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Hohenzollerlsche Helmai:

Vierteljahresblätter für Schule und Haus Preis halbjährlich 0.80 DM

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern in Verbindung mit der hohenz. Lehrerschaft

Schriftleitung: Druck: Josef Wiest, Gammertingen Buchdruckerei S.Acker, Gammertingen Postverlagsort Gammertingen

Nummer 4 I Gammertingen, Oktober 1957 J^7^ahrgang I. Teil Färb- und Salzungsversuche in Hohenzollern von B. Beck, Gammertingen In den vergangenen Jahren wurden in Hohenzollern ver- Aufschluß gegeben werden. Es bestand die Vermutung, daß schiedene Färb- und Salzungsversuche durchgeführt. Es er- die Versickerungsstellen in Verbindung mit den Quellen in scheint zweckmäßig, diese dem Heimatfreund und besonders Trochtelfingen und Mägerkingen, die der Trinkwasserver- den geologisch interessierten Kreisen zur Kenntnis zu geben. sorgung dienen, stehen. Färb- und Salzungsversuche werden dort durchgeführt, wo Am 24. November 1952 wurde 1 kg Uranin in Wasser auf- Wasser, insbesondere Abwasser, in den Untergrund einge- gelöst und an der Versickerungsstelle in den Untergrund leitet (versickert) wird, um feststellen zu können, wo das eingeleitet. Wasser wieder zutage tritt, da in den meisten Fällen Quellen, Vom 24. 11. 52 bis 15. 12. 52 wurden folgende Quellen be- die zur Trinkwasserversorgung genutzt werden, in der Nähe obachtet : liegen. 1. Seckachquelle in Trochtelfingen, Bei Färbversuchen wird dem zu versickernden Wasser eine 2. Quelle im Ort Mägerkingen, Farbe, und zwar im allgemeinen Uranin beigegeben. Uranin 3. Kesselbrunnen in Zwiefalten, ist für Mensch, Tier und Pflanze unschädlich und färbt das 4. Wimsener Höhle (Aachquelle), Wasser leuchtend grün. Bei entsprechend langer Sonnen- 5. Dorfteich (Quelle) in Grüningen, einwirkung verschwindet die Färbung wieder. Da beim Auf- 7. Obere Mühle in Langenenslingen. treten von grün gefärbtem Wasser in der Wasserleitung bei Die Quellen in Trochtelfingen und Mägerkingen wurden der Bevölkerung meist eine panikartige Angst auftritt, ist bis zum 27. 11. alle 2 Stunden und vom 27. 11 bis 15. 12. man in den letzten Jahren von Färbversuchen abgekommen. täglich mehrmals untersucht. Die übrigen Quellen wurden Neuerdings werden solche Versuche mit Salz durchgeführt. vom 24. 11. bis 15. 12. täglich einige Male beobachtet. In das zu versickernde Wasser wird Salz beigegeben, und Auch bei diesem Versuch wurde kein Austritt des ge- sämtliche vermutlichen Wasseraustritte werden eine gewisse färbten Wassers festgestellt. Zeitlang auf ihren Salzgehalt untersucht. III. Färbversuch I. Färbversuch bei der Versickerung des Grubbenbaches in Hart bei der Fehlaversickerung auf Gemarkung Neufra Ca. 400 m nordöstlich der Ortslage Hart versickert das Im südlichen Teil der Gemarkung Neufra, im Fehlatal, Wasser des Grubbenbaches (Ortsbach) in einem Erdfall. Der unweit der Grenze gegen Hettingen, befindet sich eine Ver- Färbversuch wurde durchgeführt, um über den Verbleib des sickerung der Fehla, in der ein beachtlicher Teil des Wassers versickerten Wassers Aufschluß zu erhalten. unterirdisch verschwindet. Der Fehla werden namentlich im Am 2. 8. 1954 9.15 Uhr wurden 2 kg Uranin in den Grub- Oberlauf unzureichend geklärte Abwässer zugeführt, so daß benbach gegeben und versickert. Es wurden folgende Stel- das auf Gemarkung .Jeufra versickernde Fehlawasscr be- len beobachtet: nachbarte Quellen, die auch der Trinkwasserversorgung 1. Starzel vom Steinbruch Rangendingen bis zum Wehr in dienen, beeinträchtigen könnte. Durch einen Färbversuch Bietenhausen (laufend), sollte festgestellt werden, ob und wo das versickerte Fehla- 2. Bergenquelle im Omengraben (Wasserprobenentnahme wasser wieder zutage tritt. alle 6 S unden), Am 9. Oktober 1952 wurden bei der Versickerungsstelle 3. Quelle der Starzel-Eyach-Gruppe bei der oberen Mahle ca. 4 kg TJranin in das Fehlawasser gegeben. In der Zeit vom in Bietenhausen (Wasserprobenentnahme alle 6 Stunden). 9. bis 22. Oktober wurden alle 2 bzw. 4 Stunden Wasser- Am 3. 8. 1954 8.00 Uhr trat an der Quelle der Starzel- proben aus folgenden Quellen entnommen: Eyach-Gruppe grün gefärbtes Wasser aus. Die Entfernung 1. ca. 1,5 km nördlich von Hettingen an der rechten Tal- von der Versickerungsstelle beträgt ca. 3 km. Die Geschwin- seite an einem Lauchterttalarm, gegenüber dem Feuer- digkeit des Wassers mit 132 m/Std. ist als relativ hoch an- felsen). zusprechen. 2. Sebastiansquelle (Quellfassung der Wasserversorgung IV. Salzungsversuch Mittlere Laudiert). 3. Quelle in der Ortsiage Hettingen (beim Gasthaus zur an der Versickerung der Ortskanalisation Benzingen r Sonne). Bei den Baggerarbeiten zum Bau einer Vorflutleitun- für 4. In der Fischzuchtanstalt Steinhart nahe der Fehlamün- die Ortskanaiisation Benzingen wurde im vergangenen Jahr dung in die Laudiert. ca. 800 m nordöstlich der Ortslage eine etwa 30 m tiefe und 5. 250 m unterhalb der Fehiamündung am rechten Lau- bis zu 7,50 m breite Felshöhlung entdeckt Am 16. 12. 1956 chertuf'er. wurde diese von der Bergwacht Sigmaringen untersucht und 6. Gailusquelle in Hermentingen (Quellfassung der Was- vermessen. serversorgung Zollernalb). Da in diese Doline Abwasser eines Ortsteiles von Fenz.i- 7. In der Ortslage Hermentingen am rechten Lauchertufer, gen eingeleitet werden soll, war zu prüfen, ol eine V'ersik- ca. 100 m unterhalb der Eisenbahnbrücke. kerung an dieser Stelle irgend eine der genutzten Quellen Während der ganzen Beobachtungszeit konnte bei keiner im A.iflußgebiet, insbesondere die Queilfassung der Gemein- Quelle irgendwelche Grün-Färbung festgestellt werden. Die den Benzingen und Veringendorf in Veringendorf beeinträch- Fehla gab also ihr Geheimnis nicht preis. tigen würde. Zu diesem Zweck wurde am 7. Mai 1957 in Benzingen "in II. Färbversuch Salzungsversuch mit 5 Tonnen Rohsa'^ d"rchgeführt. Oas bei der Versickerung der Ortskanalisation in Steinhilben Salz wurde in Wasser aufgelöst und in die Doline eingeleu-'t. Im Zuge der Ortskanalisation Steinmlben mußte über den Als mutmaßliche Wiederaustrittsteile des Salzes wurden Verbleib des an 5 Versickerungsstellen in den klüftigen Un- beobachtet insbesondere die Quellen bei Veringendorf, tergrund abfließenden Wassers durch einen Färbversuch nämlich 50 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957

1. Quelle in der Büttnau, knapp 3 km von Veringendorf, keine der beobachteten Quellen als sichere Ausstrittsstelle Entfernung zur Versickerungsstelle 1 750 m. der versickerten Salzlauge bestimmt werden. Eine Verbin- 2. Quelle am Ahlenberg, in der Nähe des Wasserfalles am dung der Versickerungsstelle mit der Quelle in der Büttnau NW Ortsrand von Veringendorf, Entfernung zur Ver- ist allerdings nicht ausgeschlossen, da hier der Salzgehalt des sickerungsstelle 3 400 m. Wassers anstieg. Doch sind hier nur etwa 10 °/o des Salzes 3. Quellfassung in der Königsgasse (Pumpwerk für Verin- wieder ausgetreten. Der Salzgehalt der übrigen Quellen gendorf und Benzingen), Entfernung zur Versickerungs- schwankte wohl in der Beobachtungszeit bis zum 30. 6. 1957, stelle 3 650 m. doch konnte kein eindeutiger und klarer Anstieg und kein Darüber hinaus ausgesprochenes Maximum festgestellt werden. Durch die Ergebnisse der Versuche im Einzugsgebiet der 4. Gretsbrunnen in Straßberg, Trinkwasserversorgung der Laudiert (Versuch I, II, und IV) kann wohl vermutet wer- Stadt Tailfingen, Entfernung zur Versickerungsstelle den, daß in einer größeren Tiefe riesige Grundwasserbe- 4 750 m. hälter oder Seen vorhanden sind, in denen das gefärbte oder 5. Triebwasserweiher des städt. Pumpwerkes Sigmaringen, gesalzene Wasser so stark verdünnt wird, daß beim Wieder- Entfernung zur Versickerungsstelle 10 000 m. austritt an den Quellen ein Nachweis nicht mehr möglich ist. Nach einem Gutachten des Geologischen Landesamtes in Auch hier hat es sich bestätigt, daß die Natur dem Menschen Baden-Württemberg, Freiburg, konnte bei diesem Versuch Rätsel aufgibt, die nicht zu lösen sind. Durch die Gauselfinger Fluren

von Joh. Ad. Kraus „Hallo, Beck-Xavere, was habt Ihr heute mittag vor? versunkenen Markstein, stellen weiterhin das Fehlen eines Wollen wir nicht ein wenig in die Felder hinaus?" Der An- weiteren fest, finden am Brunnemer Weg das Kreuz nicht geredete geht eben die Gasse herein, um mit den Ministran- mehr, das einst im 18. Jahrhundert nach dem alten Grenzbe- ten zusammenzulaufen, wendet sich aber nochmal auf meine schrieb dort stand. An einem neuen Granitblock schwenken Frage um: „Glei drbei, 's ist jo heut so a schöner Tag. Wear wir an der Grenze nach links hinüber zum Späthrain. Dabei goht no mit?" „Der Gustav hat schon lange davon geredet, können wir nicht unterlassen, immer scharf mit dem Feld- Ihr könntets ihm ja sagen. Seine Höhlengrabung hinter dem stecher die Gegend abzusuchen, so daß wir fast einigen Haus möchte ich doch auch einmal sehen!" Er kann nur noch friedlichen Spaziergängern als Spione erschienen wären, wie sagen: „Guet, 's soll gelta", da zerren auch schon die un- sie uns nachher gestanden. Einer von ihnen ist dann seiner geduldigen Buben an den Seilen, die vier Glocken fallen Gesellschaft untreu geworden und hat sich uns angeschlos- der Reihe nach ein, sobald die kleinste ihr helles Stimmchen sen. Nach Ueberschreitung eines Feldweges geht unsere über das sonntägliche Dorf angehoben.. Die Leute strömen Grenze allmählich aufwärts dem bäum- und heckenbestan- zur Kirche ... denen Späthrain zu, wo im Gebüsch noch alte schmale Auch nachmittags ist herrliches Sommerwetter. Frohe Ackerstreifen zu erkennen sind. Der Eckstein von früher hat Grüße werden gewechselt, wie ich die Straße herab fahre, einem modernen weichen müssen und liegt nun verlassen um vor der Wohnung des Heiligenrechners Eisele zu halten. im Gebüsch. Kläffend fährt der treue Hüter des Hauses, ein schöner wei- „Was Ihr doch für eigenartige Feldnamen habt, Dicke, ßer Spitzer, aus seinem Sonnenbad vor der Treppe aaf, Riedhilb, Spätenrein und andere. Die müßt Ihr mir einmal offenbar unwirsch über die unliebsame Störung. „Maxie, sei gelegentlich aufzählen." Meine Begleiter waren gleich dabei. doch ruhig!" suchte ich ihn zu besänftigen. Doch es gelingt Wie ein Sturzbach sprudelte der Beck-Xavere nur so heraus: schlecht, bis der Hausbesitzer selbst unter der Tür erscheint. „Jo waß, vill Nema haumr; Hex, Holgaäcker, Käpfle, Ließe, Bald ist das Rad verstaut, und so ziehen wir los, von den Hasla ..." „Nur langsam", muß ich unterbrechen, „so schnell Wünschen der Frau Eisele begleitet und umschwärmt von komme ich nicht mit!" Schon wirft der Gustav dazwischen: Mäxle, der vor Freude, mitzudürfen, ganz närrisch ist. Schon „Was soll denn Spätaroi bedeita? Nur die obere Anhöhe ge- wartet auch der Mesner in seinem Hof, und so wandern wir hört uns, d'Halda mit dem Wald scho ge Mariaberg." Nun vier in den Sonntagnachmittag hinein, die östliche Anhöhe die Frage läßt sich wohl mit dem Hinweis auf die Freiherrn hinter dem Dorf hinauf. Bald liegt die Heimat zu unsern von Speth lösen, die bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts Füßen, Haus um Haus schart sich um das Kirchlein. Dort •Besitzungen in der Gegend hatten. Einige sind ja auch in an der langen Gasse fällt das alte hohe Herrschaftshaus auf. Hettingen und in Neufra in der Kirche beerdigt. Im 16. Vom SchlÖßlesberg grüßen die Trümmer von Ruine Leck- Jahrhundert hat einer in Bronnen ein neues Schloß gebaut. stein, rechts die alte Burg und links die Bergkuppen von Nachher stellte sich heraus, daß der Grund und Boden dem Lichtenstein und Bubenhofen bei Neufra Davor breitet sich Kloster Mariaberf gehörte, das den Bau nicht duldete. Und das Wiesental der Fehla in saftigem Grün, O, es ist schön, so mußte der Freiherr sein Schloß wieder abbrechen. das Fehlatal, das wald- und bergumsäumte! Wir trinken die Wir schlagen uns der Grenzschneise nach durch das Unter- Pracht der Gottesnatur in uns hinein. Nach einigen hundert holz, bleiben aber sorgfältig am oberen Rand des Abhangs, Schritten hinter dem Hochbehälter der Wasserleitung er- wahrend die Grenze auf und ab geht. Ein vorgeschobener reichen wir den schattigen Wald. Doch heute hält er uns Fels trägt einen alten Lochenstein mit dem Hirschhorn. nicht. Hinter der Wegbiegung taucht ein schlichtes Bild- Solche mit dem umgekehrten großen lateinischen Z, der stöcklein auf mit anspruchslosem Bild darin. Der Mesner Wolfsvune, haben wir keine gefunden, wie sie noch die erzählte die Vermutung der L^ute, daß hier vor Hunderten Grenzbeschreibung des 18. Jahrhunderts aufführt. Nur eine von Jahren ein Gauselfinger Pfarrer ermordet worden sei. schöne steht an Burladinger Markung auf der Mühlhalden- Ich bin solchen Volkssagen gegenüber immer skeptisch, wenn höhe. Sollte es sich um das uralte Fleckenzeichen der Ge- auch manchmal ein wahrer Kern darin steckt. Und so äußere meinde Gauselfingen handeln? ich auch hier meine Zweifel*). Bei einem alten Fuchsbau zieht die Grenze abwärts, der „Was laufet denn Ihr so umanand, wie wenn Ihr ebbes Hausemer Wald beginnt. Links wird er lichter, und bald sucha wettet?" rief auf einmal eine Stimme aus dem Hin- stehen wir vor einem Kornfeld, das durch ein Teich gegen tergrund. Es war der Sonnenwirt, 3er auf der Dicke sein dem Hause Sträßle hinabstreicht. Eine Feldhütte fesselt in Korn besehen wollte. „Wir umgehen die Grenze und Felder." einiger Entfernung meine Aufmerksamkeit. Der Heiligen- Er konnte es anfangs nicht recht glauDen und meinte, wir recnner errät meine Gedanken: „So a Hitte not auch der hielten ihn zum Narren. Aber schließlich mußte er sich doch Häfnerbernhard ninterm Heinastoi. Hand Se sie no nie überzeugen lassen, als er uns der Neufraer Grenze über den gseah?" Ich maßte leider verneinen, habe aber später in Be- Petersberg zustreben und später gegen den Späthrain an ki itung des liebenswürdigen Besitzers und unentwegten den Marksteinen stehen sah. Herrliche Fruchtfelder wogten Weidmanns Kiaiber das Versäumte nachgeholt. Ein köst- auf der Dicke. Hoch kreiste ein Habicht mit beutegierigem liches Ruheplätzchen ist's! Sogar einen Ofen hat der findige Schrei. Ein Häslein sprang schlaftrunken hinter einer Schle- Meister darein im kleinen fabriziert! henhecke aus dem dichten Gras und sucnte erschreckt das Bei der ehemaligen Zolitafel kreuzen wir das Sträßle. Ei Weite. Uns fesselten gleichermaßen die riesigen Grenzzeichen geht zunächst bergan, dann über einen felsigen wildzerklüf~ am Härdtle mit dem zollerischen Wappen hier und der würt- teten Rücken im Hochwald. „Jetzt sind rnr im Bäraloch" er- tembergischen Hirschstange auf der Neufraer Seite. Denn läuterte der Mesner. „Wenn ma durch d'Bäum gucka könnt, dort hatte bis 1806 Württemberg die forstliche Obrigkeit im müßtet mr Stoihilba seah" ergänzte der Heiligenrechner. freiherrlich spethischen Gebiet gehabt. Wir pirschen gegen Richtig, dort über den Tannen grüßten durch eine Lücke Mariaberger Markung hin, befreien einen im Steinhaufen etliche Häuser im Sonnenschein zu uns herüber. Das Fern- Jahrgang 1957 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E HEIMAT 51 glas geht von Aug zu Aug. Hätte selber kaum gedacht, daß Feld und Wald zu streifen, ihm sobald zum Verhängnis wer- Steinhilben so hoch liege. „Komisch, daß unser Standort den sollte. Ein grimmiger Jägersmann hielt den harmlosen Bärenloch heißt und ist doch kein Loch", meinte unser neue Kleinen für einen gefährlichen Wilddieb und... Ja und .. . ! Kollege. „Gewiß, auf den ersten Blick schon. Aber hier ist Weiter wissen wir selber nicht: Der Mäxle ist halt seitdem Loch nicht Vertiefung, sondern das altdeutsche Woit für nicht mehr heimgekommen! Wald. Daß sich in dieser Wildnis ehemals Bären aufge- Schon waren die wunderlichen Malbsteinformen und die halten haben, ist nicht unmöglich!" künftige Hühnerfarm hinter dem Haus begutachtet und wir Wir turnen inzwischen durch die zerstreuten Steinblöcke schickten uns zum Gehen an, als uns Frau Eisele zurück- und Felsspalten hinunter. Um Haaresbreite hätte ich durch hielt: „Aber entschuldiget Se, so könnet Se doch nit zum einen Purzelbaum mit einer versteckten Fuchshöhle unlieb' Ferde hinein. Sie sind jo boid voller Tannennadeln und Gras- same Bekanntschaft gemacht, daß dem Gustav ein Schrei hälm. Rosa, bring mal d' Kleiderbürste!" Richtig! In unserem des Entsetzens entfuhr. Ein guter Stolperer fällt nicht. Wir Eifer hatten wir gar nicht bemerkt, was eine tüchtige Haus- erreichen schließlich alle fünf trotz der Sonntagsschuhe (der frau auf den ersten Blick sieht. Der Wald hatte uns über- vierbeinige Begleiter aber am besten) den ebenen Boden. reichlich seine Zeugen an Kleider und Kopfbedeckung ge- Nun gehts sachte bergab. Wir nähern uns dem Hausersteig, hängt. Doch schon trägt das eifrige Töchterlein freudestrah- und da der Magen allmählich seine Rechte geltend machte, lend das nützliche Instrument her und darf nach getaner Ar- auch der Stundenzeiger unserer Uhr schon ziemlich vorge- beit es mit einem schönen Dank wieder an seinen Platz ver- rückt ist, beschließen wir, die Schritte heimwärts zu lenken. bringen. In der „Sonne" mußten wir dann während der Der geplante Besuch bei Bettelmanns Loch mußte also aus- Stärkung dem Wirt und seinen Gästen gleich berichten. Die fallen. Die alte Straße von Gammertingen nach Melchingen- Namen der Fluren aber haben wir uns gemerkt. Der Herr Reutlingen mag hier unterm Hausersteig herübergekommen Mesner mußte später auch die übrigen mir noch nennen. sein. Noch führt von der Halde her an einem Schlehdornhag Endlich hat der trotz seiner 86 Jahre unverwüstliche Häfner- ein Grasweg und zieht kaum erkennbar nach rechts. Vor bernhard auf unserm Gang zur Bitzer Markung, wo wir am Jahren schon bin ich einmal, allerdings in der Dunkelheit, Schwandel die Preiselbeeren fanden, aus seinem reichen von Bronnen herübergewandert. Hätte ja den Weg bis zum Wissen noch einige beigetragen. Stettener Erdfall sicher nicht gefunden, wenn nicht mein *) Anmerkung: Allerdings sollte ich nach Jahr und Tag die Wahr- treuer Paladin, der Steinhauermeister Dietrich von Ringin- heit finden: Im Sigm. Staatsarchiv liegt eine durch übergossene gen, mir Wegbegleiter gewesen wäre. Und er kennt sich im Flüssigkeit fast unleserliche Pergamenturkunde. Darauf konnte man Heimatgelände aus wie in seiner Hosentasche. So seien denn entziffern: „Der Gauselfinger Pfarrer Thomas Mayer (hier seit 1188) ist im J. 1500 von unbekannten Tätern umgebracht worden. Ucbcr diese Zeilen nicht geschrieben, ohne auch ihm, der inzwi- das ganze Dekanat Trochtelfingen wurde die Kirchenstrafe des In- schen gestorben ist, einen Gruß frohen Dankes zu senden! terdikts verhäng nd damit alle gottesdienstlichen Verrichtungen untersagt. Auf Bitten der Geistlichkeit hat der Bischof Hugo von Hohenlandenberg zu Konstanz durch seinen Generalvikar am 13. Wir aber pilgerten durch das enge Tal auf bekanntem Dezember 1500 das Interdikt aufgehoben, da die Tat genügend ge- Sträßle wieder Gauselfingen zu, und zwar, ohne es zu mer- 1 -andmarkt sei u l viele Unschuldige darunter zu leiden hätten. ken, in ziemlichem Tempo. Und wer verargt es uns, daß wir W~nn aber der Täter >"h herauskommt, so wird sein Aufenthalts- ort auf 3 Tage interd_ iert." Demnach ist es eine grobe Verleum- in unserer Erhitzung beschlossen, beim Sonnenwirt einzu- dung, wenn man die Schuld den eigenen Pfarrkindern in die Schuhe kehren! Also noch geschwind einen Blick auf die Höhlen- schiebt, denn der Täter wurde nie ermittelt. Unwahr ist auch die grabung vom Gustav! Frau Eisele wartete schon in halber Behauptung, Gauselfingen habe deswegen keinen Pfarrer mehr be- kommen. Tatsächlich ist vielmehr hier noch um 1515 ein Pfarrer Sorge und atmete freudig auf, als der treue Mäxle durch Matthias Lux nachzuweisen! Die Aufhebung der Pfarrpfründe er- freudiges Gebell unser Kommen anzeigte. Der arme Mäxle! folgte um 1545 wegen der großen Mittellosigkeit, die schon 1485 Wir konnten damals noch nicht ahnen, daß seine Lust, durch nachzuweisen ist.

Das ehem. Kloster Kirchberg wird evangelische Heimstätte von Josef Schneider, Gruol Unweit des Felsenstädtchens Haigerloch, abseits der Straße diesen Reiz alter Klosterstätten, sondern es wirkt alles zu- nach Rosenfeld, führt der Weg vorbei am ehemaligen Kloster sammen, die Zartheit der baulichen Erscheinung und archi- Bernstein über eine landschaftlich reizvolle Straße zum Klo- tektonischen Form, geschichtliche Erinnerung und räumliche ster Kirchberg. Von waldigen Tälern umgeben ist das ehe. Umhegtheit. Kirchberg ist eine Begegnung von Glaube und Dominikanerinnenkloster, die neunge Staatsdomäne Kirch- Natur, die bis heute nichts an ihrer Wärme verloren hat, berg, eine Welt seelennaher Ruhe. Das Kloster war während wenn auch das klösterliche Leben schon seit 151 Jahren ver- seiner 600j ährigen reichen Geschichte vor allem mit der Graf- stummt ist. Der klosterfeindliche Sturm im Jahre TS06 er- schaft Hohenberg-Haigerloch verbunden, und viele Angehörige griff neben anderen Konventen der Umgebung' auch Kirch- dieses Geschlechts haben hier ihre letzte Ruhestätte gefunden. berg. Seitdem ist es still geworden. Was noch blieb, wurde Hohe Klosterkultur blühte in den Mauern Kirchbergs, und das beliebte Wanderziel der Heimat- und Kunstfreunde, die die Tiefe klösterlicher Frömmigkeit zeichnete den ganzen sich immer wieder hierhergezogen fühlen und denen der Konvent aus. Die mittelalterlichen Nonnenklöster haben Kirchberg eine Fundgrube bedeutet, in der zu graben sich nicht den Ruf und Namen der Männerklöster, sie haben aber immer wieder lohnt. Es ist schön hier oben zu jeder Jahres- teil an der Schönheit mittelalterlicher Kunst und strahlen zeit. Sei es im Frühjahr, wenn der Lenz dieses Kleinod mit mit ihrer zarten Formenwelt, ihrer besonderen Stimmung den ersten zarten Blüten schmückt, im Sommer, wenn die einen anmutigen Reiz aus. Nicht nur große Kunst macht prächtigen Getreidebestände rund um den Kirchberg wogen,

Das ehemalige Kloster Kirchberg 52 ENZOLLERISCHEH Jahrgang 1.957 wenn der Herbst Kloster und Nonnenfriedhof in eine wahre Unter Oberbauleitung des Staatlichen HochDauamts Rott- Farbensinfonie taucht oder wenn der Winter sein glitzerndes weil sind nun dort seit einigen Wochen die Umbauarbeiten Weiß über die Landschaft rund um die Klosteranlage legt. in vollem Gang. Zunächst ist an die Einrichtung von 20 Ein- Doch dies alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß zelzimmern gedacht. Ferner werden drei Gemeinschaftsräume, sich an der Gesamtanlage in den letzten Jahren immer mehr eine Bibliothek und ein Speisesaal eingerichtet. Das alte ein großer Zerfallsprozeß vollzog, der jedem, dem der Kirch- Portal zur Nonnenempore wird wieder aufgebrochen und ein berg lieb war, ans Herz greifen mußte. Feuchter Moderge- Durchgang zur Nonnenempore geschaffen, die zur Haus- ruch schlug dem Besucher entgegen, wenn er Kirche und kapelle umgestaltet wird. Im Zuge dieser Bauarbeiten wer- Konventsgebäude betrat. Die Zeit vollzog langsam, aber den auch die übrigen Klosteranlagen, so vor allem die Reste stetig das Todesurteil. des alten gotischen Kreuzganges, wieder instandgesetzt. Die Gerade noch zur rechten Zeit interessierten sich evange- alte, schöne Klosterkirche soll in ihrer bisherigen Form be- lische Kirchenstellen für die Gebäude und konnten nach lan- lassen werden. Es ist für jeden Kirchberg-Kenner und Lieb-

Kirche und Kreuzgang des ehemaligen Klosters Kirchberg gen Verhandlungen mit dem Lande Baden-Württemberg haber eine Genugtuung zu wissen, daß durch die neue Ver- einen Mietvertrag eingehen. Kirchberg wird nun evangelische wendung die schöne und ehrwürdige Klosteranlage nicht nur Heimstätte und wird damit einer neuen Verwendung zuge- erhalten bleibt, sondern die neue Verwendung auch einer führt. Wenn im Herbst die Umbauarbeiten beendet sein wirklich guten Sache dient. Zweifellos hatte der Verein mit werden, wird in dem ehemaligen Konventsgebäude neues der Wahl seiner künftigen Heimstätte eine glückliche Hand. Leben einziehen. Glieder der evangelischen Michaelsbruder- Dies ist in erster Linie dem Vorsitzenden des Berneuchener schaft und Mitglieder des Berneuchener Dienstes haben auf \ ereins, Herrn Fabrikant Robert Baier-Konstanz, zu danken, Anregung des Konvents Württemberg den Verein „Berneu- der als gebürtiger Rosenfelder sich auf den Kirchberg be- chener Haus" gegründet mit dem Ziel, die Mittel für die Ein- sonnen und die langwierigen Verhandlungen wegen Ueber- richtung einer Heimstätte des Vereins bereitzustellen. nahme des Konventsgebäudes zum glücklichen Ziele geführt Damit hat endlich eine Instanz den Mut, hier wieder neu hat. Unter seiner Initiative ist auch bereits ein Werbepro- zu beginnen. Denn was im hohen Mittelalter die Klöster für spekt für den Kirchberg herausgekommen, der über den Sinn die innere und äußere Kultur eines Landes geleistet haben, der neuen Verwendung des ehemaligen Klosters Kirchberg steht heute als neue Aufgabe vor uns, wenn auch in anderen Aufschluß gibt und mit wirkungsvollen Aufnahmen für den Formen. Der Berneuchener Verein will nun hier an dieser Kirchberg und den Besuch der Heimstätte wirbt. Da der alten Stätte der Kultur eine Heimstatt für ihr Wirken schaf- Umbau mit hohen Kosten verbunden ist, braucht der Verein fen, die Besinnung, Verantwortung und brüderliche Hilfe weitere Mittel, und hier geht ein Vorschlag dahin, daß sich ausstrahlen soll. Seinen Mitgliedern soll es offenstehen zu örtliche Kreise zu Spenden zusammenschließen. Der Verein Tagen der Besinnung, zur Durchformung in theologischer Berneuchener Haus ist eingetragener Verein und als ge- Erkenntnis in Liturgie und seelsorgerlichem Dienst, zur Er- meinnützig anerkannt. Er hat seinen Sitz in Stuttgart. holung und Freizeit. Zu diesem Zweck hat sich der Mitieiter Wie man erfährt, sollen die Umbauarbeiten bis zum Spät- des Berneuchener Dienstes, Pfarrer Oskar Plank-Stuttgart, herbst abgeschlossen sein. Neues Leben wird sich dann auf bereit erklärt, nach Kirchberg überzusiedeln und die Leitung Kirchberg entfalten, und wie einst werden dort Menschen der Heimstätte zu übernehmen. für ihre hohe Aufgabe am Mitmenschen geformt werden. Aus dem Schwabenspiegel

Schwabenspiegel heißt seit dem 17. Jahrhundert das um Waldes, die Würmer in der Erde, Gold und Edelstein, der 1275 auf Grund des Sachsenspiegels entstandene Schwä- edlen Pflanzen süßen Geschmack, der Blumen lichte Farbe, bische Landrechtbuch, das ohne direkte systema- der Bäume Frucht, auch Korn und Wein und alle Kreatur, tische Ordnung eine Menge Rechtsbestimmungen in über 300 das alles hast Du dem Menschen zu Nutz und Dienst ge- Abschnitten und altertümlichem Deutsch enthält (Ausgaben schaffen in Deiner Liebe. Die dritte Würde ist die Freude von H. G. Gengier 1851, W. Wackernagel 1840, Laßberg u. a.). und Herrlichkeit, die der Mensch ewiglich bei Dir genießen Viele Bestimmungen daraus finden sich noch mit Aenderun- soll. Da Du alles umsonst gegeben hast, soll auch der Mensch gen in den Landesordnungen des 16. Jahrhunderts. Hier sei trachten, Dir zu dienen mit ganzer Treue. Denn der Lohn ist unter Uebertragung ins heutige Deutsch entnommen: so übermäßig groß, daß es kein Herz begreifen und keine 1) Vorrede. Herr Gott, himmlischer Vater, durch deine Zunge aussprechen, auch kein Auge auf Erden es sehen oder Milde schufst du den Menschen in dreifacher Würde. Die ein Ohr es hören kann. erste ist, daß er nach Dir gebildet wurde. Das ist so eine Wegen unserer großen Würde will Gott auch, daß wir hohe Würde, daß Dir alle Menschengeschlechter deswegen einander Würde und Ehre erbieten, Treue und Wahrheit immerdar danken sollen. Die andere Würde ist die, daß Du, halten und nicht Haß und Feindschaft tragen. Ein friedlich allmächtiger Schöpfer, die ganze Welt, Sonne und Mond, Leben hat unser Herrgott lieb, denn er kam vom Himmel- Sterne und die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde, reich auf Erden, um den rechten Frieden zu schaffen. Und die Vögel in der Luft, die Fische im Wasser, die Tiere des deswegen sangen die Engel ob der Krippe: Ehre sei Gott Jahrgang 1957 HOHENZOLIERISCHEHEIMAT 53 in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, allen die 19) Von Morgengabe (die der adlige Bräutigam des Mor- guten Willens sind. Als unser Herr auf Erden wandelte, gens am Bett oder Tisch seinem Weibe gibt). 20) Vom Leib- so war das sein gewöhnlich Wort: Der Friede sei mit Euch. geding, 21) ebenso. 22) Uebergabe von Gütern, 23) Der Da sollen wir merken, wie recht lieb der allmächtige Gott Frauen Heimsteuer (die ebenfalls der Bräutigam gab.) 24) den Frieden hat. Und da er in den Himmel fuhr, sprach er Ehefragen, 25) Witwen - Erbteil, 26) Nachlaß von Verstor- zu seinen Jüngern: Der Friede sei mit Euch, und empfahl benen. dem guten Sankt Peter, er soll Hüter sein über den rechten 27) Wenn man ein Kind ins Kloster gibt, das unter sieben Frieden und gab ihm den (schwäbisch!) Gewalt, daß er Jahren ist und geht unter vierzehn Jahren wieder heraus, den Himmel aufschließe für alle, die den Frieden hielten. so behält es Landrecht und Lehenrecht und alles, was es Dem Friedbrecher aber soll er den Himmel verschließen. erben soll, als ob es nicht „gemünchet" hätte. Dasselbe gilt Das soll heißen: die Gottes Gebote brechen, haben auch den von einem Mädchen unter zwölf Jahren. Begibt sich aber rechten Frieden gebrochen. Gott schuf im Anfang Himmel ein Knabe über vierzehn Jahren ins Kloster, so verliert er und Erde und dann den Menschen und setzte ihn ins Para- Land- und Lehenrecht und alles Erbteil. Seine Lehen sind dies. Doch der brach den Gehorsam, uns allen zum Schaden. dem Herrn heimgefallen und das Uebrige erhalten seine So gingen wir irre, bis Gott uns den Weg zum Himmel wies nächsten Verwandte (Magen). Das gleiche gilt von einer mit seiner Marter. Tjnd darum sollen wir Gott immer enren Jungfrau über zwölf Jahren. Leugnen sie, sie seien noch und loben von ganzem Herzen und allen Kräften, daß wir nicht zu diesen Jahren gekommen, so soll man sie selbdritt zu den ewigen Freuden kommen können, wenn wir nur wol- überzeugen von Seiten der Eltern oder Verwandten, die len. Wer die Gebote Unseres Herrn bricht, der verfällt dem schwören können, so haben sie ihr Recht verloren. Hat ein Gericht Gottes und derer, denen er die Gewalt verliehen hat. Knabe Haare unter der Nase oder Achsel, so gilt er als Das ist der Papst, der soll an Gottes Statt richten auf Erden, vierzehnjährig... bis auf den jüngsten Tag, wo dann Gott selber richten wird, was bis dahin nicht gerichtet ist. 28) Wer ins Kloster geht ohne seines Weibes Erlaubnis. 29) Wer ohne Erben stirbt. 31) Von der Schwaben Erbe. 38) Und darum will dieses Buch lehren, wie man nach Gottes Rechtlose Leute: Gewerbsmäßige Kämpfer oder Fechter und Willen recht Gericht halten soll, so wie viele heilige Männer ihre Kinder, alle Unehelichen, die wegen Diebstahl oder im alten und neuen Bund gerichtet haben. Wer anders rich- Straßenraub bestraften, die vor Gericht Geschworenen und tet, als in diesem Buche steht, der soll wissen, daß Gott in Ausgepeitschten. Doch können die Unehelichen wieder Recht großem Zorn ihn richten wird am jüngsten Tag. gewinnen, wenn sie ehelich heiraten. Sie alle erben kein Gut Da nun Gott der Friedensfürst heißt, so ließ er zwei von ihren Verwandten, wohl aber ihre Kinder erben von Schwerter auf Erden, als er zum Himmel fuhr, zum Schirm ihren „Freunden" (Verwandten). der Christenheit. Die lieh Gott dem hl. Peter beide, das eine 39) Vom Straßenraub. Wer des Raubes oder Diebstahls mit geistlicnem Gericht und das andere mit weltlichem Ge- überführt werden muß, wird zweifach bestraft, wer es unge- richt. Das weitliche Gerichtsschwert lieh der Papst dem nötigt zurückgibt, nur einfach. Ebenso zweifach, wer das Ge- Kaiser, das geistliche ist dem Papst vorbehalten, daß er stohlene vertut. Als Straßenraub gilt nur Raub an Geist- damit richte. lichen, an Pilgern und Kaufleuten, dabei müssen Dieser darf auch zu seiner Zeit auf weißem Rosse reiten Geistliche als solche erkennbar sein an der Tonsur, an Klei- und der Kaiser soll ihm den Steigbügel halten. Das bedeutet: dern und Waffenlosigkeit. Gleiches Recht genießt auch ihr was der Papst mit geistlichem Gericht nicht bezwingen kann, Gesinde bei ihnen. Pilger erkennt man an Stab und Tasche, das soll der Kaiser und andere weltliche Gerichte richten Ausweis ihres Leutpriesters und ihren Bußübungen. Wer mit Acht und Zwing. wegen Straßenraub vierzehn Nächte in Acht is:s soll auch Wenn ein Mann sechs Wochen und einen Tag im Kirchen- in kirchlichen Bann kommen, und ist er sechs Wochen in banne ist, so soll ihn der weltliche Richter in die Acht er- beiden, so ist er rechtlos, und seine Lehen dem Herrn ledig. klären, und wer ebensolang in der weltlichen Acht ist, der Doch erben seine Verwandten die übrigen Güter. Gehört er soll auch in den Kirchenbann kommen, wie es Papst Sil- aber einem Gotteshaus oder Leibherrn, so erbt der sein vester und König Konstantin, St. Helenas Sohn, einsetzte. Eigengut. 48) Heiraten sind beim Jüngling mit 14, beim Mäd- Jeder Christenmensch soll dreimal im Jahr das Vogtding chen mit 12 Jahren auch ohne des Vaters Einwilligung gül- (Vogtgericht) besuchen, wenn er zu seinen Jahren (groß- tig. 49) Ansprüche an Güter. 50) Wer ohne sein Wissen diebig jährig) gekommen ist, d. h. wenn er 21 Jahre alt ist, und oder räubig (geraubtes) Gut kauft und hat es drei Jahre zwar in dem Bistum, in dem er wohnt, oder in dem Land lang in unangefochtenem Besitz, so braucht es nur gegen oder Gerichtsbezirk, worin er sein Gut hat. das Zeugnis von drei Männern hin, daß es einem andern 2) Wir haben dreierlei Freie: die Sendbarfreien (Freiherrn, gehöre, zurückgeben samt dem Nutzen, den er davon gehabt. Fürsten und die, welche andere Freie als Dienstmannen ha- Ist es Vieh, das ohne seine Schuld einging, braucht er es ben), die Mittelfreien, die der hohen Freien Mannen sind, nicht bezahlen. 51) Vererbung unrechten Guts. 52.) Pfleg- drittens die freien Landsassen und Freibauern. Jede haben schaft. 53) Wenn ein Kind seines Vaters Gut verspielt, und ihr besonderes Recht. ist selbst nicht ausgesteuert und unter 25 Jahren alt, dann 3) Vom Büttel. Wenn Gericht stattfindet, soll ein Büttel muß man es wieder heimgeben. Ist das Kind über 25 und oder mehrere, die des Vogts Ding oder Gericht gebieten, kein geistesschwacher Tor, so bleibt es verloren. Das Kind nach Gewohnheit sechs oder zwei Wochen vorher, aber im- darf mit 25 Jahren darauf dringen, daß der Vater mit ihm mer dreimal im Jahr. teilt. 54) Kindpfleger. 55) Verdächtige und unzuverlässige 4) Von Burggrafen. Es ist Sitte, daß man Burggrafen hat, Pfleger. 56) Wie ein leibeigenes Weib frei wird. Wenn eine die richten über unrecht Maße und Mäßlein, Eilenmeß und Leibeigene heiratet, wird freigelassen und schwanger, dann Gewicht; was die Strafe des Abscherens und Auspeitschens wird auch das später geborene Kind frei. 52) Leibeigenschaft. angeht, den Kauf und die Leibsnahrung betrifft, darüber 61) Von rechtlosen Leuten. 62) Wer einen Lahmen zum soll der Burggraf richten. Dann soll der Vogt richten über Kampfe fordert. 63) Notwehr. Wer in echter Notwehr einen er- Totschlag und Verwundung, Schwertzücken und Hausfrie- schlagen, soll sofort zum Richter kommen und sich in seine densbruch, und was Frevel und Unzucht (kleine Vergehen, Gewalt geben. Wird gegen ihn geklagt, so soll der Täter zu Ungezogenheit) heißt. den Heiligen schwören und sagen, wie es zugegangen. Hat der Tote einen Verwandten von Vaterseite, der mit ihm ins 5) Von den sieben Heerschilden: a) der König hält den Duell treten will, so sei es nicht verweigert, außer er sei ihm ersten, b) die Bischöfe, Aebte und Aebtissinnen, die gefürstet standesmäßig nicht ebenbürtig. Hat der Tote niemand, der sind, haben den andern, c) die Laienfürsten den dritten, für ihn kämpft, ist der Täter frei. d) die freien Herren den vierten, e) die Mittelfreien den fünften), f) die Dieristmannen den sechsten, g) zum siebten 71) Wahl der Richter. 72) Von Fürsprechen (Anwälten). Heerschild gehört jeder Mann, der von ritterlicher Art ge- 74) Zeugenschaft. 75) Gericht zu halten. 76) Richteramt usw. boren und ehelich ist. 107 Bann des Kaisers. 108—9) Königswahl. 122) Man soll 6) handelt von der Auszählung der Sippen (Verwandt- keinen Markt näher als zwei Meilen bei einem schon be- schaftsgraden), 7) und 8) vom Erbteil, 9) von der Bürgschaft, stehenden anlegen. Man soll auch keine Burg bauen oder 10) Schulden von Verstorbenen, 11) Gelübde, 12) Frevel ge- Dörfer befestigen oder Berge ohne des (königlichen} Land- gen den Richter, 14) Zeugenschaft, 15) und 16) Erbschafts- richters Erlaubnis Wohl darf man ohne seinen Willen so sachen. 17) Wer Leute auf Burgen hat: Wer eine Burg be- tief in die Erde graben, als man mit einer Schaufel die Erde sitzt, ist verantwortlich für alle, die ein Burglehen darauf auswerfen kann, auch drei Stock hoch bauen mit Holz, haben, mögen sie dort wohnen oder nicht auch für alle, die Steinen usw., aber keine Zinnen und Brustwehr und Erker. darauf in seinem Schirm sitzen und von ihm essen. Ist ihm Auch darf man seinen Hof zu ebener Erde mit einer Mauer verboten einen Geächteten zu beherbergen, so soll er ihn umgeben, so hoch, daß ein Reiter mit der Hand hinauf- nur einmal über Nacht behalten, sonst handelt er wider das reichen kann, aber ohne Zinnen und Brustwehr usf. Und Recht. 18) Vom schwäbischen Urteil. ist eine Burg gebrochen nach Gerichtsurteil, darf man sie 54 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957 nicht wieder bauen ohne des Landrichters Bewilligung. Zer- Haar (d:. h. er wird mit Ruten gestrichen und bekommt das bricht man aber einem seine Burg mit Gewalt, oder läßt Haar abgeschnitten!) sie der Herr zergehen aus Mutwillen oder Armut, so darf Schon in Abschnitt 148 ist gesagt: Diebe soll man henken; man sie jederzeit wieder erbauen. (Gebrochene Burgen hie- falls er weniger stiehlt als 5 Schilling Wert, gehts ihm eben- ßen „Burgstall", besonders wenn das Recht des Wiederauf- falls an Haut und Haar. Mörder, Pflugräuber und Räuber in baus nicht verwirkt war.) Mühlen, Kirchen und Kirchhöfen, sowie Verräter und Mord- 139) Von Siegeln: Des Papstes Siegel heißt Bulle. Außer- brenner und solche, die als Boten die ihnen anvertrauten dem haben Rechtskraft die Siegel des Königs, der geist- Botschaften zu eigenem Nutz mißbrauchen, die alle soll man lichen und weltlichen Fürsten, der Prälaten und aller Klö- radbrechen. Der den Pflug raubt, solange er zur Feldar- ster, auch über die Angelegenheiten anderer Leute. Auch die beit unterwegs ist und dem Bauern etwas tut oder drei Städte sollen ihre Siegel haben, doch nur mit Pfennig Wert unterdessen nimmt, den soll man radbrechen, ihrer Herren Einwilligung, sonst haben sie keine ebenso wer in Mühlen 5 Schilling an Wert stiehlt. Nimmt er Kraft. Richtersiegel haben Kraft über die Gerichtssachen. nur dreier Pfennige Wert, so soll man ihm Haut und Haar Auch andere Leute mögen siegeln, aber nur über ihre eige- abschlagen. Wer in Kirchen oder Kirchhöfen stiehlt, auch nen Angelegenheiten. Wer Urkunden ausstellt, soll minde- nur 30 Pfennig Wert, den soll man radbrechen, und bei 3 stens sieben Mann mit Namen daraufsetzen als Zeugen. An Pfennig Wert soll man ihm Haut und Haar abschlagen und jeder Urkunde hilft ein inzwischen verstorbener Zeuge so- dazu in den Bann tun. Ihn beschirmt auch weder Kirche viel als ein lebender. Auch soll man das Jahr nach Christi noch Kirchhof (die sonst Asylrecht haben), sondern man Geburt dazuschreiben und mag auch die Siegel der Zeugen soll ihn daraus ziehen und einfangen, weil er Gottes nicht daranhenken. geschont an Kirche und Friedhof. Wer bei Tag oder Nacht 150) Wer dem andern den Mund abschneidet oder die Nase heimlich brandstiftet, es heißt Mordbrand, ob ers zugibt oder oder Ohren, oder die Augen aussticht, oder Zunge ausschnei- nicht gesteht, der wird aufs Rad verurteilt (radbrechen). det, dem soll man dasselbe tun. Wer den andern lähmt, dem Wer einen andern totschlägt oder beraubt oder brandstiftet soll man die Hand abschlagen, oder beide, wenn er ihn an (ohne Mordbrand), ferner wer mit Weibern oder Mägdlein beiden gelähmt. Wer dem andern Finger oder Zehen ab- Notzucht treibt, den Frieden bricht oder mit Huren betroffen schlägt, der verdient um jedes Glied eine besondere Buße. wird, denen soll man das Haupt abschlagen. Desgleichen gilt: Zahn um Zahn. Falls der Richter keine Wer mit Zauberei und Gift umgeht als Christ, den soll Geldstrafe verhängt, erhält er auch keinen Lohn in Geld. man auf dem Scheiterhaufen verbrennen. 154) Jeder hat den Schaden gutzumachen, den er anrichtet. Wer Brunnen oder Gruben gräbt, soll sie umwehren bis in 173) bestimmt u. a.: Wenn ein Mann hungrig in einem Kniehöhe, sonst muß er etwaigen Schaden tragen. Keller Esch ist, darf er mit der Hand, nicht mit der Sichel, Aehren oder Gruben müssen sieben Schuh von der Straße entfernt abreißen, die Körner ausreiben und essen, ebenso in einem sein. Jede Fahrstraße hat 16 Schuh weit zu sein, daß Wagen Weinberg, aber keine Trauben davontragen. Wenn ein Mann aneinander vorbeikommen. Jedermann soll Weg machen vor neuverheiratet ist, soll ihn niemand in den Krieg oder eine seiner Tür und seinem Gut sieben Schuh weit, den andern Fehde nötigen, sondern er soll mindestens ein Jahr bei sei- Teil soll die Gemeinde machen. 156) Fällt ein Mann einen nem Weibe bleiben dürfen. Wer auf dem Acker eine Garbe Waldbaum am Wege, daß er darauf fallen muß, und schlägt vergißt, soll sie für die Witwen und Waisen liegen lassen, einen Menschen tot, so kostets ihn den Kopf. Schlägt der damit Gott seine Arbeit segne. Auch was an Oelfrüchten Baum ein Stück Vieh tot, hat der Täter den Wert zu er- an Bäumen hängen bleibt, gehört den Witwen und Waisen setzen und dem Richter den Frevel zu zahlen. Fällt einer und frommen Leuten. (Vgl. 5. Buch Moses, 22—28). Bäume an Orten, wo sonst niemand wandelt, so soll er, vor 174) Wer nachts Korn stiehlt, ist des Galgens schuldig. der Baum fällt, dreimal rufen: „Wenn jemand da ist, soll er Wer des Nachts auf fremden Feldern füttert und auch nur weggehen." Hat er das getan und kommt trotzdem jemand für einen Pfennig abschneidet, dem geht es an die Hand zu Schaden, so ist er schuldlos. (d. h. Hand abgehauen!). Ist es einen Schilling wert, was er -•58) Schlägt ein Mann seinen Lehrjungen mit der Rute genommen, dann geht es ihm ans Leben. Auch schützt ihn oder Hand, aber nicht blutrünstig, so geht es niemand etwas das Asyl der Kirche nicht, wenn es nachts geschehen ist. Tut an, auch nicht, wenn er aus der Nase blutet. Macht er ihn ers bei Tag und nur eines Pfennigs Wert, dann gilt es ihm sonst blutrünstig, außer mit der Ruta, so muß er es den den rechten Daumen; bei einem Schilling Wert aber die Freunden und dem Richter büßen. Schlägt er ihn zu Tode, ganze Hand! Tut ers zum zweitenmal, schlägt man ihm auch so richn-t man über ihn wie über einen Totschläger. Aber den andern Daumen ab, und beim dritten Male die Hand. niemand soll seinem Lehrkind mehr als 12 Schläge geben, Geschieht diese Untat auf einer Burg oder einem Haus, so und das ohne jede Arglist und Gefährde. schuldet der Burg- oder Hausherr dem Richter 10 Pfund 169) Wer Holz haut oder Gras schneidet oder fischet in Heller, ebenso der Wirt in einer Stadt, es sei denn, daß man eines Ändern Wasser, der soll drei Schilling zahlen. Tut ers ihm sein Haus niederreißt, falls es 10 Pfund wert ist. Doch mehr als dreimal oder gräbt er Marktsteine aus, so soll darf ein Mann sein hungriges Pferd, das am Erliegen ist, mar ihm Haut und Haar abschlagen, außer er löse es mit am Acker fressen lassen . .. 30 Schiilmgen. 170) Wer nachts gemähtes Gras oder gehauen Die Beispiele könnten fortgesetzt v/erden, doch sollen die Holz stiehlt, den soll man richten mit der Wiede (aufhän- gebotenen genügen, zu zeigen, wie unsere Vorfahren vor gen!), und stiehlt er es bei Tag, so geht es ihm an Haut und 600 Jahren das Recht handhabten und Unrecht bestraften. K. Der Ritter Hans Hödiö

Nach einer Sage erzählt von Maria E. F 1 a d

Hans Hödiö war ein Ritter, schwer mit Schuld beladen. Alp die Not im Lande durch ihn wuchs, tat sich eine Schar Wegen seines üblen Lebenswandels wurde er aus Welsch- der edelsten Ritter zusammen. Sie stürmten auf den Feind, land ausgewiesen. Er kam in die deutschen Gaue und baute auf seine Burg, Schatzberg genannt, die er bald nach dem sich zwischen HitzKolen und Egelfingen in einem der dichten Ft.senhaus erbaut hatte. Das Schloß brannte ni 1er, das Ge- Waldesgründe ein Felsenhaus. mäuer stürzte über dem Schloßherrn ein. Und Tor und Turm Von dort aus gingen seine Raubzüge durch Städte, Dörfer folgten in wildem Durcheinander. Hans Hödiö und1 seine und nicht zuletzt auf zahlreiche Burgen. Mordgesellen konnten sich nicht retten. Sie mußten kläglich Zu diesen Vorhaben sammelte er viele Getreue um sich, enden. die dann mit ihm zu Ueberfäilen, zu Kaub und Plünderung zogen. Die Bauerr. auf den Höfen machte er arm, da er sie Seit jenem Schreckenstage aber bemerken die nächtlichen um ihr gesamtes Hab und Gut brachte. Auch kein Wanderer Wanderer, wie um Schatzbergs Mauern gespenstisch ein Irr- wai i^nr ihm sicher. Selbst die Schlösser Hornstein, Dietfurt licht kreist. Zugleich hören sie weithin durch die Lande den und Wildenstein wurden von Plünderungen nicht verschont. schauerlichen Buf dies Ritters: „Hödiö", der sich am Widerhall Die Leute zitterten, wenn sie des bösen Ritters Schreckens- der Felsen schlägt. ruf „Hödiö" vernahmen. Dann wußten sie, der wilde Räuber Die Leute aber flüstern ängstlich: „Hans Hödiö geht um!" mit seinen Helfern war ihnen nahe.

