Tourentipp

Proposte di gite Zackig. SE-Vorgipfel der Äbeni Flue, P. 3924 (l), und (r.) vom Grossen Aletsch- Suggestions de courses firn aus. Die flache Schulter dazwischen ist der Skigipfel des Glet- scherhorns.

Mehr als Lückenbüsser Ziele am Weg über die Lötschenlücke Die Lötschenlücke, 3173 m, gilt als die mit Abstand beliebteste Skihoch- tour in den Berner Alpen. Aber man kann den weiten Weg vom - joch nach im Lötschental um ein paar Tage und Gipfel verlängern. Eine Anleitung für jene, die auf der Ski- oder Snowboardfahrt durchs Unesco-Weltnaturerbe Jungfrau– Aletsch– die breite Spur verlassen und zu wenig schwierigen bis sehr schwierigen Zielen vorstos- sen möchten. An schönen Wochenenden von März bis Mai drängeln Hunderte von Tourenfah- rern mit der Bahn aufs ,um anschliessend kolonnenweise via Kon- kordiaplatz und Lötschenlücke in das 25 km entfernte Blatten zu gleiten und zu steigen. So gewaltig die Masse ist,die sich da ins und im Hochgebirge ver- schiebt,so gewaltig ist auch dieses selbst: A nke r

Vor dem riesigen Eiswall zwischen Drei- Da niel

eckhorn und Sattelhorn mit dem majes- F o t s : tätischen dazwischen werden die bunten Scharen zu winzigen Figuren, Gradlinig. Breite Spur zur Lötschenlücke, links die die sich in der grössten vergletscherten Hüttenromantiker übernachten in unverspurte Nordwand des Region der Alpen Sonnenbrand im Ge- der Hollandiahütte SAC oberhalb der Sattelhorns sicht,Blasen an den Füssen und Freude Lötschenlücke und erobern am nächsten im Herzen holen. frühen Morgen die Äbeni Flue,bevor dies die Heliskifahrer tun. Wer einen Äbeni Flue, Kranzberg Gipfel ohne Gebirgslandeplatz sucht, platz,was etwas heissen will. Von der Kurze Aufstiege und lange Abfahrten, nimmt sich das benachbarte Hüttenterrasse der Konkordiahütten aus viel Sonne,viele Leute und noch mehr vor.Die Abfahrt über seine Südwestflanke bewundern wir mit dem ersten Bier und Fendant:Das ist,aufeine Formel ge- gehört zu den zehn besten der Berner Al- den letzten Strahlen der Abendsonne bracht,die «Skireise» über die Lötschen- pen. Allerdings:Wer sie unternimmt, unsere Spuren.Kein schlechter Einstieg lücke.Aufjeden Höhenmeter aufwärts sollte den Stemmschwung wirklich per- in die Lötschenlücke-Tourenwoche. kommen rund fünf Meter abwärts.Bei fekt beherrschen,auch in 40°steilem leicht aufgefirntem Sulzschnee ist dies Gelände. Gletscherhorn, Sattelhorn ein rauschhaftes Verhältnis von Anstren- Und wer ein paar Schönwettertage Die Dimension des Konkordiaplatzes gung und Lohn;bei bodenlosem Nass- mehr zur Verfügung hat,besucht noch haben wir gestern schon bei der Que- schnee gibt es nur Arbeit und kein Ver- ein paar andere Gipfel und Hütten.Da rung vom Kranzbergfuss zu den Hütten- gnügen. ist zum Beispiel der vielzackige Kranz- leitern erfahren.Die Grösse hat sich über berg. Sein Südgipfel ist vielleicht der Nacht nicht verändert – wenigstens ist es schönste Skiberg über dem Konkordia-

DIE ALPEN 4/2004 19 Gratig: Der Verbindungsgrat zwischen dem Vorgipfel und dem Hauptgipfel des Mittag- horns ist recht schmal. Der grosse Berg in der Hintergrund- mitte ist das Fletschhorn.

20 Spaltig: Die Südwestflanke des Mittaghorns weist ein paar zünftige Spalten auf. Wenn sie aber mindestens an einer Stelle dick eingeschneit sind, kann die Abfahrt zügig erfolgen. jetzt dunkel.Die Sonne kommt früh ge- nug beim Aufstieg zum Gletscherjoch, von wo es nicht mehr weit ist zum Ski- gipfel des Gletscherhorns:Punkt 3889 aufdem Südwestgrat,wohl nur ein Vor- gipfel,aber was für einer direkt über einer Furcht erregenden Nordwand. Man könnte über einen ausgesetzten Grat Richtung Hauptgipfel turnen,um dann aufdem Westgipfel zu merken,dass der Ostgipfel noch ein paar Dezimeter höher ist.Und in der Zwischenzeit verwandelte sich der Gletscherhornbutterfirn in Sumpf,was doch jammerschade wäre. Und so geniessen wir sofort die Traum- hänge hinunter aufden Grossen Aletschfirn. Am andern Tag ist es dann mit den weiten,schnellen Kurven ohne- hin vorbei. Deshalb studieren wir von der Terrasse der Hollandiahütte mit einem Glas Lindenblütentee die Nordflanke des Sattelhorns.Dahin mit Ski? – Unmög- lich! Oder doch nicht? Die Nordflanke des Sattelhorns oberhalb der Lötschen- lücke ist wirklich nur für jene,die die Bretter – oder das Brett – total beherr- schen:knapp 600 Höhenmeter,durch-

