Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt

Geschichtliche Entwicklung des Standortes Landsberger Allee 77 im Bezirk -Kreuzberg von Geschichtliche Entwicklung Landsberger Allee 77 TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung Inhalt

1. Einführung 3

2. Beginn der Urbanisierung und landwirtschaftliche Prägung bis 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (1840- 1870) 5 Landwirtschaftliche Prägung und stadträumliche Einbindung durch Gründung der Königsstadt 5 Entstehung des Volksparks Friedrichshain 6 Industrialisierung und Stadtwachstum 7

3. Bauliche Entwicklung des Grundstücks (1870 bis 1895) 9 Städtebauliche Verdichtung der Königsstadt 9 Bauliche Verdichtung des Grundstücks Landsberger Allee 77 10

4. Städtebauliche Planungen bis Ende des 2. Weltkriegs (1895-1945) 12 Ziele des Bauzonenplans 1925 13 Das Untersuchungsgebiet im Nationalsozialismus 14 Zerstörung durch den 2. Weltkrieg 14

5. Wiederaufbau in der Nachkriegszeit (1945-1970) 15 Wiederaufbau 15 Neugestaltungen im Untersuchungsgebiet 18

6. Neubebauung als Freizeit- und Veranstaltungsbereich (1970-heute) 19 Bau des SEZ auf dem Grundstück Landsberger Allee 77 19 Wiedervereinigung 1990 23

7. Zusammenfassung 24 Zeitschiene 24

Fußnoten 25

Quellen 26

Abbildungsverzeichnis 27

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1. Einführung

Die vorliegende Untersuchung stellt die städtebauliche Ent- wicklung des Grundstücks Landsberger Allee 77 mit seinen stadträumlichen Zusammenhängen seit ca. 1840, aufgrund der in diesem Zeitraum einsetzenden strukturellen und ge- sellschaftlichen Veränderungen, dar.

Das zu untersuchende Grundstück Landsberger Allee 77 liegt im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg an der Grenze zum Bezirk Pankow bzw. zum Ortsteil .

Das Grundstück wird nördlich vom Volkspark Friedrichshain, westlich von der Danziger Straße, süd- lich von der Landsberger Allee und östlich von der Langenbeckstraße begrenzt. Abb. 1 Lage / Stadträumliche Einbindung In unmittelbarer Nähe befinden sich bezirks- und stadt- prägende Elemente wie der Volkspark Friedrichshain, das Vivantes Klinikum im Friedrichshain, die Veranstaltungs- halle Velodrom, der St. Georgen Friedhof, die Aktien-Braue- rei Gesellschaft Friedrichshöhe und der „Alte Schlachthof“ von Berlin am S-Bahnhof Storkower Straße.

Das heute ca. 47.600 m² große Grundstück Landsberger Allee 77 war in der Vergangenheit kleinteilig parzelliert. In der Studie wird das Grundstück betrachtet, welches seit 1992 als Landsberger Allee 77 bezeichnet wird. Abb. 2 Grundstück Landsberger Allee 77 heute

Abb. 3 Landsberger Allee mit stadtprägenden Elementen heute

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Da eine historische Untersuchung eines Standortes im- Exkurs 1 Landsberger Allee mer die Betrachtung der unmittelbaren Umgebung und der Die Landsberger Allee bildete die Verlängerung der zum gesamtgesellschaftlichen Rahmenbedingungen erfordert, Landsberger Tor verlaufenden Landsberger Straße. Benannt werden im Folgenden auch die Entwicklungen der über wurde die Straße nach der Kleinstadt Altlandsberg östlich von das Grundstück hinausgehenden näheren Umgebung, als Berlin. 1950 wurde sie in Leninallee unbenannt. Während der Untersuchungsgebiet bezeichnet, dargestellt. städtebaulichen Erweiterung Ost- bis 1978 wurden die östlich anschließenden Straßen Landsberger Chaus- Gleichzeitig wird auf gesamtstädtische, infrastrukturelle, see, Berliner Chaussee und Chaussee nach Altlandsberg gesellschaftliche und politische Zusammenhänge ver- in die Leninallee aufgenommen, dies hatte eine veränderte Hausnummerierung zur Folge. 1992 wurde die Leninallee in wiesen, die für die Entwicklung der Stadt und das Unter- 1 suchungsgebiet relevant sind. Hierzu dienen insbesondere Landsberger Allee umbenannt. die den Text begleitenden Exkurse.

Die einzelnen Entwicklungsphasen des Untersuchungsge- biets und der Umgebung werden chronologisch mit Dar- stellung und Benennung des Anlasses der Entwicklung, den städtebaulichen Zusammenhängen und der Nutzungs- struktur dargestellt. Veranschaulicht wird die Studie durch historische Plan- und Kartenmaterialien sowie ausgewählte Bilder.

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2. Beginn der Urbanisierung und landwirtschaftliche Prägung bis 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts (1840- 1870)

Landwirtschaftliche Prägung und stadträumliche Ein- bindung durch Gründung der Königsstadt

Das Untersuchungsgebiet war bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts hinein eine zunächst außerhalb der Ber- liner Zollmauern gelegene, landwirtschaftlich genutzte Fläche des historischen Stadtteils Königsstadt.2 Der nahe- gelegene Lindenberg, die damals so bezeichnete höchste Erhebung Berlins, war durch Weinberge geprägt. In unmit- telbarer Umgebung des Grundstücks befanden sich zwei Mühlen, die Holländermühle und die Blockwindmühle (sie- he Abb.6).3

Die Königsstadt, ursprünglich als Georgenvorstadt bekannt, entstand vor dem alten Königstor (siehe Abb. 4), das bis Abb. 4 Untersuchungsgebiet und Königstor im heutigen Ortsteil 1701 als Georgentor benannt wurde, und der mittelalter- Friedrichshain (rot) 1829 lichen Festungsanlage rund um das ehemalige Georgen- hospital (seit 1272 urkundlich erwähnt). Von den nördlich gelegenen Vorstädten - Spandauer Vorstadt, Stralauer Vorstadt, Georgenvorstadt - war die Georgenvorstadt die kleinste des mittelalterlichen Berlins.

Das Georgentor befand sich in etwa an der heutigen Kreuzung der Otto-Braun-Straße/Greifswalder Straße mit den Straßen Prenzlauer Berg und Am Friedrichshain/Frie- denstraße. Bei der Krönung des ersten preußischen Kö- nigs Friedrich I. im Jahr 1701 zog dieser durch die Vorstadt und das Tor. Daraufhin wurden sowohl das Tor als auch die Vorstadt in Königsviertel/Königsstadt und Königstor umbe- nannt.

Das strahlenförmige Straßennetz der Königsstadt wur- de durch die existierenden Fernhandelsstraßen nach Prenzlau, Altlandsberg und Bernau bestimmt, die auf dem Platz vor dem Königstor – dem heutigen Alexanderplatz – begannen. Abb. 5 Königsstadt (schwarz) im heutigen Stadtgebiet, Bezirksgren- zen (grün)

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Die großen vorgelagerten, jenseits der Berliner Zollmauer gelegenen Flächen wurden 1831 eingemeindet. Seitdem umfasste die Königsstadt Weißensee und Wilhemsberg bei Hohenschönhausen. Die Einwohnerzahl der Königsstadt stieg von 41.713 im Jahr 1867 auf 197.518 im Jahr 1910.4

Trotz der weitreichenden Entwicklungen wie der ein- setzenden Industrialisierung ab der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, des Stadtwachstums5 und der gesell- schaftlichen Umwälzungen, die sich in der Umgebung des Grundstücks zu dieser Zeit bereits manifestierten, wurde das Grundstück selbst bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhun- derts landwirtschaftlich genutzt.

Entstehung des Volksparks Friedrichshain

Eine prägende Entwicklung im Untersuchungsgebiet war die Errichtung des Volksparks Friedrichshain. Der Volkspark wurde 1840 als Ausdruck eines erstarkten Bürgertums für den dicht besiedelten Berliner Osten gegründet. Anlässlich des hundertjährigen Thronjubiläums Friedrich II., König von Preußen und Kurfürst von Brandenburg, wurde der Volks- park nach einer Idee von Peter Joseph Lenné durch den Beschluss des seit 1809 bestehenden Kommunalparla- ments, der Berliner Stadtverordnetenversammlung, an den Hängen des ehemaligen Weinberges errichtet.

