Schriftenreihe des Landtages Heft 2/2013 Regierungserklärung des Minister­ präsidenten Dr. Dietmar Woidke und Aussprache 29. August 2013 Blick in das Plenum des Brandenburger Landtages. Inhalt

05 19 31 Minister­ Dieter Klaus Ness präsident Dr. ­Dombrowski* (SPD) Dietmar Woidke (CDU) (SPD)

45 57 69 Andreas Christian Görke* Axel Vogel Büttner (DIE LINKE) (GRÜNE/B 90) (FDP)

Alle mit einem * gekennzeichneten Redebeiträge sind vom Redner nicht über­ prüft (lt. § 95 der Geschäftsordnung).

Inhalt 3

Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke

ehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen S und Herren! Bevor ich mit der Regierungserklärung beginne, gestatten Ministerpräsident Dr. Dietmar Woidke Sie mir eine persönliche Bemerkung: Am kommenden Sonntag bege­ Amt als Ministerpräsident von Branden­ hen auch wir in Brandenburg den Anti­ burg angetreten. Ich weiß: Auf mich wie kriegstag und erinnern damit an den auf uns alle kommen in den kommen­ Einmarsch Hitlerdeutschlands in Polen den Monaten und Jahren große Aufga­ und den Beginn des Zweiten Weltkriegs ben zu. Aber ich weiß auch: Ich stehe im vor 74 Jahren. Das millionenfache Leid Dienste der Bürgerinnen und Bürger un­ des Zweiten Weltkriegs ist für mich An­ seres Landes, eines Landes, das in sei­ lass, heute Morgen den Blick nach Sy­ ner noch jungen Geschichte schon sehr, rien zu wenden. Ich weiß um die Sor­ sehr viel erreicht hat. Wir feiern schon gen vieler Menschen in Brandenburg, bald unseren 25. Geburtstag. Branden­ und, meine sehr verehrten Damen und burg ist damit im wahrsten Sinne des Herren, ich teile diese Sorgen. Die Welt­ Wortes erwachsen geworden, und Bran­ gemeinschaft muss geschlossen nach denburg ist, meine sehr verehrten Da­ Wegen suchen, diesen fürchterlichen men und Herren, ein modernes Land. Bürgerkrieg zu beenden. Sie muss nach Brandenburg ist stark, Branden­ Wegen suchen, den Flüchtlingen zu hel­ burg ist lebenswert. Und: Brandenburg fen. Und sie muss nach Wegen suchen, hat Zukunft und wird seinen Weg weiter zu verhindern, dass in dieser Region gehen. ein neuer Flächenbrand entsteht, der Dass ich das alles heute hier so klar unkontrollierbare Ausmaße annehmen sagen kann, ist das Verdienst aller Bran­ kann. denburgerinnen und Brandenburger, die unser Land gemeinsam aufgebaut ha­ (Beifall SPD und DIE LINKE) ben. Aber es ist auch gerade das Ver­ Sehr geehrter Herr Präsident! Mei­ dienst meiner beiden Amtsvorgänger. ne sehr verehrten Damen und Herren! und Mit dem gestrigen Tag habe ich mein waren außerordentliche Landesväter.

Dr. Woidke 5 tern mit Leidenschaft und Augenmaß (Beifall SPD und DIE LINKE) zugleich“. Seien Sie ganz sicher: Mei­ Und sie waren außerordentliche Mi­ ne Leidenschaft für Brandenburg ist ge­ nisterpräsidenten – der eine wie der an­ nauso groß wie das Augenmaß, das ich dere, jeder auf seine ganz eigene Art. bei meiner politischen Arbeit angestrebt Ohne Manfred Stolpe und Matthias habe und natürlich auch in Zukunft an­ Platzeck würde unser Land heute bei streben werde. Augenmaß und Leiden­ Weitem nicht so gut und so stabil daste­ schaft, beides gehört zusammen. hen, wie es das tut. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Im Namen der gesamten Landesre­ in Brandenburg haben Verhältnisse ge­ gierung danke ich heute unserem schei­ schaffen, in denen es sich sehr gut le­ denden Ministerpräsidenten Matthias ben lässt. Wir haben Vertrauen zueinan­ Platzeck nochmals von ganzem Herzen der und im Verhältnis zwischen Bürgern für seine großartige Arbeit im Dienste und Staat erlangt. Und wir in Branden­ unseres Landes. burg haben eine gemeinsame Identität gefunden. Bürgerinnen (Beifall SPD und DIE LINKE) und Bürger sind stolz auf ihr Land. Liebe Liebe Kolleginnen und Kollegen, Kolleginnen und Kollegen, das ist gro­ Manfred Stolpe und Matthias Platzeck ßes Kapital für uns. nachzufolgen bedeutet für mich eine Für die Herausforderungen, die vor sehr große Herausforderung. Diese He­ uns liegen, sind wir gewappnet. Das rausforderung nehme ich an – mit gro­ müssen wir auch sein, denn diese He­ ßem Respekt, mit großer Ernsthaftigkeit, rausforderungen werden beträchtlich mit einem guten Schuss Demut, aber sein und uns über viele Jahre begleiten. auch mit Zuversicht und Optimismus. Es geht um ganz zentrale Fragen: um Ich verspreche Ihnen und verspreche den inneren Zuammenhalt unseres Lan­ allen Bürgerinnen und Bürgern unse­ des, den demografischen Umbruch, die res Landes: Ich werde Ihnen mit ganzer Energiewende und die Sicherung un­ Kraft dienen. Ich werde unserem Land seres Landes als Industriestandort. Es mit ganzer Kraft dienen. geht aber auch darum, wie wir Branden­ Die Medien haben mich bereits als burg als ein Land der guten, anständig „Dr. Sachlich“ klassifiziert; das ist in bezahlten und sicheren Arbeit ausge­ Ordnung. Nach vielen Jahren als Ab­ stalten. geordneter, in zwei Ministerämtern und (Beifall SPD und DIE LINKE) einem Jahr als Vorsitzender der SPD- Fraktion hier im Brandenburger Landtag Es geht darum, eine vorsorgende kann ich mit diesem Image gut leben. Gesellschafts- und Sozialpolitik zu be­ Aber, meine Damen und Herren, Sach­ treiben, die eben nicht erst dann ein­ lichkeit ist nicht alles. Sie alle kennen greift, wenn Entwicklungen bereits aus Max Webers berühmte Definition von dem Ruder gelaufen sind. Es geht auch Politik als dem „Bohren von harten Bret­ um solide öffentliche Finanzen.

6 Dr. Woidke Es handelt sich hier, meine sehr ver­ einen Gesetzentwurf vorlegen, mit dem ehrten Damen und Herren, liebe Kolle­ der bestehende Mindestlohn bei öffent­ ginnen und Kollegen, nicht um einma­ lichen Aufträgen auf 8,50 Euro erhöht lig auftauchende oder gar um schnell zu wird. Damit folgen wir dem Vorschlag lösende Probleme, sondern um große der Mindestlohnkommission. strukturelle Aufgaben, die uns über Jah­ (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von re hinaus beschäftigen werden. An der der Regierungsbank) Lösung dieser zentralen Aufgaben für unser Land Brandenburg werden wir alle Gute Arbeit heißt für uns auch: Un­ gemeinsam gemessen. ternehmen mit zu hoher Leiharbeiter­ Liebe Kolleginnen und Kollegen, quote sind von der Förderung im Rah­ nicht wenige habe die Brandenburger men der Richtlinie zur Verbesserung der Große Koalition aus SPD und Links­ regionalen Wirtschaftsstruktur ausge­ partei anfänglich mit Vorbehalten – ich nommen. Dafür steht auch der von der kann hinzufügen: großen Vorbehalten – Landesregierung initiierte und vorange­ begleitet. Diese Vorbehalte sind gewi­ triebene Dialog der Sozialpartner. Wir chen. Die rot-rote Regierungskoalition wollen – und haben – selbstbewusste arbeitet intensiv und erfolgreich für un­ Unternehmerinnen und Unternehmer. ser Land. „Gemeinsinn und Erneuerung“ Und wir haben starke Gewerkschaften. – das Motto unseres Koalitionsvertra­ Darum kann ich auch an dieser Stelle ges – durchzieht wie ein roter Faden un­ alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh­ sere Politik. Dabei wird es auch in den mer nur ausdrücklich aufrufen: Treten verbleibenden 13 Monaten dieser Legis­ Sie in die Gewerkschaften ein! laturperiode bleiben. Sozialdemokratie (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von und Linkspartei beweisen gerade hier in der Regierungsbank) Brandenburg, dass es nach zwei Jahr­ zehnten Demokratie möglich ist, ver­ Für alle Unternehmer gilt: Werden trauensvoll zusammenzuarbeiten – Sie Mitglied in den Arbeitgeberverbän­ den! (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von der Regierungsbank) (Beifall SPD sowie vereinzelt von der Regierungsbank) – zusammenzuarbeiten, ohne Vergange­ nes zu vergessen oder zu verdrängen, Am Leitbild guter Arbeit orientie­ und gemeinsam nach vorn zu blicken ren sich auch die von dieser Regierung und die Probleme unseres Landes ent­ verbesserten Integrationsmöglichkeiten schlossen anzugehen. für Langzeitarbeitslose und unser ener­ Gemeinsam haben wir dafür ge­ gischer Einsatz für einen bundesweit sorgt, dass gute Arbeit immer mehr zur einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn. Realität hier in unserem Land Branden­ (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von burg wird. Dafür steht unser Vergabege­ der Regierungsbank) setz. Die Landesregierung wird in Kürze

Dr. Woidke 7 Liebe Kolleginnen und Kollegen! Je­ gegnen können. Meine sehr verehrten der weiß: Bildung ist der Rohstoff, aus Damen und Herren, das bedeutet im­ dem Wohlstand und Lebenschancen merhin 10 Millionen Euro mehr – zusätz­ gemacht werden. Deshalb haben wir auf lich! – ab dem Frühjahr 2014 für Bildung dem Gebiet der Bildung systematisch in in unserem Land. Dieses Geld ist gut Qualität und Chancengleichheit inves­ angelegtes Geld. tiert. Wir haben den Betreuungsschlüs­ (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von sel in den Kitas verbessert und damit der Regierungsbank) die Voraussetzungen für 1 000 zusätzli­ che Erzieherstellen geschaffen. Wir ha­ Liebe Kolleginnen und Kollegen! ben das Brandenburger Schüler-BAföG Wir haben den Rahmen für eine leben­ eingeführt, weil Bildung eben nicht vom dige Zivilgesellschaft geschaffen, bei­ Geldbeutel der Eltern abhängen darf spielsweise durch unsere systematische und soziale Gerechtigkeit immer auch Förderung des bürgerschaftlichen En­ und vor allem Bildungsgerechtigkeit gagements, aber auch durch die Her­ heißt. absetzung des Wahlalters bei Branden­ burger Wahlen auf 16 Jahre. Gerade in (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von dieser Entscheidung kommt zugleich die der Regierungsbank) Wertschätzung zum Ausdruck, die die­ Wir haben rund 2 000 neue Lehre­ se Landesregierung den jungen Men­ rinnen und Lehrer eingestellt, fast dop­ schen im Land entgegenbringt. Sie sind pelt so viele, wie wir es 2009 zugesagt das Kostbarste, was wir in Brandenburg hatten. haben. (Beifall SPD und DIE LINKE) (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von der Regierungsbank) Das bringt frischen Wind in die Klassenzimmer. Davon profitieren letzt­ Ohne sie hätte Brandenburg keine lich wir alle. In diesem Zusammenhang Zukunft. Wir werden durch gute Bildung sage ich hier klipp und klar: Meine Re­ jeden jungen Menschen so unterstützen, gierung wird für eine weitere Verbesse­ dass seine Fähigkeiten und Begabungen rung an unseren Schulen sorgen. Wir voll entfaltet werden können. Die Wahr­ erhöhen die Vertretungsreserve bei den heit ist: Jeder einzelne junge Mensch Lehrern ab dem Frühjahr 2014 um 50 %, in unserem Land, der sich ein bisschen ohne dass es Abstriche an den Konso­ anstrengt, kann sich heute ziemlich si­ lidierungszielen des Haushaltes geben cher sein, gebraucht zu werden – jede wird. einzelne junge Frau und jeder einzelne junge Mann. (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von Das ist auch deshalb so, weil sich der Regierungsbank) die Wirtschaftslage in unserem Land in Damit werden die Schulen Unter­ den vergangenen Jahren deutlich ver­ richtsausfall schneller und besser be­ bessert hat. Dies wiederum verdanken

8 Dr. Woidke wir zuerst den vielen tüchtigen Unter­ ternehmerinnen und Unternehmer, jetzt nehmerinnen und Unternehmern. Wir und heute vorsorgen. verdanken es unserem Mittelstand, den (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von Handwerkern, den Handel- und Gewer­ der Regierungsbank) betreibenden hier im Land. Sie haben Arbeitsplätze geschaffen. Sie halten un­ Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle sere Wirtschaft unter Dampf. unsere Maßnahmen auf den Feldern der Sozialpolitik, der Arbeitsmarkpolitik und (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von der Bildungspolitik zielen auf das ab, der Regierungsbank) was wir unter Gemeinsinn verstehen – Aber die Lage wird komplizierter. als Sinn für das gemeinsame Wohl aller Im Schuljahr 1995/1996 gab es in Bran­ Brandenburgerinnen und Brandenbur­ denburg noch fast 34 000 Schulabgän­ ger. Wir wollen ein starkes Brandenburg, ger. Inzwischen hat sich diese Zahl na­ an dem alle Menschen und alle Regio­ hezu halbiert. Daraus ergibt sich im nen dieses Landes teilhaben, ein star­ Umkehrschluss eine sehr gute Nach­ kes Brandenburg, das allen gemeinsam richt, nämlich die, dass wir in Branden­ zugutekommt. burg im Prinzip jeder jungen Frau und Neben Gemeinsinn ist dafür Erneu­ jedem jungen Mann einen guten Ar­ erung die zweite wichtige Grundlage. beitsplatz bieten können. Das bedeu­ Auch hier haben wir bereits gemeinsam tet, dass wir Lebens-, Berufs- und Auf­ Tatsachen geschaffen. Wir haben einen stiegschancen allen jungen Menschen finanziellen Konsolidierungskurs einge­ bieten können. Was für ein Kontrast zu schlagen und, obwohl es uns kaum je­ den hinter uns liegenden Jahren, vor mand zugetraut hätte, diesen Kurs auch allen Dingen zu den 90er-Jahren der beibehalten. Diese Regierung steht für Massenarbeitslosigkeit und der Per­ eine verantwortungsvolle Finanzpolitik. spektivlosigkeit. (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von Wenn wir gemeinsam auf dieser Er­ der Regierungsbank) folgsspur bleiben wollen, müssen wir wirklich jeden jungen Mann und jede Wir haben die wirtschaftliche Betä­ junge Frau mitnehmen. Darum appellie­ tigung von Kommunen erleichtert – nach re ich eindringlich an alle Unternehmen heftigen Debatten in diesem Haus; dar­ hier im Land: Schaffen Sie Ausbildungs­ an kann ich mich noch gut erinnern. Und plätze, wo immer Sie nur können! wir werden den kommunalen Finanzaus­ gleich in der Weise neu regeln, dass die (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von Solidarität zwischen ärmeren und rei­ der Regierungsbank) cheren Kommunen auch in Zukunft ge­ Sie werden auch morgen, über­ währleistet wird. Diese Regierung steht morgen und in zehn Jahren Arbeitskräf­ für eine solidarische Gesellschaft. te benötigen. Die werden Sie aber nur (Beifall SPD, DIE LINKE sowie von dann bekommen, wenn Sie, liebe Un­ der Regierungsbank)

Dr. Woidke 9 Wir haben die Energiestrategie 2030 (Allgemeine Heiterkeit) verabschiedet und Maßnahmen zur Si­ cherung unseres Bedarfs an Fachkräf­ Liebe Kolleginnen und Kollegen! ten eingeleitet. Diese Regierung steht für Auch die von mir geführte Landesregie­ eine vorausschauende Industrie- und In­ rung wird sich für mehr Nachtruhe am novationspolitik. BER einsetzen. (Beifall SPD und DIE LINKE) (Beifall SPD und DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Entgegen anderslautenden, aber ir­ Herren! Klar ist: Meine Aufgabe wird es reführenden Aussagen können wir dies sein, dafür zu sorgen, dass wir unseren allerdings nicht allein bewerkstelligen. Koalitionsvertrag, unseren Koalitionsauf­ Vielmehr verhandeln wir darüber mit den trag bis zum Herbst 2014 weiter konse­ beiden anderen Gesellschaftern, die be­ quent erfüllen und uns natürlich auch den kanntlich bei diesem Thema eine deut­ aktuellen Herausforderungen stellen. lich andere Position vertreten als wir hier in Brandenburg. Wir verhandeln selbst­ (Zuruf des Abgeordneten verständlich auf der Grundlage unseres Dombrowski­ [CDU]) Landtagsbeschlusses und werden al­ Zu diesen aktuellen Herausforde­ les daransetzen, eine für alle Beteiligten rungen zählt zuallererst das größte Inf­ tragfähige Lösung zu erreichen. Unser rastrukturprojekt für unsere Region und Ziel ist ganz klar mehr Nachtruhe. für ganz Ostdeutschland, der Flugha­ (Beifall SPD und DIE LINKE) fen BER. Es ist unbestreitbar: Die Zu­ kunftsfähigkeit unseres Landes, unser In der Frage des Schallschutzes bin Wohlstand und die Lebenschancen der ich froh, dass sich die Flughafengesell­ Menschen hier in Brandenburg und dar­ schaft mit den Bürgermeistern mittler­ über hinaus werden in den kommenden weile geeinigt hat und auf die Bürge­ Jahrzehnten nicht zuletzt davon abhän­ rinnen und Bürger zugeht. Jetzt, liebe gen, dass in unserer Region ein moder­ Flughafengesellschaft, müssen den ner und leistungsstarker Flughafen exis­ Worten aber auch die entsprechen­ tiert. Matthias Platzeck hat sein Amt als den Taten folgen. Das erwarten wir von Aufsichtsratsvorsitzender der Flughafen­ euch. gesellschaft mit Umsicht und Zielstre­ (Beifall SPD und DIE LINKE – Frau bigkeit ausgeführt. Ich habe mich ent­ Wehlan [DIE LINKE]: Genau!) schlossen, ihm in dieser Funktion nicht nachzufolgen. Allein die Einarbeitung Weitere dringende Herausforderun­ würde viel Zeit kosten, Zeit, die dieses gen für dieses Land – und keine ganz wichtige Projekt nicht mehr hat. Deshalb neuen – sind die Hochwasseropferhilfe haben wir mit Staatssekretär Bretschnei­ und die Vermeidung zukünftiger Hoch­ der einen versierten Kenner der Materie wasserschäden. Von Herzen bedan­ in den Aufsichtsrat entsandt. ke ich mich im Namen der gesamten

10 Dr. Woidke Landesregierung von dieser Stelle aus Besonders Grenzkriminalität und nochmals bei all jenen, die als coura­ Einbruchdiebstahl bekämpfen wir mit gierte Helfer dazu beigetragen haben, Nachdruck. Brandenburg ist ein siche­ Schlimmeres für unser Land Branden­ res Land für seine Bürgerinnen und Bür­ burg und seine Bewohnerinnen und Be­ ger. Dabei muss es bleiben, liebe Kolle­ wohner zu verhindern. ginnen und Kollegen, und dabei wird es bleiben. (Beifall SPD und DIE LINKE) (Beifall SPD und DIE LINKE) Besonders danken möchte ich den ehrenamtlich im Katastrophenschutz Wir werden in den Jahren 2013 und Tätigen im THW, in den Feuerwehren, 2014 jeweils 240 junge Anwärterinnen aber auch in vielen anderen Organisati­ und Anwärter an die Polizeischule Ora­ onen, die Herz und Rückgrat des Bran­ nienburg bringen. Das ist ein wichtiger denburger Katastrophenschutzes waren Schritt für die Nachwuchssicherung der und sind und dies im Jahr 2013 erneut Brandenburger Polizei; es wird nicht der bewiesen haben. Das Ehrenamt, nicht letzte Schritt sein können. Und wir wer­ nur im Katastrophenschutz, wird für un­ den 2014 / 2015 die Ergebnisse der auf sere Landesregierung weiterhin eine he­ den Weg gebrachten Polizeireform kri­ rausgehobene Rolle spielen. Branden­ tisch evaluieren. burg lebt davon, Brandenburg lebt vom Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ehrenamt. Stark sein, stark bleiben und da, wo es geht, noch stärker werden – das hat für (Beifall SPD und DIE LINKE) Brandenburg zwei Komponenten: Stär­ Das Generationenprojekt Hoch­ ke nach innen und Stärke nach außen. wasserschutz müssen und werden wir Wir müssen im Bund und in Europa ak­ weiter vorantreiben. Wir werden wei­ tiv und konsequent für unsere gemein­ tere Polderflächen schaffen und unse­ same Brandenburger Sache eintreten. ren Flüssen damit mehr Raum geben. Wir müssen in Zukunft mehr denn je ein Wir werden aber auch die erforderlichen Land sein und unsere Kräfte auch hier Deiche bauen, erneuern sowie ergän­ im Land noch besser bündeln als bisher. zen. Brandenburg ist beim Hochwasser­ Dazu gehört auch, dass wir uns schutz schon jetzt spitze. Aber – auch als Bürger aktiv an den Angelegenhei­ das hat das Jahr 2013 gezeigt – wir dür­ ten unseres Gemeinwesens beteiligen. fen mit unseren Anstrengungen in die­ Deshalb möchte ich an dieser Stelle sem Bereich keinen Augenblick nach­ an alle Brandenburgerinnen und Bran­ lassen. denburger appellieren: Gehen Sie bit­ Ebenso wenig nachlassen dürfen te wählen! Machen Sie von Ihrem Recht wir in der entschiedenen Durchsetzung auf demokratische Mitbestimmung Ge­ von Recht und Ordnung gegen alle For­ brauch! Geben Sie Ihre Stimme ab – bei men von Kriminalität und Gewalt. der Bundestagswahl am 22. September, bei der Kommunalwahl, bei der Europa­ (Beifall SPD und DIE LINKE)

Dr. Woidke 11 wahl und auch bei der Landtagswahl im auch bewusst, wie gering zuweilen das kommenden Jahr – und entscheiden Sie Verständnis für die Sorgen und Interes­ in der Wahlkabine nach bestem Wissen sen der jeweils anderen ausgeprägt sein und Gewissen, aber entscheiden Sie kann. Zwischen zwei völlig unterschied­ sich auf jeden Fall für Kandidaten der lichen Sichten liegen manchmal weniger demokratischen Parteien! als 30 Minuten Autofahrt. Beispielsweise beim Thema Energiepolitik und Energie­ (Beifall SPD und DIE LINKE sowie wende lässt sich das besonders gut be­ B90/GRÜNE) obachten. Hier im Brandenburger Landtag sit­ Als Ministerpräsident stehe ich ohne zen seit 2009 keine Rechtsextremisten Wenn und Aber für das Prinzip des ei­ mehr, weil die Wählerinnen und Wähler nen, des solidarischen und des zusam­ sie nicht mehr wollten. Liebe Kollegin­ mengehörigen Landes Brandenburg. nen und Kollegen, das tut diesem Ho­ (Beifall SPD, DIE LINKE, B90/GRÜ- hen Haus gut, und das tut dem ganzen NE sowie vereinzelt von der Regie- Land Brandenburg gut. rungsbank) (Beifall SPD und DIE LINKE) Mir ist zutiefst bewusst: Jede Regi­ Ein Land, ein Brandenburg – das on in Brandenburg verdient in gleichem heißt: gleichberechtigtes Miteinan­ Maße unsere Aufmerksamkeit, jede Re­ der der Regionen. Es ist ja bekannt: Ich gion hat mit ihren ganz eigenen Her­ stamme aus in der Lausitz, noch ausforderungen zu kämpfen, jede Regi­ genauer gesagt, aus Naundorf bei Forst on besitzt ihre spezifischen Stärken, die in der Lausitz. Da unten bin ich zu Hau­ wir gemeinsam weiter zu stärken versu­ se. Dort ist meine Familie seit vielen Ge­ chen müssen. Das gilt für unsere Gebie­ nerationen ansässig. te mit industriellem und gewerblichem Schwerpunkt, aber ebenso sehr auch (Zuruf von der CDU: Bei Lauchham- für unsere landwirtschaftlich und länd­ mer!) lich geprägten Gebiete. Gerade unsere – Es ist nicht so weit weg von leistungsfähige Landwirtschaft bleibt für Lauchhammer. Brandenburg von herausragender Be­ Das Lebensgefühl und die Lebens­ deutung. umstände der Regionen unseres Lan­ Vielfalt ist gut, Vielfalt ist richtig. Das des, die fernab von liegen, kenne moderne Brandenburg soll und muss ich aus meinem heimischen Alltag sehr, ein Land der Vielfalt sein. Vielfalt be­ sehr genau. Aber die Perspektive der deutet Stärke, Vielfalt bedeutet Leben. Landesteile rund um Berlin ist mir natür­ Bei uns soll jede und jeder nach eigener lich ebenfalls sehr gut vertraut. Fasson glücklich werden. Liebe Kolle­ Ich weiß, wie verschieden die Pro­ ginnen und Kollegen, dabei bleibt es. bleme ebenso wie die Wahrnehmung Aber eines darf Brandenburg nie­ von Problemen ausfallen können. Mir ist mals werden: ein Land, in dem sich Re­

12 Dr. Woidke gionen und Bevölkerungsgruppen ausei­ Präsident Fritsch: nanderleben. Ich sage mit vollem Ernst, die Gründung und der Aufbau unseres Vor dem Rednerpult sind alle Men­ Landes Brandenburg wären vergeblich schen gleich. gewesen, würden wir jetzt oder in Zu­ (Allgemeine Heiterkeit und Beifall) kunft solche zentrifugalen Kräfte zulas­ sen. Die Landesregierung hat bereits vor langer Zeit erkannt, dass wir wirt­ Ministerpräsident Dr. Woidke: schaftliche Leuchttürme auch in der Flä­ che brauchen. Wir haben unsere Politik Es ist hier vorn wie in der Disco. besonders auf dem Gebiet der Wirt­ Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schaftsförderung erfolgreich darauf ab­ arbeiten hart daran, dass unsere Regi­ gestellt. onalen Wachstumskerne wirtschaftlich Auch der Weg, in Wissenschaft und noch stärker auf ihr Umland abfärben. Forschung zu investieren, war und ist Wir brauchen die mittelgroßen Städte richtig. Wir haben heute eine erfolgrei­ als Oberzentren der Gesundheitsversor­ che Hochschullandschaft. Das Land gung, der Verwaltung und auch der Bil­ und die an den Hochschulen Studieren­ dung. Nicht jede Kommune kann und den und Tätigen dürfen zu Recht darauf muss alles leisten, aber wir brauchen stolz sein. eine flächendeckende Versorgung in all Unsere erfolgreiche Wirtschafts­ diesen Bereichen. Dafür wird sich die politik werden wir gemeinsam fortset­ von mir geführte Landesregierung mit zen. Wir werden Innovationen fördern, Nachdruck einsetzen. und wir werden unsere industrielle Basis (Beifall SPD, DIE LINKE sowie ver- weiter stärken. einzelt von der Regierungsbank) (Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE) Unsere Bevölkerungszahl schrumpft, Dabei kooperieren wir eng mit Berlin und ebenso schrumpfen die Mittel, die – gerade auf wirtschaftlichem Gebiet – uns allen gemeinsam zur Verfügung ste­ und bilden eine starke europäische hen. Umso wichtiger ist es, dass wir die­ Hauptstadtregion. sen Wandel strategisch klug gestalten. Ich bin ein bisschen irritiert wegen Darum ergreifen wir weitere innovati­ der roten Lampe vor mir, Herr Präsident. ve Maßnahmen auf dem Gebiet der Da­ Ich dachte, beim Ministerpräsidenten seinsvorsorge. Beispielhaft nenne ich gibt es so etwas nicht. hier „Schwester AGnEs“, den KombiBus oder auch das Rollende Bürgerbüro. (Allgemeine Heiterkeit) Das sind Projekte, die zum Teil bereits Aber gut, wieder etwas gelernt. bundesweit für Aufsehen sorgten und Nachahmer gefunden haben. (Zuruf von der CDU)