Bitte, empfehlen Sie die „Hohenzollerische Heimat" in Ihrem Bekanntenkreis! Jahrgang 1957 1IOHENZOLLEHTSCHE HEIMAT 55 Eine neue Urkunde im Haigerlocher Stadtarchiv

von Bürgermeister Hans Joachim Baeuchle Der in Sigmaringen tätig gewesene prakt. Arzt Dr. med. Dies ist somit nun die älteste im Archiv befindliche Ehren- H. Dopfer hat dem Archiv der Stadtgemeinde Haigerloch die bürgerurkunde geworden. Appellationsgerichtsrat Dopfer Ehrenbürgerurkunde seines Großvaters, des Appellationsge- verstarb am 1. Mai 1867. richtsrates Xaver Dopfer zu treuen Händen zur Aufbewah- In den Akten der Stadt Haigerloch sind nun folgende rung übergeben. Wie aus dem mitübergebenen Begleitschrei- Ehrenbürgerverleihungen bereits vermerkt oder erst kürzlich ben des damaligen Stadtbürgermeisters Stehle hervorgeht, nachgetragen worden: 1862 Appellationsgerichtsrat Dopfer, hatte sich der Geehrte ganz besondere Verdienste um die Er- 1898 Stadtpfarrer Maximilian Schnell, 1905 Fabrikant Hein- haltung des Oberamts erworben gehabt. rich Meyer senior, 1922 Pater Desiderius Lenz, 1932 Geistl. Die im Hochformat 33 auf 22 gehaltene auf starkem Papier Rat Josef Marmon, 1954 Kunstmaler Friedrich Schüz. verfertigte, gesiegelte Urkunde hat folgende Inschrift: „Die Vertreter der Stadt Haigerloch anerkennen das Ver- Darüber hinaus war 1933 noch eine Ehrenbürgerernennung dienst, welches sich der Abgeordnete des Königl.-Preuß. Ab- mehr oder weniger befohlen worden. geordneten-Hauses Herr Appellationsgerichtsrath Dopfer um Es ist erfreulich, daß die in der letzten Nummer abge- die hiesige Stadt erworben, und ertheilen demselben hiermit druckte Abhandlung mitgeholfen hat, die lückenhaften Akten- zum Danke das Ehrenbürgerrecht der Stadt Haigerloch. So unterlagen zu vervollständigen und dem Stadtarchiv eine beschlossen in der Sitzung der Bürger-Collegien. Haigerloch, weitere wertvolle Urkunde zuzuführen. Hierfür gebührt aber den 18. Oktober 1862." vor allem auch Herrn Dr. Dopfer besonderer Dank.

Unsere Kenntnis von der menschlichen Vorzeit baut sich 1. Altsteinzeit (Paläolithikum): etwa 150 000 bis 12 000 Jahre auf zwei Arten von Zeugnissen auf: auf den schriftlichen v. Chr. (Urkunden, Erzählungen) und auf den Bodenfunden. Je 2. Mittlere Steinzeit (Mesolithikum): etwa 12 000 bis 2 500 weiter wir in der Geschichte zurückgehen, desto mehr lassen Jahre v. Chr. uns die schriftlichen Urkunden im Stich. Zuletzt geben uns 3. Jüngere Steinzeit (Neolithikum): etwa 2 500 bis 1800 nur Ueberreste und Grabungsfunde Kenntnis von den Men- Jahre v. Chr. schen, die unsere Heimat bewohnten. Die folgende kurze 4. Aeltere Broncezeit: etwa 1800 bis 1300 Jahre v. Chr. Uebersicht für unsere jungen Leser gibt die Hauptepochen der Menschheitsgeschichte in unserer Heimat an. Bei den Jahres- 5. Jüngere Broncezeit: etwa 1300 bis 800 Jahre v. Chr. zahlen handelt es sich um Angaben, die von Gelehrten er- 6. Aeltere Eisenzeit (Hallstattzeit): etwa 800 bis 400 Jahre rechnet sind. Ganz sichere Jahreszahlen gibt es jedoch v. Chr. nicht. Auch hörte eine Epoche nicht plötzlich auf, sondern 7. Jüngere Eisenzeit (Latenezeit) etwa von 400 v. Chr. bis wuchs langsam in die andere hinein. Christi Geburt. IL Teil Die Pfarrkirche zu Hettingen In tiefem Dunkel liegt der Anfang des ersten Gotteshauses von Hettingen; jedenfalls aber war um die Zeit von 1240, wo wir Kunde bekommen von der wehrhaften Burg, dem „Castrum", auch schon eine Kirche vorhanden. Uebrig ge- blieben von ihr ist ein Grabstein eines Grafen von Veringen und die Nachricht von Stiftungen an diese Kirche. Man kann sich leicht vorstellen, daß sie in romanischem Stile erbaut war mit rundbogiger Türe und kleinen Fenstern, die in geringem Abstand vom Dachgesims lagen, mit rundem Chor- bogen und gewölbter Apside. Die Bauverhältnisse werden ungefähr gewesen sein wie bei dem nahen Peterskirchlein auf der Veringer Burg oder der Weileririrche bei Owingen oder bei dem Kirchlein von Rosna und Lausheim. Sie ist begünstigt und beschirmt von den Herren von Verin- gen, die teilweise in ihr beigesetzt wurden. Mehr als 250 Jahre hat sie bestanden, bis dann an ihrer Stelle ein Neu- bau aufgeführt wurde. Dieser Neubau wird getätigt um das Jahr 1500; an der Taufkapelle steht die Zahl 1499. Längst schon ist die ro- manische Bauweise zu Ende gegangen; und auch die Hoch- gotik hatte sowohl in ihrem Ursprungsland Frankreich wie auch in Deutschland den Kulminationspunkt überschritten und ging der Alterung entgegen. Aber unter der zerfallen- den Schale lag ein lebenskräftiger Kern, welcher keimte und ein neues Gebilde trieb; es ist die Spätgotik, die jüngere zweite Gotik, das Bausystem des fünfzehnten Jahrhunderts, welches gerade dadurch Großes leistete, daß es die starren Baugesetze der vergangenen Jahrhunderte, wie sie in Er- scheinung traten bei den Münstern von Straßburg oder Ulm oder Freiburg, milderte und sie den bürgerlichen Menschen des fünfzehnten Jahrhunderts nahe brachte. Mitten im alten Friedhof von Hettingen, wo heute eine Pflanzung ist von Schattenbäumen und Ziersträuchern, haben Meister und Maurer, die auch im nahen Bingen tätig waren, ein stattliches Gotteshaus nach spätgotischer Manier erstellt. Modern und neumodisch wird es den Bewohnern der klei- nen Stadt vorgekommen sein; sie werden es begrüßt haben als eine Stätte, die Jahrhunderte nindurch die s^lisch-reli- giösen Bedürfnisse befriedigen werde. Als stiller Wächter, der nur bei Zeitangabe und bei Kulthandlungen seine Stimme erhebt, steht der Turm vor dem Westeingang. Ehe- Sakramentshäuschen in der Pfarrkirche Hettingen Foto Herre 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957 mals war er schwer und massig und schloß wohl ab mit tin und ein Engel mit dem Schweißtuch. In gleicher Weise Satteidach und Staffelgiebel, wie man es heute noch in ist auch die Taufkapelle eingewölbt, auf den beiden Schluß- Bingen sehen kann. Aber im Wandel der Zeiten und der steinen sieht man das Wappen von Bubenhofen und von Kunstrichtungen wurde ihm das Dach und das oberste Rechberg. — Steht man in der Kirchenmitte, so fangen un- Stockwerk genommen und um das Jahr 1700 ein Oktogon willkürlich drei Gebilde den Blick, die alle drei den ein- mit weiten Schallöffnungen als Glockenstube und eine Zwie- fachen Hochaltar mit dem Kreuzbild und seinen zwei Sta- belhaube als zierender Hut gegeben. tuen (Maria und Johannes) weit überbieten; es sind der alte Der Baukörper mit dem Kirchenraum ist bis heute von Sakramentsturm, der alte Lettner und die zahlreichen störenden Umbauten verschont geblieben, so daß man noch Grabsteine an den Chorwänden. jetzt den Plan und die Gesinnung der einstigen Bauleute Einstmals wurde das Altarssakrament nicht im Tabernakel nachempfinden kann. Selbst die Taufkapelle, die gleichzeitig aufbewahrt wie heute, sondern in einer steinernen Wand- oder nur wenige Jahre später entstand, hat ihren ursprüng- nische, die meist auf der Evangelienseite angebracht war. lichen Charakter bewahrt. Eine große Dachtafel überdeckt in Aus ihr entwickelt sich dann in der spätgotischen Zeit ein gleicher Höhe und mit gleichem First das Langhaus und freistehendes Gebilde mit pfeilartigem Sockel, einem vier- den Altarraum, obwohl im Innern zwischen beiden ein Hö- eckigem Schrein und einem pyramidenförmigen Aufbau in henunterschied von mehr als einem Meter sich feststellen mehreren Stockwerken. Es waren oftmals zierliche Pracht- läßt. An den Umfassungswänden wird jegliches Gefühl von leistungen, von denen Bischof Keppler sagt: „Es sind stei-

Grabdenkmal in der Pfarrkirche zu Hettingen Foto Herre Oede und Langweile verscheucht durch reiche Gliederung nerne Monstranzen in monumentalen Maßstab übersetzt." — und Abwechslung; einmal sind es die weit ausladenden Ein solches mehr als acht Meter hohes Sakramentshaus aus Strebepfeiler mit Absätzen in halber Höhe am Chor und der der Zeit von 1500 ist auch in der Kirche zu Hettingen an der Nebenkapelle, welche beide im halben Achteck geschlossen nördlichen Chorwand. Aus breitem Sockel steigt ein reich sind, sodann sind es die spitzbogigen Maßwerkfenster in un- verzierter Schaft auf, der in geziemender Höhe sich verbrei- gleicher Breite mit ihren Pfosten und Stäben und ihren tert und zum Träger des Schreines oder Nischenkörpers Fischblasen- und Dreipaß-Ornamenten. wird, welcher drei Oeffnungen hat mit Gitter und Blätter- Beim Eintritt durch die gewölbte Vorhalle (Untergeschoß werk aus Schmiedeisen. Dieser Sakramentskasten trägt einen des Turmes) mit dem Bubenhofer-Wappen im Schnittpunkt hohen Aufsatz, über den alle Finessen der Bildnerkunst wie der Rippen flutet uns vom Gewände des flachgedeckten aus einem überschäumenden Füllhorn ausgegossen sind. Langhauses und vom gewölbten Chor gotische Luft entgegen. Alles: die Wimperge und Krabben, das krause Blattwerk Warum bietet das Chor mit Gestühl und Hochaltar beinahe und die Stäbe, wecken den Anschein, als wären sie auf einer ebensoviel Raum wie das Langhaus, wo die Bürgersfamilien Drechslerbank aus Holz gedreht und geschnitzt, und doch ist der Kleinstadt doch an Sonn- und Festtagen sich einfinden alles Material nur Stein, dem gleichsam Gewalt angetan ist. sollten, um ihren religiösen Pflichten nachzukommen? Zur Krönung und Abschluß ist eine Kreuzblume. — Ein Schmuck Zeit des Kirchenbaues trug sich Hans Kaspar von Buben- von besonderem Gehalte am Sakramentshaus ist die Wieder- hofen, dem damals Hettingen gehörte, mit dem Gedanken, gabe der Vorfahren Christi, angefangen von Jesse (Isai) bis aus der neuen Kirche eine Kollegiatskirche zu machen. Drei zu Maria, die hoch oben auf der Kreuzblume steht. In An- oder vier Kapläne und ein Pfarrer waren vorhanden; mög- lehnung an das Propheten wort: „Hervorgehen wird ein Reis licherweise kam noch ein Schloßkaplan oder Vikar dazu. aus dem Wurzelstock Jesse, und eine Blüte aus seiner Wur- Für das tägliche Stundengebet, wie es heute noch in den zel steigt empor", lag es nahe, Jesse wie eine Wurzel auf Klöstern Vorschrift ist, wurde das Chor geräumig gestaltet den Boden zu legen und von ihm die wichtigsten Vorfahren und dieser Betraum einigermaßen gegen das Langhaus hin Christi ausgehen zu lassen. Leicht zu erkennen ist David abgeschlossen durch den sogenannnten Lettner. 1503 wurde mit Königskrone und Harfe, ebenso auch Salomon mit dem dann das Kollegiatstift Tatsache; aber seine Herrlichkeit war Scepter; eine große Zahl der Figuren tragen Spruchbänder nur von kurzer Dauer. in den Händen. Von den ursprünglichen dreizehn Statuetten Der Triumphbogen ist nach gotischer Gewohnheit spitz- fehlen fünf. bogig; das Chor der Kirche hat ein Netzgewölbe, dessen Zwischen Langhaus und Chor war anfangs ein sogenannter Rippen auf Konsolen stehen; die drei Schlußsteine im Schei- „Lettner", ein hoher Steinaufbau mit Arkaden und Durch- telpunkt zeigen figürliche Darstellungen: Madonna, hl, Mar- gängen, der das Chor für das Stundengebet der Kollegiat- J^hi-b-ag 19t.? HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 57 priester und ihren Altardienst absonderte. Die vordere Brü- auch hin und wieder „bubenhofische Kapelle" genannt wird; stungswand war geschmückt mit figuraler Plastik und über- er war auch ein Förderer der Kollegiatseinrichtung. Von ihm kleidet mit zierlichem Maßwerk. Nach Abgang des Kollegiat- sagt die Zimmerische Chronik (B. II S. 453): „er ist nur der stiftes wird der Lettner als Hindernis empfunden für die guldin ritter genannt worden; er hat zwei Eheweiber gehapt, Sicht auf den Hochaltar und entfernt. Teile davon haben die erst war Margareth von Rechberg, die ander war eine sich erhalten in den beiden kleinen Choremporen. Auf zwei freiien von Hewm, Agnes." Der Grabstein ist beinahe ein Achteckpfeilern liegen Holzschwellen als Unterlage für Brü- Meter hoch und trägt die Wappen von Bubenhofen und Hö- stung und Geländer des ehemaligen spätgotischen Lettners. wen, ein Kreuz und ein Schriftband. Auf Konsolen stehen die Steinbilder der vier abendlän- Die übrigen Grabsteine in der Kirche gehören der Familie dischen Kirchenlehrer: Ambrosius, Hieronymus, Augustinus von Speth, in deren Hände 1524 das Schloß und das Städt- und Gregor der Große, und als Parallele zu ihnen sind die lein kam. Ein Epitaph an der Chorsüdseite ist für Dietrich Symbole der vier Evangelisten angebracht. von Speth und seine Ehefrau Dorothea von Rechberg. Es An dritter Stelle sollen die Grab- und Gedenksteine in der sind zwei Reliefplatten mit gemeinsamem Gesims und Auf- Kirche unsere Augen fesseln. Am ältesten ist die Grabplatte satz. Der Ritter ist dargestellt in voller Rüstung, stützt die des Grafen Heinrich von Veringen: es ist ein rechte Hand auf das Schwert und die linke auf den Wappen- grauer Sandstein (über 2 m hoch) an der Südwand des schild. Seine Ehefrau ist wiedergegeben mit Mantel und Chores mit schräg gestelltem Schild und dem Wappen- Schleier und hat in der Hand einen Rosenkranz und zu schild der Veringer (drei Hirschhörner übereinander), dar- Füßen das Rechbergwappen. Eine Inschrift nennt als Todes- über Helm und Helmdecke und eine Inschrift auf dem tag des adeligen Ritters den 18. November 1582. — Es ist Rande in gotischen Majuskeln. Die Veringer Regesten von auffallend, wie ein weiteres Epitaph in gleicher Größe sich Locher berichten zum Jahre 1366: „25. März ist Todestag des auf die gleichen Personen bezieht, mit der gleichen Inschrift Grafen Heinrich von Veringen. Grabinschrift in der Kirche versehen, auf Grund des Steinmetzzeichens vom gleichen zu Hettingen." Und die Zimmerische Chronik schreibt (B. I. Künstler geschaffen, aber etwas reicher ausgearbeitet ist. S. 45): „Die graven von Veringen haben den halb stift zu Das obere Gesims wird von zwei Karyatiden getragen; in der Hettingen uf der Alb fundiert, da die letzsten graven ir be- Mitte ist ein Kreuz; zu dessen beiden Seiten sind die Gestal- greptnus haben. Graf Wolfart starb anno 1335, graf Eitel- ten des Ehepaares knieend dargestellt. Als Entstehungszeit ist friedrich anno 1385, sodann graf Wölflin, welcher der letzte im Gesims die Jahreszahl 1586 zu lesen. (Das Steinmetz- war seins geschlechts, anno 1415 (nicht 1400) in Saulgau; sein zeichen mit den Buchstaben H A finden wir auch an der alle zu Hettingen in dem stift begraben." — Der Zweitälteste Kanzel der St. Luzenkirche in Hechingen. Es handelt sich Gedenkstein steht in der Taufkapelle und gilt dem Ritter um den Bildhauer und Stuckator Hans Amann aus Ulm- Hans Kaspar von Bubenhofen und seiner zwei- Villingen.) — Nahe beim Sakramentshaus wird das Anden- ten Ehefrau Agnes von Höwen. Er war Herr in Hettingen ken an Ritter Hans Dietrich Speth von Zwiefalten festge- zur Zeit des Kirchenbaues, hat ihn maßgebend finanziert halten; er ist gestorben 1586. — Der Vollständigkeit wegen und besonders die Taufkapelle begünstigt, die deswegen wird noch auf die Epitaphe aufmerksam gemacht, die in der

Chor in der Pfarrkirche zu Hettingen Foto Herre 58 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957

Taufkapelle sich befinden und sämtlich sich auf Mitglieder große wieder geschenkte Martinsbild in der Taufkapelle der Familie Speth beziehen. zeigt den Heiligen, wie er mit der Hälfte seines Mantels Es ist noch nicht ganz Zeit, vom Kirchenraum Abschied zu einen Bettler beschenkt; ihm zu Füßen kniet der vermutliche nehmen, ohne auch das gesamte Inventar eines Blickes zu Stifter des Bildes: Hans Caspar von Bubenhofen, seine Ehe- würdigen. Er besitzt des Guten so viel: Die beiden Seiten- frau und seine Kinder aus beiden Ehen. Es ist ein wertvolles altäre aus dem 18. Jahrhundert mit Holzbildern im marmor- Bild aus der Zeit von 1510. — An den Langhaus- und Chor- farbigen Aufbau und mit kleinen Bildtafeln im Aufsatz. — wänden wurden auch die Apostelkreuze vom Kalkbelag be- Noch einmal verfängt sich der Blick in der überlegenen freit; bei fünf derselben kann man die alten Farben wieder Kunstfertigkeit des hochschießenden Sakramentsgehäuses, sehen. Sie stammen aus der Zeit von 1510 und der Malmanier kommt aber dann zur Ruhe an der stillen Größe einer Bar- nach auch von demselben Künstler wie das Martinsbild. barastatue aus grauem Sandstein. Der Kelch fehlt in ihren Ueber dem Kreuz und verschiedenfarbigen Kreisen sind die Händen; das Gewand ist mitgenommen und ebenso das Ge- Apostel in halber Figur wiedergegeben mit den ihnen zu- sicht: die Krone auf dem Haupte aber ließ sie sich nicht kommenden Attributen und mit Schriftbändern, auf denen nehmen. Jahrzehnte lang versah sie den Dienst als Tür- das Glaubensbekenntnis in deutscher Sprache geschrieben hüterin und bot den Kirchengängern beim Eintritt das ge- steht. — Auch die Malereien im Chorgewölbe wurden wieder weihte Wasser an. Sie hat wahrlich verdient, daß sie jetzt auf den alten Farben-Zustand gebracht. einen Ehrenplatz bekam neben dem Hochaltar. — Als die Mitten in der Bubenhoferkapelle steht der Taufstein Kirche noch eine Neuschöpfung war und in ihrem Kindes- mit achteckigem Pyramidendach aus Holz. Auf sieben Seiten alter stand, war sie auf hellem Grunde entschieden auf Farbe sind die Bilder gemalt, die sich auf die sieben Sakramente gestimmt. Eine nüchterne, puritanische Folgezeit hat die beziehen. Auf der achten Seite ist ein Bild von der hl. Drei- Farbe getilgt und eine kalte, frostige Kalkschicht über Ge- faltigkeit und die Jahreszahl 1609. — Untergebracht ist in wölbezwickel und Rippen, über Apostelkreuz und selbst über dieser Kapelle auch das frühere Hochaltarbild: Die Anbetung ein großes Freskogemälde gelegt. Erst vor etwa fünfzehn des Gotteskindes durch die Hirten. Laut Inschrift ist es 1715 Jahren hat Kirchenmaler Josef Lorch in mühevoller Klein- gefertigt worden von Johann Hertz. arbeit den alten Farbeneindruck wieder hergestellt. — Das Waldenspul. Vom Scharfrichter zu Trochtelfingen

Am 11. Mai 1711 richtete der „Scharpfrichter" Johannes Todes gestorben. Zur Sektion (Leichenöffnung) wurden 3 Rueff von Trochtelfingen an seinen Landesherrn von Für- Barbiere zugezogen, die zusammen vier Gulden erhielten. In stenberg das Gesuch, man möge ihm doch wie früher die Zukunft seien jedoch neben dem Medicus (Arzt) nur die zwei Balley (den Scharfrichterbezirk) zu Inneringen wieder zu- tauglichsten Barbiere zu solchen Sektionen beizuziehen. Der weisen, die dermalen von einem ausheimischen, nämlich dem Scharfrichter erhielt 10 11. 12 kr.; für das Henkersmahl 4 fl.; veringischen Scharfrichter versehen werde. Ein Peter Rueff, die Hände zusammenzubinden und auf die gewöhnliche Richt- vermutlich sein Sohn, ist im Jahre 1739 als Wasen- und statt zu führen IV2 fl.; für das Strangulieren ebensoviel, für Kleemeister zu Trochtelfingen nachzuweisen. Damals richtete das Rädern 1 fl. 30 kr.; auf das Rad zu flechten ebensoviel; er im Februar ein Gesuch an den Fürsten, man habe ihn im für Stricke und Band 12 kr. vergangenen September vertröstet. Jetzt nach dem Tode des Der Sohn Johann Marin Rueff erhielt am 8. September Heiligenbergers Scharfrichters Peter Krieger bitte er, man 1767 die behördliche Erlaubnis, in Heiligenberg bei einer möge ihm doch neben dem „Waasen" (Abdeckerei) auch die Hinrichtung sein Meisterstück zu machen. Ein weiterer Sohn Criminal-Exekution und alle dazu einschlagenden Verrich- Peters bestand ebenfalls sein Examen, wie folgender Attest tungen übertragen, da er sonst nichts verdiene. Obervogt ausweist: Lenz befürwortete das Gesuch, zumal ja der Erbprinz beim „Von einem kaiserlich königlichen Oberamt der Landgraf- letzten Herbstjagen das an höchst unanständiger Stelle schaft Nellenburg wird hiermit jedermänniglich kund und stehende Häuschen des Ruef besichtigt und es zu versetzen zu wissen getan: Nachdem der Vorweiser dieses (Attestes), angeordnet habe. Man möge fronweise nach Abbruch des Peter Rueff von Trochtelfingen aus dem Fürstenbergischen alten Hauses das Baumaterial unentgeltlich an den neuen gebürtig, ein Sohn des Peter Rueff, Trochtelfingischer Scharf- Ort schaffen und dem Bittsteller 6 Buchen aus den Herr- richter, gehorsamst zu vernehmen gegeben, wie ihm wegen schaftswaldungen dazugeben. Die Genehmigung der Regie- dem in allhiesiger Fronvöste punkto Blasphemiae einge- rung erfolgte denn in diesem Sinn am 23. Februar 1739. legenen und gestrigen Tags durch Urteil und Recht mit seiner Zehn Jahre darauf, im April 1749, wagte Scharfrichter Hand zu Tod geDracnten Josef Koch von TJeberlingen am Peter Rueff ein neues Gesuch: Nachdem er schon in die 11 Ried aus der Landgrafschaft Nellenburg gebürtig, ein Zeug- Jahre hochfürstl. Durchlaucht die hohe Gnade als Scharf- nis vonnöten wäre, also hat man ihm, dem Peter Rueff, nicht richter dahier zu Tr. zu stehen genieße, aber weder Wartgeld aus Händen gehen, sondern verdientermaßen bezeugen wol- noch Besoldung erhalte, könne er sich mit seinen vielen Kin- len, daß er gestern, als den 16. dieses Monats die Exekution dern nicht mehr durchbringen, und bitte daher um Wartgeld. auf öffentlicher Richtstatt dem publizierten Urteil gemäß Der Obervogt J. Gg. Geppört stellte ihm dazu ein gutes vollzogen, und den obgedachten armen Sünder mit einem Zeugnis aus, ob „seines christlichen Wandels, seiner Nüch- Schwertstreich vom Leben zum Tod sehr glücklich und be- ternhei- und Häuslichkeit." Bis vor 2 Jahren habe er auch hende gebracht, somit sein Meisterstück und Probe die Balley im Speth'schen Gebiet innegehabt, wo jetzt ein ohne einigen Mangel und Gebrechen verrichtet und also da- eigener Scharfrichter sei. Auch die benachbarten württem- durch wegen seiner in diesem einschagenden Wesen bezeug- bergischen Orte dürfe er jetzt nicht mehr „besorgen". 1 'on ten sonderbaren Fertig- und Geschickleichkeit von jedermann Fürstenberg erhalte er nur 8 Klafter Holz, die er selber bestermaßen belobigt zu werden billig verdient habe. Ein machen und heimfahren müsse. Von den Untertanen kriege welches dann demselben unter gewöhnlicher Canzley-Fer- er für das Aoziehen eines krepierten Zugstückes 24 Kreuzer, tigung zu seinem anverdienten Lob hiermit attestiert wird. von einem Kalb und Schaf dagegen 12 Kreuzer. Neben seinen Gegeben zu Stockach, der 17 September 1777. 6 Kindern müsse er noch für den alten Vater sorgen. Ein Siegel. Kais, königl. Nellenburg. Oberamtskanzlei. Scharfrichter sei im Amt unentbehrlich. Man möge ihm jähr- (Das Oblatensiegel zeigt einer. Doppeladler, dessen Herz- lich 1 Fuder Stroh mittleren Anschlages zu 2 Gulden 30 scnild gespalten ist: vorn der österreichische Bindenschild, Kreuzer, dazu aus dem Herrschaftskasten zu Trochtelfingen hinten die drei Nellenburg. Hirschstangen untereinander.) noch 3 Scheffel Vesen zu 6 Gulden, 3 Scheffel Niederreitern Der Vater Rueff wird 1775 als dienstunfähig beezichnet, (oder Schwachkorn) zu 4Vs Gulden und 4 Simri Rogjen zu dem einige Schläge mißglückten, weswegen man den Hü- 2 Gulden auswerfen und aus der hiesigen Landschaftskasse finger Scharfrichter nach Trochtelfingen holte (Hohenz. Hei- 24 Gulden gnädigst angedeihen lassen. Die Regierung bil- mat 1956, 15). Am 15. März 1779 wurde nun durch die für- ligte diesen Vorschlag mit Rückwirkung auf St. Georgentag stenbergische Regierung der junge Peter Rueff auf Antrug am 18. Juni, nachdem der Fürst von Prag aus zugestimmt seines kranken Vaters mit gleicher Besoldung zum Scharf- hatte. richter in Tr. bestellt, wofür er 38 Kreuzer Kammertaxe Aus einem Erlaß des Fürsten Joh. W. Ernst von Fürsten- bezahlen mußte. Der Vater hatte bereits 35 Jahre das Amt berg vom 5. Mai 1757 erfährt man, daß kurz vor dem 17. verwaltet, wobei zuletzt der Junge half. Noch im Jahre 1804 März ein Narziß Lederer in Trochtelfingen gerädert worden, wurde ein gleichnamiger Enkel als Scharfrichter und Klee- mit dem zum Strangulieren gebrauchten Klötzlein bei der meister zu Trochtelfingen eingesetzt, dann verstummen die Exekution ein Fehler vorgekommen, aber der erste Gnaden- fürstenbergischen Akten. (Arch. Donaueschingen. Div. XI stfeich wohl angekommen sei. Der Missetäter habe mit gro- Vol. IX, Cist B 162; Lat. 3). Ueber die Hinrichtungen selbst ßer Standhaftigkeit ausgehalten und sei eines reumütigen dürfte das Totenbuch der Pfarrei Auskunft geben. J. Ad. Kraus, Jahrgang 1957 HOHENZOLLERIS CHE HEIMAT 50 Schmeie — Schmiecha Der linke Seitenbach der Donau, der nach 43 km Lauf zwischen Dietfurt und Gebrochen-Guttenstein oberhalb des Bahnhofs Inzigkofen mündet, hat merkwürdigerweise auf der Karte zwei Namen, nämlich Schmeie im hohenzollerischen Unterlauf und Schmiecha im württembergischen Oberlauf. Er entspringt im Geifitzenmoos bei Onstmettingen, berührt Tailfingen, Truchtelfingen und Ebingen, betritt bei Neuhaus bzw. der Eselsmühle hohenzollerisches Gebiet und begrüßte einst, munter die Wiesen und Waldhänge durcheilend, Straß- berg, Kaiseringen, Storzingen, sowie Ober- und Unter- schmeien. Aus dem ehemals klaren und fischreichen Bächlein ist leider durch die moderne Industrie ein schmutziges Rinn- sal geworden. Oberhalb Ebingens und bei den beiden Schmeienorten versickert ein Teil des Wassers, das teils beim abgegangenen Ehestetten, teils bei Gorheim-Sigmaringen wie- der zutage tritt. Von Unterschmeien abwärts verläuft die Schmeie durch ein straßenloses, vielgewundenes und oft ganz verengtes Felsental. Das dortige Tunnel der Eisenbahn hat einen unterirdischen See angeschnitten, in dem augenlose Lebewesen ihr Dasein fristen. Einst grüßte v-on den Höhen, die den Flußlauf begleiten, eine ganze Reihe mittelalterlicher Burgen, von denen teils noch einige wenige Mauerreste, teils nur noch ein charakteristischer Name übrig geblieben ist. Es sind die Burg bei Onstmettingen, der Schloßfels bei Tail- fingen, ein zweiter (von manchen angezweifelter) bei Ebin- gen, die Schalksburg bei Oitringen-Straßberg. Burgstelle Storzingen (südlich des Dorfes von der Bahn abgeschnitten), Weckenstein oder Heidenschloß und endlich Burg Schmeien unweit der Mündung auf der rechten Seite. Lediglich Schloß Straßberg mit mächtigem Wohnturm blieb bis heute erhal- ten. Dagegen ist das einstige Dörflein Ehestetten unterhalb Ebingens außer der als Scheune benutzten Kirche fast ganz verschwunden. Ueber den Namen des Gewässers finden sich in den Bän- den des Fürstenbergischen Urkundenbaches eine Anzahl von Erwähnungen seit dem 14. Jahrhundert. Die älteste Form Ruine Gebrochen Guttenstein lautet S m i e h e n, Schmiechen oder ähnlich, die wohl zum Die u zugängliche Ruine Gebrochen Guttenstein liegt 7 km aufwärts mittelhochdeutschen smiugen = biegen, krümmen gestellt von Sigmaringen. Dicht bei der ehemaligen Burg öffnet sich rechts und als Krummbach erklärt werden darf. Bereits im das Schmeiental Jahre 1418 begegnet uns die Form Unterschmeyen für das Schmichen und (1385) Under Smiche hießen, aber seit dem Niederdorf, und im 16. Jahrhundert hatte sich das Schluß-ch 16. Jahrhundert nur noch Schmeien genannt werden. Umso ganz abgeschliffen und das lange i zu ei entwickelt, so wie erstaunlicher muß die antiquarische Bezeichnung „Schmiecha" Wib zu Weib, Win zu Wein usf. In Tailfinger Akten von 1560 für den württembergischen Oberlauf erscheinen. Noch mehr finden wir den Bach, „die Schmey" genannt (Bizer H., staunte der Verfasser, als er in einem mundartlichen Ebin- Tailfinger Heimatbuch 1953, S. 104), was unserer hohenzol- ger Heimatgedicht von Wilh. Roth dennoch das Schmeien- lerischen „Schmeie" entspricht. Genau dieselbe Entwicklung t ä 1 e fand. Eine Nachfrage ergab, daß der Volksmund in nahmen Ober- und Unterschmeien, die anfangs (1334) Obron Tailfingen heute einfach vom „Bach", in Ebingen aber ebenfalls von d.r Schmei e", redet, und es dort auch ein Schmeien- gäßle gibt. Wer hat nun die reichlich veraltete Schmiecha wieder erste- hen lassen! Wir wissen es nicht, möch- ten aber vermuten, daß es kein Ein- heimischer tat, sondern ein auswärtiger Gelehrter, der durch Schulbücher und Landkarten den Namen wieder künst- lich belebte. Vielleicht stand dabei die württembergische Schmiech bei Gun- dershofen-Ehingen Patin. Schon Gustav Schwab bringt 1823 in seiner Beschrei- bung der Neckarseite der Schwäbischen Alb die Form Schmicha. Den hohen- zollerischen Anwohnern aber klingt die Schmeie, wie Ober- und Unterschmeien, durchaus berechtigt und schön zugleich, und sie sehen nicht ein, warum man die so leicht zu Verwechslungen füh- rende Schmiech von Ehingen statt der längstgewohnten Schmeie annehmen soll!