Da innerhalb der Stadtmauern keine adäquaten Flächen Abb. 6 Untersuchungsgebiet um 1850 mehr zur Verfügung standen, wurde der kommunale Er- holungspark außerhalb der Stadtmauern angelegt.6 Der zwischen Landsberger Tor und dem Königstor angelegte Park sollte als „grüne Lunge“ des Ostens fungieren und das Pendant zum westlich gelegenen darstellen.7

Der Park wurde entsprechend des damaligen Vorbilds englischer Landschaftsgärten gestaltet und sollte von allen Stadtbewohnern genutzt werden können. Damit war der Volkspark Friedrichshain der erste kommunale „Volksgarten“ Berlins.8

Auf dem Lindenberg im noch im Aufbau befindlichen Volks- park wurde am 22. März 1848 der „Friedhof der Märzgefal- Abb. 7 Darstellung Demonstration an den Gräbern der Märzgefallenen lenen“ errichtet. Dort wurden die Zivilopfer der Kämpfe der 04.06.1848 Märzrevolution am 18. März 1848 bestattet. Die dort befind- liche Holländermühle wurde im Zuge dessen abrissen. Die Blockwindmühle brannte 1860 ab.9

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Industrialisierung und Stadtwachstum Exkurs 2 Bebauungsplan der Umgebung Berlins (Hobrecht-Plan) Parallel zu dieser bürgerrechtlichen Bewegung setzte im 1858 sollte eine Planungskommission des Königlichen Poli- Berlin der 1830er Jahre die Industrialisierung ein. Dadurch zeipräsidiums zur Behebung der städtebaulichen, infrastruk- entwickelte sich Berlin seit 1850 zu einem industriellen Bal- turellen und hygienischen Missstände gesamtstädtische lungsgebiet wodurch der Verstädterungsprozess in Gang Pläne erarbeiten. Der Vorsitzende der Kommission der Re- gebracht wurde.10 gierungsbaumeister James Hobrecht, erarbeitete den „Be- bauungsplan der Umgebung Berlins“ (Hobrecht-Plan), der Bis 1853 basierten der Städtebau und das Bauwesen Ber- 1862 in Kraft trat. Dieser Fluchtlinienplan sollte vornehmlich lins auf der Bauordnung von 1641, die 1853 durch die neue die Straßenführung und die Bebauung Berlins und der be- Polizeiordnung für Berlin ersetzt wurde und vor allem die nachbarten Gemeinden für die kommenden fünfzig Jahre bestimmen. Die innerstädtischen Straßen sollten verbreitert Sicherung vor Feuergefahr regelte. werden und hierdurch Voraussetzungen für die Errichtung eines Kanalisations– und Versorgungssystems geschaffen Die Industrialisierung führte zu einer Änderung der ökono- werden. Ergänzt wurde der Hobrechtp-Plan durch die Baupo- mischen Struktur vom Primärsektor zum Sekundärsektor lizeiordnung, welche eine Blockrandbebauung innerhalb des und damit zu einer sich weiter verstärkenden städtischen Fluchtlinienplans vorgab, um Wohnraum für die wachsende Agglomeration. Die neu entstandenen Fabriken erforderten Bevölkerung der Stadt zu schaffen. Diese Baupolizeiordnung Arbeitskräfte, womit eine starke Zuwanderung in die Städte regelte die Geschossigkeit der Bebauung mit einer Traufhöhe verbunden war. Insgesamt verschlechterten sich hierdurch von 20 Metern, einer Straßenbreite von 22 m und gab aus die städtebaulichen, verkehrlichen und hygienischen Ver- brandschutztechnischen Gründen eine Hofmindestfläche von hältnisse der Stadt. 5,34 m² vor. Hierdurch sollte gewährleistet werden, dass bei Bränden umstürzende Gebäudeteile die gegenüberliegenden Gebäude nicht beschädigen konnten.12 Neben der Anlegung des Volksparks Friedrichshain zur Entlastung der Lebensbedingungen der Stadtbewohner wurden planerische Maßnahmen entwickelt, um das Bevöl- kerungswachstum und die damit einhergehende Stadter- weiterung lenken zu können.11

Als Grundlage für die Steuerung der baulichen Entwick- lung Berlins diente der Hobrecht-Plan von 1862 (siehe Exkurs 2). In diesen Plan wurde das Grundstück zwar schon in den Teilplan XIII1 als Baugebiet aufgenommen (siehe Abb. 8), es war jedoch von der einsetzenden Neu- bautätigkeit und den Stadterweiterungsprozessen bis Ende der 1860er Jahre nicht betroffen.

Die Verbreiterung der Landsberger Allee war durch die Hobrechtsche Planung vorgesehen. Auch die schon bereits 1850 (siehe Abb.6) existierende, als Sackgasse angelegte Langenbeckstraße, die zur Erschließung des Volksparkes diente, war im Fluchtlinienplan von 1862 dargestellt und sollte bis zur heutigen Straße Am Friedrichshain durchge- führt und erweitert werden (siehe Abb. 8).

Abb. 8 Fluchtlinien Hobrecht-Plan 1862 Seite 7 von 28 Geschichtliche Entwicklung Landsberger Allee 77 TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung

Diese erste Planung wurde in dieser Form nicht weiterver- folgt. Der später realisierte Rückbau und die teilweise Um- verlegung der Langenbeckstraße sind bereits 1863 in den nachfolgenden Plänen abgebildet (siehe Abb. 9).

Die Umverlegung und die daraus resultierende Grund- stückseinteilung der Langenbeckstraße wurden nicht expli- ziert dokumentiert. Daher können die Gründe für die Abwei- chung vom Hobrecht-Plan nicht dargestellt werden.

Durch die zunehmende Verstädterung Berlins wuchsen die infrastrukturellen Anforderungen an die Stadt und hatten prägende Auswirkungen auf die Entwicklung des Untersu- chungsgebiets.

Die Königliche Bahnhofs-Verbindungsbahn, die die Kopf- bahnhöfe in Berlin miteinander verband, wurde 1851 fertig- gestellt. Diese im Straßenbereich der Innenstadt verlaufen- de Bahnstrecke behinderte aufgrund der hohen Auslastung den Straßenverkehr zunehmend, so dass der Bau einer leistungsfähigeren Verbindungsbahn außerhalb der Stadt- grenzen, vor allem für den Güterverkehr geplant wurde.

Baubeginn der „Neuen Verbindungsbahn“ (heutige Ring- Abb. 9 Baualterskarte Mietshausbebauung 1862 (grau) bis 1863-1868 bahn) war 1867, der erste Bahnabschnitt in östlicher Rich- (rot) tung zwischen den Bahnhöfen „Moabit“ und „Potsdamer Ringbahnhof“ ging 1871 in Betrieb.13

Ein Bahnhof auf dieser Strecke war der „Central Viehof“, der den 1881 eröffneten „Zentralviehmarkt und Schlachthof der Stadt Berlin“ (heutiges Stadtquartier Alter Schlachthof) an den Güterverkehr anbinden sollte. Gleichzeitig wurde mit diesem ca. 1,3 km südwestlich entfernt gelegenen Bahnhof auch für das Untersuchungsgebiet eine Anbindung an den Personen- und Güterverkehr geschaffen.