Dr. Woidke 13 Überall in Brandenburg finden sich in unserem Land das Verständnis dafür heute kulturelle und landschaftliche wächst, dass wir alle unsere Ansprüche Highlights, die wieder aufgebaut oder an die demografische und finanzielle Si­ erhalten worden sind. Vor allem aber fin­ tuation des Landes anpassen müssen. den sich quer durch unser Land Städte, Dabei geht es nicht um das Geld der die in den letzten zwei Jahrzehnten ganz Landesregierung oder um das Geld der maßgeblich an Substanz gewonnen ha­ Landesverwaltung. Es geht hier um das ben, als kultureller und ästhetischer Le­ Geld des gesamten Landes, es geht um bensraum und als Motoren wirtschaftli­ das Geld der Bürger unseres Landes. cher Entwicklung. Wir sind ein Land des Mit diesem Geld müssen wir verantwor­ Sports und der Kultur. Beides macht un­ tungsbewusst umgehen. Angesichts ser Land attraktiv, schafft Zusammen­ sinkender Einnahmen besteht dazu halt und Identität. schlicht keine vernünftige Alternative. Deshalb bin ich stolz darauf, dass diese (Beifall SPD, DIE LINKE sowie ver- Landesregierung bereits in den letzten einzelt B90/GRÜNE) beiden Jahren keine neuen Schulden Ich bin mir ganz sicher, in der Sum­ aufgenommen hat. me vieler intelligenter Ideen und durch­ (Beifall SPD und DIE LINKE – Zuruf dachter Strukturentscheidungen kom­ von der CDU) men wir am Ende weiter. Ein Beispiel für innovativen Inter­ Den Weg der Konsolidierung wer­ essenausgleich ist übrigens die Eini­ den wir auch weiterhin mit aller Ent­ gung, die Finanzminister Markov und ich schiedenheit fortsetzen. Auf dem Weg jüngst mit den Gewerkschaften getrof­ unserer finanziellen Konsolidierung ste­ fen haben. Sie betrifft die Übernahme hen wir auch bundesweit vor wichtigen des Tarifabschlusses für die Beamten­ Weichenstellungen. Das föderale Fi­ schaft und zahlreiche Maßnahmen, um nanzsystem steht auf dem Prüfstand. besonders belastete Berufsgruppen wie Eine Reform des Länderfinanzaus­ Polizisten oder Lehrer zu entlasten. gleichs – wie Sie alle wissen – wird der­ Liebe Kolleginnen und Kollegen, zeit heftig diskutiert. dieses Paket ist im Ländervergleich vor­ Von all diesen Fragen wird Branden­ bildlich und zukunftsweisend. burg maßgeblich betroffen sein. Darum werden wir uns aktiv und konstruktiv an (Beifall SPD sowie vereinzelt DIE der Entscheidungsfindung beteiligen. LINKE) Das Gleiche, liebe Kolleginnen Vielen Dank an dieser Stelle an die und Kollegen, gilt für die Energiewen­ Gewerkschaften des öffentlichen Diens­ de. In ihrer von der gegenwärtigen Bun­ tes für die guten und konstruktiven Ge­ desregierung betriebenen Form ist sie spräche. schlichtweg gescheitert. Liebe Kolleginnen und Kollegen, (Beifall SPD, DIE LINKE sowie ver- insgesamt spüre ich mittlerweile, wie einzelt von der Regierungsbank)

14 Dr. Woidke Hier muss es nach der Bundestags­ sorgung sicherstellen wollen. Und das, wahl einen grundlegend neuen Anlauf liebe Kolleginnen und Kollegen, müs­ geben. Dabei ist hier natürlich zualler­ sen wir. erst der Bund am Zug, aber das Ener­ (Beifall SPD sowie des Abgeordne- gieland Brandenburg wird sich mit sei­ ten Görke [DIE LINKE]) nen Interessen und seiner Expertise selbstverständlich konstruktiv in diese Auch im Bundesrat werden wir uns Diskussion einbringen. Wir müssen und weiterhin aktiv für unsere Belange ein­ wollen den Ausbau der erneuerbaren setzen. Die Möglichkeiten der Landesre­ Energien weiter vorantreiben. Aber noch gierung, auch im Bund erfolgreich Politik sind wir auf konventionelle Energieträ­ für unser Land Brandenburg zu machen, ger als Brückentechnologie angewiesen. haben sich angesichts der neuen Mehr­ Das ändert nichts daran, dass wir an heitsverhältnisse im Bundesrat deutlich den in der Energiestrategie 2030 bekräf­ verbessert. Diese Mehrheitsverhältnisse tigten hohen klimapolitischen Zielstel­ werden auch nach dem 22. September lungen festhalten. weiter bestehen. Unbedingt am Ball bleiben müs­ (Beifall SPD, DIE LINKE sowie ver- sen wir auch beim Verhältnis zu unse­ einzelt von der Regierungsbank) ren Nachbarn: zu Berlin, zu Europa, zur In der Koalitionsvereinbarung unse­ Welt jenseits unserer Landesgrenzen rer beiden Regierungsparteien heißt es schlechthin. Vor allem in der Zusam­ dazu: menarbeit mit Polen haben meine bei­ „Braunkohle-Nutzung in Deutsch­ den Amtsvorgänger Vorbildliches ge­ land ist so lange erforderlich, bis der leistet. Industriestandort Deutschland seinen Ich bin einige 100 Meter westlich Energiebedarf sicher und zu internatio­ der polnischen Grenze aufgewachsen. nal wettbewerbsfähigen Preisen aus Er­ Ein enges und freundschaftliches Ver­ neuerbaren Energien decken kann.“ hältnis zu unseren Nachbarinnen und Genauso, liebe Kolleginnen und Kol­ Nachbarn liegt mir schon deshalb ganz legen, ist es. Diese Position ist politisch besonders am Herzen. Insofern werde klug und auch ökonomisch vernünftig. ich auch an dieser Stelle genauso inten­ siv, wie es Manfred Stolpe und Matthi­ (Beifall SPD und DIE LINKE) as Platzeck getan haben, weitermachen. Ich hänge also nicht etwa verklärt Ich freue mich ganz besonders, dass ich an der Braunkohle, weil ich aus der Mitte Oktober anlässlich des Festaktes Lausitz stamme, sondern ich halte die „10 Jahre Partnerschaft Brandenburg- Braunkohle bis auf Weiteres für einen Großpolen“ unser Nachbarland besu­ unverzichtbaren Energieträger, wenn wir chen darf. in Deutschland nach dem Ausstieg aus Aber auch insgesamt, liebe Kolle­ der Atomenergie auch weiterhin eine ginnen und Kollegen, muss Branden­ verlässliche und bezahlbare Energiever­ burg noch internationaler werden. Wir

Dr. Woidke 15 müssen uns klarmachen: Brandenburg burg verlassen. Neuerdings kehren viele liegt mittendrin. Brandenburg liegt mit­ von ihnen nach Brandenburg zurück. Sie tendrin im neuen, nach Osten erweiter­ sehen wieder eine Zukunft – eine Zu­ ten Europa. Gerade unsere geografische kunft hier bei uns im Land Brandenburg. Lage an der Schnittstelle zum ökono­ Sie sehen, dass hier bei uns ein dynami­ misch aufstrebenden neuen Osten eröff­ sches Land mit guten Lebensbedingun­ net uns Chancen und Möglichkeiten, die gen entstanden ist. Zudem sehnen sie wir nicht nur wahrnehmen sollten, son­ sich teilweise – auch das ist die Wahr­ dern aus meiner Sicht auch unbedingt heit – nach Identität und Heimat. wahrnehmen müssen. Na klar, wir brauchen diese Rück­ kehrer als Fachkräfte. Wir brauchen (Beifall SPD, DIE LINKE sowie der auch möglichst viele von all den ande­ Abgeordneten Nonnemacher [B90/ ren Menschen, die bei uns in Branden­ GRÜNE]) burg eine neue Heimat finden. Aber das Die geringe Exportquote unserer ist noch nicht einmal das Entscheiden­ Wirtschaft war zwar in der Krise hilf­ de. Entscheidend ist: All diese Rückkeh­ reich, weil wir nicht so stark eingebro­ rer und auch die Neu-Brandenburge­ chen sind wie andere Bundesländer, rinnen und -Brandenburger zeigen uns, jetzt aber bremst sie den Aufschwung dass wir gemeinsam auf dem richtigen bei uns im Land. Auch an diesen Stellen, Weg sind, sonst würden sie wohl kaum liebe Kolleginnen und Kollegen, müs­ zu uns kommen. Sorgen wir also ge­ sen wir systematisch weiterarbeiten. meinsam dafür, dass sie sich hier wohl­ Brandenburg hat in der Vergangenheit fühlen und dann auch hierbleiben! maßgeblich von Europa profitiert, Bran­ (Beifall SPD, DIE LINKE sowie der denburg kann in Zukunft von Europa Abgeordneten Nonnemacher [B90/ profitieren und Brandenburg wird auch GRÜNE]) in Zukunft von Europa profitieren. Unser Weg für Brandenburg ist (Beifall SPD und DIE LINKE) Stärke durch Gemeinsinn, durch Erneu­ Die von mir geführte Landesregie­ erung, durch Zusammenhalt, durch So­ rung wird die aktive Politik gegenüber lidarität, soziale Gerechtigkeit und durch Brüssel fortsetzen. Das betrifft nicht zu­ Toleranz. Die Selbstverständlichkeit, mit letzt die Frage der Mittelverteilung für der die Brandenburgerinnen und Bran­ die neue EU-Förderperiode. Um den denburger füreinander da sind, sucht Jahreswechsel 2013/2014 werden wir ihresgleichen. Erst in diesem Sommer eine Internationalisierungsstrategie vor­ wieder hat das Hochwasser gezeigt, wie legen. überwältigend der gelebte Gemeinsinn Liebe Kolleginnen und Kollegen, in unserem Land Brandenburg ist. Lie­ über zwei Jahrzehnte haben vor allem be Kolleginnen und Kollegen, dieser Ge­ junge, gut ausgebildete, tatendurstige meinsinn macht viel Mut für die Meiste­ und optimistische Menschen Branden­ rung der Schwierigkeiten in der Zukunft.

16 Dr. Woidke Dem Brandenburger Landtag gehö­ re ich seit nunmehr fast zwei Jahrzehn­ ten an. Wir haben in diesem Parlament schwierige Debatten geführt, wir haben heftig gestritten und wir haben um die beste Lösung für unser Land miteinan­ der gerungen – natürlich im übertrage­ nen Sinne in Wortgefechten. Heute wün­ sche ich mir, dass wir gemeinsam alles daransetzen, unser Land voranzubrin­ gen, und zwar mit Leidenschaft und Au­ genmaß sowie mit guter und kollegia­ ler Zusammenarbeit im Brandenburger Landtag. Liebe Kolleginnen und Kolle­ gen, dazu reiche ich Ihnen meine Hand. – Ich danke Ihnen allen für die Aufmerk­ samkeit. (Anhaltender Beifall SPD, DIE LIN- KE, B90/GRÜNE, von der Regie- rungsbank sowie des Abgeordneten Dr. Hoffmann [fraktionslos])

Präsident Fritsch:

Danke, Herr Ministerpräsident. – Das Wort erhält nun Herr Dombrowski für die CDU-Fraktion.

Dr. Woidke 17

Dieter Dombrowski Vorsitzender der CDU-Fraktion

err Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir H – bevor ich zur Regierungs­ erklärung komme –, ­etwas zum per­ Dieter Dombrowski sönlichen Wort unseres Ministerpräsi­ denten bezüglich des Syrien-Konflikts bangt, dass man das Kind möglicherwei­ zu sagen. Meine Damen und Herren, se verlieren wird, dann ist das, was wir wir sind zwar für Außenpolitik nicht zu­ hier bewegen, in einem völlig anderen ständig, dennoch darf jeder eine Mei­ Licht zu sehen. Es hat dann eine völlig nung haben. Ich denke, es eint uns alle, andere Bedeutung. Insofern fordere ich dass wir uns auch für diese Region eine Sie alle auf: Seien Sie mit tätigem Mitge­ friedliche Lösung wünschen. fühl dabei, diesen Menschen zu helfen. (Beifall CDU, FDP, SPD und DIE (Allgemeiner Beifall) LINKE) Herr Präsident! Meine Damen und Es sollte uns auch einen, nicht nur Herren! Manche Dinge sind grundsätz­ das Mitgefühl zu empfinden, das beim lich und entziehen sich auch unserer po­ Sehen der Nachrichten aufkommt, son­ litischen Entscheidungskompetenz. Das dern ein tätiges Mitgefühl für Menschen betrifft insbesondere die Gesundheit zu empfinden, die unschuldig in Not ge­ und die individuelle Belastbarkeit eines raten sind, und zwar für die fast 4 Millio­ jeden Menschen – auch eines Minister­ nen Syrer, die auf der Flucht sind – 5 000 präsidenten. Deshalb kann die CDU- von ihnen werden nach Deutschland Fraktion die Gründe für den Rücktritt kommen –, und die damit verbundenen von Matthias Platzeck von seinem Amt zahlreichen Schicksale. als Ministerpräsident und von anderen Meine Damen und Herren, vorges­ Ämtern sehr gut nachvollziehen. Wir ha­ tern habe ich in der Charité mit einem ben seine Entscheidung mit Respekt zur 13-jährigen Flüchtlingskind aus Syrien Kenntnis genommen. gesprochen, das um sein Leben ringt Bei aller Kritik, dem teilweise intensiv und mit ihm die Ärzte. Wenn man in geführten Wettbewerb um politische Ent­ die hoffnungsvollen Augen schaut und scheidungen und dem Aufzeigen von be­

Dombrowski 19 gangenen Fehlern – diese kommen nun Er ist auch unser Ministerpräsi­ einmal im Leben vor – verdienen Sie, Herr dent, er führt unsere Landesregierung Platzeck, Anerkennung für Ihre langjähri­ und vertritt Brandenburg nach außen. ge Tätigkeit als Minister und Ministerprä­ Herr Ministerpräsident, ich hoffe, dass sident unseres Landes Brandenburg. Sie nicht das Gerede Ihres Vorgän­ gers wiederholen, der immer von „Ihrer“ (Allgemeiner Beifall) Bundesregierung sprach, nämlich der Um es preußisch kurz und knapp zu in Berlin von der CDU/CSU geführten. sagen: Abgeordnete und Regierungsmit­ Wie wir als CDU sagen, dass Sie un­ glieder werden in ihre Ämter gewählt und ser ­Ministerpräsident sind, so ist Angela im Übrigen auch dafür bezahlt. Es ist un­ Merkel unsere Bundeskanzlerin, sere Pflicht, die Arbeit genauso fleißig (Zuruf von der CDU: Eine Gute!) und gewissenhaft zu erledigen, wie es jeder Bauarbeiter, jede Krankenschwes­ auch für die Menschen hier im Land. ter, wie es jeder Bürger in seinem Beruf (Beifall CDU) tut. Keiner von uns leistet Übermensch­ liches, denn wir Politiker sind auch nur In den vergangenen zwei Jahrzehn­ Menschen mit Stärken und Schwächen – ten ist es den beiden bisherigen Minis­ dazu sollten wir auch stehen. terpräsidenten gelungen, das Gefühl zu Übrigens, Herr Kollege Platzeck vermitteln, Ministerpräsident aller Bran­ – so kann ich Sie ja nun ansprechen –, denburger zu sein. Es ist aber nicht nur habe ich gelesen, dass Sie sich für Ihre wichtig, dass sich die Bürger vertre­ Abgeordnetentätigkeit auf 40 bis 50 ten fühlen, sondern dass ihre Interes­ Stunden eingerichtet haben. Sie werden sen tatsächlich und mit Erfolg vertreten sehr schnell neue Erfahrungen machen. werden. In den letzten vier Jahren hat Ich kenne keinen Abgeordneten, der mit dieses Prinzip nicht mehr so recht funk­ 40 bis 50 Stunden Arbeit in der Woche tioniert. Das zeigen – auch heute – die auskommt. Demonstrationen, der Protest und die Widerstände, beispielsweise beim Flug­ (Allgemeiner Beifall) hafen BER, in der Bildung oder gegen Dem neuen Ministerpräsidenten die Polizeireform. Ich erinnere auch an Dietmar Woidke gratuliere ich an dieser die Anzeigenkampagne der gesamten Stelle im Namen meiner Fraktion zu sei­ – ich wiederhole: der gesamten – Bran­ ner Wahl. Auch wenn er nicht mit unse­ denburger Wirtschaft gegen die wirt­ ren Stimmen gewählt wurde, schaftsfeindliche Politik der Regierung Platzeck. (Allgemeine Heiterkeit – Frau Leh- mann [SPD]: Weiß man nicht!) (Beifall CDU) so ist er doch auch unser Ministerpräsi­ Meine Damen und Herren, etwas­ dent. – Na, wenn Sie es besser wissen, mehr als ein Jahr dauert es bis zur dann sagen Sie es mal! nächsten Landtagswahl, aber es gibt

20 Dombrowski wahrlich noch viel zu tun. Nach elf Jah­ arbeitet werden. In fast jedem Politik­ ren Ministerpräsident Matthias Platzeck feld gibt es Herausforderungen, Prob­ und vier Jahren rot-roter Koalition ist leme oder Entscheidungsbedarf. Diese eine grundlegende Inventur der Landes­ Regierungskoalition hat Brandenburg politik dringend notwendig. Herr Platz­ kaum gestaltet und schlecht verwaltet. eck hat viele Baustellen und Ankündi­ Die Regierungsarbeit war eher Krisen­ gungen offengelassen; hier nur einige management und die Koalition im Land Beispiele: gleicht einem Ehepaar im Trennungsjahr. 2009 verkündete er, dass es bei der (Gelächter bei der SPD und der Versorgung mit schnellem Internet im Fraktion DIE LINKE – Beifall CDU) Land bis zum Ende desselben Jahres nahezu keine weißen Flecken mehr ge­ Bei vielen wichtigen Fragen fan­ ben sollte. Wirklich nah ist man diesem den und finden SPD und Linke keine Ziel auch vier Jahre später nicht ge­ gemeinsame Linie. Wesentliche Ent­ kommen. Beim Dauerthema Flughafen scheidungen werden verschoben oder BER sind nicht nur der Eröffnungster­ gar nicht thematisiert, zum Beispiel die min, sondern auch die Kosten und wirt­ Zukunft der Braunkohle, die konkre­ schaftlichen Perspektiven völlig offen. te Umsetzung der Inklusion oder die Ich erinnere an das Volksbegehren, das Haushaltskonsolidierung. Aus dieser Si­ von der rot-roten Koalition mit großem tuation heraus ist vieles auf der Strecke Tamtam angenommen wurde. Minister­ geblieben. präsident Platzeck wurde konkret be­ Im Bereich der Bildung irrt Frau auftragt, mit Berlin über ein Nachtflug­ Münch zwischen ihrer Wunschvorstel­ verbot von 22 bis 6 Uhr zu verhandeln. lung einer umfassenden Inklusion und Nach einem halben Jahr gibt es – wie der harten Realität schlechter Platzie­ von uns und vielen anderen erwartet – rungen der Brandenburger Schüler im überhaupt keinen Fortschritt; aber das bundesweiten Leistungsvergleich um­ war vielleicht auch nie anders geplant. her. Laut Koalitionsvertrag und vieler Auch die Verockerung, die braune Erklärungen sollte Bildung Priorität ge­ Spree hatte der bisherige Ministerpräsi­ nießen – aber in der Praxis überlässt es dent zur Chefsache erklärt und Lösun­ die Ministerin dem Zufallsprinzip, ob in gen versprochen. Einiges wurde in Gang der Grundschule vernünftig Lesen und gesetzt, aber diese Aufgabe ist ein lang­ Schreiben gelehrt oder Rechtschrei­ fristiges Projekt, bung als Selbstfindungsexperiment an­ gesehen wird. (Eben! bei der SPD) (Beifall CDU und FDP) das dauerhaft bearbeitet werden muss. Ich bin aber guter Hoffnung, dass Diet­ Man kann sicherlich über die rich­ mar Woidke als Lausitzer am Ball bleibt. tigen Maßnahmen in der Bildung disku­ Jedoch müssen nicht nur offene tieren, aber eines ist völlig klar: Unsere Versprechen von Herrn Platzeck be­ Kinder müssen in der Schule lernen, wie

Dombrowski 21 korrekt geschrieben, gelesen und ge­ in noch nie dagewesenen Personalver­ rechnet wird. Die Brandenburger wollen sammlungen zum Ausdruck gebracht. keine Experimente wie zum Beispiel die Neben den Schulproblemen ist es Methode „Lesen durch Schreiben“. Sie auch so, dass an den Hochschulen viel wollen guten und verlässlichen Unter­ Vertrauen zerstört wurde. Auch hier hat richt für ihre Kinder. Frau Münch – damals noch als Wissen­ schaftsministerin – Versprechen und (Beifall CDU und des Abgeordneten Verträge gebrochen. 10 Millionen Euro, Büttner [FDP]) die für wichtige Projekte und Profilie­ Ein wesentliches Problem ist auch rungen der Hochschulen gedacht wa­ der Unterrichtsausfall. Fast 450 000 ren, wurden einkassiert. Darüber hin­ Stunden werden jährlich nicht bzw. nicht aus müssen die Hochschulen seit 2011 so erteilt wie geplant, weil durchschnitt­ jedes Jahr 12 Millionen Euro einspa­ lich 6 % der Lehrer krank sind, aber nur ren. Herr Ministerpräsident, ich hätte 3 % als Puffer bereitstehen. Dass die mir gewünscht, dass Sie in Ihrer Regie­ Landesregierung nun einen CDU-Vor­ rungserklärung mehr – oder überhaupt schlag aufgreift und die Vertretungsre­ etwas – zur Hochschullandschaft in serve erhöht, ist zwar ein Schritt in die Brandenburg gesagt hätten, außer der richtige Richtung, aber immer noch zu Bemerkung, dass hier alles zum Besten wenig. Auch heute wurden von Ihnen, bestellt sei. Herr Ministerpräsident, neu eingestell­ (Beifall CDU und vereinzelt FDP) te Lehrer als zusätzliche Lehrer bezeich­ net und altersbedingte Abgänge von Frau Ministerin Kunst setzt die­ Lehrkräften nicht berücksichtigt. Dabei sen Kurs beharrlich fort und hat über gibt es heute im brandenburgischen Bil­ die Köpfe der Betroffenen hinweg die dungssystem 800 Lehrkräfte weniger als Zwangsfusion der Lausitzer Hochschu­ zu Beginn dieser Legislaturperiode, und len verordnet. Das vollmundige Ver­ dies – ich betone es –, obwohl die Schü­ sprechen des Koalitionsvertrages, die lerzahl leicht gestiegen ist. Das ist eine Hochschulen zu stärken, steht also im Tatsache; auch hierbei sollten Sie end­ krassen Widerspruch zur bisherigen Po­ lich Mut zur Wahrheit haben. litik der Landesregierung. (Beifall CDU und B90/GRÜNE) (Beifall CDU)

Die große Unzufriedenheit der Leh­ Wie steht es eigentlich um Recht rer, Eltern und Schüler spiegelt sich und Ordnung im Land? in massiven Protesten wider. Im Jahr (Oh! bei der SPD) 2011 demonstrierten Tausende vor dem Landtag und in einem Bildungscamp Zwar wurde die ursprüngliche Poli­ gegen die Einschnitte bei den freien zeiabbaureform immer mehr zurückge­ Schulen. Im November des letzten Jah­ nommen; das ändert aber nichts daran, res haben 11 000 Lehrer ihren Unmut dass es noch immer kein nachhaltiges

22 Dombrowski Konzept gibt, um die Grenzkriminali­ Die Kernaufgaben des Staates tät, die Wohnungseinbrüche und Auto­ – das ist das, worauf wir uns zualler­ diebstähle in den Griff zu bekommen. erst konzentrieren sollten, nicht aber auf Und um vermeintlichen Argumenten Spielplätze politischer Art. Ich möch­ meiner Nachredner zuvorzukommen: te es an dieser Stelle so deutlich sagen: Ja, auch der ehemalige Innenminister Wer sich Schüler-BAföG, Mobilitätsti­ Jörg Schönbohm hat die Entwicklung cket und staatliche Beschäftigungspro­ an der polnischen Grenze unterschätzt gramme leistet, der muss auch die Kritik und falsch eingeschätzt. Dies ist aber akzeptieren, dass an zentralen Stel­ kein Grund, weiterzumachen wie bisher. len das Geld für notwendiges Personal Handeln ist so gefragt, wie sich die Din­ fehlt. ge entwickeln. (Beifall CDU) (Beifall CDU) Darüber hinaus ist es beunruhigend, Es hört sich gut an, wenn der neue wie derzeit in Brandenburg der Strafvoll­ Ministerpräsident erklärt, dass die in­ zug gehandhabt wird. nere Sicherheit für ihn ein zentrales An­ (Beifall CDU) liegen bleibt. Er hat nun alle Möglich­ keiten, die Polizei zu stärken und damit Dass Horst Mahler, ein mehrfach die Kriminalitätsbekämpfung zu verbes­ wegen Volksverhetzung verurteilter Häft­ sern. Ich möchte auf das Konzept der ling, in der Justizvollzugsanstalt einen CDU-Fraktion verweisen. Darin haben Computer erhält, um damit antisemiti­ wir schon vor fast drei Jahren konkrete sche Schriften verfassen zu können, ist Maßnahmen und Vorschläge unterbrei­ ein Skandal! tet – kommen Sie also bitte nicht damit, (Lebhafter Beifall CDU) dass die CDU immer nur kritisiere und keine Vorschläge habe. Sie haben unse­ Dieser täterfreundliche Strafvollzug ren Vorschlag abgelehnt. des Justizministers Schöneburg ist nicht länger hinnehmbar. (Beifall CDU) (Beifall CDU – Widerspruch bei den Aber nicht nur bei der Polizei, son­ Linken – Bischoff [SPD]: Reden wir dern auch im Justizbereich besteht gro­ mal über Schelter!) ßer Handlungsbedarf. Gerichtsverfah­ ren dauern in Brandenburg nach wie vor Herr Ministerpräsident, nutzen Sie viel länger als in jedem anderen Bun­ Ihre Richtlinienkompetenz, um den fal­ desland. Auch hier kann und darf nicht schen Kurs in der Justizpolitik zu korri­ am Personal gespart werden, denn es gieren! handelt sich um eine Kernaufgabe des (Beifall CDU) Staates. Wenn Kollege Bischoff „Schelter“ (Jürgens [DIE LINKE]: Neueinstel- einwirft – Herr Schelter ist der ehemali­ lungen!)