Ruine Dietfurt liegt am rechten Donauufer zwischen Sigmaringen und Falkenstein. Vom Süden her zieht sich der alte Burgweg über einen jetzt aufgefüllten Graben gegen das Burgtor hin. Die 1,8 m starke Ringmauer ist noch in Re- sten erhalten. Zwischen Palas und Ringmauer führt der Burgweg zu dem Bergfried, der heute noch etwa 15 m hoch ist. Ruine Dietfurt 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957 Aus dem Pfarrarchiv Rangendingen

von Fritz Staudache r

1806 1808 Am 12. April ist wieder zur französischen Kriegsrequisition Am 26. May ist das Kreüz, so auf dem Kirchhof steht, von beygetragen worden von der Pfarrey 50 Gulden 18 Kreuzer.. mir eingeweyhet und aufgericht worden. Am 12. May ist der Messner Anton Westermayer gestorben Am 26. November ist zu Owingen H. Pfarrer Joann Ne- und sodann ist der Jacob Dieringer als Meßmer im 18. Jahr pomuc Schirott an einer Halsentzündung im 44 Jahr seines seines Alters von gnädigster Herrschaft am 11. Juni aufge- Alters gestorben. R. I. R. stellt worden. Am 18. November ist die christl. Wittibin Sabina Lachen- 1809 mayerin, so den Joann Georg Dieringer zur Ehe gehabt in Auf den verstorbenen H. Pfarrer zu Owingen folgte sodan dem Hartmer Stockert nicht weit von der dortigen Kohlgrub der H. Pfarrer von Thanheim Joseph Anton Reiner. zu Tod geschlagen worden. Diese Sabina Lachenmayerin hat Am 16. April ist der Stattpfarrer und Kammerer Joann an Allerheiligen Abend mir gebeichtet und am die Frideric Brodorotti an der Brustwassersucht im 64. Jahr sei- H. Kommunion mit Andacht empfangen, sodan gieng sie nes Alters gestorben. Und ist auf ihn gefolgt der H. Geistl. nach Stetten, daher sie gebürtig war, um dorten die Gräber Geheimrath Decan und Pfarrer Weiger zu Steinhofen Hoch- ihrer seel. Eltern zu besuchen, in dem Rückweg hieher wurde würden. sie angegriffen, weil man glaubte sie habe die 36 Gulden bey Der H. Pfarrer von Owingen Joseph Anton Reiner kommt sich, so sie aus einer Kühe erlöst hat, welches aber nicht sodann nach Steinhofen und der H. Pfarrer von Boll Seba- wäre. Sie hat auf dem Kopf 3 tödliche Wunden bekommen stiann Werner kam auf Owingen. Der H. Pfarrer von Stein und einen Stich in den Schenkel, auch ist ihr der Hals ganz Joann Nepomuc Pfriemer kam auf Boll und der H. Kaplan voll mit Moos angesteckt worden, sie wurde sodann von dem Reiner zu Zimmern kam auf Stein. Der H. Vicarius Blumen- Todschläger in einen dicken Boschen gelegt, in dem sie gar stetter kam von Steinhofen auf Zimmern als Kaplan. gestorben, und weil sie auf der Harter Bahn Haigerlocher Territorium gefunden worden, so ist sie als in Hart begra- Am 26. April ist H. Pfarrer Joseph Anton Reiner als Kam- ben worden, sie war in dem 62. Jahr ihres Alters. R. I. P. merer zu Steinhofen und H. Sebastian Werner Pfarrer zu Am 9. November ist Herr Pfarrer von Stein Jacob Schaut Owingen als Deputat erwehlt worden. Der H. Pfarrer Franz im 52. Jahre seines Alters an einem hitzigen Fieber gestor- Anton Reiner hat die Kammererstelle dem Kapitel wieder ben. R. I. P. zurückgestellt und ist sodan an dessen statt als Kammerer erwählt worden H. Pfarrer zu Weilheim Joseph Giegling. Auf selben ist als Pfarrer gefolgt mein H. Vetter Johann Nepomuc Pfriemer gebürtig von Hechingen. Am 30 Juni hat ein Donnerstreich zu Bahlingen in die 1807 Post geschlagen Nachmittag um 1 Uhr und ist die Statt abgebrant bis auf 16 Häuser und die Stattkirche sind noch Am 28. Juli ist in dem Friedrichsthal ein Denkmal oder stehen geblieben. Stein aufgerichtet worden, der in dem Garten vor dem Schloß steht, auf welchem Stein mit goldenen Buchstaben Seine Hochfürstl. Durchlaucht unser gnädigster Fürst sind geschrieben steht, daß der ganze Platz um das Schloß herum gebohren 1751 am 30. Juli. von Seiner Hochfürstl. Durchlaucht dem gnädigsten Fürsten Seine Durchlaucht der gnädigste Erbprinz Frideric Wil- Herman Frideric Otto seye angelegt worden. helm sind gebohren 1776 am 22. Juli. Zum Weinbergbau in Hohenzollern

Ueber den Weinbau in Rangendingen hat J. Wiest schon schaft den Zehnten einnimmt. Ein Ohm hatte 12 Viertel oder 1934 Forschungen angestellt und darüber eingehend in „Hei- 72 Maß. matklänge" des Zoller (1934, 75) berichtet. Auch Hodler ver- Von der Kaplanei Weildorf wird S. 132 gesagt: sie habe zu breitet sich darüber in seiner Geschichte des Oberamts Hai- Hirschau bei Rottenburg 5 Ohmen Weingefälle gehabt, die gerloch S. 852—853. Hier seien nun einige Daten aus dem aber vom Herrn Enderis abgelöst wurden gegen 100 Pfund Urbar der Pfarreien der Herrschaft Haigerloch vom Jahre Heller, die er wieder zu Haigerloch anlegen soll. Vermutlich 1547 mitgeteilt (Domänenarchiv Sigmaringen R 78, Ca 28, 1, ist es der Geistliche Andreas Heudörrer von Hechingen ge- Nr. 1). Damals gab die Herrschaft Zollern dem Pfarrer wesen, der vorher in Ringingen war. Auch zu Trillfin- von G r u o 1 aus ihren eigenen Weingärten in der Kräft- gen ist Weinbau nachzuweisen. Seite 145 nämlich heißt es: halde (Hodler schreibt von „Greßhalde 1472") jährlich zur „Die Pfarrei Unterhaigerloch hat den Zehnten aus den Wein- Herbstzeit 8 Viertel Weinvorlaß. Das ergibt umgerechnet 48 gärten zu Trillfingen, man baue sie nun zu Weinwachs oder Maß zu je 1,63 Liter. Ferner hat der Pfarrer zu Gruol aus zu Frucht." Daraus dürfte zu ersehen sein daß der Weinbau den herrschaftlich zollerischen landgärbigen Weingärten in im Abgang war. Jerg Weinstein zu Trillfingen gab damals der Cräfthalden den Weinzehnten zur Hälfte. „Außerdem der Pfarrei aus 2 Wiesplätzen im Brand, wodurch der Rot- hat jeder Pfarrer daselbst den Weingarten und Vorlehen in tenburger Weg ging, zwei Maß Wein, eine auf das Fest Jo- Cräfthalden inne, so die zu Gruol besitzen." (Urbar S. 4). hannes des Evangelisten, die andere auf den Gründonners- Von den Klausnerinnen zu Gruol ist gesagt (S. IIa), tag, und außerdem dem Heiligen 7 Schilling Heller und der sie gäben jährlich dem Pfarrer daselbst zu den Vierfesten, Herrschaft 2 Hühner jährlich. Auch zu Hart scheint man nämlich Ostern, Pfingsten, Maria Himmelfahrt und Weih- ehedem Reben gepflanzt zu haben. Denn (S. 230) lesen wir, nachten, je 1 Maß Wein, 1 Laib Brot und 1 Käs. daß alt Bernhard Kessler daselbst jährlich aus 2 Jauchert S. 61 werden zu Haigerloch Wiesen beim Sauerpron- Acker im Haigerlocher Weg, an Kaspar Bilger gelegen, zum n e n erwähnt, deren Zehnt der Oberstadtpfarrei gehört. St. Johannes-Segen 2 Maß Wein zu liefern hatte. Aus den Außerdem (S. 63a) hat der Pfarrer in der Oberstadt bisher Stettener Urkunden geht hervor, daß man bis in die Ge- den Weinzehnten in der Cräfthalde und gend von Hechingen den Rebbau versuchte. Ueber die Güte Neuenhalden zu empfangen gehabt. Die Herrschaft aber des Getränkes ist freilich nichts zu entnehmen. Vielleicht ist mit ihm übereingekommen, daß man ihm jährlich 10 galt auch dort der Spruch: „Am Michelsberg da wächst ein Ohmen Vorlaß Wein unter der Halde zustellt, aber die Herr- Wein, der könnt' fürwahr nicht schlechter sein!" Krs. Junginger Urkunden aus Jungnau

Bekanntlich hieß der älteste Teil von Jungnau ursprüng- erhielt nach den neuen Herren den Namen Jungenau lich S c h i 11 a u, von dem noch in dem Sigmaringen zu oder Jungnau, während der alte Name Schiltau um 1450 ver- gelegenen Ortsteil Ruinen der Burg vorhanden sind. Dann schwand (Zingeler-Buck, Zollerische Schlösser, 1906). bauten um 1316 die Herren von Jungingen aus dem Killertal Ueber die Herren von Jungingen hat Pfr. Friedr. Eisele in neben der Burg Schiltau auf dem andern Felsen eine Neue Mittl. Hohenzoll. 62 und 63 (1931—1932) ausführlich gehan- Burg, die das heutige Gebie des alten Turmes, des Schul- delt. Nur der Todestag des Letzten des Geschlechts, Ulrich, hauses, Pfarrhauses, der Kirche und des Platzes dazwischen ist ihm entgangen. Nach seinem Totenschild im Münster zu einnahm. Diese Burg, die erst um 1842 abgebrochen wurde, Salem starb er am 16. Januar 1501, worauf Name und Wap- Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 61 pen durch eine Adelheid von Jungingen, Wolfgans Tochter, 6.) 1454 (?) 24. Oktober (Donnerstag vor Simon und Juda), auf die Pfullendorfer Patrizier Gremiich übergingen, die sich Burkart von Jungingen eignet den Heiligenpflegern der Ka- nun Gremiich von Jungingen nannten. pelle zu Jungnau 2 Gütlein zu Harthausen, die Oswald Byeg- ker und Erkinan (?) innehaben, V2 Mm. in oberen Wiesen, Bisher unbekannt waren auch folgende Urkunden des De- 1 Mm. in dem Graben, 1 Gütlein zu Empfingen (abgeg. bei kanatsarchivs Veringen zu Gammertingen, die J u n g n a u Jungnau), 3 Mm. in den Uherdern (Auäader = Maulwurf!), betreffen. Durch Entgegenkommen des H. Herrn Dekans, die sie von seinen Vorfahren und auch seinem Bruder Wolf- G. R. Nikolaus Maier, waren sie dem Unterzeichneten zu- gang von Jungingen und ihm selbst zu Lehen haben und gänglich, wofür bestens gedankt sei. dem Priester an genannter Kapelle zum Nießbrauch gaben, 1.) 1433 24. Juni (Johannes des Täuferstag) Sigmaringen: auf Bitten „meine gnädigen Herrn", der Grafen Johannes Ulrich von Jungingen leiht dem Hans Hertter und Burkart und Eberhard von Werdenberg, zur Ehre Gottes und der Prackenheim, beide von Jungnau, letzterem als Pfleger der reinen Jungfrau Maria und der hl. Anna, in deren Ehre St. Annakapelle daselbst (der hl. Frauen St. Anna, die diese Kapelle geweiht ist. Siegler: die 2 Brüder von Jungin- in derselben Kapelle Hauswirtin ist), einen Hof, genannt gen. Das Jahr ist nicht ganz sicher. Das Mittelstück samt Conzen Isenlins, den Herr Conrad Vogt von Veringen der ehm. Siegeln ist nämlich herausgeschnitten, sodaß von der ältere baut, ferner P/2 Mannsmahdt Wiesen zu Jungnou (1 Jahrzahl nur die Schluß vier zu lesen bleibt. Das Jahr- Mm. in den Gräbenwiesen unter dem Amerstein und XT» Mm. hundert ist jedoch durch die vorKommenden Personen ein- in Oberen Wiesen). Siegler: Ulrich von Jungingen, dessen deutig als das vierzehnte gekennzeichnet. Nach Eisele (Mitt. Siegel jedoch heute fehlt. Or. Perg. Hohz. 63, 12) verlieh ferner Burkart von Jungingen am Don- nerstag vor Simonis, also am 24. Oktober (nicht 27. wie 2.) 1440 14. März (Montag vor Palmtag i. d. Fasten). Wolf Eisele irrig sagt) des Jahres 1454 beim Lehentag zu von Jungingen leiht das von Konrad Vogt von Veringen dem Veringen anstatt seines Bruders Wolfgang auch andere Hainz Bischenöhen (Büschenöheim) dem Heiligenpfleger der Lehen, sodaß sich die Annahme des gleichen Tages auch für St. Annakapelle in Jungnau verkaufte Gütlcin daselbst unsere Urkunde empfiehlt. Or. Perg. samt zugehörigem Holz. Ferner leiht er ihm gleichfalls für die Kapelle 3 Mannsmad genannt die Uherder in den un- 7.) 1488 10. November (Martinsabend). Stefan Wernlin zu teren Wiesen zu Jungnau, ferner 1 Güetlein zu Harthausen Jungnau verkauft an die St. Annakapelle daselbst, bzw. (b. Feldh.?), 1 Mm. in den Grabenwiesen und V2 Mm. in den deren Pfleger Stefan Riser und Erhart Vischer, 1 Gut zu oberen Wiesen zu Jungnau. Siegler: Wolf von Jungingen Benzingen, das er vormals von Kaplan Urban Tüffel (Te^jfel) (Siegel fehlt heute). Or. Pergament. zu Veringenstadt erwarb, als Lehen derer von Jungingen. Preis 9IV2 Pfund Heller. Siegler: mein lieber Junker Ulrich 3.) 1446 4. Juli (Zinstag, uf St. Ulrichstag). Konrad Vogt, von Jungingen (S. fehlt heute). Or. Perg. Burgermeister zu Veringen (als Träger seiner Base, der 8.) 1501 11. November (St. Martinstag). Peter Bader in der Agatha Herseliin (Hergesellin?), Hans Oschwalds genannt unteren Badstubc »u Veringenstadt verkauft an die Hellmannen Witwe) verkauft der Frau Irmel Moßerin, Ben- Heiligenpfleger Peter Fischer und Claus Pfaff an der St. zen des Mosmaiers Witwe, und dem Benz Moßer, ihren Annakirche zu Jungnau V2 Gulden jährliche Gilt um 10 Sohn zu Benzingen, ihren Hof zu Benzingen, den Cunz rhein. Gulden, und gibt als Pfand seine Badstube. Siegel der Schick in Maiersweise baut, der jährlich 20 Viertel Vesen, Stadt Veringen (vierzinkige Hirschstange über laufendem 20 Vtl. Haber Veringer Meß, liefert, als Lehen Wolfs von Löwen) mit Umschrift in gotischen Minuskeln: „s. civivm in Jungingen. Kaufpreis 40 rheinische Gulden. Siegler. Konrad veringen." Also entlehnte der Bader eben 10 rheinische Gul- Vogt, Konrad Huser von Renhartsweyler (?) und Hans Kern den ! Or. Perg. (Schlechte Papierkopie). 9.) 1506 20. Sept. oder 2 3. Febr. (an Mathis des Zwölfboten 4.) 1448 11. Mai (Pfingstabend). Wolf von Jungingen zu Ho- Abend) Dekan und Kapuelsherren zu Hätingen verkau- henfels leiht (gibt als Lehen) V2 Gütlein zu Harthaus jn. das fen denselben Heiligenpflegern zu Jungnau 5 11. jährl. Oswald Biegger innehat, an die St. Annakapelle zu Jungnau. Zins aus dem Zehnten zu Kettenacker, der jährlich ca. Sein Siegel fehlt heute. Or. Perg. 80 Malter Frucht erträgt, mit Zustimmung des Ritters Hans 5.) 1448 25. Mai (St. Urbanstag). Erasmus Vogt von Verin- Kaspar von Bubenhofen. Preis 100 rheinische Gulden. Sieg- gen verkauft der St. Annakapelle zu Jungnau, bezw. ihrem ler: Ritter Hans Kasp. von Bubenhofen und das Kapitel zu Pfleger Heinz Büschenöheim V2 Gütlein zu Harthausen, das Hettingen (Papierkopie). Die Statuten des Stifts oder Ka- Oswald Biegger innehat, als Lehen Wolfs von Jungingen, pitels zu Hettingen siehe in der Zeitschr. Freiburger Diöz. um 69 Gulden. Siegler: der Aussteller (S. fehlt) und Hans irchiv 1950, 163—178. Da diese Urkunden ebenfalls unter Kern, Burger zu Veringen (dessen Siegel zeigt im Schild eine denen von Jungnau iin Dekanatarchiv verwahrt sind, dürf- Art Dreiberg, dessen Berge jedoch wie Würste oder Walzen ten die Sachen späte.r an die Kapelle Jungnau gekomnen hoch sind.) Or. Perg. sein. -J. Ad. Kraus.

ein Zeugnis aus, daß er in die 35 Jahre samt seiner verstor- Kurznachrichten benen Hausfrau sich bei der Schäferei des Grafen Eitelfried- rich von Hohenzollern im Flecken Burladingen haushäblich Burladinger Ziegelhütte, ein zollerisches Lehen, hatte im aufgehalten und nach dem Tod seiner Frau sich wieder zu Jahre 1561 der Ziegler Martin Zürcher zu ßurladingen Graf Riedlingen verheiratete, auch immer einen einwandfreien Johann Georg von Hohenzollern verkaufte sie 1616 an Lebenswandel geführt habe. Es siegelt Johann Dretzler, Dok- Michael Mock um 150 fl. Sie lag im Forst auf Bruckstaig tor beider Rechte und Obervogt der Herrschaft Hohenzollern. und hatte einen Garten dabei, war aber rings v 31 der Ge- Am 26. Januar 1587 stellt ihm auch seine Heimatgemeinde meinde umgeben. Der Käufer hatt^ davon jährlich 2^2 fl. Owen im Kirchheimer Amt eine Bescheinigung aus. daß er Gült zu geben, außerdem dem Grafen und seinen Unter- nicht leibeigen sei. (Stadtarch. Reutlingen; frdl. Mitt. von tanen zu Burladingen je 100 Blatten, B,-chstein, Ziegel, äe- Dr. Kaichreuter.) setzblatten um 4 Batzen, das Malter Kalch pro 1 Batzen käuflich folgen zu lassen. (Hechg. Contrakte I. fol. 146a i. Stein, Sickingen, Bechtoldsweiler (letzteres nur Weiler ge- Staatsarch. Sigmaringen). nannt), sowie Bodelshausen, soweit sie dem Heinrich von Ow zu Bodelshausen gehörten, gingen am 14. November 1446 Hanfröße zu Gauselfingen. Am 27. Februar l .j.6 verkaufte käuflich an den Grafen Ulrich von Wirtemberg über. Dazu die Gemeinde Gauselfingen an Hieronymus Hack von Hart- V2 Holz Wanne, die Hälfte des Waldes Herdlin, Holz Otten- hausen a. d. Sch. drei Viertel Mannsmahd Wiesen uAer der hart ganz, das halbe Holzflecklin, 3 Jauchert Tanbach. Ferner Mühle an der Fehlen, worin eine Lanfrosse ist, die zu der Schönrain bei Stein gab jährlich als Gült 28 Pfund Hel- Herbstzeiten gebraucht werden darf, dazu weitere 3 Viertel ler über die Gült hinaus, die an den Abt von Alpirsbach zu um zusammen 204 fl. (Hechg. Contrakte I, im Staatsarchiv liefern war, und hatte eigenen Zwing und Bann. Auch ge- Sigmaringen.) hörten zum Kauf die Mühle, ferner die Kirchensätze von Thanheim und Boll ganz. Dies alles mit Aeckern, Wie- Der Stammvater der Graf zu Burladingen, namens Georg, sen, Wunn und Weid, Herrlichkeit, Vogtei, Zwing und hatte 1617 von seiner verstorbenen Frau Maria Fißierin 2 Wildbännen, Diensten, Nutzen, wie es Lehen war von Kinder: Barbara, Jerg, sowie von der ebenftlls heimge- der Herrschaft Wirtemoerg und seine Vorfahren es innege- gangenen Frau Christina Speltin eine Maria und Barbara. L r habt, zum Preis von 3000 böhmischen Gulden. (Hausarchiv verf'ielichte sich nun mit Katharina Döberin, die 3 Kinder Sigmaringen R. 75, Ka 10, 18, 9.). brachte: Balthas, Jerg und Anna. Burladinger Schäferei. Am 29. Nov. 1586 stellten Vogt und Martin Kraus von Stetten u. Holstein gibt am 6 Juni 1598 Gericht zu Burladingen dem Michael Hammel von oei von 455 fl. Vermögen, die er nach Nairen (Nehren bei der kirch an der Eck (d. i. Owen bei Kirchheim unter Teck) Mössingen) nimmt, als „Abzug" an die Herrschaft Zollern 62 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957

45 fl. 2 Bz. und 2 Kr., sowie als Handlohn 22 fl. 11 Bz. und st. Johannsen (Bildstock an der Ringinger Grenze, und 1 Kr. Diese verzinst (der offenbar verwandte) Hans Eberlin ein Hans Hyp der Böler (später nur noch Böler ge- zu Stetten und hat auf 1600 den ersten Zins gerichtet. Martin nannt; Hyp scheint auf Hypolit zurückzugehen!). „Der Wo- Kraus von Hörschwag gibt von 20 fl., so er aus 1 Jauchert chenwerk (sonst zu Burladingen vorkommend) hat geben Acker gelöst, als Abzug 2 fl. und als Handlohn 1 fl., ferner U. Lb. Frau 1 Wiese, stoßt an den Falckhart (Falken? bei für 1 fl. 5 Bz., so er aus Oehmd und 3 fl. die er aus 9 Vtl. Burladingen?) gegen uns herein und heißt die Fürholza." Vesen erlöste, gibt er als Abzug 6 Bazen und 2 Kreuzer: 15. (Dom. Arch. Sigmaringen R 83, Ka 12, 6 Nr. 77.) Febr. 1599. (Dom. Arch. Sigm. R 56, Nr. 15.) Bisingen unH Thanheim schlössen am 26. April 1616 einen Die Chronik der Kl. Petershausen hat Otto Feger in hand- Vertrag über die Grenze auf Kratz oder hinter Dettenbund, licher Form lateinisch und deutsch neu herausgegeben (Verl. sowie das gemeinsame Feld auf Buora (Hechg. Contrakte I, Thorbecke-Konstanz, 1956, 276 S., 16.50 DM). Die alten Aus- 146a im Staatsarch. Sigmaringen.) gaben seit Ussermann sind sehr umständlich nur in großen Bibliotheken zu benützen. Die Neuausgabe bringt kleine Ty- Jakob Dorn, Bildhauer und Schreiner von Ringingen, hat pen und leider wenig Erläuterungen, ganz im Gegensatz zur zu Biberach sein Handwerk gelernt, hält sich z. Zt. in Hoch- Zwiefalter Chronik, die König und Müller herausgaben. burg (wo) auf: 6. März 1593. Auch hohenzollerische Orte kommen vor: Esseratsweiler, Gammertingen, Liggersdorf, Sigmaringen, Magenbuch und Jerg Küster, Maurer aus der Pfarrei Stiefenhofen im (von Feger offenbar nicht erkannt) Oberndorf und Heggel- Allgäu, ist zu Starzein Bürger geworden: 4. Mai 1697. Hielt bach bei Liggersdorf und dem bad. Billafingen. Oberndorf sich kurz in Ringingen auf. und Heggelbach sucht er im württ. Oberamt Tettnang. Seite Badstube zu Hettingen: Jerg Ziegler von Meßkirch, Bader 45 dürfte irrig übersetzt sein: die Mutter des Grafen Ulrich zu Hettingen, kauft die Badstube daselbst (Arch. Sigm. R. von Gammertingen und Alberts von Achalm und ihre Schwe- 102, Ka 23, 13,2). stern „lebten fromm wie Klosterfrauen", denn es heißt doch offenbar: „sie leben jetzt noch als Klosterfrauen." Das ist Maler und Bürger Johannes Schiander zu Trochteifingen nämlich wichiig für die Datierung dieser Stelle, wie auch kauft ein Haus daselbst 24, 1. 1718. Maler Joh. Bapt. Bommer die Angabe, deren Bruder Adelbert von Dillingen lebe noch. daselbst stammte von Aulendorf 1744. Er starb aber im Jahre 1151, was Feger leider nicht angibt! Taubenschinid Isaias und Genossen verkaufen am 11. Viele Adlige jener Zeit sind bekanntlich im Alter ins März 1584, zu Hausen im Killertal ansäßig, 9Va Mannsmahd Kloster gegangen, so auch die Mutter der Gammertinger. Kr. Holzwiesen daselbst um 170 fl. an den Grafen Eitelfriedrich von Zollern. Derselbe Graf veräußerte dann am 25. Juli 1587 Schultheiß und Gericht des Fleckens S t e i n h i 1 b e n in an den Schreiner Esaias Daubenschmied zu Hausen i. Kill, der Herrschaft Trochteifingen urkunden am 31. Janaar 1578: ein Haus für 120 fl. (Arch. Sigm. R 75, Ka 10, 12, Nr. 172 Barbara Hochnecker, eheliche Tochter des Veitin Hochnecker und 173.) Dies als kleine Ergänzung zu dem Aufsatz von M. selig und der Anna Schelker selig, die jetzt Ehefrau des An- Schaitel im Hohz. JHeft 1940 Jg. 7. S. 88 ff. dreas Müller zu Reutlingen ist, hat vorher mit ihrem ersten Mann Jörg Herter 11 Jahre zu Steinhilben gewohnt und vor Esaias Gruber, Virgil Moll und die Taubenschmied, und ungefähr 5 Jahren mit diesem ihrem ersten Mann ihren Ab- deren Anteil an den Altären von Haigerloch und Hechinger schied ins Unterland genommen. Es siegelt Oberamtmann Schloßkapelle sind der Gegenstand von zwei Aufsätzen von Johann Erlacher von Nenbach zu Trochteifingen. Prof. Dr. Ludwig Armbruster im 99. Jahrbuch des Vorarl- berger Landesmuseumsvereins Bregenz 1956, 55—83. Der Schultheiß, Heimburgen und Richter zu Benzingen in Hechinger Altar kam später nach Jungingen. Seine Plastiken der Grafschaft Veringen urkunden am 29. April 1602: Der zu sind z. T. in der Pfarrkirche erhalten. Krs. Reutlingen verhaftete Konrad Koch ist der eheliche Sohn des Hans Koch und der Barbara Derer selig. Sie bezeugen ihm Killemer Fruchtmaß. Karl Eisele weist in seiner Arbeit für die Zeit zu Benzingen einwandfreies Verhalten und bit- über die Grafschaft Zollern darauf hin, daß im Jahre 1412 ten, ihn aus Gnade aus dem Stadtgefängnis zu entlassen. ein eigenes Fruchtmaß von Killer erwähnt werde. Es heißt Papiersiegel der Stadt Veringen. in der Urkunde, die aus dem Klosterarchiv Beuren stammt (Dom. Arch. Sigmaringen R 56a K, 21, 11, Nr. 49) unter Schultheiß, Burgermeister und Gemeinde zu Hermen- obigem Jahr, wobei der Monatstag fehlt: „Aubrecht Wuorer tin g e n, Spethischer Herrschaft, urkunden: Katharina Knup- und sein Bruder Cuonrat verkaufen an Frick Buhellm 2 Mit. fer von Hermentingen ist die eheliche Tochter des Stoffel Habergilt, Killer Meß und 13 Imi Kernengilt und 13 Hlr. Knupfer und der Barbara Zimmermann, die beide noch jährlich um 20 Pfund Heller. Von dieser Jahresgilt hat Cuntz leben. Das Siegel der Stadt Hettingen fehlt heute. Am 12. der Bessler 1 Malter Haber, Killwiller Meß, und 7 Imi Ker- Juli desselben Jahres bekennt Ludwig Friedrich Speth von nen und 7 Hlr. das eine Jahr zu geben, das andere Jahr aber Zwiefalten zu Hettingen, Kettenacker und Hermentingen, nur 6 Imi Kernen und 6 Hlr., und geht der genannte Haber aus daß obige Katharina Knupfer, die ihm leibeigen war, sich dem Gut zu Starzein, das den Klosterherren von Beuron ge- von ihm losgekauft habe. Sein Siegel in Holzkapsel. Alle 4 hört. Das andere Malter Haber Killwiller Meß und 7 Imi Uifk. im Stadtarchiv Reutlingen, freandl. mitgeteilt von Kernen und 7 Hlr. in einem Jahr, und das andere Jahr 6 Oberstud. Dir. Dr. Kalchreuther daselbst.) Imi Kernen und 6 Hlr. geht aus des Jünglings Hof zu Siar- zeln, den jetzt der Cuntzer und Kuflaib innehaoen. Die Gilt Johannes Donfried aus Veringen ist durch die Tüoinger ist jeweils auf Michaelistag zu geben. Es siegelt Junkherre Doktordissertation von Johannes Vleugels, „Zur Pflege der Hans Schweiler der Elter (Schild fünfmal geteilt, Helm mit kathol. Kirchenmusik in Württemberg von 1500 bis 1650" Büffelhörnern, stark beschädigt). (Druck W. Siemes, Aachen, 1928) S. 59 ff eigentlich erst wie- der neu entdeckt worden. Er ist 1585 geboren, bezog mit 16 Wie groß nun dieses Killemer Fruchtmaß war, ersehen wir Jahren die Universität Dillingen 1601, wo er als Veringanus aus einer Urkunde, die Zingeler in seiner Geschichte des und „arm" eingetragen ist. Um 1606 hat er sich verheiratet. Klosters Beuron unterm 25. April 1333 (Sonderdruck S. 102 Sein Sohn Johannes trat 1628 mit 21 Jahren als gebürtiger oder Mitt. Hohz. 1886 S. 68) abdruckt, die aber niemals in Rottenburger in Dillingen als Rhetorikstudent ein und war diesem Jahr ausgestellt sein kann! Denn hier erschein;- ja später Geistlicher, Der Vater erscheint t622 als Rektor der die Witwe des obigen, jetzt ''erstorbenen Frick Buohellen Lateinschule zu Rottenburg am Neckar. Ihm verS anken wir und als Siegler Kleinhans Swelher, der Bruder obigen Alt- bedeutende kirchenmusikalische Sammelwerke. Obwohl er hansen, sowie Auberlin Cuoman als Schultheiß von Ebingen, als Lehrer und Sänger nur in Rottenourg wirkte, ging seine von dem wir wissen, daß er 1448 noch als Altschultheiß Bedeutung weit über die Stadt hinaus. Im Jahre 1650 ver- lebte! Die Jahreszahl die auch Eisele in seiner erwähnten machte er 65jährig dem Chorherrenstift Ehingen a. Neckar Arbeit als 1333 bringt, muß also notwendig falsch sein seine Gesänge gegen Lesung von 100 hl. Messen. Seine Mu- und scheint 1433 heißen zu sollen Hier in dieser Urkunde sikaliensammlung umfaßt E Bände, die 1622, '.623 und 1627 von 1433 erscheint auch statt des Conters seine Tochter unc bei Paul Ledertz in Trier erschienen. Auch eigene Kompo- statt des Kouflaib ebenfalls die Tochter als lebend. Als Maß sitionen, wie „Hodie Christus natus est", finden sich im er- aber wird hier statt Killwiller einfach Tübinger Maß sten Band Nr. 66. Ein weiterer Sammelband mit über 200 genannt. Beide waren also offenbar gleich, oder m. a. W. in Liedern lautet „Viridarium Musico Marianum -^eine „Coroila Killer galt eben Tübinger Maß! Kraus. musica" enthalten 37 Messen, der „Jubilus Bethlehemsis" von Bader zu Stetten u. Holst. Die Beschreibung der Heiligen- 1628 48 deutsche und lateinische Gesänge mit 4 bis 6 tim- einkünfte von Stetten u. Holst, vom Jahre 1454, die auf eine men von verschiedenen Autoren. Eine Tabu! tor vir Orgel ältere Beschreibung von 1409 zurückgent, nennt „Die Müli- von 1623 scheint verschollen. Der geistliche Sohn Johann Gg. hofstatt die Ueberschlegy gelegen vor der Badstube gibt Donfried war 1642 bis 1645 Organist in Rottenburg. Dr. Vleu- an Unser Lb. Frauen daselbst jährlich 14 Heller, hat der gels wohnt heute in Gundelsheim am Neckar als Musikwis- Bader inne, der Tesche r." Ferner erscheint ein Wiesle zu senschaftler. Kr. Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 63

Die Musik an den Hohenzollerischen Fürstenhöfen Die Pfarrei auf Zollern war erst 1488 gegründet worden!! Es scheint, daß durch obige Abmachung die erst neuge- behandelt der Musikhistoriker Dr. E. F. Schmid in einem schaffene Pfarrei wieder langsam abgewürgt wurde. Im größeren Artikel in dem Standardwerk „Die Musik in Ge- Jahre 1520 erhielt der Dekan wie auch im Vorjahr den Auf- schichte und Gegenwart". Allgemeine Enzyklopädie der Mu- trag, diese Zwergpfarrei für 1 Jahr durch einen Welt- oder sik unter Mitarbeit führender Spezialisten auf allen Gebieten Ordensgeistlichen versehen zu lassen. Dann hört man nichts der Musikforschung im In- und Ausland, herausgegeben von mehr. Kr. Friedrich Blume im Bärenreiter-Verlag Kassel und Basel, 1957. Die Abhandlung ist geschmückt mit den Bildern des bekannten Merian-Stiches von Hechingen mit der Zoller- Gammertingen. Auf der Hochfläche des Waldteils Blaize burg, des Orgelprospektes der ehemaligen Franziskaner- stellte Herr Dr Herbert Burkarth-Garomertingen eine gut- Klosterkirche St. Luzen in Hechingen und Leonhard Lech- erhaltene Wallanlage in Rechteckform fest. Sie ist 90 m lang ners Widmung der Missae (1584) an den Grafen Eitelfried- und 45 m breit. Der Wall besteht aus kleineren und grö- rich IV. von Hohenzollern-Hechingen mit dem großen zol- ßeren Fündsteinen. Innerhalb der Wallanlage finden sich 4 lerischen Wappen. Schmid hat die Sigmaringer Archive auf Grabhügel. Am Westhang und auf der Hochfläche der Blaize seinem Fachgebiet eingehend und sorgfältig durchforscht und lagern in großer Streuung annähernd 100 Hügelgräber aus ist einem größeren Kreise erstmals bekannt geworden durch der Broncezeit. Auch auf der Hochfläche des Waldteils Kat- seinen Vortrag über „Gestalten und Begebenheiten aus der zensteig findet man zahlreiche Grabhügel. J. Wiest konnte Sigmaringer Musikgeschichte des 16. und 17. Jahrhunderts", im Waldteil Weihtäle (über der Weihhöhle) 16 Grabhügel den er anläßlich der Generalversammlung des Hohenz. Ge- feststellen. In der Blaize zieht sich vor Beginn des Hanges schichtsvereins am 19. 10. 1953 in Sigmaringen gehalten hat in das Neckental ein Steinwall von etwa 200 m entlang. Auf und der im Hohenzollerischen Jahresheft 1954 zum Abdruck der archäologischen Karte von Zingeler-Laur sind die Grab- kam. In der I. Glanzzeit der Hechinger Hofkapelle finden hügel und Steinwälle der Blaize und die Grabhügel im sich als Kapellmeister u. a. Jakob Meiland, gest. 1577, Jo- Weihtäle nicht eingetragen, dagegen sind die Hügelgräber hannes Nai' ^uette (1578—81), Jakob Flori (1581—83), Leon- im Katzensteig eingezeichnet. hard Lechner (1584—85), Ferdinand di Lasso (1585—89), Nar- zissus Zängel (1590—96; und (1598—99), Caesar de Zachariis Frohnstetten. Beim Bau einer Autogarage stieß Kronen- (1596/97 und als Organisten Sebastian Hagen (1576—85), Hans wirt Nolle auf ein mit Platten eingefaßtes und abgedecktes Abraham Wissreiter (1586), Rudolf die Lasso (1586), Gug- Grab aus der Alamannenzeit. Bei dem Skelett lagen an lielmo Blotagrio (1587—89), Peter von Dale (1590—95), Hiero- Grabbeigaben: 1 zweischneidiges Schwert, eine Lanzenspitze, nymus Roth (1591—97) und Jakob Haßler (1597—1602). Die ein eiserner Dolch, Beschlägteile aus Eisen und Bronce, der letzte Blüte erlebte -die Hechinger Hofkapelle unter dem Schildbuckel eines vermoderten Holzschildes. Nach der wis- Fürsten F. W. Konstantin, der 1849 der Regierung entsagte senschaftlichen Auswertung in Tübingen sollen die Fund- und nach Schloß Hohlstein in Schlesien übersiedelte. Ihm stücke in das Heimatmuseum auf der Zollerburg gebracht folgte 1852 die Hofkapelle nach. Kapellmeister war der Vio- werden. lin-Virtuose Thomas Täglisbeck und sein Schüler Max Seifriz. Auf welcher Höhe die Kapelle stand, ist aus der Tat- sache zu entnehmen, daß Männer wie Beriioz, Franz Liszt, Preisfrage. Wer von den geneigten Lesern hat schon ein- Spohr, Vieuxtemps, Molique u. a. mit ihr konzertierten und mal etwas vom preußenschen Heer, vom badenschen Wein Hans von Bülow und Richard Wagner gelegentlich als Gäste uder bayernschen Königshaus und württembergschen Eisen- dirigierten. Mit dem Tode des kunstsinnigen Fürsten 1869 bahnnetz gehört? Doch wohl niemand! Warum aber gibt es kam auch die Kapelle zur Auflösung. M. Sch. dann bei uns noch Leute, die immer noch an „seinerzeitigen" hohenzollernschen Land festhalten? Wann vertauschen wir endlich das falsche n durch das sprachgerechte i? Kr. Altarweihe zu Veringenstadt 1316. Aus dem Hochaltar der Pfarrkirche von Veringenstadt Georg Dehio, Handbuch der deutschen Kunstdenkmäler; kam 1862 bei der vorletzten Neuerstellung eine Weihurkunde Westliches Schwaben 1956. Ernst Gall besorgte die Neuaus- (13 X 5,5 cm) auf Pergament zum Vorschein, die heute als gabe. — Auf Seite 191 wird Sigmaringen behandelt. Dort ist Urk. Z. 594 im Erzbischöflichen Archiv in Freiburg liegt. Sie irrigerweise gesagt, das Relief von 1526 über dem Haupt- lautet in deutscher Uebersetzung: „Alle sollen Kenntnis neh- portal des Schlosses sei ein Sühnebild für den erschlagenen men, daß dieser Altar von dem hochw. Vater in Christo, dem Grafen von Werdenberg. Nicht ein Werdenberger Graf ist Bruder Ber(-thold), episcopo Sinbonensi, im Jahre 1316 am ja erschlagen worden, sondern umgekehrt: anno 1511 hat 2. Juni (Indictio 14) geweiht wurde in der Ehre der seligen Graf Felix von Werdenberg den Andreas von Sonnenberg und glorreichen Jungfrau Maria, des Hl. Nikolaus und auf freiem Feld erschlagen der beiden Johannes." Dr. Johann Schupp, Mariahof-Kaplan. Damals war Veringenstadt noch Filiale. Nikolaus ist Hauptpatron, die Muttergottes aber, wie so oft, ehrenhalber vorausges+eilt. Bischof Berthold von Sibo war 1315—1317 als Weihbischof von Konstant nachzuweisen. Pfarrei war neben Veringen d o r f im J. 1275 auch Deutstetten, das der Pfarrer von Benzingen versah. Entgegen der Behauptung von Eisele in FDA 61, 17, auf dem Pergamentzettel von 1316 heiße die Kapelle „Pfarrkirche'' ist auf dem Zettel übL1"- haupt nicht von Kirche oder Kapelle die Rede! Er beruft An das sich auf Reg. Ep. Const. II 3733, wo sich dieser Irrtum schon findet. Krs.

Die Stadt Tübingen zeigte im Juli 1957 Werke de. ober- schwäbischen' Bildhauers Joseph Christian (1706—1777) aus Postamt Riedlingen, des Meisters der Skulpturen unu Chorgestühls in den Kirchen Zwiefalten, Ottobeuren und Buchen. Die Tü- binger Ausstellung umfaßte in der Hauptsache Plastiken aus den früheren Jahren Christians, die einen guten Einblick in das Schaffen dieses bedeutenden Künstlers des schwäbischen Rokoko geben. in Pfarrei Zollern. 1507 30. August. Der Bischof Hugo von Konstanz verleiht dem Grafen Eitelfriedrich von Zoll .-n und seinen Nachfolgern, um den Schwierigkeiten abzuhelfen, die er bisher mit den Pfarrern und Plebanen der Pfarrei Zollern (Hohenzorernburg) gehabt hat, auf seine Bitten das Recht, den jeweiligen Pfarrer nach Belieben (ad nutum amovibilis zu machen) abzusetzen, muß jedoch jeweils innerhalb Mo- natsfrist einen andern präsentieren und 2 fl. Schreibtaxe jedesmal zahlen. Der Graf bestätigte diese Abmachung mit seinem Siegel am gleichen Tag. (Or. Perg. Erzbisch. Archiv, Urkunden Z 588). 64 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957

Sachregister des Jahrgangs 1957 Altveringen, Burg und Flecken 32 Hermentingen-Loskauf 62 Salmendinf*on, Dorfg ^chichte 11 Beuron, gefälschte Urkunde 32 Hettingen-Badstube 62 Schlander-Bommer-Maler 62 Binder Melchior, ein Ostracher Künstler 9 Hettingen-Pfarrkirche 15, 55 Schmeie-Schmiecha 59 Blindes Hirtenkind 8 Hettingen, Urkunden : 31 Schwabenspiegel 52 Burladingen-Dorfgeschichte 28, 46 Hornstein-Ruine 48 Sigmaringen, Flurnamen 13, 29, 45 Burladingen-Graf 61 Imnauer Apollo-Quelle 6 Stein-Kaufvertrag 61 Burladingen-Ziegelhütte-Schäferei 61 .'angingen, Gemeinderechnungen 15 Stetten u. Holstein-Bader 62 Dehio-Kunstdenkmäler 63 Jungnau-Urkunden 60 Stetten u. Holstein, 2. Weltkrieg 1 Dettingen, Gemeindewappen 16 ] liseringen-Otto I. 16 Straßennamen 10 Dorn-Bildhauer-Ringingen 62 Kettenacker-Kirche 4 Taubenschmied Isaias 62 Erdbeben der Südwestalb 24 Killer-Fruchtmaß 62 Trillfingen-Kremensee 23 Färbversuche-Hohenzollern 49 Kirchberg-Kloster 51 Trochtelfingen, Jahrtagbuch 15 Feuerversicherungsanstalt Hohenzollern 26 Kraus-Stetten-Abzugsgeld •jl Trochtelfingen-Kirchenasyl 16 Freiburger Diözesanarchiv 63 Lehrerausbildung 17./18 Jahrh. 7 Trochtelfingen-Scharfrichter 58 Friedrich v. Zollern 17 Mundart-Ringingen 48 Trochtelfingen, Stadtbrunnen 43 Frohnstetten-Alamannengrab 13 Petershausen-Klosterchronik 62 Trochtelfingen-Steinrösle 20 Frügeschichte-Zeiträume 55 Rangendingen, Pfarrarchiv 14, 30, 48, 60 Ulrich v. Wttbg.-Mechtild v. Hohenberg 33 Gammertingen-Grabhügel 63 Rangendingen-Oellämpchen-Oelmühlen 41 Veringendorf, spanisches Kreuz 41 Gammertingen, Grafenurkunden 14 Ringingen-Geistervinze 21, 38 Veringen-Musiker Donfried 62 Gauselfingen-Flurwanderung 50 Rheinbundakte in Hohenzollern 8 Veringenstadt-Atarweihe 63 Gauselfingen-Hanfröße 61 Rothmund, Bildhauer 42 Weinbau-Hohenzollern 60 Haigerloch-Ehrenbürger 28, 55 Sage-Hans Hödiö 54 Zollern-Pfarrei 63 Hechingen, Heilig-Kreuz-Friedhof 16 Sagen aus der Heimat 3 Hechingen-Musikleben 63 Salmendingen, Burgkapelle 15

Karte für Bodenfunde in Hohenzollern im 18. Jahrhundert müßte allerdings erst noch erforscht wer- Im Jahre 1896 erschien im Stuttgarter Verlag Paul Neff den! Ein Grabungsbericht aus der 1954 abgebrannten Pfarr- das von Dr. Zingeler und Architekt Laur bearbeitete Werk: kirche von Hohentengen am Hochrhein, einer karolingischen Die Bau- und Kunstdenkmäler in Hohenzollern. Angefügt Urpfarrei, wird schweizerischen Gelehrten verdankt. Semler war diesem Buche eine archäologische Karte. Es ist dies berichtet über Ueberlinger Friedhöfe, Kaspar über das meines Wissens die einzige Karte über Bodenfunde, die bis- Reichsstift Schussenried, Kraus hat Daten über den aus her veröffentlicht wurde. Seit der Herausgabe sind 60 Jahre T r o c h t e 1 f i n g e n stammenden Weihbischof verflossen; viele, ja sehr viele Bodenfunde aus frühgeschicht- Melchior Fattlin zusammengestellt, von dem schon licher Zeit sind während dieser 6 Jahrzehnte geborgen wor- Semler im Band 74 einiges berichtete. Der Band 76 enthält den. Manche bedeutsame Stücke wanderten in Museen, an- (vorerst noch ohne das dringend notwendige Register) die dere wurden verkauft, verschleudert und sind verschollen. umfangreichen Listen der „Erstfrüchte" (bischöfl. Annaten) Teilweise blieben nicht einmal die Fundplätze bekannt, weil aus der Diözese Konstanz bis 1506. Es handelt sich um eine keine Aufzeichnungen vorgenommen wurden. Es bleibt da- Abgabe der Pfründebesitzer an den Bischof, weswegen die her dringend erforderlich, mit den Vorarbeiten für die Her- vielen Pfarrv e r w e s e r darin leider nicht erscheinen. ausgabe einer Karte für Bodenfunde zu beginnen. In jeder Gemeinde sollten Heimatfreunde, die mit der Siedlungsge- Einladung zur Generalversammlung schichte und mit den Fundplätzen der Bodenurkunden ver- des Vereins traut sind, auf ein Meßtischblatt Fundplätze und Art der für Geschichte, Kultur- und Landeskunde Hohenzollerns Funde einzeichnen. Um eine Einheitlichkeit im voraus zu gewährleisten, wäre es notwendig, die von Dr. Zingeler und die am Montag, den 7. Oktober 1957, um 14.15 Uhr W. Laur benutzten Zeichen zu verwenden. An Hand dieser in Sigmaringen im großen Saal des Hotel „Löwen" Meßtischblätter könnte dann von einem Fachmann eine Ge- abgehalten wird. samtkarte gezeichnet werden. Behörden und Schulen sollten Alle Mitglieder des Hohenzoll. Geschichtsverein werden diese wichtige Aufgabe unverzüglich in Angriff nehmen. gebeten, anläßlich des 90jährigen Bestehens des Vereins recht zahlreich zu erscheinen. Vom Freiburger Diözesanarchiv, der Zeitschrift des kir- Tagesordnung: chengeschichtl. Vereins, sind die Bände 75 und 76 (1955, 1956) mit großer Verspätung erst jetzt erschienen. Aus dem er- I. steren interessieren vor allem die Nachweise M. Barths über 1. Begrüßung der erschienenen Gäste und Mitglieder. das Wirken des hl. Fridolin in Säckingen und über den Mär- 2. Ehrung der verstorbenen Mitglieder und Gedenken an die tyrer Landelin von Ettenheimmünster. Hatte doch eine über- Vermißten und noch nicht freigelassenen Krieger und eifrige Kritik die Existenz beider Heiliger überhaupt geleug- Zivilgefangenen. net! Der Ursprung der Verehrung des hl. Fridolin in Boll, 3. Gedenkworte anläßlich des 90jährigen Bestehens des Ho- Schlatt, Steinhofen, Weilheim und Zimmern henzollerischen Geschichtsvereins. 4. Jahresbericht. 5. Dank an die Regierung, Landesausschuß, Kreise und Bür- germeisterämter von Sigmaringen und Hechingen für Jahresspenden und besondere Zuwendungen. BESTELL-SCHEIN 6. Kassen- und Revisionsbericht, Entlastung. 7. Erledigung von Mitgliedsanträgen (siehe Anmerkung). II. zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat" Vortrag von Herrn Hofkaplan Dr. Walter Kaufhold über das Thema: Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch „Der Meister von Sigmaringen" mit Lichtbildern. die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Verlags- III. postamt Gammertingen, zum halbjährigen Bezugspreis 1. Bericht über die Arbeiten der Denkmalspflege in Hohen- zollern im Jahre 1957. von 80 Pfennig. 2. Berichterstattung über gemachte Funde. 3. Referat von Herrn Oberlehrer Wiest betr. die Blätter „Hohenzollerische Heimat". IV. Verschiedenes. Vor- und Zuname Franz Joseph Prinz von Hohenzollern 1. Vorsitzender. Anmerkung: zu 1/7: Anträge von Vereinsmitgliedern sind bis zum 1. Okt. 1957 Genaue Anschrift an den 1. Vorsitzenden einzureichen, um Berücksichtigung zu gewährleisten. Zu den Bildern: Eigentümer der Dru kstöcke si'nö von der Kirche Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw. Nachbe- in Hettingen die Stadl; Hettingen, vom Koster . _irchberg d". K ;is- stellungen der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deut- verwaltung in Hechingen, von d l Ruinen Dietlurt und Gebrochen Guttenstein die Landeskommunalverwaltung 11 Sigmaringen. Für liche Schrift wird gebeten. die unentgeltliche Ueberlassung herzlichen Dank! Hohenzolleiische Heimat

Vierteljahresblätter für Schule und Haus Preis halbjährlich 0.80 DM

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern in Verbindung mit der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Schriftleitung: Buchdruckerei S. A c k e r, Gammertingen Josef Wiest, Gammertingen Postverlagsort Gammertingen