Neben der guten Anbindung des Schlachthofes an die Ringbahn waren das bereits gut geplante und zum Teil schon ausgebaute Straßennetz sowie die Stadtrandlage Gründe für die Standortwahl des Schlachthofgeländes an der Landsberger Allee. Durch diese und weitere Funktio- nen bildete sich entlang der Bahnstrecke ein gewerblich- industriell geprägtes Umfeld heraus.14

Abb. 10 Baualterskarte Mietshausbebauung 1862 (grau) bis 1869- 1881 (rot)

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3. Bauliche Entwicklung des Grundstücks (1870 bis 1895)

Städtebauliche Verdichtung der Königsstadt Die einzelnen Pavillons wurden durch ein Belüftungssys- tem ergänzt, da die hohe Sterblichkeit durch Ansteckungen Durch das Bevölkerungswachstum Berlins vollzog sich mit schlechten äußeren Bedingungen, wie einer ungünsti- die Stadterweiterung basierend auf dem Hobrecht-Plan gen Anordnung der Gebäude und fehlender Luftzirkulation, Richtung Osten.15 Da die Hobrechtsche Planung keine erklärt wurde. baulichen Vorschriften beinhaltete, entstand aufgrund der In Frankreich und England wurde bereits Erfahrung mit der Baupolizeiordnung und der dadurch resultierenden Bo- Pavillonbauweise gesammelt. Bakterien oder Viren waren denspekulation die dichte Bebauung bzw. die maximale als Krankheitserreger noch nicht bekannt.22 Ausnutzung der Grundstücke durch die Eigentümer. Da sich die Fläche des Friedrichshains durch den Bau des Der infrastrukturelle Ausbau durch die Ringbahn und die Krankenhauses verringerte, wurde der Park zwischen 1874 Ansiedlung von großen Versorgungsanlagen wie z.B. dem und 1876 nordöstlich im Gegenzug erweitert. Dieser ent- Central Viehhof östlich des Untersuchungsgebietes förder- standene „Neue Hain“ lag nördlich des Grundstücks Lands- ten diese Entwicklung.16 berger Allee 77 auf ebenem Terrain, ausgestattet mit gro- ßen Spiel- und Sportanlagen sowie weiteren pädagogisch Bereits 1871 wohnten in Berlin laut amtlicher Bevölkerungs- dienenden Anlagen wie schulischen Blumenbeeten.23 statistik 162.000 Menschen; davon ein Fünftel in überbe- legten Kleinwohnungen in gründerzeitlicher Mietshausbe- bauung. Diese Kleinwohnungen verfügten über ein Zimmer mit Küche und wurden im Durchschnitt von 7,2 Menschen bewohnt.17

Die Bebauung des Grundstücks und der Umgebung durch Wohngebäude begann zwischen 1869 und 1881 (siehe Abb. 12). In diesem Zeitraum wurden sowohl die Flächen um, als auch Teilflächen des Grundstücks selbst bebaut. Die Bautätigkeit beschränkte sich auf den näheren Kreu- zungsbereich Landberger Allee/Danziger Straße (bis 1874 Communicationsweg; bis 1950 Elbinger Straße/Petersbur- ger Straße).18 Abb. 11 Innere Königsstadt 1875 Auch die Umgebung des Untersuchungsgebiets ent- wickelte sich weiter. 1874 wurde das „Städtische Kran- kenhaus Am Friedrichshain“ eingeweiht.19 Bis 1878 exis- tierte kein allgemeines städtisches Krankenhaus in Berlin. Das „Städtische Krankenhaus Am Friedrichshain“ wurde südöstlich der Landsberger Allee, nordöstlich von der „Stra- ße 32“ des Fluchtlinienplans und im Norden und Westen vom Volkspark Friedrichshain begrenzt (siehe Abb. 13 und 14).20 Die Architekten Martin Gropius und Heino Schmie- den wurden bereits 1866 vom Magistrat von Berlin mit der Planung eines Städtischen Krankenhauses beauftragt. Es sollte ein Krankenhaus, umgeben von einem Park in Pa- villonbauweise mit mehreren kleineren weit auseinanderlie- genden Gebäuden, entstehen.21

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Bauliche Verdichtung des Grundstücks Landsberger Allee 77

In den Jahren 1882 bis 1895 sorgte eine zweite Entwick- lungsphase für eine starke Nachverdichtung des Grund- stücks sowie des Untersuchungsgebiets.24

An der Landsberger Allee, der Danziger Straße (Elbinger Straße), der Petersburger Straße und der Langenbeckstra- ße wurden die Grundstücke durch die gründerzeitliche Ber- liner Mietshausbebauung weiter verdichtet (siehe Abb.12).

Zur Erschließung der nördlichen Bebauungsstruktur wur- de die Langenbeckstraße verlegt und seitdem parallel zur Landsberger Allee geführt. Die Langenbeckstraße erschloss bis dahin den Neuen Hain des Volksparks Frie- drichshain (siehe Abb. 13).

Zwischen 1882 und 1895 wurde die Verdichtung an der umverlegten Langenbeckstraße vorgenommen. Diese er- schließt nun, wie in den Plänen ab 1863 verzeichnet, die damalige Bebauung auf dem Grundstück sowohl von Wes- ten als auch Norden und bildet durch den meist parallelen Abb. 12 Baualterskarte Mietshausbebauung bis 1862 (grau); 1863- Verlauf zur Landsberger Allee eine Begrenzung zwischen 1881 (schwarz); 1882-1895 (rot) Bebauung und Park.25 Zusätzlich wurde die Landsberger Allee den Vorgaben des Hobrecht-Plans entsprechend ver- breitert (siehe Abb. 8 und 13).

Abb. 13 Untersuchungsgebiet um 1880

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Da die bauliche Dichte durch die gründerzeitliche Miets- hausbebauung bereits ausgeschöpft war, war die Bautä- tigkeit auf dem Grundstück Landsberger Allee 77 ab 1895 weitestgehend abgeschlossen (siehe Abb. 14 und 15).26 Die Erweiterung des Stadtgebietes zwischen 1896 und 1908 und der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur hatten Auswirkungen auf die nördlich und südlich an das Untersu- chungsgebiet angrenzende Bebauung.

Die Umgebung nördlich und südlich des Grundstücks und vereinzelt östlich der Danziger Straße wurde stärker durch Wohnbebauung verdichtet (siehe Abb. 14 und 15).27

Die Brauerei Friedrichshöhe entstand südlich an der Lands- berger Allee und die Grundstücke des Untersuchungsge- biets wurden in Wohn-, Misch- und Kerngebiete unterteilt (siehe Abb.13).

Abb. 14 Baualterskarte Mietshausbebauung bis 1862 (grau); 1863- 1895 (schwarz); 1896-1908 (rot)

Abb. 15 Untersuchungsgebiet und Grundstück Landsberger Allee 77 um 1910

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4. Städtebauliche Planungen bis Ende des 2. Weltkriegs (1895-1945)

Durch das enorme Bevölkerungswachstum, die Periphe- riewanderungen der vermögenden Einwohner und expan- dierende Industriebetriebe erweiterte sich Berlin über die ursprünglichen Grenzen und wuchs mit den gleichzeitig wachsenden Stadtgemeinden Lichtenberg, Schöneberg, Wilmersdorf, Charlottenburg, Neukölln und Spandau zu- sammen.

Berlin wurde zu diesem Zeitpunkt ein großes metropolita- nes Gebiet. 1920 entsteht „Groß-Berlin mit 20 Verwaltungs- bezirken“ (siehe Abb. 17).28 Da der 1911 gebildete Zweck- verband der Gemeinden sich als nicht ausreichend erwies, schuf die Bildung des Stadtgebietes auf einer Fläche von 878 km² die Möglichkeit, gesamtstädtische abgestimmte Planungen zu realisieren. Gleichzeitig sollte dadurch ein Ausgleich des sozialen und finanziellen Ungleichgewichts zwischen den verschiedenen Gemeinden bzw. Bezirken hergestellt werden. Diese 1920 entstandene Grenze be- steht bis auf wenige Änderungen bis heute.29

Bis 1920 gehörten das Grundstück und die unmittelbare Abb. 16 Baualterskarte Mietshausbebauung bis 1862 (grau); 1863- Umgebung zur Königsstadt. Im Zuge der Bildung der Ein- 1908 (schwarz); 1909-1925 (rot) heitsgemeinde Groß-Berlin wurden 1920 der Bezirk Frie- drichshain gegründet und die frühere Königsstadt aufge- löst.30 Der neue Bezirk umfasste nur noch einen kleinen Teil der früheren Königsstadt und grenzt bis heute hinter dem Volkspark Friedrichshain an den Ortsteil Prenzlauer Berg an (siehe Abb. 4 und 5). Außer den neuen Bezirks- grenzen hatte die Eingemeindung keine Auswirkungen auf das Grundstück.