Dombrowski 23 ge Justizminister –, dann sage ich: Es ist Brandenburg fließen. Deshalb geht gut, dass dieser Einwurf gekommen ist. es in den nächsten Monaten und Jah­ Bei allem, was Herr Schelter vielleicht ren darum, die Förderpolitik so auszu­ falsch gemacht hat, bleibt es doch bei richten, dass sich bis zum Jahr 2020 der Feststellung, dass er Brandenburgs eine weitgehend selbsttragende Wirt­ Gefängnisse sicher gemacht hat. Erin­ schaftsstruktur entwickelt, die ohne nern Sie sich noch an das „Reisebüro Subventionen auskommt. Vor allem Bräutigam“? muss die Exportfähigkeit unserer Wirt­ schaft steigen. Dafür braucht es ent­ (Beifall CDU – Lachen bei der SPD sprechende Rahmenbedingungen, und der Fraktion DIE LINKE – Frau beispielsweise eine ordentliche Breit­ Mächtig [DIE LINKE]: Sie sollten bandversorgung – ich erwähnte es vor­ ­Ihren Ausschussvorsitzenden zum hin schon –, eine leistungsfähige Infra­ Rapport bestellen, damit Sie wis- struktur und vernünftige Energiepreise sen, was Phase ist!) für die Unternehmen wie für die Bürger. Auch was den Zustand der Lan­ Dafür braucht es eine seriöse Energie­ desstraßen angeht, herrscht dringen­ politik, die nicht nur nach Leitsternen der Handlungsbedarf. Im Vergleich zum greift, sondern auch Versorgungssi­ Jahr 2009 werden im Jahr 2014 für den cherheit und Bezahlbarkeit gewährleis­ Straßenbau satte 80 % weniger – 20 Mil­ tet. Da reicht es nicht aus, immer nach lionen Euro statt 100 Millionen Euro – Berlin zu verweisen. bereitgestellt. Die Auswirkungen sieht (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: und spürt man überall im Land. Das wäre der erste Schritt!) Unseren Antrag auf Verbesserung der Finanzausstattung haben Sie ges­ Jedes Bundesland hat seine Aufga­ tern abgelehnt – ohne eigene Alternative. ben. Diese sollte jedes Bundesland auch Dennoch erklärte Verkehrsminister Vo­ lösen. Wenn ein Bundesland bei der Er­ gelsänger gestern im Landtag, dass das füllung eigener Aufgaben immer auf an­ ideologische Motiv „Bildung statt Be­ dere verweist, dann muss ich die Poli­ ton“ endgültig überwunden sei. Wenn ich tik in diesem Bundesland infrage stellen aber Interviews von Finanzminister Mar­ und nicht die Politik anderswo. Von da­ kov lese, komme ich zu dem Ergebnis, her fordere ich Sie auf: Konzentrieren dass die Linke das offenkundig anders Sie sich einfach auf die Aufgaben, für sieht. Auch hier ist die Richtlinienkompe­ deren Erledigung Sie gewählt und be­ tenz des Ministerpräsidenten gefragt und stimmt worden sind! Dann wird es auch gefordert. in diesem Bereich vorwärtsgehen. Dazu gehört, wie gesagt, auch eine akzeptier­ (Beifall CDU) te Energiepolitik hier im Land. In den kommenden Jahren werden (Görke [DIE LINKE]: Dann mal los! immer weniger Mittel von der Europä­ Das wird ja lustig!) ischen Union und dem Bund nach

24 Dombrowski Grundsätzlich gilt: Eine vernünftige Wenn wir als CDU-Fraktion hier Politik muss die Wirtschaft fördern und nur Parteiinteressen wahrnehmen woll­ darf sie nicht mit zusätzlichen Belastun­ ten, könnten wir sagen: „Machen Sie gen bremsen. Ideologische Experimente doch weiter so!“ Auch Sie haben hof­ wie ein Vergabegesetz, öffentlicher Be­ fentlich mitbekommen, dass die Bürger schäftigungssektor und Ausweitung der über Politik urteilen. So gut schneidet Staatswirtschaft … das, was Rot-Rot in Brandenburg seit Jahren als Leistung vorweisen möchte, (Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das ist nicht ab. doch unglaublich! – Domres [DIE Im Interesse Brandenburgs wün­ LINKE]: Bayern hat auch ein Verga- sche ich mir, dass Sie ebenso wie bei begesetz!) der Vertretungsreserve für die Leh­ Ich wiederhole es gern: Ideologi­ rer auch einmal das bedenken, was die sche Experimente wie ein Vergabege­ Opposition im Plenum und in den Aus­ setz, öffentlicher Beschäftigungssektor schüssen in aller Sachlichkeit vorträgt, und Ausweitung der Staatswirtschaft und prüfen, ob nicht vielleicht doch je­ gehören korrigiert, da sie Handwerk und mand von der Opposition Recht haben Mittelstand unnötig belasten. könnte. Es ist nicht so, dass die Regie­ rung immer Unrecht und die Opposition (Beifall CDU und FDP – Frau Mäch- immer Recht hat. Aber so, wie Sie sich tig [DIE LINKE]: Merken Sie denn verhalten – die Opposition hat immer überhaupt noch etwas?) Unrecht –, geht es nicht. – Frau Kollegin, wenn Sie mir zuru­ (Dr. Scharfenberg [DIE LINKE]: Das fen: „Merken Sie denn überhaupt noch stimmt doch gar nicht! – Frau Mäch- etwas?“, dann gebe ich diese Frage zu­ tig [DIE LINKE]: Das ist wider besse- rück. Ich habe schon vorhin gesagt, res Wissen!) dass sich der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung widersprochen hat. Das geht nämlich zu Lasten der Einerseits spricht er vom Mittelstand als Bürgerinnen und Bürger im Land. Rückgrat der Brandenburger Wirtschaft, (Beifall CDU) andererseits verkauft er die Erweiterung der Tätigkeit der Kommunen als Erfolg. Uns geht es nicht um billige Pole­ Wenn die gesamte Brandenburger Wirt­ mik, sondern darum, dass Sie das, was schaft, von der Industrie über das Hand­ von der Brandenburger Wirtschaft an werk bis hin zum Tourismus, ganzseiti­ belastbaren Fakten vorgetragen und ge Anzeigen schaltet, um das, was Sie in ganzseitigen Anzeigen öffentlich ge­ von Rot-Rot für einen Erfolg halten, als macht wird, zur Kenntnis nehmen. Sie wirtschaftsfeindliche Politik abzulehnen, sollten zumindest bedenken, ob das, dann frage ich Sie: Merken Sie denn was Sie als Erfolg verkaufen wollen, überhaupt noch etwas? wirklich ein Erfolg ist. Daran haben wir erhebliche Zweifel. (Beifall CDU)

Dombrowski 25 Meine Damen und Herren! Auch die doch nicht richtig war, weil sich schon Aufteilung des Landes in zwei Förderge­ damals eine bestimmte demografische biete und die Überdimensionierung der Entwicklung in Brandenburg abzeich­ Kläranlagen gehören zu den millionen­ nete. schweren Fehleinschätzungen, Fehlent­ Ich sage nicht, dass das Absicht scheidungen bzw. Versäumnissen ehe­ war. Aber es muss gesagt werden, dass maliger Landesregierungen, konkret: dann, wenn jemand ein so wichtiges auch des ehemaligen Umweltministers Amt innehat, nicht nur Licht und Erfolge, und späteren Ministerpräsidenten Mat­ sondern auch Schatten und Misserfol­ thias Platzeck. Herr Kollege Platzeck, ge da sind. Sie haben das Land nicht mit Absicht, (Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das ist aber im Ergebnis politischen Handelns das Leben!) bzw. von Unterlassungen um mehrere Hundert Millionen Euro und die betrof­ Das gehört zum Leben, und das fenen Bürger um ihr Erspartes und ihren darf gesagt werden. Schlaf gebracht. (Beifall CDU) (Oh! bei der SPD und der Fraktion Es ist dringend erforderlich, dass DIE LINKE) ein Brandenburger Ministerpräsident Wenn Sie jetzt „Oh!“ sagen und fra­ auch Präsenz bei den europäischen In­ gen, was denn Herr Platzeck mit den stitutionen zeigt. Herr Ministerpräsident Kläranlagen zu tun habe, dann sage ich: Woidke hat das schon angekündigt, und Er weiß das natürlich, denn er war erster das finde ich gut. Er sollte oft dort sein. Umweltminister in unserem Land. Alle, Brüssel ist nicht nur eine Reise wert, die damals eine Förderung für abwas­ weil es dort lecker zu essen gibt, son­ sertechnische Anlagen erhalten woll­ dern auch deshalb, weil man wichtige ten, mussten zur Bauprüfstelle im Lan­ Kontakte knüpfen kann. Die Interessen desumweltamt, das sich damals an der eines Bundeslandes kann man nirgend­ Nuthe-Schnellstraße befand. Dort wur­ wo besser vertreten als im Kern des eu­ den die Planungen eingereicht, und die ropäischen Politikgeschäfts. Von daher Fachleute des Hauses haben Ingenieu­ sage ich: So oft, wie Sie nach Brüssel re und Kommunen darauf hingewiesen, reisen, so oft werden wir uns freuen, welche DIN-Normen einzuhalten seien dass Sie die Interessen unseres Landes – natürlich die westdeutschen DIN-Nor­ dort wahrnehmen. Ich kann Ihnen nur men – und dass die TA-Siedlungsabfall empfehlen, die Kontakte, deren Aufbau zu beachten sei. Dann wurden die Anla­ Sie angekündigt haben, so intensiv zu gen einfach größer, weil es anderenfalls pflegen, wie es Ihre Kollegen Tillich und keine Fördermittel gegeben hätte. So Lieberknecht, aber auch andere Lan­ einfach war das. Es hat ein paar Jahre despolitiker tun. gedauert, bis man verstanden hat, dass Meine Damen und Herren! Gera­ die Anwendung dieser Normen vielleicht de zwei Monate ist es her, dass ein er­

26 Dombrowski neutes Jahrhunderthochwasser gro­ (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: ße Schäden in der Bundesrepublik Das stimmt doch gar nicht!) anrichtete. Durch den unermüdlichen Einsatz vieler Helfer und eine gehörige – Das können Sie ja nachher noch Portion Glück blieben zwar viele Städ­ sagen. – Interessant ist dabei, dass für te und Gemeinden in Brandenburg Ingenieure ein vergleichbares Stipen­ von Katastrophen verschont; aber die­ dium vom Land angeboten wird – für ses Hochwasser hat auch deutlich angehende Ärzte aber nicht. Vielleicht gezeigt, dass immer noch enormer überlegt sich das neue Kabinett unse­ Handlungsbedarf, insbesondere an ren Vorschlag noch einmal. Es wäre im mittleren Fließgewässern wie Schwar­ Sinne vieler Brandenburger. Ein Prob­ zer Elster, Pulsnitz, Spree und Havel lem mag darin bestehen, dass gerade besteht. bei der Ärzteausbildung die lange Stu­ Die Umweltministerin muss endlich dienzeit – zusammen mit der Fachärz­ konkrete Vorschläge unterbreiten, wie teausbildung kommen da zehn Jahre der technische und vorbeugende Hoch­ zusammen – den Vorstellungs- und Ge­ wasserschutz in Zukunft ausgestaltet staltungshorizont von Politikern über­ werden soll. Es reicht nicht, wenn man steigt. als Fachministerin nur immer auf den (Frau Lehmann [SPD]: Das soll es Bund verweist. geben!) Erlauben Sie mir an dieser Stelle den Hinweis, dass die Umweltpolitik des Aber, meine Damen und Herren: So Landes – genauso wie die Bildungspoli­ geht das nicht. Die Politik, die wir hof­ tik – in Gänze zwingend eine sachkundi­ fentlich gemeinsam gestalten, kann ge und ordnende Hand braucht. nicht von Wahlperioden abhängig sein. Sie muss weit darüber hinausgehen. (Vereinzelt Beifall CDU) Von daher bitte ich Sie: Denken Sie auch Die medizinische Versorgung, ins­ darüber nach, ob wir nicht jungen Bran­ besondere auf dem Land, ist ein gra­ denburgerinnen und Brandenburgern in vierendes Problem, und der Ärzteman­ dem Bereich einen Anreiz geben kön­ gel wird künftig weiter zunehmen. Unser nen, hier im Land zu bleiben, wenn sie Vorschlag, ein Stipendiensystem für Me­ ihr Medizinstudium hinter sich gebracht dizinstudenten einzuführen, das im Üb­ haben. rigen im Landkreis Elbe-Elster und im (Beifall CDU) Freistaat Sachsen bestens funktioniert, Ein weiteres drängendes Problem (Zurufe von der Fraktion DIE LINKE) erwächst aus den steigenden Flücht­ wurde gleich zu Beginn der Wahlperiode lingszahlen. Nicht nur die Unterbringung, von der Regierungskoalition abgelehnt. sondern auch die soziale Integration, vor Bis heute gibt es aber keine andere Ini­ allem die der Kinder, die zur Schule ge­ tiative. hen und dort etwas lernen sollen, ist eine

Dombrowski 27 große Herausforderung. Ich könnte die bei streichen und allen sagen: Eigentlich Aufzählung beliebig fortsetzen. wird es mehr. – Das ist keine Ehrlichkeit. Dass es so viele ungeklärte Fra­ Dafür stehen wir nicht zur Verfügung. gen und offene Probleme gibt, bedeu­ (Zurufe von der SPD) tet nicht, dass es Brandenburg schlecht geht. Das behaupten wir auch nicht. Der neue Ministerpräsident, Dietmar Wenn unsere Kritik und unsere Hinwei­ Woidke, hat die Chance – dazu ermuti­ se so gewertet werden, dass wir Bran­ ge ich ihn ausdrücklich – zu einer ehrli­ denburg schlechtreden wollten, dann chen Bestandsaufnahme. Ich hoffe und ist das ein Stück weit denunziatorisch. wünsche, dass er mit seiner sachlichen Wir tragen für dieses Land genauso viel Art die vielen Baustellen analysiert, be­ Verantwortung wie jede andere Frakti­ wertet und entsprechend handelt. Es ist on auch. daher der richtige Weg, wenn Minister­ präsident Woidke letzte Woche in einem (Vereinzelt Beifall CDU) Interview sagte: Ich sagte, dass hinter der Benen­ „Es reicht nicht abzuwarten, dass nung von ungeklärten Fragen und offe­ sich Probleme von selbst lösen.“ nen Problemen nicht die Behauptung Ja, warum sagt er das wohl? Er hat steht, dass es Brandenburg schlecht ja Vergangenheit bewertet und die Auf­ gehe. Im Gegenteil: Gerade, weil es mo­ gaben für die Zukunft dargestellt. Ma­ mentan sehr gute Rahmenbedingun­ chen Sie sich einmal selbstkritisch Ge­ gen für ein stabiles Wirtschaftswachs­ danken darüber, was er wohl gemeint tum, niedrige Arbeitslosenzahlen oder haben könnte. unerwartet hohe Steuereinnahmen gibt, (Frau Lehmann [SPD]: Also wir wis- müssen jetzt aus einer Position der Stär­ sen das!) ke heraus die entscheidenden Weichen für die Zukunft gestellt werden. Ein erster Schritt ist deshalb, Prob­ leme zu erkennen. Die bisher praktizier­ (Frau Lehmann [SPD]: Na denn!) te Methode, ein Problem zu ignorieren, Auch die CDU kann nicht zaubern, sobald es von der Opposition angespro­ aber wir können arbeiten. Wir müssen chen wird, führt nicht zum Ziel. Wir, die gemeinsam Prioritäten setzen und den Opposition, tragen genauso viel Verant­ Menschen im Land ehrlich sagen, was wortung für Brandenburg wie Sie, die geht und was nicht geht. Regierung und die Regierungsfraktio­ nen. Dieses Land gehört keiner Partei, (Vereinzelt Beifall CDU – Frau sondern den Bürgerinnen und Bürgern. ­Lehmann [SPD]: Was?) (Beifall CDU – Zuruf von der SPD: – Ja, Frau Kollegin, den Menschen So ist es!) im Lande ehrlich sagen, was geht und was nicht geht, und nicht so tun, als Ministerpräsident Woidke hat auch würde alles irgendwie weitergehen, da­ gesagt, dass er seine eigene Furche

28 Dombrowski durchs Land ziehen möchte. Wir haben sere Worte – jedenfalls die Worte mei­ einen Berg an Aufgaben, den es abzu­ ner Fraktion – an die Bürgerinnen und tragen gilt. Ich hoffe, Herr Ministerpräsi­ ­Bürger im Land. dent, Sie werden die angekündigte Fur­ (Beifall CDU – Zuruf von der SPD: che nicht um diesen Berg herumziehen, Oh ja!) sondern mittenhindurch. Das sind diejenigen, für die wir hier (Beifall CDU) sitzen, für die wir uns Mühe geben, für Herr Präsident! Meine Damen und die wir arbeiten, nicht nur 40 Stunden Herren! Wenn der neue Ministerpräsi­ die Woche, sondern auch 80 Stunden. dent seine Ankündigungen wahrmacht, Wir machen das gern und freiwillig; da­ werden wir ihn bei der Lösung der Pro­ für muss sich niemand bei uns bedan­ bleme Brandenburgs unterstützen. Aber ken. Von daher: Nehmen Sie das bitte wir bleiben kritisch und werden genau ernst! Uns geht es darum, dass die Bür­ kontrollieren. Die CDU-Fraktion wird ihre ger verstehen, was wir hier tun bzw. was konstruktive Oppositionsarbeit fortset­ wir machen, was wir richtig machen und zen. was wir falsch machen. (Frau Lehmann [SPD]: Oh je!) (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

– Wenn Sie „oh je“ sagen, nehme Wenn Sie der Meinung sind, Sie ma­ ich das gern auf, weil ich ja heute noch chen das alles richtig, dann ist das ja reichlich Zeit habe, denn die erste Auf­ schön, dann freue ich mich für Sie, dann gabe hat der Ministerpräsident nicht haben Sie ein gutes Gefühl. Und wenn geschafft: nämlich, seine Redezeit ein­ wir den Eindruck haben, dass die Bür­ zuhalten, und das zugunsten der nach­ ger das, was wir machen, als Oppositi­ folgenden Redner. Aber wenn Sie „oh on, als CDU-Fraktion, für richtig halten, je“ sagen, sage ich: Wenn Sie meinen, dann freuen wir uns auch. Wenn jeder Frau Kollegin, dass die Opposition im­ zufrieden ist, sind wir alle glücklich hier mer Unrecht hat – ich habe es vorhin im Saal schon einmal gesagt – (Vereinzelt Beifall CDU – Frau Leh- (Zurufe von der Fraktion DIE LINKE) mann [SPD]: Na, sehen Sie mal!) und das, was die Opposition sagt, im­ und hoffen, dass die Bürger, wenn mer Unsinn ist, dann sehen Sie die Din­ Wahltag ist – sei es zur Bundestagswahl ge falsch. – Im Übrigen, Frau Kollegin, oder zur Landtagswahl oder zu anderen kommt es uns auch nicht darauf an, Sie Wahlen –, unsere Arbeit bewerten. Da zu bekehren. Darum geht es nicht. Wenn gibt es ja auch Hinweise, was die Bürger ich hier zu Ihnen spreche – das darf ich verstehen und was ihnen vielleicht eher ja heute einmal –, dann hören Sie mir ein wenig unklar geblieben ist – zum zu, weil Sie Abgeordnete sind und hier Beispiel Ihre Politik. ­sitzen, aber eigentlich richten sich un­ (Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Dombrowski 29 Meine Damen und Herren, ich habe nisterpräsident seinen Worten Taten gesagt, die CDU-Fraktion wird ihre kon­ folgen lassen hat. struktive Oppositionsarbeit fortsetzen. Herr Ministerpräsident Woidke, nut­ Dietmar Woidke übernimmt keine Auf­ zen Sie die Gestaltungsmöglichkeit Ihres gabe als Verwalter der rot-roten Rest­ neuen Amtes! Brandenburg ist ein schö­ laufzeit. Er ist nun Ministerpräsident. Er nes Land mit vielen Möglichkeiten und muss Entscheidungen treffen. Er gibt fleißigen Menschen. Es lohnt sich, dafür die Richtlinien der Politik in Branden­ zu arbeiten. – Ich danke für die Aufmerk­ burg vor. Wie wichtig gerade jetzt muti­ samkeit. ge und weitsichtige Schritte sind, zeigt (Anhaltender Beifall CDU) der Blick auf das Jahr 2020. Ich gebe zu, das mag für manchen noch weit entfernt sein. Aber im Prinzip trennt uns nur noch eine Wahlperiode von dieser Präsident Fritsch: Zielmarke. Wir wissen, dass die Schulden­ Vielen Dank. – Das Wort erhält jetzt bremse 2020 Nettokreditaufnahmen die SPD-Fraktion. Herr Ness, bitte. der Länder verbietet. Wir wissen, dass im Jahre 2020 keine Mittel mehr aus dem Solidarpakt kommen. Wir wis­ sen, dass 2020 ca. 7 % weniger Bürger in unserem Bundesland leben werden und sich der Bevölkerungsverlust dann noch beschleunigt. Die Zinsen für unse­ re Schulden werden nicht auf dem jet­ zigen Tiefstand bleiben. Wirtschaft und Konjunktur – und damit die Steuerein­ nahmen – werden sich nicht immer nur positiv entwickeln. Auch wenn die Lan­ desregierung nur noch ein Jahr im Amt ist, hat sie im Wissen um diese fest­ stehenden Eckwerte eine langfristige Verantwortung, die über den nächsten Wahltag hinausgeht. Am 6. Dezember 2013 ist nicht nur Nikolaustag, sondern dann werden die ersten 100 Tage mit Dietmar Woidke als Ministerpräsident vorüber sein. Ich hoffe, dass dann auch schon gute Ent­ scheidungen gefallen sind, richtige Wei­ chen gestellt wurden und der neue Mi­

30 Dombrowski Klaus Ness Vorsitzender der SPD-Fraktion

ehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kolle­ S gen! Klaus Ness Ehe ich mit meinem eigentlichen Re­ detext beginne, will ich die Gelegenheit sondern ein Zerrbild, das Sie hier zeich­ wahrnehmen, zwei, drei Sätze zu meinem nen, das nicht angemessen ist. Nun hat Vorredner zu sagen. Ich finde, Herr Dom­ Opposition in der Tat das Recht zu kri­ browski, Sie haben sehr angemessene tisieren, und Sie haben dieses Recht Worte zum aktuellen Konflikt in Syrien auch ausgiebig wahrgenommen. Aber gefunden. Ich fand auch Ihre Worte sehr Sie sollten kein Zerrbild von diesem treffend, die Sie zu Beginn Ihrer Rede zu Land und seinen Menschen zeichnen. Matthias Platzeck gefunden haben. Aber Hier in diesem Land wird von vielen dann haben Sie zum Schluss gesagt, Sie Menschen Großes geleistet. Ich glaube, hätten nicht zum Parlament geredet, Sie die Stimmung ist anders, als die CDU redeten zu den Bürgerinnen und Bür­ sie wahrnimmt. gern draußen. Ich glaube die Bürgerinnen (Beifall des Abgeordneten Bischoff und Bürger draußen, jedenfalls die große [SPD]) Mehrheit der 2,4 Millionen Einwohner hier in Brandenburg, wird sich sehr gewun­ Ich glaube, das wird sich dann auch dert haben; denn Sie haben ein Land be­ an den Wahlergebnissen deutlich zei­ schrieben, das es so nicht gibt. Wenn Sie gen. sich hier hinstellen und erzählen, dass (Zuruf des Abgeordneten Domb- die Kinder in unseren Schulen nicht lesen rowski [CDU]) und schreiben lernen, dann stimmt das schlicht und ergreifend nicht. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gestern einen historischen (Beifall SPD und DIE LINKE und von Tag für unser junges Bundesland erlebt. Ministerin Dr. Münch) Erst zum zweiten Mal in der Geschich­ Ich finde, das ist nicht nur eine Be­ te des neuen Brandenburg wurde der leidigung der Lehrerinnen und Lehrer, Staffelstab des Regierungschefs an ei­

Ness 31 nen Nachfolger weitergegeben. Nach die wahrlich schwierigen Anfangsjahre Manfred Stolpe und Matthias Platz­ gesteuert. Matthias Platzeck hat eben­ eck ist Dietmar Woidke jetzt der drit­ falls die Transformation in den 90er te ­Ministerpräsident unseres Landes. Jahren mitgestaltet. Als Umweltminis­ Ich will es gleich am Anfang sagen: Die ter hat er die Großschutzgebiete etab­ Brandenburger SPD und auch meine liert, etwas, auf das wir heute zu Recht Fraktion werden dafür kämpfen, dass sehr stolz sind. Er hat für einen neu­ Dietmar Woidke mindestens ebenso lan­ en Ausgleich zwischen Umweltschutz, ge in seinem Amt sein wird, wie seine Wirtschaft und Arbeitsplätzen gesorgt. Vorgänger es waren. In seinen über elf Jahren als Minister­ präsident hat Matthias Platzeck Bran­ (Beifall SPD) denburg in wirtschaftlich stabile Zeiten Dass es nach 23 Jahren erst den geführt. Erinnern wir uns: Im Juli 2005 dritten Ministerpräsidenten in diesem waren in Brandenburg noch gut 240 000 Bundesland gibt, zeigt, in welcher Kon­ Menschen ohne Arbeit. Es gab Städte, tinuität und Stabilität Brandenburg seit in denen die Arbeitslosigkeit bei 25 % 1990 regiert wird. Ein Blick in andere lag. Die Stimmung im Land war ent­ Bundesländer zeigt uns, dass das ab­ sprechend. Die Arbeitslosenquote lag solut keine Selbstverständlichkeit ist. In damals landesweit bei 18 %. Zu Be­ Thüringen und Mecklenburg-Vorpom­ ginn der jetzigen Großen Koalition aus mern gab es seit 1990 jeweils vier Minis­ SPD und Linken im Herbst 2009 waren terpräsidenten. noch 162 000 Menschen arbeitslos. Im letzten Monat waren es 128 000 Men­ (Oh! bei der CDU) schen. Heute sind die neuen Arbeitslo­ In und Baden-Württem­ senzahlen herausgekommen, wir haben berg waren es fünf, in Sachsen-­Anhalt im vierten Monat in Folge eine Arbeits­ und Niedersachen waren es sogar losigkeit von unter 10 %, genau sind es sechs Ministerpräsidenten. Wir Bran­ 9,4 %. denburger haben zum Glück andere (Beifall SPD und DIE LINKE) Verhältnisse. Das heißt, es ist uns allen gemein­ (Frau Mächtig [DIE LINKE]: So sind sam, aber eben auch dieser Landesre­ die Märker!) gierung gelungen, in den letzten acht Vor allem hatten wir großes Glück Jahren die Arbeitslosigkeit zu halbie­ mit unseren Landesvätern. Manfred ren. Das ist ein großer, ich würde sagen, Stolpe und Matthias Platzeck waren auch historischer Erfolg, den niemand eindrucksvolle Ministerpräsidenten. in den Jahren 2004/2005 für möglich Manfred Stolpe hat dafür gesorgt, dass gehalten hat. Das hat die Stimmung unser Land seine Form, seinen Stolz in diesem Land verändert, und zwar und seine Identität wiedererhält. Er hat zum Positiven. Deshalb liegen Sie, Herr Brandenburg mit ruhiger Hand durch Dombrowski, deutlich daneben, wenn

32 Ness Sie davon reden, dass die Stimmung in (Zuruf von der CDU: Dann haben Sie diesem Land immer schlechter werde. das nicht verstanden! – ­Homeyer (Beifall SPD und DIE LINKE) [CDU]: Dann sind Sie ganz schön verzweifelt!) Also 128 000 Arbeitslose, eine Hal­ bierung. Ich will aber nicht falsch ver­ – Ich bin überhaupt nicht verzwei­ standen werden, das sind immer noch felt, ich glaube nur, dass die Leute durch viel zu viele. Aber die Koalition arbei­ meine Übersetzung gemerkt haben, tet hart daran, dass noch mehr Men­ was Sie wirklich wollen. Sie akzeptieren, schen Arbeit haben, und zwar gute Ar­ dass in diesem Land Löhne in Höhe von beit. Gute Arbeit bedeutet für uns nicht 4 Euro oder 5 Euro gezahlt werden. Niedriglohn, sondern Arbeit mit einem (Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau! – Einkommen, das zum Leben ausreicht. Beifall SPD und DIE LINKE) Davon sind wir in weiten Teilen noch sehr weit entfernt. Wir haben als Lan­ Die Menschen in diesem Land ak­ desregierung hier schon einen Schritt zeptieren das schon lange nicht mehr. gemacht, nämlich das eben als „ideo­ (Zuruf von der CDU: Haben Sie jetzt logisch“ bezeichnete Vergabegesetz. den Faden verloren?!) Ich glaube, das, was Herr Dombrow­ ski da eben gesagt hat, muss man für – Nein, ich habe den Faden über­ die Brandenburgerinnen und Branden­ haupt nicht verloren. Ich glaube, dass burger übersetzen. Diese Landesregie­ Sie den Faden schon länger verloren ha­ rung hat ein Vergabegesetz realisiert, ben, nämlich den Bezug zu den Men­ das verlangt, dass es, wenn Kommu­ schen in diesem Land und den real exis­ nen und das Land Aufträge erteilen, bei­ tierenden sozialen Problemen. spielsweise für Gartenbauarbeiten, für (Oh! bei der CDU – Vereinzelt ­Beifall Wachschutzdienste oder Ähnliches, ei­ SPD) nen Tarifvertrag gibt oder mindestens demnächst 8,50 Euro Mindestlohn ge­ Heute, wie gesagt, haben wir es er­ zahlt werden. Wenn die CDU sagt, das reicht, dass die Arbeitslosigkeit inner­ ist ideologisch, dann meint sie damit, sie halb der letzten Jahre halbiert worden will diesen Mindestlohn nicht, sie will, ist. Das ist ein gigantischer Erfolg, den dass weiterhin Löhne gezahlt werden, viele zu verantworten haben. (Frau Mächtig [DIE LINKE]: Dum- (Zuruf von der CDU: Die Unternehmer!) pinglöhne!) Den nimmt die Landesregierung gar die unterhalb dieser 8,50 Euro liegen. nicht für sich alleine in Anspruch. Na­ türlich haben Unternehmer ihr Verdienst (Beifall SPD und DIE LINKE) daran. Daran haben auch die Kommu­ Das heißt das, was Sie gesagt ha­ nen Verdienste, der Bund, aber eben ben, übersetzt. auch diese Landesregierung. Wir alle