Nummer 1 Gammertingen, Januar 1957 "jT^ährgäng

PETER HEINZELMANN, REKTOR I. Teil Stetten unter Holstein: „Von Pest, Hunger und Krieg —

erlöse uns, o Herr!" so flehen die Menschen seit Jahrhun- Aber auch denen in der Heimat blieben Not und Sorgen, derten, ohne daß die Berechtigung dieser Bitte durch den Leid und Tränen nicht erspart. Mit jedem Ausmarschierten Lauf der Weltgeschichte auch nur im geringsten abgeschwächt wurde nicht nur eine seelische, sondern auch eine wirtschaft- worden wäre. Schon eine einzige dieser drei Gottesgeißeln liche Lücke gerissen, die es arbeitsmäßig wieder auszufüllen kann die Menschheit furchtbar heimsuchen und all ihr Pla- galt. Die Arbeitslast, die in diesen Jahren von Kriegereltern, nen und Schaffen zunichte machen. Wenn Pest und Hunger Kriegerfrauen und selbst von Kriegerkindern getragen wurde, durch wissenschaftliche Erkenntnisse und wirtschaftliche erfüllt jeden, der den Ablauf eines Bauernjahres kennt, mit Fortschritte zwar eingeschränkt wurden, so ist der Krieg höchster Bewunderung. Mit der steigenden Leutenot erwach- durch diese nur noch schrecklicher geworden. Der Krieg, der ten Zusammengehörigkeitsgefühl und Gemeinschaftsgeist zur das Leben des einzelnen rücksichtslos zerstört, der Familien schönsten Blüte. Das beispielhafte Verhalten des Ortspfarrers, grausam zerreißt, Gemeinschaften auflöst und ganze Völker Kammerer Oswald, der von früh bis spät mithalf, wo es nötig ins Verderben stürzt. Der Krieg, den wir auf diese Weise war, weckte eine Nachbarn- und Freundeshilfe, die manchen kennen und fürchten gelernt haben. Verzagten wieder neue Kraft und neue Hoffnung schöpfen ließen. Zwar liegt Stetten unter Holstein weit abseits von den Brennpunkten des Weltgeschehens, aber in einem nahezu Mit der Dauer des Krieges wurden Front und Heimat im- 6jährigen mörderischen Ringen sind ihm und seinen Bewoh- mer mehr zermürbt. Die Hoffnung auf einen Sieg wurde von nern Opfer an Gesundheit, Gut und Blut auferlegt worden, Jahr zu Jahr kleiner, und der Verlauf des Krieges zeigte je- die sich im Rahmen dieses Berichtes unmöglich umfassend dem Einsichtigen deutlich, daß sein Ende nur ein Ende mit und erschöpfend behandeln lassen. Diese Dinge im einzelnen Schrecken sein konnte. In Stetten selber bahnten folgende und für dei_ einzelnen aufzuzeigen, wird nur jenem vor- Ereignisse den Weg zum völligen Zusammenbruch an: behalten bleiben, ohne dessen Wissen und Willen kein Haar Zu Anfang des Jahres 1944, in den Nachmittagsstunden des von unserem Haupte fällt. Meine Aufgabe ist es, die große 24. Februar, erschienen bei einem Uebungsflug über Stettener Schau der Ereignisse im kleinen zu ergänzen und Tatsachen Gemarkung zwei deutsche Schulflugzeuge vom Typ Me 110. und Begebenheiten festzuhalten, die nur für unsere engere Während ihrer ständig wechselnden Angriffs- und Abwehr- Heimat von Bedeutung sind, damit sie nicht allzu rasch der bewegungen beobachteten Zuschauer mit Schrecken, wie eines Vergessenheit anheimfallen. der beiden Flugzeuge über der Herrenhalde vom andern ge- Zu Beginn des zweiten Weltkrieges im Jahre 1939 zählte rammt wurde. Flugzeugteile flatterten durch die Luft, ein unsere Heimatgemeinde 453 Einwohner. Von ihnen suchte Fallschirm löste sich von der Maschine, die in steilem Sturz- .siner den Krieg, aber de'1 Krieg griff nach ihnen, und mit flug niederging und im Eschle mit einer riesigen Stichflamme den ersten Kriegsvorbereitungen kamen auch schon die er- aufschlug und ausbrannte. Während der Flugzeugführer, ein sten Einoerufungsbefehle in das Dorf. Diese steigerten sich Unteroffizier, mit seinem Fallschirm unter Eichhalden unver- zahlenmäßig von Jahr zu Jahr, so daß bis zum Ende des sehrt niedergehen konnte, gelang es dem Bordschützen nicht Krieges 108 Wehrpflichtige aller Altersklassen zum Waffen- mehr, sich zu retten. Er ist mit der Maschine abgestürzt und dienst gerufen wurden. Das sind knapp ein Viertel der Ge- verbrannt. Infolge der starken Brand- und Rauchentwicklung samtbevölkerung und etwa die Hälfte sämtlicher männlichen und wegen der ständig explodierenden Münition konnte man Bewohner des Dorfes. sich der Absturzstelle lange Zeit nicht nähern. Später wur- den die Flugzeugtrümmer auf vier Pferdeschlitten abtrans- "Venn es für die Jungen schon nicht leicht war, von den portiert. Eltern und vom Vaterhaus Abschied zu nehmen, so war es Ein Jahr später, am 16. Februar, berührten amerikanische für die Familienväter noch schmerzlicher, sich von Frau und Kampfflugzeuge auf dem Rückflug, wo sie Bomben abge- Kindern und Besitztum loszureißen, um den unerbittlichen worfen hatten, um die Mittagszeit unseren Luftraum und Gesetzen des Krieges zu folgen und einem ungewissen wurden von deutschen Jägern in Luftkämpfe verwickelt. Da- Schicksal entgegengeführt zu werden. Zwar weckten die bei trug eine amerikanische Maschine so starke Beschädigun- raschen Feldzüge in Polen und Frankreich für kurze Zeit die gen davon, daß ihre 8köpfige Besatzung aussteigen mußte. Hoffnung auf ein schnelles Kriegsende und eine baldige Sie verließen nacheinander mit Fallschirmen das Flugzeug, Heimkehr aller Ausmarschierten, doch mit der Ausweitung und zwei Kanadier gingen auf Stettener Gemarkung nieder. des Krieges wurden sie der Heimat immer mehr entrückt Einer von ihnen landete auf der inneren Halde, während der und in alle Winde zerstreut. andere mit einem Hüftschuß auf einer einzelstehenden Tanne In den wilden Hocngebirgs- und Gletscherlandschaften bei Kaiserwirts Bierkeller an der Straße nach Meldungen Norwegens erlebten manche von ihnen die kurzen, kühlen hängen blieb. Beide Soldaten kamen in Gefangenschaft. Das Sommer und die langen dunklen Winter der Polarzone. An- Flugzeug schlug bei Hausen i. K. auf und zerschellte. dere kämpften in Südeuropa oder im Wüstensand unter der Je näher es dem Ende zuging, umso dramatischer wurden afrikanischen Sonne. Das schlimmste Schicksal aber traf jene, die Ereignisse. Der deutsche Luftraum wurde in den ersten die gezwungen waren, die verlustreichen Feldzüge in den Monaten des Jahres 1945 kaum noch verteidigt, und so konn- endlosen Weiten Rußlands mitzumachen, dort wo ein uner- ten feindliche Jagdbomber ungehindert auch unter der Zivil- bittlicher und zuletzt überlegener Gegner, eine deckungslose bevölkerung Aufregung, Schrecken und Verluste verursachen. Landschaft und ein hartes Klima die größten Opfer for- Am 18. April erschienen mehrere Jagdbomber über Stetten derten. — Wie mancher sehnende Gedanke fand den Weg und warfen über Unterhofen etwa 60 Brandbomben ab. Die nicht heim, — wie mancher schmerzliche Seufzer verhallte daraus entstandenen Brände vernichteten den Stall und die ungehört, — und wie manches Auge mußte brechen, — ein- Scheune des Mathias Arnold, sowie das Wohnhaus des Bern- sam und verlassen. hard Schäfer, während eine Reihe weiterer Brände an an- 2 TT O II ENZ OEEERISCHE HEIMAT Jahrgang 19n7 deren Häusern im Entstehen gelöscht werden konnten. Durch Sie vergaßen, daß unsere Berge unser bester Schutz waren. Bordwaffenbeschuß verlor Anton Locher am selben Tag auf Insgesamt wurden etwa 15 Häuser mehr oder weniger schwer der Staig eine Kuh vom Wagen weg, und ein Pferd von Leo- beschädigt, Menschenleben jedoch waren, Gott sei Dank, pold Schaut, der in der Au mit Feldarbeiten beschäftigt war, nicht zu beklagen. Die Nacht vom 23. auf den 24. April 1945 erhielt einen Streifschuß. war die schwerste in der ganzen Geschichte des Dorfes, und Die seit Mitte April in steigendem Maße zurückflutenden die Beteiligten könnten noch vieles erzählen, was mir hier deutschen Truppen ließen deutlich erkennen, daß die Front niederzuschreiben der Platz verbietet. immer näher rückte und unsere Heimat vom Kriegsgeschehen Nachdem sich der Pulverqualm der Granateinschläge ver- nicht verschont bleiben würde. Auf Befehl der deutschen zogen und der Staub der Detonationen sich einigermaßen ge- Truppenführung wurde vom 19. auf den 20. April auf der legt hatte, trafen in den frühen Morgenstunden des 24. April Galerie beim Haus des Wilhelm Heinzeimann eine Panzer- aus Richtung Melchingen kommend die ersten feindlichen sperre errichtet. Der Bevölkerung bemächtigte sich eine Panzerspähwagen, gefolgt von schweren Panzern, im Dorf große Aufregung, denn nun kam jedem zum Bewußtsein, ein. Es waren französische Truppen. Ohne auf deutschen Wi- daß dem Dorf und seinen Menschen schwere Stunden be- derstand zu stoßen, gelang es ihnen, entlang der Lauchert vorstehen. rasch vorwärts zu dringen, um das Dorf talabwärts bald wie- In den Morgenstunden des 23. April wurde das Dorf und der zu verlassen. Weniger eilig hatten es die nachfolgenden seine Umgebung in das Kampfgeschehen einbezogen. Deutsche Kolonnen, und auf den Schrecken des Artilleriebeschusses Artilleriewaffen verschiedener Art zogen sich von Meldun- folgte nun der Schrecken der feindlichen Besatzung. Requi- gen und Undingen kommend auf Stetten zurück, um hier er- sitionen aller Art hielten die Menschen in dauernder Auf- neut Widerstand zu leisten. Eine Batterie bezog Stellung ent- regung, und bald wurde es jedem klar, was es heißt, den lang dem Hinterburgwf.g mit Feuereinwirkung gegen Mel- Krieg verloren und den Feind im Lande zu haben. dungen, während eine andere Batterie, die auf halber Höhe Die im Jahre 1817 erbaute und von der deutschen Wehr- am Xobclweg Stellung bezogen hatte, ihre Feuerkraft gegen macht zur Sprengung vorbereitete Eispeibrücke überdauerte Erpfingen richtete. Zwischen ihnen stand eine dritte Bat- den Einmarsch des Feindes unbeschädigt. Unerkannt und terie am Dorfausgang bei der unteren Lauchertbrücke mit unbeseitigt aber ruhten die Fliegerbomben noch unter ihrem Feuereinwirkung nach beiden Richtungen. Sturmgeschütze, Bogen, und in den Abendstunden des 29. April flog sie mit PaKgeschütze und Minenwerfer, an verschiedenen Stellen ein- großem Getöse in die Luft. Angehörige einer deutschen Wi- gesetzt, vervollständigten die deutsche Abwehrkraft. — Mit derstandsgruppe, die sich nach dem Einmarsch noch in den bangen Herzen verfolgten die Einwohner diese Kampfvorbe- Wäldern herumtrieben, haben sie wohl in die Luft gesprengt. reitungen. — Gegen 14 Uhr erfolgte ein feindlicher Panzer- Für die Bewohner des Dorfes war dies ein schwerer Schlag. angriff aus Richtung Melchingen der das deutsche Abwehr- Die Franzosen vermuteten einen Sabotageakt und drohten feuer auslöste. Der Angriff wurde von deutscher Seite zwar die schwersten Vergeltungsmaßnahmen an, falls die Brücke erfolgreich abgewehrt, dafür aber setzte um 16.30 Uhr star- nicht binnen kürzester Frist ersetzt sei. In einer häßlichen kes feindliches Artilleriefeuer aus Richtung Undingen und Schnee- und Regennacht vom 29. auf den 30. April arbeitete Willmandingeii ein. Der Feuerüberfall richtete sich haupt- die aufgeschreckte Bevölkerung an der Erstellung einer Not- sächlich gegen die Batteriestellungen und die anderen Wi- brücke. Dem Einsatz sämtlicher Männer und Frauen war es derstandsnester in und um Stetten. Am meisten in Mitleiden- zu verdanken, daß die Brücke im Morgengrauen fahrbar war, schaft gezogen wurden hierbei die beiden Gehöfte Flaschner und die Vergeltungsmaßnahmen unterblieben. Im Jahre 1948 Schmid und Phiiipp Riedinger am Dorfausgang in Richtung wurde dann diese Notbrücke durch die heute feste Brücke Hörschwag. Dort fiel in den Abendstunden durch Granat- wieder ersetzt. splitter eir deutscher Soldat. Mehrere Pferde und eine Kuh Wenn die materiellen Schäden des Krieges inzwischen wurden verletzt, so daß sie getötet werden mußten. auch behoben wurden, und wenn sich der Ablauf der Dinge Mit dem Abzug der deutschen Truppen nach Einbruch der wieder normalisiert hat, so mag doch in manchen Herzen Dunkelheit wurden die nachfolgenden bitteren Ereignisse eine stille schmerzende Wunde geblieben sein, die vielleicht eigentlich überflüssig und gegenstandslos. Diese Tatsache nie mehr ganz zur Ruhe kommen will, bis es selber zu schla- war dem Gegner jedoch nicht bekannt, und um den vermeint- gen aufhört. Ihnen und allen, denen ihre Erlebnisse unver- lichen deutschen Widerstand zu brechen, setzte um 23.30 Uhr gessen bleiben, möchte ich mit meinem Bericht in teilnahms- schlagartig ein so starker Artilleriebeschuß ein, daß Granat- voller Verbundenheit ein kleines Geschenk machen. Dabei einschläge und Detonationen sich überstürzten und die Men- gedenke ich auch jener Stettener in der Fremde, die ihrer schen in wilder Hast in die Keller eilten. Schreckensbleich Heimat im Herzen treu geblieben sind und gerne einen Gruß und mit bebenden Herzen verfolgten sie das unaufhörliche von ihr empfangen. Krachen und Schüttern. Es war allen klar, daß das Dorf Und endlich noch ein Wort an jene, die ich nicht kenne, schwer in Mitleidenschaft gezogen würde. Als nach einer an die Gescnlechter, die nach uns kommen: Eure Heimat hat Stunde das Feuer etwas abflaute, konnten die Beherzten sdiwere Stunden erlebt, aber eure Vorfahren waren Men- heraustreten und feststellen, daß es im Dorf zwar nirgends schen mit starken und gläubigen Kerzen. — Zeigt euch ihrer brannte, aber die Häuser von Fritz Schäfer, Josef Bumiller würdig! — beim Lamm, Schmied Johann Heinzelmann und Anton Sdiä- fer starke Beschädigungen aufwiesen. Hauswände waren ein- gedrückt und ganze Dachstühle weggefegt. Zu weiteren Fest- stellungen war keine Zeit. Eine erneute Steigerung des Feuers erzeugte eine Panik unter der Bevölkerung, und um das nackte Leben zu retten, ließen viele von ihnen Haus und Hof und Vieh im Stich, um in der Schloßhöhle unter der Ruine Holstein droben Schutz vor dem drohenden Verderben zu suchen. Das Haus von Uirich Holzhauer erhielt nacheinan- der mehrere Treffer. Die Vorderfront wurde zerschmettert, und im Wohnzimmer krepierten die Granaten. Wenige Häuser weiter lag Schuhmacher Anton Schäfer schwerkrank zu Bett und konnte nicht in Sicherheit gebracht werden. Er und seine Frau, die bei ihm ausharrte, mußten erleben, wie eine Gra- nate den Dachstock durchschlug und über ihnen krepierte. Ihre Wirkung nach allen Seiten war verheerend, und nur durch ein Wunder kamen beide mit dem Leben davon. Nicht besser sah es im Hause des Johann Arnold aus. Dort wurde vor allen Dingen der Stall in Mitleidenschaft gezogen. Das Vieh riß sich los und irrte herrenlos in der feuerspeienden Nacht umher. Einer der Beherztesten unter den Zurückge- bliebenen war der Straßenwart Leopold Schäfer, der uner- schrocken überall Hilfe leistete und manches drohende Un- heil noch rechtzeitig abwehren konnte. Sein Haus war gegen das letzte, das dem Beschuß fast restlos zum Opfer fiel 3-egen 5.30 Uhr ließ das Feuer nach, die Menschen konn- ten sich wieder fassen, heimkehren und mit den ersten Aufräumungsarbeiten beginnen. Von der Bevölkerung von Undingen und Erpfingen erfuhr man später, daß sie glaubten, von Stetten sei kein Stein mehr auf dem andern geblieben. Sebastianskapelle in Hettingen Jahrgang ',9-7 HOHENZOLLERISCHEHEIMAT 3 Sagen aus unserer Heimat

(Nach Ludwig Egler) Auf dem schönen Wiesenfelde, zwischen der Stadt, Hechin- vier stattliche Eichen — die „Vier Eichle" genannt —, in gen und dem Zollerberge will man in früheren Jahren oft- welchem ein Marienbild und seit neuerer Zeit ein Kreuz an- mals einen schwarzen Ritter auf mutigem Schimmel dahin gebracht ist, wozu gewallfahrtet wird. Vielleicht sollten diese reiten gesehen haben. Der Weg des unheimlichen Reiters heiligen Zeichen zur Sicherunng dienen, daß der Hagenmann ging gewöhnlich durch das Buoloch und die Lichtennau bis seinen Bann nicht überschreite. zum hohen First. Eine ältere Frau aus Hechingen erzählte, als sie einst in mondheller Nacht als Mädchen durch die Straße vom Brielhof nach Hechingen gegangen sei, habe sie Der Geist von Zimmern den schwarzen Ritter auf den Wiesen entlang der Straße bis gegen den Totenweg reiten sehen. Dort sei er dann plötzlich Im Tale gegen den Langrain geht ein Geist um. Als ein- verschwunden. Der Glaube an den geisterhaften Schimmel- mal ein Mann aus Zimmern zur Nachtzeit über einen Steg reiter besteht noch immer in Stetten und Hechingen. Man ging, hörte er ganz in seiner Nähe niesen, worauf er er- wollte ihn erst vor einigen Jahren wieder gesehen haben. schrocken das übliche „Helf Gott" sagte. Bei wiederholtem Niesen fragte der Mann halb ärgerlich: „Nun, wer ist denn da?" Da ließ sich eine Stimme vernehmen mit den Worten: Das Mühletier „Wisse, ich bin ein Geist. Hättest du dreimal „Helf Gott" gesagt, so wäre ich erlöst gewesen. Nun muß ich hier noch Noch vor 40 Jahren sprach man in Hechingen viel vom umgehen, bis eine Eichel vom Baume gefallen und einen „Mühletier", das in der uralten Stadtmühle und um dieselbe Stamm getrieben hat, von welchem das Holz zu einer Wiege sein Wesen trieb. Es zeigte sich an zur mitternachtigen genommen wird. Das neugeborene Kind, welches in die Stunde durch ein unheimliches Gebrüll und erschien in Wiege zu liegen kommt, ist dann bestimmt, mich einstens verschiedenen Gestalten. Einstmals, so wurde erzählt, setzten zu erlösen." Dem Mann graute vor äem, was er gehört sich zwei Bauern, während ihre Frucht in der Mühle ge- und nachdem er es im Dorfe erzählt hatte, wollte niemand mahlen wurde, zur Nachtzeit, ais eben der Mond hell schien, mehr zur Nachtzeit über diesen Steg gehen. — auf einen am Eingang der Mühle liegenden größeren Block und plauderten gemütlich und rauchten ihre Pfeife. Plötzlich bewegte sich der Block unter ihnen; er verschwand und die Das Erdmännlein von Sickingen Bauern fielen auf die Erde. Sie glaubten, noch ein höhnisches Gelächter zu hören und gingen erschreckt in die Mühle Sickingen soll der Sage nach aus 3 Höfen entstanden sein. hinein. Aengstliche Leute und Kinder wollten zur Nachtzeit Herren von Sickingen sollen in einem Schloß zwischen der wegen des Mühletiers den Weg um die Mühle nur ungern Bodelshauser Bleiche und dem Butzensee gewohnt und die mehr machen. Daß das Mühletier den Leuten einmal etwas alte Heerstraße nach dem Bodensee unsicher gemacht haben. Böses zugefügt habe, wurde nie gehört. Herren von Laiterheck (daher Laitgäu auf Hechinger Ge- markung) sollen gleichfalls in einer südlich von Sickingen gelegenen Talsenkung gehaust haben. Eine muldenförmige Der Waldgeist Hagenmann Vertiefung sei der Keller des Schlosses gewesen, in welchem Eines der ältesten Wirtshäuser in Hechingen ist das in der gioße Schätze verborgen lägen, die durch nächtliche Licht- Altstadt am Fuß der Staige gelegene Gasthaus z. „Ochsen". erscheinungen angezeigt würden. Ein anderes verschwun- Nach der Sage lebte vor vielen Jahren in diesem Hause ein denes Schloß, östlich vom Dorfe, habe den Herren von Ha- Wirt, der nicht zu den redlichen Gastgebern zählte und genmann gehört. Ein Nachkomme dieser Hagenmann soll nebenbei Filz und Wucherer war. Es wurde bekannt von nach der Zerstörung des Schlosses als schwarzer Reiter nachts ihm, daß er Wasser unter den Wein goß und Spreuer unter eine gefürchtete Erscheinung gewesen sein. „Warte, der Ha- das Korn mischte. In einem Notjahr soll er noch viel Vorrat genmann kommt!" ruft man noch unartigen und schreienden Korn gehabt und dafür immer größere Summen gefordert ha- Kindern zu. Im Hagenrnannsgraben (Hechinger Waldung) ben, so daß es niemand mehr kaufen konnte. Da soll das Korn sollen die Geister verschiedener Personen, die durch unred- schließlich lebendig geworden und zu dem Bühneladen hin- liche Handlungen im Leben sich zu bereichern gesucnt, ge- ausgeflogen sein. Das Volk hörte dieses und macht« seiner bannt sein. Im nahen Fichtenwald, dessen südliches Ende berechtigten Schadenfreude in jeder Weise Luft. Kaum war den Galgen als Grenze hatte, hauste ein Erdmännlein. Es sei, der Wirt gestorben, so mußte sein Geist schon umgehen, man wie alte Leute erzählten, ein kleines, gebücktes, kaum 3 Fuß hörte ihn rufen: „O weh! Wasser unter den Wein, Spreuer hohes Männle mit einem 2 fußhohen schwarzen Hute ge- unter das Korn!" Ja, als man beim Leichenbegängnis den wesen, das, ohne ein Wort zu sprechen, durch die hohe Fich- Sarg mit der Leiche vom Hause wegtrug, wollen die Leute tenwaldung wanderte. Nahe bei Sickingen ist auch ein von gesehen haben, wie der Wirt leibhaftig unter dem Bühne- einer Hecke umgebenes etwa 2 Morgen großes Grundstück, laden erschien und dem Leichenzuge nachsah Der Geist des „das Höizle" genannt, wovon alte Leute erzählen, daß dort Wirts ging auch ferner im Hause um und belästigte die In- häufig eine unbekannte Stimme gerufen habe: „Her da, her wohner so senr, daß niemand mehr daselbst bleiben wollte. da"; da habe ein beherzter Mann einmal geantwortet. „Steck Im Kloster St. Luzen lebte damals ein frommer Franzis- a Hölzle na!" und am anderen Morgen sei das ganze Gewand kaner Pater, welcher in der ganzen Umgegend als Geister- von Hölzein, die in den Boden gesteckt waren, umgeben banner und Wetterbeschwörer bekannt war; dieser wurde gewesen. von dem neuen Besitzer des Ochsenwirtshauses berufen, den lästigen Geist zu bannen und dadurch die Ruhe im Hause wieder herzustellen. Der Franziskaner tat das Seine und bannte den Geist in eine Flasche, welche nun weit von der Stadt tief hinein in einen finsteren Wald getragen und dort in die Erde begraben wurde. Da scheint der Geist seinem engen Gefängnis denn doch wieder entschlüpft zu sein, denn es dauerte nicht lange, so spukte es in dem Waldreviere in ganz erschreckender Weise, so daß dasselbe nur ungern von jemanden betreten wurde. Holzhauern und Holzsammlern erschien der Geist in verschiedenen Gestalten, bald als grün- gekleideter Jäger zuweilen den Kopf unter dem Arme tra- gend, bald als ein fremdartiges Tier. Nicht selten setzte er sich unsichtbar den Holzsammlern auf ihre Bürde und sprang dann mit höhnischem Gelächter ab, wenn die armen Leute mit der Last den steilen Berg heraufgekeucht waren. Auch Jäger neckte er gerne, indem er denselben als stattlicher Hirsch erschien und dann, wenn sie auf ihn angelegt hatten, plötzlich verschwand, um an anderer Stelle das gleiche Spiel zu treiben. Der Waldgeist wurde der Hagenmann genannt, und das Revier, in welchem er sein Wesen trieb, heißt der Hagenmannswald. An der südlichen Grenze desselben, ober- halb des Hagemanns Graben, stehen auf einem Wurzelstock Altes Schloß im Fehlatal G. Mühlbacher 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957

Gedanken zur alten Martinskirche in Kettenacker

von Franz G 1 u i z, cand. theol. Es war am 23. Februar 1955. Zu einer völlig ungewohnten sprach die Schlichtheit der architektonischen Anlage und Zeit läuteten die Glocken der stillen Albgemeinde hinein in Ausführung. — Der niedere Turm, unten viereckig, ging die Landschaft. Der Glocke Ruf sollte dieses Mal nicht freu- oben in einen neuen Aufsatz von achteckiger Form über dige Nachricht an das Ohr der Albbauern tragen, nein, ihr und war gekrönt von einem Kuppelhelm. Durch ein wunder- Ruf galt der letzten Stunde unseres alten Martinuskirchleins, schönes romanisches Eingangsportal, zu dessen beiden Seiten des jahrhundertalten Wahrzeichens Kettenackers. Die her- große Weihwasserbecken in Mauernischen eingelassen waren, beigeeilten Dorfbewohner, die Männer, die Frauen, die Kin- öffnete sich uns der schlichte Innenraum. Ein Blechwappen der, vor allem die ältesten Mitbürger schauten wehmütig mit der Jahreszahl 1757 erinnerte an den einstigen Pfarr- und mit innerem Schmerz zum letzten Mal hinauf zu jenem herrn Carolus von Ow, dessen letzter Wunsch es war, unter Barockturm, der sie das ganze Leben hindurch wachsam be- den Eingangsstufen seine Ruhestätte zu finden. Sein Bruder gleitet und der ihnen immer die eine große Wahrheit ge- ist jener in Hohenzollern gut bekannte Kunstmaler Meinrad kündet hat: „Du allein bist der Heilige, Du allein der von Ow. Zu gleicher Zeit, als dieser in Zwiefalten die Decken- Herr, Du allein der Höchste!" In dieser ernsten Stunde fresken der Seitenkapellen, der Galerien und das Gemälde hat wohl ein jeder seinen Weg mit diesem Gotteshaus über- über der Orgel schuf, wurde unter Carolus unsere Kirche schaut: Hier in diesem „sterbenden Kirchlein" habe ich „renoviert, repariert und erweitert". Daraus berechtigt sich trauervolle und auch freudige Stunden erlebt — die hl. die Vermutung, die Kettenacker Barockaltäre seien ehedem Taufe, die erste hl. Kommunion, die Vermählung, die Primi- im alten Münster zu Zwiefalten gestanden und bei deren zen unserer Priestersöhne, den letzten Gang einer unserer Abbruch im Jahre 1639 durch Kauf oder Geschenk an Ket- Lieben. — Hier haben auch jene schon ihre Gebete zu Gott tenacker gekommen. Diese Altäre hielten unsere Blicke ge- getragen, die schon seit Jahren, seit Jahrhunderten auf dem fangen. Als Werke auserlesener Schönheit hätte man sie in Friedhof ruhen. Weckt dieser Gedanke nicht das Bewußtsein einer kleinen Dorfkirche kaum erwartet. An der Kanzel, die einer großen Gemeinde der Lebenden und der Verstorbenen, mit den Altären gleichartig war, stand unten in verschörkel- die sich über Jahrhunderte erstreckt? Mag dieser Tag auch ten Ziffern die Zahl 1623, welche wohl ihr Alter und das der schwer gewesen sein, dahinter stand die tröstliche Wahr- Altäre angab. Nach einer Renovierung sind sie in die neue heit : „W ir wollen dem Herrn ein neues Haus Kirche übernommen worden. Zu beiden Seiten des Hochaltars bauen!" befanden sich die Barockstatuen des hl. Sebastian, des Pa- trons gegen die Pest und des hl. Wendelin, des Schutz- Die Tatsache, daß die Martinuskirchen in der Regel Ur- heiligen gegen Viehseuchen. Die Seitenwände belebten mehr kirchen sind, berechtigt uns, dem bescheidenen Kirchlein zu oder weniger wertvolle Statuen der Heiligen: Martinus, Fi- Kettenacker ein hohes Alter zuzuweisen. Schon 1194 bezw. delis, Eulogius, Josef, Maria. Alle diese Statuen wurden aus 1275 finden wir eine schriftliche Erwähnung des Dorfes mit innerem Anliegen der Not und Hilfe von den Dorfbewohnern einer Kirche und eigener Pfarre (Salemer Urkunden, Liber gestiftet. decimationis). Unser altes Kirchlein muß früher noch kleiner gewesen sein, denn 1739 wurde der Bau wahrscheinlich um Man kann wohl sagen: So bescheiden unsere Kirche war, das ganze Chor erweitert. Denken wir uns dieses Chor weg, sie war doch heimelig, warm, kurz so, daß unsere Leute hier so bleibt der Raum einer mittelgroßen Kapelle. Das muß ihre Anliegen und Nöte dem Herrn vortragen konnten. unsere alte Kirche vor der Erweiterung gewesen sein. Aus innerstem Herzen wollen wir beten: Herr, wir danken Die Lage unseres Kirchleins war mehr als bescheiden; Dir für die Gnade, die Du uns in diesem Gotteshaus hast anstatt beherrschend weithin sichtbar über den Häusern zu zuteil werden lassen. Laß sie wachsen und reifen, damit sie thronen, duckte es sich in eine Wiesenmulde, versteckt hinter gereiche dir zur Ehre und uns zum ewigen Heile. den vorgebauten Bauernhäusern. Dieser Bescheidenheit ent- Ein Gang durch die neue Kirche in Kettenacker

von Stefan Schilling, Oberlehrer Mitten in unserem Albdorf, etwas von der Dorfstraße geben ihnen das Gefühl des Daheimseins und der Wärme. nach Osten abgesetzt, erhebt sich unser neues Gotteshaus. Eine Sperrholzkassettemdecke nach einem Entwurf des Ar- Es wird von dem von der politischen Gemeinde nach einem chitekten Böhmer, Sigmaringen, von unserem Zimmermeister Plan unseres Maurermeisters Steinhart mit einem Kosten- Abt vollendet gestaltet, vermehrt den Eindruck der Klarheit aufwand von etwa 20 000 DM erweiterten und erneuerten und Wärme und trägt viel zur guten Akustik der Kirche Friedhof begrenzt und ist in seinem äußeren Erscheinungs- bei. Die als Bodenbelag gewählten Solnhofer Platten im bild gemäßigt modern gehalten. Wie ein Wächter grüßt schon Schiff und der Juramarmor im Chor fügen sich in den Ge- aus der Ferne der an der Nordseite angebaute 25 m hohe samtrahmen tadellos ein. Im Schiff, das eine Länge von 21 quadratische Turm mit seinem vorspringenden flachen Dach m, eine Breite von 11 m und eine Höhe von 6,70 m auf- und dem krönenden Kreuz als Abschluß. Der obere Teil des weist, fanden das erneuerte alte Gestühl und die neuen Turmes zeigt auf einem ornamentendurchbrochenen Grund Bänke Aufstellung. Durch einen breiten Mittelgang ist es in (einem tadellos ausgeführten Werk unseres heimischen Mau- zwei Hälften geteilt und durch zwei schmälere Seitengänge rermeisters) die vier schön geformten Zifferblätter der Uhr. begrenzt. Es sind 250 Sitzplätze vorhanden und mit Steh- An der Vorderfront der Kirche führen drei Stufen zum über- plätzen dürfte der Raum 400 Personen fassen. Die neue Kom- dachten Eingang. Durch das Hauptportal und eine Windfang- munionbank, die in der Farbtönung den Altären angepaßt ist, tür tritt man unter der Empore in den Hallenraum des trennt Chor und Schiff. Ein Blick vom Chor zum Schiff und Schiffes. Eine einfache, aber klare Linienführung und be- zur Empore bringt die schöne Ausgewogenheit des Kirchen- freiende Weite zeichnen den Gesamtraum. Angenehmes und raumes zum Bewußtsein. Eine raumsparende Wendeltreppe warmes Licht spenden die beiden hohen Fensterfriese und führt zur Empore, die dem Kirchenchor vorbehalten ist. Die ein hohes Fenster im Chor. Unsern Blick nehmen zuerst die Orgel, die schon im Jahre 1940 beschafft wurde, fand nach Altäre, besonders der Hochaltar gefangen. Manche kritischen gründlicher Ueberholung und Erweiterung um zwei Register Besucher werden fragen: „Wie konnten in einer modernen durch die Orgelbauanstalt Gebr. Stehle, Bittelbronn, vor Kirche diese Barockaltäre Platz finden?" Gewiß, der Sach- zwei Monaten ihre Aufstellung. Mit zwei Manualen und 16 verständige, der diese Lösung ablehnt, mag recht haben, aber klingenden Registern ist sie voll raumfüllend. Die von Bild- man kann sicher mehr andere Stimmen hören, welche diese hauer Schaumann, Rielasingen, geschnitzten 14 Stationen Kompromißlösung gut finden. Diese Barockaltäre, die wahr- finden sicher das Interesse vieler Besucher und runden das scheinlich aus der alten Klosterkirche Zwiefalten stam- Bild der neuen Dorfkirche. Die Gemeinde Kettenacker hat men, stellten das Wertvollste unseres alten Dorfkirchleins sich ein freundliches und anheimelndes Gotteshaus geschaf- dar. In mühevoller Kleinarbeit ließ Kirchenmaler Lorch, fen, auf das sie stolz sein darf. Mögen in ihrem sacralen Sigmaringen, die Altäre in neuem Glanz erstrahlr n Abge- Raum wie im alten Kirchlein viele Generationen Trost, Hilfe sehen davon, daß gerade diese Altäre den sacralen Charakter und Erbauung finden, wenn die Erbauer dieses Gotteshauses der Kirche wesentlich erhöhen, sind die Besucher in der schon längst in seinem Schatten dem Auferstehungstage ent- Hauptsache schlichte, einfache Bauern der Alb, die ?rd- unä gegenschlummern. schollengebunden am alten hängen, und gerade die Altäre Jpl-rgang 1957 H O H E N Z O L, L, E R I S C H E HEIMAT 5

Die neue Martinskirdie In Kenenacker Foto llerre

Die neue Martinskirche in Kettenacker Foto Herre 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957

Aus der Vergangenheit der „Imnauer Apollo-Quelle"

von J. Wannenmacher Wer Bad Imnau besucht, erblickt gleich am Eingang des Schon nach wenigen Jahren ging dann die Apollo-Quelle Ortes gegenüber der „Fürstenquelle" ein kleines, tempelar- aus dem Besitz von August Papst in andere Hände über. Es tiges Häuschen. Es steht in einem wohlgepflegten Garten, ist hatte damit folgende Bewandtnis: An der Hauptstraße von flankiert von zwei prächtigen Säulenwacholdersträuchern Imnau nach Haigerloch befanden sich — allerdings schon und umgeben von Akazien und Birkengrün. Das aus dem auf Trillfinger Gemarkung — noch zwei Mineralquellen. Es Rahmen der Umgebung etwas herausspringende Bauwerk waren dies die „Kaiser Wilhelmquelle" und der „Fürsten- trägt an der Giebelseite, die der Hauptstraße zugekehrt ist, sprudel" — nicht zu verwechseln mit der heutigen „Für- die Aufschrift: stenquelle". Die „Kaiser Wilhelmquelle" gehörte einem Imnauer-Apollo-Quelle. Herrn E. Hugendubel aus Stuttgart. Dieser verkaufte sein Tritt der Besucher in das Innere des Häuschens, so führt Eigentum mit samt der Quelle an den Besitzer des „Fürsten- ihn eine Treppe etwa 11 Meter tief hinab zu der eigent- sprudel", Kommerzienrat Hägele aus Stuttgart, Durch das lichen Quelle gleichen Namens, deren Wasser an dieser Stelle große Hochwasser 1911 wurden aber beide Quellen vorerst ununterbrochen aus der Erde hervorsprudeln. unbrauchbar und deren Wasser konnten nicht mehr ver- Seit wann nun wissen wir um diese heilkräftige Mineral- sandt werden. Kommerzienrat Hägele trat deswegen mit dem quelle, die den Namen „Imnauer Apollo Quelle" trägt? — Inhaber der „Apollo-Quelle" wegen Verkauf seiner Quelle Schon vor Jahrhunderten war den Einwohnern von Imnau in Verbindung. Nach langen Verhandlungen verkaufte dann das Vorkommen von Kohlensäurequellen im Eyachtal be- auch August Papst die besagte Quelle im Jahre 1912 an Kom- kannt. In Benutzung jedoch standen in früheren Zeiten in merzienrat Hägele in Stuttgart. Die damalige Kaufsumme der Hauptsache nur die „Casparquelle" und die „Fürsten- war beachtlich, doch der bald hernach ausgebrochene erste quelle". Es hat aber im Laufe der Jahre nachgewiesener- Weltkrieg und die darauf einsetzende Geldentwertung ließen maßen nie an Versuchen gefehlt, noch weitere Quellen zu in wenigen Jahren nahezu den gesamten Erlös in ein Nichts ergründen und zu erschließen. So war es in den Jahren 1905 zerrinnen. und 1906 der hiesige Bürger August Papst, der auf seinem Im Jahre 1914 wurde dann das in der Nähe des Bahn- Grundstück einen Brunnen graben ließ. In ungefähr 10 hofes gelegene Abfüllgebäude erstellt und das Wasser der Meter Tiefe stieß er dabei wider Erwarten schnell auf eine „Apollo-Quelle" mittels einer elektrischen Pumpe an diesen starke Quelle. Papst ließ das Wasser durch Fachleute in Ort geleitet. Kurze Zeit hernach wechselte die Quelle wieder Tübingen untersuchen, und die Untersuchung ergab, daß die ihren Besitzer und ging mitsamt dem neuen Betrieb an die Quelle als Mineralquelle anerkannt wurde. •— Nun entspann „Mineralbrunnen AG. Bad Ueberkingen" über. Diese baute sich erst ein langwieriger Disput um den Namen für die neu das Werk von Jahr zu Jahr weiter aus und steigerte ent- entdeckte Quelle. Papst nannte sie in Anlehnung an den sprechend dessen Leistungen. Heute arbeiten in dem Be- griechisch-römischen Apollo(n), der ja in verschiedenartigster trieb über 80 Personen, und der „Imnauer Apollo Sprudel" Deutung als Gott des Sonnenlichtes, als Heil- und Sühne- wird mit verschiedenen werkeigenen Lastzügen and zahl- gott verehrt wurde — „Apollo-Quelle". Gegen diese Namens- reichen privaten Lastwagen in den ganzen südwestdeutschen gebung aber wehrten sich damals die Inhaber des Apollina- Raum und darüber hinaus verfrachtet. Zur Zeit sind beson- risbrunnen" in Neuenahr (Rheinland). Ein hierwegen ange- dere Maßnahmen im Gange, um die Leistungsfähigkeit des strengtes Rechts verfahren entschied jedoch zugunsten von Betriebes noch weiter zu steigern. August Papst und es blieb bei der ursprünglichen Bezeich- „Apollo Quelle" und „Fürstenquelle" liefern in Bad Imnau nung „A p o 11 o - Q u e 11 e." die weitbekannten, heilkräftigen Mineralwasser. Ueber dem August Papst brachte nun das Wasser der besagten Quelle Hauptportal des Kurhauses ist in lateinischer Sprache ein zum Versand, Da man damals motorisierte Lastwagen noch Spruch in Stein gemeißelt. Er lautet auf deutsch: nicht kannte, erfolgte der Vertrieb mit Pferdefuhrwerken. „Preiset ihr Quellen und alles, was sich im Wasser bewegt, Diese brachten den „Sprudel", wie man das Getränk kurzer- den Herrn." hand nannte, in Krügen oder Flaschen in zahlreiche Städte Diesem Lobpreis werden sich auch zahlreiche Menschen und Orte des Unter- und Oberlandes. Der Umsatz war in aus nah und fern dankbaren Herzens anschließen, die durch jener Zeit selbstverständlich noch viel geringer als heute und das Trinken des Imnauer Heilwassers ihre Gesundheit oder belief sich nur auf einen Bruchteil des derzeitigen Versandes. ihr Wohlbefinden erhalten und gestärkt haben.

Jungnau Jahrgang 1917 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT 7 Eines Schulmanns Lehrjahre (Fortsetzung»

Ich selbst war dem Entwichenen sehr anhänglich, nur ein- Präzeptor Wurster erklärte nun dem Vater, er wolle mir mal wurde ich an ihm irre. In der Fastnacht dieses Jahres den jungen' Theologen Vogel als Instruktor beigeben, was fuhr ein Maskenzug durch die Stadt, darunter befand sich auch geschah. Ich muß sagen, wenn dieser längere Zeit mein auch ein Schullehrer als Zerrbild dem Hohne und Spotte des Lehrer gewesen wäre, hätte ich gute Fortschritte gemacht. Volkes bloßgestellt. Der Student Joseph freute sich außer- Es sollte mir aber nicht gelingen, in dieser Stadt dauernd zu ordentlich darüber und rief uns zu: „Seht, seht da den Schul- einem tüchtigen Lehrer zu kommen, immer stellten sich Hin- meister!" Nicht nur sein und mein Vater gehörten dazu, dernisse ein, die meine Bildungslaufbahn aufhielten und ver- sondern ich sollte auch einer werden, beides machte mich zögerten. Herr Vogel war der neuen Freiheit, wie sie über nachdenkend und schmälerte meine Achtung für ihn und dem Rheine herrschte, mit ganzer Seele zugetan. Eines Tages meinen künftigen Stand. Mein Verlangen, dem Berufe meines sagte er am Schlüsse seiner Lektion, er wisse nicht, wie lange Vaters mich zu widmen, minderte sich mehr und mehr und er noch hier wäre, die Freiheit gehe ihm über das Vater- wurde noch bestärkt durch Spöttereien und Widerwärtig- land, namentlich wenn es darin so kleinlich und klösterlich keiten, die ich hören und dulden mußte. Ein Prediger in der zugehe wie in dieser Stadt, wo. man dem Neuen und Bessern Stadtkirche wollte bald darauf die weiblichen Untugenden so feindlich sei und man ihm mit geheimen Drohungen und der Stadtfräulein in der Weise des Hofpredigers Abraham öffentlichen Angriffen das Leben verleiden wolle. Ich er wi- von Santa Clara schildern und sagte drastisch: So ein ge- derte, daß ich hier schon so viele Wohltaten genossen habe schniegeltes und gebügeltes Fräulein kommt mir vor wie und deshalb der Stadt sehr zugetan und ergeben sein müsse. ein Dreckhäuflein, das der Mesner Samstag abends in der Darauf sagte er, diese Gesinnung wolle er nicht tadeln, im Kirche sitzen läßt. Damit waren zwei Fliegen auf einen Gegenteil; jedoch habe er keine derartigen Pflichten Es wa- Schlag getroffen, denn auch Herr Wurster fühlte sich sehr ren dies seine Abschiedsworte, denn schon am andern Tage beleidigt und hatte für mich Vorwürfe zur Hand. In dieser war er verschwunden. Niemand wußte, wohin er gegangen Lage schrieb ich nach Hause und erklärte, daß ich wieder so oder wohin er gekommen sei. Im Verdruß über den Verlust hilflos und ratlos sei wie früher, daß ich bei Herrn Wurster dieses Lehrers kündigte ich dem Herrn Wurster das Mini- nichts lerne, weil sein Sohn entwichen sei, daß ich überhaupt strieren auf; ich wollte von ihm loskommen ohne zu wi.;sen keine Freude mehr am Schulstande habe und lieber ein und zu bedenken, was dann geschehen werde. Herr Wurster Handwerk erlernen wolle. schlug mir nun vor, er wolle mich zum Vice-Mesner machen, dann falle mir auch alles Trinkgeld zu. Da durch den Tod Mein Vater kam, wollte aber durchaus nichts wissen von meines Herrn Vetters auch mein Logisgeld aufhörte und mit meinem Plan, ein Handwerk zu lernen, denn obwohl er selbst Rücksicht auf meine Eltern in ihrer ärmlichen Lage, nahm nicht besonders für seine Berufsstellung eingenommen, so ich das Anerbieten an, weil er mir auch unentgeltliche Woh- war ihm und der Familie mein Aufenthalt in der Stadt von nung versprach. so großem Nutzen, daß es ihm fast unmöglich wurde, meinem Wunsche zu entsprechen. Er zog nicht nur die 60 fl. an sich, Im Herbst kamen unendliche Militär-Durchzüge von - Oe- welche für mich als Unterrichtsgeld ausgesetzt waren, machte sterreichern. Diese wurden von dem französischen General auch Ansprüche auf einen Teil meines Taschengeldes und Moreau zurückgeschlagen, welcher sein Hauptquartier in die meines Verdienstes bei der Mesnerei, sondern er wußte auch Stadt verlegte. Im Jahre 1801 verbreitete sich das Gerücht, die 78 fl. an sich zu bringen, welche mir vom Grafen von daß die geistliche Herrschaft aufgehoben und Württemberg Mannsfeld ausgeworfen waren. einverleibt werde. Den Bürgern entsank der Mut. Die mild- Zu diesem Gratial kam ich auf besondere Weise. Am Tage tätigen Hände zogen sich zurück, wir haben jetzt Kostgänger vor Petri und Pauli vorigen Jahres brach über die genug, hieß es, da die immerwährenden Einquartierungen Stadt in den Nachmittagsstunden ein schreckliches und an- von Militär äußerst lästig wurden. Kosttage und Wochengeld dauerndes Gewitter herein. Der Regen goß wolkenbruchartig hörten fast überall auf, und so ging es auch mir schlecht. herab, Blitz folgte auf Blitz, und der Donner schwieg nie. Jetzt war.mir das Verhältnis mit Wurster sehr gelegen, sonst Zwischen seinem Rollen hörte man öfters das Geschmetter hätte ich keinen Unterhalt mehr gefunden. und Geknatter, welches auf einen in der Nähe einschlagen- Im Frühjahr 1802 kam meine Mutter mit weinenden Augen den Blitz folgte. Herabgeworfene Ziegelreihen, weggerissene zu mir und sagte: „Ernst, du mußt jetzt heim, der Vater ist Mauerverkleidung, tiefgegrabene Striche in dem Verputz schwer krank, du sollst Kirche und Schule versehen. Der mehrerer Häuser, eine auf der Straße liegende Dachrinne Herr Pfarrer hat mir den Auftrag gegeben, dich zu holen." von Blech gaben Zeugnis von zahlreichen Blitzschlägen, wel- „Mutter was soll ich zu Hause tun?" fragte ich. „Für jetzt che die Häuser bedroht hatten. Doch endigte der Schreien kann ich etwas, in der Hauptsache nichts, bin auch noch nie und die Bangigkeit der Bewohner mit diesen geringen Be- auf eine Orgel gekommen." Das wäre sauber, sagte sie, wenn schädigungen. Als schon Dunkelheit eingetreten war, ließ du in den 5 Jahren nichts gelernt hättest. Mir und Präzeptor der Regen nach, und ich verabschiedete mich von Herrn Vet- Wurster gingen die Augen auf, aber zu spät. Wir packten ter Rektor, bei dem ich die ganze Zeit zugebracht hatte. Beim meine Kleider zusammen, verabschiedeten uns noch bei mei- Rathaus kam ich durch ein Gäßchen und bemerkte eine nen Guttätern und machten uns niedergeschlagen • auf den dunkle Masse in der Straßenksandel liegen. Es war bei nähe- Weg. Da erfuhr ich, daß mein Vater nicht krank sei, sondern rer Besichtigung ein Herr vom Domkapitel; ich brachte ihn er habe Streit mit dem Organisten bekommen, welcher er- mit vieler Mühe aus seiner Lage und in den Adler. Der Wirt klärt habe, daß er nie mehr die Orgel spiele. erkannte ihn sogleich und rief: „Ach, Herr Graf, was ist hier Zu Hause angekommen, besuchte ich gleich den Organisten geschehen?" Dieser konnte noch nicht sprechen, ein Arzt und bat ihn, er möchte doch den morgigen Sonntag die Orgel wurde geholt, und ich nach Nennung meines Namens entlas- spielen, da ich noch nie auf einer gewesen sei, doch getraue sen. Einige Tage darauf wurde Herr Wurster zu dem Herrn ich. mir, mich in 8 Tagen so einzuüben, daß ich dann die Grafen von Mannsfelden gerufen. Nach seiner Zurückkunft Steile besorgen könne. Er versprach nun, mir morgen be- sagte er, daß mich dieser als seinen Lebensretter betrachte. hilflich zu sein. Am Nachmittag übte ich mich auf der Orgel, Herr Wurster verfaßte mir auf des Herrn Grafen Geheiß eine fand aber gleich, daß sie kein Klavier sei, zudem konnte ich Bittschrift, in der meine und die Lage meiner Familie ge- kaum Noten lesen, und was ich spielen und singen konnte, schildert wurde. Die Bittschrift mußte ich bei nächster Sit- geschah auswendig. zung des Domkapitels mitten im Saale knieend abgeben. Der Beschluß der hohen Behörde war: Dem Bittsteller wird wö- Am Abend suchte ich des Vaters Schreibpult durch und chentlich 1 fl 30 kr. ausgeworfen, seinen Eltern jährlich 2 fand einen Brief des Lehrers Stoll aus Brunnen in Bayern Klafter Holz auf dem Stock, so lange er hiesige Unterrichts- vom Jahr 1800. Er schrieb meinem Vater, da Emst jetzt 14 stunden besucht. Vom Herrn Grafen aber wurde ich noch Jahre alt sei, so möge man ihn zu ihm schicken, damit er besonders beschenkt mit 4 Kronentalern und einem ganz sein Versprechen, denselben in Musik und im Schulhalten zu neuen Anzug. üben, erfüllen könne. Diesen Brief steckte ich zu mir mit dem Gedanken, fällt es morgen schlecht aus, so machst du Würde ich also die Stadt verlassen oder mich einem H md- dich auf den Weg nach Brunnen. Am Sonntage ging ich mit werk gewidmet haben, so hätten meine Eltern eine beträcht- klopfenden Herzen zur Kirche. Der Organist war da. Er be- liche Einbuße erlitten. Der Vater und ich wollten uns nun gleitete das Asperges und das Predigtlied. Dann legte er mir beim Herrn Vetter Rektor Rat holen. Dieser war zwar schon zum Amt eine deutsche Messe vor und ließ mich nicht weg, einige Wochen krank, heute jedoch war er so schwach, daß ich müsse jetzt spielen. Kaum 2 Takte waren gesungen, als er mit uns kein Wort sprechen konnte. Sein Tod erfolgte nach er immer schrie: „Langsam, langsam!" Mir wurde grau vor wenigen Tagen und niemand war darüber betrübter als ich, den Augen, Gesang und Orgel hörten auf, ich bekam einen da ich einen großen Wohltäter und väterlichen Freund an Stoß, daß ich vom Orgelsitz /egflog, und der Organist griff ihm verlor. ein, Alles schaute um, daß icn hätte vor Scham verkriechen 8 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT Jahrgang 1H57

und versinken mögen. Ich war der letzte aus der Kirche; die Küsse wieder zurück gab. Kein Wunder, daß er nicht viel Zorn, Wut und Scham kämpften in mir. In meiner Kammer heim dachte, noch weniger heim schrieb. bereitete ich mich zur Flucht vor, als meine Mutter kam und Eines Tages kam er in das Wirtshaus zu Brunnen, da war mich zum Essen bat. Sie mußte mich mit Gewalt dahin füh- ein Handelsmann und Verwandter aus seinem Geburtsort. ren, die Vorwürfe meines Vaters waren hart. Ich gab sie zu- Dieser erkannte ihn nicht, als er jedoch seinen Namen rufen rück, weil er nur darauf bedacht gewesen sei, Vorteile aus hörte, drehte er sich nach dem Gerufenen. „So Schlingel, da meinem Aufenthalt in der Stadt zu ziehen, ohne sich ernst- muß man dich treffen" ,war seine Anrede. Der Vetter ließ lich und angelegentlich erkundigt zu haben, ob ich auch etwas ihn nicht mehr los, und so kam Ernst bälder in seine Heimat, lerne. Die Mutter begütigte und tröstete mit der Zukunft, als er dachte. es werde schon besser gehen. Das schlug bei mir nicht an. Gesetzliche Bestimmungen für die Bildung der „Schulin- In meiner Kammer angelangt, nahm ich von meinen Klei- zipienten" gab es damals noch nicht, weder für ihre Vorbil- dern das Nötige in ein Bündel, steckte mein erspartes Geld dung und Prüfung, noch für die Zeit der Aufnahme, der Ent- im Betrag von 46 fl. 48 kr. zu mir und riachte mich davon. lassung und der Anstellung im praktischen Schuldienste. Wer Ich glaubte, eine innere Stimme zu vernel. nen, die mir „nach damals ein Provisorat antrat, konnte nach den Worten eines Brunnen" zurief. Zeitgenossen „gewöhnlich etwas Weniges auf der Orgel zu Bisher erzählte unser Freund seine Jugendgeschichte selbst, klimpern, einen zierlichen Buchstaben hinmalen, mechanisch welche durch die Flucht nach Bayern noch wechselvoller fertig rechnen, etwa die kleinen Kinder das Abc hersagen wurde, als sie bisher schon war. Es bleibt dem Einsender nur lassen und den Stab Wehe mit Anstand führen." noch übrig, von seinen Erlebnissen in Brunnen einige kurze Weiter wird es unser junger Freund auch nicht gebracht Notizen zu geben. Glücklich, wenn auch unter manchen Fähr- haben, da er sich bei seiner Ankunft in der Heimat einem nissen kam der junge Mann bei dem Freunde seines Hauses Waldschützen gegenüber rühmte: „Mit diesem Stutzen habe an. Dieser und der Ortsgeistliche teilten sich in seinen Un- ich mehr als 100 Hirsche und ebensoviele Rehböcke geschos- terricht. Beim Herrn Pfarrer fand er eine höchst liebreiche sen." Diese Waidmannssprache soll durch einen Brief des Aufnahme im Haus und am Tisch während seines l;l/4jähri- Lehrers Stoll bestätigt worden sein. Der dortige Pfarrer war gen Aufenthalts in Brunnen. Die alte Haushälterin gewann demnach ein sehr guter, aber auch schwacher Herr, der es er durch einschmeichelndes Benehmen, daß sie Mutterstelle gerne sah, daß Ernst seine eigene und mit den Söhnen des an ihm vertrat, weshalb es auch passend war, sie „Mutter" dortigen Försters ihres Vaters Jagd beging .„Bist aber auch zu nennen. Ein junges hübsches Bäschen im Pfarrhaus ver- ein so guter Organist geworden, als du Schütze bist?" fragte süßte ihm das Leben noch mehr, sie küßte ihn so lange ab, ihn der frühere Organist. „Morgen," bekam er zur Antwort, bis er — um nicht für einen Stock gehalten zu werden, — „stoßt ihr mich nicht vom Orgelstuhle wie vor l:!/i Jahren." Besitzveränderungen vor 150 Jahren