Abb. 17 Groß Berlin 1920

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Ziele des Bauzonenplans 1925 Exkurs 4 Bauzonenplan Aufgrund der städtebaulichen Entwicklung trat 1925 Der Volkspark Friedrichshain wurde im Bauzonenplan als Berlins „erste einheitliche Bauordnung“, basierend auf Dauerwald- und Freifläche ausgewiesen, wobei das Grund- dem „preußischen Wohnungsgesetz von 1918 und der preußischen Musterbauordnung von 1919“ in Kraft. stück Landsberger Allee 77 und die unmittelbare Umge- Diese sah eine differenzierte Flächennutzungsgliederung vor. bung trotz bestehender Wohnbebauung der Bauzone In- Im Dezember 1925 entstand der erste rechtsverbindliche und dustriegebiet zugeordnet wurden. Ob es sich um Ziele oder differenzierte Bauzonenplan. Bestand handelte wurde nicht dokumentiert. Ein Ergebnis der Baugesetzgebung und Flächenverteilungs-, Bauzonen- und Grünflächenpläne war die Reduzierung der Es lässt sich vermuten, dass das Grundstück im Zuge der baulichen Ausnutzung der neuen Baugebiete sowie der Stadterweiterung bebaut wurde, dass entweder kleinere Schutz von Freiflächen vor Bebauung.31 Diese Vorgaben zur der Industrie zugeordneten Betriebe dort ansässig waren Funktionstrennung von Wohn- und Industriegebieten wurde oder aufgrund der Nähe zur Innenstadt nicht die tatsäch- durch das Verbot von Bebauungen in Hinterhöfen unterstützt. liche Nutzung erhoben und im Bauzonenplan dargestellt Damit wurden Voraussetzungen geschaffen, die die bauliche wurde. Dichte bei zukünftigen Bebauungen herabsetzen und das Entstehen weiterer sog. Mietskasernen verhindern sollte. Die Unterscheidung in die Bauzonen: Industriegebiet, gemisch- Die Zuordnung entsprach vermutlich nicht der zukünftigen tes Gebiet, geschütztes Gebiet und reines Wohngebiet sollte Planung und könnte auch mit Nähe zu den Flächen des zu plangerechten Nutzung der Grundstücke und dem Schutz Schlachthofgeländes in Verbindung gebracht werden, des- von Wohnen und Grünflächen dienen. Zusätzlich wurde der sen Immissionen sich negativ auf die nähere Umgebung Plan durch Bauklassen (I bis V) ergänzt, die die zulässige Be- ausgewirkt haben könnten. bauung der jeweiligen Klasse auswiesen. Im Bauzonenplan wurden die Bauklassen durch Flächenfarben und Linienraster gekennzeichnet, dagegen Wohngebiete, geschützte Gebiete und Industriegebiete durch farbige Konturen. Die Einführung von Bauklassen und der einer jeweiligen Aus- nutzungsziffer (heute GFZ genannt) führte zu einer Regelung bzw. Ausweisung von Obergrenzen für das Maß der Bebau- ung. Die Bauklassen unterschieden zusätzlich auch in offene und geschlossene Bauweise und die maximale Geschossig- keit.32

Abb. 18 Grundstück 1928 Luftbild

Abb. 19 Bauzonenplan 1925

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Das Untersuchungsgebiet im Nationalsozialismus

Die Nationalsozialisten haben nach der Machtübernahme 1933 auf gesamtstädtischer Ebene eine strukturelle Neu- ordnung verfolgt. Albert Speer wurde 1937 Generalinspek- tor für die Gestaltung der Reichshauptstadt.

Um weitreichende Umstrukturierungen umsetzen zu kön- nen, wurden ab 1937 neue Gesetze erlassen, die Albert Speer wachsende Machtbefugnisse und die Manifestation des Nationalsozialismus in der städtebaulichen Struktur der Stadt Berlin sicherten. Berlin sollte mit dem „Gesamtbau- plan für die Reichshauptstadt“ zu einer monozentrischen Stadt neu geordnet werden. Die Speerschen Planung für Berlin kam durch den Kriegsausbruch 1939 nicht zur Um- setzung.33

Die städtebauliche Struktur des Untersuchungsgebietes blieb seit der Bebauung in der 2. Hälfte des 19. Jahrhun- derts bis zum 2. Weltkrieg beständig. Der Bezirk Frie- drichshain wurde 1933 von den Nationalsozialisten in „Horst Wessel-Stadt“, einem 1930 durch ein Attentat ge- töteten SA-Sturmführer, umbenannt. Das Krankenhaus am Friedrichshain erhielt zu der Zeit bis 1945 den Namen Abb. 20 Untersuchungsgebiet und Umgebung um 1940 „Horst-Wessel-Krankenhaus“.34

Zerstörung durch den 2. Weltkrieg

Die Bebauung auf dem Grundstück Landsberger Allee 77 und der Umgebung wurde in den letzten zwei Kriegsjahren des 2. Weltkrieges durch Luftangriffe und andere Kampf- handlungen stark zerstört.35 Während des Krieges wurden auf dem Gelände des Volksparks Friedrichshain 1941 ein Flakbunker mit zwei Türmen, ein Geschützturm mit Flugab- wehrgeschützen und ein Leitturm errichtet, die ein Grund für diese starken Zerstörungen waren.36

Von den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges waren fast alle umgebenden Bebauungen sowie das Grundstück Landsberger Allee 77 selbst betroffen (siehe Abb. 21). Die baulichen Anlagen insbesondere die städtebauliche Struktur wurde oberirdisch stark beschädigt und z.T. voll- ständig zerstört. Die Gebäude an der Langenbeckstraße wurden soweit zerstört, dass die ursprüngliche geschlos- sene gründerzeitliche Mietshausbebauung nicht mehr exis- tierte (siehe Abb. 21 und 25).

Abb. 21 Gebäudeschäden 1945

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5. Wiederaufbau in der Nachkriegszeit (1945-1970)

Wiederaufbau

Infolge der militärischen Nutzung des Parks durch die Na- tionalsozialisten und der Kriegszerstörungen waren große Teile des Volksparks Friedrichshain zerstört. Die im Mai 1946 von der Roten Armee gesprengten Flakbunker wur- den mit dem Trümmerschutt der Umgebung aufgefüllt und mit Erde überdeckt.37 Dadurch entstand die noch heute existierende Parklandschaft mit dem kleinen (48m) und großen Bunkerberg (78m), der im Volksmund „Mont Kla- Abb. 22 Zerstörter Flakbunker 1949 mott“ genannt wird (siehe Abb. 22 und 23).

Die mit dem Wiederaufbau der Stadt einhergehende Neu- gestaltung des Parks ab 1947 enthielt nur noch grobe Um- risse der ursprünglichen Anlage; die Trümmerberge, die veränderte Wegeführung und die Neubepflanzung führte 38 zur fast vollständigen Veränderung. Abb. 23 Großer Bunkerberg 1950

Die Kriegsschäden im Untersuchungsgebiet und in der Umgebung wurden nach Kriegsende beseitigt. Eine Neu- bebauung des Grundstücks wurde zu diesem Zeitpunkt nicht durchgeführt. Einzelne Gebäude der ursprünglichen Bebauung blieben erhalten. Die Baulücken an der Langen- beckstraße und der Bereich zur Landsberger Allee wurden begrünt (siehe Abb. 24 und 28).

Auch das Krankenhaus wurde durch die Luftangriffe im Krieg stark beschädigt.39 Fast drei Viertel der Bausubstanz wurde vollständig zerstört.40 Der Wiederaufbau wurde in Abb. 24 Untersuchungsgebiet 1953 Luftbild Teilabschnitten zwischen 1950 und 1960 durchgeführt.41

Abb. 25 Grundstücksgebäudestruktur 1953 (zerstörte Gebäude rot)

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Exkurs 6 Leitbilddiskurs der unmittelbaren Nachkriegszeit Der Wiederaufbau und der damit einhergehende Leitbilddis- kurs nach dem 2. Weltkrieg knüpfte an zwei frühere Entwick- lungen an, die beide auf der Kritik an der gründerzeitlichen „Mietskasernenstadt“ des 19. Jahrhunderts basierten. Die schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstandene „Gar- tenstadtbewegung“ und die Prinzipien und Leitgedanken der aus dem Congrès International des Architecture Moderne (CIAM) 1928 hervorgegangenen Charta von Athen mit ihren jeweils prominentesten Vertretern Ebenezar Howard und Le Corbusier wurden wieder aufgegriffen. Das Hauptziel der Gartenstadtbewegung bestand darin, „die Vorteile der Stadt und des Landes bei Vermeidung der Nachteile beider Le- bensformen im Konzept der geplanten, autarken Kleinstadt auf im Gemeinbesitz verbleibenden Boden zu verbinden.“ 42 Die Charta von Athen verfolgte den rationalen geplanten Abb. 26 Kollektivplan 1946/47 Neubau der Städte mit der Funktionstrennung von Woh- nen, Arbeit, Erholung und Verkehr. Dabei sollten ältere Städte diesem Leitbild entsprechend umgebaut werden.43 Für den Wiederaufbau der Stadt wurden Pläne für ein neues Berlin entworfen. Diese haben in der Fol- gezeit die Entwicklung der Planung der beiden Teil- städte beeinflusst. Die wichtigsten dieser Pläne wa- ren der „Kollektiv-Plan“ und der „Zehlendorfer Plan“.