Ness 33 haben etwas erreicht, wovon in der Mitte starke Gewerkschaften und starke Un­ des letzten Jahrzehnts kaum jemand zu ternehmerverbände geworben hat. Auch träumen wagte, nämlich einstellige Ar­ da mein Appell gerade an junge Arbeit­ beitslosenzahlen. Aber wir arbeiten wei­ nehmer in Brandenburg: Organisiert ter. Wir sind noch nicht am Ziel. Bei uns euch gewerkschaftlich und engagiert rückt ein weiteres Ziel immer mehr in euch in Betriebsräten! Wir brauchen den Vordergrund: Wir Sozialdemokraten eine starke Sozialpartnerschaft. Der Zu­ wollen, dass gute Arbeit auch in Bran­ sammenhang ist ganz einfach: Hoher denburg endlich gut bezahlt wird. Des­ gewerkschaftlicher Organisationsgrad halb bleiben wir bei diesem Vergabege­ ist eine notwendige Voraussetzung für setz längst nicht stehen, sondern wollen gute Löhne. wir einen bundesweit einheitlichen ge­ (Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE) setzlichen Mindestlohn. Wir brauchen uns im Land nur um­ (Beifall SPD und DIE LINKE) zuschauen: Wo werden gute Löhne ge­ Und ich würde mich sehr freuen, zahlt? Gute Löhne werden gezahlt in wenn die CDU endlich Ihren Widerstand den Großbetrieben, wo es auch einen aufgeben würde und wir das möglich hohen gewerkschaftlichen Organisa­ machen können. tionsgrad gibt, bei BASF in Schwarz­ Viele Unternehmen in Brandenburg heide, bei EKO in Eisenhüttenstadt, in klagen zunehmend über Facharbeiter­ Hennigsdorf, in Schwedt beim PCK und mangel. Herr Dombrowski hat auch da­ natürlich auch bei Vattenfall. Dort gibt es rüber gesprochen, und Sie haben Recht hohe gewerkschaftliche Organisations­ damit. Wir werden diesen Facharbei­ grade, deshalb werden dort auch hohe termangel aber nur bekämpfen können, Löhne gezahlt. Deshalb kann ich nur ap­ wenn in Brandenburg endlich auch ge­ pellieren: Geht in die Gewerkschaften, nauso gute Löhne wie in NRW oder Bay­ setzt euch dafür ein! Ich appelliere auch ern gezahlt werden. Auch das gehört zur an die Unternehmerinnen und Unterneh­ Wirklichkeit dazu. mer: Akzeptiert es, dass Menschen in dieses Land nur zurückkommen, wenn (Einzelbeifall bei der Fraktion DIE sie hier mindestens genauso viel verdie­ LINKE) nen wie in Westdeutschland! Die Einsicht bei unseren Unterneh­ (Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE) men wächst. Wer Menschen, die in den 90er Jahren aus Brandenburg in den Diejenigen, die in den 90er Jahren Westen gegangen sind, zurückgewin­ gegangen sind – darunter sind viele, die nen will, der muss hier ordentliche Löh­ bereit sind, wieder zurückzukommen –, ne zahlen. Ich bin froh, dass wir eine schauen, wenn sie hierher kommen: Fin­ Landesregierung haben, die das erkannt de ich ordentlichen Wohnraum? Ja, den hat. Ich begrüße deshalb ausdrücklich, finden sie mittlerweile. Sie schauen: Fin­ dass unser neuer Ministerpräsident für de ich eine gute Unterbringung in den

34 Ness Kitas? Auch das können wir bieten, teil­ Wir werden weiterhin unseren weise besser als in Bayern und Baden- Schwerpunkt auf Bildung legen. In die­ Württemberg. Aber sie gucken dann ser Wahlperiode stellen wir so viele Leh­ auch: Was wird gezahlt? Wenn der Un­ rerinnen und Lehrer ein wie noch nie in terschied eben noch bei 300, 400, 500 der Geschichte unseres Landes, Euro liegt, dann ist die Rückkehrbereit­ (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: schaft gering. Ich glaube, wenn wir den Genau!) Facharbeitermangel bekämpfen wollen, müssen wir an dieses Thema dringend zum nächsten Schuljahr voraussichtlich heran. allein etwa 1 000 Lehrerinnen und Leh­ Liebe Kolleginnen und Kollegen, rer. Das ist eine gigantische Zahl. Das Matthias Platzeck hat unser Land 23 einzige, was der Opposition dazu ein­ Jahre lang geprägt. Er hat allen Landes­ fällt, ist, dass das nicht genug sei. regierungen angehört, er war länger in Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Verantwortung als jeder andere Lan­ der CDU-Fraktion und auch von den an­ despolitiker. Das waren gute Jahre für deren Oppositionsfraktionen, ich sage Brandenburg. Die vergangenen Wochen Ihnen ganz ehrlich: Wir können uns heu­ haben gezeigt, dass die Brandenburge­ te hier auch hinstellen und beschließen: rinnen und Brandenburger sehr genau Wir stellen 2 000 oder 5 000 Lehrer ein. spüren, dass eine erfolgreiche Ära zu Wir werden aber bereits große Prob­ Ende gegangen ist. Sie haben Matthias leme haben, die jetzt geplanten 1 000 Platzeck viele Worte des Dankes entge­ Lehrer auf dem Arbeitsmarkt zu finden. gengebracht. Auch ich möchte ihm – ich Das wird die Hauptauseinandersetzung denke, ich spreche hier für die meis­ in den nächsten Jahren sein, dass es ei­ ten im Saal – sagen: Danke, Matthias. nen Wettbewerb zwischen den Bundes­ Es war toll, was du hier für dieses Land ländern um gute Lehrerinnen und Lehrer geleistet hast. Ich bin im Gegensatz gibt. Aber wir werden das hier in Bran­ zu Herrn Dombrowski auch stolz dar­ denburg – dadurch, dass wir für Beamte auf, dass du weiterhin in unserer Frakti­ ein hohes Attraktivitätspotenzial haben – on bist, dass du weiter mitarbeitest. Wir sicher schaffen. brauchen deine Erfahrung, wir werden (Vereinzelt Beifall bei der Fraktion sie wertschätzen. Danke. DIE LINKE) (Beifall SPD und DIE LINKE – Zu- Im Übrigen – auch das muss ich ruf des Abgeordneten ­Dombrowski der Opposition hier sagen, Herr Senftle­ [CDU]) ben hat sich gerade so aufgeregt –: Wir Liebe Kolleginnen und Kollegen, un­ als Brandenburger tun heute bereits viel ser neuer Ministerpräsident hat jetzt die mehr als andere um uns herum. Schau­ Leitlinien für die kommenden 13 Monate en wir doch nur in unser Nachbarland skizziert. Die rot-rote Landesregierung Sachsen – darauf verweist die CDU ja wird ihre erfolgreiche Arbeit fortsetzen. sehr gern –: Sachsen stellt nur halb so

Ness 35 viele Lehrer wie Brandenburg ein, hat solidarisch umverteilt haben, mit dem aber 30 % mehr Schüler. Das ist eine Ergebnis, dass ältere Lehrerinnen und Wirklichkeit, die wir uns vor Augen hal­ Lehrer künftig bis zu zwei Stunden we­ ten müssen. niger arbeiten müssen. Und wir garan­ tieren dafür, dass zusätzlich neue, jun­ (Zuruf von der CDU: Und PISA?) ge Lehrer eingestellt werden. Das ist In Sachsen regiert die CDU seit ein tolles Beispiel dafür, wie man soli­ 1990. Sie werfen uns vor, wir würden zu darische Arbeitszeitpolitik organisieren wenig Lehrerinnen und Lehrer einstellen. kann, Wir haben die Einstellungszahlen deut­ (Starker Beifall SPD und DIE LINKE) lich gesteigert. Sie schauen aber nicht in Ihr Nachbarland, wo Ihre Parteifreun­ wodurch junge Leute in den Schul­ de eben nicht das tun, was wir hier ma­ dienst hineinkommen und ältere Kolle­ chen, sondern die dramatische Situation ginnen und Kollegen entlastet werden. dort weiter verschlechtern. Dann ist auch die Rente mit 67 – eine Also, liebe Kolleginnen und Kollegen Verlängerung der Lebensarbeitszeit – der CDU, ehe Sie uns kritisieren, schau­ verkraftbar, wenn man Erleichterungen en Sie sich lieber an, was Ihre Partei­ schafft. freunde anderswo machen, und Sie wer­ (Zurufe von der CDU) den feststellen: Diese Landesregierung muss sich wahrlich nicht verstecken. Das haben wir gemacht, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass Rot-Rot ver­ (Starker Beifall SPD und DIE LINKE) nünftige Politik macht. Wir haben im Bildungsbereich noch Die SPD-Fraktion begrüßt aus­ mehr gemacht. Wir wissen nämlich, drücklich die heutige Ankündigung von dass der Altersdurchschnitt unserer Ministerpräsident Woidke, zusätzliches Lehrerinnen und Lehrer sehr hoch ist. Geld gegen den Unterrichtsausfall zur Deshalb haben wir Lehrereinstellungen Verfügung zu stellen. Ich finde, Herr vorgezogen, deshalb haben wir auch Dombrowski, Sie haben das, was heute mit den Gewerkschaften – der Minister­ hier passiert ist, ein wenig herunterge­ präsident hat darauf hingewiesen – erst redet. Der Ministerpräsident hat heute kürzlich ein Paket verabredet, das äl­ gesagt: Ab Frühjahr 2014 wird die Unter­ teren Lehrern die Arbeit erleichtert und richtsreserve um 50 % aufgestockt – um mehr jüngere Lehrer an die Schulen holt. 50 %! Das ist nicht nichts! Das ist kein Das ist bei den Lehrerinnen und kleiner Schluck aus dem Wasserglas, Lehrern sehr gut angekommen. Es war sondern ein ordentlicher Hieb. Die Ent­ ein vernünftiges Ergebnis, das wir ge­ lastung wird deutlich spürbar sein, der meinsam mit den Gewerkschaften er­ Unterrichtsausfall wird dadurch deutlich reicht haben, dass wir einen Teil der Ge­ sinken. Ich glaube, darauf können wir haltserhöhungen für Angestellte nicht für stolz sein. die Beamten übernommen, sondern es (Beifall SPD und DIE LINKE)

36 Ness Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den Jahren zwischen 1971 und 1982 ein Kernprojekt für sozialen Aufstieg gab. und mehr Bildungsgerechtigkeit in die­ Für meine Eltern war es undenkbar, ser Wahlperiode ist das Brandenburger dass ich zum Gymnasium gehen, Abi­ Schüler-BAföG. Dieses Schüler-BAföG tur machen oder einmal studieren wür­ ist von der Opposition bis aufs Äußerste de. Wie viele andere aus Arbeiterfamili­ bekämpft worden. SPD und Linke haben en – mein Vater war Bauarbeiter, meine es durchgesetzt, und das war richtig so, Mutter Hausfrau – haben sie gedacht, denn dadurch haben wir es schon jetzt dass es normal sei, dass man mit 15 in – seit 2010 gilt das Gesetz – Tausenden eine Ausbildung geht, dass es eine klei­ Kindern aus einkommensschwachen ne Ausbildungsvergütung gibt, von der Familien leichter gemacht, das Abitur zu Hause Geld abgegeben wird, damit abzulegen. der Kühlschrank am Ende des Monats Ich habe nie verstanden, warum die noch etwas beinhaltet. Opposition dieses Gesetz bekämpft hat. Es ist in vielen Familien in Branden­ Ich glaube, auch das ist ein Ausweis da­ burg auch heute noch Realität, dass Ju­ für, dass Sie die Lebensrealität in weiten gendliche von ihrer Ausbildungsvergü­ Teilen des Landes nicht kennen. Ich will tung zu Hause Geld abgeben und damit Ihnen zum Thema Schüler-BAföG ein­ einen Beitrag leisten müssen, um die mal meine eigene Lebensgeschichte er­ Familie zu ernähren. Dadurch steht die zählen. Entscheidung an: Geht man nach der 10. Klasse von der Schule ab und macht (Zurufe von der CDU: Oje! Das ha- eine Ausbildung oder geht man den wei­ ben Sie schon ein paar Mal ge- teren Weg? macht!) Ich habe einen sehr engagierten – Ja, hören Sie vielleicht einfach ein­ Lehrer gehabt, der meine Eltern erst ein­ mal zu. Dann können Sie vielleicht nach­ mal darauf aufmerksam gemacht hat, vollziehen, warum manche Menschen in dass es diese Förderung – das Schüler- Situationen kommen, in denen es ihnen BAföG – gab. Diese finanzielle Unter­ aufgrund ihrer materiellen Vorausset­ stützung hat ihnen den Mut gegeben, zungen nicht möglich ist, den Bildungs­ sich auf diesen Weg einzulassen. erfolg zu haben wie jene, die mit großen Das ist nicht die Wirklichkeit des goldenen Löffeln aufgewachsen sind. 19. Jahrhunderts, die ich hier schildere, Ich bin 1962 geboren, 1968 ein­ sondern das ist auch heute Wirklichkeit. geschult worden. Nach der 4. Klasse Wir brauchen uns doch nur die Durch­ – 1972 – habe ich es zwei Tatsachen zu schnittseinkommen in Brandenburg an­ verdanken, dass ich Abitur machen und zuschauen. Da stellt sich für viele Fami­ auch studieren konnte: einem sehr en­ lien, die zwei oder drei Kinder haben, wo gagierten Lehrer und eben dem Schüler- nur der Mann verdient oder die Frau nur BAföG, das es unter den Bundeskanz­ einen kleinen Nebenjob hat, also viel­ lern und Helmut Schmidt leicht maximal zweieinhalbtausend Euro

Ness 37 netto im Monat da sind, die Frage: Kön­ Maßnahme nicht nur die Betreuung, die nen wir es uns erlauben, dass alle drei pädagogische Qualität in unseren Kitas Kinder bis zum Abitur gehen? verbessert, sondern haben Menschen, Das ist eine sehr konkrete Frage, die nie gedacht hätten, dass sie in die­ die sich viele Menschen stellen. Wir ha­ sen Beruf zurückkehren können, auch ben hier in Brandenburg – und darauf wieder eine konkrete Jobperspektive bin ich sehr stolz – eine Antwort gefun­ gegeben. Das ist eine große Leistung, den. Wenn jetzt Tausende von Schülern die auch Akzeptanz in diesem Land fin­ aus sozial schwachen Familien diese det. Förderung bekommen und darunter nur In den vergangenen Jahren haben ein paar Hundert sind, die sonst nicht wir die Mittel, die wir für Kitas ausge­ den Weg zum Abitur und zum Studium ben, um insgesamt 50 % gesteigert. Das gefunden hätten, dann ist das eine gro­ ist eine deutliche Steigerung. Wir ha­ ße Leistung dieser Landesregierung. Ich ben sowieso einen viel besseren Betreu­ bitte die Opposition, das zur Kenntnis zu ungsgrad als Bayern, Baden-Württem­ nehmen und auch anzuerkennen. berg oder Nordrhein-Westfalen – einen deutlich besseren. Aber wir haben jetzt (Starker Beifall SPD und DIE LINKE) auch noch die Qualität verbessert, und Wir reden in Brandenburg nicht nur wir werden sie weiter verbessern. Das von sozialem Aufstieg, wir tun auch et­ ist etwas, was auch dem Standort Bran­ was dafür. Das Schüler-BAföG ist nur denburg nutzt. Es nutzt nicht nur den ein Beispiel dafür. Aber das Schüler- Kindern, sondern macht diesen Stand­ BAföG ist nicht unser einziges Projekt ort auch für junge Familien attraktiv, für sozialen Aufstieg und mehr Bildungs­ hierher zu kommen. gerechtigkeit. Dazu gehört auch, dass (Beifall SPD) wir in dieser Wahlperiode den Betreu­ ungsschlüssel in den Kitas deutlich ver­ Die Opposition fordert dann und bessert haben. Etwa tausend zusätz­ wann, wir sollen doch mehr Geld aus­ liche Kitaerzieherinnen und -erzieher geben – für Kitas, für Schulen, für Stra­ konnten von den Kommunen und freien ßenbau. Aber wie das alles finanziert Trägern eingestellt werden. Das ist eine werden soll, bleibt ihr Geheimnis. Um es konkrete Verbesserung, die bemerkt kurz zusammenzufassen: Die Opposi­ worden ist. tion ruft nach mehr Lehrern, nach mehr Ich bin in meinem Wahlkreis unter­ Polizisten, nach kleineren Kitagruppen, wegs gewesen und habe dort erlebt, nach mehr Straßenbau. Die Liste ließe dass über diese Maßnahme beispiels­ sich beliebig fortsetzen. Und natürlich: weise Krippenerzieherinnen, die An­ Nach weniger Schulden ruft die Opposi­ fang der 90er-Jahre, als wir den Gebur­ tion gleichzeitig auch. Nur wie das alles tenknick hatten, aus den Kitas heraus zusammenpasst, das sagen uns weder mussten, nun eine Neueinstellung be­ CDU noch FDP noch Grüne. Hier wird kommen haben. Wir haben mit dieser Politik nach dem Motto betrieben: Im

38 Ness Himmel ist Jahrmarkt. Das Einzige, was gens auch, dass die FDP gerade Plakate Ihnen dann immer wieder einfällt, ist im aufhängt, auf denen sie für die Abschaf­ Zweifelsfall, man könnte ja das Schüler- fung des Soli wirbt. BAföG streichen. Eine richtige Antwort (Büttner [FDP]: Jetzt kommt die un- gibt es also nicht. terste Ossi!) Wir sollten lieber einmal auf die Fak­ ten schauen. Dietmar Woidke hat dar­ – Lieber Herr Büttner, wieso stellt auf hingewiesen: Rot-Rot hat bereits seit die FDP die Solidarität mit dem Osten zwei Jahren in dieser Wahlperiode kei­ infrage? Den Soli abzuschaffen! Dass ne neuen Schulden aufgenommen. Das sich die Partei des Egoismus hinstellt ist eine große Leistung. 2014 werden wir und fordert, die Solidarität abzuschaf­ das erste Mal planmäßig ohne Schulden fen, finde ich so ehrlich. Das hätte ich auskommen. Das haben wir im Doppel­ Ihnen nicht zugetraut. Ich hoffe, dass haushalt 2013/2014 beschlossen, und Sie dafür die Quittung bekommen. wir werden es realisieren. (Heiterkeit bei der SPD – Zurufe des Liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Abgeordneten Büttner [FDP]) passt das eigentlich zu Ihren alten Gru­ selmärchen, dass Sozis und Linke nicht – Herr Büttner, ich bin mit Ihnen mit Geld umgehen könnten? Schau­ durch. Jetzt kommen die Grünen an die en Sie doch lieber einmal dorthin, wo Reihe. Sie das Sagen haben! Schwarz-Gelb im Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bund hat im Gegensatz zu Brandenburg lassen Sie mich zum Schluss etwas län­ seit 2009 pro Kopf zehnmal so viele Kre­ ger ausführlicher zum Thema Energie­ dite aufgenommen wie Brandenburg. politik sprechen: Zehnmal so viele Kredite! Von Rückla­ Erst vergangenen Montag ist eine gen im Übrigen keine Spur. neue Umfrage zur Akzeptanz der Braun­ Das Gleiche ist in Hessen der Fall. kohle in der Lausitz bekannt geworden. Dort wird auch am 22. 09. 2013 gewählt. Diese Umfrage, aus der ich gleich zi­ Schwarz-Gelb regiert in Hessen. Seit tieren werde, hat viele hier überrascht. 2009 hat das Land zehnmal mehr Kre­ Auch medial haben wir oftmals den Ein­ dite pro Kopf aufgenommen als Bran­ druck, als seien in der Lausitz pausenlos denburg. Um es kurzzufassen: Schwarz- nur Klimacamps. Ich bitte darum, dass Gelb betreibt Finanzpolitik ohne Sinn die Menschen, die über diese Klima­ und Verstand, verbreitet Gruselmärchen camps berichten, einmal fragen, woher über SPD und LINKE. Die Realität sieht die Menschen kommen, die in den Kli­ ganz anders aus. macamps sind. Ich glaube, sie kommen aus denselben Orten wie die Menschen, (Görke [DIE LINKE]: Genau! – Beifall die hier gestern Gülle vor diesem Land­ SPD und DIE LINKE) tag ausgekippt haben. Zu dem ganzen Hokuspokus, den (Frau Lehmann [SPD]: So ist es! Ja- Schwarz-Gelb veranstaltet, passt übri­ wohl!)

Ness 39 Die Personalien von ihnen sind fest­ Forsa hat im Juni, wie gesagt, mehr gestellt worden. Woher kamen sie? Das als 2 000 Lausitzer zur Energiewen­ waren keine Brandenburger oder Spree­ de und zur Energiepolitik befragt. Das wälder Protestierer gegen die Verocke­ ist definitiv ein repräsentativer Quer­ rung. Das waren bezahlte Aktivisten von schnitt. Bei den Umfragen, über die wir Greenpeace, die alle in Hamburg woh­ uns immer aufregen, weil eine Partei in nen. Das ist schlicht und ergreifend die den Umfragen 3 % hoch oder 3 % her­ Wirklichkeit. untergegangen ist, werden in der Regel nur 1 000 Menschen befragt. Eine Um­ (Zurufe von der CDU – Zuruf der Ab- frage unter 2 000 Menschen ist reprä­ geordneten Mächtig [DIE LINKE]) sentativ. Hier sind bezahlte Aktivisten un­ Von diesen Befragten erklärte nur terwegs, die versuchen, einen Kampf jeder Fünfte, die Erschließung neuer Ta­ auszutragen, auf Brandenburg zu pro­ gebaue sei nicht zu verantworten, weil jizieren, der überhaupt nichts mit Bran­ die Schäden für Umwelt und Natur zu denburg zu tun hat. groß seien. Dann kommt es und das ist Aber kommen wir auf diese Um­ einer der Kernpunkte der ganzen Debat­ frage zurück. Was war das Kernergeb­ te um die Energiewende: Die Frage, ob nis der Umfrage, die forsa in der Lausitz es richtig sei, nach den Kernkraftwerken durchgeführt hat? 2 000 Bürger in Sach­ auch noch zusätzlich die Kohlekraftwer­ sen und in Brandenburg in beiden Teilen ke abzuschalten, verneinten neun von der Lausitz sind zu einem Thema befragt zehn Befragten. Das genau ist die De­ worden, das in Brandenburg gerade sehr batte, die wir hier im Land führen. Das, hochkocht, nämlich zu der Frage, wie was die Grünen aufführen, ist, zu sagen: es mit Welzow weitergeht. Das Ergeb­ Ja, jetzt haben wir den Ausstieg aus der nis ist schon spannend. Gut zwei Drit­ Atomkraft und nun müssen wir noch tel der Bevölkerung im Lausitzer Braun­ möglichst schnell die Braunkohlekraft­ kohlegebiet sind für eine Erweiterung der werke abbauen. Tagebaue in der Region. 67 % stimmten (Beifall des Abgeordneten Bischoff der Aussage zu, dass zur Sicherung der [SPD]) langfristigen, zuverlässigen und kosten­ günstigen Versorgung mit Energie die Das ist eine Position, mit der Sie ei­ Erweiterung des Braunkohletagebaues ner kleinen radikalen Minderheit ange­ in der Lausitz notwendig ist. Lieber Herr hören. Das wird nicht gehen. Kollege Vogel, jetzt kommt es – das kann (Beifall [SPD]) ich Ihnen nicht ersparen, auch wenn es Ihnen ein bisschen weh tut: Sogar 34 % Sie können diese Position vertreten. der Anhänger der Grünen befürworten Wie Sie aber mit dieser Umfrage umge­ eine Erweiterung des Tagebaus. gangen sind, hat mich schon ein wenig erstaunt. Entsprechend des bekannten (Zuruf des Abgeordneten Vogel Zitats von Christian Morgenstern, dass [B90/GRÜNE])

40 Ness nicht sein kann, was nicht sein darf, wur­ te Vertreibung in der Lausitz durch die de diese Umfrage von Ihnen schlicht und Einstellung zahlreicher Tagebaue und ergreifend für unglaubwürdig erklärt. Kokereien in den 90er Jahren stattgefun­ den hat. Damals sind nämlich Zehntau­ (Lachen der Abgeordneten Lehmann sende arbeitslos geworden und Tausen­ [SPD]) de aus der Lausitz weggegangen, um Liebe Kolleginnen und Kollegen von Arbeit in Bayern, Baden-Württemberg den Grünen, hier sind Sie schlicht und oder Nordrhein-Westfalen zu suchen. ergreifend auf dem Holzweg. Die Men­ Es stimmt, da haben Sie Recht, schen in der Lausitz haben wahrschein­ statt 100 000 Menschen, wie noch zu lich von Energiepolitik mehr Ahnung als DDR-Zeiten, gibt die Kohle heute mit jede grüne Basisgruppe in diesem Land. ­Zulieferern noch etwa 15 000 Menschen und ihren Familien Arbeit. Aber diese­ (Beifall SPD) Menschen in der Lausitz haben gute In der Lausitz wird seit mehr als ­Arbeit und vor allem gut bezahlte Arbeit. 100 Jahren Strom aus Braunkohle pro­ (Frau Hackenschmidt [SPD]: Richtig!) duziert. Die Städte im Brandenburger Teil der Lausitz – ob Spremberg, Senf­ Die Grünen mit ihrer ständigen Agi­ tenberg oder Cottbus – sind mit dieser tation gegen die Braunkohle diffamieren Form der Energie gewachsen. Das wa­ diese Menschen und ihre Familien, ich ren sehr kleine Orte. Erst in dem Au­ glaube unbewusst, als „Dinosaurier der genblick, als dort Braunkohle gefunden Arbeitswelt“. worden ist, sind Menschen aus Schle­ (Vogel [B90/GRÜNE]: Jetzt sien und anderen Teilen Ostdeutsch­ schlägt’s aber 13!) lands in die Lausitz gekommen und ha­ ben diese Städte zu dem gemacht, was – Das ist so! Sie sagen, es sei eine sie sind. Diese Städte sind mit dem Zu­ Produktion von gestern. Dass Sie damit rückfahren der Produktion von Strom diese Menschen beleidigen, nehmen Sie aus Braunkohle nach 1989 wieder ge­ nicht zur Kenntnis. Lieber Kollege ­Vogel, schrumpft. Sie von den Grünen behaup­ ich glaube, Sie merken es nicht ein­ ten immer, dass durch den Braunkoh­ mal. Sie machen vielen Menschen in der letagebau Menschen aus ihren Dörfern Lausitz mit Ihrer Politik Angst. Die große vertrieben würden. Mehrheit der Menschen in der Lausitz lebt seit vielen Generationen mit und (Zuruf des Abgeordneten Vogel von der Kohle. Sie gibt Ihnen auch heu­ [B90/GRÜNE]) te noch Sicherheit und Wohlstand. Die Ich will überhaupt nicht bestreiten, Kampagne der Grünen gegen die Kohle dass Umsiedlungen viel Frust auslösen. bedroht aus Sicht dieser Menschen de­ Ich kann Ihnen aber ganz klar und deut­ ren Sicherheit und Wohlstand. Das müs­ lich sagen: Die meisten Menschen in der sen Sie zur Kenntnis nehmen. Lausitz sind der Meinung, dass die größ­ (Frau Lehmann [SPD]: Genau so ist es!)

