfasser, langjähriger Ministerial- beamter, jetzt Bundesrichter beim BVerwG, hat sich die schwierige Aufgabe gestellt, eine eingehende und erschöpfende Darstellung alles dessen zu geben, was bei der Gesetzgebung berücksichtigt werden sollte, wie er selbst sagt: „Anleitung zur Erstellung tech• nisch einwandfreier Gesetze durch Ratschläge zu allen vorkommenden Einzelheiten zu geben." Seine Aufgabe liegt auf dem Gebiete der Technik der Gesetze, nicht auf der Prüfung ihres sachlichen Inhalts. „Alle vorkommenden Einzelheiten" — das ist nicht zuviel gesagt. Überschrift, Formel, Vorspruch, Kernstück, Ausfertigungsvermerk, alles bis in jede Einzelheit: die selbstgestellte Aufgabe ist erfüllt, ein „zuverlässiger Helfer, Gesetze unter Vermeidung von Fehlern möglichst brauchbar abzufassen". Ein guter Gedanke auch, durch viele zutreffende Beispiele und „Fehlbeispiele" aus der Gesetzgebung das Dargelegte zu belegen. Dankbar kann mar, noch besonders für den Abschnitt „Die Sprache des Gesetzes" sein. — Es wäre zu wünschen, daß jede zur Normensetzung be• rufene Stelle dieses Buch zur Hand hätte und ihre jungen und älteren Mitglieder immer wieder auf den hier angesammelten Erfah• rungsschatz hinwiese. Senatspräsident Dr. Knoll, Ministerialdirektor a. D.. Berlin, in „Neue Juristische Wochenschrift"

Ausgehend von einer instruktiven Einführung in den Aufbau unserer Rechtsordnung wird die Gliederung eines Gesetzes, sein Auf• bau, sein Inhalt und seine Sprache sowie der Gang der Gesetzgebung in allen Einzelheiten dargestellt. Der Leser erfährt weiterhin alles Notwendige über Änderungs- und Rahmengesetze, über Mantel-, Einführungs- und Ausführungsgesetze sowie über das schwierige Gebiet der Rechts- und der sonstigen Verordnungen. Ein ausführliches Stichwortverzeichnis erleichtert die Benutzung. Dem Verfasser kann bescheinigt werden, daß er mit der lückenlosen Systematik seines Werkes, die hier nur angedeutet werden kann, allen an der Gesetzgebungsarbeit Beteiligten einen wirklichen Dienst erwiesen hat. Prof. Dr. Gerhard Erdsiek, Ministerialdirektor a. D., Bad Godesberg, in „Die öffentliche Verwaltung" Ein Buch, das man jedem mit legislativen Arbeiten irgendwelcher Art Befaßten am ersten Tage seiner Tätigkeit auf den Schreib• tisch legen sollte! Der reiche Inhalt ist in 34 Abschnitte gegliedert, von denen einzelne weitgehend und übersichtlich untergetcilt sind. So enthält das Buch, um nur weniges anzuführen, Abschnitte über den Aufbau der Rechtsordnung, die Gliederung und den Aufbau der Gesetze, den Inhalt von Gesetzesvorschriften, die Sprache des Gesetzes und vieles andere mehr. „Österreichische Juristen-Zeitung" Ein beachtliches Werk, das ein bisher in der wissenschaftlichen Literatur nur so wenig bearbeitetes Gebiet sogleich mit einer Breite ausfüllt, die nicht mehr übersehen werden kann. Gemeinsames Ministerialblatt"

CARL HEYMANNS VERLAG KG • KÖLN • BERLIN • BONN • MÜNCHEN Wie in diesem Hause im wirtschaftlichen Zentrum New Yorks lesen an allen entscheidenden Punkten der Welt führende Männer und Frauen aller Nationen, die franffurter^llflemeine ZEITUNC FÜR DEUTSCHLAND

EINE DER GROSSEN ZEITUNGEN DER WELT

Der bekannte Kolumnist zahlreicher amerikanischer Zeitungen, Max Lerner, schrieb in einem Leitartikel in der einflußreichen Zeitung ,New York Post' am 8. April 1963: „Die Zeitungen, die ich zu den besten in Europa zähle, sind ,Le Monde', ,Le Figaro', die frankfurter Allgemeine', die Londoner »Times', der ,Guardian', das Journal de Geneve' und der ,Corriere della Sera' aus Mailand."