Der Kollektiv-Plan knüpfte an die Planvorstellungen, die in den 1920er Jahren entwickelt wurden an. Die- ser wurde von avantgardistischen Städtebauern und Architekten, die z.T vom Bauhaus kommend eng mit Berlin verbunden waren, erarbeitet und vorgelegt. Diese Planung ging von einer völligen Neuordnung Ber- Abb. 27 Zehlendorfplan 1946 lins sowohl in der städtebaulichen als auch verkehrli- chen Ordnung aus. Lediglich die alten Industriestandorte wurden als gegeben hingenommen wurden. Der Kol- lektiv-Plan u.a. erarbeitet von Hans Scharoun orientier- te sich an der 1933 verabschiedeten Charta von Athen. Der Zehlendorfer Plan beinhaltete eine Verkehrs- neuordnung beim Wiederaufbau des zerstörten Ber- lins. Dieser Plan orientierte sich stark an der Speer- schen Verkehrsplanung und wurde nach der Teilung der Stadt in West-Berlin von Karl Bonatz weiterentwickelt.

Nach der Teilung der Stadt im Dezember 1948 wurde im Juli 1949 der „Generalaufbauplan“ für Ost-Berlin verkündet, der sich am 1945/46 erarbeiteten Kollektiv-Plan orientierte. Dieser sah vor, die deutsche Hauptstadt mit ca. 3,5 Mio. Einwohnern, später mit Stadterweiterungen zur Bandstadt zu entwickeln. Der Generalaufbauplan wurde Ende 1950 durch einen neuen Teilplan für das Stadtzentrum von Ost Berlin ab- gelöst.44 Das Untersuchungsgebiet blieb in der unmit- telbaren Nachkriegszeit von den Planungen unberührt.

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Neugestaltungen im Untersuchungsgebiet

Anfang der 1950er Jahre wurden einzelne Teile des Volks- parkes erneuert bzw. instand gesetzt. Die Gestaltung des Parks war von der kommunistischen Ideologie der DDR be- einflusst.

Die Begrünung der Trümmerberge war Teil des Wiederauf- baus des Parks. Es entstanden eine Freilichtbühne, eine Rodelbahn und Liegewiesen. Auf dem früheren Neuen Abb. 28 Grundstück Landsberger Allee 77 1966 Hain wurde 1951 das Karl-Friedrich-Friesen-Stadion als öf- fentliches Schwimmbad und internationale Wettkampfstät- te anlässlich der III. Weltfestspiele der Jugend und Studen- ten eröffnet. Der Sportplatz Virchowstraße, der heute noch besteht, wurde zeitgleich errichtet.45

Die Festakte und Sportveranstaltungen sollten sowohl die in den Quartieren um den Volkspark Friedrichshain woh- nende Bevölkerung als auch internationale Besucher be- eindrucken.46 Unterstützt wurde dies auch durch das 1970 eingeweihte Lenindenkmal am Landsberger Platz (Leninplatz heute Platz der Vereinten Nationen) im Bereich Landsberger Allee/ Ecke Friedenstraße vor dem Volkspark Friedrichshain.47

Östlich des Untersuchungsgebietes auf der Fläche einer al- ten Großmarkthalle des Zentralvieh- und Schlachthofs wur- de 1950 die Mehrzweckhalle „Werner-Seelenbinder-Halle“ eröffnet. Sie wurde vor allem für politische Veranstaltungen (SED Parteitage bis 1971, Kongresse der Organisationen FDJ, FDGB, DTSB), Konzerte, Messen und Sportereig- nisse genutzt. Nach dem Umbau der Halle 1966/67 wurde diese vornehmlich als Sporthalle genutzt. 1992 wurde sie zugunsten einer Neubebauung – des heutigen Velodroms - abgerissen.48 Abb. 29 Untersuchungsgebiet und Grundstück 1975 Neben der Konzentration von Sport- und Veranstaltungs- nutzungen hatten die Planungsprinzipien der DDR auch im Bereich des Wohnungsbaus ihren Einfluss auf das Unter- suchungsgebiet.49 Die südlich und östlich angrenzende ursprünglich grün- derzeitliche Mietshausbebauung wurde zwischen 1956 und 1966 abgerissen (siehe Abb. 28) und durch industriell gefertigte Wohnungsneubauten50, abgerückt von den his- torischen Straßenfluchten bzw. orthogonal dazu verlaufend ergänzt (siehe Abb. 29).

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Exkurs 7 Teilung Berlins und der gemeinsamen Planungen Nach der endgültigen Teilung Berlins 1948 zerfiel die bis da- hin bestehende planerische Einheit der 1945 in vier Sektoren gegliederten Stadt durch die Abspaltung des sowjetisch be- setzten Sektors von Groß-Berlin. Jede Teilstadt baute einen eigenen Planungsstab auf. Die Planungen Ost-Berlins basier- ten zunächst auf der Grundlage des Kollektiv-Plans.51 Am 27.07.1950 wurden das Städtebauleitbild „Sechzehn Grundsätze des Städtebaus“ von der Regierung der Deut- schen Demokratischen Republik beschlossen.52 Bereits zwei Jahre nach der Teilung wurde in der „Verord- nung über den Aufbau Berlins“ vom 18.12.1950 das Recht auf Eigentumsbeschränkung und Enteignung durch den Staat Abb. 30 Generalbebauungsplan 1969 geregelt. Durch sowjetisches Vorbild wurde die Trennung von Bodeneigentümern und Gebäudeeigentümern vorge- nommen. Den Gebäudeeigentümern, die zuvor auch Grund- stückseigentümer waren, wurde ein Nutzungsrecht an dem nun volkseigenen Grundstücken verliehen.53 Die planerische Aufgabe nach der Teilung Berlins war, das neu zu strukturierende Stadtzentrum mit den östlichen Stadt- bezirken, vor allem den sog. Arbeiterbezirken, zu einer ge- stalterischen und funktionellen Gesamtheit zu entwickeln. Dabei wurde auf frühere Planungen wie die Ost-West-Ach- senplanung von Albert Speer zurückgegriffen. Diese sog. „Zentrale Achse“ bildete später das verkehrliche Rückgrat des Zentrums Ost-Berlins. Der Ausbau begann 1952 im Bezirk Friedrichshain mit der Errichtung der Gebäude zwischen dem Straußberger Platz und Frankfurter Tor im sozialistischen neoklassizistischen Stil, mit der dazugehörigen Magistrale.54 Anfang der 1950er Jahre wurde die industrielle Vorfertigung genutzt, um durch typisierte Gebäude, die meist als Punkt- und Scheibenhäuser in aufgelockerter Bauweise realisiert wurden, dem Wohnraumbedarf zu begegnen. Mit dem Beschluss aus dem Jahr 1962 die letzten Kriegsspu- ren zu beseitigen, wurden funktionstüchtige und repräsenta- tive städtebauliche Planungen gefordert, die den materiellen und gesellschaftlichen Ansprüchen der DDR besser entspre- chen sollten.55 Der Wohnungsbau hatte für den Wiederaufbau Ost-Berlins höchste Priorität. Dieser wurde zunächst in den peripheren Gebieten mit groß geplanten Wohnkomplexen auf dem freien Feld verwirklicht. Der Wohnungsbau in der Innenstadt trat in den Hintergrund. Bestimmt wurde die Wiederaufbauphase durch den Beginn des industriellen Bauens.56 Der Generalbebauungsplan wurde generalisiert dargestellt, sodass er lediglich die Nutzung grob wiedergab und keine Angaben über Nutzungsmaße beinhaltete.57 Das Grundstück Landberger Allee 77 wurde laut dem Generalbebauungsplan 1969, trotz der bestehenden Wohnbebauung als „Grünfläche“ ausgewiesen. Die Umgebung wurde dem „Wohnen innerhalb der kompakten Stadt“ zugeordnet.