Ness 41 Schauen Sie sich doch Ihre Stimm­ aber auch die Industrie in Brandenburg ergebnisse in Spremberg an! Schauen verlassen, die darauf angewiesen ist, Sie sich Ihre Stimmergebnisse in Senf­ dass Energie bezahlbar bleibt. tenberg oder Cottbus an! Warum liegen Ich stimme Herrn Dombrowski zu. Sie dort weit unter dem Landesdurch­ Wir haben ein großes Problem. Wir ha­ schnitt? Die Politik, die Sie vertreten, ben beispielsweise Papierindustrie in wird dort schlicht und ergreifend nicht Größenordnungen in diesem Land an­ akzeptiert. gesiedelt. Die Personalkosten sind nicht das größte Problem. Das größte Prob­ (Beifall SPD) lem für die Papierindustrie sind die Ener­ Es gibt aber noch einen Grund, wa­ giekosten. Wenn hoffentlich nach der rum wir Sozialdemokraten am Ener­ Bundestagswahl eine andere Bundesre­ giemix festhalten. Wir sind überzeugt: gierung da ist und diese nicht möglichst Wir brauchen die Braunkohle noch vie­ schnell gemeinsam mit den Ländern die le Jahre, wenn wir in Brandenburg wie Energiewende in den Griff bekommt, in ganz Deutschland Industrieland blei­ werden wir erleben, dass die explodie­ ben wollen. Wir wollen den Ausstieg aus renden Energiepreise nicht nur die Men­ der Atomkraft. Da wir aber gegenwärtig schen unglaublich „annerven“, weil sie überhaupt nicht absehen können, wann persönlich diese Kosten tragen müssen. und zu welchen Kosten wir unsere Prob­ Wir werden auch erleben, dass Industrie leme bei der Entwicklung von Speicher­ aus diesem Land – auch aus Branden­ technologien für alternative Energien lö­ burg – abwandert. Die Papierindustrie sen können, wäre es grob fahrlässig, sich ist dramatisch gefährdet. Deshalb müs­ vorschnell aus der Braunkohle zu verab­ sen wir dort eine vernünftige Politik be­ schieden. Wer das will, nimmt billigend treiben. in Kauf, Deutschland zu deindustrieali­ Liebe Kolleginnen und Kollegen, in sieren, auch Brandenburg. Wer das tut, den kommenden zwölf Monaten haben gefährdet den Wohlstand unserer Men­ wir im Landtag noch genug zu tun. Da­ schen und unseres Landes insgesamt. nach kommen vier Wochen Wahlkampf, in denen wir Gelegenheit haben, nach (Beifall des Abgeordneten Bischoff Herzenslust über die richtigen Wege [SPD]) für Brandenburg zu streiten. Dann kön­ Liebe Kolleginnen und Kollegen von nen die Leute klar unterscheiden: Soll den Grünen, wir Brandenburger Sozial­ es gerecht im Land zugehen? Sollen demokraten werden diesen von Ihnen Kinder aus ärmeren Familien weiterhin vorgeschlagenen Weg nicht mitgehen. eine faire Chance bekommen oder soll das Schüler-BAföG abgeschafft wer­ (Beifall des Abgeordneten Bischoff den? Wollen sie eine Politik der Ehrlich­ [SPD]) keit und Zuverlässigkeit, eine Politik, die Darauf können sich die Menschen in mit sozialem Augenmaß den Haushalt der Lausitz verlassen. Darauf kann sich in Ordnung bringt, oder eine Politik, die

42 Ness nach dem Wolkenkuckucksheim-Prin­ unterstützen. – Vielen Dank für Ihre Auf­ zip allen alles verspricht, um am Ende merksamkeit. nichts halten zu können? Das sind die (Beifall SPD und DIE LINKE sowie Alternativen im nächsten Jahr, die wir von der Regierungsbank) deutlich machen werden. Ich bin sicher, dass wir als Sozialdemokraten gemein­ sam mit Dietmar Woidke mit unserem Zweiklang von Innovation und Gerech­ Präsident Fritsch: tigkeit überzeugen können. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Das Wort erhält die FDP-Fraktion. seiner ersten Regierungserklärung 2002 Herr Büttner, bitte. sprach Matthias Platzeck vom Ende der Nachwendezeit. Mit Matthias Platzeck verlässt jetzt ein Mann die Regierung, der seit der Stunde null Brandenburgs dabei war. Mit Dietmar Woidke tritt eine neue Generation in der Führung unseres Landes an. In vier Monaten ziehen wir gemein­ sam in den neuen Landtag, ein Haus – davon bin ich felsenfest überzeugt –, auf das wir stolz sein werden, auch diejeni­ gen, die am Anfang skeptisch waren, ein Haus, von dem ich mir wünsche, dass es allein schon durch sein würdiges Am­ biente zu mehr Selbstbewusstsein un­ seres Parlamentes beitragen wird. Nur neun Monate später, wenn wir dann im neuen Landtag sitzen, werden wir in die nächste Wahlperiode starten. Mein Eindruck ist – darin muss ich Matthias Platzeck und seiner Regie­ rungserklärung von 2002 leicht wider­ sprechen –: Jetzt ist genau das Ende der Nachwendezeit in Brandenburg ge­ kommen, und die neue Regierung von Dietmar Woidke ist angetreten, um die­ se Zeit mit offenem Visier und offenem Herzen zu gestalten. Die SPD-Fraktion wird Dietmar Woidke und seine Regie­ rungsmannschaft dabei mit aller Kraft

Ness 43

Andreas Büttner Vorsitzender der FDP-Fraktion

err Präsident! Meine sehr ge­ ehrten Damen und Herren! H Bevor ich zu meiner eigentli­ chen Rede komme, zwei Bemerkungen, Andreas Büttner da der Herr Ministerpräsident und der Kollege Dombrowski auf die Situation Eine zweite Bemerkung: Sehr ge­ im Nahen Osten bzw. in Syrien einge­ ehrter Herr Kollege Platzeck, bei allen gangen sind. Als jemand, der regelmä­ politischen Unterschieden, auch den ßig in dieser Region ist und der in weni­ politischen Gräben, die uns trennen – es gen Wochen wieder dorthin fliegt, sage wird sich nicht ändern, dass wir zu un­ ich Ihnen: Egal, was wir tun, egal, wel­ terschiedlichen politischen Bewertun­ che Entscheidungen getroffen werden gen kommen –, danke ich Ihnen als Vor­ – nachhaltige Stabilität gibt es in Syrien sitzender meiner Fraktion für Ihre Arbeit und in der gesamten Region nur mit ei­ in allen fünf Landesregierungen und den ner politischen und keiner anderen Lö­ in den letzten 23 Jahren in diesem Land sung. geleisteten Dienst. Das verdient Aner­ kennung und Respekt. Vielen Dank da­ (Beifall FDP, SPD und DIE LINKE) für! Es ist natürlich unsere Aufgabe, (Beifall FDP, SPD und DIE LINKE da, wo wir können, im Rahmen unse­ sowie von der Regierungsbank) rer Verantwortung einen Flächenbrand in der Region – der im Übrigen auch Aber, meine Damen und Herren, ich die Sicherheit Israels gefährdet – zu komme wieder zum politischen Tages­ verhindern. Tatkräftige Hilfe, Herr Kol­ geschäft. Herr Ministerpräsident, ich lege Dombrowski, besteht unter an­ habe gestern auf facebook gesehen, derem darin, dass wir diejenigen, die dass Sie plakatieren: „Der Neue“. als Flüchtlinge in unser Land kommen, (Frau Lehmann [SPD]: Plakatieren? aufnehmen. Das geschieht in Bran­ Nein!) denburg auch, und einen Abschiebe­ stopp gibt es glücklicherweise ohne­ – Zumindest haben Sie es auf dem hin. Plakat: „Der Neue“.

Büttner 45 Dann habe ich mir gedacht: Naja, gesichert, und der Bund wird bis zum „der Neue“ wird ja dann auch mal etwas Jahr 2019 mehr als 30 Milliarden Euro Neues sagen. in den „Aufbau Ost“ geben. Ich erinne­ re daran, dass die Bundesregierung erst (Frau Alter [SPD]: Hat er doch! vor Kurzem 500 Millionen Euro mehr für Genau!)­ Innovationen in den „Aufbau Ost“ gege­ Da werden ja vermutlich auch neue ben hat, um den Transfer von den Uni­ Ideen kommen, Innovationen, Sprüh­ versitäten in die Wirtschaft zu unterstüt­ kraft, ein Ruck geht durch dieses Land. zen. Herr Ministerpräsident, neu ist (Zurufe von der SPD) nichts. Ich muss Ihnen sagen: Ihre Re­ gierungserklärung finde ich fast merk­ Diese Mittel werden durch den So­ würdig passiv, bemerkenswert zurück­ lidaritätszuschlag deutlich mehr als ge­ haltend und außerordentlich lustlos für deckt. Deshalb ist dessen Abschaffung dieses Land. Ich habe mir mehr erwar­ richtig; das entlastet die Arbeitneh­ tet, Herr Ministerpräsident. merinnen und Arbeitnehmer in diesem Land. Ich komme später gern weiter auf (Beifall FDP – Unmut bei der SPD die Finanzpolitik zu sprechen. Aber, Herr und der Fraktion DIE LINKE) Kollege Ness, das war wirklich unter al­ Für eine Regierungserklärung nach ler Kanone von Ihnen. einem Wechsel im Amt des Minister­ (Beifall FDP und B90/GRÜNE – präsidenten ist das schlichtweg zu we­ ­Widerspruch bei der SPD und der nig. Und es ist auch zu wenig, um unser Fraktion DIE LINKE) Land bis zur Landtagswahl 2014 zu füh­ ren. Da erwarten wir als Liberale deut­ Meine Damen und Herren! Bran­ lich mehr, Herr Ministerpräsident. denburg steht vor großen Herausforde­ Herr Kollege Ness, ich habe mich rungen. Das Land muss sich auf seine eigentlich auf diese Auseinanderset­ Kernaufgaben konzentrieren, um hand­ zung mit Ihnen gefreut, auch wenn Sie lungsfähig zu sein und zu bleiben, gera­ es noch nicht ganz geschafft haben, von de vor dem Hintergrund der sinkenden der Rolle des Generalsekretärs in die Finanzzuweisungen sowie der Schul­ des Fraktionsvorsitzenden zu wechseln. denbremse. Deshalb gilt es, sich zu kon­ zentrieren und Prioritäten wirklich zu (Beifall FDP und B90/GRÜNE) setzen und nicht nur zu verkünden, dass Ich will Ihnen gleich zu Beginn sagen: man sie setzen möchte. Das, was Sie hier eben betrieben haben, Daher muss Brandenburg ein Land war unterste politische Schublade. guter Bildung sein. Das Chaos, das wir in der Bildungspolitik in diesem Land er­ (Beifall FDP, CDU und B90/GRÜNE) leben, ist grotesk. Herr Kollege Ness, Herr Kollege Ness, Sie sollten wis­ was das angeht, möchte ich gleich noch sen: Der „Aufbau Ost“ ist vertraglich zu­ auf Sie eingehen und versuchen, Ih­

46 Büttner nen einen Unterschied zu erklären. Ge­ Gute Bildung ist die Voraussetzung genwärtig haben wir das vermutlich am für den Aufstieg in unserer Gesellschaft. schlechtesten geführte Bildungsminis­ Deshalb ist es richtig, dass, wenn ein terium in der Geschichte dieses Landes Land die Kernaufgabe Bildung hat, in seit 1990. diese auch vernünftig investiert wird. Die Kitapolitischen Initiativen dieser Landes­ (Beifall FDP) regierung haben 2010 ein Ende gefun­ Was haben wir denn in den vergan­ den, und ich finde es fast schon lustig, genen Jahren in Ihrer Regierungszeit er­ Herr Kollege Ness, dass Sie auf diesen lebt? Wir haben mit Ihren Attacken ge­ Kita-Personalschlüssel noch einmal so gen die freien Schulen einen Angriff auf deutlich eingegangen sind, der uns – ich die vielfältige Bildungslandschaft und wiederhole es gern – im bundesweiten die Schulvielfalt in unserem Land erlebt. Vergleich von Platz 16 auf Platz 16 ka­ Sie handeln nach dem „Schneewitt­ tapultiert hat. Herr Kollege Ness, das ist cheneffekt“: Alles, was schöner ist als doch nicht wirklich das, was Sie für die­ ich, muss beseitigt werden. – Genau das ses Land erreichen wollen. Bei dieser war das Ziel Ihrer Maßnahme, und das Gelegenheit erkläre ich Ihnen nachher lassen wir Ihnen nicht durchgehen. Des­ gern auch noch einmal den Unterschied halb gibt es die Klage vor dem Landes­ zwischen Betreuungsquote und Be­ verfassungsgericht. treuungsschlüssel, denn das haben Sie wohl etwas verwechselt. (Zurufe der Abgeordneten Große und Wehlan [DIE LINKE]) (Beifall FDP und B90/GRÜNE)

In allen Umfragen und allen Ver­ Auch bei den Lehrereinstellun­ gleichsstudien, die es gibt, im „Bil­ gen streuen Sie den Menschen in die­ dungsmonitor 2012“ der INSM und des sem Land Sand in die Augen. Wir haben Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln, 2 000 Lehrer eingestellt, das ist richtig. ist Brandenburg unter den Schlusslich­ Wir haben Abgänge von 2 908 Lehrern tern. Im „Bildungsmonitor 2011“ liegen – sie verlassen den Schuldienst – bei wir bereits auf Platz 13. Beim IQB-Län­ leicht steigenden Schülerzahlen. Dabei dervergleich 2011 liegen die Ergebnisse ist die Inklusion überhaupt noch nicht aus Brandenburg in allen Tests teilwei­ eingerechnet, sondern nur das Halten se weit unter dem Bundesdurchschnitt. der Schüler-Lehrer-Relation. Das be­ Deshalb ist Ihr Vergleich mit Sachsen deutet im Umkehrschluss, dass Inklu­ ziemlich absurd, Herr Kollege Ness. sion für Sie offensichtlich doch nur ein Sachsen steht bei PISA auf Platz 1, und Einsparmodell ist, und das wird es mit die Kritik an Sachsen ist schlichtweg uns nicht geben, meine Damen und Her­ Unfug. ren. Dennoch haben wir einen hohen Un­ (Beifall FDP – Zuruf des Abgeordne- terrichtsausfall. Wir haben den gerings­ ten Ness [SPD]) ten planmäßig erteilten Unterricht seit

Büttner 47 Einführung der Statistik. Frau Ministerin,­ Vertretungsreserve ändert überhaupt ein aktuelles Beispiel aus dem Ober­ nichts an dem Unterrichtsausfall. – Ich stufenzentrum Uckermark: In der Er­ freue mich, dass es endlich bei Ihnen als zieherausbildung ist gerade – gestern Ministerpräsident die Erkenntnis gibt, – ein gesamtes Unterrichtsfach für die­ dass es anders ist und Sie die Vertre­ ses Schuljahr gestrichen worden, da tungsreserve erhöhen wollen – ein Stück es schlicht keine ausreichende Leh­ weit erhöhen wollen –, um den Unter­ reranzahl an dieser Schule gibt und das richtsausfall zu bekämpfen. Staatliche Schulamt sagt, es werde auch (Frau Lehmann [SPD]: Also doch keine Möglichkeit geben, einen Lehrer was Neues!) dorthin zu versetzen. Das sind keine Ein­ zelbeispiele, sondern es ist ein Trend, Ich hoffe, Sie haben es auch Minis­ der durch das gesamte Land geht. terin Münch erklärt, damit es am Ende Deswegen fordere ich Sie auf, end­ auch durchgesetzt wird. lich zu erkennen, dass dieser Unter­ (Vereinzelt Beifall FDP und CDU) richtsausfall ein gravierendes Problem in diesem Land ist, endlich zu erkennen, Das Problem ist nur: Das ist zwar dass wir mit dieser Art der Bildungspoli­ eine richtige Erkenntnis, aber wir haben tik nicht weitermachen können, sondern einen deutlich höheren Krankenstand. in der Bildungspolitik umzusteuern ha­ Wir als FDP-Fraktion haben Ihnen ein ben. Frau Ministerin Münch, Sie haben Konzept gegen Unterrichtsausfall vor­ Ihr Haus nicht im Griff. gelegt. Die Erhöhung – ich habe es ge­ sagt – der Vertretungsreserve wurde ab­ (Beifall FDP und CDU) gelehnt. Es geht aber auch um mehr. Es Deswegen, Herr Ministerpräsident, geht um die Einführung eines Gesund­ bin ich ein bisschen überrascht gewe­ heitsmanagements, um die Möglichkeit, sen – fast positiv überrascht –, dass Sie dass ältere Lehrer in den Schuldienst gesagt haben, Sie wollen die Vertre­ hineingehen, verstärkt hineingehen, tungsreserve um 50 % erhöhen. Das ist um den Unterrichtsausfall auch einmal richtig. Es ist endlich ein erster Schritt spontan abdecken zu können. Denn in die richtige Richtung. Wir als Liberale, wir wissen natürlich: Wir werden Unter­ als Freie Demokraten haben Ihnen jah­ richtsausfall nie auf null herunterdrü­ relang – jahrelang! – die Erhöhung der cken können, sondern er wird immer da Vertretungsreserve vorgeschlagen. Wir sein, weil immer mal jemand krank wird. haben diesen Vorschlag mit mehreren Wenn sich das häuft, ist der Unterrichts­ Anträgen – oft, Herr Kollege Dombrow­ ausfall auch höher. ski, auch gemeinsam mit Ihnen, mit der Aber, meine Damen und Herren, CDU, gemeinsam mit den Grünen – hier die Konzeption dieser Landesregierung in den Landtag eingebracht. Das, was in der Bildungspolitik ist schlichtweg wir immer von Ihrer Bildungsministe­ falsch. Wenn wir hier nicht umsteuern, rin gehört haben, war: Die Erhöhung der verlieren wir einen Teil unserer Genera­

48 Büttner tion. Das sehen wir an den hohen, mit (Vereinzelt Beifall FDP – Frau Meli- 8 % immer noch viel zu hohen Schul­ or [SPD]: Das ist nicht der aktuelle abbrecherzahlen in diesem Land. Hier Stand!) muss dringend mehr Individualität hin­ ein, hier muss umgesteuert werden. Meine Damen und Herren, Bran­ Herr Ministerpräsident, ich zitiere denburg muss ein wirtschaftlich stabiles Sie: Land sein. Die wirtschaftliche Entwick­ „Auch der Weg, in Wissenschaft lung Brandenburgs hängt natürlich auch und Forschung zu investieren, war und von einer guten Infrastruktur ab. Deswe­ ist richtig. Wir haben heute eine erfolg­ gen benötigen wir gute Straßen. Wir be­ reiche Hochschullandschaft.“ nötigen gute Schienen. Wir benötigen Herr Ministerpräsident, was meinen gut ausgebaute Wasserstraßen. Das ist Sie? Meinen Sie den Griff in die Rückla­ nicht etwas, was das Land allein be­ gen der Hochschulen, bei denen Sie 10 werkstelligen kann. Millionen Euro, also 25 %, den Rückla­ Herr Kollege Bischoff, zum Beispiel gen der Hochschulen entnommen ha­ der Ausbau der Hohensaaten-Fried­ ben? Oder meinen Sie die schlechteste richsthaler Wasserstraße ist unabding­ Hochschulfinanzierung mit 167 Euro je bar notwendig – er steht auch im Be­ Einwohner im Jahr? – Für die Hochschu­ darfsplan des Bundes, sodass der Au len ist das mit Abstand der niedrigste bau auch kommen wird –, um zum Bei­ Wert in ganz Deutschland. spiel für Ihre Region, für unsere gemein­ Meine Damen und Herren, For­ same Region eine Anbindung des Ha­ schung und Innovation sind die Grund­ fens Schwedt an den Ostseeraum zu lage für eine innovative Wirtschaft. Des­ erreichen. Wir werden das nicht allein wegen fordern wir Sie auf – wir haben stemmen können, aber das Land Bran­ Ihnen das hier als FDP-Fraktion schon denburg muss natürlich seinen Beitrag oft genug vorgelegt –: Investieren Sie in dazu leisten. Forschung, investieren Sie in Innovation, Seit 2010 ist der Etat für Straßenbau investieren Sie in die Hochschulen, und kontinuierlich zurückgefahren worden. nehmen Sie den Hochschulen nicht das Die Landesregierung stellt zu wenig fi­ Geld weg! Das benötigen die Hochschu­ nanzielle Mittel für den Erhalt der 9 400 len, um weitere Projekte zu fördern. km Bundes- und Landesstraßen bereit; Wenn Sie an der Stelle umsteuern im Bereich der Bundesstraßen sind es wollen, Herr Ministerpräsident, dann ha­ die Planungsmittel. ben Sie unsere Unterstützung. Herr Minister Vogelsänger, ich muss Ihnen das auch vorhalten: Sie haben sich (Frau Melior [SPD]: 5 % pro Jahr schlichtweg nicht durchsetzen können mehr pro Jahr?) beim Finanzminister. Deswegen ist das, Mit der schlechtesten Hochschulfi­ was wir auch gestern diskutiert haben – nanzierung, Frau Kollegin Melior, werden wir brauchen eigentlich 60 Millionen Euro wir dieses Land nicht nach vorn bringen. für den Erhalt unserer Landesstraßen,

Büttner 49 haben aber überhaupt nur etwa 10 %, Auch das im Infrastrukturminis­ also 6 Millionen Euro, zur Verfügung –, terium liegende Entwicklungskonzept eine wirtschaftspolitische Katastrophe „Brandenburg-Glasfaser 2020“ für unser Land; ich will es so deutlich for­ (Domres [DIE LINKE]: Im Wirt- mulieren. Wir vernichten hier mit dieser schaftsministerium!) Politik volkswirtschaftliches Eigentum. Deswegen hoffe ich, dass Sie sich doch wird das nicht umsetzen können. irgendwann einmal beim Finanzminister Aus den Ministerien hören wir bereits, durchsetzen können. Denn neben guter dass die ländlichen Räume nicht ausrei­ Bildung ist auch dies eine Voraussetzung chend erreicht werden können. Meine für eine wachsende Wirtschaft. Damen und Herren, das ist ein Standort­ nachteil für das Land Brandenburg. Wir (Beifall FDP und vereinzelt CDU) brauchen eine Förderung des Ausbaus Meine Damen und Herren, natür­ des schnellen Internets in ganz Bran­ lich gehört zu einer gut ausgebauten denburg für die Wirtschaft, aber natür­ Wirtschaft, gehört zu einem innovativen lich auch für jeden einzelnen Haushalt in Land auch eine gute Breitbandversor­ diesem Land. gung. Ich erinnere daran, dass 2008 von (Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Ministerpräsident Platzeck versprochen Das sollte doch der Markt regeln!) wurde – ich kann mich gut daran erin­ nern; es war ja gerade Kommunalwahl­ Infrastruktur ist ein prioritäres The­ kampf, Herr Platzeck –: Bis Ende 2009 ma. Im Übrigen, Herr Ministerpräsident, sind alle weißen Flecken im Land Bran­ haben Sie das in Ihrer Regierungserklä­ denburg verschwunden. rung vorsichtshalber ausgelassen – mit Das haben Sie „toll“ hingekriegt. Ich Ausnahme des Pannenflughafens BER. kenne ganz viele weiße Flecken. Immer, Herr Ministerpräsident, mit der Berufung wenn ich durch die Gegend fahre, sagen von Herrn Staatssekretär Bretschnei­ mir überall, wohin ich komme, die Unter­ der haben Sie es verpasst, einen Exper­ nehmer: Wir haben kein vernünftig aus­ ten für Flughafenbau in den Aufsichtsrat gebautes Internet. – Wenn man natürlich zu berufen. Bei all dem, was man Herrn von einer Tausender-Leitung spricht – so Bretschneider auch positiv unterstellen haben Sie es damals wahrscheinlich ge­ mag: Er ist eben auch wieder ein Politi­ meint –, dann haben wir eine ganz gute ker. Der Aufsichtsrat muss endlich von Abdeckung. Das ist aber nicht der Stan­ der Dominanz der Politik befreit werden. dard. Wir brauchen dringend den Aus­ Einen anderen Weg wird es für den Auf­ bau des schnellen Internets in Bran­ sichtsrat nicht geben. denburg, um uns wirtschaftlich nicht (Vereinzelt Beifall FDP, CDU sowie abzukoppeln. Die Unternehmen brau­ B90/GRÜNE) chen die schnelle Internetverbindung. Wir brauchen eine gute Breitbandver­ Vor allem, meine Damen und Her­ sorgung. ren: Der Flughafen muss endlich an den

50 Büttner Start gehen. Wir benötigen ihn dringend Grundsatz in unserer Landesverfassung, – da stimme ich Ihnen zu – für die zu­ und in diesem Ziel unterstützen wir Sie. künftige wirtschaftliche Entwicklung in Richtig ist: Alle Menschen in Bran­ unserer Region. denburg sollen eine Chance haben. Ich war etwas überrascht über die Richtig ist jedoch auch, dass die Lan­ Worte, die Sie gefunden haben – schon desregierung bei der Entwicklung der sehr zurückhaltend – zum Thema Nacht­ ländlichen Räume hinderlich ist. Wir ha­ flugverbot. Ich sage es hier noch einmal ben im ländlichen Raum bzw. in der Flä­ ganz deutlich: Ich persönlich bin gegen che den Abzug von Einrichtungen. Ich ein Nachtflugverbot für von 22 spreche hier das Finanzamt Angermün­ bis 6 Uhr. de an, Herr Minister Markov, und das Landesjugendamt in Bernau, um nur (Beifall FDP) zwei Beispiele zu nennen. Aber ich sage das auch sehr deut­ Auch da ist Infrastruktur wieder ein lich, und ich habe das immer gesagt. Ich Thema: Mobilität im ländlichen Raum stehe zu meiner Meinung. Aber das ist muss gewährleistet sein. Der öffentliche eben ehrlich. Herr Platzeck, Sie haben Personennahverkehr in Brandenburg ist in Ihrer Zeit als Ministerpräsident immer jedoch kritisch unterfinanziert, weshalb versprochen: Es wird ein Nachtflugver­ Zugverbindungen ausgedünnt und Bus­ bot für die Zeit von 22 bis 6 Uhr geben. linien eingestellt werden. Herr Ministerpräsident Woidke, Sie Meine Damen und Herren, der so­ sind hier ja schon deutlich zurückhalten­ zialdemokratische Landrat der Ucker­ der. Es gibt eben noch andere, die in die­ mark – im Übrigen Ihr ehemaliger sem Aufsichtsrat sind. Es gibt eben noch Staatssekretär, Herr Ministerpräsident andere, die Gesellschafter sind, und die – bemängelt in einer Stellungnahme an sehen das anders. Deswegen: Verspre­ diesen Landtag, dass die Landesre­ chen Sie den Menschen in diesem Land gierung nichts für die ländlichen Räu­ nichts, was Sie am Ende nicht halten me unternehme, sondern lediglich die können, sondern setzen Sie es um! kommunale Ebene und der Bund sich Noch einmal: Ich persönlich bin da­ kümmerten. Aus diesem Grund ist der gegen. Sie aber versprechen etwas, was Landkreis Uckermark im Bundespro­ Sie nicht halten können. Und das, Herr gramm „LandZukunft“. Ministerpräsident, ist schlichtweg un­ Das von Ihnen, Herr Ministerpräsi­ redlich. dent, angesprochene und zu Recht ge­ Herr Ministerpräsident, Branden­ lobte Kombiprojekt ist ein vom Bund burg muss ein Land für alle Regionen bzw. vom Bundesinnenministerium sein. Sie haben mehrfach auf die Be­ ­finanziertes Projekt. Insofern bin ich ge­ deutung der Einheit des Landes hinge­ spannt, wie Sie die ländlichen Räume wiesen und darauf, dass sich alle Re­ stärken wollen. gionen des Landes entwickeln müssen Herr Platzeck, ich freue mich per­ und sollen. Das entspricht natürlich dem sönlich, dass Sie in der Uckermark ver­

Büttner 51 treten sind. Ich hoffe, Sie setzen sich beschäftigt sich stattdessen mit eben­ auch für diese Region ein und erkennen, so kostspieligen wie auch überflüssigen dass Ihre Landesregierung und Sie als Spielwiesen, etwa mit der Erstellung der Mitglied der Koalitionsfraktionen sich sogenannten Nachhaltigkeitsstrategie. stärker für die ländlichen Räume einset­ (Beyer [FDP]: Überflüssig, genau!) zen müssen. Herr Ministerpräsident, ich erwar­ Zentrale Herausforderungen – zum te von Ihnen eine Strategie für die länd­ Beispiel die Novellierung des Wasser- lichen Räume. Wenn sich die Regio­ und des Naturschutzgesetzes, die Re­ nen nicht auseinanderentwickeln sollen, form der Wasser- und Bodenverbände, dann muss es eine vernünftige und die Reform der Naturschutzverwaltung, nachhaltige Strategie geben, wie es die Verbesserung der medizinischen nicht zu einem Auseinanderleben der Versorgung – wurden nur halbherzig an­ Regionen kommt. Das haben Sie in Ih­ gegangen, zum Teil schlichtweg ver­ rer Regierungserklärung vorsichtshal­ drängt oder – im wahrsten Sinne des ber ausgelassen, wie Sie in Ihrer Regie­ Wortes – in den Sand gesetzt. rungserklärung so furchtbar viele lose (Beyer [FDP]: Genau! – Beifall FDP) Enden hatten und so furchtbar viel aus­ gelassen haben. Jüngstes Beispiel dafür ist die No­ velle des Wassergesetzes, mit der man (Beifall FDP) sich innerhalb von zwei Jahren nun zum Wir als FDP sagen zudem konkret: zweiten Mal befassen muss, weil man Auch in Zukunft muss Mobilität bezahl­ sich bei der ersten Novelle nicht über bar sein. Insofern lehnen wir die Ab­ die Rechtsfolgen im Klaren war, die nun schaffung der Pendlerpauschale oder zu einer Umsatzsteuerpflicht der Unter­ höhere Belastungen für die Bürger ab. haltungsverbände führt. Meine Damen und Herren, auch in Frau Ministerin Tack, Sie eilen der Umwelt- und Gesundheitspolitik hat von einer Blamage zur nächsten. So­ dieses Land völlig den Kompass verlo­ wohl fachlich als auch politisch sind Sie ren. Frau Ministerin Tack hat ihr Minis­ schlichtweg ungeeignet für dieses Mi­ terium nicht im Griff, sie ist Spielball der nisterium und ein Mühlstein am Hals der Abteilungsleiter und hat seit Beginn ihrer Landesregierung. Amtszeit nicht verstanden, dem Haus (Beifall FDP) eine politische Richtung zu geben. Herr Ministerpräsident, einer der (Beifall FDP) größten Vorwürfe, den ich Ihnen mache Bei klaren, teils mit überfraktioneller bzw. den meine Fraktion Ihnen macht, Mehrheit getroffenen Beschlüssen des ist, dass Sie gestern die Chance ver­ Landtages, etwa zur Agrarpolitik oder passt haben, eine Kabinettsumbildung zur Fischereiwirtschaft, verweigert sie durchzuführen und insbesondere die die Mitwirkung oder die Umsetzung und Gesundheits- und Umweltministerin so­

52 Büttner wie die Bildungsministerin zu entlassen sichtlich, dass es neben diesem Aspekt und dafür neue Minister zu berufen – für auch dazu kommen muss, Betriebe mit einen Neuanfang in diesem Land. erhöhtem Energieverbrauch verstärkt Meine Damen und Herren, Branden­ dort anzusiedeln, wo es aufgrund des burg muss ein Land der Energie sein. Aufbaus der regenerativen Energieträger Brandenburg ist ein Energieexportland zu Überschüssen kommt und weiterhin und hat auch eine Energieversorger­ kommen wird. funktion. Das bedeutet: Brandenburg Die Energiestrategie des Landes, muss in der Lage sein, so viel Ener­ auf die Sie, Herr Ministerpräsident, ein­ gie zu produzieren, dass es auch Ber­ gegangen sind, benötigt daher einen lin mit dessen begrenzten Möglichkeiten deutlicheren wirtschaftspolitischen An­ zum Ausbau der erneuerbaren Energien strich. Sie muss die Ansiedlungspolitik komplett versorgen kann. von Betrieben mit erhöhtem Energiever­ Als Stromexporteur für die südli­ brauch des energieintensiven Mittel­ chen Bundesländer wird die Bedeu­ stands in den Fokus stellen. tung Brandenburgs angesichts der gu­ Einig, Herr Ministerpräsident, sind ten wirtschaftlichen Entwicklung künftig wir uns in der Bewertung der Braunkoh­ weiter steigen und dem Land dauerhaft le: Wir benötigen die Braunkohle wei­ eine strategisch wichtige Versorgerfunk­ terhin als Brückentechnologie bis in das tion innerhalb der Bundesrepublik zu­ Zeitalter der erneuerbaren Energien. weisen. Wenn Sie, Herr Ministerpräsident, aber In der Tatsache, dass die Bundes­ behaupten, dass die Energiewende im republik energiepolitisch betrachtet in Bund gescheitert sei, dann will ich Ihnen drei Regionen gegliedert werden kann, eines sagen: Wir müssen insbesondere liegen erhebliche wirtschaftspolitische unseren Energieverbrauch senken. Das Chancen. Im Süden des Landes wird ist eine der Möglichkeiten, die wir ha­ gegenwärtig deutlich weniger Energie ben, um die Energiewende zu gestalten. bereitgestellt, als verbraucherseitig ab­ Herr Ministerpräsident, seit dem gefordert wird, während der Norden Jahr 2012 liegt das Gesetz zur steuerli­ deutliche Energieüberschüsse aufzuwei­ chen Förderung von energetischen Sa­ sen hat. Lediglich Mitteldeutschland hat nierungsmaßnahmen im Bundesrat. energetisch eine in Grenzen ausgegli­ Dessen Umsetzung ist auch an der Ver­ chene Energiebilanz vorzuweisen. weigerungshaltung Brandenburgs ge­ In der bisherigen Energiepolitik führt scheitert. Insofern fordere ich Sie, Herr dies zur lediglich gebetsmühlenartig Ministerpräsident, auf, an dieser Stel­ vorgetragenen Forderung, dass die Lei­ le umzuschwenken und dem Gesetz zur tungskapazitäten demgemäß auszubau­ steuerlichen Förderung von energeti­ en seien, um den Transport der Energie schen Sanierungsmaßnahmen im Bun­ von Nord nach Süd zu gewährleisten. desrat nach der Bundestagswahl und Genauso richtig wie diese Forderung nach der Fortsetzung der gegenwärti­ auch sein mag, ist es zugleich offen­ gen Bundesregierung zuzustimmen.