A nke r schnittlich rund 40°steil,mit Stellen bis 45°. Zudem ist der obere Teil sehr oft Da niel vom Wind blank gefegt und dann kaum F o t s : befahrbar.Einige Querspalten bilden ein zusätzliches Hindernis.Der Südtiroler Extremskifahrer Heini Holzer fuhr am 3.Juli 1975 als Erster vom Sattelhorn ge- gen die Lötschenlücke hinab – das sagt alles,auch 30 Jahre später!

Mittaghorn, Grosshorn, Gletscher- spitza Wir genehmigen uns anderntags nach dem servierten Frühstück das Mittag- horn. Das Mittagessen nach der Abfahrt vom Mittaghorn müssen wir dann selber kochen,denn die Anenhütte ist in der Wintersaison nicht bewartet.Wir löffeln die Suppe an der Sonne und schauen den Lötschenlückenfahrern zu,die auf der gegenüberliegenden Talseite vorbei- gleiten.Sie dürfen schon heim,während uns am folgenden Tag noch das Gross- horn erwartet:ein stolzer Gipfel,der dank des Winterraums der Anenhütte Gipflig: Blick vom Mittaghorn, mehr Besuch erhält als früher,als man 3892 m, auf das mächtige von Blatten aus starten musste. Aletschhorn und das niedrig er- scheinende Sattelhorn, 3745 m Wir können das Grosshorn aber auch (über der Skialpinistin). Rechts gross sein lassen und das Mittagessen die Einfahrt in die Südwestflan- gleich im Hotel Fafleralp einnehmen, ke, im Hintergrund die Monte- Leone-Gruppe das in der Wintersaison neu geöffnet ist. Wir stossen mit einem «Petite Arvine» aufunsere Abstecher von der Lötschen-

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Foto: Daniel Anker

Gluschtig: die südwestliche scherarm. Wer es noch stotziger Seite des Mittaghorns von der mag, fährt über die sonnige, auf Grosshorn-Route aus gesehen, 400 Höhenmetern durchschnitt- mit der Normalabfahrt über den lich 40 Grad steile Südflanke von Felsen begrenzten Glet- des Vorgipfels ab. A nke r Da niel F o t :

Foto: Ralph Schnegg

Wuchtig: Blick vom Grosshorn auf das Aletschhorn, den Mittel- punkt im Unesco-Weltnaturerbe Jungfrau–Aletsch–Bietschhorn. Von der Sonne beschienen sind die Nordwände des Kleinen Aletschhorns und des Sattel- horns.

lückentour an. Und weil es uns aufder Allgemeine Informationen hütte,2358 m,nicht bewartet,10 Plätze Gletschertour so gut gefallen hat,soll die An- und Rückfahrt: Mit der Jungfrau- im Winterraum,Tel.027 939 17 64, Gletscherspitza das Finale sein.Die eisige bahn (Fahrplanfeld 311,312) von Inter- [email protected], Spitze ist kein berühmter Berg,ja nicht laken Ost über oder www.henzen.com/anen. Hotel Fafleralp, mal recht sichtbar.Sie wird förmlich er- aufs Jungfraujoch,3454 m. offen von Februar bis Ostern, drückt durch die fast 800 m hohe Nord- Von Blatten im Lötschental,1530 m,mit Tel.027 939 14 51, welcome@fafleralp.ch, wand des Lötschentaler Breithorns,die dem Postauto (300.45) nach Goppen- www.fafleralp.ch. sich direkt über ihr aufbaut.Das Fehlen stein an der Bahnlinie (300) Brig–. Karten/Führer: LK 1:50 000,264 S des klassischen Gipfelerlebnisses wird Unterkunft: Konkordiahütten SAC, Jungfrau; LK 1:25 000,1248 Mürren, aber wettgemacht durch die eindrückli- 2850 m,bewartet,155 Plätze,38 Plätze 1249 ,1268 Lötschental. che Atmosphäre,in der sich die Tour ab- in der Winterhütte,Tel.033 855 13 94, Schnegg/Anker: Skitouren Berner Alpen spielt.Es muss ja nicht immer ein Gipfel [email protected],www.konkordia- Ost.Hohgant bis Aletschhorn, SAC Verlag sein,oder? huette.ch. Hollandiahütte SAC, 3240 m, 2004. bewartet,100 Plätze,30 Plätze im Winter Ausrüstung/Jahreszeit: komplettes zugänglich,Tel.027 939 11 35, hollandia Material für Skihochtouren;Verpflegung @bluewin.ch,www.hollandia.ch. Anen-