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6. Neubebauung als Freizeit- und Veranstaltungsbereich (1970-heute)

Bau des SEZ auf dem Grundstück Landsberger Allee 77

Neben der Neubauaktivität in industriell vorgefertigter Bau- weise rückten zum Ende der 1970er Jahre Rekonstruktio- nen bestehender Gebäude in den Vordergrund.58

Die bereits zum Wiederaufbau der Stadt einsetzende Ma- Abb. 31 SEZ Bau nifestation der Ideologie der DDR durch den Bau großer Sport- und Veranstaltungsstätten (Karl-Friedrich-Frie- sen-Stadion, Werner-Seelenbinder-Halle) und den Umbau des Volksparkes führte zu einem städtebaulichen Bedeu- tungswandel des Grundstücks und der Umgebung. Das vor dem 2. Weltkrieg durch dichte Wohnbebauung geprägte Quartier wurde zu einem Freizeit- und Veranstaltungsort. Für die Errichtung des Karl-Friedrich-Friesen-Stadions 1951 wurden die zwischen 1874 und 1876 errichteten Sport- und Sportflächen sowie die pädagogischen Anlagen des Neuen Hains in Anspruch genommen. Die Wohnbe- bauung des Grundstücks Landsberger Allee 77 blieb von der Umgestaltung 1951 vorerst unberührt.59

Zum Ende der 1970er wurde das heutige Grundstück Landsberger Allee 77 für den Bau eines Sport- und Erho- lungszentrums (SEZ) in den Blick genommen. Wie bereits für den Bau des Karl-Friedrich-Friesen-Stadions wurden für das SEZ ebenfalls die angrenzenden Flächen des Neuen Abb. 32 Eröffnung des SEZ 20.03.1981 Hains in Anspruch genommen. Nach 27-monatiger Bau- zeit wurde das SEZ an der damaligen Leninallee 77 am 20.03.1981 eröffnet. Das unter Gesamtleitung von Erhardt Gißke, dem Direktor der Aufbauleitung Sondervorhaben der Hauptstadt Berlin, nach Plänen von Bernd Fundel, Günter Reiß und Klaus Tröger errichtete multifunktionale Bauensemble gliederte sich in drei voneinander abgesetz- te Baukörper und Funktionsbereiche, die am Kreuzungs- bereich Landsberger Allee/Danziger Straße (Leninallee/ Dimitroffstraße) winkelförmig angeordnet waren.60

Abb. 33 SEZ Ansicht Südfassade 1987

Abb. 34 SEZ Ansicht Süd-östliche Fassade Seite 19 von 28 Geschichtliche Entwicklung Landsberger Allee 77 TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung

Das plastische und umfassend gegliederte Bauensem- ble wurde von den fachwerkartigen Stahlkonstruktionen bestimmt, die durch die großflächige Verglasung deutlich sichtbar waren. Das Wesensmerkmal der architektoni- schen Gestaltung war die räumliche Durchdringung der Außen- und Innenräume und die kontrastreiche Ausbildung des differenzierten Bauensembles.

Hinter dem Hauptbaukörper schlossen sich zum Volkspark Friedrichshain Freianlagen in Form von Liegewiesen, Kin- derspielplätzen und verschiedenen Spiel- und Sporteinrich- tungen an.

Das Kernstück bildeten die diagonal im Bauensemble an- geordnete 45m x 95m große Schwimmhalle und die 170m lange Eislaufhalle entlang der Landsberger Allee (Leninal- lee).

Parallel zur Danziger Straße (Dimitroffstraße) folgte der Sport- und Spielbereich mit mehreren Hallen, Räumen für sportmedizinische Beratung und einer Bowlinganlage mit 16 Bahnen.

Durch die SEZ-Planung wurde der zuvor im Zuge der Wohnbebauung im 19. Jahrhundert angelegte östliche Teil Abb. 35 SEZ Schwimmbad Innen der Langenbeckstraße beseitigt und in das Gesamtgrund- stück einbezogen. Die Langenbeckstraße verlief wieder in der ursprünglichen Form von vor 1862 als gerade Er- schließungsstraße des Neuen Hains bzw. des Karl-Frie- drich-Friesen-Stadions (siehe Abb. 36).61

Abb. 36 Grundstück Landsberger Allee 77 und Umgebung 1986 Seite 20 von 28 Geschichtliche Entwicklung Landsberger Allee 77 TOPOS Stadtplanung Landschaftsplanung Stadtforschung

Aufgrund des vielfältigen, sportlichen, wie auch kulturel- len Angebots, der Größe und der durch staatliche Sub- ventionen günstigen Eintrittspreise stellte das SEZ in der DDR ein öffentliches Prestigeobjekt dar, welches von den Besuchern stark genutzt wurde.

Der Bau des SEZ unterstützte die seit 1951 verfolgteKon- zentration von Sport-, Freizeit- sowie parteipolitische Ver- anstaltungen im Untersuchungsgebiet. Der öffentliche Prestigebau galt laut Parteiführung als damals weltweit einzigartig und wurde auch politisch instrumentalisiert.62

Das seit 1951 bestehende Karl-Friedrich-Friesen-Stadi- on im Neuen Hain wurde ab 1987 schrittweise geschlos- sen und 1999 abgerissen.63

Abb. 37 SEZ mit Außenanlagen

Abb. 38 Luftbild Grundstück Landsberger Allee 77 und Umgebung 1996-1998

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Exkurs 8 Generalbebauungplan 1989 Der Generalbebauungsplan von 1969 stellte primär einen Wirtschaftsplan mit einem Zeithorizont von 10 bis 15 Jahren dar. Dieser war in mehrere Teilpläne unterteilt, welche ledig- lich eine Bestandsdarstellung enthielten und zukünftige Pla- nungen nicht beinhalteten. 64 Ende der 1960er Jahre rückte die Mitte Berlins wieder ins Zentrum der stadtplanerischen Bemühungen, obgleich be- reits in der vergangenen Dekade neue Pläne für das Zentrum Ost-Berlins diskutiert wurden. Bereits in den 1970er Jahren wurde er aufgrund der dynamisch wachsenden Bevölkerung- sentwicklung Ost- Berlins überarbeitet.65 Am 30.09.1977 wurde ein neuer Generalbebauungsplan, der so genannte „Generalbebauungsplan 1989“, vorgelegt, der die Entwicklung der Stadt bis ca. 1990 regeln sollte. Dieser Plan war konzeptionell auf dem von 1968/69 aufgebaut und sah die Entstehung eines 9. Stadtbezirk für 100.000 Einwoh- ner sowie die Schaffung weiterer Wohngebiete im Norden der Stadt für insgesamt 300.000 Einwohner bis 1985 vor.66 Der aus der Bevölkerungsentwicklung resultierenden Bau- bedarf wurde entsprechend berücksichtigt, und eine plane- rische Perspektive neben der Bestandserfassung dargestellt. Gleichzeitig vollzog sich ein planerisches Umdenken, wel- ches unter anderem die gründerzeitlich bebaute Innenstadt wieder in das Blickfeld der Planer brachte, die durch Bau- lückenschließung, (Flächen-)Sanierung, Neubebauung und anderen Maßnahmen über Wohnraumkapazitäten verfügte. Der Generalbebauungsplan von 1989 bildete die Grundlage für weiterführende Planungen der 1980er Jahre mit einer spä- ter angepassten planerischen Perspektive bis 1995.67 Er zeigt eine detaillierte teilblockscharfe Darstellung, stellt die bebauten Flächen differenziert dar und kennzeichnet Frei- und Erholungsflächen, Verkehrsflächen, Wasserflächen und freizuhaltenden Trassen und Standorte nach 1980. Die Stadtentwicklung wird durch die Kennzeichnung des Be- Abb. 39 Generalbebauungsplan 1989 standes bis 1990 und der Planung 1990 bis 1995 (schraffierte Flächen) dargestellt.68 Der Generalbebauungsplan von 1989 wies für das Grund- stück Landsberger Allee 77 die Nutzung für zentrale Einrich- tungen und Verwaltung aus (siehe Abb. 40) und manifestierte somit die Spot- und Freizeitnutzung des Untersuchungsge- biets und der Umgebung.