Büttner 53 reichen, wenn Sie die Beamten durch­ (Ministerpräsident Dr. Woidke: Dann schnittlich 15 Jahre lang auf eine Be­ wird die Energiewende gelingen?!) förderung warten lassen? – Das führt Meine Damen und Herren, Bran­ zu Demotivation. Das funktioniert nicht, denburg muss ein sicheres Land sein; Herr Ministerpräsident und Herr Innen­ das haben auch Sie, Herr Ministerpräsi­ minister. Das ist ein falscher Ansatz in dent, zu Recht gesagt. Die Bürger haben der Innenpolitik. Diesen Weg gehen wir ein Recht auf ein sicheres Land. Das ist mit Ihnen nicht mit. auch Voraussetzung für die wirtschaftli­ (Beifall FDP) che Entwicklung. Aber die Menschen – Sie, Herr Ministerpräsident, wissen das; Meine Damen und Herren, Bran­ denn Sie wohnen in einer Grenzregion – denburg muss ein Land der Chancen für fühlen sich gegenwärtig nicht sicher. Sie, alle sein. Aufstiegschancen für alle – das Herr Platzeck, wissen das auch; denn erfordert gute Bildungspolitik und gute wir waren gemeinsam in der Uckermark Arbeitsmarktpolitik. Die Arbeitsmarkt­ und haben mit den Unternehmern und programme in diesem Land müssen ge­ den Landwirten vor Ort gesprochen. strafft werden. Herr Minister Baaske, an Insofern reicht es nicht, Hundert­ dieser Stelle fordere ich Sie dringend schaften an die Grenze zu schicken. auf, die Mittel aus dem Regionalbudget Vielmehr muss es eine dauerhafte Lö­ bei den Landkreisen zu belassen und sung geben, die Sie jedoch nicht ha­ nicht in Ihrem Ministerium zu verorten. ben. Sie haben diese dauerhafte Lösung Herr Ministerpräsident und Herr nicht. Ness, wir sind völlig unterschiedlicher Auffassung in der Frage des Gesetzes (Frau Stark [SPD]: Haben Sie denn zur Stärkung der kommunalen Daseins­ eine?) vorsorge. Das Gesetz zur Stärkung der Aus diesem Grund brauchen wir ein kommunalen Daseinsvorsorge ist nicht langfristiges und tragfähiges Konzept im positiv für unser Land, sondern bedeu­ Bereich der Grenzkriminalität. tet mehr staatliche Intervention. Diesen Ihre Polizeireform senkt die Motiva­ Weg werden wir mit Ihnen nicht gehen. tion bei den Polizeibeamten in Branden­ Das ist mit uns nicht möglich. burg. Die gegenwärtig zu geringen Aus­ Des Weiteren ist das Vergabegesetz bildungszahlen erreichen nicht einmal bürokratischer Unfug und ein weiterer die Personalbedarfszahlen, die Sie errei­ staatlicher Eingriff in das freie Unter­ chen wollen. nehmertum. Diese beiden Gesetze sind Herr Innenminister, steuern Sie schlichtweg falsch. um! Ihr jetziger Ministerpräsident ist Ihr (Oh! bei der SPD) Amtsvorgänger, weshalb er sich be­ sonders mit diesem Thema auskennen Sie, meine Damen und Herren, set­ muss. Wie wollen Sie denn Motivation zen damit die Grundlagen der sozialen erreichen? Wie wollen Sie Motivation er­ Marktwirtschaft außer Kraft.

54 Büttner (Beifall FDP – Zuruf der Abgeordne- Herr Ministerpräsident, Sie haben ten Mächtig [DIE LINKE]) gesagt, dass Sie keine neuen Schul­ den mehr aufgenommen hätten. Aber Die Folge ist die Verdrängung von welche Risiken liegen im Haushalt? Ich Privatunternehmen, Frau Mächtig, von bin gespannt auf den Nachtragshaus­ einem für sie wichtigen Marktsegment. halt, den der Finanzminister im Novem­ Mittelfristig führt dies zu einem Rück­ ber vorlegen will. Wie wollen Sie das mit gang des Steueraufkommens. Die Folge dem Flughafen BER weiter umsetzen? dessen werden Monopolisierung einzel­ Die Risiken bekommen wir bisher über­ ner Leistungen und Preissteigerungen haupt nicht mitgeteilt. Sagen Sie doch für die Bürger aufgrund fehlenden Wett­ ehrlich, welche Risiken noch im Haus­ bewerbs sein. halt liegen! (Beifall FDP) (Beifall FDP) Meine Damen und Herren, Bran­ Herr Ministerpräsident, ich glau­ denburg muss ein Land mit soliden Fi­ be Ihnen an dieser Stelle nicht ein Wort. nanzen sein. Herr Kollege Ness, Ihr Ver­ Sie haben kein Konzept, wie Sie künf­ gleich mit dem Bund war wirklich Quark tig Schulden zurückzahlen wollen. Das – da wäre ich ein bisschen vorsichti­ fordert meine Fraktion, und so macht ger gewesen. Erstens haben wir deut­ es das von Ihnen beiden gescholte­ lich weniger Schulden aufgenommen ne Sachsen seit vielen Jahren – das ist als Ihr damaliger Finanzminister – man der Unterschied zwischen vernünftiger sieht ihn nicht so oft; es soll Ihr jetziger Haushaltspolitik von Schwarz-Gelb in Kanzlerkandidat Peer Steinbrück sein – Sachsen und Haushaltspolitik von Rot- in der mittelfristigen Finanzplanung ge­ Rot in Brandenburg. plant hatte. Die Bundesregierung legt einen (Beifall FDP und CDU) strukturell ausgeglichenen Haushalt für Warum haben Sie keine neuen das Jahr 2014 vor. Erstmals in der Ge­ Schulden aufgenommen? Wegen mas­ schichte der Bundesrepublik sind Aus­ siver Steuermehreinnahmen! Und die­ gaben und Neuverschuldung am Ende se sind der guten konjunkturellen Lage der Wahlperiode geringer als am An­ und den politischen Voraussetzungen fang. 2015 wird im Bund mit der Schul­ durch die Bundesregierung zu verdan­ dentilgung begonnen – das ist kon­ ken; Brandenburg hat wirklich nicht viel sequente Konsolidierungspolitik. Herr dafür getan. Ness, wann fangen Sie in Brandenburg an, die Schulden zu tilgen? (Bischoff [SPD]: Wo arbeiten denn die Leute?) (Beifall FDP – Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE: Herr Kollege Ness, Sie blenden Lächerlich!)­ auch aus, dass die Bundesregierung 21,7 Milliarden Euro im ESM und 22 Mil­

Büttner 55 liarden Euro Zusatzleistung für Länder es bleiben. Aber Brandenburg braucht und Kommunen bereitgestellt hat, von dringend mehr liberale Impulse. – Vie­ denen das Land Brandenburg profitiert. len Dank. Es gibt in Brandenburg viel zu tun. (Beifall FDP) Herr Ministerpräsident, ich glaube nicht, dass Ihre Regierung in der Lage ist, die­ se Probleme anzugehen. Das haben Sie in den letzten vier Jahren bewiesen. Vizepräsidentin Große: Herr Ministerpräsident, Sie haben ge­ sagt, dass Sie alle mitnehmen wollen. – Vielen Dank, Herr Abgeordneter Sie haben uns nicht gesagt, wohin; das Büttner. Wir setzen die Aussprache mit ist offengeblieben. dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort; Herr Abgeordneter Görke hat das Wort. (Heiterkeit und Beifall FDP und CDU)

Wollen Sie uns in den Schulden­ staat mitnehmen, in den Umverteilungs­ staat, in den Bevormundungsstaat? Da­ hin wollen wir nicht mitkommen. (Frau Lehmann [SPD]: Sie sind ja bei 3 %!)

– Ihnen wird das Lachen nach sol­ chen Aussagen noch vergehen, Frau Lehmann! (Frau Lehmann [SPD]: War das eine Drohung?)

– Vielleicht sollten Sie sich einmal ein wenig zurücknehmen, Frau Leh­ mann. Wir wollen eine soziale Marktwirt­ schaft mit sicheren Arbeitsplätzen im Mittelstand. Wir wollen eine offene, freie, tolerante Gesellschaft in Brandenburg. Wir wollen einen gesunden, handlungs­ fähigen Staat, der seine Kraft aus der Bescheidenheit schöpft. Zu all dem ha­ ben wir nichts gehört, Herr Minister­ präsident. Deshalb, Herr Woidke: Bran­ denburg ist ein soziales Land und soll

56 Büttner Christian Görke Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE

rau Präsidentin! Liebe Kollegin­ nen und Kollegen! Gestatten Sie F zu Beginn auch der Linksfrakti­ on einige Sätze zum Syrienkonflikt: Die Christian Görke Linksfraktion fühlt sich bei den Vorred­ nern in der Bewertung durchaus aufge­ Herr Präsident! Meine Damen und hoben. Für uns – das war schon immer Herren! Zu Beginn drei klare Sätze: Ers­ so – sind Krieg oder Luftangriffe keine tens möchte ich Matthias Platzeck noch­ Lösung eines Problems, mals Respekt und Dank aussprechen. Zweitens wünsche ich Dietmar Woidke (Beifall DIE LINKE) im neuen Amt eine weiterhin gute Zu­ sondern vergrößern menschliches sammenarbeit, ein weiterhin gutes Mit­ Elend. Politik muss gerade jetzt das Pri­ einander. Und drittens, liebe Branden­ mat haben; burgerinnen und Brandenburger: Diese Koalition arbeitet erfolgreich weiter! (Frau von Halem [B90/GRÜNE]: Wie wollen Sie das machen?) (Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD) ich glaube, darin sind wir übereinge­ kommen. An Sie, meine Damen und Herren der Liebe Brandenburgerinnen und Opposition, noch ein vierter Satz: Hü­ Brandenburger, ich trete als vierter ten Sie sich vor Übertreibungen! Sie ha­ Mann ans Rednerpult, und es kommt ja ben vor einigen Tagen – mit Bekanntwer­ wohl noch einer. Doch keine Sorge: Was den der Entscheidung – versucht, den ich hier zu sagen habe, ist mit den Frau­ Wechsel des Ministerpräsidenten zu einer en meiner Fraktion besprochen. Ich bin Schicksalsstunde, einem Wendepunkt froh darüber, dass sie ein gewichtiges des Landes hochzustilisieren, zu einem Wort mitzureden haben, denn – davon Zusammenbruch der Koalition, zum Ende bin ich überzeugt – die Zukunft Bran­ einer ach so schrecklichen Zeit, die über denburgs ist weiblich! Brandenburg gekommen sei. (Beifall DIE LINKE und vereinzelt (Bretz [CDU]: Von Ihnen haben wir SPD) gar nichts gehört!)

Görke 57 – Herr Kollege Bretz, der Minister­ und Amtsgerichte haben in der Fläche präsident ist aus dem Amt geschieden, des Landes eine Zukunft. Das verstehen weil er auf seine Gesundheit achten wir unter Gemeinsinn. muss, und nicht, weil ihm die Geschicke (Beifall DIE LINKE) eines kranken Landes aus den Händen geglitten wären. Zugleich haben wir uns auf den Weg Im Gegenteil, Brandenburg ist ge­ der Erneuerung des Landes gemacht. sund und kräftig. Herr Dombrowski, Wir haben Neuland betreten, indem wir 2012 sind wir das Bundesland mit der neue Weichen in der Wirtschaftspolitik dynamischsten Wirtschaftsentwicklung und -förderung gesetzt und die jahrelan­ geworden und haben sogar Bayern hin­ ge, auch von Ihnen zu verantwortende ter uns gelassen. Politik des Schuldenmachens gestoppt haben. Wir haben den Brandenburge­ (Beifall DIE LINKE und vereinzelt rinnen und Brandenburgern neue Pers­ SPD – Gelächter bei der CDU) pektiven im eigenen Land gegeben. Wir So viel zu Ihrer Behauptung, wir sei­ kümmern uns um Einheimische, Rück­ en wirtschaftsfeindlich. Merken Sie noch kehrer und Neu-Brandenburger glei­ etwas? chermaßen. Meine Damen und Herren, der Mi­ Wir haben Neues gewagt, indem nisterpräsident hat bei aller positiven Bi­ wir in Brandenburg mutige Reformen im lanz deutlich gemacht, dass es keinen Justizbereich angepackt und eine mo­ Anlass gibt, die Hände in den Schoß derne Rechtsstaatspolitik mit klaren lin­ zu legen. Das sehen wir genauso und ken Akzenten etabliert haben. setzen deswegen unsere Arbeit kon­ (Beifall DIE LINKE und des Abge- sequent fort. Die rot-rote Koalition hat ordneten Bischoff [SPD]) das Land allen Unkenrufen zum Trotz für die kommenden Herausforderungen Gegen den Widerstand der CDU fit gemacht. Den Koalitionsvertrag ha­ haben wir den Resozialisierungsansatz ben wir mit „Gemeinsinn und Erneue­ im Strafvollzug gesetzlich verankert und rung“ überschrieben. In der Praxis heißt damit bei der Kriminalitätsverhütung und das: Wir haben weiteren Menschen eine vor allen Dingen beim Opferschutz einen Chance gegeben, sich in das gemein­ elementaren Schritt nach vorn getan. same Leben in Brandenburg einzubrin­ (Beifall DIE LINKE und vereinzelt gen. Momentan haben 2 200 ehemali­ SPD) ge Hartz-IV-Empfänger die Chance auf eine überjährige öffentliche Beschäfti­ All das – ob es Ihnen gefällt oder gung, Asylbewerber können sich frei­ nicht – wird dieses Land verändern, und er im Land bewegen und benachteiligte das ist auch gut so. Genau das werden Kinder mit anderen Kindern gemeinsam wir fortführen und ausbauen. Aber of­ lernen. Reiche Kommunen helfen künf­ fenbar – Sie sind so erregt – passt Ihnen tig ärmeren Kommunen, Krankenhäuser genau das nicht, meine Damen und Her­

58 Görke ren von der CDU. Auch heute reden Sie Blicken wir jetzt gemeinsam auf das Land wieder schlecht und verbrei­ das, was wir bereits geschafft haben, ten miese Stimmung. Insbesondere Sie, aber auch auf das, was wir noch errei­ Herr Kollege Dombrowski und Ihre Frak­ chen wollen; darauf sind Sie ja neugie­ tion – es sind einige dabei, die die frühe­ rig. ren Legislaturperioden durchaus noch Gute Arbeit, gutes Wirtschaften – kennen –, leiden unter kollektiver Amne­ dafür steht diese Regierung, auch und sie und verdrängen jede Verantwortung gerade Wirtschaftsminister Christoffers. für Ihre Hinterlassenschaft. Bei den alljährlichen Potsdamer Wasser­ spielen am Wochenende lag das Boot (Beifall DIE LINKE und SPD) der IHK – darauf saßen nur Wirtschafts­ Herr Dombrowski, Sie haben ein vertreter aus Brandenburg – ganz vorn. Leidensbild der Opposition im 5. Bran­ Wenn das kein Zeichen ist! Der bran­ denburger Landtag gezeichnet. Der Op­ denburgischen Wirtschaft geht es wahr­ position ging es noch nie so gut wie ge­ scheinlich doch besser, als es das Bild genwärtig! suggeriert, das Sie gezeichnet haben. Anders formuliert: Der Wirtschaft geht (Beifall DIE LINKE und SPD) es – trotz eines linken Wirtschaftsminis­ Ihnen ist der Realitätssinn abhand­ ters! – offensichtlich hervorragend. engekommen. Deshalb frage ich Sie: (Bretz [CDU]: Da können Sie mal se- Merken Sie noch etwas? Sie wissen hen, wie robust unsere Unterneh- doch gar nicht, wie Opposition wirklich men sind!) ist. Als Sie zehn Jahre mitregierten, be­ kam hier nicht ein Antrag der damaligen Im Übrigen – Herr Kollege Bretz, ich Opposition eine Mehrheit. Das ist die habe Sie vermisst – landete unser Boot Wahrheit. knapp dahinter, an zweiter Position, während die CDU nicht einmal die Be­ (Beifall DIE LINKE) satzung für ein Boot zusammenbekom­ Heute dagegen gibt es Chancen­ men hatte. gleichheit. Die Ausschüsse tagen grund­ (Heiterkeit und Beifall DIE LINKE sätzlich öffentlich. Die Öffentlichkeit und SPD – Zuruf von der CDU: Sie wollten Sie ursprünglich nie; jetzt aber machen Politik vom Wasser aus!) nutzen Sie diese Möglichkeit. 15% aller Anträge, die die Opposition eingereicht Ich hatte ursprünglich gedacht, Ihr hat, sind – in unterschiedlichen Kons­ Spitzenkandidat werde heute hier ste­ tellationen – mit einer Mehrheit bedacht hen. Hoffentlich kommt Ihnen beim worden. Das ist das Neue! Darauf wollte nächsten Wahlkampf nicht auch noch ich ausdrücklich hinweisen. das Personal abhanden. (Beifall DIE LINKE und SPD – Senft- (Heiterkeit und Beifall DIE LINKE leben [CDU]: Alles machen Sie?) und SPD)

Görke 59 Meine Damen und Herren! Branden­ Sorgen Sie endlich dafür, dass die burg ist kein Billiglohnland mehr. Unser Menschen von dem Lohn ihrer Arbeit Leitgedanke „Gute Arbeit, gutes Wirt­ tatsächlich leben können! Es darf nicht schaften“ greift Raum. Wir haben die sein, dass der Staat – und damit der Wirtschaftsförderung des Landes vom Steuerzahler – wie im vergangenen Jahr Kopf auf die Füße gestellt. Nicht kurz­ in Brandenburg – die Zahlen der Agen­ fristige betriebswirtschaftliche Effekte tur verlese ich jetzt – 475 Millionen Euro stehen im Zentrum, sondern die Men­ aus Steuergeldern aufbringen muss, schen, die von ihrer Arbeit leben und um 65 000 „Aufstockern“ deren Aufsto­ ihre Familien ernähren müssen. ckungsbeträge zu zahlen. Das ist bisher Wirtschaftsförderung wird zuneh­ eine staatliche Aufgabe; da sind die Un­ mend an Tarife und an die Qualifikation ternehmen in der Pflicht. Das, was wir der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ge­ als Linke, Sozialdemokraten und Grüne bunden. Sie zielt auf die Begrenzung der wollen und im Bundestagswahlkampf Leiharbeitsquote ab. Mit dem Vergabege­ vertreten, ist der richtige Weg. setz wollen wir erreichen, dass diejenigen, (Beifall DIE LINKE, SPD und des Mi- die im Auftrag des Landes arbeiten, dafür nisters Dr. Markov) ordentlich bezahlt werden. Es ist bereits gesagt worden: Der erste Schritt sind die Meine Damen und Herren! Ein wei­ 8,50 Euro; dann wird es Zeit, auf andere teres Thema bewegt die Brandenbur­ Zahlen Kurs zu nehmen, 9 oder 10 Euro in gerinnen und Brandenburger: die Ener­ den nächsten Monaten und Jahren. gie und deren Kosten. Das spielte heute Dann kommen Sie, Herr Schierack, schon mehrfach eine Rolle. Branden­ daher und behaupten unter Hinweis auf burg gilt als Musterland für erneuerbare dieses Gesetz, Brandenburg sei unter Energien. Wir gehen aber auch hier neue Rot-Rot “nicht sozialer, sondern ideo­ Wege. Die sozial-ökologische Erneue­ logischer“ geworden. Mein lieber Herr rung Brandenburgs gelingt nur, wenn Professor, sie gemeinsam, offen und demokratisch mit den betroffenen Akteuren vorange­ (Heiterkeit DIE LINKE und SPD) trieben wird. Das tun wir auf Industrie­ wie wollen Sie diesen offenkundigen konferenzen, die zu Leitlinien für einen Unsinn irgendjemanden im Land erklä­ modernen, ökologisch orientierten und ren? Es ist den Menschen völlig egal, ob nachhaltigen Industriestandort führen sie nun aus ideologischen oder aus so­ werden. Das tun wir auf dem bevorste­ zialen Gründen mehr Geld im Portemon­ henden Energietag in Cottbus, wo be­ naie haben. Nehmen Sie in der Bundes­ raten wird, wie regionale Wirtschaft und politik endlich den Fuß von der Bremse, Kommunen noch besser als bisher an damit wir in Deutschland endlich den der Energiewende teilhaben und Nutzen allgemeinen, einheitlichen gesetzlichen aus ihr ziehen können. Das tut Minister Mindestlohn haben. Christoffers mit seinen Energietouren, die es ermöglichen sollen, dass regio­ (Lebhafter Beifall DIE LINKE und SPD)

60 Görke nale Energiekonzepte durch Akteure vor tei haben sie gemeinsam auf den Weg Ort erarbeitet werden. Das ist ein müh­ gebracht. Nur die CDU ist diesen Schritt samer Weg, aber er lohnt sich. Die Art nicht mitgegangen. Das ist interessant: und Weise, in der wir den Dialog führen, Während sie bei der Kriminalitätsbe­ ist bundesweit spitze. kämpfung die Prävention verächtlich Wir schüren keine Angst vor dem macht, versteckt sie sich beim Kampf Neuen. Diese Koalition ringt um Ak­ gegen den Rechtsextremismus hinter zeptanz, während Sie, meine Damen dieser Idee und denunziert Verfassungs­ und Herren von der CDU, gemeinsam fragen als „Symbolpolitik“. Es war zu le­ mit der FDP unter Verweis auf den För­ sen, die Mehrheit schieße über dieses derwirrwarr einen regelrechten Kreuz­ Ziel hinaus. Und das ausgerechnet in zug gegen die erneuerbaren Energien der „Jungen Freiheit“, Herr Dombrowski! führen. Wir setzen uns auch für soziale So wurden Sie am 23. Mai 2013 zitiert. Preise und Netzstabilität ein. Sie hinge­ Das ist der eigentliche Skandal. gen torpedieren permanent diese Aus­ (Beifall DIE LINKE und SPD) gestaltung der Energiewende. Das, was Ihre Kanzlerin dazu momentan abliefert, Gerade dort, wo Horst Mahler als sekundiert von ihrem Wirtschaftsminis­ Rechtsextremist seine Essays veröf­ ter, ist die blanke Arbeitsverweigerung. fentlicht, kommen Sie zu Wort. Darüber So wird die Energiewende in der Bun­ müssen Sie nachdenken! desrepublik scheitern. (Beifall DIE LINKE und SPD – Zuruf (Beifall DIE LINKE und SPD) von der CDU: Horst Mahler ist ein ganz schlechtes Beispiel!) Meine Damen und Herren! Die CDU verweigert sich leider auch bei einem Wir haben die Residenzpflicht für ganz anderen Thema, im Kampf gegen Asylbewerberinnen und Asylbewerber Rechts. abgeschafft und damit einen wichtigen Schritt getan, Menschen, die bei uns (Senftleben [CDU]: Jetzt reicht es aber Zuflucht suchen, nicht weiter als Men­ langsam, Herr Kollege! – Dombrowski schen zweiter Klasse mit eingeschränk­ [CDU]: Horst Mahler, oder was?) ten Freiheitsrechten zu behandeln. Na­ Dennoch wird es uns gelingen, die türlich drücken uns die Probleme der Brandenburger Verfassung dahin ge­ Asylbewerberinnen und Asylbewerber hend zu ändern, dass Neonazis in Bran­ jenseits der Freizügigkeitsfrage. denburg kein leichtes Spiel mehr haben. (Senftleben [CDU]: Sie machen (Beifall DIE LINKE und SPD) nichts dagegen!)

Wir haben die Initiative für die Auf­ Die Regierung leistet da – das wis­ nahme einer Antirassismusklausel in die sen auch Sie genau, Herr Kollege Senft­ Landesverfassung ergriffen. Liberale, leben – gemeinsam mit den Kommunen Grüne, Sozialdemokratie und Linkspar­ harte Arbeit.