Durch die Rheinbundakte vom 12. Juli 1806 wurden die 3. Die den Freiherrn von Speth gehörigen Herrschaften Gam- Fürstentümer Hohenzollern-Hechingen und Hohenzollern- mertingen und Hettingen. Dazu gehörten die Dörfer Feld- hausen, Harthausen, Kettenacker, Neufra mit Freuien- Sigmaringen souverain. Mit dem Fürstentum Hohenzollern- weiler, Hermentingen. Ferner die Höfe Birkhof und Lusthof. Sigmaringen wurden vereinigt: 4. Die fürstlich fürstenbergischen Besitzungen Trochteifingen und Jungnau. Zur Herrschaft Trochteifingen zählten Troch- 1. Die Herrschaften Achberg und Hohenfels, die zur Kom- teifingen, Steinhilben, Salmendingen, Meldungen und mende Altshausen des deutschen Ritterordens gehörten. Ringingen. Zur Herrschaft Jungnau gehörten Jungnau, Die Herrschaft Achberg umfaßte das Schloß Achberg, die Inneringen, Hochberg, Blättringen, Oberschmeien. Unter- Weiler und Höfe Bahlings, Baindt, Bufflings, Doberats- schmeien, Storzingen, Vilsingen, Dietfurt und Nickhof. weiler, Duznau, Ewelitz, Esseratsweiler, Frauenreute, Gun- Tiergarten, das zur Herrschaft Meßkirch gehörte, kam deratsweiler, Isigatsweiler, Liebenweiler, Pechtensweiler, ebenfalls zum Fürstentum Sigmaringen. Regnitz, Siberatsweiler und Stohreute. 5. Die fürstlich Thum- und Taxis'schen Besitzungen Ostrach 2. Die Klöster Habstal und Wald wurden säkularisiert. Zum und Straßberg. Zur Herrschaft Ostrach zählten: Ostrach: Kloster Habstal gehörten die Weiler Eymühle und Bern- Einhart, Levertsweiler, Magenbuch mit Lausheim, Spöck, weiler. Das Kloster Wald besaß die Dörfer Reischach, Gais- Tafertsweilcr mit Bachhaupten, Eschendorf und Günzen- weiler mit Tautenbronn, Walbertsweiler, Dietershofen mit hausen sowie ein Anteil an der Gemeinde Burgau bei Buffenhofen, Rotenlachen, Igelswies, Ringgenbach, Riedets- Riedlingen, der Hof Arnoldsberg und das Försterhaus weiler, Otterswang mit Weihwang und Litzelbach, Ruhe- Junghof. Zur Herrscnaft Straßberg gehörten Frohnstetten stetten, Kappel, Hippetsweiler mit dem Hof Steckein. und Kaiseringen.

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Einer von den Hirten, der das Gloria und die Engelskunde den Weg zur Krippenhöhle. Das Schäflein kannte den Weg vernommen hatte, lief, bevor er zur Kirche eilte, heim zu genau und führte den blinden Knaben getreulich hin. Als er seiner Frau. Es waren sehr fromme Leute, und sie hatten dem Stalle nahe kam, begann das Schäflein laut zu blöken. nur ein blindes Kind von sieben Jahren. Keuchend vom Lau- Das blinde Kind aber tastete sich vor und rief: „Wo ist der fen, stand der Hirte mitten in der Nacht an dem Bette seiner Heiland? Gebt mir sein Händchen zu fühlen!" Wie er so Frau, weckte sie und bat, doch eilends mit nach Bethlehem rief, schauten seine Eltern aus ihrer Anbetung auf und zum Stall zu kommen, da sei der Heiland geboren. Die gute wunderten sich, daß der kleine Blinde allein den weiten Frau war im Augenblick fertig, sah noch eben nach ihrem Weg gemacht und richtig den Stall gefunden hatte. Sie schlafenden Knaben, schloß leise und gut die Tür und eilte führten ihr Kind zum Kripplein hin und baten das Jesus- zum Stalle hin. kind um seinen Segen. Die Muttergottes aber legte Jesuleins Das Kind aber schlief nicht. Es hatte jedes Wort der Eltern zarte Händchen auf die blinden Augen, und siehe da — der gehört und freute sich wie ein König. Kaum waren die El- Knabe hob den Kopf, rieb sich die Augen und sah. Zum tern fort, da erhob sich der Knabe, kleidete sich an und erstenmal sah er seine Eltern und weinte mit ihnen vor tastete sich zum kleinen Stalle hin, wo sein Schäfchen schlief. Freude. Dann zog er seine Flöte aus dem Röcklein und Er weckte das Tier, band ihm den roten Schellenzügel um, spielte dem Jesuskind die allerschönsten Lieder. schloß wiederum sorgsam die Haustür und machte sich auf Heinrich Kautz. Jahrgang 1957 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 9 ii. reu Melchior Binder, ein Ostracher Künstler

von Pfarrer G. Moser Eines Tages sagte zu mir ein Kunstkenner, nachdem er der Jahreszahl 1638 signiert ist, wird ihm zugeschrieben. lange sinnend und betrachtend vor dem Ostracher Anaa- Mitten im 30jährigen Krieg, als Ostrach jahrelang keinen Selbdritt-Relief, das jetzt im Hochaltar angebracht ist, ge- eigenen Pfarrer hatte und fast entvölkert war, wurde dieses standen war: „Herr Pfarrer, mit zu dem Schönsten, was Werk uns geschenkt. Melchior Binder geschaffen hat, gehört die Gruppe der Selb- Was hat Melchior Binder i n und u m Ostrach geschaffen dritt in Ihrer Pfarrkirche." und was ist noch vorhanden? Da ist zuerst die schon oben Wer ist nun der Künstler, der das schöne Werk uns ge- angeführte Selbdritt-Gruppe in der Pfarrkirche zu Ostrach schenkt, wer ist Melchior Binder? Er ist ein Künstler, dessen zu erwähnen. In den Salemer Rechnungen wird der Anna- Name vergessen war und der erst in neuester Zeit, besonders Altar angeführt, den Melchior Binder 1595 für Ostrach ge- durch die Dissertation von Dr. H. Hell unter Professor Weise- liefert hat. 86 Gulden hat er dafür bekommen, eine ver- Tübingen ans Tageslicht kam. Uns muß dieser Künstler aus hältnismäßig kleine Summe. Diese noch vorhandene Selb- der Zeit der Gegenreformation besonders interessieren, weil dritt-Gruppe dürfte wohl das Mittelstück jenes Altares von er ein Jahrzehnt in Ostrach gelebt und gewirkt hat. Auf sein 1595 gewesen sein. Maria und Anna sitzen, von Engeln be- fruchtbares Schaffen i n und u m Ostrach möchten diese gleitet, vor einem Vorhang, über dem Gottvater und der Hl. Zeilen hinweisen. Geist in Gestalt einer Taube in Wolken erscheinen. Das Christuskind rutscht vom Knie der Mutter Gottes zur hl. Das Geburtsdatum von Melchior Binder ist uns nicht be- Anna hinüber, die dem Kind einen Apfel entgegenhält. Wie kannt; er ist etwa um 1555 geboren, und zwar in Hunder- oft erleben wir dieselbe Szene im täglichen Leben — Groß- singen. Da es drei Orte dieses Namens in den Kreisen Saul- mutter, Mutter und Kind. — Voller Freude schaut Gottvater gau, Ehingen und Münsingen gibt, kann nicht eindeutig be- diesem Idyll zu. stimmt werden, welches Hundersingen der Geburtsort ist. Doch kann der in der Nähe von Riedlingen gelegene Ort Wir haben schon gesagt, daß das erste große WerK Binders die größte Wahrscheinlichkeit für sich in Anspruch nehmen. das Chorgestühl im Kloster Salem war. 58 Heiligenreliefs hat er geschaffen, die die Rückwand der einzelnen Plätze 1585 wird Melchior Binder zum ersten Male erwähnt. Er schmückten. Ein großer Teil davon ist verloren gegangen, beginnt damals mit den Arbeiten am Chorgestühl für das als das neue Chorgestühl das alte ablöste. Es ist sehr wahr- berühmte Cisterzienserkloster Salem. — Als Helfer steht ihm scheinlich, daß die vier Halbfiguren in den schönen Neben- der Schreiner Jakob Schwegler von Ostrach zur Seite. — altären in der Ostracher Pfarrkirche, — Don inikus, Katha- Und im Dienste dieses Klosters stand der Künstler jahr- rina usw. — von dem ehemaligen Salemer Chorgestühl und zehntelang. Etwa um 1593 läßt sich Melchior Binder in damit aus der Hand Melchior Binders stammen. Im Ostracher Ostrach nieder. Ostrach und Umgebung gehörten zum Kloster Pfarrhaus sind zwei Werke Binders vorhanden. Das eine ist Salem. In Ostrach taucht sein Name immer wieder auf. ein Salvator, der in der alten Kirche den Auf ersteh ungs- Zwar heißt es in den Rechnungen nur: „ ... dem Bildhauer altar in der Osterzeit krönte. Das andere ist ein sehr schönes von seiner Arbeit geben.... 5 Gulden usw." Gemeint ist Kruzifix von beachtlicher Größe. damit ohne Zweifel Melchior Binder. 1604 wird er noch ge- nannt; er zieht dann nach Ehingen/Donau, wo er ebenfalls Bis vor 60 Jahren standen in Ostrach noch drei Bindersche eine reiche künstlerische Tätigkeit entfaltet. Am 28. Sep- Heiligenfiguren, die nach dem Bau der neuen Kirche 1897 tember 1616 ist Melchior Binder dort gestorben. Zu bemer- in die Filialkapelle Kalkreute kamen. Es handelt sich um ken ist noch, daß dieser Ostracher Künstler zwei Söhne hatte. einen hl. Georg, einen hl. Bernhard und um die hl. Katharina. Der eine wurde Mönch in Zwiefalten, der andere, mit dem Letztere trägt so sehr die Gesichtszüge und die Gewandung Namen Zacharias, setzte den Beruf des Vaters fort und wurde der Mutter Gottes aus dem Anna-Altar in Ostrach, daß Dr. Bildhauer. Von ihm stammt u. a. der Hochaltar in Weißenau. Hell sie eine Schwester der Ostracher Mutter Gottes nennt. Zacharias Binder war auch als Maler tätig. Das schöne Chri- Vielleicht sind diese Kalkreuter Figuren ursprünglich in Ver- sti-Himmelfahrtsbild in der Pfarrkirche zu Ostrach, das mit bindung mit dem Ostracher Anna-Altar gestanden. Wenn wir den Weg von Kalkreute nach dem nahen Pf irr- dorf Burgweiler nehmen, finden wir in der dortigen Pfarr- kirche — Kirchenpatron ist der hl. Blasius — zwei Figuren, die wir sofort als Bindersche Werke erkennen; eine Madonna und einen hl. Blasius. Aus den Ostracher Rechnungen von 1604 erfahren wir, daß Melchior Binder einen Altar in die dortige „Kruft" verfertigt hat. Bekanntlich liegt in Burg- weiler unter dem Chor der Kirche eine frühromanische Krypta. Zwar findet sich in dieser Gruft kein Altar mehr, aber die beiden genannten Figuren, die jetzt im Langhaus stehen, dürften wohl als Reste jenes Altars angesprochen werden. Auch ein hl. Gregorius in der Filialkapelle im nahen

Anna-Selbdritt in der Pfarrkirche zu Ostrach Altar in Kappel (Hohenzollern) von Melchior Binder - 1395 von Melchior Binder - 1595 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957

Waldbeuren stammt aus der Hand Melchior Binders. Er hat oder der „Kappeler Kerbe" vor dem Altare kniete, daß ich wahrscheinlich wohl einst zu dem Altar in Burgweiler ge- mich immer wunderte über die vielen geschnitzten Kopfe, hört; den Weg von der Pfarrkirche in die Filialkapelle hat die da zu sehen waren. Es handelt sich um einen Allerhei- dieser wohl in ähnlicher Weise gefunden wie die Kalkreuter ligen-Altar. — Der Erlöser umgeben von der großen Schar Figuren; Filialkapellen wurden oft der „Abstellraum" für der Heiligen. — In der Mitte steht der Auferstandene mit überzählige Statuen in der Pfarrkirche. Kreuz und Segensgestus dargestellt, den Fuß auf einem To- tenschädel. Der Salvator aus dem Pfarrhaus in Ostrach ist In der Nähe von Ostrach liegt das Dorf Magenbuch; es ihm vollständig ähnlich, so daß man beide auswechseln könnte, gehörte einstens wie Ostrach und Burgweiler zum Kloster ohne daß nach außen hin eine große Veränderung zu be- Salem. Und auch in Magenbuch finden wir eine Statue von merken wäre. Rechts und links knien Maria und Johannes, Melchior Binder, einen hl. Paulus. Offenbar hat der Künstler Petrus und Paulus und dahinter dann die anderen Heiligen. ihn als Gegenstück zu einem hl. Petrus geschaffen, der be- Darüber erscheint Gottvater-und die Taube — umgeben von deutend älter ist als das Werk Binders. Beide stehen heute Wolken —, ein Bild, das wir vom Anna-Relief in Ostrach an der Rückwand des Chores, rechts und links vom Hoch- kennen. Zwei Statuen rahmen die Gruppe ein, der hl. Cy- altar. Aus den Ostracher Rechnungen von 1604 ersehen wir, prian und der hl. Markus, in der Wiedergabe der Kleider- daß der Bildhauer auch für Magenbuch gearbeitet hat. falten ganz Bindersche Art. Es ist eine verhältnismäßig reiche Sammlung von Werken Noch ein schönes Werk von Melchior Binder finden wir in Binders, die wir in und um Ostrach finden. Wie viele mö- Hohenzollern, nämlich in Veringenstadt. Es handelt sich um gen im Laufe von 360 Jahren verloren gegangen sein! eine Pieta in der Peterskapelle, oberhalb des Städtchens. Wahrscheinlich war sie ursprünglich nicht für diese Kapelle Ein Altar des Ostracher Künstlers ist noch ganz vorhan- bestimmt, und das Gnadenbild der schmerzhaften Mutter den; er steht in der Filialkapelle in Kappel, Pfarrei Wal- Gottes im benachbarten Maria Deutstetten ließ wohl diese bertsweiler. Kappel selbst war einstens im Mittelalter eine schöne Pieta von Binder nicht in den Vordergrund gelangen. eigene, weitverzweigte Pfarrei und gehörte zum Cisterzien- serinnenkloster Wald (Klosterwald) und damit zur Oberho- Was Melchior Binder in Riedlingen, Heiligkreuztal und vor heit von Salem. Es lohnt sich, diesen schönen Altar in Kap- allem in Ehingen geschaffen hat, sei nur kurz erwähnt. Wir pel zu betrachten. Ich erinnere mich gut, wenn ich als Mini- wollten nur seine Werke i n und u m Ostrach sehen und sein strant von Walbertsweiler aus anläßlich der Bittprozession Können und seinen Fleiß bewundern. Straßennamen

Gewiß ist es die Hauptaufgabe eines Heimatpflegers, altes Wehr, in der Aue, auf dem Wasen, in der Schafswiesen, auf Sprach- und Kulturgut zu erforschen, dann seine Forschun- dem Kapf, dem Kopf, dem Hügel, dem Bühl, unter der gen und Erkenntnisse zu veröffentlichen und das Gedenken Halde, der Rampe, dem Hang, auf dem Känzele, in der an Erinnerungswertes zu erhalten. Schlucht zum oder im Wiesental (nicht Wiesentalstraße!). Es ist aber auch seine Pflicht, Dinge und Einrichtungen An frühere landwirtschaftliche oder handwerkliche Betä- zu beobachten, die sich wandeln, im Zug der Zeit wandeln tigung der Bewohner kann man erinnern: im Baumgarten, müssen, damit er die leicht schwindende Erinnerung in der am Grenzacker, auf den Hagenwiesen, im Hofle, auf der Mit- und Nachwelt aufhält. Er soll daher mitwirken, daß Gänsheide. Mit Bezeichnungen: auf der Käppeleswiese, am Veränderungen nicht nur zweckmäßig sind, sondern auch Kirchengarten, beim Pfarracker, am Herrenwäldchen, in der dazu dienen, die Heimatliebe zu fördern; er soll dem mo- Mühlengasse, auf der Flachshalde, in der Brechgrube, auf dernen Zug zu kalter, herzloser Sachlichkeit entgegenwirken, dem Zimmerplatz u. a. kann man der Nachwelt die Erin- Formen suchen, die geeignet sind, Freude an der Heimat, am nerung an Zustände und Einrichtungen erhalten, die schon Heimatdorf zu wecken, Wurzellosgewordene im alten oder fast vergessen sind und den kommenden Geschlechtern ent- gar im neuen Heimatboden zu festigen. In diesem Sinne schwinden. Darum aber muß es der Heimatpflege besonders möchten die folgenden Gedanken zur Benennung der Orts- zu tun sein, in Erinnerung zu halten, was für den Ort, seine straßen verstanden sein. Geschichte und Entwicklung bedeutungsvoll war. In Dörfern und kleinen Städten genügte es bisher, die vor- handenen Häuser oder Gehöfte mit Nummern zu versehen, Alte Bezeichnungen von Gassen und Vierteln, wie sie schon „m für Verwaltung, Post, Kataster u. a. Uebersicht zu schaf- immer im Volksmund gängig waren, dürfen keineswegs ver- fen. In neuerer Zeit müssen indessen auch viele, einst klei- schwinden, selbst wenn aus diesem oder jenem Grund sich nere Gemeinden dazu übergehen, ihre Straßen und Wege zu ein verächtlicher Gemüts wert angehängt haben sollte. Be- benennen und neu zu benummern. Ihr Raum hat sich ge- sonders dann ist auf solche Namen zu bestehen, wenn sie weitet; an den verschiedensten Ecken wird gebaut, sodaß es unerklärlich oder lautlich verschlissen sind. Wie leicht ent- beschwerlich und zeitraubend ist, nach den wachsenden Zif- deckt ein Geschichtsforscher in späterer Zeit einmal in einer fern Häuser in oft weit auseinanderliegenden Ortsteilen zu alten Urkunde das Wort und seine Erklärung. Ist das Wort finden. Die Bevölkerung hat sich vermehrt; durch Zuzug von vergessen, kann auch der Sprach- oder Geschichtsforscher Arbeitern, Angestellten, Eingliederung von Vertriebenen und den Fund nicht verfolgen, nicht örtlich festlegen, den Zu- Rückwanderern sprießen ganze Siedlungen aus dem Boden. sammenhang der Aktennotiz nicht mehr erklären. Dehnt sich Ganze Täler füllen sich mit Industrieanlagen und Wohnhäu- der Ort über die nächsten Wiesen oder Aecker aus, muß un- sern. Besucht man solche Ansammlungen, muß man leider fest- bedingt in einem Straßennamen der alte Flurname festge- stellen, daß fast alle Wege mit dem Grundwort „Straße" halten werden, möglichst in der gängigen Lautung, nicht in gebildet sind. Das ist langweilig, ja lieblos. Man beschränke hochsprachlicher Umformung; das ist für spätere Orts- und das Grundwort „Straße" möglichst auf die wenigen Aus- Flurnamenforschung von Wichtigkeit. fallstraßen. Verbindet man das Grundwort mit dem Namen Auch auf früheren Bestand an Bäumen oder Gebüsch sollte der nächsten größeren Stadt, dann erleichtert das die Orien- hingewiesen werden. Anheimelnd sind Bezeichnungen wie: tierung für die Durchreisenden, lenkt und flüssigt den Ver- Beim Bauernwäldchen, am Tannenbusch, im Berghölzle, in kehr. Sonst aber bieten sich doch so viele andere Grund der Rodung, am langen Hau, am roten Baum, an der Wet- Wörter an, wie Weg, Gasse, Pfad, Steg, Steige usw. Das ist terbuche, unter den Linden, zu den sieben Kirschbäumen, abwechslungsreich und erleichtert dem Fremden das Auf- am Birkenschlag, im Hart, am Holderbusch. finden. Auch Tiernamen eignen sich als Bestimmungswörter, be- Dazu dienen auch Bezeichnungen nach der örtlichen Be- sonders wenn man als Grundwort die langweilige Straße ver- schaffenheit, z. B. Am Waldsaum, am Tanneck, an der Ga- meidet: Rabenweg, Krähenberg, Hirschgraben, Katzensteig, belung, am Rain, an der Steige, am Knie, am Rechteck, am Fuchsloch, Entensteg, Hasenpfad, Amsel-Nachtigallen-Weg, Dreieck, an der Kehre, am scharfen Eck u. v. a. Meisenschlag, Sperlinggasse. Zur Lenkung des Verkehrs können auch hervorstechende Selbst große Städte sind inzwischen schon dazu überge- Bauwerke dienen: Bei der Apotheke, bei der Mühle, am gangen, die neuen Straßen ganzer Viertel nur nach Bäumen, Schloß, beim Rathaus, Bräuhaus oder Spritzenhaus, am Was- Beeren oder gar Blumen zu benennen. Eichen-Buchen-Bir- serwerk, am alten oder hohen Turm, am Schieß- oder Schei- ken- und Lindenwege leiten über Ahorn- und Wacholder- benstand, an der Burgmauer, am Steinkreuz, am hohen oder pfade zu Brombeer-, Himbeer- und Erdbeerwegen. Rosen- roten Haus, beim Spittel. weg, Veilchengasse, Nelkenpfad, Schlehenhang und Nägele- Bildungen mit Wasser oder nach der Bodenform bieten steig beleben die Eintönigkeit, Der Phantasie des Bürgeraus- sich an: An der Lache, bei der Hübe, an der alten Furt, am schusses ist keine Grenze gesetzt. Sind ganze Ortsteile unter Jahrgang 1957 HOHK.ZOLLEKISCHE H-E I M A T 11

gemeinsamen Uebergriffen zusammengefaßt, ist es für den Dann erfährt mancher Dorfgenosse oder Fremde davon, der Fremden leicht, sich zurechtzufinden. Pflanzen die Gemein- bisher achtlos durch die Straße gegangen ist, die Jugend wird den oder die Anwohner ihre Wege noch entsprechend an, angespornt, es dem bedeutenden Manne nachzutun, jeden- weckt solches Tun zu sinniger Freizeitgestaltung, zu selbst- falls aber gerät sein Andenken bei späteren Geschlechtern loser Verschönerung der Gemeinde, weckt Liebe zum Vater- nicht in Vergessenheit. haus und der Heimat. Auch Straßennamen zeugen vom Auch die Ortsgeschichte kann in kurzen Linien, am besten Werdegang und der Gesinnung ihrer Bewohner. Es ist poe- in einem geschlossenen Ortsteil, festgehalten und geehrt tischer, an einem Rosenhag zu wohnen oder durch den Nach- werden. Es lassen sich geschichtliche Namenreihen in ver- tigallenweg zu spazieren, als durch eine enge Gasse, die sich schiedensten Formen finden, angefangen von den Kelten protzig Straße nennt. über Sueben, Römer und Allemannen, über Werdenberger, Verdiente Männer unseres Volkes durch Straßennamen zu Veringer und Zollern bis zum Südweststaat, und was sonst ehren, ist durchaus anerkennenswert. In dieser Hinsicht kann die wechselnde Geschichte an Herrschaften und Hoheits- man ganze Dichter-, Musiker-, Gelehrten- und Politikervier- wechsel gebracht hat. tel anlegen. Man tut aber wohl besser, großen Städten solche Sudetenstraße, Schlesierwege und andere Gassen können, Ehrungen zu überlassen. Es braucht nicht jede Gemeinde besonders bei geschlossener Ansiedlung von Heimatvertrie- eine Schillerstraße oder Richard-Wagner-Straße zu haben. benen, späteren Geschlechtern von unseren Notzeiten kün- Besonders vorsichtig sei man mit Persönlichkeiten, deren ge- den. Manch eine Familie ist aus Siebenbürgen oder anders- schichtliche oder künstlerische Schätzung noch unsicher oder woher gekommen, deren Vorfahren aus dem einen oder an- umstritten ist. Es kann leicht vorkommen, daß der nächste deren Ort unserer Heimat einst ausgewandert sind und Gemeinderat die Straßennamen wieder ändert. Das ist dann deren Familienname sogar den Stammort verrät. Wenn jene peinlich, lästig und kostet den Steuerzahler Geld für die Auswanderer geschlossen dort unten gesiedelt haben, könnte Beschaffung neuer Schilder. der verlorene Name ihres Dorfes bei uns festgehalten wer- Anders dagegen ist es mit der Ehrung verdienter Mit- den. Auch geschichtliches Denken tut uns not; es weckt Bür- bürger, deren Verdienste um die Gemeinde feststeht. Man gersinn und Heimatliebe. vermeide dabei aber Langnamen mit drei und mehr Binde- Unsere Vorschläge sind natürlich nicht erschöpfend; sie strichen wie etwa: Bürgermeister Karl-Josef-Metzgerhuber. sollen nur anregen, auch Straßen und Plätze im Sinne der Wenn der Wohlklang es erfordert, nehme man notfalls nur Heimatpflege zu benennen. Ortsgemeinden haben es heute den Vornamen, sonst den einfachen Familiennamen, auch leicht, planvoll dabei vorzugehen. Stadtgemeinden sind meist wenn er im Dorf oft vorkommt; dafür bringe man unter die durch alte Namen behindert; für neue Siedlungen aber Bezeichnung ein Schild mit den Geburts- und Sterbedaten könnten auch ihnen die Leitsätze ab und zu dienlich sein. und eine kurze Erklärung der Bedeutung des Geehrten an. Dr. E. F. Aus Salmendingen

von Joh. Ad. Kraus I. Weithin schaut unser „Kornbühl" mit seiner Annakapelle zahl 1687 zeigen. Um 1730 wird ein Haus auf dem D a n z - ins Land. Schon im Jahre 1507 wird sie erstmals in einer K r e e b aufgeführt, was umso interessanter ist, weil auch Ringinger Urkunde als bestehend erwähnt. Im Jahre 157z im benachbarten Ringingen ein Tanzplatz im Kreben be- hat man 415 Pfund 16 Schilling und 10 Heller daran verbaut, stand, und in Meldungen und Stetten u. H. kannte man oder was etwa 11 400 Goidmark ausmachen würde und fast einen kennt man einen Kreben, d. h. einen mit Flechtzaun umge— Neubau vermuten ließe, zumal der heutige Bau auffällig gebenen Dorfplatz. Ein anderes Haus hieß 1730 das Klö- lang erscheint. Schon 5 Jahre zuvor ist in der Heiligenrech- ster 1 e. Ob es mit dem ehemaligen Hof des Oohanniter- nung vom Bau oder Reparatur eines „Heiligenhüßlin" die hauses Starzein dahier zusammenhing? Die Gemarkung faßt Rede, was nach damaligem Sprachgebrauch Kapelle be- 2077 ha und 75,69 ar. deutet. Vielleicht handelt es sich aber auch um „St. Ottilien", Pfarrer Friedrich Eisele, der 1941 hochbetagt in Sigmarin- auf Kai, von dem man freilich annehmen kann, daß es nur gen starb, hat viele unser Dorf betreffende Nachrichten zu- ein Bildstock war, der 1530 genannt ist. Ein weiterer, der sammengestellt und die Pfarrchronik zweimal geschrieben. Märtyrer genannt, erscheint noch später im Unteren Den Ausdruck „Wucherrind" früherer Beschriebe wollte er Esch. Vielleicht ist er identisch mit dem „Greinsbild" der mit Judenwuciier zusammenstellen, doch bedeutet der Aus- alten Grenzmarke zwischen Freibirsch und Uracher Forst. druck nur den Hagen oder Zuchtstier, während der Hengst (Vgl. HeimatWänge des „Zoller" 1936, S. 1). Den Seitenbau „Maiengaul" hieß. auf dem Kornbühl hat Pfarrer Werner (s. u.) für die Musi- kanten errichtet Im Jahre 1936 fand man am Fuß des Ke- II. Einer der bekanntesten hiesigen Pfarrer war Mat- gelberges bei Verlegung der unteren Stationen, die 1886 er- thäus Werner vom Städtlein Fürstenberg Er wirkte richtet waren, die Fundamente eines kleinen Hauses. Somit 1743 bis 2.u seinem Tod 1779 und hat 1746—47 die heutige ge- scheint der seit 1705 nachweisbare Eremit zeitweise hier un- räumige Pfarrkirche erbaut. Auch das Pfarrhaus wollte er ten und nicht oben auf dem Gipfel Östlich der Kapelle ge- neu erstellen, was jedoch sein Tod verhinderte, so daß dem wohnt zu haben, wo das Häuschen erst 1872 abgebrochen Nachfolger Valentin Mayer aus Möhringen diese Auf- wurde (H<~>henz. Primat 1951, S. 26 und 48). Das Vermes- gabe zufiel. Wir verdanken Werner eine Reihe wichtiger sungsgerüst vom Kornbühl hat 1897 der Schwäbische Alb- Nachrichten, die Eisele sorgfältig sammelte. Das frühere verein auf das 901 m hohe Köbele verlegt, jähr darauf das Pfarrhaus samt Scheuer war am 18. März 1649 in Flammen oberste Stockwerk und die Stiegen errichtet und diesen Aus- aufgegangen. sichtsturm am 25. September 1898 eingeweiht. Schon 1912 Die neue Kirche wurde am 16. August 1747 eingeweiht. Der ging er wieder ab, weil er nur aus Holz bestand. Die Flur Konsekrator, Weihbischuf Franz Karl Josef Fugger, Graf um den Kornbühl heißt merkwürdigerweise Korningen, von Kirchberg und Weißenhorn,brachte seinen Kaplan Franz was wie ein alter Ortsname aussieht Die mundartliche Form Ignaz Halder mit, sowie einen Kammerdiener und 2 Be- „Kornenbühl" entstand vielleicht aus Korningenbühl; dienstete. Dem Bischof wurden vom Heiligen „30 fl. 40 kr. oder ist ein Hornbühl gemeint? veröhrt", dem Kaplan 4 fl. 14 kr., dem Kammerdiener 2 fl. 8 kr. und den beiden Bediensteten zusammen ebensoviel. Der Man muß schon sagen, unsere Vorfahren hatten Gemüt! Kirchenbau Kostete 9 633 fl., 37 kr. und 3 hlr. (ca. 38 534 Gold- Sonst hätten sie nicht im Jahre 1789 auf den Dorfbrunnen mark). Der Plan stammte vom Hofpalier Franz Singer beim „Adler" eine so poesievolle Statue des hl. Johannes von Meßkirch (wir gehörten bis 1806 zu Fürstonberg). Das Nepomuk gestellt, Sie wurde von Hechingen bezogen und Hochaltarbild al fresco malte 1753 Michael Hug von kostete 10 fl. (Gulden). Dabei erhielt der Bildhauer noch für Straßburg für 250 fl. zuzüglich Speis und Trank. Der Taber- Anstreichen unc Aufrichten 1 fl. 7 kr. Die Kosten trug die nakel stammte 1749 von Franz Anton Korb von Mühl- Gemeinde, und das Dorfgericht gab aus Freude weitere 6 fl. heim a. D., gefaßt 175? vonj ohann Bapt. Bommer von dazu. Wir möchten die schlichte Figur auf dem laufenden Trochtelfingen. Beide Nebenaltäre fertigte Schreiner Josef Brunnen nicht mehr missen, auch wenn längst eine bequeme N e s e r von Ringingen um 150 fl. Sie wurden samt der Kan- Hauswasserleitung eingerichtet ist. Die ehemalige Badstube zel von obigem Bommer 1756 um 292 fl. 30 kr. gefaßt. Beide von 1567 (Hoh> H. 1956, 16) ist längst eingegangen. Sie stand Altarblätter stammen von Franz Josef Spiegier von an Stelle des Hauses vom Bäcker Josef Hirrlinger. Auch ein Riedlingen, der 1753 dafür 250 fl. erhielt. Die oberen kleinen Spitell wird in alten Schriften erwähnt, wohl eine Art Ar- Altarblättle lieferte Maler Franz Xaver Hermann menhaus, da wo jetzt des Gabriel Henkels und der Geschwi- von Rottenburg um 15 fl. Die "eichtstühle von Neser koste- ster Riescher Häuser aneinander gebaut sind, und die Jahres- ten 1751 zusammen 28 fl. 22 kr. Die Kanzel war schon einmal 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957

1748 von Franz Josef Katzenmayer von Riedlingen um 80 fl. Schwiegermutter gegangen, um 1 fl. zu einer schwarzen gemalt gewesen. Die Apostelreihe (mit dem Namenspatron Fahne. (In diesen Strafen wurden damals die Pfarrer durch Franz Xaver) an der unteren Empore, sowie an der oberen die fürstenbergische Regierung unterstützt!) Mit dem er- die 9 Chöre der Engel samt den Patriarchen Jakob und Kö- wähnten Schultheiß, der 1694 in Ittenhausen (Pfarrei Wald- nig David schuf schon 1749 für 44 fl. 41 kr. der Maler Franz stetten) • geboren, und in Salmendingen 30 Jahre Schultheiß Ferdinand Dent von Konstanz. (Die obere Empore ist war, bis er 1761 als Kreuzwirt starb (Vorfahr der Lamm- heute leer.) Dieser malte auch später die ganze Decke, wie wirtsfamilie) stand Werner überhaupt auf dem Kriegsfuß. Er wir sie noch sehen, und hat von hier seine Frau Apollonia sagte gelegentlich von ihm, er habe den Beruf wie die Mük- Henkel geholt, mit der er am 28. November 1769 :n Ringin- ken und Schnaken, die Leute zu plagen! Die Kommunion- gen von seinem geistlichen Onkel, Pfr. Bitzenhofer, getraut zettel zog der Pfarrer persönlich in den Häusern ein. Er wurde. Letzterer hat ihn sicher in der hiesigen Gegend be- berichtet, dabei in verschiedenen Wohnungen kein Kruzifix kannt gemacht. (Mitt. Hohenzoll. 63, 1932, S. 30—52). gesehen oder zerrissene, auch verbotene Bücher gefunden zu Der Merkwürdigkeit halber sei erwähnt, daß der Heilige haben. Im Jahre 1770 predigte er 28 mal über das Leiden im Jahre 1756 vom Hechinger Juden Mayer Levy einen Christi und 1771 ebensoviel mal über das Altarssakrament. Rauchmantel für 18 fl. kaufte. Die Standesbücher hat er geradezu musterhaft geführt, doch sind sie erst seit 1700 erhalten, weil die Angehörigen eines Bezüglich der Landwirtschaft schreibt Pfr. Werner, man früheren Pfarrers sie mit dessen Nachlaß mitgenommen ha- benötige auf der Alb 6 Stiere oder Pferde, kaum weniger, ben sollen. Merkwürdigerweise hat Werner die Kinder von wenn die (Pfarr-)Aecker sollen gehörig umgetrieben werden. Taliieim, die von katholischen Eltern geboren und von luthe- „Es ist nicht ohne Mitleiden anzusehen, wenn auf einem rischen Pastoren getauft waren, nachträglich mit dem Kate- Acker 7—8 elende Stierlein einen noch dazu ungeschickten chumnen-Oel und Chrisam gesalbt. Am 25. März 1709 pre- Pflug schwankend und zitternd daherziehen und doch unter digte er (4. Fastensonntag): „Parum foeni, multum odii in tyrannischen Schlägen und fürchterlichem Geschrei kaum die Salmendingen" (Es gibt wenig Heu, aber viel Haß in S.). Hälfte in doppelt so viel Zeit zuwege bringen, als ein Paar Drei Jahre darauf hatte er Wegzugs-Gedanken, tröstete sich starke und gut gehaltene Ochsen schaffen." An anderer aber dann mit der „Nachfolge Christi", die sagt: „Aendere Stelle beklagt er sich bitter über die Gleichgültigkeit, Lässig- deinen Sinn, nicht deinen Platz!" keit und den Schlendrian in Behandlung der Felder, na- mentlich der Gemeindegüter bezw. Allmende. Die sog. Vieh- Um jene Zeit war Sitte, daß der Pfarrer den Mesner und weide sei „bei der großen Macht der Vorurteile und altem Schultheißen viermal im Jahr zum Mittagessen lud. Wie dies liederlichen Herkommen voller Koppen und Maul- bei der gespannten Lage zuging, ist nicht ersichtlich. wurfshaufen mit Mies und Filz bewachsen, wo kein Beim Pfarrhaus im Grasgarten hat Werner eine Kegel- grünes Gräslein hervorkommen kann. Andere Plätze sind bahn angelegt, auch eine Allee mit Gartenhaus (Tuscu- überzogen mit Dornhecken. Die Vorsteher der Gemeinde S. lum) und Brünnlein erstellt, das ihm jedoch der Troch- tun aber nichts. Die armen Einwohner wünschten es, aber telfinger Obervogt auf Betreiben des Schultheißen wieder jene tun keinen Zug, da sie keinen Magen dazu haben und wegsprach. den Armen nichts gönnen. Diesem Abschaum unnützer Men- Von sich selber schreibt der Pfarrer: „Gleichwie ich kein schen gehört statt der Liebe ein scharfes Traktament vBe- Cicero bin, sondern einer von den kleineren „Götter" der handlung.) Aber sie lachen hierzu. Ich selbst getraute mich, Völker, der einen Plebanus oder Leutpriester ohne große jährlich ohne die Sache zu exagerieren, 1000 Garben Korn Irrtümer agieren kann. An Person, Mundstuck und Mitteln und ebensoviel Haber auf der Salmendinger Allmende zu fehlt es mir, Gottlob, nicht. Zudem hab ich vieles gelesen, erbauen, ohne dem Viehfraß (der Weide) Schaden zu tun, wie aber von anno 1716 bis 1730 wenig studiert. Nachdem ich solches auch in Meldungen geschehen ist. schwarz gefärbet war, ging es besser, aber nur von fahren- Im Jahre 1743 herrschte in Salmendingen und fast ganz den Gesellen (individuis vagis). Von dem jure Pontificio war Europa eine Seuche, bei der sehr viele Stück Vieh zu Grunde ich kein Liebhaber, und die Gewissensfälle (Casus conscien- gingen. 1749—51 war eine Pfarrwiese auf dem Oberen Schöm- tiae), von denen das Schulgezänk pro et contra lautet, ließ berg (Heufeld) nicht zu nutzen, weil die Wildschweine ich in ihrem Esse (auf sich beruhen). Aber alle Mittag um sie ganz umgewühlt hatten, trotz der freien Pirsch. 12 Uhr trank ich auf die Gesundheit des hl. Vaters (Vivat (Diese herrschte zwischen Fehla, Starzel und Laudiert.) Auch Sanctissimus!) recht fleißig." 1771 gab es viele Wildsauen. Als Zeitung hielt Werner die Augsburger Zeit (mit Mel- Kartoffeln hat man in Salmendingen (und ohne Zwei- dungen und Stetten zusammen), die 5 fl. kostete; im Jahre fel in der Umgegend, wenigstens soweit sie fürstenbergisch 1771 auch die Schaff hauser Zeitung. Werner starb am 6. war) „erstmals im Jahre 1744 gepflanzt; sie Juni 1779 im Alter von 72 Jahren, als er eben den Pfarrhaus- sind „aber wieder in AD gang kommen auf bau vorbereitete. (Seine Gedenkplatte siehe rechts im Kir- Anraten ein und anderer blinder Abderiten" chenschiff.) (Dummköpfe). Vielleicht setzte man sie zuerst auch auf die Aus jener Zeit ist noch anzumerken, daß man notgetaufte unfruchtbarsten Lehmhalden, wie in Ringingen etwa hinter Kinder nicht mit Geläute beerdigte, wenn sie starben. Bei den Nähberg. Im Jahre 1761 hat ein starker Hagel auf dem Hochzeiten erhielt der Pfarrer außer den Stolgebühren auch ganzen Heufeld und beiden Eschen zu Salmendingen alles 1 Maß Wein und 2 Kreuzerbrote, später auch noch ein „Nas- zusammengeschlagen. Dagegen berichtet Werner 1762: „Zum tuch", als „Seelgerecht" bei Erwachsenen für Beerdigung und ersten Mal hat man, was auch künftig glücklich gelingen 3 Opfer 25 kr. und 4 hlr., bei Kindern nur 4 kr. An den vier möge, aus der Pflanzung der Erdäpfel den 13. Oktober in Sonntagen nach der Beisetzung betete man am Grab das circa 112 Simri erhebt", wovon der Pfarrer den Zehnten be- Miserere nach dem Gottesdienst. (Der Friedhof war ja um kam! Und zum folgenden Jahr 1763: „Heuer wurden dahier die Kirche!) Als das neue Gotteshaus 1747 erbaut war, ge- in Salmendingen die Erdäpfel zum andern Mal mit großem schah dies vor der Krypta des Chors bis um 1895. (Was war Nutzen gepflanzt." die Krypta?) An anderer Stelle ist von einem Ossuarium 1774 berichtet er: „Das allhiesige Bier ist teuer und wie Chori (Beinhaus?) die Rede. Noch 1802 hat man das Beinhaus allemal ziemlich schlecht. Er ließ daher 66 Maß über Burla- auf dem Friedhof (am Chor?) neu hergerichtet. Jeden Sams- dingen von Hechingen kommen, die (für ihn und die Ehe- tag rezitierte man die Totenvesper, dann sang man mit halten?) vom 22. September bis 24. Dezember ausreichten." Orgel das Libera und schritt zum Ossiarium des Chors. Werner war ein großer Freund der Instrumental- 1791 hat man die Burgruine abgebrochen und die Steine musik. Er ließ 7 Musikanten auf seine Kosten uniform zum neuen Feuerteich genommen. (Hohz. Heimat 1956, 27 kleiden und 3 Jahre lang an den Monatssonntagen einen und S. 11—15 manche Nachrichten von hier.) Franziskanerpater von St. Lutzen-Hechingen kommen, um selber bei den Musikanten auf dem Chor sein zu können Im Jahre 1857 wurde hier eine W eberschule gegrün- Aufgeführt sind: 1 Organist, 1 Diskantist, Altist, Tenorist, det. Sie arbeitete für die Fabrikanten Baruch und Söhne in Bassist, 1. und 2. Violinist, 1. und 2. Hornist, 1 Trompeter, Hechingen, bestand aber nicht lange. 1 Violonzellist, 1 Fugottist, 1 Supernumerar-Diskantistin und D?ß man ehedem aus unseren Bergen Bohnerz gewann, 1 Altistin und der Supernumerar-Chellist. Doch kaum war ist bekannt. Im Jahre 1861 wurden aus dem hiesigen Ort Werner 9 Jahre tot, so konnte man 1788 schon wegen Man- 8 329 Kübel Erz nach Thiergarten in das fürstenbergische gels an Musikanten keine Musik mehr machen! Hammerwerk geliefert, was für die Gemeindekasse 6—700 Nebenher versuchte der Pfarrer sich auch als Dichter. Er Gulden an „Kübelgeld" erwarten ließ. Der Verdienst der konnte übrigens sehr energisch werden: strafte 1758 den Graber war entsprechend höher, doch liegen keine Angaben Schultheißen Matthäus Mayer und den Joh. Georg Hipp u m vor. Schon vorher (seit wann?) hatte die Gemeindekasse je 3 Pfund Wachs, weil sie die hl. Messe verabsäumt 2—300 fl. jährlich an Kübelgeldern eingenommen. 1863/64 und von der Kirche heimgegangen waren! Den Berthold w irden dann 5 565 Ster Erz nach Lauchertal bei Bingen ge- Dietrich strafte er, weil er nicht zur Beerdigung seiner liefert, Doch 1870 hörte die Förderung auf, Jahrgang 1957 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 13