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Wiedervereinigung 1990

Im Zuge der Wiedervereinigung wurde das Grundstück der Einzelne Bäume des alten Eichenbestands auf diesem Teil Landsberger Allee 77 in das Landeseigentum Berlins über- des Parks sind als Naturdenkmale ausgewiesen.70 tragen.68 Der Volkspark Friedrichshain selbst ist als Gartendenkmal ausgewiesen, der einzelne Denkmäler und Denkmalberei- Ab 1990 wurde das SEZ durch die Berliner Bäderbetriebe che beinhaltet. Die ehemalige Brauerei Aktienbrauerei Frie- zunächst als Sport- und Freizeitzentrum weiter betrieben. drichshöhe (vorm. Patzenhofer) und das Krankenhaus am Aus Kostengründen wurde der Betrieb nach und nach ein- Friedrichshain stehen heute jeweils als Gesamtanlage un- gestellt und 2001 geschlossen. Seit 2003 wird der Stand- ter Denkmalschutz. Die Friedhöfe Ev. Georgen Parochial- ort von einem privaten Investor weiter geführt, der wieder gemeinde und St. Petri Luisenstadt Kirchengemeinde sind Teilbereiche des SEZs wie die Bowlingbahn, den Billard- ebenfalls Gartendenkmäler (siehe Abb. 41).71 bereich und eine Badminton- bzw. Tischtennishalle für die Öffentlichkeit öffnete.

Durch weitere Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnah- men wurde 2009 ein multifunktionaler Sportbereich mit Saunabereich geschaffen. Dennoch wurde und wird bis heute nicht das gesamte Gebäude genutzt.

Nach der Wiedervereinigung 1990 wurde der Volkspark Friedrichshain neugestaltet. Die Wege wurden teilentsie- gelt und bis 2004 wurden umfassende Rekonstruktions- maßnahmen durchgeführt. Nach dem Abriss des Karl-Frie- drich-Friesen-Stadions 1999 wurde der „Neue Hain“ wieder hergestellt, der wie 1874 und 1876 geplant für die Ausübung verschiedener Freizeitaktivitäten angelegt wurde. Abb. 40 Grundstück und Umgebung 2016 Luftbild

Abb. 41 Denkmalkarte 2016

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7. Zusammenfassung • Das Grundstück war bis zu den starken Kriegszerstö- rungen des 2. Weltkriegs durch eine Wohnnutzung in Die Ergebnisse der Studie basieren vornehmlich auf der verdichteter gründerzeitlicher Bebauung innerhalb ei- Auswertung der historischen Gesamtentwicklung Berlins nes mit den gleichen Qualitäten ausgestatteten Bezirk und des Ortsteils Friedrichshain. Mit Hilfe ausgewählter Li- geprägt. teratur, Karten- und Bildmaterial sowie der Internetrecher- • Die starke Zerstörung der Bausubstanz durch den 2. che konnte die geschichtliche Entwicklung des Grundstü- Weltkrieg, aber auch die politischen Rahmenbedin- cks Landsberger Allee 77 ab 1840 umfassend dargestellt gungen durch die Teilung der Stadt erleichterten die werden. städtebauliche Umstrukturierung im Bereich des heu- tigen Grundstücks Landsberger Allee 77 und seines Die Entwicklung des Untersuchungsgebietes von der vor- Umfeldes. Der mehrfache Umbau des Volksparks und mals ländlichen Prägung hin zu einem städtischen Gefüge die Neugestaltung des Krankenhauses sowie die Be- beginnt mit der anhaltenden Landflucht im 19. Jahrhundert bauung durch industriell gefertigte Wohngebäude an und der durch die Industrialisierung bedingten Erweiterung den vormals zerstörten Grundstücken in unmittelba- der Siedlungsflächen von Berlin. rer Umgebung des Grundstücks sind die deutlichsten Merkmale dieser Entwicklung. Mit Errichtung des Volksparks Friedrichshain im Jahr 1840 • Obwohl die Umgebung in den 1970er Jahren durch die werden das Grundstück Landsberger Allee und sein Umfeld industriell gefertigten Wohnungen bebaut wurde, blieb zunehmend Teil der stadträumlichen Planung Berlins. Das das heutige Grundstück Landsberger Allee 77 selbst durch die Industrialisierung initiierte verstärkte Stadtwachs- davon unberührt. Eine Baulückenschließung der nach tum und die Auseinandersetzung mit den damit einherge- dem zweiten Weltkrieg verbliebenen Bebauung wurde henden städtebaulichen, verkehrlichen und hygienischen für diesen Bereich nicht in Betracht gezogen. Missständen in diesem Zeitraum können an den Entwick- • Es ist dennoch davon auszugehen, dass die Umge- lungen des Grundstücks und des Untersuchungsgebietes bung als Sport-, Freizeit- und Veranstaltungsort der abgelesen werden. DDR für die Standortwahl für das SEZ maßgeblich war. Die großen Sport- und Jugendveranstaltungen waren • Die Bebauung des Grundstücks zwischen 1869 und bereits zu Beginn der 1950er Jahre fester Bestandteil 1895 durch die gründerzeitliche Blockrandbebauung der Nutzungen im Untersuchungsgebiet und wurden zeugt von der generellen Stadt- und Wohnraumerwei- durch den Bau des SEZ im Jahr 1981 gestärkt. terung Berlins zu dieser Zeit. • Der städtebaulichen Versorgung wurde durch die Er- Die Planung und Errichtung des Sport- und Erholungs- richtung von Wohnraum und Anbindung an die Mit- zentrums hat die ursprüngliche Bebauungsstruktur und te Berlins sowie der Schaffung von hygienischem Parzellierung radikal verändert. Bis zum Bau des SEZ wa- und gesundem Lebensraum durch den Volkspark ren das Grundstück bzw. die Grundstücke im Umfeld seit Friedrichshain, dem Krankenhaus und dem verkehr- 1869 durch Wohnnutzung geprägt. Die 35-jährige Nutzung lichen Ausbau von Straßen und S-Bahn bis 1918 Rech- als Sport- und Freizeitstätte erscheint im Gegensatz zur nung getragen. 110-jährigen Wohnnutzung relativ kurz.

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Fußnoten

50 Vgl. Stimmann 1988:9 1 Vgl. wikipedia.org_1 51 Vgl. Meyer-Zlotnik 1978:149 2 Vgl. luise-berlin_1 52 Vgl. Topfstedt 1988:10 3 Vgl. Abraham 1988:13 und Schulz; Gräbner 1987:103 53 Vgl. luise-berlin.de_3 4 Vgl. wikipedia.org_2 54 Vgl. Topfstedt 1988:68 5 Vgl. luise-berlin_2 55 Vgl. Stimmann 1988:9 6 Vgl. Abraham 1988:5f 56 Vgl. ebd. und Meyer-Zlotnik 1978:162 7 Vgl. Abraham 1988:5 und Düspohl; Moldt 2013:46 57 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2002:36 8 Vgl. Abraham 1988:5 58 Vgl. Stimmann 1988:20f 9 Vgl. ebd. 1988:13 59 Vgl. Abraham 1988:30 und luise-berlin.de_4 10 Vgl. ebd. 60 Vgl. Schulz; Gräbner 1987:103 11 Vgl. Geist; Küvers 1984:143 61 Vgl. ebd. 12 Vgl. ebd. 62 Vgl. wikipedia-org_9 13 Vgl. wikipedia.org_3 63 Vgl. luise-berlin.de_4 14 Vgl. Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen 1995:8 64 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2002:36 15 Vgl. Geist; Küvers 1984:336 65 Vgl. ebd. 2002:43 16 Vgl. ebd. 1984:356 66 Vgl. Meyer-Zlotnik 1978:164 17 Vgl. Hegemann 1988:17 67 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2002:44ff 18 Vgl. Geist; Küvers 1984:344 68 Vgl. ebd. 2002:45ff 19 Vgl. ebd. 1984:368 69 Vgl. wikipedia.org_9 20 Vgl. Abraham 1988:19f 70 Vgl. Düsphl; Moldt 2013:61 21 Vgl. wikipedia.org_4 71 Vgl. wikipedia.org_10 22 Vgl. Vivantes 2014:4 23 Vgl. Abraham 1988:13ff 24 Vgl. Geist; Küvers 1984:344 25 Vgl. ebd. 26 Vgl. Geist; Küvers 1984:368 27 Vgl. ebd. 28 Vgl. Meyer-Zlotnik 1978:144f 29 Vgl. wikipedia.org_5 30 Vgl. Schulz; Gräbner 1987:99 31 Vgl. Meyer-Zlotnik 1978:147f 32 Vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung 2002:10ff 33 Vgl. Meyer-Zlotnik 1978:148f 34 Vgl. Düspohl; Moldt 2013:55f 35 Vgl. berlin.wikia.com 36 Vgl. Abraham 1988:38 37 Vgl. Düsphl; Moldt 2013:48 38 Vgl. wikipedia.org_6 39 Vgl. Düspohl; Moldt 2013:56 40 Vgl. Schiffczyk 1999:120 41 Vgl. wikipedio.org_4 42 Sieverts 1987:57f 43 Vgl. ebd. 1987:58 44 Vgl. Meyer-Zlotnik 1978:150ff 45 Vgl. Abraham 1988:30 46 Vgl. wikipedia.org_4 47 Vgl. wikipedia.org_7 48 Vgl. wikipedia.org_8 49 Vgl. Meyer-Zlotnik 1978:162