22 DIE ALPEN 4/2004 Eisig: Serac in der Nordwand des Sattelhorns. Da gibts nur eines: durchatmen und weiter aufsteigen.

Foto: Ralph Schnegg

Foto: Ralph Schnegg

Schwierig: Abfahrt durch die Nordwand des Sattelhorns, hoch oberhalb der Lötschen- lücke, der beliebtesten Skihoch- Firnig-felsig: Klein und un- tour der Berner Alpen scheinbar erscheint die Glet- scherspitza (r.) vor der Mauer der Lonzahörner (l.) und des Lötschentaler Breithorns. für die Anenhütte;abklären,ob das Ho- Kranzberg Südgipfel,3666 m Route: Konkordiaplatz–Grosser tel Fafleralp noch offen ist.Ideal in den Charakter: knapp 1000 m vom «Pyja- Aletschfirn–Zusammenfluss von Kranz- Monaten April und Mai,wenn sich auch ma- und Fressaliendepot» am Konkor- berg- und Gletscherhornfirn–unter dem in höheren Lagen der Schnee verfirnt diaplatz,dazu der Blick aufdie «Amei- SE-Grat der Äbeni Flue zum Gletscher- hat. sen»,die stundenlang gegen die Lötschen- joch,3769 m–Vorgipfel P.3889 im SW- lücke krabbeln. Bei der Direktabfahrt Grat des Gletscherhorns–Abfahrt wie Touren vom Gipfel ist es mit der Überheblich- Aufstieg aufden Grossen Aletschfirn, Lötschenlücke,3173 m keit vorbei. ca.2980 m–Lötschenlücke–Hollandia- Charakter: Die Lötschenlücke eignet Schwierigkeit/Höhenunterschied/Zeit: hütte,3240 m sich auch für Tourenanfänger in einer WS.1680 m Abfahrt,1060 m Aufstieg. Gruppe.1 Die Route verläuft über weit- 6 Std. Sattelhorn,3745 m läufige Gletscher,in denen schon ein paar Route: Jungfraujoch,3454 m–Kon- Charakter: Das Sattelhorn bildet den Spalten lauern. Seil,Pickel und Anseil- kordiaplatz,P.2726–SE-Hang zum Sattel westlichen Eckpfeiler der kilometerlan- gürtel gehören dazu,auch wenn dies die bei der Kanzel P.3300–unterm S-Sporn gen Eiswände südlich des Grossen wenigsten Lötschenlücke-Skitouristen von P.3610.6 vorbei in die Gipfelflanke– Aletschfirns.Normalerweise wird das dabeihaben.Im Frühling ist die Tour bei zuletzt rechts aufden SE-Grat–Abfahrt Sattelhorn von der Oberaletschhütte aus guten Wetter- und Schneeverhältnissen wie Aufstieg,bei genügend Schnee direkt bestiegen.Doch man kann dies auch – meistens gespurt. vom Gipfel (38°/ZS)–quer über den ausgeschlafen – von der Hollandiahütte Schwierigkeit/Höhenunterschied/Zeit: Konkordiaplatz–Aufstieg zu den Kon- tun,wenn Verhältnisse,Material und WS–. 450 m Aufstieg,2380 m Abfahrt. kordiahütten,2850 m Fahrkönnen für diese Steilwandroute 6 Std. hundertprozentig stimmen. Route: Jungfraujoch,3454 m–Kon- Gletscherhorn westlicher Vorgipfel, Schwierigkeit/Höhenunterschied/Zeit: kordiaplatz,2726 m–Lötschenlücke, 3889 m SS–. 640 m Aufstieg und Abfahrt.4Std. 3173 m–Blatten im Lötschental,1530 m Charakter: leichtere,skifahrerisch Route: Lötschenlücke,3173 m–zu Fuss aber ergiebigere Alternative zur sehr stei- über den N-Grat aufs Sattelhorn, 1Grindelwald Sports führt in Zusammenarbeit len und oft vereisten Äbeni-Flue-NE- 3745 m–Abfahrt wie Aufstieg bis ca. mit den Jungfraubahnen die Lötschenlücke-Tour von Anfang März bis Ende Mai an jedem Wochen- Seite. Ein paar grosse Spalten weist der 3400 m–nach rechts in die N-Flanke– ende und jedem Feiertag durch;ab kos- Gletscherhornfirn schon auf. zwischen Seracs aufden Grossen Aletsch- tet die Rundtour inklusive Bergführer Fr.131.– Schwierigkeit/Höhenunterschied/Zeit: firn–Lötschenlücke–Hollandiahütte mit Halbtax; Tel.033 854 12 90, WS.1410 m Aufstieg,1020 m Abstieg/ www.grindelwaldsports.ch/seiten/lötschenlücke.htm. Abfahrt.6 Std.