Görke 61 ambulanten Versorgung gerade in länd­ (Senftleben [CDU]: Sie machen lichen Räumen zu stärken. nichts!) So engagiert, wie Anita Tack bei der Die Aufnahme einer steigenden Zahl Gesundheitswirtschaft arbeitet, von Asylbewerbern in den Landkreisen (Lachen bei der CDU) ist eine große Herausforderung für alle. In allen Kreisen wird intensiv daran ge­ kümmert sie sich auch um die arbeitet, menschenwürdiges Wohnen zu Hochwasserpolitik. Das wissen auch ermöglichen. Sie. Die Bundesregierung wird am 2. September nicht weghören können, (Senftleben [CDU]: Das machen wenn Brandenburg auf der Sonder-Um­ aber nicht Sie!) weltministerkonferenz erneut ein Natio­ Meine Damen und Herren! Neben nales Hochwasserschutzprogramm for­ vielem, was wir erreicht bzw. verändert dert. haben, gibt es noch eine Menge Bau­ (Beifall DIE LINKE und SPD – Prof. stellen. Damit meine ich noch nicht den Dr. Schierack [CDU]: Fordert!) BER, sondern zum Beispiel die ganz alltägliche Frage, wann der gesetz­ Herr Büttner, zum Kompass: Wahr­ lich versicherte Patient einen Termin scheinlich ist Ihnen bei der Eingabe in beim Hautarzt bekommt oder wie der das Navigationssystem das Ziel ab­ Landarzt in Lenzen einen Nachfolger handengekommen, als Sie Ihre Kritik für seine Praxis findet. Wenn Sie, Herr vorgetragen haben. Kollege Büttner, und Ihr FDP-Gesund­ (Beifall DIE LINKE) heitsminister lieber all Ihre Energie in die Einführung einer elektronischen Ge­ Meine Damen und Herren, eine, sundheitskarte stecken und die Privat­ wenn nicht sogar die Schlüsselfrage für versicherten stärken wollen, sollten Sie die Zukunft des Landes ist und bleibt sich hüten, anderen Kritik um die Ohren jedoch der Bildungsbereich. Sowohl zu hauen. die frühkindliche Bildung als auch die Schul- und Hochschulausbildung in die­ (Beifall DIE LINKE und SPD) sem Land stehen im zentralen Fokus Frau Tack – Sie sprachen sie an – dieser Koalition. Es geht in allererster Li­ hat es gemeinsam mit der Koalition, nie um ein ausreichendes, qualifiziertes aber mit wenig Unterstützung aus dem und sehr gutes Lehr- und Ausbildungs­ von Ihnen geführten Bundesministerium potenzial. geschafft, den Erhalt aller Krankenhäu­ Wir haben gleich zu Beginn der Le­ ser in unserem Land möglich zu machen gislaturperiode den Personalschlüssel und die Krankenhausfinanzierung auf der Kita verbessert, haben Quereinstei­ neue, verlässliche, nachhaltige Füße zu gern den Zugang zum Erzieherberuf er­ stellen. Unsere Aufgabe in den nächsten leichtert. Wir haben die Sprachförde­ Monaten wird es sein, sie als Anker der rung verbessert, wissen aber auch, dass

62 Görke wir noch einiges zu tun haben. Das wer­ ge Rupprecht schmunzelt, weil er diese den wir auch tun. Zahlen genau kennt. Wenn es nach uns ginge, meine Da­ (Zurufe von der CDU) men und Herren von der Opposition – zumindest der, die von mir aus gesehen Wir sind jetzt bei 900. So viel zur Er­ rechts sitzt –, würde auch das unsäg­ weiterung unserer Kapazitäten. liche Betreuungsgeld, das den Steuer­ (Beifall DIE LINKE und SPD – Zu- zahler 2,2 Milliarden Euro kostet, in die ruf des Abgeordneten Senftleben Qualifizierung der Kitabetreuung gehö­ [CDU]) ren. Herr Kollege Senftleben, zum Schul­ (Vereinzelt Beifall DIE LINKE und jahr 2014/15 wird die Arbeitsbelastung SPD – Zuruf des Abgeordneten der Lehrkräfte in Grund- und Oberschu­ Büttner [FDP]) len reduziert. Damit lösen wir ein lang­ – Ganz unruhig, ganz unruhig! jähriges Versprechen ein, das alle Vor­ gängerregierungen mit Verweis auf das (Zuruf des Abgeordneten Büttner fehlende Geld uneingelöst ließen. Rot- [FDP]) Rot hat es gemacht. Wir haben Ihr Ver­ Im Schulbereich, Herr Kollege Bütt­ sprechen jetzt eingelöst. ner, erhalten wir die Schüler-Lehrer-Re­ (Zuruf von der CDU: Nein, haben lation von 15,4:1 aufrecht. Ich erinnere Sie nicht gemacht! – Weitere Zurufe mich noch daran, wie Sie damals laut­ von der CDU) stark – genauso wie jetzt – Ihre Zweifel vorgetragen haben, ob das gelingt. Es Auch werden wir, meine Damen ist gelungen, und wir liegen sogar un­ und Herren, wie es der Ministerpräsi­ ter diesem Wert. Wir haben die Zahl der dent vorhin angekündigt hat, zum Früh­ Neueinstellungen von Lehrkräften nicht jahr 2014 die Mittel massiv – ich glaube, nur deutlich erhöht. Mit dem Schuljahr es ist für das zweite Halbjahr eine Grö­ 2014/15 – falls es uns gelingt, den Gold­ ßenordnung von fast 10 Millionen Euro, staub wirklich zu finden – werden wir die wir im Nachtragshaushalt unterset­ 2 400 Lehrer eingestellt haben. 2 400! zen müssen – einsetzen, um dem Unter­ Vorgenommen hatten wir uns 1 250. richtsausfall wirksam zu begegnen. Mit Gestatten Sie mir noch eine Be­ dieser Zahl werden wir in der Bundesre­ merkung zu Ihrer Kritik, wir würden den publik den geringsten Unterrichtsausfall Goldstaub nicht finden, weil wir die Aus­ aller Bundesländer haben. bildungskapazitäten nicht geschaffen (Oh! bei der FDP) hätten. Herr Kollege Senftleben, Sie wa­ ren Bildungspolitischer Sprecher. Sie Diese Statistik werden wir Ihnen haben damals die Kapazitäten der Leh­ nachreichen. rerausbildung auf einen Wert von 200 Bei der Inklusion kommt es jetzt Referendaren gedrosselt. Der Kolle­ auf Augenmaß und Verantwortungs­

Görke 63 bewusstsein an. Panikmache, wie ich (Vereinzelt Beifall DIE LINKE und sie heute hier von Ihnen gehört habe, SPD) ist völlig fehl am Platz. Mit den 84 be­ stehenden Pilotschulen sind wir einen Das hat viel Geld gekostet und wird wichtigen ersten Schritt gegangen. Ich auch noch viel Geld kosten. Aber das glaube, auf dieser Grundlage werden wir wollen wir leisten, denn es ist gut ange­ dann die nächsten Schritte für eine in­ legtes Geld, Geld, das unseren Kindern klusive Schule, für eine Schule für alle in zugutekommt, die mit einer guten Aus­ Brandenburg entwerfen können. bildung die Grundlage für die Zukunft des Landes legen. (Beifall DIE LINKE und SPD) Meine Damen und Herren von der Auch im Wissenschaftsbereich ha­ Opposition, das machen wir ohne neue ben wir in den letzten Jahren viel ge­ Verschuldung. Ich weiß, wie Sie sich tan. Hochschulen sind Orte von Inno­ grämen, wäre es doch schön gewesen vation und wichtig für die Entwicklung – Kollege Ness hat es vorhin auf den von Brandenburg. Darum haben wir hier Punkt gebracht –, wenn Sie uns hätten die Investitionen erhöht und mit dem vorführen können, wie wir, SPD und Lin­ Hochschulpakt die Finanzierung unse­ ke, ungestüm Schulden machen. Dar­ rer Hochschulen auf eine langfristige, si­ aus wird seit 2011 nichts, und es bleibt chere und planbare Basis gestellt. dabei: Im nächsten Jahr sinkt die Netto­ Mit der Neugründung – sie spiel­ neuverschuldung auf die geplante Null, te ja vorhin wieder eine Rolle – der BTU und dafür steht nicht zuletzt auch die­ Cottbus-Senftenberg sichern wir die Zu­ ser linke Finanzminister, der mit uns ge­ kunftsfähigkeit unserer Hochschulland­ meinsam, mit unserer Koalitionsfrakti­ schaft on eine vorbeugende, risikobewusste Haushaltsführung zu verantworten hat. (Zuruf des Abgeordneten Domb- rowski [CDU]) (Beifall DIE LINKE und SPD)

– das ist so –, wenngleich wir na­ Unsere haushaltspolitische Strate­ türlich auch einige Lehren aus der De­ gie besteht darin, Prioritäten zu setzen batte zur Neugründung ziehen müssen. und zu finanzieren, die im Ergebnis auf Solche Projekte können nur gemeinsam lange Sicht Lebenschancen eröffnen mit den Betroffenen angegangen wer­ und Perspektiven sichern. den. Ja, Herr Dombrowski, der Prozess (Zuruf des Abgeordneten Büttner der Neugründung war holprig gestartet. [FDP]) Aber wenn man den Informationen aus der Region glauben darf, ist diese neue Auch wenn jetzt ein Nachtragshaus­ Uni auf einem sehr guten Weg und wird halt im Gespräch ist, wird sich an dieser sich in die Hochschullandschaft Bran­ Linie nichts ändern. Sie wissen, dass wir denburgs einpassen und sie vor allen Rücklagen gebildet haben, die uns jetzt Dingen bereichern. erlauben, mit den Problemen und Her­

64 Görke ausforderungen, Herr Büttner, am BER stetig gestiegen – prozentual, aber was fertig zu werden, und das wird nicht zu­ noch wichtiger ist: auch absolut. In Hes­ lasten anderer Einzelhaushalte gehen. sen sieht das ganz anders aus. Fast ein Das werden Sie dann beim Entwurf des Drittel des Landeshaushalts geht in die Nachtragshaushalts feststellen. Das kommunale Familie, im Ländervergleich heißt: Wir stopfen nicht nur Löcher, die eine enorme Leistung! Schauen Sie sich durch die verspätete Inbetriebnahme das schwarz-gelb regierte Hessen an. entstehen, nein, wir investieren auch be­ Soweit zu den Vergleichen. wusst in den Lärmschutz. Dennoch bleibt die Finanzausstat­ Die Vereinbarung, die die Flugha­ tung der Kommunen deutschlandweit fengesellschaft mit den Umlandkommu­ ein gewaltiges Problem, wie die Situa­ nen geschlossen hat, begrüßt die Links­ tion der öffentlichen Hand generell. Mit fraktion außerordentlich. Wenn ich sage, der Bundestagswahl am 22. September die Politik der Koalition setzt sich bruch­ wird entschieden, ob mit weiteren Steu­ los fort, dann gilt das auch beim Thema ergeschenken für Millionäre und Groß­ Nachtflug. Diese Aufgabe hat der neue unternehmen die öffentlichen Haushalte MP, Dietmar Woidke, wie von diesem weiter stranguliert werden oder ob wir Hohen Haus gefordert, mit der Regie­ endlich eine sozial gerechte Einnahme­ rungserklärung ganz oben auf der Agen­ politik in Deutschland haben. da, auch wenn Dietmar Woidke dem (Beifall DIE LINKE – Zuruf des Ab- Aufsichtsrat nicht persönlich angehören geordneten Senftleben [CDU]) wird. Sie können sich sicher sein, Herr Kollege Vogel, dass die Linke in die­ Dafür, Herr Kollege Senftleben, ha­ ser Koalition dieses Thema immer wie­ ben wir bereits viele Initiativen ergriffen der auf die Tagesordnung setzen wird, und dafür sogar die Mehrheiten im Bun­ so wie wir das immer gemacht haben – desrat für die Anhebung des Spitzen­ meine Damen und Herren von der CDU, steuersatzes, für die Einführung eines immer gemacht haben, auch in Opposi­ einheitlichen gesetzlichen Mindestloh­ tionszeiten, und das unterscheidet uns nes von zunächst 8,50 Euro, für die Neu­ eben. Wir sind unseren Positionen treu ausrichtung der öffentlich geförderten geblieben. Bei Ihnen stelle ich manch­ Beschäftigung und auch für den Vorrang mal einen gedrechselten Hals fest. der Erdverkabelung beim Netzausbau gefunden. Diesen Weg werden wir wei­ (Beifall DIE LINKE) tergehen. Schließlich geht es auch dar­ Anders als andere Bundesländer hat um, den solidarischen Finanzausgleich sich Brandenburg in den zurückliegen­ gegen immer wiederkehrende Attacken den Jahren keine finanzielle Erleichte­ – vor allem der unionsgeführten Geber­ rung zulasten der Kommunen verschafft länder – zu verteidigen. – Stichwort Hessen, schwarz-gelb re­ Auch nach 2019 ist es notwendig, giert. Der Anteil der kommunalen Zuwei­ die finanzielle Handlungsfähigkeit – ich sungen ist unter Rot-Rot in Brandenburg betone: aller Länder – durch eine aufga­

Görke 65 bengerechte Finanzausstattung abzu­ Sollte aber damit die Hoffnung ver­ sichern. Wir wollen eine Verständigung bunden sein, dass uns nichts mehr ein­ zwischen den politischen Parteien in der fallen wird, muss ich Sie enttäuschen. Öffentlichkeit führen, ob ab 2019 ein Soli­ Es gibt im Land genug zu tun, das dürf­ darpakt III für gefährdete Regionen in Ost ten Sie auch aus der heutigen Debat­ und West möglich und durchsetzbar ist. te gelernt haben. Wir werden Ihnen im Landtag keine politische Verschnauf­ (Vereinzelt Beifall DIE LINKE) pause gönnen, damit Sie sich mögli­ Wir haben aufmerksam zugehört, cherweise getrost auf den Wahlkampf was die Bundeskanzlerin und die thürin­ 2014 vorbereiten können; denn Dietmar gische Ministerpräsidentin hierzu in letz­ Woidke hat heute deutlich gemacht, wie ter Zeit erklärt haben. Es wäre gut, wenn und wo es im Land weitergeht. Er wird die Brandenburger Union auch hier im dabei, wie Matthias Platzeck auch, eine Land registrieren würde, was in diesem starke, eine engagierte, eine konstrukti­ Zusammenhang aus linker Perspektive ve und ideenreiche Linke an seiner Seite entwickelt worden ist. Es geht hier nicht haben, eine Linke, die sich dem demo­ um Wahlkampfgeplänkel, sondern um grafischen Wandel stellt, die den Dialog eine gesamtgesellschaftliche Heraus­ zwischen den Generationen fördert und forderung, die man ernsthaft diskutie­ das Land attraktiv für den Zuzug jun­ ren muss. ger Familien mit Kindern macht und da­ Meine Damen und Herren, die rot- bei nicht nur den Speckgürtel, sondern rote Landesregierung wird ihr Wort hal­ auch die reizvollen Landschaften der ten. Der Koalitionsvertrag ist das Ver­ Uckermark, der Lausitz, der Prignitz in sprechen, das Linke und SPD den den Blick rückt. Bürgerinnen und Bürgern dieses Lan­ (Beifall DIE LINKE) des für diese Legislaturperiode gegeben haben, und zwar allen Bürgerinnen und Wir sagen Investoren, Sponsoren Bürgern, nicht nur den eigenen Wähle­ und Fachkräften: Kommt nach Branden­ rinnen und Wählern. burg, unser Land bietet Möglichkeiten Wenn sich die Opposition in diesem und vor allem die Chance für jede und Land ereifert, wir hätten unseren Koaliti­ jeden! Wir wollen sie nutzbar machen onsvertrag schon jetzt zum größten Teil und nutzen. Brandenburg ist nicht nur abgearbeitet, dann frage ich Sie: das Land der Seen und Alleen, sondern gleichzeitig ein Land voller Energien und (Zurufe von der FDP) engagierter Menschen. Was kann man sich als Regierung, (Beifall DIE LINKE) was kann man sich als Regierungs­ fraktionen, was kann man sich als Re­ Das alles lassen wir uns auch nicht gierungsparteien eigentlich mehr wün­ von der Stimmungsmache der CDU, die schen als solch eine Bilanz? heute hier zu vernehmen war, vermie­ sen. Das wird den Brandenburgerinnen (Beifall DIE LINKE und SPD)

66 Görke und Brandenburgern einfach nicht ge­ recht. – Vielen Dank für die Aufmerk­ samkeit. (Beifall DIE LINKE und SPD)

Vizepräsidentin Große:

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. – Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel wird dies tun.

Görke 67

Axel Vogel Vorsitzender der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

rau Präsidentin! Meine sehr ge­ ehrten Damen und Herren! Liebe F Bürgerinnen und Bürger! Auch wenn einige Redebeiträge heu­ Axel Vogel te einen anderen Eindruck nahelegen, das Aufregendste an dieser Regierungs­ Richtig ist genauso, dass sich die umbildung dürfte eigentlich sein, mit Koalition wie auch der Blick der Öffent­ wie wenig Aufregung sie über die Büh­ lichkeit auf die Koalition in den letzten ne gegangen ist. Es gibt auch gar kei­ Jahren geändert haben. Nach vier Jah­ nen Grund zur Aufregung; denn ein Mi­ ren Einarbeitungszeit oder – je nach nisterpräsident ist gegangen, ein neuer Sichtweise – Verschleiß im Amt hat sich Ministerpräsident ist gekommen. Das ist die 2009 noch von vielen Menschen als demokratische Normalität. Der Koaliti­ Tabubruch empfundene rot-rote Regie­ onsvertrag ist der gleiche, die Ministerin­ rung zu einer ganz normalen Koalition nen und Minister sind fast alle dieselben. gewandelt. Die Revolution ist ausgefal­ Ein Bruch mit der Vergangenheit fällt len. Was wir seitdem zu sehen bekom­ aus. Von Zäsur kann man in Branden­ men, ist die Koalition zweier im Kern burg allenfalls mit Blick auf die Persön­ sozialdemokratischer Parteien, die aus lichkeit des Ministerpräsidenten reden. guten historischen Gründen nicht mitei­ Glamour fällt zukünftig aus, fehlende In­ nander fusionieren können. Da teile ich halte oder Politikversagen können nicht nicht die Auffassung von Herrn Domb­ mehr mit Charme überstrahlt werden. rowski. Meine Auffassung, meine Wahr­ Sorgen muss man sich deshalb nicht um nehmung ist: Hier sind zwei Parteien, das Land, sondern allenfalls um die SPD deren Positionen sich so angenähert ha­ machen, deren Platzeck-Bonus in Zu­ ben, jedenfalls auf Landesebene, dass kunft wegfällt. Richtig ist deshalb, dass sie inzwischen nicht weiter auseinander­ der Amtsantritt von Dietmar Woidke kei­ klaffen als die zwischen den Unterbezir­ nen inhaltlichen Bruch mit der rot-roten ken Hessen-Süd und Hessen-Nord der Vergangenheit, sondern deren logische SPD. Fortsetzung darstellt. Nichts anderes (Zuruf der Abgeordneten Mächtig habe ich aus der Rede heute gehört. [DIE LINKE])

Vogel 69 In Brandenburg wurde mit Rot-Rot merkenswert immerhin, dass das völlig eine Koalition begründet – Frau Mächtig, fehlgeschlagene Programm Arbeit für dem werden Sie sich vielleicht anschlie­ Brandenburg von Ihnen schon gar nicht ßen können –, deren Partner sich nicht mehr erwähnt wurde, Herr Woidke. Hier ergänzen, sondern in ihrem Schwer­ sollte der Bund für einen öffentlichen punkt doppelten. Völlig nachvollziehbar Beschäftigungssektor zahlen, und die haben SPD und Linke daher besonde­ Landesregierung wollte sich die Meriten res Gewicht auf überfällige Änderungen an die Brust heften. Dieses Vorhaben in der Sozialpolitik, das heißt hier auf musste trotz bereitgestellter Millionen­ die Bearbeitung sozialer Themen von beträge absehbar schiefgehen. Bildung bis Arbeitsmarkt, gelegt. Das (Zurufe von der Fraktion DIE LINKE) mag man konstatieren. Aber dass hier versucht wird – das finde ich bedauer­ Kaum besser die Debatte um den lich –, für die gesamten vier Jahre eine auch von uns unterstützten allgemeinen Erfolgsbilanz aufzumachen bei einer Ko­ Mindestlohn. Wie erwartet spielte die alition, die sich nach ihrem Fehlstart von schwarz-gelbe Bundesregierung nicht Katastrophe zu Katastrophe hangelte, mit. Das landeseigene Vergabegesetz das grenzt dann doch ans Lächerliche. wurde dagegen so lange auf die lange Kein Wort mehr davon, dass das zu Be­ Bank geschoben, bis wir Grünen der Re­ ginn der Legislaturperiode ausgegebene gierung mit einem eigenen Gesetzent­ Leitmotiv der „inneren Versöhnung“ zu­ wurf auf die Sprünge geholfen haben. nehmend absurd wurde, nachdem im­ (Domres [DIE LINKE]: Ach Gott!) mer neu auftauchende Stasi-Akten zu­ nehmend die Frage aufwarfen, wer sich Aber Ausführungsbestimmungen hier eigentlich noch mit wem versöhnen liegen bis heute nicht vollständig vor. sollte – die Bürgerrechtler mit ihren Pei­ Die für die Verwaltungskosten der Kom­ nigern von einst, die DDR-Bürger mit ih­ munen vorgesehenen Gelder liegen wie rer Geschichte, die SPD mit der Linken? Blei auf den Landeskonten, unverändert Kein Wort zu den Ministerrücktritten, bestehen ernste Zweifel, inwieweit das kein Wort zu der von Matthias Platzeck Gesetz in den Kommunen überhaupt losgetretenen anachronistischen Ost- 2012 zur Anwendung kam. West-Diskussion, aber auch kein kriti­ Die als Riesenerfolg angeführte Ein­ sches Wort zu katastrophalen Fehlent­ stellung von 2 000 neuen Lehrern seit scheidungen des FBB-Aufsichtsrates 2009 ist unverändert eine Mogelpa­ und dessen Geschäftsführung, stattdes­ ckung – das haben schon meine Vorred­ sen Lob für die angebliche Umsicht und ner angesprochen –, neue Lehrer sind Zielstrebigkeit des Aufsichtsratsvorsit­ nicht zusätzliche Lehrer, in Wirklich­ zenden Matthias Platzeck, stattdessen keit sind im selben Zeitraum über 3 000 der Versuch, hier eine Erfolgsstory an Lehrkräfte ausgeschieden. Die Landes­ den Mann und die Frau zu bringen, die regierung baute weiter Lehrerinnen- und einer Überprüfung nicht standhält. Be­ Lehrerstellen ab, berücksichtigt erfor­

70 Vogel derliche Neueinstellungen für die Inklu­ Einzig die finanzielle Konsolidie­ sion nicht und hat keine Vorsorge für rung ist als Erfolg zu verbuchen. Dahin­ den absehbar hohen Bedarf an Lehrern ter stehen aber auch unverändert hohe in den nächsten Jahren getroffen. Jetzt Transferleistungen durch Solidarpakt kündigen Sie erfreulicherweise, Herr Dr. und Länderfinanzausgleich wie auch Woidke, weitere Einstellungen zum Ab­ verbesserte Steuereinnahmen aufgrund bau des Unterrichtsausfalls an. Das ist einer insgesamt positiven Konjunk­ sehr begrüßenswert. Doch schon für die tur, die auch bei uns durchschlägt. Da­ ab 2014 bislang benötigten 1 000 neuen bei verkennen wir nicht, dass die Start­ Lehrkräfte pro Jahr stehen nur 450 im bedingungen für Rot-Rot aufgrund der Land ausgebildete Absolventen bereit. Bankenkrise 2009 und des damit ver­ Wie soll das gehen? bundenen Konjunktureinbruchs nicht Im Kita-Bereich hat uns die gering­ besonders üppig waren. fügige Verbesserung des Betreuungs­ In der heutigen Diskussion sind schlüssels – Herr Büttner hat das be­ die genannten Punkte sicher nachran­ reits ausgeführt – im Ländervergleich von gig, denn viel bedeutsamere Folgen von Platz 16 auf Platz 16 katapultiert. Weite­ Fehlentscheidungen werden erst in den re Schritte hin zu einer Verbesserung der nächsten Jahren offen zu Tage treten. Kita-Betreuung, bessere Personalschlüs­ Wir sagen auch sehr deutlich: sel, bessere Sprachförderung, mehr Frei­ ­Dietmar Woidke tritt ein schweres Erbe stellungen für Leitungstätigkeiten, lässt an, das in dieser Legislaturperiode mit die Landesregierung nicht erkennen. Sicherheit auch nicht mehr zu einem gu­ ten Ende gebracht werden kann. (Zuruf der Abgeordneten Kaiser [DIE LINKE]) (Oh! bei der SPD – Zurufe von der SPD)

Aber genau dies wäre hier erforder­ Konzentrieren wir uns also auf die­ lich, um den Anspruch auf bessere Kita- jenigen Hypotheken, deren Bearbeitung Plätze einzulösen. keinen langen Aufschub duldet. Und zu guter Letzt das Schüler- (Weitere Zurufe von der SPD) BAföG, ein Programm, das hohe Büro­ kratiekosten mit sich bringt und ähnlich Sie glauben doch nicht im Ernst, dem Betreuungsgeld der Bundesregie­ dass Sie das Projekt Flughafen inner­ rung nur mit gutem Zureden unter die halb eines Jahres zu Ende bringen! Das Leute gebracht werden kann. Wie man glaube ich nun wirklich nicht. allerdings ohne Evaluation, alleine auf­ Das Thema Flughafen BER hatte der grund der Tatsache, dass man das Geld Ministerpräsident bereits angesprochen. am Ende doch noch losgeworden ist, Laut Koalitionsvertrag sollte dieses den Schluss ziehen kann, ein sozial er­ „wichtigste Infrastrukturprojekt der Re­ folgreiches Projekt hingelegt zu haben, gion“ 2011 in Betrieb gehen – so viel zur das erschließt sich uns nicht. relativen Bedeutungslosigkeit von Koali­ tionsverträgen. (Beifall B90/GRÜNE)

Vogel 71 Aber wo stehen wir denn heute, den Controllingberichte geschönt, um nach elf Jahren Wirken von Matthias zu verhindern, dass die Politik aus der Platzeck im Aufsichtsrat? Es gibt kei­ katastrophalen Situation die richtigen nen Eröffnungstermin, es gibt keine be­ Schlüsse zieht und der Geschäftsfüh­ lastbare Kostenschätzung, es gibt keine rung das Handwerk legt. Geschäftsführung – doch, es gibt eine Das von Matthias Platzeck mit zu Geschäftsführung, in der allerdings die verantwortende verbissene Festhalten Fetzen fliegen –, es gibt keinen neuen an FBB-Geschäftsführer Schwarz ist Aufsichtsratsvorsitzenden vom Fach, die mitursächlich für die mehrjährige Verzö­ Brandschutzanlage funktioniert immer gerung der Eröffnung, die sich auf über noch nicht und der Drehkreuzaspirant eine Milliarde Euro Zusatzkosten für den AIR Berlin hat finanzielle Schlagseite Steuerzahler aufsummieren wird – ein und verkauft ein Flugzeug nach dem an­ Schaden, der nonchalant an den Steu­ deren. Umsicht und Zielstrebigkeit? erzahler weitergereicht und die Einnah­ Obendrauf haben wir jetzt noch ei­ meüberschüsse Brandenburgs der letz­ nen von Matthias Platzeck berufenen ten Jahre aufzehren wird. „Hans Dampf in allen Gassen“ als Ge­ Wir begrüßen es ausdrücklich, dass schäftsführer, der immer neue Ideen ge­ Sie, Dr. Woidke, nicht in den Aufsichtsrat biert. Besonders schön hat dies letzte der Flughafengesellschaft eintreten wol­ Woche der Berliner Abgeordnete Evers len. Mit der Entsendung des Staatssekre­ für Mehdorns Idee der Offenhaltung von tärs Bretschneider haben Sie sich aber Tegel auf den Punkt gebracht: Das sei zugleich selbst den Weg verbaut, einen anfangs „eine geniale Kommunikations­ qualifizierten Manager auf Brandenbur­ strategie“ gewesen, um von den BER- ger Ticket an die Spitze zu rücken, einen Problemen abzulenken. Jetzt überziehe Manager, für den die fachgerechte Ab­ Mehdorn aber. wicklung von Großprojekten zum Alltags­ Ich gewinne, ehrlich gesagt, zuneh­ geschäft gehört oder zumindest gehör­ mend den Eindruck, dass der ganze te. Öffnen Sie die Blackbox BER! Sorgen Mehdorn Bestandteil einer Kommunika­ Sie jetzt wenigstens für einen rückhaltlo­ tionsstrategie ist, um von den BER-Pro­ sen Kassensturz und die Offenlegung der blemen abzulenken. Business-Pläne. Verabschieden Sie sich von dem Glauben, dass dieser Flughafen (Beifall B90/GRÜNE und FDP) jemals Erträge abwirft, wenn man ihn nur Wie aus dem Buch des Flughafenar­ groß genug macht! chitekten Gerkan immer deutlicher wird, (Beifall B90/GRÜNE und FDP) haben Politik und Geschäftsführung das Großprojekt BER mit einer Kakofonie Überlassen Sie die Großmanns­ von Anweisungen und immer neuen Än­ sucht anderen und sorgen Sie dafür, derungswünschen gemeinsam vergeigt. dass dieser Flughafen in seiner Kapazi­ Und wie aus dem Bericht des ehemali­ tät an die Lage im urbanen Raum ange­ gen Controllers Roth deutlich wird, wur­ passt wird und nicht umgekehrt.