Noch ein Beispiel sei angeführt, wie die fürstenbergische um 1840 eine Erzählung schrieb, hat so wenig jemals gelebt, Regierung zu den Pfarrern (den Repräsentanten der Autori- als die Kornbühlkapelle je Burgkapelle des hiesigen niederen tät) hielt: Im Jahre 1784 hat Josef Bausch von Salmendingen Adels war. So weiten Weg haben auch die Ritter und Klage gegen Pfarrer Val. Mayer erhoben, die bis nach Fräulein früherer Jahrhunderte nicht gemacht, um in die Donaueschingen lief, er lasse statt des Vaterunsers nach der Burgkapelle zu kommen, wo die Pfarrkirche so nahe lag. Wandlung ein deutsches Kirchenlied singen. Und der Ent- Daß ehedem das Johanniterhaus Starzein hier einen Hof be- scheid lautete: Hochwürden soll wieder das Vaterunser beten saß (nicht das Kloster Stetten) wissen wir aus einer Gü- lassen, und der Kläger wird 24 Stund „beturnt", d. h. in den terbeschreibung von 1605 (Zollerheimat 1941, S. 13—17). Im Turm gesperrt, weil er die Klage boshaft im Namen der Jahre 1612 ging das ganze Johanniterhöfle kaufweise an die Gemeinde eingereicht habe! Herrschaft Zollern über. Das Ringinger Heufeld auf Markung Zur Geschichte des hiesigen Adelsgeschlechtes sei auf die Salmendingen wird mit 890 Morgen angegeben, von denen Ausführungen von Theod. Schön in Mitt. Hohenzoll. 1898, die Pfarrei den Kleinzehnten prozeßweise gewann. Bei der Jg. 32, S. 73—82 verwiesen. Ueber die Geschichte des Heu- Ablösung 1862 zahlten die Ringinger hierfür 2348 fl, und feldes schrieb Pfr. Fr. Eisele ebendort Jg. 37, 1903, S. 61—78. 58 8/o kr. Ob das 1730 genannte Zollerbergle auf Heufeld mit Die Gräfin Ida von Salmendingen, von der Th. Griesinger dem Hohenzoller zusammenhängt, ist nicht ausgemacht. Die Flurnamen der Markung Sigmaringen

von Dr. Alex Frick, Tettnang 8. Fortsetzung 262. Stadtknechtwiese*. Eine Wiese in Riedern, 273. Strohdorf. Im Jahre 1820 erhielt Hermann Teufel welche der Stadtknecht zu seiner Besoldung erhielt. Sie die Erlaubnis, in seinem Garten bei der Buchhalde eine Pri- wurde 1635 dem Burgvogt Bosch gegeben, weil er in gefähr- vatschießstätte mit Wein und Bierausschank zu eröffnen. lichen Zeiten der Stadt Geld geliehen hat. Später kam noch eine Brauerei hinzu, welche bis nach dem 263. Stadtschreiberwiese*. Die Stadtschreiber oder ersten Weltkrieg stand. Da die ersten Gebäude mit Stroh Hebammenwiese lag bei der Sebastianskapelle. gedeckt waren, nannte man es Strohdorf. 264. Stampfe*. Die Stampfmühle war um 1700 und spä- 274. Stuben. Diese Wiese war in der Nähe des Fraaen- ter zu Gorheim. stockes. 265. Stegwiese*. Der Lage nach in der Gegend vom 275. Stürmen Garten*. Lage unbekannt, kommt vom Pfaffenteich. Familiennamen Sturm, der im 17. Jahrhundert vorkommt. 266. Steinacker. Zwei Fluren führen diesen Namen: 276. Suppenstein*. Der alte Name für die Burg der a) westlich vom Ziegelholz, südlich vom Schmelzerweg; b) Volkwin von Hedingen. Im Hedinger Urbar von 1441 heißt westlich vom Bahnhof Hanfertal. Auf dieser Flur wurden die es: „zu ersten der turn zu Hedingen ob der Tunau, das hus Ruinen eines römischen Hauses ausgegraben. und hofraitti". Allerdings heißt er damals Bugenstein, was 267. Steinbruch*. Auf der Markungskarte sind zwei jedoch auf einen Hörfehler des Schreibers zurückzuführen Fluren mit diesem Namen: a) westlich vom Ziegelholz, nörd- ist, denn in allen anderen Urkunden heißt es Suppenstein. lich vom Schmelzerweg; b) zwischen Schafwiese und neuer Der Suppenstein war ein Wasserschloß und stand nach an- Krauchenwieserstraße. deren Lagebezeichnungen etwa 100 m unterhalb des Klosters. 268. Steinruß*. Es ist die Halde in der Nähe des Das Wort kommt von Soppen und bedeutet Sumpf. Katzenbuckels als Ueberrest einer alten Steingrube. Eine 277. T a 1 w i e s. Die Talwiese liegt zwischen Mühlberg und Russe oder Rausse ist eine Stelle, an der beständig Gestein Dettingerberg. herabrieselt. 278. Tannenwäldle. Der südwestliche Teil der Buch- 269. Stilzereich. Distrikt 87 im äußersten Teil des halde, wo im Gegensatz zum größeren Teil Tannen stehen. Stadtwaldes, wohl entstanden aus Stelzereich. Stelze ist ein 279. Teuchelgrube*. Die Teuchelgrube befand sich in zugespitzter Teil eines Grundstückes oder überhaupt ein Teil der Deutenau, wo man noch den Graben in dem Dreieck eines solchen, wo das Grundstück von der regelmäßigen Ge- zwischen den beiden Bahndämmen und der Donau sieht, stalt des Rechteckes abweicht. Teucheln waren ausgehölte Fichtenstämme, die als Wasser- 270. Stockfeld*. Acker auf dem Schönenberg, wohl leitungsrohre dienten und zur Imprägnierung längere Zeit in beim Ziegelholz, wo vermutlich ein Waldstück ausgestockt das Wasser gelegt wurden. wurde (1682). 280. Undrach*. Die Markungsgrenze ging hinter der 271. S t o ck t e i 1. Acker südwestlich vorn Witberg, der Buchhalde „an aei Undrach in die Thonaa" (löll). Ach be- Name kommt ebenfalls vom Ausstocken. deutet Wasser, soll vielleicht die Quelle dort gemeint sein? 272. Straßenhau. Distr. 85 und 86 und 66 bis 70 im 281. Unter Hedingen. Aelterer Name für die Flur Stadtwald, liegt am Hochstraß. Die alte Waldwirtschaft teilte „Hinter Hedingen". den Wald in Haue ein. (Fortsetzung folgte

Josefslust 14 HOHENZQEEERI SC H E" HEIMAT Jahrgang 1957

Drei Oammertinger Orafenurkunden

In der Zeitschrift für Schweizerische Geschichte Bd. 25 Bewuchs, sowie zu Schlatein mit aller Zubehör. Der Bischof (1945) erschien ein 30seitiger Aufsatz über die drei Gammer- nimmt es an durch den Grafen Rudolf (vor Bregenz) -nd tinger Grafenurkunden vom Jahre 1139. Verfasserin ist Frau seinen Vertreter Umbert. Als gesetzliches Erbteil behalten Dr. Elisabeth Meyer-Marthaler in Frauenfeld. Die Urkundjn wir den Besitz und die Wälder zu Pontresina, was dazu ge- selbst in Form von Notariatsinstrumenten sind auch im hört. Als Preis erhalten wir 200 Mark Silber usw., wie bei schweizerischen Bündner Urkundenbuch I. Nr. 297 -299, S. Nr. 1." 218—220 gedruckt. Die Autorin zerstreut die früher aufge- 3) Einleitung wie oben, dann: „Ich Uedalricus (Dedalricus) tauchten Bedenken gegen die Echtheit der Schriftstücke und schenke mit Chunradus und unsern Schwestern sowie mit untersucht sie in ihrem Verhältnis zu gleichzeitigen anderen. Zustimmung unseres Vaters und unseres Oheims Albertus Die Urkunden lauten auf deutsch: durch unsern Bevollmächtigen Eberhard v. Sax der Kirche in 1) 1137 März/1139 22. Januar: Im Namen Christi, da Chur zu unserem und unserer Eltern Seelenheil unser Eigen- unser König Lothar im 12. Jahre regiert. Ich Uedalricus (De- tum zu Pontresina samt der Dienerschaft und aller Zubehör. dalricus) Graf von Gamertingen (nur 1 M!) und mein Bru- Graf Rudolf (v. Bregenz) nimmt es mit seinem Bevollmäch- der Adalbertus verkaufen zusammen mit unserer Mutter tigten zugunsten der Marienkirche von Chur entgegen (usw. und Zustimmung unserer Kinder durch die Hand unseres wie 1)". Bevollmächtigten Eberhard von Sax dem Herrn Bischof der Die Schwestern der beiden jüngeren Grafen (Ulrich III. Marienkirche von Chur all unseren Eigenbesitz zu Zuoz, Sa- und Konrads) hießen nach den Zwiefalter Chroniken (hgg. maden, Scanfs, Campovasto, Bevers und Madulein und die von König und Müller 1941) Bertha und Adelheid. Daß Zehnten der Peterskirche (zu Zuoz) und der Luziuskirche obiger Konrad später Abt zu Zwiefalten geworden sei, ist (zu Samaden) samt aller Dienerschaft, mit Almen und Wei- ein Irrtum der Autorin, den bereits die Oberamtsüeschrei- den, mit bewachsenem und kahlem Boden, Feldern und Wie- bung Münsingen 1912 S. 825 widerlegte. Auch kann der Vater sen, Kraut und Blatt, Berg und Tal und aller Zubehör bis Ulrich II. sehr wohl im Alter ins Kloster Zwiefalten einge- an die „Ponta alta" und die Quellen von Pulpugna und ans treten sein. (Hohenzoll. Jahreshefte 1937 S. 63.) Ob man aus Wasser, das in den weißen See mündet und ans Wasser von der Tatsache, daß die Verkäufer bezw. Schenker sich einen Campofare. Der Bischof nimmt es entgegen durch den Gra- Bevollmächtigten (advocatus) nahmen, schließen kann, daß fen Rudolf (von Bregenz) und seinen Bevollmächtigten Um- sie schon im Kloster und daher rechtsunfähig waren, bertus. Als gesetzlichen Erbteil (falsidia) obiger Grafenkinder scheint sehr zweifelhaft, da ja auch die Gegenseite, nämlich behalten sich die Verkäufer vor den Besitz an Schlatein, zu der Bischof bezw. Graf durch einen solchen Advokaten sich St. Moritz, Pontresina und die Kirche von St. Moritz samt vertreten ließen. Merkwürdigerweise sind keine Kinder zugehörigem Zehnten, Dienstleuten und Feldern. Dafür emp- Adalberts genannt die an- oder einspruchsberechtigt ge- fangen sie vom Bischof 800 Mark Silber und 60 Unzen pur- wesen wären. Und doch hat er solche gehabt! Sie scheinen sten Goldes. Die Urkunde wurde zu Chur übergeben unter aber entweder damals noch sehr klein oder überhaupt noch König Lothar im Monat März. Diese Niederschrift jedoch nicht geboren gewesen zu sein. Die auf römisches Rechl '.u- fand ebenda am 22. Januar 1139 im ersten Jahr des Königs rückgehende falsidia (gesetzliches Erbviertel) hätte sonst doch Konrad statt. Es folgen 12 Zeugen, lauter Schweizer. Und wohl auch für Adalberts Kinder angewendet werden müssen. ich Egino habe anstelle des Kanzlers Konrad in seiner Ge- Vielleicht nimmt ein Fachmann einmal hierzu Stellung. (Ueber genwart diese Urkunde geschrieben." die ganze Grafenfamilie siehe Hohenz. Jahresheft 1937, 59 2) Einleitung wie oben; dann „Ich Uedalricus (Dedalricus) bis 90. und Chunradus mit unseren Schwestern als Kinder des Gra- Wo der Engadiner Besitz der Grafen von Gammertingen fen Dedalricus (von Gamertingen) verkaufen mit Zu- herrührte, ist nur zu vermuten. Auch die ältere Linie der stimmung meines Vaters und Oheims Adalbert durch unsern Grafen von Achalm war in Rätien begütert, so in Maienfeld Bevollmächtigten Eberhard von Sax dem Bischof der Kirche und Fläsch. Jänichen und Krüger halten dafür, daß beidemal von Chur und der Hl. Maria unser (vorbehaltenes) Vier- alter Weifenbesitz in Frage komme, man also in diesem tel, das wir von unserem Vater Uedalricus und Oheim Adal- mächtigen Geschlecht die Wurzeln der Achalmer und Gam- berg erbten zu Zuoz und St. Moritz mit Boden, Feld, Wiesen, mertinger suchen müsse. .T. A. Kraus Aus dem Pfarrarchiv Rangendingen

von Fritz Staudacher Anno 1796 den 5. Julius ist das hochehrwürdige Con- berg Maria Antonia gebohrene Prinzessin von hiesigem vent von Kirchberg nebst der Wohlehrwürd. Fr M. Priorin Hochfürstl. Haus Hohenzollern Hechingen an einer Lungen- Joanna Nepomukcena in dem hiesigen Convent der Ehrwür- entzündung in dem 37. Jahr ihres Alters gestorben und als digen Frauen Dominicaneren ankommen, da selbe wegen den das erste Opfer der neuen Kruft in der Pfarrkirch beygesetzt feindlichen Franzosen ausgewandert. Sie haben sich hier bis worden, dessen Hochfürstl. Aelteren waren Joseph Wilhelm auf den 9. Julius aufgehalten, sodan sind sie wieder nach Fürst zu Hohenzollern Hechingen und M. Theresia g. R, Grä- Kirchberg zurückgegangen. Zu einem Andencken ihrer Aus- fin von Wurzach. Die Prinzess war g. 10. Nov. 1760, hat sich wanderung hat die Wohlehrwürdige Frau M. Priorin Joanna verm. den 15 Jan. 1778 mit Joseph Maria Benedict des H. R. Nepomuckcena von Ruoesch und das Convent den Kranz um R. Fürst von Fürstenberg. die Monstranz machen lassen. Anno 1798 hat Xaverius Strobel Bürger von hier das Den 25. August 1 7 9 6 sind hier die Franzosen durch mar- Kruzifix-Bild, welches in der Kirchen oben unter dem Bogen schieret nach Hechingen, wo sodan der H. General Wandam hanget, erneüeren lassen. Es ist zu Haigerloch von dem da- nebst mehreren Officieren in dem Schloß zu Mittag gespei- mahligen H. Mahler Stadler gefaßt worden und hat Hfl. ge- set. Den 26. sind sie sodan von da nach Rottenburg und so kostet. weiter fort marschiert. Anno 1798 den 9. April sind S. Hochfürstl. Durchlaucht Unsere Gnädigste Herrschaft er Durchläuchtigste Fürst unser regierender gnädigster Fürst Joseph Wilhelm Nach- Joseph Wilhelm und die Durchläuchtigste Fürstin M. The- mittag um V2I Uhr nach Empfang der Heil. Sterbesakramen- resia gebohrne Reichsgräfin von Wurzach haben sich wäh- ten in dem 81. Jahr Ihres Alters seelig in dem Herrn ent- rend dieser Zeit da die Franzosen hier waren, zu Diesseldorf schlaffen. R. I. P. in dem Paraibischen aufgehalten. Und da dieses Feindsv >lk Seine Hochgräfliche Excellenz Herr Graf Hermann Fried- wieder abmarschiert war, so sind höchst durchläuchtigste rich ein Bruders Sohn von dem Höchstseelig verstorbenen Personen wiederum glücklich zu Hechingen ankommen. Fürsten, von Titl. dem Herrn Grafen von Hochenzollern Xa- Anno 1797 den 7. Julius ist hier ein gemeiner Soldat verius Höchstseeliger Gedächtnisse, sind sodann in der Re- mit Namen Johann Burzik von Wschowiz aus Mähren gebür- gierung des Höchstseelig abgelebten Fürsten Joseph Wilhelm tig an einer auszehrenden Krankheit in des genanten Dis- nachgefolgt. masen Kätherlis Haus nach Empfangung der H. Oelung and Fürst Joseph Wilhelm sind geb. 12. Nov. 1717, haben sich gegebener H. Generalabsolution gestorben. Er war 17 Jahr verm. mit Theresia Erbtrüchsessin zu Zeil-Würzach den 7. alt. Unter dem Regement inf. des Tit. Herr General Karl Jan. 1751. Schreder, unter der Companie des Tit. H. Hauptmann Türck, Die Regierung haben Höchstdieselben angetretten den 4. liegt auf dem Kirchhoff begraben R. I. P. Jan. 1750 und haben regiert 48 Jahre. Anno 1797 den 25. Julius ist die Fürstin von Fürsten- Fortsetzung folgt. jahrgarif 1957 HOHENZO M; ERISCHE HEIMA T 15

1804 am 22. September wurde Konrad Schaich von Appen- Alte Gemeinderechnungen von Jungingen dorf Vikar in Burladingen mit einem jährlichen Einkommen von Casimir Bumiller (Fortsetzung) von 70 Gulden. (Dokumentenbuch Gammertingen.) Krs. Ausgabe von 1805 bis 06 Verzeichnus woß Wolfgang Koller und hristian Hoiß die Burger Das Jahrtagfeuch von Trochtelfingen, Ende des 16. Jahr- Meister in disem Johr vom Glerets Tag 1805 Biß 1806 außgeben hoben. hunderts auf Pergament geschrieben, beim Pfarramt ver- JIrstli i fl. kr. wahrt. enthält eine große Anzahl interessanter Nachrichten. Am Gier ts "ag vor Em Hl. Meß zahlt —.22 Denen Schuoll Kinder und Schuoll Moister 2.— Es sei hier nur auf folgende hingewiesen: 1. Januar: Jahrtag Augustin Boschen W/:ib wegen ihrer Verunglüghten Kuoh zalt 6.— des Junkers Anselm von Holnstein und seiner Sohne Jo- Dem Lehrer Kostgelt zait Pro 1805 23.51 hannes und Rudolf. — 3. Juni (Erasmustag): Jahrtag der Dem Blasy Speydel Vor Ein s .lies Schwelle in Hi ^en Stall 1.— Nachher Tibingen wegen der Flekhenschul Zins zalt auf den letzten Nonnen des Klosters Talheim (bei Salmendingen- 10. Mertzen 1805 19.55 Mössingen), das jetzt von den Lutherischen besetzt ist, be- Dem Hi rrn Registrathor wegen Zw sgen Zienten (Z :i_nteri) sonders der Agnes Unverdrossen, Agnes Häfflerin, Magda- Schrifter undersuochen und Einen Extract zalt auch Cantzle" Diener zalt —.36 lena Spizhärin, Agnes Mayerin, Anna Spehin, Magdalena Dem Feldschitzen ' sbastian Winter noch an seinem Lohn zalt 37.57 Widenmayerin, Apollonia Häin, Verena Waldräffin, Apol- Dem Vogt und bedf- Burger Maister " Schitzen wie Man lonia Spinnlerin, und aller ihrer Vorgängerinnen. Von ihrem die Flekhenschulden abgerechnet hat zalt — 56 Wie Man die Herner abgeschnitten denen Vorgesetzten zalt 1.30 Jahriag empfängt lie Präsenzpflege Trochtelfingen jährlich Vor ein Pflaster in die A p o d e g vor Einen Hagen —.10 30 Kreuzer zum Halten einer Messe. Der Priester bekommt Weyn Steye nochher Roten Bu> !alt 2.14 Javon 12 kr, der Mesner 1 kr 3 hl, die Armen 12 kr 3 hl und Dein Nacht Wechter vom Johr 1804 bis 1805 noch Rest z. 25.6 Dem uhren Macher Von der Uhr auf zu Butzen zalt 3.15 die Kirchenpflege 4 kr. •— Vgl. zum Kloster Talheim die Dem Herrn Forst Maister Statzlemer Jeger und Ober Jeger „Mitt. aus dem fürstenbg. Archiv, Bd. 2, Nr. 661 und 713. we: n Haib mshenkhen „alt 2.30 Dort werden Magdalena Wayblerin, Verena Waldräsin und Dem Wolfgang Koller wegen Hagen fuoteren 2:.— Ein Schaufel in Stall zalt —.12 Apollonia Spiridlerin genannt; beide letztere stammten von Von der Zug und Hand Froner Consignation zu machen 1.5 Rulnngen, und andere. Der Trochtelfinger Untervogt Konrad Dem Pongrr' :i Riester " _T = nen Hagen zeit 20.24 Wild hatte sie aus Talheim nach Trochtelfingen in katho- Mehr ihme Vor Ein einhalb Klafter Holtz ins Schuolhaus z. 2.30 An Fron Leichten ambt Tag Herrn Pfarr Vogt und Burger lisches Gebiet entführt (1587) und war dafür 6 Wochen in Moister und Kirchensenger zalt 12.— Herrenberg eingesperrt worden). Kirchenpatron vor Erp- Dem Lehre» Vom Ein feyren im Schuo'ha ; zalt 1.— fingen war St. Nabor, von Mägerkingen St. Urban, der Papst, Wie Man die Wochencpg abgerechnet in allem kostet 3.18 von Meidelstetten St. Ottmar. •— 26. Aug • Jahrtag des Georg Daddäus Mayer Vor Schuoll Holtz machen zalt —.24 Dem Feld Richter vor Markhen am Allmand zalt 2.6 Kraus, Bürgers zu Tr. und seiner beiden Frauen Agnes Wie Man den Fron Brief gemacht, auch Vorspanschein denen Binger und Anna Hoch, ihrer Eiern Benedikt Kraus and Vorgesetzten zalt 1.48 Martin Biriger. — 23. Oktober: Jahrtag des hochw. edlen und Dem Frantz Miller wegen der Brugh Bey der seg. Mil zalt —.12 Wie Man im Julli Holtz Versteigeret 18 Mietern 7 Xer zalt 2.6 hochberühmten Herrn Melchior Fatlin, Suffragan- A Johannes Diebolt wegen weg machen Bey der Weiller bischofs und Canonikers der Kathedralkirche Konstanz, Pfar- Brukhen zalt 1.18 rers zu Radolfzell, Doktors der Theologie, Stifters der Frei- Wie Man die Holtz Thail Im Loter Bach ausgegeben Ober eger Vogt und Burger Moister und Schitzen zalt 4.3 burger Stipendien, sowie dessen Eltern Burchard Vattlin und Dem Hechinger Ober Jeger zalt 1.— Ursula Gisnayin, sowie seiner Brüder Johannes, Conrad, Wie Man die Thanene Holtz Thail ausgeben wiederum wie Heinrich, Ulrich, Jakob und des hochw. Herrn Magisters obigen Bezahlt 3.30 Des Herg< 1 Weib Weil sie krankh gewesen Almusen zalt 2.— Caspar, einstmals Pfarrers zu Trochtelfingen, sowie deren (Vo - einigen Jahren -ioch z. B. Stallherget als Uebername.) Vorfahren, Wohltäter und alles Seelen des Fegfeuers. Dazu Wie Man das Haf . Hay heim gethan zalt 1.6 sind im J. 1550 50 fl gestiftet, die 2 fl 30 kr Zins tragen. Hier- Wie Man eine Suplich (Supplik, Bittschrift) wegen Zwetzen Zienten zolt 1.18 für sind 5 Messen zu halten, den Priestern 1 fl 2 kr, wenig- Dem Gericht v/egen denen Neyerl Heiser in die An Log zu 4h. z. —.24 stens dem Pfarrer 14 kr, den übrigen je 12 kr, dem Ludi- Dem Feld schitzen Joseph Bosch an seinem Lon abschleglig z. 43.34 magister 4 kr, dem Mesner 4 kr, den Armen 20 kr, der Mehr dem selben am Heurigen Nacht Wacht zalt 13.30 Matheis Speydel Erben wie sie kran'::i geW isen Almuten zalt 1.- Kirchenfabrik 1 fl. — Zu den Herren von Holn- Dem Kolleg t SFiflt aus dem Weiller Wald zalt 1.12 stein, die Th. Schön in Mitt. Hohz. 26 (1892) behandelte, Dem Hl. dah; Bodenzins zalt 4.— ließe sich aus Trochtelfinger Akten noch weiteres Material Vor die Cantzley Stuben zalt —-24 Vor Einer Cor ^nation der Bürger und ledigen zu machen finden, das Schön nur andeutete: Am 15. Dez. 1396 verkaufte olt und bey der Csntzley eing< ic —.42 Agnes von Aergenzingen Witwe des Benz von Holnstein, und Vor E Klafter Holtz von Starzlen ins Schuol haus zalt 5.— Benz Curian ihr Schwestersohn und Fritz Thieringer ihr Dem Joseph Bosch wegen Einem breßanten Brief Bey der Tochtermann (Witwer der Haila von Holnstein, ihrer Toch- Nacht auf Hechingen trogen zalt —-30 ri (Fortsetzung folgt.) ter) sowie der Agnesen Kir Ursula (auch für den verstorb. S ihn Benz ' •. H.) mehrere Höfe zu Stetten u. Holstein an 10 Kleine Nachrichten. Bürger zu Trochtelfingen. Später ist die Magdalenenpfründe 90 Jahre Hohenz. Verein für Geschichte und Altertumskunde Trochtelfingen die Besitzerin. r. A. K. Am 15. April 1957 kann unser Verein sein 90jähjiges Be- stehen feiern. Gründungstag war der 15. April 1867. Ueber die Tätigkeit während der ersten 50 Jahre berichtet ein Auf- satz von Dr. Hebeisen in den „Mitteilungen" vom Jahre 1917. Die Stifter der schönen spätgotischen Kirche in Hettingen Im Pfarrarchiv Hettingen lagert ein altes Verzeichnis der gestifteten Jahrtage. Darin heißt es u. a.: Weiters so geden- kendt auch umb gotes wiiien der Wolgebornen Graven Frey- An das herrn Edlen Gestrengen auch der Wolgebornen und Edlen Frawen Stifffter des wirdigen Gots Haus allhie alls nämlich dreyer Graven von veringen allhie begraben, und dann der Edlen gestrengen Herrn Hanns Caspar von Buebenhouven und fraw Agnesen von Buebenhouven sin geborne frey- gravin von Heben und fraw Margretha von Buebenhouven Postamt ain geborne von Rechberg, sind baide seine ehegemahel ge- wesen; des Edlen strengen Hans Marxen von Buebenhouven Riters der Edlen und tugendsamen Fraw M. von Bueben- hoven geborne Fuckerin und dann der Erbarn frawen anna Mauerin alle Stifter des wirdigen Götz Haus allhie. in Nachtrag: edlen und tugendsamen frawen Maria von wal- stain geporne Spettin Maria sallome von landenberg geporne von walstain jrer baid dechter. Als Burgkapelle von Salmendingen wurde vor über 100 Jahren von Th. Griesinger die Kornbühlkapelle der hl. Anna angesehen, was erst im Jahr 1956 ein Zeitungsberichter aus Sa^endingen wiederholte. Man kann sich jedoch eine Ka- pelle, die eine gute halbe Stunde von der Burg entfernt auf einem steilen Berge liegt, schwer als solche „Burgkapelle" glaubhaft machen, zumal die Pfarrkirche keine hundert Meter unterhalb der Burg Salmendingen am Kaiberg lag"! Wie steilen sich die Schreiber dies eigentlich vor? Kr. 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957

Das Wappen der ehem. Herren von Dettingen am Neckar Desswegen ist nunmehr in Gemäßheit der von Sr. Hoch- hat die Gemeinde neuestens als Gemeindewappen angenom- fürstl. Durchlaucht ertheilten Gnädigsten Verordnung bey men. Es stellt im Schild ein Beil neben einem Flügel dar. der Kapelle zum Heil. Kreuz ein hinlänglich geräumiger, von Nach dem Wappenbuch des Abts Ulrich von St. Gallen war bewohnten Orten entfernter Begräbnisplatz angelegt worden, der Flügel silbern, das Beil golden und das Schildfeld blau. welcher alle zu seiner ernsten Bestimmung erforderlichen Das Beil war vermulich ursprünglich eine , d. h. Werk- Eigenschaften in sich vereinigt, und nun hiezu nach den Vor- zeug zum Bearbeiten von Stein, nach der Burg Bellen- schriften unserer Heiligen Kirche feyerlich eingeweyht wer- stein (bei Böffingen-Freudenstadt) gewählt. Eine Zeitungs- den wird. notiz nannte kürzlich statt des Flügels irrig einen Flug, der Vom Tage der Einweyhung an werden sodann ohne Un- in Wirklichkeit in der Heraldik zwei Flügel bedeutet. Kr. terschied alle zu der hiesigen Pfarrgemeinde gehörig gewe- senen Verstorbenen auf diesem Gottesacker ihre Ruhestätte Den Namen Kaiseringen, seit 1312 nachweisbar, will Dr. finden. Decker-Hauff neuestens mit dem Kaiser Otto I. zusammen- Die Entfernung von der Stadt macht es zugleich notwen- bringen, dessen Besitz zu Straßberg (bez. „Burg') ihm Sprung- dig, der Leichenbegleitung eine zweckmäßigere Einrichtung brett zu kühnen genealogischen Kombinationen zwischen zu geben. dem Hochadel des Mittelalters wurde. Die Markung Kai- Die Kapelle zur Ruhe Christi biethet einen besonders seringen sei aus der Straßberger herausgeschnitten und die schicklichen Ort zur Einsegnung der Leiche dar, und erhält Verbindungswege führten zur Burg (?) Straßberg. (Zeitschr. dadurch für die Pfarrgemeinde einen neuen tröstlichen für württ. Landesgesch. 1955, Heft 2. S. 295.) Werth. — Die Leiche wird, wie bisher im Sterbhause abge- holt, unter Gebethen bis zur Ruhe Christi unseres Erlösers Kirchenasyl. Am 26. März 1737 ist Lukas Wahl von Ringin- begleitet, und dort niedergelassen. Hier werden die von der gen wegen wiederholtem Diebstahl in Trochtelfingen in Haft Kirche verordneten Gebethe und Zeremonien durch die Ein- gesetzt worden. Aber er entwich und begab sich daselbst auf segnung des Leichnams verrichtet, wornach derselbe zur Be- den Friedhof und suchte dort die Freiheit (d. h. das Asyl). erdigung abgeführt wird, indessen sich der Leichenzug zur Die Wache aber hat ihm nachgesetzt und ihn mit Gewalt Pfarrkirche begibt, um daselbst dem Opfer für den Ver- aus der „Freiheit" genommen, ihn entsetzlich geschlagen storbenen beyzuwohnen. und wieder in die praeson (Prison — Gefängnis?) geführt. Die Geistlichkeit jedoch verlangte ihn zurück ins Asyl. Ober- Die Einweihung des neuen Gottesackers wird am nächsten vogt Franz Anton Lenz hat ihn gleichwohl nicht ausgeliefert, Frey tag nach der Frühmesse mittels feyerlicher Processi in sondern einen Revers gegeben, er werde ihn freilassen, wenn vorgenommen werden. Im Hinwege wollen wir unsere Ge- er von oben einen Befehl bekomme. Auf Meldung des De- bethe für die auf dem bisherigen Gottesacker Ruhenden ver- kans entschied das bischöfliche Gericht zu Konstanz am 11. richten; im Rückwege aber um eine selige Sterbestunde für bezw. 12 April 1737: Der Wahl ist, da er die Kirchentür und die bethen, welche auf dem neuen Gottesacker begraben — somit das Asyl wirklich erreichte, wieder dahin zu entlassen. dort ihre selige Auferstehung erwarten werden. Falls der Obervogt nach Vorwissen der Obrigkeit sich ver- Die feyerliche Einweihung geschah nach erhaltener Bi- pflichte, ihn nicht zu verstümmeln oder zu töten, könne er schöflicher Erlaubnis am 24. Junius — am Festtage des Heil. dem weltlichen Arm ausgeliefert werden. Der Soldat der Johann des Täufers durch mich den Dechant und Stadtpfarrer Schildwache aber habe sich die Strafe der Exkommunikation Jos. Ant. Weiger. ••«gezogen. Er soll seine Verfehlung bereuen und um Abso- Und am 24. Juli geschah gleichfalls durch mich die Ein- lution bitten. Und so geschah es! (Dokumentenbuch Deka- weyhung des neuen Gottesackers zu Beuren." F. St. natsarchiv Gammertingen, S. 109.)

Zur Geschichte des Friedhofs bei Hl. Kreuz sei aus dein Heimatliteratur Hechinger Totenbuch folgendes mitgeteilt: Anton Gabele: Am 3. Sonntage nach Pfingsten, den 19. Juni 1814, ist nach- stehende über die Errichtung des neuen Gottesackers er- Der Wundermann vom Bodensee lassene Verordnung öffentlich nach der Predigt abgelesen Lebensroman des Doktor Franz Anton Mesmer worden: (240 S. geb. in Leinen 9.80 DM.) „Schon mehrere Jahre her sind bey der so sehr vermehr- Den Freunden unseres Landsmannes und den Liebhabern ten Bevölkerung hiesiger Stadt gegründete Klagen über den und Kennern seiner Erzählkunst braucht man diesen eben allzuengen Raum des bisherigen Kirchhofes erhoben worden, erschienenen Roman Gabeies nicht mehr zu empfehlen. Wenn und die viel zu große Nähe desselben an der Kirche und aber ein Herder-Verlag in Freiburg, dessen weltweite Be- Stadt und für die Gesundheit der Einwohner, besonders bey deutung bekannt genug ist, drei Werke desselben Verfassers heftig um sich greifenden Krankheiten von großer Gefahr kurz hintereinander verlegt, dann sollte das auch jene auf- und Schädlichkeit befunden. horchen lassen, die bisher achtlos an Gabeies Schaffen und Kunst vorbeigegangen sind. Der angezeigte Roman formt, wie der Titel schon sagt, das Lebensbild eines Mannes, der 1734 in Iznang am Bo'iensee geboren, über Wien, Paris, Frauenfeld wieder in die Heimat fand und 1815 in Meers- burg gestorben ist. Geist und Wirken dieses Mannes sind BESTELL-SCHEIN eingefangen als Spiegelbild des sinnenden, kämpfenden, zu- letzt sich selbst findenden schwäbischen Himmelsstürmers. Die „Hohenzollerische Heimat" hat allen Grund, auch diese zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat" neue große Gestaltung Gabeies zu empfehlen. Heimat ruft uns an aus dem Wesen des Helden und aus der Landschaft Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch um das Schwäbische Meer. Dr. E. F. die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Verlags- Von Ivo Mauthner ist im Echo-Verlag in Konstanz das Buch erschienen: „Zwischen Schlehdorn und postamt Gammertingen, zum halbjährigen Bezugspreis Heckenrosen* Preis Lb. 5.80 DM; 174 Seiten. Der Ver- fasser, aus dem mittleren Laucherttal stammend, zeichnet in von 80 Pfennig. plastischer Sprache die führenden Persönlichkeiten seiner Heimatgemeinde, schildert herzerfrischende Jugenderinnerun- gen und setzt Eltern und Gemeindeoriginalen ein bleibendes Denkmal. Anton Gabele hat das Buch glänzend begutachtet.

Vor- und Zuname Zur Beachtung: Wegen der gestiegenen Herstellungskosten müssen wir den Bezugspreis von 30 Pfg. auf 40 Pfg. erhöhen. Wir bitten die Genaue Anschrift Heimatfreunde, unserer Vierteljahrszeitung die Treue zu halten und neue Leser werben zu wollen. Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw. Nachbe- Allen Mitarbeitern und Beziehern und unserm Zollerlande stellungen der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deut- Frieden und Gottes Segen im Jahre 1957! liche Schrift wird gebeten. Vereinsvorstand und Verlag. Hohenzollertsche Heimat

Vierteljahresblätter für Schule und Haus Preis halbjährlich 0.80 DM

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern in Verbindung mit der hohenz. Lehrerschaft

Schriftleitung: Druck: Josef Wiest, Gammertingen Buchdruckerei S.Acker, Gammertingen Postverlagsort Gammertingen