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Mittaghorn,3892 m Grosshorn,3754 m schmalen und verwechteten Grat zum Charakter: Schöner kann man die Charakter: eine grosse Ski- und Vorgipfel und hinüber aufden Haupt- Lötschenlücke nicht umfahren.Was Snowboardtour mit einem Gipfelanstieg gipfel des Grosshorns,3754 m–Abstieg/ aber,wenn plötzlich Nebel die Abfahrt zu Fuss,der schon etwas Bauchweh ver- Abfahrt wie Aufstieg–von der Anenhütte über die Südwestflanke erschwert? Dann ursachen kann. Wer die Tour noch etwas durch Rinnen südwestwärts hinab zur wäre man doch besser aufder Langglet- grösser machen will,wählt die sehr Lonzabrücke,1978 m–Gletscherstafel– scherpiste Richtung Fafleralp geblieben! schwierige und zuoberst sehr exponierte Hotel Fafleralp,1787 m Schwierigkeit/Höhenunterschied/Zeit: Abfahrt über den Jegifirn,die im neuen ZS+. 650 m Aufstieg,1530 m Abfahrt. Führer Skitouren Berner Alpen Ost aus Gletscherspitza, ca.3040 m 5 Std. dem SAC-Verlag genau beschrieben ist. Charakter: Die Gletscherspitza ver- Route: Nordwestwärts über den Äbeni- Schwierigkeit/Höhenunterschied/Zeit: langt wirklich sichere Verhältnisse,bietet Flue-Firn–Anujoch,3629 m–zu Fuss ZS.1400 m Aufstieg,1970 m Abfahrt. dafür bis weit in den Frühling hinein über den S-Grat aufden Vorgipfel–über 8 Std. Pulverschnee – und verlangt Tourenge- den schmalen und manchmal vereisten Route: Aufder Mittaghorn-Route zu- her,die sich auch mit einem Sattel zu- Grat aufs Mittaghorn,3892 m–über den rück bis ca.2960 m–steiler Südhang mit frieden geben können. Wer nämlich auf kurzen steilen Hang mit 40 Höhenmeter 36°auf250 Höhenmeter–immer schma- die Spitze will,muss vorher durch ein bei 41°in eine Mulde hinab (Achtung ler werdender S-Rücken–Skidepot bei gut 45° steiles,oben zweiarmiges Couloir Bergschrund!)–spaltenreicher Gletscher- P.3567–zu Fuss über den stellenweise aufsteigen,das direkt unter die vielleicht arm–in seiner Mitte durch eine Serac- 10 m hohe Felsspitze führt.Und diese zone oder hart entlang der Felsen östlich müsste dann noch erklettert werden vom Mittagjoch abfahren (steiler)–nach Gradlinig: die Ställe von Küh- (schätzungsweise III+). mad, gleich südlich der Lonza. rechts aufden Anungletscher–ihn unter Die Strasse nach Fafleralp dient Schwierigkeit/Höhenunterschied/Zeit: dem Jegichnubel verlassen–Südhänge im Winter als Wanderweg, ZS.1250 m Aufstieg,1510 m Abfahrt. zur Anenhütte,2358 m Schlittelbahn, Loipe – und 5 Std. natürlich Skipiste. Route: Gletscherstafel–Lonzabrücke– P.1946–steiler Aufstieg und nach links zur Verflachung bei P.2336–kurze Steil- stufe unter Tierweng,über welche die Ski manchmal getragen werden müssen– weiter südostwärts–100 m östlich von P.2783 zum Loibinbachgletscher queren– Sattel ca.3040 m zwischen Gletscher- spitza, 3063 m,und Breithorn N-Wand– Abfahrt wie Aufstieg bis P.1946–Vorsass– links der Lonza nach Blatten,1530 m. Und Prost! a

A nke r Daniel Ankerund Ralph Schnegg, Bern Da niel F o t s :

Farbig: ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch, stahlblauer Himmel, blen- dend weisse Landschaft, dunkelbraune Häuser. Lang geht der Blick von Gletscherstafel zur Löt- schenlücke hinauf, rechts oberhalb des Sattels das gleichnamige Horn. Wer gut schaut, entdeckt noch die hellbraune Anenhütte.

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