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Quellen

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 Lage/ Stadträumliche Einbindung http://www.stadtentwicklung.berlin.de/denkmal/organisation/pix/berlinkarte_bezirke_470.jpg Stand: 21.04.2016. 3 Abb. 2 Grundstück Landsberger Allee 77 heute http://www.google.de Stand 03.04.2016 . 3 Abb. 3 Landsberger Allee 77 mit stadtprägenden Elementen heute http://www.google.de Stand 12.04.2016 . 3 Abb. 4 Untersuchungsgebiet und Königstor im heutigen Ortsteil Friedrichshain (rot) 1829 Düspohl, Martin; Moldt, Dirk: Kleine Friedrichshaingeschichte, S.8,Berlin 2013. 5 Abb. 5 Königsstadt (schwarz) im heutigen Stadtgebiet http://www.histomapberlin.de Stand: 12.04.2016. 5 Abb. 6 Untersuchungsgebiet um 1850 FIS Broker Stand: 15.04.2016. 6 Abb. 7 Darstellung Demonstration an den Gräbern der Märzgefallenen 04.06.1848 Düspohl, Martin; Moldt, Dirk: Kleine Friedrichshaingeschichte, S.51,Berlin 2013 . 6 Abb. 8 Fluchtlinien Hobrechtplan 1862 FIS Broker Stand: 15.04.2016 7 Abb. 9 Baualterskarte Mietshausbebauung 1862 (grau) bis 1863-1868 (rot) Geist, Johann Friedrich; Küvers Klaus: Das Berliner Mietshaus 2. Teil 1862-1945, S.344,München, 1984. 8 Abb. 10 Baualterskarte Mietshausbebauung 1862 (grau) bis 1869-1881 (rot) Geist, Johann Friedrich; Küvers Klaus: Das Berliner Mietshaus 2. Teil 1862-1945, S.344,München, 1984. 8 Abb.11 Innere Königsstadt 1875 http://www.alt-berlin.info/cgi/stp/lana.pl?nr=8&gr=7&nord=52.520800&ost=13.412449 Stand: 13.04.2016. 9 Abb. 12 Baualterskarte Mietshausbebauung bis 1862 (grau); 1863-1881 (schwarz); 1882-1895 (rot) Geist, Johann Friedrich; Küvers Klaus: Das Berliner Mietshaus 2. Teil 1862-1945, S.360,München, 1984. 10 Abb. 13 Untersuchungsgebiet um 1880 FIS Broker Stand: 15.04.2016. 10 Abb. 14 Baualterskarte Mietshausbebauung bis 1862 (grau); 1863-1895 (schwarz); 1896-1908 (rot) Geist, Johann Friedrich; Küvers Klaus: Das Berliner Mietshaus 2. Teil 1862-1945, S.368,München, 1984. 11 Abb. 15 Untersuchungsgebiet und Grundstück Landsberger Allee 77 um 1910 http://www.histomapberlin.de Stand: 12.04.2016. 11 Abb. 16 Baualterskarte Mietshausbebauung bis 1862 (grau); 1863-1908 (schwarz); 1909-1925 (rot) Geist, Johann Friedrich; Küvers Klaus: Das Berliner Mietshaus 2. Teil 1862-1945, S.376 ,München, 1984. 12 Abb. 17 Groß Berlin 1920 https://de.wikipedia.org/wiki/Gro%C3%9F-Berlin Stand: 03.05.2016. 12 Abb. 18 Grundstück 1928 Luftbild FIS Broker Stand: 15.04.2016. 13 Abb. 19 Bauzonenplan 1925 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/de/historie/ Stand: 16.04.2016. 13 Abb. 20 Untersuchungsgebiet und Umgebung um 1940 FIS Broker Stand: 15.04.2016. 14 Abb. 21 Gebäudeschäden 1945 FIS Broker Stand: 15.04.2016. 14 Abb. 22 Zerstörter Flakbunker 1949 https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Flaktürme Stand: 15.04.2016. 15 Abb. 23 Großer Bunkerberg 1950 https://de.wikipedia.org/wiki/Berliner_Flaktürme Stand: 15.04.2016. 15 Abb. 24 Untersuchungsgebiet 1953 Luftbild FIS Broker Stand: 15.04.2016. 15 Abb. 25 Grundstücksgebäudestruktur 1953 http://www.histomapberlin.de Stand: 12.04.2016. 15 Abb. 26 Kollektivplan 1946/47 http://www.mygeo.info/skripte/skript_bevoelkerung_siedlung/siedl2.htm Stand: 25.04.2016. 16 Abb. 29 Zehlendorfplan 1946 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung -I: Berliner Pläne 1862 - 1994, S.20, Berlin 2002. 16 Abb. 28 Grundstück Landsberger Allee 77 1966 http://www.histomapberlin.de Stand: 12.04.2016. 17

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Abb. 29 Untersuchungsgebiet und Grundstück 1975 http://www.histomapberlin.de Stand: 12.04.2016. 17 Abb. 30 Generalbebauungsplan 1969 http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/fnp/de/historie/ Stand: 16.04.2016. 18 Abb. 31 SEZ Bau http://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2014/12/streit-um-zukunft-des-sez-berlin.html Stand: 25.04.2016. 19 Abb. 32 Eröffnung des SEZ 20.03.1981 https://de.wikipedia.org/wiki/Sport-_und_Erholungszentrum Stand: 25.05.2016. 19 Abb. 33 SEZ Ansicht Südfassade 1987 https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/PAZ2RA3GU4ENRTVIGANICQPCOE44GVV4 Stand: 25.05.2016. 19 Abb. 34 SEZ Ansicht Süd-östliche Fassade Schulz, Joachim; Gräbner, Werner: Berlin Architektur von Pankow bis Köpenick, S. 103, Berlin, 1987. 19 Abb. 35 SEZ Schwimmbad Innen Fassade Schulz, Joachim; Gräbner, Werner: Berlin Architektur von Pankow bis Köpenick, S. 103, Berlin, 1987. 20 Abb. 36 Grundstück Landsberger Allee 77 und Umgebung 1986 http://www.histomapberlin.de Stand: 12.04.2016. 20 Abb. 37 SEZ mit Außenanlagen Schulz, Joachim; Gräbner, Werner: Berlin Architektur von Pankow bis Köpenick, S. 103, Berlin, 1987. 21 Abb. 38 Luftbild Grundstück Landsberger Allee 77 und Umgebung 1996-1998 FIS Broker Stand: 13.07.2016. 21 Abb. 39 Generalbebauungsplan 1989 Senatsverwaltung für Stadtentwicklung -I: Berliner Pläne 1862 - 1994, S.35, Berlin 2002. 22 Abb. 40 Grundstück und Umgebung 2016 Luftbild http://www.google.de Stand 03.04.2016. 23 Abb. 41 Denkmalkarte 2016 FIS Broker Stand: 15.04.2016. 23

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