Nummer 2 Gammertingen, April 1957 7. Jahrgang

Der Graf von Zollern und die Gräfin von Württemberg

I. Teil Nach J. B a r t h - Hohenz. Chronik Auf der Burg Hohenzollern lebte vor langer Zeit ein Graf dem eine Träne der Rührung sein männliches Angesicht namens Friedrich von Zollern, ein echter Ritter, kühn und netzte. Er blieb noch so lange in Stuttgart, bis sein ver- tapfer im Streite, brav und bieder im Frieden, offen und blichener Freund in der Ahnengruft ruhte, dann aber war aufrichtig überall und jederzeit, kurz: eine Natur, wie wir für ihn dort keines Bleibens mehr. Er befahl seinem Knap- uns die mittelalterlichen Helden so gerne vorstellen und da- pen, die Pferde vorzuführen und sich zur Heimat auf den bei fast bedauern, daß jene romantische Zeit mit ihren harten Hohenzoller bereit zu halten. Eben, als er in den Bügel trat, Kämpen und festen Burgen so vollständig entschwunden ist. erschien ein Kämmerling der verwitweten Gräfin mit dem Friedrich von Zollern gehörte nicht zu jenen Helden, deren Befehl vor der gebietenden gnädigen Frau zu erscheinen, tägliches Gebet war: „Herr, wir bitten dich nicht um Reich- um Aufträge entgegen zu nehmen. „Was", rief Friedrich tum, stelle uns nur an einen Platz, wo es etwas zu holsn stolz und trotzig sein Haupt erhebend, „was glaubt dieses gibt;" nein, war er auch nicht hoch gelehrt, so wußte er Weib von mir? Mein edler Freund und Gönner, Graf Eber- doch, daß nach Moses Zeugnis Jehova einst 10 Gebote ge- hard, ist tot; soll ich mich nun von einem schwachen und geben und daß noch niemand bewiesen hatte, daß unser feigen Weibe befehlen lassen? Nie und nimmermehr! Ich Herrgott die Ritter und Grafen von der Beobachtung des kenne die Ränke, welche diese Gräfin noch bei Lebzeiten 7. Gebotes dispensiert habe. Wie billig, machte er deswegen ihres Gemahls gegen mich gesponnen hat; ich kenne ihr einen Unterschied zwischen Mein und Dein. Daneben war stolzes, hochfahrendes Gemüt, ihr rachsüchtiges Herz; nie er aber der Meinung, daß ein kräftiger Arm und ein gutes werde ich ihr gehorchen." „Bedenket, edler Herr", entgeg- Schwert doch zu wertvolle Geschenke des Himmels seien, nete der Kämmerling, „es könnte Folgen haben." „Ich weiß", als daß man nicht unter Umständen von ihnen Gebrauch zu erwiderte der Graf, „wenn Henriette so viel Kraft und Mut machen befugt sei. Seine Devise war: „Tue kein Unrecht, besitzt als bösen Willen, so bin ich verloren, das ist mir klar; leide aber auch keines." Bei diesen Ansichten war es na- doch schäme ich mich, ein Weiberknecht zu sein. Mag nun türlich, daß Friedrich den Frieden liebte und den Krieg doch hieraus entstehen, was da will, es wird mich kein Weib nicht fürchtete. In der Tat sah er sich mehr als einmal ge- verschlingen, ich bin ein Mann und hab' ein Schwert. Sagt zwungen, die Ruhe seiner Burg mit dem Getümmel und den das eurer Gebieterin!" Damit schwang er sich auf sein Pferd Gefahren eines Feldzuges zu vertauschen, namentlich waren und ritt, ein lustig Reiterliedchen pfeifend, langsam durch es die damals eben mächtig aufblühenden Städte, mit wel- die Straßen Stuttgarts. Ohne Anstrengung erreichte er noch chen er beständig im Hader lag und manchen blutigen den gleichen Tag seine Burg, wo die Ankunft des geliebten Strauß auskämpfte. Auch mit seinen adeligen Nachbarn war Herrn alsbald allgemeine Freude verbreitete. er selten im besten Vernehmen; und wenn sie auch nicht Einige Tag waren vergangen, da wurde dem Grafen ein gerade so viel Mut besaßen, un mit ihm anzubinden, wünsch- württembcrgischcr Dienstmann gemeldet, welcher ein Schrei- ten sie ihn im geheimen doch dahin, wo der Pfeffer wächst. ben von der Gräfin zu bestellen habe. „Hm", dachte der Um so enger verband sich Friedrich von Zollern mit dem Graf, „was wird wohl dies sein? Docl gewiß kein Liebes- Grafen Eberhard von Württemberg; er war sein Kampfge- brief." Der Bote erschien und überreichte in alier Unter- nosse, sein geheimer Rat, sein vertrautester Freund; er ver- tänigkeit die schriftlicne Botschaft seiner Herrin. „Setz dich, weilte oft längere Zeit in Stuttgart, und es war daselbst all- Freund'" rief Friedrich, „und labe dich •nit einem Becher gemein bekannt, daß der von Zollern des Württembergers Wein; ich bin sehr begierig zu hören, welche Neuigkeit mir rechte Hand sei. Diese Bevorzugung erweckte dem jungen die Gräfin von Württemberg berichtet." Er öffnete den Brief, Friedrich eine Menge Neider und, weil jeder Neider ein vermochte jedoch nicht, denselben zu lesen; er hatte zwar Feind ist, eine Menge Gegner. Selbst die Gemahlin Eber- Reiten, Fechten und Schwimmen aus dem Fundamente ge- hards, Henriette, befand sich unter ihnen, und sie war wohl lernt, aber in der Kunst des Lesens war er nie über das seine erbittertste Feindin; dies ] ihrte daher, weil der Graf Alphabet hinausgekommen. „Holet mir geschwind den Burg- von Zollern ihr — wie sie glaubte — zu wenig Aufmerk- kapian!" rief Friedrich, „er soll mir das Hexenbrieflein vor- samkeit und Höflichkeit erwies. Anfangs fand sie Wohlge- lesen. Nur geschwind, ich wittere TJnrst." Der Gerufene fallen an der schönen Gestalt und dem ritterlichen Wesen erschien, nahm das Schriftstück zur Hand und las: Auf dem Friedrichs und begehrte seiner in Liebe; er aber verschmähte Schloßplatz unserer Hofburg in Stuttgart habt Ihr meiner sie. Hiezu kam noch, daß Graf Eberhard dem von Zollern gespottet, Herr Graf, sprechend: Es wird kein Weib ver- manches Geheimnis anvertraute, was der Gräfin verborgen schlingen mich! Ich tue nun aber Euch hiemit kund und zu blieb. Ihr Aerger hierüber war furchtbar und steigerte sich wissen, daß ich allewege Euch, Eure Veste, Euer Leben und zu einem brennenden Rachegefühl. Friedrich merkte bald, Euer Gut zu verschlingen trachte, ich, ein schwaches und daß er bei der Gräfin sehr schlecht empfohlen sein müsse; feiges Weib, die Gräfin von Württemberg. im Bewußtsein seines guten Gewissens und im Vollgefühle seiner Manneskraft lächelte er über die vergeblichen Be- So gegeben in unserer Hofburg am St. Simonstag. mühungen des erbosten Weibes, ihm heimlicherweise Scha- ^Hoho", lachte Friedrich, „die muß einen guten Magen den zuzufügen. „Wer vor dem Feinde nicht erschrickt, fürch- haben; zum Glück muß ich auch dabei sein, wenn sie mich tet auch kein Weib", sprach er bei sich selbst. Die Grafin verschlingen will. Ich werde ihr vorher noch in den Zähnen aber verbiß ihren Groll und wartete eine gelegene Zeit ab, stochern, daß sie gut kauen kann. Nein, das heiß ich Appetit um den verhaßten -Mann zu verderben; diese kam bald. haben. Glaubte ich doch immer, es sei gar nichts Gutes an Eberhard starb eines plötzlichen Todes, ein tückisches Fieber der württembergischen Gräfin; jetzt muß ich wenigstens ihre ergriff den noch jungen Herrn und warf ihn auf das Kran- Aufrichtigkeit lo.jen." Nun wandte sich Friedrich zu dem Boten und sprach: „Vermelde deiner Gebieterin, Graf Fried- kenlager, welches ihm in wenigen Tagen zum Totenbette 3 wurde. Friedrich drückte dem Sterbenden die Augen zu, in- rich habe noch einmal vor r einen eigenen Ohren wiederholt, daß er nie einem Weibe dienen werde und nicht fürchte, 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957 deswegen verschlungen zu werden." Der, Bote entfernte sich einige glückliche Ausfälle, um Mundvorrat zu verschaffen. Da schweigend, und Friedrich, mehr belustigt als erschreckt durch verheerten die Württemberger das platte Land ringsum, um die soeben empfangene Kriegserklärung, tat sich bei einem es den Belagerten unmöglich zu machen, sich auf diese Art mächtigen Humpen Rheinwein gütlich. Er zweifelte nicht im mit Lebensmitteln zu versehen. Nun riß schnell wirkliche mindesten, daß seine Feindin alle ihre Kräfte aufbieten Not ein, die Leute vermochten kaum mehr, die Waffen zu werde, um ihre Drohungen ins Werk zu setzen; aber er tragen, sie verloren den Mut und schlichen, wandelnde Lei- glaubte, daß darüber Wochen und Monate hingehen werden chen, verdrossen auf ihre Posten. Auch des Grafen bemäch- und daß er auf seiner festen, wohlverwahrten Burg ihr ohne tigte sich eine Niedergeschlagenheit, die er nicht mehr zu Mühe Trotz bieten könne. Im Grunde freute er sich, eine verbergen vermochte. Traurig blickte er eines Abends auf willkommene Gelegenheit zu erhalten, sein Schwert aus der seine Stadt Hechingen nieder, wo ihm zum Hohne die Fahnen Scheide zu ziehen; daß ihm von einem Weibe eine ernstliche seiner Feinde wehten; mit schwerem Herzen sah er die sonst Gefahr drohen könne, kam ihm ohnehin nicht in den Sinn. so freundlichen Dörfer verbrannt, die lachenden Fluren ver- Doch hielt er für geraten, in den nächsten Wochen den heert, seine ganze Grafschaft von Feinden überschwemmt. nötigen Mundvorrat in die Burg schaffen zu lassen, um auf Seine Dienstleute, von deren Treue er überzeugt war, traten eine mögliche Belagerung gefaßt zu sein; auch beabsichtigte herzu und baten den Gebieter, mit den Feinden zu unter- er, die Besatzung zu vermehren und die waffengeübten handeln, indem in wenigen Tagen er und sie durch einen jungen Leute der benachbarten Orte um sich zu versam- elenden Hungertod zu Grunde gehen müßten. Friedrich fuhr meln, um einem drohenden Angriff rechtzeitig entgegen sie rauh an, er wollte nichts von unterhandeln hören. Er treten zu können. Die Kache seiner Feindin ging aber schnel- bestieg die Warte des Turmes, spähte nach allen Seiten, ob ler als seine bedächtige Ueberlegung. Als er des andern Mor- keine Hilfe nahe, bedachte wieder und abermals, ob denn gens in den Burghof trat, um Befehle zu erteilen, traf er gar keine Rettung mehr möglich sei. Aber kein lichter Strahl seine Leute in größter Niedergeschlagenheit. „Wie steht ihr fiel in sein erschüttertes Gemüt, seine traurigen Blicke fielen da!" rief er, „so verzagt und entmutigt, als hätte die Würt- nieder auf die, vor kurzem noch so herrlich prangenden, nun tembergerin schon in früher Morgenstunde nach euern verödeten Gefilde^ und er konnte sich nicht enthalten, vor dürren Waden geschnappt." „O Herr", entgegnete der alte sich hin zu murmeln: „Verschlungen hat sie doch Schioßvogt, „sp^ßt doch nicht! Wir sind schlimmer daran, mein G u t." als ihr glaubt. Wenn ihr euch auf die Warte bemühen wol- Des andern Morgens unternahmen die Feinde einen allge- let, werdet ihr selbst sehen, wie schlimm man uns gebettet meinen Sturm, und da die. Knappen des Grafen ihnen sowohl hat." Der Graf bestieg, sich über diese Rede gar verwun- an Zahl weit nachstanden, als auch der Hunger ihre Kräfte dernd, die Warte und prallte, oben angekommen, erstaunt aufgezehrt hatte, so wurden sie Herr der Mauern und der vor dem Anblick zurück, der sich unten am Fuße des Schloß- Tore. Nur wo Friedrich kämpfte, konnten sie lange nicht berges darbot. Rings um seine Feste hatte sich nämlich be- obsiegen, bis auch ihm endlich die Kräfte schwanden, und deutendes Kriegsvolk gelagert, dessen weiße Zelte in der er, aus vielen Wunden blutend, von einer überragenden Morgensonne gleißten. Auf einem kleinen Hügel in der Mitte Feindeszahl gefangen wurde. Die Gefangenschaft des Fein- des Lagers flatterte stolz das Banner von Württemberg und des verbreitete einen allgemeinen Jubel unter den Feinden. verkündete dem Grafen, daß seine grimmige Feindin, die Je mehr man ihn vorher fürchtete, je wunderbarere Dinge Gräfin von Württemberg, bereits angefangen, ihre Drohun- man sich von seiner Tapferkeit erzählte, um so größer war gen auszuführen. „Bei Lanze und Schwert", murmelte der die Freude, diesen Helden bezwungen zu haben. Die Ulmer, Graf vor sich hin, „sie hat mir schon einen Streich gespielt, denen Friedrich in die Hände fiel, waren so galant, ihn der indem sie meine Burg umschloß, ehe ich daran dachte, mich Gräfin Henriette zu überlassen; sie begnügten sich mit der mit Lebensmitteln zu versehen, und da alles auf eine ernste Plünderung der Burg. Die Württembergerin sah nun ihren Belagerung deutet, so muß mir dieses sehr unangenehm höchsten Wunsch erfüllt, hatte sie doch den bis auf den Tod sein." Der Graf hatte nicht Zeit zu überlegen, was nun zu gehaßten Grafen jetzt in ihrer Gewalt. Der arme Friedrich beginnen sei, als sich ein zweiter Kriegerzug mit großem wurde blutend und bis auf den Tod erschöpft vor die rach- Lärm und Getöse über die Vorhügel der Alb herunter be- süchtige Frau geschleppt. Sie trat ihm in glänzendem wegte, um sich nach kurzer Zeit mit den Württembergern Schmucke mit freudefunkelnden Augen entgegen. Wider alle zu vereinigen und die Umzingelung des Hohenzollerns voll- Erwartung begnügte sie sich, ihn einige Minuten lang un- ständig zu machen. Die Neuangekommenen waren fast eben verwandt anzuschauen, kein Wort kam über ihre Lippen; so stark als die Württemberger. und der Graf riet vergebens Friedrich mußte alle seine Kräfte - usammennehmen, um in hin und her, wer sie wohl sein möchten. Ehe er noch darüber männlicher Fassung seiner Feindin gegenüber treter zu mit sich einig werden konnte, rief ihn sein Leibknappe in können. Trotzig und ungebeugt hielt er ihren höhnischen den Rittersaal hinunter, und ein fremder Krieger kündigte Anblick aus. Hätte er durch ein einziges Wort seine Freiheit sich ihm als einen vereideten Reitersmann der Stadt Ulm wieder erlangen können, er wäre zu stolz gewesen, die an und überbrachte dem Grafen den Absagebrief seiner Gnade der Gräfin zu erbetteln; eher wollte er sterben, als Stadt, worin vermeldet wurde, daß ein hochlöblicher Ma- die geringste Gunst von dem erbitterten Weibe annehmen. gistrat von Ulm den Grafen von Zollern befehden wolle mit Nachdem sich die Gräfin an dem Anblicke des ihr verhaßten Schwert und Feuer der vielen Unbill wegen, so der Graf der Mannes geweidet hatte, lächelte sie arglistig und wandte sich freien Reichsstadt schon zugefügt. Die Gräfin von Württem- von dem Gefangenen weg, einer Schar von Bewaffneten zu- berg befand sich selbst bei dem Heere und spornte, Wut und winkend, die sich hinter dem Grafen aufgestellt hatten. Rache schnaubend, die ihrigen und ihre Bundesgenosser ,;ur Die Krieger schienen den Wink wohl zu verstehen, denn sie unaufhörlichen Tätigkeit an. In aller Schnelligkeit traf sie führten den Gefangenen hinweg, und nachdem seine Wunden Anstalten zu einem allgemeinen Sturme. Friedrich und seine in Eile verbunden waren, wurde er auf ein Pferd gesetzt, es Leute wiesen den Angriff aber zurück. Die Gräfin knirschte wurden ihm die Augen verhüllt, die Bewaffneten umgaben vor Zorn, als sie ihre Söldlinge unverrichteter Sache zurück- ihn von alien Seiten, einer nahm sein Roß am Zügel und so kehren sah. Friedrich blickte mit Stolz von dem SüßefSten ging es fort; er wußte nicht wohin Kaum hatte er noch Zeit, Rande der Mauer auf seine Feinde hernieder, welcl. ihn bevor ihm die Augen verbunden wurden, einen kurzen zwar in seiner Burg eingeschlossen hielten, aber in diesem Scheideblick nach seiner geliebten Stammburg hinaufzu- Augenblicke von größerer Furcht ergiiffen waren als er senden, und als er das württembergiscne Banner auf den selbst. „Sehet", rief er seinen Leuten zu, „diese feigen Kriegs- Zinnen flattern sah, seufzte er unwillkürlich und sprach in knechte! Obgleich uns an Zahl zehnfach überlegen, haoen sie düsterem Schmerz vor sich hin: „Verschlungen hat doch nicht den kleinsten Vorteil über uns errungen; wir sie nun meine stolze Vest e." haben sie mit blutigen Köpfen von unsern Mauern zurück- gewiesen. O, es ist begreiflich, ein tapferer Mann kämpft nie Der Graf wurde nun ohne Unterbrechung von seinen Be- unter der Fahne eines Weibes. Es sind Schurken, feige Mem- gleitern über Stock und Stein, durch Wald und Feld fort- men, und vollends diese Ulmer Krämer, kommen sie uns in geführt, bis die Schatten der Nacht die Erde umhüllten. Kein die Krallen, so werden wir ihnen ein Erinnerungszeichen Wort wurde auf dem ganzen Wege verloren. Friedrich litt fürs ganze Leben auf den Rücken brennen. Nur unverzagt. brennende Schmerzen; jetzt erst empfand er, daß sein Kör- Dein Mutigen hilft Gott!" Diese kriegerische Stimmung ver- per mit Wunden ganz bedeckt war; daß er dem Tode naher breitete sich um so leichter in der ganzen Besatzung, als stand als dem Lehen. Aber Dei weitem mehr folterten die dieselbe ihrem Herrn mit Leib und Seele zugetan war. Geistesschmerzen. Seine stolze Burg in Feindeshänden zu wis- sen, sein väterliches Besitztum vielleicht auf 'mmer verloren Mehrere Wochen vergingen, ohne daß ein bedeutender Zu- zu haben, sich selbst in der Gewalt des tückischen, verhaßten sammenstoß stattfand. Aber bald zeigten sich die üblen Weibes zu lühlen: das konnte ein Mann, ein Graf von Zollern Folgen der unterlassenen Versorgung der Burg mit Lebens- nicht mit Gleichmut hinnenmen. Dachte er vollends an sei e mitteln; dies war ein so großer Fehler, daß man ihn gar Zukunft, so kam er der Verzweiflung nahe, denn er -ußte nicht mehr gut machen konnte. Schon begann man bald an zugut, daß die Württembergerin ihn nicht auf Rosen betten diesem, bald an jenem Mangel zu leiden. Der Graf machte werde. Zuletzt gewannen sein ritterlicher Stolz und seine Ge- Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 35

Pfründehospital Hechingen lassenheit wieder die Oberhand, und er ritt in Träumereien und Ritterspiel eine Lanze brechen; nimmer werde ich die versunken, mit seinen Begleitern weiter. Ungefähr um Mit- blühenden Fluren meiner Heimat schauen, nimmer die stolze ternacht hielt der Zug auf einer Anhöhe. Der Graf wurde Ahnenburg, meinen Hohenzoller." Hier wurde Friedrich von aufgefordert, vom Pferde zu steigen; man nahm ihm die der Größe seines Unglückes so ergriffen; daß er sein An- Binde von den Augen, und er sah sich nun einem alten gesicht mit den Händen verhüllte; er, der seit seinen Kna- Turme gegenüber, dessen schwärzliche Mauern von den hie benjahren nie mehr geweint hatte, vergoß Tränen wie ein und da aus dem Gewölke brechenden Mondesstrahlen schauer- Kind. Wenn der Mensch sich und sein Geschick in schlim- lich beleuchtet waren. Nun verließen den Grafen die bisher men Stunden so ganz als Spiel von des Schicksals Mächten mühsam behaupteten Kräfte; der lange Ritt hatte ihn zu erblickt; wenn er sieht, wie erfolglos und ohnmächtig er sehr angestrengt, er stürzte besinnungslos zur Erde. Kaum ankämpft gegen die Wellen des Zufalls, wie der Kurzsich- hörte er noch den Anführer seiner Hüter, welcher mit rauher tige die Fügungen der göttlichen Vorsehung so oft nennt; Stimme zu ihm sprach: „So, hier in diesem stattlichen Turme dann bricht seine Kraft zusammen, er verzweifelt an sich sollt ihr nun künftig wohnen, edler Herr; nehmt euch aber und seinem geistigen Werte; er verwünscht das Leben und in acht, euren Spott nicht gegen die spröden Eulen zu richten, ruft selbst den Tod herbei. Solch' eine schwarze Stunde war die euch freundschaftlich Gesellschaft leisten werden; sie über unsern Grafen gekommen; er sank sinn- und kraftlos sind gar ehrbare Tiere und verstehen keinen Spaß. Ihr habt auf sein Strohlager nieder. Der Mittag kam, da wurde von nun wohl gesehen, wie weit euch höhnlnde Reden ge- unsichtbaren Händen Brot und Wasser hereingereicht, gerade bracht haben." so viel, als für den Grafen nötig war, um nicht zu ver- schmachten. Dies wiederholte sich alle Mittage. Die Nacht Als der Graf aus seiner Besinnungslosigkeit erwachte fand brach an, und die schauerliche stille und Einsamkeit wurde er sich in einem düsteren Gewölbe, dem untersten Teile noch unheimlicher. Im obern Teil des Turmes hausten die eines alten Turmes. Ein matter Lichtschimmer, welcher durch Eulen, welche in melancholischen Tönen ihre Hymnen auf eine kleine, mit starken Eisenstäben verwahrte Oeffnung die Nacht absangen, als wollten sie die Gemütsstimmung einfiel, beleuchtete diesen unheimlichen Ort nur spärlich. des Gefangenen in Tone ubersetzen. Geisterhaft klang dem Die Wände waren mit Moos bewachsen; der Boden, durch Grafen das Jauchzen des Käuzchens, er glaubte darin die das ständig an den Steinen niedertriefende Wasser genäßt, Stimme seiner ^eindiri zu erkennen; Entsetzen fuhr ihm bot kein trockenes Plätzchen. Friedrich vernahm Tone, welche durch Mark und Gebein. Bald aber fand er Ruhe in den dem Unkenrufe glichen. Er untersuchte die Beschaffenheit Armen des Schlummers. dieses traurigen Aufenthaltes; allein die schweren Ketten, womit seine Glieder gefesselt wurden, während er ohn- In dieser Gefangenschaft lebte Friedrich von Zollern längs mächtig da lag, zogen ihn auf das Stroniager nieder, welches Zeit. Die Gewohnheit, die eine Feindin cies Reichen und sich in einer Ecke des Turmes befand. „Hier also", begann Glücklichen ist, weil sie ihm seine Herrlichkeit gleichgültig er mit sich selbst zu reden, „hier soll ich mit lebendigem und selbst widerlich macht, ist eine Freundin des Unglück- Leibe vermodern; hier wird der zollernsche Aar von der lichen; denn sie mildert allmählich sein Leiden, paßt seine württembergischen Hündin zu Tode gemartert." Dann erhob Natur seiner Umgebung an, und läßt ihm das Uebel er- er seine Augen, als wollte er einen Vorwurf gegen den Him- träglich, selbst angenehm erscheinen. Dies war auch bei un- mel richten, aber, ach!, er .iah nicht den Himmel, sondern serm Grafen der Fall. Allmählich stellte sich bei ihm jene nur die düstere, halbzerfallene Decke seines Kerkers. Er Gemütsruhe wieder ein, die dem Manne so wohl steht. Er preßte die Hände krampfhaft über die Brust zusammen. fügte sich ohne Murren in sein Schicksal. Sein angeborener Dann fuhr er gefaßter fort: „Nein, ich kann es nicht glau- heiterer Sini kehrte wieder zurück, und er suchte mit Witz- ben, daß es so mit mir enden soll, daß mein jugendliches und Scherzreden sich und ändert zu belustigen. Eines Tages Leben hier vor der Zeit verwelken soll. Es ist nicht möglich! kamen zwei Klosterfrauen in den Turm in der frommen A Tß Und doch, ich fühle es, meine Ketten sprechen nur zu deut- sieht, den Gefangenen zu trösten. Sie blieben aber in der lich: ich bin von diesem rachsüchtigen Weibe dem Verder- oberen Abteilung des Turmes, von wo aus sie mit dem Ge- ben geweiht. Meine Vasallen, meine Freunde wissen gar fangenen redeten. Neugierig über den Besuch, fragte Fried- nicht, was aus mir geworden ist; sie haben wahrscheinlich rich, wer denn die Frauen seien. Sie antworteten, sie seien keine Spuren von meinem jetzigen Aufenthaltsorte, oder sie fromme Töchter Gottes. Hierauf forderte sie der Graf auf, glauben, ich sei gar nicht mehr am Leben. Ich darf nicht zu ihm herunter zu kommen, dazu machte er noch üble Be- hoffen, durch sie erlöst zu werden. Und wer soll mir sonst merkungen. helfen? Ich bin vom Schicksal niedergeschmettert, ohne Hoff- nung und Trost; niemehr werde ich mit meinen Mannen in Ein schwacher Hoffnungsschimmer auf Befreiung verließ die männererregende Feldschlacht ziehen, nie bei Turnier- ihn auch in trüben Stunden nicht; es schien ihm gewiß zu sein, daß der Tod seiner Feindin ihm jedenfalls die Türe 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957 seines Gefängnisses öffnen werde. Aber ein Jahr entschwand fen ein auserlesenes Schlachtroß vor. Zwei andere kleideten nach dem andern; die Kerkerwände, welche das Tagebuch ihren wieder befreiten Gebieter mit ritterlichem Gewände. des Gefangenen enthielten, waren mit Tage- und Wochen- Einen dankenden Blick warf der Graf gen Himmel, als er zeichen ganz überfüllt, und noch immer keine Befreiung. Da sich wieder seine treue Wehr umgürtete: dann schwang er wurde der Graf wieder kleinmütig und wollte an einer bes- sich aufs Roß und sprach ernst und feierlich: „Verschlungen seren Zukunft zweifeln; im vertrauenden Auf blick zum hat jenes Weib, wie sie gedroht, mein Gut, meine Burg, Himmel fand er aber Trost und Beruhigung; wie erfrischen- mein Leben; aber sie hat mir mich selbst, meine bessere der Tau auf lechzende Wiesen senkte sich Himmelsfrieden Kraft nicht entreißen können, und ich fühle jetzt wieder in sein zerrissenes Herz hernieder. eine Lohe des alten Mutes meine Adern durchglühen. Aber Eines Tages rasselten die Türen seines Kerkers, zwei auf Hohenzollern kehre ich nicht mehr zurück, der ich nicht Männer traten herein, entfesselten den Grafen eilig und imstande war, die Burg meiner Ahnen vor feindlicher Ent- führten ihn hinaus in Gottes Luft und Licht. Friedrich stand ehrung zu schützen. Wer mir folgen will, der nehme Schwert geblendet und wußte kaum, wie ihm geschah. Wenn Bewoh- und Schild; ich ziehe nach Palästina in Gottes Fehde; einer ner aus der Unterwelt heraufstiegen und plötzlich einträten heiligen Sache will ich fortan meine noch übrige Kraft in das frische, bunte Leben, so könnte ihre Ueberraschung weihen." So sprach der Graf, und seine getreuen Vasallen nicht größer sein als die eines Menschen, der jahrelang in schlugen klirrend die Waffen zusammen, rufend: er möge sie einem Gefängnisse lebte, wo Sonnenglanz und Monden- führen, wohin er wolle, sie würden nie zurückbleiben. schimmer nie hinzudringen vermögen, kein menschlicher Glücklich erreichte der Graf mit den Seinigen Palästina; Laut ertönt und der nun mit einem Male unvermutet der er schien neu verjüngt, als er den Boden betrat, den der Freiheit wieder zurückgegeben wird. Friedrich glaubte, er Heiland mit seinem Blute benetzt. Unverzüglich schloß er tauche aus einem Labyrinth voll Graus und Schrecken sich an die Kreuzfahrer an; er kämpfte wie ein Löwe gegen empor in eine höhere Welt. Endlich vermochte er, wieder die Ungläubigen, in allen Schlachten sah man das zoilrische hinauszuschauen in das Reich des Lichtes, und vor sich Banner in der vordersten Reihe wehen; Friedrichs Name sah er die Natur in ihrer alten Herrlichkeit; wie ehemals wurde bei Freund und Feind mit Auszeichnung genannt. lachten die Fluren, grünten die Auen und rauschten die Beim Sturm auf Jerusalem war der Graf einer der ersten, Wälder, schmückten sich die Wiesen, breitete der Himmel der die Mauer betrat. Nach vollendetem Siege wallfahrtete seinen azurnen Mantel über die blühende Erde aus. Nur er er demütig zum Grabe des Heilandes. Dort betete er in war anders geworden; die Frische seiner Jugend war dahin, tiefster Andacht, er dankte dem Ewigen für die Befreiung seine Haut verschrumpft, seine Haare grau, ein weißer Bart aus schmählicher Gefangenschaft und für die Gnade, ihn floß bis zu seinen Hüften hinab. Seine Glieder versagten inm hier an hochheiliger Stätte anbeten zu können. Sein Gemüt den Dienst; nur wenige Schritte vermochte er zu gehen. wurde ergriffen von den hochwichtigen Ereignissen, die zum Fast entsetzte er sich über die Verwandlung, die mit ihm Heile der gesamten Menschheit da geschehen waren, wo er vorgegangen, als ihn die unvermutet empfangene Freiheit weilte. Er versank in Entzückung, sein entfesselter Geist erfreute. Aus der Betäubung, in welche ihn der schnelle erblickte die Burg seiner Väter, den Hohenzoller; er sah Schicksalswechsel versetzt hatte, erwachte er bei dem Zu- daselbst einen Adler sich erheben, welcher künnen Flugs ruf einer bekannten Stimme. Er sah um sich und erblickte nach Norden steuerte und in der brandenburgischen Ebene seinen alten Leibknappen, welcher vor ihm kniete und mit sich niederließ. Nach kurzer Zeit schwebte er triumphierend tränenden Augen zu dem geliebten Herrn empor schaute. in den Lüften, eine schimmernde Krone auf dem Haupte Dieser verstand die Zähre des treuen Dieners, hob ihn von und seine Herrschaft erstreckte sich „vom Fels zum Meer." der Erde auf und sprach wehmütig lächelnd: „Verschlun- Der Graf verstand den Sinn dieser Erscheinung; er merkte, gen hat sie mein Leben. Doch, wie kommst du hieher? daß der Himmel ihm damit die Zukunft seines Geschlechtes Und wem habe ich meine Befreiung zu verdanken?" „O zu schauen gegeDen habe. Unnennbares Entzücken füllte sei- Herr", erwiderte der Knappe, „eure Todfeindin, die Gräfin nen Geist. Das Gesicht schwand, Friedrich sammelte sich von Württemberg, ist endlich gestorben; eure ganze Graf- wieder und beschloß sein Gebet. Als er aber sich von den schaft ist euch zurückgegeben. Ich habe eure getreuen Va- Knien erhoben hatte, überzog Todesblässe sein Angesicnt, sallen hierher geführt, um euch im Triumphe in eure Graf- und er sank dem treuen Leibknappen in die Arme. Seine schaft zurückzugeleiten." Während der alte Knappe so sprach, Augen wurden starr, sein Blut stand still, und kaum konnte war ein reisiger Zug in gleißenden Harnischen, das Banner er noch, ehe der Tod ihm ans Herz trat, mit bleichem des Grafen von Hohenzollern in seiner Mitte, vor dem Ge- Munde leise murmeln: „Verschlungen hat sie nun fängnisturm aufgeritten. Zwei Edelknaben führten dem Gra- a u ch m i c h."

Steinrösle (Daphne cneorum) auf der Gemarkung Trochtelfingen

Unter den seltenen Pflanzen der reichen und reizvollen kann, wie die nackten Felskuppen zeigen. Inwieweit der Auf- Albflora hat uas liebliche Steinröschen in der Nachkriegszeit trieb von Schafherden das Wachstum und die Verbreitung bei Natur- und Heimatfreunden, bei Forstämtern und Be- des Steinröschens fördert oder beeinflußt (Verhinderung von hörden besondere Beachtung gefunden, weil es an manchen hohem Graswuchs durch Abweiden, Festtreten der Wurzeln Orten sehr zurückgegangen ist, und die Gefahr besteht, daß im lockeren Sand, Dung) wird sich auf der Trochtelfinger es von seinem ohnehin begrenzten Verbreitungsgebiet noch Gemarkung in den nächsten Jahren zeigen, weil die Stadt- mehr verdrängt wird. Im südwestlichen und mittleren Teil verwaltung, dem Beispiel vieler anderer Gemeinden fol- der Schwäbischen Alb ist es in vielen Gemeinden bis zu gend, seit 1956 ihre Schafweide nicht mehr verpachtet. Da einer Höhenlage von 1000 m anzutreffen zwischen Engen bei fehlendem Weidegang die Fichte in der Heide rasch auf- und der Linie Erpfingen—Grötzingen—Blaubeuren Diese kommt, sollte ihre Verbreitung auf den mit Steinröschen Grenzen werden nicht überschritten, auch die Neckarseite bewachsenen Plätzen vernindert werden. der Alb wird gemieden /Nach Gradmann.) Trochtelfingen hat in der näheren und weiteren Umge- Die verschiedenen volkstümlichen Bezeichnungen Heide- bung den Vorzug, daß die Gemarkung noch mehrere Stellen resla, Eagatanägela, Wasanägela, Himmelfahrtsbleamle, geben aufweist, auf denen das Steinröschen gedeiht. Abgesehen von Hinweise auf den Standort und die Blütezeit. Es ist ein Sei- kleineren Plätzen in der Nähe des Städtchens, wo die Pflanze delbastgewächs, das sich im Gegensatz zu seinem größeren der Gefahr des Ausreißens am meisten ausgesetzt ist, hat Bruder, dem echten Seidelbast, bescheiden an die Erde sich das Steinröschen besonders im nordöstlichen Gemar- drück, sich dafür aber in die Breite ausdehnt, weite Rasen kungsteil ausgebreitet. Der Eggenfrischer Burren, dessen zu bilden vermag und sich durch die Purpurpracht und den Fläche immer mehr durch den zunehmenden "Waldbestand starken, an Nelken erinnernden Duft seiner Blüten Ansehen beschattet wird, duldet noch auf etwa einem Hektar das und Geltung verschafft. Etwa 10 bis 30 cm wird dieser Steinröschen. Allerdings erreichen die Rasen hier nicht die Zwergstrauch hoch. Die Blüten stehen zu 6 bis 12 in endstän- Ausdehnung wie im Erbseniand. (Dieses Gewann heißt im digen Dolden; die keilförmigen, lederartigen Blätter über- Volksmund „Sautreiber". (Nach mündlicher UeberVeferung wintern. Das Steinröschen ist sehr lichthungrig, liebt sonnige ist ein Sautreiber, der seine Läuferschweine ins Städtchen Halden, bevorzugt Schafweiden, gedeiht auch neben Wachol- getrieben und dort verkauft hatte, als er mit voller Geld- der und in lichten Fohrenbeständen, verschwindet aber, katze auf dem Heimweg nach Meidelstetten war, von einem wenn sich die Fichte breit macht, die allzuviel Licht weg- Unbekannten erschlagen und beraubt worden). Auf einem nimmt. Große Ansprüche an den Boden stellt es offenbar Areal von rund 3 ha tritt es hier mehr ocLr weniger dicht nicht, denn auf der Gemarkung Trochtelfingen hat es sich auf, und einen Morgen etwa bedecken die Blumenrasen fast dort am besten verbreitet, wo alte Gruben auf reichlich wie ein geschlossener Teppich. Wie auf dem Flachsbühl sind Kalksand schließen lassen und wo der Grund nicht tief sein die Blüten hier gefährdet, da man auch mit Motorfahrzeugen Jahrgang 1957 HOHENZOLLERISCHEHEIMAT 21

in unmittelbare Nähe der Fundstellen oder auch mitten Mit Kraftwagen, Motorrädern und Fahrrädern kamen ge- hinein kommen kann. Die Storchenhalde zeigt auf mehreren schäftstüchtige Interessenten, denen Schönheiten der Land- ha einen ordentlichen Bestand, der sich in den letzten Jahren schaft anscheinend nur etwas gelten, wenn ihr Wert unter rasch ausgedehnt hat, weil das Wachstum dort wie auf dem Soll und Haben gebucht werden kann. Sie rupften, stopften abgelegenen Gewann Kerren wenig gestört wird. In ver- in Rucksäcke und verschwanden, um die rasch welkenden schiedenen Gemarkungsteilen sind den Steinröschen im Laufe Blümlein auf den Markt zu bringen. Auch Fußgänger, junge der letzten Jahrzehnte durch die Aufforstung die Lebensbe- und alte, konnte man antreffen, die mit sichtlichem Behagen dingungen genommen worden. Riesensträuße nach Hause trugen. Die hängenden Wurzeln Obwohl es unter Naturschutz steht, sind Wachstum und verrieten die Art der Gewinnung. Mangels anderer Blumen Verbreitung des Steinröschens in den Nachkriegsjahren oder Ideen wurden in der Nachkriegszeit auch große Men- durch das rücksichtslose Ausreißen sehr gehemmt worden. gen zu Hochzeitssträußen gebunden. Das Forstamt Lichtenstein, dem die ausgedehnten Wal- dungen der Stadtgemeinde Trochteifingen unterstellt sind, und das Forstamt Gammertingen bemühten sich dann zu- sammen mit der Gemeindeverwaltung in den folgenden Jahren um den Schutz des Steinröschens. Schule und Alb- verein haben durch Aufklärung dem störenden und zer- störenden Treiben entgegengewirkt. Naturfreunde, Forstbe- amte, Landespolizei und im letzten Jahre auch die Männer der Bergwacht Reutlingen, übernahmen während der Blüte- zeit sonntags Kontrollgänge, haben Leichtsinnige gemahnt und unbelehrbare Frevler gebührenpflichtig verwarnt. Eine merkliche Besserung sowohl im Hinblick auf das Quantum als auch auf die Art des Pflückens konnte festgestellt wer- den. Gegen ein Blümlein, mit der Schere oder mit scharfem Messer geschnitten, hat wohl niemand etwas einzuwenden. Aber noch können Kraftwagen in den Blütenteppich hinein- fahren, und da ist die Kontrolle erschwert oder unmöglich. Deshalb sollen, wie man von unterrichteter Seite erfährt, die Zufahrtsstraßen für den Motorverkehr (ausgenommen Kraftfahrzeuge für den land- und forstwirtschaftlichen Be- trieb) gesperrt werden. Vielleicht gelingt es außerdem, daß die fraglichen Gemarkungsteile bis zur Blütezeit als „Natur- schutzgebiet" erklärt oder als „geschützte Landschaft" in die Landschaftskarte des Kreises eingetragen werden. Auch die Heimatfreunde, und das sind doch wohl alle Einwohner des Städtchens, werden sicher zur Erhaltung dieses schönen Schmuckes unserer heimischen Landschaft beitragen, indem sie sich Zurückhaltung auferlegen und für andere mehr „hinreißendes" als „ausreißendes" Beispiel sind. Alle, die in der Blütezeit die Steinröschenplätze unserer Ge- Steinröslein markung aufsuchen, um sich an dem leuchtenden und duf- 1. Pflanze, 2. Blüte von oben, 3. Blüte im Schnitt tenden Blütenwunder zu freuen, mögen die Mahnung des H • Honigdrüse Dichters beherzigen: (Der Verlag Otto Maier in Ravensburg stellte den Druckstock unent- „Der schönste Strauß des Frühlings blüht für dich; geltlich zur Verfügung. Aus dem weitverbreiteten Buche „Unsere doch wenn du ihn nicht brauchst, so laß ihn blüh'n für Gesteinsfluren und Trockenrasen" von Dr. Karl Bertsch.) sich." Rückert. Huber-Trochtelfingen. Der Geistervinze von Ringingen von J. A. Kraus 1. Er hieß eigentlich Vinzens Diebold und stammte von hengut geerbt, sich auch mit Grasen das bißchen Heu der Starzein. Aber den Ringingern war sein Name zu lang. So Wiesen streckte und bei reichen Bauern kräftig das Jahr nannten sie ihr kurz V i n z e. Der alte Steinhauer Karl hindurch mithalf, um einige Kreuzer zu verdienen, so wollte Dietrich, der in den 20er Jahren droben am Hälschlah seine es einfach „nicht langen". Denn die drei Mitesser sollten luftige Werkstatt hatte, von der er so schön über das ganze ausgesteuert und eine Schuldenlast von 377 Gulden (etwa Dorf herunterschauen und aus der Vergangenhe : und Ge- 1500 Goldmark) an Verwandte abgetragen werden. Als genwart so interessant von Land und Leuten erzählen konnte, schwere Last ruhte seit altersher auf dem ganzen Lehengut hat als erster die Aufmerksamkeit von uns wißbegierigen die Giltabgabe, die zwar damals auf die "iäuser 21 und 23 Studentlein auf den Vinze und seir Geisterhaus gelenkt. geteilt, aber immer noch dem Vinzenz allein mit jährlich 1 Nebenher handhabte er aber den Zirkel oder das Scharier- Scheffel 2 Simri Vesen, 6 Simri Haber, 2 Viertel Vogthaoer Eisen und den Schlegel über seinen roten oder grüngrauen und 43 Kreuzer 2 Heller auf dem Rücken lag. Sandsteinen so flink, daß es eine wahre Freude war. Tage- Da bot sich im J. 1778 eine günstige Gelegenheit, die Last lang konnte ich in den Ferien dort zusehen und den Schil- abzuwerfen. Der Weber Michael Dorn im Haus 89 unterm derungen aus Geschichte und Sage lauschen. Und sein Fran- Nähberg, wo damals noch nebenan eine kleine Quelle, der zele, die besorgte Hausfrau, mußte nur lächeln, wenn wir so Ringelbrunnen, entsprang, erklärte sich bereit, mit dem Vinze eifrig zusammen „dischgrierten". Auch ließ sie sichs nicht zu tauschen und ihm für sein halbes Lehengui mit Haus, nehmen, den Studiosus gelegentlich zum Vesper einzuladen, Scheuer, Hofraite und Gärtie, auch 1 Roß und Wagen fol- da der Weg zur Kirche hinüber zu meinem Vaterhaus doch gendes zu überantworten: Haus und Scheuer Nr. 89, Hof- allzu weit sei. raite und Gärtie im Wert von 200 Gulden und dazu noch 490 Gulden in bar. Nach kurzer Beredung mit seinen Freunden Doch daß wir wieder auf unsern Helden kommen! Seine nahm der Vinze den Tausch an. Denn jetzt konnte er seme genaue Geschichte stellte sich, erst spater aus Akten des Schulden bezahlen und d*& Kinder aussteuern. Denn die fürstenbergischen Archivs zu Donaueschingen heraus, zu jährliche Abgabe aus dem Haus am Nähberg betrug nur 20 dessen Herrschaft ja Ringingen mit dem kleinen Amt Troch- F.reuzer. Am 30. November wurde der Tausc- vor dem teifingen bis 1806 gehörte. Trochtelfinger Obervogteiamt ratifiziert und nachher in der Vinzens Diebold hat im Jahre 1776 in den Kreben neben Wirtschaft gebührend gefeiert. Bald zog der Michael Dorn das spätere Schulhaus ins Haus Nr. 23 geheiratet das ihm mit den Seinen durchs Gäßle hinab in Jen Kreben, der Die- seine Gesponsin Franziska ßailer zubrachte. An Vermögen bold aber mit seinem Hausrat und allem hinauf ins Über- hatte er so viel wie nichts. Sein Beruf als Roßhirt brachte dorf. Dieser Michael ist übrigens der Großvater eines C ö 1 e - knapp ein, was er brauchte, um sich, seine Frau und deren s t i n Dorn, aus dessen Nachkommenschaft in unseren drei Geschwister durchzubringen und sich noch des Sonn- Tagen eine dicke amerikanisch! Erbschaft die Köpfe heiß tags in der „Sonne" ein Viertele genehmigen zu können. werden ließ, ohne daß sich bisher das geringste Ergebnis Wenn auch seine Franziska ein halbes herrschaftliches Le- zeitigte! 22 HOHENZOLLE ISCEEHEIMAT Jahrgang 1957

Kaum war jedoch der Vinze mit seiner Frau ins Haus In Donaueschingen waren nun die aufgeklärten Herren recht eingezogen, mußte er feststellen, daß es doch nicht auch nicht von der Uebernatürlichkeit der Vorgänge in des recht seinen Erwartungen entsprach. Es stand auch nur mit Diebolds Haus überzeugt, sondern hielten das Ganze für ein 100 Gulden im Brandkataster, während sein bisheriges mit Märchen. Am 16. Juli 1783 wurde verfügt: Das Publikum der doppelten Summe eingeschätzt gewesen war. Dazu er- soll über derlei falschen Aberglauben aufgeklärt werden, fuhr man, daß zur letzten kirchlichen Jubiläumszeit um 1774 damit es in Zukunft nicht mehr von leichtsinnigen und bos- ein achtjähriger Bub vor dem Haus ein unheimliches Licht naften Leuten hintergangen werde. Daher sei vor versam- herumflaigern gesehen hatte, und des ausgezogenen Dornen melter Gemeinde der angebliche Geist als dumme Fiktion Weib, Katharina Pfister, habe seitdem immer wieder in der und falsche Ausstreuung zu erklären und zugleich dem Vinze Nachbarschaft beim Gervasi Uhland (Luzes Haus) oder beim vor allen zehn Prügel zu verabreichen. Auch werde dem Freudemannskaspar und sonst behar )tet, in ihrem Haus sei würdigen alten Herrn Dekan zu Ringingen mit gebührendem es nicht geheuer gewesen; sie sei daher gottfroh gewesen, Respekt klargemacht, er solle derlei Vorfälle nicht noch ins Dorf hinab ziehen zu können. Ihr Mann allerdings wollte durch unnütze Exorzismen unterstützen. Unterzeichnet ha- in den 26 Jahren, die er im fraglichen Haus 89 verbracht, ben die Regierungsräte von Lassberg und von Huppmann. nie etwas Geisterhaftes bemerkt haben. Aber die Weiber im Ort meinten: „Vielleicht gesteht er es nur nicht ein aus Es ging gegen Abend,. als der Obervogt Mors mit seinem Furcht, das Haus wieder heimgeschlagen zu bekommen." Schreiber und dem Trochtelfinger Stadtknecht die Kirch- Und tatsächlich fand jetzt auch der Vinze und sein Weib, holzer Staig gen Ringingen, vom Hörschwager Stich her es müsse nicht mit rechten Dingen zugehen. Bald krachte es kommend, herunterritten. Zwar herrschte kühles Wetter, im Gebälk, daß alle zusammenzuckten, bald knarrte der aber die Rosse dampften vom scharfen Ritt. Da krachte Laden oder zerschlug der Wind einen Fensterflügel und plötzlich im nahen Bäbeloch -sin Schuß, daß des Sekretärs heulte der Sturm um die Ecken, daß die Kuh im Stalle er- Gaul einen Seitensprung machte und ihn fast abwarf. „Aha, schreckt brüllte. Und manchmal schuhute auf den Tannen da wird der Wildschütz Josef Dorn ,der den Hechinger so hinter dem Häuslein ein Käuzchen des nahen Waldes, daß viel zu schaffen macht, ms 1 wieder vergebens auf ein Häs- es einem durch Mark und Bein ging. Gelegentlich meinte lein geschossen haben. Wär gescheiter, er würde seinem man, es schleiche ein Mensch ohne Schuhe durch Stube und Handwerk nachgehen als dieser brotlosen Kunst. Weil zwi- Kammer, seufze und schnaufe tief, oder klopfe an den Bäl- schen Starzel-Fehla und Laudiert, die freie Pirsch herrscht, ken herum. Bald wieder tickte es im Getäfer, als ob ein wo jeder beliebig jagen kann, läßt sich ja keine Wildsau böser Kobold sein Unwesen treibe. mehr sehen", meinte der Obervogt. „Ja, umsomehr wildern die Ringinger im zollerischen und württembergischen Forst" Der Vinze wandte sich an den Ortspfarrer, den alten wür- erwiderte der Stadtknecht. „Was machen die Frauen dort digen Dekan Bitzenhofer, er solle doch das alte verwun- in Kernenwies bei den Feuern?", fragte der Obervogt seine schene Haus aussegnen. So hat man denn einen de oft aus- Begleiter. „Die sind an den Brechgruben beschäftigt, wie helfenden Franziskanerpatres von St. Luzen in Hechiugen es drüben in Saien und am nördlichen Nähbergfuß noch zweimal hingeschickt, der allerlei kräftige Segen betete. Aber mehrere gibt", antwortete der Schreiber. „Die sind im Früh- es wollte anscheinend nichts 'lelfen, so daß der Vinze cTen jahr nicht ganz fertig geworden und jetzt vor der Ernte alten Dekan bat, da seine Familie nicht mehr zur P.ihe nutzen sie die Zeit aus." •— Der Hanf wurde damals nach komme, er möge sich doch von Konstanz vom Bischof schär- dem Liechen (so hieß man das Ausreißen beim Ernten), und fere und im neuen Ritualbuch verbotene Exorzismen geben nachdem der Hanfsamen bei den weiblichen „sambaren" lassen. Pflanzen in einem Faß ausgeklopft war, in der Rauße in Dies muß auch zu Ohren des fürstenbergischen Übervogts Wasserlöcher gelegt, daß eine Art Gärung die Fasern leich- Joh. B. Mors nach Trochteifingen gedrungen sein, der ange- ter löse. Dann wurden die Stengel in der Sonne oder an sichts der hellen Aufregung im Flecken Ringingen amtlich einem Feuer getrocknet. An Rainen waren Vertiefungen eingreifen zu müssen glaubte. Er beorderte aaf Freitag, den gegraben, diese ausgemauert und darin unterhielt man ein 4. Juli 1783, den Jungnauer Amtsschreiber Neudinger, den schwaches Feuer, über dem man Flachs und Hanf ausbrei- Praktikanten Hufschmied von Trochteifingen, den Salmen- tete, bis dieser „rauß", d. h. fertig zum Brechen waren. Letz- dinger Herrn Pfarrer Valentin Mayer mit dessen herzhaf- terem Zwecke diente eine Reihe von Holzgestellen, soge- testen vier Männern nach Ringingen ab, um die ganze Nacht nannte „Brechen", die von fleißigen Frauen und Mädchen im Geisterhaus zu wachen wie einst zu des Schwelhergeistes bedient wurden. Das Gestell bestand aus einer Sitzbank, Zeiten die ledigen Burschen im Ringinger Schloß, dessen von d»ren rechtem Ende im Winkel von 90 Grad vier paral- Ruine gerade oberhalb aus den Bäumen grüßte. Aber dies- lele schwertförmige Messer mit der stumpfen Schneide nach mal heizte niemand ein, und ein verräterisches Leuchten im oben abstanden, die vorn durch einen Holzblock mit zwei Herdwinkei, das zuerst Herzklopfen verursachte, entpuppte Füßen zusammengehalten waren. In die Zwischenräume sich als der Schein eines faulen fluoreszierenden Holzstückes. dieser vier konnten drei andere Holzmesser herabgedrückt Als die „Sieben Aufrechten" bei der milden Nacht eben ein werden, die sich in einem Scharnier rechts am Sitz bewegten, Nickerchen machen wollten, ertönte zwar ein weinerliches und deren vorderes Ende ebenfalls in einem Holzklotz mit Schreien, wie das eines kleinen Kindes, aber es war nur des einem hornförmigen Handgriff auslief. Die Frauen setzten Nachbar Freudemanns Rälling, der zum Katzenloch herein sich also auf den Sitz, hoben und senkten mit der Rechten seine Liebste anflöten wollte. Doch diese hatte angesichts die obere Messerreihe am Griff und hielten mit der Linken der fremden Uebermacht samt ihrem Herrn das Weite ge- eine Hanfsange (Handvoll Hanf oder Flachs) zwischen die sucht, und ein ärgerlich geworfenes Holzscheit vertrieb den festen unteren und beweglichen oberen Messer, sodaß die Kater. Stengel jeweils mehrfach göknickt wurden und die harten Es tagte am Osten, als die noch schlaftrunkenen Wächter holzigen Angpln („Aeg'na") abfielen, und nur die zähen Fa- dem zusammengeströmten Weiber- und Mannsvolk sagen sern, das Werg, übiig blieb. Dieses wurde dann über mußten, es sei nichts passiert. Darauf meinte der Nachbar einem aufrechten Brett „geschwungen", mit eisernen Käm- Josef Beck im Haus 90, das sei zu erwarten gewesen, denn men gehechelt nd in der Reib-Mühle zwischen Steinen der Geist sei ein Schalk, der keine Veranlassung habe, gewalkt, bis das Werg ganz fein und zum Spinnen fertig war. Fremde zu ängstigen. Als der Vinze nach einigen Tagen wieder zurückkehrte, Beim Herannahen des Obervogts und seiner Begleiter trat wurde er mit seiner Ehehälfte vors Amt zitiert und ausge- große Stille ein. Alle grüßten in größter Achtung den hohen fragt. Aber es war nichts anderes aus ihm herauszubringen, Vertreter des Landesherrn, von dem so vieles abhing, und als was man schon wußte. Das ärgerte nun den Obervogt der jetzt huldvollst mit einem Scherzwort der Gruß er- über die Maßen. Hatte er doch gehofft, den beiden in che widerte. Auf der Staig kam eben vom Eisenloch her eine tiefsten Tiefen der Seele schauen zu können und zugleich Gruppe Erzgräber mit geschulterter Hauen heim. Mor- durch Lüftung des Geheimnisses des Geisterhauses bei der gen würde ja nicht gearbeitet, da großes Vogtgericht, wie vorgesetzten Regierung und beim Fürsten selbst einen Stein alle Janre einmal, gehalten werden soll. Uebermorgen wird im Brett zu bekommen. Und nun war es mit all dem nichts. dann das gewaschene Bohnerz per Achse ins Bergwerk Je mehr er darüber nachdachte, daß ein armseliger Schluk- Thiergarten an der Donau geschafft werden. Vom Biren- ker, wie dieser Roßhirt, ihm, der höchsten Autorität im stall her nahte eine Frau, die frei auf dem Kopf eine große ganzen Obervogteiamt ins Angesicht hinein widerstand, desto Rolle Grobtuch trug, die sie dort auf den Wiesen auf der mehr kam er zum Schluß, daß er sich dies nicht bieten las- S p r i 11 e ausgebreitet und ständig mit Wasser gesprengt sen könne. Stracks rief er seinen Schreiber und diktierte hatte, bis es weiß gebleicht war. Eine neugierige Kinderschar ihm den ganzen Bericht an die hochfürstiiche Regierung mit fand sich bald ein, als die Reiter die Alte Staig und den der untertänigsten Anfrage, ob er mit mehrtägiger „Betur- Bach herunterkamen, um sich beim Sonnenwirt Johann nung" (Eintürmung) und herabgesetzter Atzung (Essengabe) Michel einzulogieren. Bald waren die Rosse im Gaststall und mit Prügelstrafe gegen den Halsstarrigen fürfahren und die Gäste in der Wirtschaft untergebracht, so daß sich dürfe. die Neugierigen bald verliefen. Auch die schwatzenden Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 23

Fachwerkhaus Hausen i. K.