72 Vogel Das Thema Schallschutz haben Sie im Rücken eine starke Position aufzu­ angesprochen. Ausgeblendet blieb, dass machen und eine Frist für die Verhand­ – im Gegensatz zu den Auflagen aus dem lungen zu setzen, geben Sie mit Ihrer Planfeststellungsbeschluss und vollmun­ heutigen Rede auch noch die Option ei­ digen Ankündigungen – die Flughafenge­ ner Änderung des Planfeststellungsbe­ sellschaft wenig bis gar nichts gemacht schlusses im Alleingang aus der Hand. und die Aufsichtsbehörde im MIL taten­ Das ist wahrlich kein guter Beginn. los zugesehen hat. Bis heute wurde keine Hypothek Nummer 2: die Bildungs­ einzige – in Ziffern: 0 – Schallschutzmaß­ politik. Immer noch bricht jeder 12. nahme für den Tagschutz abgeschlossen Schüler seinen Schulbesuch vorzeitig ab – bei einem Flughafen wohlgemerkt, der oder beendet seine schulische Laufbahn schon seit zwei Jahren in Betrieb sein ohne Abschluss. Die Landesregierung sollte. weiß, dass für eine signifikante Reduzie­ Zu Herrn Görke: In Wirklichkeit wer­ rung der Schulabbrecherzahlen die in­ den 80 % der Betroffenen überhaupt dividuelle Förderung aller Schülerinnen keinen baulichen Schallschutz, sondern und Schüler verbessert werden muss. eine begrenzte Entschädigung erhalten. So steht es jedenfalls im Koalitionsver­ Auch das muss man sagen, auch das ist trag. Und die Antwort heißt zunächst ein Problem, dem wir uns stellen müs­ einmal: Pilotschulen Inklusion. sen. Die 84 Pilotschulen sind bis 2014 Dafür, dass beim Thema Lärm­ gesichert, aber wie es dann weiterge­ schutz endlich Rechtsfrieden einkehrt hen soll, steht in den Sternen. Hunder­ und die Tricksereien zum Nachteil der te zusätzliche Lehrkräfte würden benö­ Bürgerinnen und Bürger ein Ende ha­ tigt, wenn man das Pilotmodell auf alle ben, spricht allerdings nichts. Seelen­ Schulen übertragen würde. Aber hier ruhig lässt der Aufsichtsrat Mehdorn greift ein zentrales Problem Branden­ gewähren und Nichtzulassungsbe­ burger Bildungspolitik. Für Pilotprojek­ schwerde gegen das OVG-Urteil ein­ te werden ausreichend Personal und legen, während dieser gleichzeitig den Finanzen zur Verfügung gestellt, aber Bürgermeistern vor Ort verkündet, dass wehe, die Pilotphase ist beendet und die er sich an das OVG-Urteil halten wolle. Ergebnisse sollen verallgemeinert wer­ Na, was denn nun? Herr Ministerpräsi­ den! Dann müssen die vorhandenen Bil­ dent, sorgen Sie für Klarheit! dungsträger die neuen Leistungen weit­ gehend mit dem vorhandenen Personal (Beifall des Abgeordneten Goetz erbringen. [FDP]) Bei dem Pilotprojekt Inklusion sind Auch beim Volksbegehren für ein die offenen Fragen nach dem Über­ landesplanerisches Nachtflugverbot gang in die weiterführenden Schulen, warten wir auf positive Ergebnisse. Aber nach Betreuung im Hort und dem weite­ statt jetzt mit dem erfolgreichen Volks­ ren Fortgang nach Ende des Inklusions­ begehren und dem Landtagsbeschluss projekts weiterhin unklar. Die Ministerin

Vogel 73 schreibt trotz ihrer ursprünglichen An­ Die berühmte Hochschulpolitik: Im kündigung Inklusion nicht im Schulge­ Hochschulbereich liegt der Anteil der setz fest und entwirft keinen Plan für die Ausgaben am Gesamthaushalt mit Ab­ weiteren Schritte nach dem Auslaufen stand hinter der in allen anderen Bun­ des Projekts. desländern – schlimm genug –, aber ge­ rade in dem Moment, als mit doppelten (Beifall B90/GRÜNE) Abiturjahrgängen und Wegfall der Wehr­ Aus diesen Erfahrungen resultiert pflicht der Ansturm auf die Hochschu­ auch unsere Forderung, Inklusion end­ len des Landes am größten wurde und lich im Schulgesetz zu verankern. Herr die Hochschulen zumindest temporär Dr. Woidke, übernehmen Sie! mit mehr Geld hätten ausgestattet wer­ Freie Schulen: Dass staatlich und den müssen, schlug die Sparkeule zu. öffentlich nicht zwangsläufig deckungs­ Statt 12 Millionen Euro Mehrausgaben, gleich ist, fällt der Sozialdemokratie und wie noch in der Koalitionsvereinbarung den Linken traditionell ohnehin schwer formuliert, wurden die Hochschulen seit zu verstehen. Insofern verwunderte bei 2010 mit einer 12 Millionen Euro hohen der traditionellen Fixierung auf die staat­ globalen Minderausgabe malträtiert, lichen Schulen nicht, dass die Schulen bis diese 2013 für den Rest der Legis­ in freier Trägerschaft im Koalitionsver­ laturperiode titelscharf festgeschrieben trag nicht einmal erwähnt sind. Dabei wurde. Herr Dr. Woidke, der Nachtrags­ sind Freie Schulen auch in Brandenburg haushalt ist angesprochen worden, be­ häufig der Innovationsmotor, nicht nur in enden Sie diese unhaltbare Situation! puncto Inklusion. Energiepolitik und Braunkohle: Ich Nicht von ungefähr haben in den spare mir jetzt weitestgehend die klima­ letzten Jahren Freie Schulen in Neu­ politische Diskussion. Allen Energiestra­ ruppin und Templin Bundespreise ein­ tegien zum Trotz droht der seit Beginn geheimst. Daher war nicht zu erwar­ der Legislaturperiode kontinuierlich wei­ ten, dass Rot-Rot an dieser Stelle in den tergehende Anstieg des Ausstoßes des Kulturkampf einsteigen und versuchen Treibhausgases CO� die von Rot-Rot würde, mit Mittelkürzungen den Frei­ bereits aufgeweichten Ziele für 2020 er­ en Schulen den Hahn abzudrehen und neut Makulatur werden zu lassen. so nebenbei lästige Konkurrenz für das Heute geht es um etwas anderes. staatliche Schulsystem loszuwerden. In­ Wer Augen hat zu sehen, der sieht, dass zwischen liegt der Fall zur Entscheidung Vattenfall auf dem besten Wege ist, sich vor dem Verfassungsgericht. Aber ver­ in den nächsten Jahren aus der Lausitz fassungsgerichtliche Entscheidungen zu verabschieden. Zunehmend gerin­ herbeizuführen ist immer nur das letz­ ger ist die Bereitschaft des Eigentümers te Mittel in politischen Auseinanderset­ Schweden, sich für die Dorfzerstö­ zungen. Herr Dr. Woidke, Sie hätten es rungen und Umweltschäden in Bran­ in der Hand, hier eine politische Lösung denburg in die moralische Mithaftung herbeizuführen. nehmen zu lassen. Unverkennbar ist ge­

74 Vogel nauso, dass trotz der Milliardengewinne Herr Ness, die Umfrage von for­ der letzten Jahre die Bereitschaft Vat­ sa besteht ja nicht nur aus bunten Bil­ tenfalls denkbar gering ist, sich den Ri­ dern, die Sie vielleicht angeguckt ha­ siken der Energiewende für seine Braun­ ben, sondern es gibt auch Detailzahlen, kohlesparte weiter auszusetzen. die ich Ihnen einfach einmal zur Lektü­ Die Vattenfall-Manager L�seth und re empfehle. Demnach halten 9 % – nur Hatakka haben viel klarer erkannt, als 9 %! – der Lausitzer die Braunkohle für es die IG BCE und vermutlich auch Herr notwendig und unverzichtbar. 41 % der Ness wahrhaben wollen, dass das ak­ Lausitzerinnen und Lausitzer sind der tuelle Zwischenhoch bei der Braunkoh­ Auffassung, dass die Nachteile die Vor­ leverstromung eine letzte Scheinblüte teile überwiegen. 39 % sehen es anders­ darstellt, eine Scheinblüte allerdings, die herum. Das klingt doch schon ganz an­ einem Verkauf des Lausitzer Braunkoh­ ders, als das, was Sie dargestellt haben. lebetriebs gerade zupass kommt. Des­ (Beifall B90/GRÜNE) halb wäre, ganz abgesehen von der kli­ mapolitisch verheerenden Wirkung, eine Eines sollte Ihnen als Lausitzer klar Genehmigung neuer Tagebaue auch das sein: Wenn zwei Drittel – und das sind falsche Signal an den Vattenfall-Kon­ dann die bunten Bilderchen – der be­ zern. Eine solche Genehmigung wür­ fragten Sachsen die Lage in ihrem Bun­ de die Bergwerkssparte für den Ver­ desland Sachsen als gut einschätzen, kauf aufhübschen und Vattenfall den wenn lediglich 40 % der befragten Lau­ Absprung aus Brandenburg auch noch sitzer aus Brandenburg die Lage im vergolden. Wer Vattenfall im Lande hal­ Bundesland Brandenburg als gut ein­ ten will, wer nach den fetten Jahren billi­ schätzen, aber nur 29 % der befragten ger Emissionen und satter Renditen den Lausitzer insgesamt die Lage in der Re­ Hauptprofiteur der Ausbeutung der Lau­ gion Lausitz als gut einschätzen, wenn sitz, den Konzern Vattenfall, in die Pflicht nach zwei Dekaden Aufpäppelung der nehmen will, der muss jetzt aus eigenem Braunkohle Arbeitslosigkeit und Abwan­ Interesse das Genehmigungsverfahren derung in der forsa-Umfrage unverän­ beenden. dert als größte Probleme in der Region eingestuft werden, dann ist es doch al­ (Beifall B90/GRÜNE) lerhöchste Eisenbahn, in eine andere Sehr geehrter Herr Dr. Woidke, nie­ Entwicklungslogik einzusteigen. mand erwartet von Ihnen eine sofortige (Beifall B90/GRÜNE) Absage an die Braunkohleverstromung. Auch wir Grünen haben keinen Zweifel Dabei ist der Strukturwandel weg daran, dass die Braunkohle, wenn auch von der Kohle hin zu neuen Arbeitsplät­ in ständig sinkenden Mengen, bis auf zen in anderen Industriezweigen der Weiteres zur Verstromung genutzt wird. Lausitz längst angelaufen. Das blenden Wie lange dies dann am Ende noch sein wir doch nicht aus. Angesichts sinken­ wird, darüber lässt sich trefflich streiten. der EU-Mittel muss jetzt aber die ver­

Vogel 75 bliebene Zeit zum Aufbau weiterer al­ Zukunft vertagt. Demnächst wird der ternativer Erwerbsarbeitsplätze genutzt Zubau von Windkraftanlagen vollstän­ werden. Am schlimmsten wäre es, wei­ dig zum Erliegen kommen, weil die Flä­ ter der Illusion nachzuhängen, dass die chen fehlen. Arbeitsplätze in der Braunkohle auf lan­ Fakt ist auch, dass der fehlende ge Zeit, auf lange Sicht abgesichert wer­ Netzausbau im 110-kV-Bereich seit Jah­ den können. Mit solchem Wunschden­ ren bejammert und beklagt wird und ken wurde schon die Neustrukturierung hierfür der Bürgerwiderstand verant­ des Ruhrgebiets um Jahrzehnte verzö­ wortlich gemacht wird. Tatsächlich liegt gert – mit Milliardenkosten für die Ver­ aber seit Jahren kein einziger Genehmi­ braucher. gungsantrag von E.ON edis und envia Herr Dr. Woidke, nehmen Sie Vat­ für den Netzausbau vor. Nutzen Sie Ihre tenfall und seine Angestellten mit in das neue Macht und lösen Sie diese Wider­ neue Zeitalter der erneuerbaren Energie­ sprüche auf! versorgung! Geben Sie den Menschen Zur Landwirtschaftspolitik: Was vor in der Lausitz die Sicherheit, dass Vat­ vier Jahren in dieser Form noch nicht tenfall bleibt und mit den Brandenbur­ vorhersehbar war: Die landwirtschaftli­ gern die Energiewende gestaltet! Ver­ chen Flächenpreise explodieren, Grund binden Sie das schwedische Ansinnen, und Boden sind zum Spielball für Spe­ die CO�-Emissionen drastisch zu verrin­ kulanten geworden. Mancherorts bieten gern, und unser gemeinsames Ziel, Vat­ die Finanzinvestoren einer neuen Agrar­ tenfall im Lande zu halten! Packen Sie industrie schon mehr als 25 000 Euro für die schwedische Regierung bei ihrer so­ einen Hektar Land. Das sind Preise, die zialen Verpflichtung! Präsentieren Sie durch landwirtschaftliche Arbeit nie und mit einem zeitlich überschaubaren Aus­ nimmer refinanziert werden können, die stiegsszenario aus der Braunkohle den auf Spekulationen, falsche Förderanrei­ Schweden die Möglichkeit, Geschäft, ze und eine verfehlte Privatisierungspoli­ klimapolitische Zielsetzungen und sozia­ tik zurückzuführen sind. le Verantwortung miteinander zu verbin­ Parallel steigen die Anträge auf Zu­ den! Wir unterstützen Sie dabei gerne. lassung von Anlagen einer industriali­ sierten Massentierhaltung. 100 000 Hüh­ (Beifall B90/GRÜNE) ner auf einem Fleck werden langsam die Genauso gern unterstützen wir Sie Regel. Immer mehr Schweine werden beim weiteren Ausbau der erneuerbaren in immer weniger Betrieben, durchra­ Energien. Fakt ist, dass dieser Ausbau tionalisierten Betrieben, mit minimalen zum Erliegen kommt. Die ausgewiese­ Arbeitsplatzeffekten gehalten. Bran­ nen Windeignungsfelder sind prop­ denburg wird zum Eldorado für Hühner­ penvoll, die Zielvorgabe 2 % der Lan­ barone und Schweinemäster, die an­ desfläche für Windenergie ist mangels dernorts ihr Feld räumen müssen. Personals und Kapazitäten in den Regi­ Inzwischen belegt unsere Landwirt­ onalen Planungsgemeinschaften in die schaft aufgrund dieser Konzentration in

76 Vogel der Flächenproduktivität und der Zahl Wir hatten gerade die Diskussion der Arbeitsplätze den drittletzten Platz über die syrischen Flüchtlinge. Gerade in Deutschland. weil Sie sich erklärtermaßen für ein of­ fenes und tolerantes Brandenburg ein­ (Zuruf des Abgeordneten Folgart setzen, muss hier dringend was ge­ [SPD]) schehen, und ich bin sicher, dass es bei Unsere Landwirtschaft nähert sich Ihnen auch in guten Händen ist. Strukturen an, die den Großgrundbesitz (Beifall B90/GRÜNE) des 19. Jahrhunderts weit übertreffen, Herr Folgart. Wenn der Landrat des Krei­ Und kümmern Sie sich bitte dar­ ses MOL – wohl wirklich kein grüner Par­ um, dass die Diskussion über das an­ teigänger – inzwischen beklagt, dass mehr gestammte Siedlungsgebiet der Sorben als 20 % der landwirtschaftlichen Nutzflä­ nicht aus dem Ruder läuft. Die Anerken­ chen seines Kreises in der Hand von drei nung und Absicherung von Minderhei­ Betrieben sind, dann wird auch erkennbar, tenrechten kann nicht der Mehrheitsent­ wie viel gesellschaftliche Macht in weni­ scheidung vor Ort überlassen bleiben. gen Händen konzentriert wird. Wenn der Bürgermeister von Lubin, Stoppen Sie den Ausverkauf der auch Lübben genannt, das die Kriterien Agrarflächen! Nutzen Sie die Möglich­ für die Einordnung in das sorbische Ge­ keiten des Siedlungsgesetzes und sor­ biet erfüllt, allen Ernstes die Ansicht ver­ gen Sie dafür, dass diese Flächen aus­ tritt, dass das Sorbentum nur der touris­ schließlich dafür genutzt werden, gezielt tischen Vermarktung dienen, aber keine bäuerliche Strukturen in Brandenburg zu Auswirkungen auf die Kommunalpolitik fördern! Wir haben genug Großbetriebe. haben darf, dann ist eine Grenze über­ Lassen Sie mich neben diesen schritten. Brandenburg darf nicht zum schweren Hypotheken auf zwei weitere Gegenstand europaweiter Kritik werden, Punkte eingehen: die Flüchtlingsunter­ die Minderheitenrechte sind zu gewähr­ bringung und die Wahrung der Minder­ leisten. Dr. Woidke aus Baršć, handeln heitenrechte der Sorben und Wenden in Sie! unserem Land. Natürlich müsste in den nächsten Bei der Unterbringung von Flücht­ zwölf Monaten auch noch viel in punc­ lingen kann man getrost von einer dra­ to schnelles Internet geschehen; das hat matischen Situation, aber auch von die CDU angesprochen. Ausgestaltung Stillstand und Nichtumsetzung von der EU-Förderung, Sie haben es auch Landtagsbeschlüssen sprechen. Mit angesprochen. Diese Punkte werden den Kommunen konnte keine Verständi­ wir in dieser Debatte nicht mehr ange­ gung über das Unterbringungskonzept messen behandeln können, es fehlt die des Landes erzielt werden. Gleichzeitig Zeit. Aber diese Aufzählung macht auch ist die Zentrale Aufnahmestelle in Eisen­ deutlich, dass es mit der vorgeblichen hüttenstadt überfüllt und die Zahl der Abarbeitung des Koalitionsvertrages Flüchtlinge steigt weiter. noch nicht so weit her ist.

Vogel 77 Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verbindung von ökologischen und öko­ meine Rede wäre unvollständig, wenn nomischen Zielen, sich nicht erfüllt hat. ich nicht die Gelegenheit nutzte, allen Hier hat – das nehmen wir sehr bedau­ Respekt vor der Entscheidung von Mat­ ernd zur Kenntnis – nicht der Mensch thias Platzeck zu bekunden, aus den be­ das Amt geformt, sondern – wie es häu­ kannten gesundheitlichen Gründen sein fig ist – ein Amt den Menschen. Amt zur Verfügung zu stellen. Visionäre Zielvorgaben gab es Jeder hier im Saale weiß um die po­ schon lange nicht mehr. Der Begriff der litischen Differenzen, die BÜNDNIS 90/ Nachhaltigkeit wurde nicht in den Mittel­ DIE GRÜNEN mit Matthias Platzeck ha­ punkt der Politik der Staatskanzlei ge­ ben und gehabt haben. Das fängt bei stellt, sondern ins Umweltministerium der fatalen Lobbypolitik für die Braun­ abgeschoben. Die Tagespolitik hat sich kohle an und hört bei dem Ausblenden zunehmend im Klein-Klein begrenzter eigener Verantwortung für das BER-De­ Haushalte und im Abarbeiten hasenfüßi­ saster noch lange nicht auf. Aber wir sa­ ger Koalitionsverträge erschöpft. gen auch: Mit Matthias Platzeck hatte Liebe Kolleginnen und Kollegen, „Da dieses Land lange Jahre einen hervorra­ ist der neue Platzeck!“, so ein Bürger laut genden, einen herausragenden Umwelt­ „MOZ“ vom 24. August, als er unvermit­ minister, der mit seinem Eintreten für ei­ telt auf den da noch designierten neuen nen modernen integrativen Naturschutz Ministerpräsidenten Woidke stieß. Das die Naturschutzpolitik im europäischen bringt ein grundsätzliches Problem auf Maßstab veränderte. Mit der Ausstrah­ den Punkt: Ministerpräsidentenamt und lungskraft des Brandenburger Beispiels Person waren im Lande mit den Jahren wurde der Naturschutz bundesweit vom zu einer Einheit verschmolzen. Mit einem Kopf auf die Füße gestellt. Hierfür hat Bekanntheitsgrad hart an der 99-%-Mar­ er in den 90er-Jahren zu Recht Natur­ ke hat Matthias Platzeck alle anderen schutzpreise und bundesweit Auszeich­ Landespolitiker hinter sich gelassen. Wir nungen verliehen bekommen. anderen sind alle mediale Zwerge. Doch Für uns Grüne ist allerdings festzu­ die Gleichsetzung von Mensch und Amt halten, dass die mit dem Aufstieg von ist in unserer Demokratie fatal. Matthias Platzeck in der SPD-Führung Sie bestärkt viele Menschen noch bis hoch in den Bundesvorstand und die in ihrer Auffassung, dass der Mensch an mit seiner Wahl zum Ministerpräsidenten der Spitze allein entscheidet. Völlig ver­ des Landes verbundene Hoffnung, dass loren geht dabei das Bewusstsein, dass hier ein Mann sich anschickt, eine Partei unsere Demokratie die nach demokrati­ und ein Land zu verändern, die alte Tan­ schen Grundsätzen arbeitenden Partei­ te SPD und die alte Mark gleichermaßen en benötigt, Parteien, in denen Posten zu modernisieren und inhaltlich neu aus­ und Ämter nicht vererbt, sondern in ei­ zurichten hin zu einer Politik der Nach­ nem demokratischen Willensbildungs­ haltigkeit, des Gleichklangs von sozi­ prozess vergeben werden, aler und demokratischer Teilhabe, der (Beifall B90/GRÜNE)

78 Vogel einem Willensbildungsprozess, in danke. Er redet – das ist sein Zitat – mit dem Alternativen, auch personelle Alter­ seiner Frau und sagt am Sonntag zu. Er nativen, auf breiter Basis diskutiert und musste ja auch keinen Gedanken an sei­ entschieden und nicht nur Hinterzim­ ne Nachfolge verschwenden, weil die in­ merabsprachen auf Parteitagen abge­ formelle Führungsrunde sich längst auf segnet werden. Herrn Ness als Nachfolger geeinigt hat­ Gerade der SPD, die seit über 20 te. Jahren die Politik hier im Lande domi­ (Zurufe von der SPD und der Frakti- niert, käme hier eine besondere Ver­ on DIE LINKE) antwortung zu. Ich hatte eigentlich ge­ hofft, dass Matthias Platzeck seiner Es ist diese Vermischung von Par­ Partei die Zeit gibt, über solche Alterna­ teiarbeit, Fraktionsarbeit und Regie­ tiven zu diskutieren: Wie ist die Lage im rungsfunktionen, die Konzentration der Land? Wo will die SPD auf welchen We­ Entscheidung auf kleine Zirkel, die un­ gen hin? Und wer sind die geeignets­ ser parlamentarisches System langsam, ten Persönlichkeiten, um diesen Weg zu aber stetig auszuhöhlen droht, und des­ gehen? – angesichts der dünnen Per­ wegen ist es nicht nur eine Sache der sonaldecke der SPD im Prinzip ziemlich SPD. risikolos; denn zumindest an Dietmar (Beifall B90/GRÜNE – Zurufe von der Woidke – und das sage ich durchaus an­ SPD und der Fraktion DIE LINKE) erkennend – hätte letztendlich kein Weg vorbeigeführt. Aber genau diese Diskus­ Diese Kritik am Zustandekommen sion ist ausgefallen. des Personaltableaus möchte ich deut­ Nehmen wir nur einmal als Beleg lich trennen von einer Bewertung des den damaligen Fraktionsvorsitzenden neuen Ministerpräsidenten. Der Wech­ der SPD, Herrn Ralf Holzschuher, der in sel zu Dietmar Woidke, dem als Allerers­ der „Märkischen Allgemeinen Zeitung“, tes der Ruf der unaufgeregten Boden­ im Interview wohlgemerkt, vom 3. Au­ ständigkeit vorauseilt, ist zunächst eine gust erklärte, dass er am Samstag er­ Chance, das Land pragmatisch bis zum fahren habe, dass er Innenminister wer­ Ende der Legislaturperiode zu führen. den soll. Von wem er das erfahren hat, Gerade auch, weil niemand und zualler­ vernehmen wir nicht. Aber es wird deut­ letzt wir Bündnisgrünen Dietmar Woid­ lich, dass der Chef des parlamentari­ ke als Repräsentanten einer modernen schen Zentrums der Landes-SPD an SPD einstufen, weil wir keine besonde­ solchen Entscheidungen nicht etwa mit­ ren Erwartungen einer Neuausrichtung wirkt, sondern sie ihm mitgeteilt werden. der Brandenburger Politik an ihn he­ Und was macht der Fraktionsvorsitzen­ gen, hat er alle Chancen, haben Sie alle de Holzschuher? Ruft er etwa seinen Chancen, uns positiv zu überraschen. Stellvertreter an, berät sich mit ihm und Ich mache keinen Hehl daraus, dass der diskutiert über mögliche Nachfolger in Agrarökonom Dr. Woidke als Agrar- und seiner Funktion? Anscheinend kein Ge­ Umweltminister eine ganze Menge Leu­

Vogel 79 te mit seiner Nachgiebigkeit gegenüber Seitdem hat es trotz einer Vielzahl von dem Agrarbereich nicht gerade begeis­ Blockadeaktionen gegen Naziaufmär­ tert hat. sche keinen vergleichbaren Fall mehr gegeben. Ich denke, das kann, das (Zuruf des Abgeordneten Folgart muss auch gesagt werden, und man [SPD] sowie weitere Zurufe von der muss seine heutige, auch heute wieder SPD) klare Positionierung gegen den Nazi­ – Da kenne ich mich auch gut aus, spuk würdigen. Herr Folgart, da können Sie sicher sein. (Beifall B90/GRÜNE sowie verein- Aber wir konstatieren, dass er als zelt SPD und DIE LINKE) Innenminister ein ganz anderes Bild ab­ gegeben hat. Das Innenministerium gilt Aber dennoch: Die heutige Regie­ heute als gut geführtes Haus. Herrn Wo­ rungserklärung hatte – freundlich ge­ idke gelang es, die Diskussion über die sagt – ihre Lücken. Sie war in viele Wor­ Polizeistrukturreform zu versachlichen te gekleidete Inhaltsleere und zumeist und überzogene Einsparvorgaben zu­ nicht mehr als ein Recycling früherer rückzunehmen. Aber nicht nur das. Als Verlautbarungen der Staatskanzlei. ein ehemaliger Stasi-Aktivist nach dem (Zurufe von der SPD) anderen in der Polizei aufflog, hat er sich gegen die erklärte Position von Matthi­ Auch wenn ich zugebe, dass man as Platzeck für verdachtsunabhängige Rotbuschtee mehrfach aufbrühen kann Überprüfungen stark gemacht und mit – irgendwann wird er schal und ge­ Erfolg auf eine Änderung des Stasi-Un­ schmacklos. Soweit Probleme benannt terlagen-Gesetzes gedrängt. Die Be­ wurden, wurde keine Lösung präsen­ werber für die neu zu vergebenden Füh­ tiert. Außer der Nothilfe für den Unter­ rungspositionen in der Polizei wurden richtsausfall – ich hatte es angespro­ überprüft und Konsequenzen gezogen. chen, es steht in den Sternen, wie das „Denn das lag auch und gerade im Inte­ dann abgesichert werden soll, aber im­ resse der Polizei selbst“, wie er damals merhin – wurde kein neues Projekt prä­ zu Recht verkündete. Das war jetzt ein sentiert. wörtliches Zitat. Während andere Kabi­ Wir benötigen aber keine Still­ nettskollegen die Hände in den Schoß standskoalition, die noch den nächsten legten, hat Dietmar Woidke hier Rück­ Wahltermin erreichen will, sondern eine grat gezeigt. Regierung, die sich nicht scheut, auch Als die Polizei in Neuruppin in einer von ihr selbst verursachte Probleme an­ wahrhaft missglückten Aktion rund 300 zusprechen und Lösungsvorschläge zu Demonstranten, die sich einem Naziauf­ unterbreiten. Und das war erkennbar marsch entgegenstellten, einkesselte heute noch nicht der Fall. und erkennungsdienstlich behandelte, Liebe Kolleginnen und Kollegen, hat er die Kritik nicht einfach abgebürs­ meine Aufgabe war es nicht und ist es tet, sondern Konsequenzen gezogen. auch heute nicht, ein grünes Regie­

80 Vogel rungsprogramm zu entwerfen und Rot- oder an der Frau sein oder die Regie­ Rot daran zu messen. Ein grünes oder rungskoalition mal wieder nicht in die grün-rotes oder rot-grünes Regierungs­ Puschen kommen, dann werden wir Ih­ programm kann man nur mit den Grü­ nen gern mit weitergehenden Anträgen nen in der Regierung haben. und Gesetzesinitiativen auf die Sprünge helfen. – In diesem Sinne recht herzli­ (Zurufe von der SPD und von der chen Dank. Fraktion DIE LINKE) (Beifall B90/GRÜNE sowie SPD und Das ist bei einer Regierung, die in DIE LINKE) ihrer Koalitionsvereinbarung den Begriff der Nachhaltigkeit umschiffte wie die Nordatlantikfahrer die Eisberge, erkenn­ bar nicht der Fall. Und auch Ihnen, Herr Vizepräsidentin Große: Dr. Woidke, kam der Begriff der nach­ haltigen Entwicklung wie auch der Be­ Vielen Dank, Herr Abgeordneter griff Umwelt heute nicht über die Lippen. Vogel. – Wir beenden die Aussprache. Den Entwurf eines modernen Branden­ Die Regierungserklärung ist damit zur burg haben wir in Ihrer Rede nicht wirk­ Kenntnis genommen worden. lich heraushören können. Uns wichtige Themenbereiche wie beispielsweise ein Neuanlauf zur Länderfusion von Bran­ denburg und Berlin wurden gar nicht erst angesprochen. Aber auch wenn Sie die Chance heute noch nicht genutzt haben, darzulegen, wo Sie demnächst Ihre eigenen Furchen ziehen und nicht nur in der Spur des Vorgängers ackern wollen – wir geben die Hoffnung nicht auf, dass Ihre Regierung Entwicklungs­ potenzial hat. In diesem Sinne wünsche ich Ih­ nen, Dr. Woidke, alles Gute, ein erfolg­ reiches Wirken zum Wohle des Landes und nicht nur für die Sie tragenden Par­ teien. Von uns, Herr Dr. Woidke und lie­ be Regierungsmitglieder, haben Sie die Zusage, dass wir Ihnen als konstrukti­ ve Opposition dabei genauso wie Ihrem Vorgänger mit kritischen Kommenta­ ren und hilfreichen Anregungen zur Sei­ te stehen. Sollte aber mal Not am Mann

Vogel 81 Herausgeber: Landtag Brandenburg, Referat Öffentlichkeitsarbeit

Bildnachweis: Landtag Brandenburg/Stefan Gloede

Herstellung: Druckerei Arnold, Großbeeren

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