Mädchen am dortigen Brunnen verstummten. Jedes nahm gefaßten Ring des Platzes von nicht ganz 17 Metern Durch- seinen Kübel und trug ihn auf dem Kopf, wie eine Königin messer erreichte, blieb er 24 Stunden straflos und unbe- die Krone, nach Hause. helligt. Erreichte er dann wieder den Ring, so wiederholte Am andern Tag riefen die Glocken zeitig zur Kirche, die sich die Straffreiheit, falls es der Missetäter nicht vorzog, sich wie an Festtagen füllte. Denn die Herrschaft Fürsten- in der Zwischenzeit die große Freiheit von Reutlingen zu berg hielt streng auf Religiosität und gute Sitten, und vor erreichen, wo er 1 Jahr und 1 Tag unbestraft bleiben durfte. dem Obervogt wollte niemand auffallen, als er seinen Platz Eine Nachricht vom Jahre 1530 im Fleckenbuch bezeugt, daß im Ehrenstuhl einnahm. Nachher zog alles auf den Dorf- im Kreben auf dem öffentlichen Tanzplatz auch Verpfän- platz unter die Linden im K r e b e n vor dem späteren dungen und Versteigerungen stattfanden. In unserer Zeit Schulhaus. Im Ring saßen die Herren, und rund herum war der Platz nur noch durch den Standort des Karussels stellte sich die Gemeinde auf. Es wurde wie üblich die alte und des Fastnachtsspiels ausgezeichnet. Vogteigerichts- und Landesordnung verlesen, dann alles An jenem Julitag aber schauten die Ringinger finster Rüg- und Strafbare in Dorf und Feld vorgebracht und drein, da die meisten von der Berechtigung der dem Vinze durchgesprochen. Dessen Protokoll legt beredtes Zeagnis ab, zudiktierten Prozedur nicht überzeugt schienen. Sie machten daß damals strenge Ordnung herrschte, was Wald und Feld, stumm eine Faust im Sack und fügten sich der rohen Ge- Weg und Steg, Haus und Hof anging. Dann folgte die Wahl walt des Polizeiknüppels. Der Betroffene selbst ließ keine der Fleckenämter vom Nachschultheiß an, den 12 Richtern, Schmerzen erkennen. Ob er dem Beispiel der Burladinger Untergängern (Feldgericht oder Marksteinschauer), Roß- und gefolgt war. ist nicht mehr festzustellen. Diese hatten näm- Feuerbesehern, Brotprüfern, Nachtwächtern, Schützen, bis lich beim Siebmächerle in Hechingen an der Staig extra eine zu den Hirten für Rosse, Kühe, Jungvieh, Schweine und gut gepolsterte Prügelhose hinterlegt, die jedesmal von Gänse. Die Ledigen über 18 Jahren wurden vereidigt. End- den Missetätern vor der Strafvollstreckung angezogen wurde, lich folgt das Regierungsdekret wegen des Vinze Diebol.ds Während in Ringingen an solchen Gerichtstagen nach dem Geisterhaus und er selL„t erhält vom Stadtknecht seine de- Mittagessen im Kreben noch weiter gefeiert und auf dem kretierten zehn „Arschböller" verabreicht. Tanzplatz zur Flöte und Schwebelpfeife getanzt, auch in der Der Ringinger Kreben hatte seit Jahrhunderten als Ver- anschließenden Kegelbahn die Geschicklichkeit ausgiebig er- sammiungsplatz für die Gemeinde und Gerichtsstätte ge- probt wurde, scheint diesmal niemand dazu Lust gehabt zu dient. Noch 1728 war damit ein Asyl (oder „Freiheit"), von haben. Nur einige Ledige „stetzelten" noch eine Zeitlang, 24 Stunden verbunden für alle, die sich, wenn nicht gerade indem sie einen Holzstecken in die Erde geschlagen, obenauf vorsätzlich, eines Vergehens schuldig gemacht hatten. Wenn einige Kreuzer gelegt und mit einem Federmesser dagegen ein solcher den mit einem Flechtzaun (d. h. „Kreben") ein- warfen, bis der Gewinner ermittelt war. (Schluß folgt.) Am Kremensee bei Trillfingen

von Maria E. F 1 a d Mit der Scheu eines Kindes, das zum erstenmal eine Kirche ten Tales wollig er nicht verlieren. Er sann auf Wege, die er betritt, steht ein Wanderer am Kremensee. Fast atemlos beschreiten wollte, um gerade sie in seinen Bann zu zj :hen. belauscht er das tiefgründige, stille Gewässer. Rasch hatte er das Richtige gefunden Er sandte seine Helfer, die sich auf die verfänglichste Art m das Kloster einschlichen Es erzählt ihm folgendes: „Auf meinem Grund liegen seit und sich als liebwerte Freier den weltfremden Nonn—l undenklichen Zeiten die Ueberreste rines versunkenen Klo- nahten. Beglückt hörten sie die Liebeswerbungen. Und sie sters. Vor seinem Untergang war es statt meiner in der Ein- schritten mit ihren Werbern zu Tanz, und Lust. Aus dem samkeit dieses lieblichen Tales zu sehen. Reine Jungfrauen Bethaus wurde gar bald ein Haus der Sünde besiedelten es in ewigem Gelöbnis an Gott. Dieses heilige Leber in seinen Mauern war weitum im Lande bekannt. Des Himmels Strafe aber blieb nicht aus: Eines ib.;es Wer das Klosterglöcklein läuten hörte, wurde von ihm ins sammelten sich schwarze, dicke Wolken am Himmel. Ein Gebet gezogen. Viele Menschen pilgerten in ihren Leibes- Feuerstrahl zuckte aus ihnen und fuhr in gerader Linie la und Seelenni en zu den liebenswürdigen Nonnen und ihrem das von Lärm erfüllte Sündenhaus. Ihm folgte der fürchter- trauten Kirchlein. So ging das viele Jahre. lichste Donnerschlag. Die Erde bebte. Das ;undige Kloster schwankte, als wäre es auf Sturmfahrt Ubers Meer. Ein Eines Tages aber sah der Satan die Gefahr, die seinem zweiter Donner schlug es in die Tiefen, und es versank. Reiche drohte. Die schönsten Jungfrauen dieses wohlbestell- Darüber breitete sich mein Gewässer und hält es nieder 24 HOHENZOLLE ISCHE HEIMAT Janrgang 1957 bis auf den heutigen Tag. Nur bei großer Dürre im Land, Da begab es sich, daß einmal ein Fleischerjunge einer wenn mein Gewässer sinkt, kommt das Kloster in seiner dieser Jungfrauen nachstellte. Plötzlich entdeckte er, daß sie alten Pracht ans Licht. mit Ziegenfüßen einherging. Er erschrak sehr und zog sich Da stiegen einstmals Klosterfräulein in seltenen Gewän- von ihr zurück. Als das Fräulein merkte, daß sein Makel dern empor ans Land. In ihren Händen glänzten altgeprägte, verraten w"ar, stürzte es laut klagend davon. Von dem Tage goldene Münzen. Im nahen Städtchen kauften sie nach ihren an aber kam keines der Klosterfräulein mehr an das Licht Bedürfnissen ein. Zu jeder Tageszeit konnten sie erscheinen. des Tages. Als der Wanderer das alles vernommen hatte, Oft gingen sie zu Paaren, oft auch allein. ging er besinnlich seiner Wege. (Nach einer Sage erzählt.) Die Erdbeben der Südwestalb und der Hohenzollerngraben II. Teil von Prof. Dr. Wilhelm H i 11 e r Landeserdbebendienst Stuttgart Wohl die meisten Leser dieser Heimatblätter wissen aus Verwerfungen und Grabenbrüchen zusammen. Betrachten eigener Erfahrung und Anschauung, daß die Zollernaib ein wir schließlich die Bebenherde im ganzen Schwarzwald und Erdbebengebiet ist, in dem es immer wieder einmal bebt, in Oberrheintal zwischen Schwarzwald und Vogesen, so können den meisten Fällen verhältnismäßig harmlos, zwischendurch wir überhaupt nicht in Verlegenheit kommen, die einzelnen aber auch so kräftig, daß bei der Bevölkerung der südwest- Bebenherde bekannten tektonischen Störungen zuzuordnen; lichen Alb verständlicherweise eine gewisse Angst um sich denn dieses ganze Gebiet ist ja neben dem großen Rhein- greift. Wenn man mit den Albbewohnern über diese Erd- talgraben von zahllosen kleineren Grabenbrüchen und Ver- beben spricht, so kann man die verschiedensten Ansichten werfungen kreuz und quer durchzogen. über die Art und die Ursache der Beben hören. Die einen Welche Schlußfolgerung können und müssen wir aus der meinen, die Beben würden von großen unterirdischen I in- Tatsache ziehen, daß die Erdbebenherde in Südwestdeutsch- stürzen herrühren; so naheliegend dieser Gedanke im Be- land (in derselben Weise übrigens im ganzen Alpengebiet reich der verkarsteten Alb mit den zahlreichen sichtbaren und in vielen anderen Zonen der ganzen Erde) aufs engste Erdfällen oder Dolinen an der Erdoberfläche ist, so zeigt mit bekannten tektonischen Störungen, also Verwerfungen schon eine kleine Ueberlegung, daß auch ein ganz großer und Grabenbrüchen, zusammenfallen? Wir wissen heute ganz derartiger Einsturz niemals die Energie erzeugen kann, wie sicher, daß alle diese Grabenbrüche und Verwerfungen im sie bei den meisten Albbeben wirklich auftritt. Andere Rau- Alpengebiet im geologischen Zeitalter des Tertiärs und Alt- ben, in den Erdbeben die Vorboten eires gewaltigen Vulkan- diluviums als unmittelbare Folge der Auffaltung der Alpen ausbruchs sehen zu müssen. Daß zu dieser Befürchtung kein entstanden sind. Ungeheure Kräfte haben in jenem Zeitab- Anlaß besteht, werden die nachfolgenden Ausführungen zei- schnitt in der Entwicklungsgeschichte unserer Erde nicht nur gen. Eine letzte Gruppe schließlich kommt in ihrer Ansicht dieses Werk vollbracht; alle jungen Faltengebirge der Erde der Wirklichkeit schon näher, wenn sie die Erdbeben als und auch die Tiefseegräben sind in jener unruhigen Epoche tektonische bezeichnet, dabei aber häufig doch nicht so richtig unserer Erdgeschichte entstanden. Auf das Warum und Wo- weiß und sagen kann, was das eigentlich ist. Ich folge daher her dieser Kräfte können wir hier nicht eingehen, da dies gerne der Anregung des Herrn Schriftleiters der heimat- zu weit führen würde. Man kann sich leicht vorstellen, daß zeitung, einmal in großen Zügen über das zu berichten, was damals die Bildung der Grabenbrüche und Verwerfungen wir bis heute über die Erdbeben der Zollernaib wissen. bei uns mit riesigen Erdbeben verbunden war, mit Erdbeben, Wenn wir die Erdbeben der Zollernaib richtig verstehen die noch viel stärker waren als die vernichtenden Beben, die wollen, so dürfen wir sie zunächst nicht für sich allein be- sich heute noch in Japan, Kalifornien und anderen Ländern trachten, sondern müssen sie in einem größeren Rahmen ereignen und bei denen wir Augenzeugen großer Verän- unterbringen; denn die Zollernaib ist ja nicht das einzige derungen an der Erdoberfläche im Zusammenhang mit den Erdbebengebiet im nördlichen Alpenvorland. Wir müssen hier Beben sind. Im Vergleich zum Gesamtalter unserer Erde ist gleich eine ganz große Frage stellen: Sind diese einzelnen der Zeitabschnitt vom Tertiär bis heute nur kurz. Wenn wir Erdbebengebiete vollständig unabhängig voneinander oder uns diesen Zeitmaßstab vor Augen halten, fällt es nicht stehen sie in irgendwelcher Weise räumlich und zeitlich mit schwer, zu sagen, daß die Auffaltung unserer Alpen in ihrer einander in Verbindung? Die endgültige Antwort auf diese heftigsten Phase zwar vorüber, aber noch nicht ganz abge- Frage konnte erst in den letzten drei Jahrzehnten gegeben schlossen ist. Die Menschheit erlebt noch das ausklagende werden, nachdem der Beobachtungsdienst in Südwestdeutsch- Stadium dieser gewaltigen Vorgänge. land genügend ausgebaut und verfeinert worden war, so daß Bei der Auffaltunf der Alpen ist, wie eben ausgeführt bei jedem einzelnen Beben zuverlässige Angaben über die wurde, das ganze nördliche Alpenvorland in zahllose größere Herdlage, die Herdtiefe, die Energie und den mechanischen oder kleinere Schollen zerstückelt worden. Bei der Fortdauer Vorgang im Herd gemacht werden konnten. der zwar abklingenden Kräfte im tieferen Untergrund des Im Land Baden-Württemberg haben wir die Erdbeben- ganzen *upengebiets sammeln sich an den Grenzflächen zwi- stationen Stuttgart, Tübingen, Meßstetten, Ravensburg, Karls- schen den einzelnen Schollen Spannungen an, die sich bei ruhe und Heidelberg, zu denen noch die Stationen Straßburg, einer gewissen Nachgiebigkeit des Materials der Erdkruste Basel, Zürich, Neuchätel und Chur des benachbarten Aus- gegenseitig ausgleichen, wenn cnd Ansammlung der Span- lands kommen. Alle diese Stationen haben hochempfindliche nungen sehr langsam erfolgt. Wenn die Spannungen aber Nahbeben-Seismographen, also Instrumente, die an ihrem Ort rascher anwachsen, als sie ausgeglichen werden können, bil- den ganzen zeitlichen Ablauf der Bodenbewegungen aufzeich- det sich an den Grenzflächen ein Spannungszustand aus, der nen, die durch ein Erdbeben hervorgerufen werden. Mit immer größere Ausmaße annimmt. Dabei ereignet sich im Hilfe eines so dichten und günstig besetzten Stationsnetzes allgemeinen zunächst noch gar nichts Sicht- oder Merkbares; ist es möglich, zunächst einmal die Lage des Bebenherdes, denn die Scholien sind an ihren Grenzflächen nicht voll- das sog. Epizentrum (das ist die Projektion des in einer ge- kommen frei, sondern gegenseitig mehr oder weniger „ver- wissen Tiefe gelegenen Bebenherdes an die Erdoberfläche) zahnt", d h.. sie haben eine große gegenseitige Reibung. In- mit der Genauigkeit von 1—3 km zu bestimmen. Zeichnet folge dieser großen gegenseitigen Reibung können sich an man alle so ermittelten Epizentren in eine tektonische Karte den Grenzflächen ungeheure große Spannungen ansammeln, Südwestdeutschlands ein, so sieht man auf den ersten Blick, und zwar so lange, bis der Reibungswiderstand nicht mehr daß die Erdbebenherde nicht willkürlich verteilt sind, son- ausreicht, um eine plötzliche Entspannung zu verhindern. dern daß sie aufs engste an tektonisch gestörte Zonen ge- Diese Entspannung ist in der Tiefe mit einer ganz kleinen bunden sind: Die Bebenherde der Südwestalb liegen durt - ruckartigen Bewegung der beiden Schollen gegeneinander weg im Bereich des Hohenzollerngrabens und seiner Rand- verbunden: Das Ganze äußert sich als Erdbeben. Die gegen- störungen. Aehnlich ist es bei den schwächeren und weniger seitige Bewegung an der Grenzfläche zweier Schollen braucht zahlreichen Beben der mittleren Alb, die mit den dortigen gar nicht groß zu sein, um ein starkes Erdbeben hervorzu- Verwerfungen und kleineren Grabenbrüchen zusammenfal- rufen. Wir wissen nicht genau, um welchen Betrag sich bei len. Die ebenfalls meist schwachen Beben im Albvorland bis unseren Erdbeben die Schollen gegenseitig in der Tiefe ver- Tübingen, Plochingen, Stuttgart und Ludwigsburg liegen mit schieben. Wenn wir aber ihre Energie erklären wollen, so ihren Herden in gestörten Zonen (z. B. Schönbuchverwc:- genügt dazu schon eine kleine Verschiebung von wenigen fung, Fildergraben, Schurwaldverwerfung usw.). Auch die Millimetern oder sogar von Bruchteilen davon; denn die Bebenherde in Oberschwaben, im Bodenseegebiet mit seiner Spannungen, die sich an der Grenzfläche auf einer gewissen Verlängerung nach Westen hängen aufs engste mit längst Länge und über eine gewisse Tiefenerstreckung entladen, bekannten oder erst in jüngster Zeit bekannt gewordenen sind ja außerordentlich groß, Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 25

Kornbühl (Aus der Festschrift der Feuerversicherungsanstalt)

Nach diesen Ausführungen ist es uns klar geworden, wes- Die eingangs gestellte Frage, ob die einzelnen Erdbeben- halb es bei uns Erdbeben gibt: Die Alpenauffaltung ist noch gebiete im nördlichen Alpenvorland unabhängig voneinander nicht ganz abgeschlossen, als Folge davon treten auch heute sind oder irgendwie miteinander in Verbindung stehen, ist noch im ganzen Bereich der Alpen Spannungen auf, die sich nach dem Gesagten zugunsten der zweiten Möglichkeit ent- an den bereits vorgezeichneten schwachen Stellen der bei schieden. Alle Beben gehen auf eine gemeinsame Ursache, der Hauptphase der Alpenauffaltung geschaffenen Tektonik die Alpenauffaltung zurück. Zwischen den einzelnen Herdge- ansammeln und bei ihrem plötzlichen Ausgleich zum I - bieten besteht also ohne Zweifel eine kräftemäßige Verbin- beben der Erde führen. Die Ursache unserer Erdbeben, die dung, von der man annehmen muß, daß sie sich auch im für uns Menschen so unheimlich und angsterregend sind, zeitlichen Ablauf der Beben in den einzelnen Herdgebieten liegt in den Alpen, die uns aber wieder dafür entschädigen, auswirkt. Dies ist tatsächlich der Fall. Der zeitliche Ablauf wenn wir an einem klaren Tag von den Höhen des Schwarz- der Bebentätigkeit bei uns ist nicht gleichmäßig, vielmehr waldes oder der Alb aus den prächtigen Blick auf diese Ge- wechseln verhältnismäßig ruhige Zeiten mit lebhafteren ab. birgskette genießen dürfen. Im Ablauf ist ein gewisser Rhythmus vorhanden, aber kein Das Zusammenfallen der heutigen Erdbebenherde mit den regelmäßiger. Man kann nur immer wieder beobachten, daß bekannten tektonischen S' örungen ist aber nicht der einzige nach einer Zeit verhältnismäßiger Ruhe nicht nur das eine Grund, weshalb wir die Erdbebentätigkeit bei uns in un- Herdgebiet anspricht, sondern der Reihe nach alle nacheinan- der oder im Wechselspiel hin und her. Besonders auffallend mittelbaren Zusammenhang mit der noch nicht ganz abge- r, schlossen Alpenauffaltung bringen. Seit etwa drei Jahrzehn- und ausgeprägt war diese Erscheinung in den Jahren ir 3 ten ist es möglich, uns den Registrierungen der verbesserten bis 1936, in denen fast alle Herdgebiete Südwestdeutschlands Seismographen auch etwas darüber auszusagen, was bei der (Rheintal, Schwarzwald, Südwestalb, Oberschwaben und Bo- stärkeren Beben im Herd mechanisch vor sich geht. Das ist denseegebiet) in häufigem Hin und Her rege waren. Man ein sehr großer Fortschritt der Erdbebenforschung, da wir bezeichnet diese Erscheinung als Verkoppelung der Erdbeben auf diese Weise die Erdbeben noch enger zu der bereits vor- bzw. der Herdgebiete und folgert daraus, daß eine gewisse handenen Tektonik in Verbindung bringen können. Auf die kräftemäßige Verbindung zwischen den einzelnen Herdge- Methode, wie man den mechanischen Vorgang im Herd er- bieten vorhanden ist. Solche Verkoppelungen sind auch in mitteln kann, soll hier nicht näher eingegangen werden. Nur anderen Erdbebenzonen unserer Erde zu beobachten, teils das bisherige Ergebnis dieses Zweigs er modernen Erd- kleinräumig wie im Alpengebiet, teils großräumig wie etwa bebenforschung in Bezug auf das nördliche Alpenvorland, im ganzen pazifischen Raum, worauf ich in einer kürzlichen für das diese Methode in Europa zum ersten Mal praktisch Veröffentlichung hingewiesen habe. Bei dieser Verkoppelung durchgeführt wurde, soll kurz genannt werden. In den ein- handelt es sich natürlich um außerordentlich verwickelte zelnen Herdgebieten Südwestdeutschlands ist der mechanische Wechselbeziehungen zwischen den Kräften und Spannungen Vorgang im Herd verschieden und entspricht, soweit man es von Herdgebiet zu Herdgebiet, die wir vorläufig nur ahnen bis jetzt beurteilen kann, genau der Tektonik der betreffen- können, ohne zu wissen, wie das Wechselspiel im einzelnen den Gegend. Im ganzen Gebiet des Oberrheintals zwischen vor sich geht. Da die "Wechselbeziehungen im allgemeinen Schwarzwald und Vogesen haben wir schräggestellte Sche- über eine große Fläche bestehen, bei uns mindestens über rungsbrüche, wie sie dem großtektonischen Vorgang ent- ganz Südwestdeutschland, kann man vermuten, daß sie sich sprechen, der den Rheintalgraben geschaffen hat. In Ober- nicht nur in einem dünnen Band von etwa 25 bis 30 km schwaben und im Bodenseegebiet herrschen waagrecnte Dicke (das ist die Mäcntigkeit der Erdkruste bei uns) ab- Scherungsbrüche vor, die weitgehend dem waagrechten spielen, sondern daß bei diesem Wechselspiel auch noch Schub im unmittelbaren Alpenvorland entsprechen. Im Ge- tiefer liegende Zonen beteiligt sind. biet der Südwestalb, die räumlich zwischen den beiden eben Die bisherigen allgemeinen Ausführungen waren notwen- genannten Herdgebieten liegt, haben wir sowohl schrägge- dig, uir äie gesamte Erdbebentätigkeit im nördlichen Alpen- stellte als auch waagrechte Scherungsbrüche. Neben der Lage vorland und in diesem Rahmen auch die Erdbebentätigkeit der Bebenherde bestätigt also auch der mechanische Vor- im Gebiet der Südwestalb richtig zu verstehen. Jetzt wollen gang in den einzelnen Bebenherden die Auffassung, daß die wir uns insbesondere diesem Teilgebiet zuwenden. Nach den Erdbeben in Südwestdeutschland m ;hts anderes sind als großen Zusammenhängen, die wir kennen gelernt haben, eine abgeschwächte Fortsetzung von Vorgängen, die mit dem können wir mit Sicherheit sagen, daß zwischen den Erd- Beginn der Alpenauffaltung eingesetzt haben. beben dieser Gegend und dem Hohenzollerngraben mit 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •JAHRGANG 1957 seinen Randstörungen eine unmittelbare Verbindung besteht. dies auch ohne weiteres zu verstehen. Bald konzentrieren Er ist die vorgezeichnete schwache Stelle, an der die Span- sich die Kräfte in die eine Gegend, bald in eine andere. Wie nungen sich immer wieder ansammeln und an der sie von lange der Schwerpunkt der Bebentätigkeit noch im Bereich Zeit zu Zeit zur Auslösung kommen. Ob nun der Hohen- der Zollernalb liegen bleibt, können wir nicht sagen. Nur zollerngraben, wie wir ihn von den oberflächennahen Schich- soviel dürfte ziemlich sicher sein, daß eine andere Herdgegend ten her kennen, aktiv oder passiv an den Erdbeben beteiligt Südwestdeutschlands mit erhöhter Erdbebentätigkeit an die ist, ist von untergeordneter Bedeutung. Wenn wir nur das Reihe kommt, wenn es im Bereich der Zollernalb etwas Oberflächennahe in Betracht ziehen, könnten wir ihn als nachläßt. Aber hier darf man nicht mit Jahren, sondern passiv beteiligt bezeichnen: denn Veränderungen an der Erd- muß mit Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten rechnen. Das oberfläche, die unmittelbar mit dem Herdmechanismus zu- Leben von uns Menschen ist ja ganz kurz im Vergleich zu sammenhängen, sind weder bei den starken Beben der Jahre den Zeiten, mit denen die Naturkräfte arbeiten. 1911 bis 1913 noch bei den ähnlich starken Beben des Jahres Ueber die mancherlei Einzelheiten, über die bei den Alb- 1943 beobachtet und festgestellt worden. Aber diese Be- beben gesprochen werden könnte, all ich hier nicht be- trachtungsweise allein ist nach den hier gegebenen allge- richten. Nur einige wenige Punkti allgemeiner Art will ich meinen Ausführungen nicht zulässig. Das Kräftespiel, das noch kurz erwähnen. Die bisher in Südwestdeutschland und von den Alpen her nach Norden ausstrahlt, reicht viel tiefer auch im Albgebiet aufgetretene maximale Bebenstärke hat hinab, schätzungsweise 100—150 km. Für die Beben der Zol- etwa den Grad 8 der 12teiligen Erdbebenskala erreicht. Man lernalb sind wir seit Bestehen der Erdbebenstation in Meß- kann mit großer Wahrscheinlichkeit damit rechnen, daß auch stetten in der glücklichen Lage, die Herdtiefe der einzelnen .in Zukunft dieser Stärkegrad nicht wesentlich überschritten Beben mit großer Zuverlässigkeit zu ermitteln. Sie beträgt wird, was immerhin eine gewisse Beruhigung für die Alb- durchweg 8—10 km; die Herde liegen also bei weitem nicht bewohner ist; aber der Stärkegrad 8 ist schon schlimm ge- so tief, wie mar früher allgemein angenommen hatte. Bis zu nug! Der Bebenherd im Gebiet der Zollernalb liegt übrigens einer Tiefe von mindestens rund 10 km reichen demnach auf nicht immer an derselben Stelle, aber im Bereich des Ho- jeden Fall die Störungen des Hohenzollerngräbens. Das von henzollerngräbens und seiner Randstörungen, die wenigstens den Alpen ausgehende Kräftespiel sitzt aber noch tiefer. teilweise etwas jüngeren Alters sind als der eigentliche Ho- Doch erst innerhalb der Erdkruste mit einer gewissen Festig- henzollerngraben. Nach den einzelnen Herdlagen seit dem keit können sich an den verschiedenen Grenzflächen des Novemberbeben 1911 bis heute erhält man den Eindruck, Hohenzollerngräbens die Spannungen so weit ansammeln, daß die Bebenherde im großen und ganzen langsam in nörd- daß es von Zeit zu Zeit zu einer ruckartigen Auslösung licher Richtung wandern. Der Herd der Beben in den Jahren kommt. Die Energie im Herd reicht nur noch zu kleinen Ver- 1911 und 1913 lag in der Gegend zwischen Ebingen und änderungen in der Tiefe, jedoch nicht mehr zum Durch- Lautlingen-Margrethausen. In den Jahren 1942 bis 1944 hatte reißen des Herdmechanismus bis zur Erdoberfläche, 3in er sich mehr in die Gegend von Tailfingen-Pfeffingen-Onst- Glück für die Bewohner der Zollernalb und auch der übri- mettingen verschoben und in den letzten Jahren war die gen Erdbebengebiete bei uns! Der Hohenzollerngraben als Nähe des Raichberges bevorzugt. Aber darüber läßt sich noch vorgezeichnete schwache tektonische Zone ist also doch der nichts Abschließendes sagen; denn 4 bis 5 Jahrzehnte sind Ausgangsbereich und damit letzten Endes auch die Ursache eine sehr kurze Beobachtungszeit. der Beben der Zollernalb. Wäre der Hohenzollerngraben Es bleiben überhaupt noch manche Einzelfragen übrig, die nicht vorhanden, so hätten wir dort auch keine Erdbeben, der weiteren Forschung vorbehalten sind. Eine dieser Fragen genau so wenig wie in vielen anderen tektonisch nicht ge- ist die möglichst eingehende Ermittlung des mechanischen störten Teilen Südwestdeutschlands. Vorgangs im Herd. Aus diesem Grund wurden in den ver- Seit dem großen Beben am 16. November 1911 ist die gangenen 6 Jahren auf der Zollernalb an zahlreichen Orten Zollernalb das aktivste Bebengebiet Südwestdeutschlands, ja ganz kleine Erdbebengeräte, sog. Stoßrichtungsanzeiger auf- sogar ganz Deutschlands. In den Jahrzehnten oder Jahr- gestellt, die den Zweck haben, bei einem stärkeren Erdbeben hunderten vorher hat es dort auch schon immer etwas ge- die Richtung der ersten Bodenbewegung an den verschie- bebt, nur nicht so stark und nicht so häufig. Dafür waren denen Orten im engeren Herdgebiet anzuzeigen, woraus dann andere Gebiete wesentlich unruhiger als heute, wie z, B. als Ergänzung zu den Aufzeichnungen der meist entfernter das Rheintal und der Schwarzwald. Der Schwerpunkt der liegenden Erdbebenstationen gewissermaßen die Feinstruktur Bebentätigkeit bleibt demnach nicht immer in derselben Ge- des Herdvorgangs ermittelt werden kann. Daß wir heute gend liegen, sondern verschiebt sich von Zeit zu Zeit von wenigstens in großen Zügen wissen, weshalb es bei uns Erd- einer Herdgegend zu einer anderen. Im geschilderten Wechsel- beben gibt und welcher Natur sie sind, dürften meine Aus- spiel der Kräfte, das im ganzen Alpengebiet stattfindet, ist führungen gezeigt haben.

100 Jahre Hohenzollerische Feuerversicherungsanstalt

Ein Abschnitt hohenzollerische Geschichte Zum lOOjanrigen Jubiläum der Hohenzolierischen Feuer- ten, waren die übrigen Gebaudeeigentumer verpflichtet, der versicherungsanstalt (1856/1956) ist eine kleine Festschrift Sozietät beizutreten. herausgebracht worden, deren Inhalt über dk Darstellung Das Fürstentum Hohenzollern - Hechingen besaß keine der Entwicklung der Anstalt hinaus manches Wissenswerte eigene Brandversicherungsanstalt. Die Versicherung der Ge- aus der Geschichte Hohenzollerns in den letzter hundert bäude wurde in diesem Fürstentum auf Grund eines Staats- Jahren bringt. Ob man die Geschichte der Feuerversicherungs- vertrages vom 7. August 1834 von der für das Königreich anstalt in ihrem ersten Jahrhundert für sich selbst nimmt Württemberg bestehenden allgemeinen Brandversicherungs- oder ob man ihre Berührungspunkte mit der geschichtlichen anstalt für Gebäude wahrgenommen. Bei der württembergi- Entwicklung Hohenzollerns herausstellt, immer bietet sich schen Anstalt bestand allgemeiner Beitrittszwang. ein geschichtlicher Rückblick, der für die hohenzollerische Heimatgeschichte bedeutungsvoll ist. Die Festschrift, die mit 1850 haben die beiden hohenzolierischen Fürstentumer zu den eingestreuten Bildern auch eine ansprechende Schau in bestehen aufgehört, ihre Gebiete wurden als „Honenzollern- die Landschaft unserer hohenzolierischen Heimat, den räum- sciie Lande" auf Grund alter Erbverträge taatsrechtlich und lichen Wirkungsbereich der Feuerversicherungsanstalt, bietet, verwaltungsmäßig Preußen angegliedert. Die staatsrechtliche läßt auch die für die Hohenz. Lande besonder interessanten Neuordnung führte zwangsläufig aucl für die Gebäudever- und bedeutungsvollen Berührungspunkte zwischen der staat- sicherung zu einer Neuregelung. Diese erfolgte durch das lichen Verwaltung und der landeskommunalen Selbstverwal- Gesetz vom 14. Mai 1855, nachdem auf Grund Allerhöchster tung sichtbar werden. Ermächtigung König Friedrich Wilhelm von 'reußen am 11. April 1855 den Auftrag erteilt hatte, den Gesetzentwurf Die Vorgeschichte der Feuerversicherungsanstalt greift zu- wegen anderweitiger Einrichung des Immobiliar-Feuerver- rück in die Zeit, in der Hoherizollern-Sigmaririgen und Ho- sicherungs-Wesens in den Hohenzollemschen Landen den henzollern-Hechingeri durch die Rheinbundakte geschaffene, Kammern zur verfassungsmäßigen Beschlußfassung vorzu- selbständige Fürstentümer waren. Für das Fürstentum Ho- legen. Die Leitung und unentgeltliche Verwaltung der An- henzoliern-Sigmaringen bestand seit dem 10. April 1808 eine stalt lag nach dem Gesetz vom 14. Mai 1855 bei der Königl. auf Gegenseitigkeit sich gründende Immobiiiar-Feuer-Sozie- Preußischen Regierung zu Sigrr ^ringen unter Mitwirkung der tat. Ein allgemeiner Zwang, die Gebäude bei dieser Sozietät ihr untergeordneten Behörden. Zur Vertretung des Interesses zu versichern, bestand nicht. Sobald jedoch die Mehrzahl der der Versicherten wurde bis zu dem Zeitpunkt, von dem ab Einwohner eines Ortes für ihre Gebäude den Eintritt in die diese einer ständischen Vertretung der Hohenz. Lande über- für dieses Fürstentum bestehende Feuersozietät erklärt hat- tragen werden konnte, ein Ausschuß gebildet, dem ein von JAHRGANG NIJT H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT 27

der Fürstlich Hohenzollern-Sigmaringen'schen Hofkammer herrn vom Stein, der nach den unglücklichen napoleonischen in Sigmaringen sowie der Fürstlich Fürstenbergischen und Kriegen und dem Zusammenbruch Preußens schon in den Fürstlich Thum- und Taxis'schen Domänen-Verwaltung ge- zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts dem Bürgersinn und meinschaftlich bestellter Bevollmächtigter, je ein Mitglied dem Gedanken der auf der freiheitlichen Mitwirkung des der Gemeinderats-Collegien der beiden Städte Sigmaringen Staatsbürgers beruhenden Selbstverwaltung der Städte und und Hechingen sowie je ein Mitglied aus den übrigen Lan- Provinzen neuen Impuls gab, indem er—für die preuß.Provin- desteilen der ehemaligen Fürstentümer Hohenzollern-Sigma- zen — die Schaffung von Provinzial verbänden als provin- ringen und Hohenzollern-Hechingen angehörten. zielle Selbstverwaltungskörperschaften in Aussicht genommen Von besonderem Interesse dürfte in diesem Zusammenhang hat. So besitzt Hohenzollern seit 1875 seinen Landeskommu- eine Uebersicht der Regierungspräsidenten sein, die von 1855 nalverband mit Kommunallandtag und Landesausschuß zur bis 1945 die Anstalt geleitet haben. Des allgemeinen Interes- Verwaltung seiner Selbstverwaltungsangelegenheiten. Von ses wegen seien jedoch auch die Regierungspräsidenten hier 1933 bis 1950 waren Kommunallandtag und Landesaussch jß genannt, die schon von 1850 ab, also in der Zeit vor dem aufgelöst. Von 1933 ab lag die Leitung des Landeskommunal- Inkrafttreten des Gestezes vom 14. Mai 1855, als Leiter der verbandes beim Regierungspräsidenten, ab 1945 beim Lan- Regierung gewirkt haben. deshauptmann. Der „Landeshauptmann" war — auf der Ebene der Provinzen — der Leiter der preußischen Provinz- Die Regierungspräsidenten verbände. Erst das Gesetz über die Selbstverwaltung der Freiherr von Spiegei ab 7. April 1850 bis 26. Juli 1850, Mar- Hohenz. Lande vom 7. 9. 1950 brachte die Wiedereinrichtung quis Ludwig Viktor von Villers ab 8. Aug. 1851, Robert von Sy- des Kommunailandtages und Landesausschusses und damit -ow vom 18. Mai 1853 bis 26. März 1859, Seydel vom 4. April die neue gesetzliche Fundierung des Landeskommunalver- 1859 bis Frühjahr 1863, Herr von Blumenthal vom 1. Juli 1863 bandes. bis Herbst 1874, Hermann Graaf vom 10. Dez. 1874 bis 1. Die Vorsitzenden des Landesausschusses Mai 1887, Freiherr Adolf Frank von Fürstenwerth (geb. in Hechingen) vom 6. Mai 1887, gest. 1893, Franz v. Schwartz Amtsgerichtsdirektor, später Landgerichtspräsident und vom 20. April 1894 bis 1. März 1898, Karl von Oertzen vom Geheimer Oberjustizrat August Evelt, Hechingen( vom 22. 1. März 1898 bis 16. Oktober 1899. Graf von Brühl vom 14. Juni 1874 bis 21. Januar 1899 (gest. 11. 12. '904), Fürstl. November 1899 bis 30. September 1919, Dr. Emil Beizer vom Hohenz. Hofkammerrat und Justizrat Wilhelm Hülsemann, 1. Oktober 1919 bis 31. März 1926, Alions Scherer vom 6. Mai Sigmaringen, vom 21. Januar 1899 bis 18. November 1918, 1926 bis 1. Septemoer 1931, Dr. Heinrich Brand vom 6. Okt. Ende des Kaiserreiches (gest. 22. 9. 1932), Führung der lau- 1931 bis 22. Februar 1933, Dr. Karl Simons vom 27. Februar fenden Geschäfte durch den stellv. Vorsitzenden Amtsge 1933 bis 30. Okt. 1939, Dr. Hermann Darsen vom 21. August richtsrat Dr. Beizer, Sigmaringen, vom 18. November 1918 1940 bis 31. Juli 1941, Wilhelm Dreher vom 1. Februar 1942 bis 22. April 1919; Amtsgerichtsrat Dr. Emil Beizer vom 22. bis 22. April 1945 April 1911 bis 30. September 1919 (gest. 18. 9. 1930); Pfarrer Die Preuß. Regierung Sigmaringen wurde im März 1946 Kamillus Branahuber, Benzingen, vom 17. November 1919 aufgelöst, nachdem, seit April 1945 die Abwicklungsgeschäfte bis 5. Oktooer 1922 (gest. 18. 2. 1931); Pfarrer Karl Vogel, von Clemens Moser als Präsident von Hohenzollern geführt Straßberg, vom 11. Dezember 1922 bis 10. April 1933. Ende worden sind. Die Aufgaben des Regierungspräsidenten — ohne der Weimarer Republik, Karl Maier, Burgermeister, Betra. Feuerversicherungsanstalt — sind damals auf die Landes- vom 10. April 1533 bis 31. Dezember 1933. direktion Tübingen übergegangen. Nach Auflösung des Hohenzollerischen Landesausschusses und Kommunallandtages im Dezember 1933: Landesdirektor Der Hohenzollerische Landeskoinnsunalverband Karl Maier vom 1. Januar 1934 bis 16. Juni 1943. Vom 17. Am 1. Januar 1875 hat der durch die Hohenz. Anus- und Juni 1943 bis 22. April 1945 wurde das Amt des Landes- Landesordnung vom 2. April 1873 geschaffene Landeskom- direktors vom Regierungspräsidenten mitverwaltet; nach munalverband der Hohenzollerischen Lande mit seinen Or- dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches am Ende des ganen die Vertretung der Versicherten bei der Hohenz. Feuer- zweiten Weltkrieges: Landeshauptmann Clemens Moser, versicherungsanstalt übernommen. Die Schaffung des Lan- Staatssekretär, von Ende April 1945 bis 13. März 1950 (gest. deskommunalverbandes geht zurück auf die Ideen des Frei- 4. November 1956); Stellv. Landeshauptmann Egon Müller, 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957

Bürgermeister in Sigmaringen, vom 1. April 1946 bis 26. Hohenz. Feuerversicherungsanstalt auf den Landeskommu- April 1949; Stellv. Landeshauptmann Leonhard Stiegler, vom nalverband durch die zuständigen Organe erörtert worden, 12. Juli 1949 bis 13. Mai 1950: otellv. Landeshauptmann Emil so bei der Beratung des Entwurfs der Honenz. Amts- und Straub vom 14. Mai 1950 bis 21. November 1950. Nach Neu- Landesordnung im Jahre 1873, dann 1906, ferner nach dem bildung des Landesausschusses im November 1950: Franz ersten Weltkrieg im Jahre 1920. Erst die Neuordnung der G o g, Oberamtsrichter, seit 1. 3. 1952, Landgerichtsdirektor, politischen und verwaltungsmäßigen Verhältnisse nach dem MdL., seit 21. November 1950. Zusammenbruch Deutschlands am Ende des zweiten Welt- krieges brachte die Uebernahme der Verwaltung der Hohenz. Uebergang der Verwaltung der Feuerversicherungsanstalt Feuerversicherungsanstalt durch den Landeskommunalver- auf den Landeskommunalverband band. Damit hat diese Frage ihre Lösung im Sinne voller Wiederholt ist nach 1855 die Frage des Ueberganges der Selbstverwaltung gefunden. Jos. Mühlebach. Drei Ehrenbürger-Urkunden aus dem Haigerlocher Stadtarchiv

Von Bürgermeister Hans-Joachim B a e u c h 1 e, Haigerloch Im Archiv der Stadt Haigerloch befinden sich wohlver- Hochformat 40 auf 33 cm befindet sich im Gemeindearchiv. wahrt drei Ehrenbürger-Urkunden: Die Widmung lautet: I. „Der hochwürdige Herr Geistliche Rat Josef Mar- mon, Dekan und Stadtpfarrer i. R. in Haigerloch, wurde Die älteste heute noch im Archiv der Stadt Haigerloch vor- in dankbarer Anerkennung seiner Verdienste, die er sich nandene Ehrenbürger-Urkunde stammt vom 1. August 1898. als treusorgender Freund und Förderer seiner Vaterstadt Sie ist in Buchform im Format 49 auf 38 crn (Hochformat) insbesondere als opferwilliger Stifter erworben hat, zum gehalten. Ehrenbürger der Stadt Haigerloch ernannt." Die Urkunde ist in rotem Samt eingebunden und lautet Die Urkunde trägt das Datum vom 24. Juli 1932. Dieser wie folgt: dritte Ehrenbürger starb am 13. 1. 1934. „Der hochwürdige Herr Geistliche Rat, Dekan, Stadt- III. pfarrer Maximilian Schnell in Haigerloch wurde Die letzte Ernennung eines Ehrenbürgers stammt aus aller- in dankbarer Anerkennung seiner langjährigen segensrei- jüngster Zeit. Sie erfolgte am 10. April 1954. chen Wirksamkeit ais Seelsorger, insbesondere in Würdi- Diese Ehre wurde dem Kunstmaler Friedrich Schüz zuteil. gung seiner Verdienste, die er als opferwilliger Stifter und In Abweichung von den übrigen Urkunden des Archivs ist stets bereiter Förderer der, dem Wohl der Jugend, wie der diese in altem Stile, also in Form der sog. Urkundenrollen Armen und Kranken dienenden Anstalten und Bestrebungen gehalten. Es handelt sich um ein kunstvoll beschriebenes, sich erworben hat, zum Ehrenbürger der Stadt Haigerloch er- wertvolles Pergamentpapier. Aufgerollt hat es das Längs- nannt." Dieser erste Ehrenbürger von Haigerloch starb am format 36 auf 55 cm. Der Urkundentext lautet: 22. Juli 1900. „In Anerkennung der wertvollen Dienste, welche unser ge- schätzter Mitbürger, Herr Kunstmaler Friedrich Erst 1922 wurde wieder eine Ehrenbürgerschaft verliehen. Schüz der Stadt Haigerloch durch sein künstlerisches Schaf- Diese Ehre wurde dem Haigerlocher Bürgersohn Peter Lenz fen in vielen Jahren geleistet hat, insonderheit aber auch als zuteil, dem kunstsinnigen Pater Desiderius Lenz Ausdruck tiefempfundenen Dankes für die unserer Stadt ge- O. S. B. in Beuron. Diese Urkunde ist aber nicht im Besitz schenkte Nachschöpfung des „Heiligen Abendmahls" von der Gemeinde. Leonardo da Vinci, hat der unterfertigte Gemeinderat in II. seiner Sitzung vom 1. Februar 1954 beschlossen, dem Künst- Im Jahre 1932, und zwar zu seinem Goldenen Priester- ler das Ehrenbürgerrecht zu verleihen, und hierüber die ge- jubiläum am St. Annatag dieses Jahres wurde der Geist- genwärtige Urkunde auszustellen." liche Rat Josef Marmon Ehrenbürger der Stadt. Leider ist auch dieser letzte Haigerlocher Ehrenbürger Auch diese Urkunde ist in Buchform gehalten. Die dunkel- nicht mehr am Leben. Er starb am 13. 10. 1954 an den Fol- braune Ledermappe mit dem eingeprägten Stadtwappen im gen eines wahrhaft tragischen Unfalles in Tübingen. Burladingen in vergangenen Tagen von J. Adam Kraus 1. Wer hört bei der heutigen Unrast nicht gern in stillen im Talgrund, und neuestens auch die Haiden hinaufklet- Stunden von der guten alten Zeit, von den früheren Bewoh- ternd, überragt von arbeitverkündenden Schornsteinen and nern unseres Fehlatales, von ihren Arbeiten und Leiden? In der neuen Fideliskirche, die der unvergeßliche Pfarrer R. der Erinnerung erscheint ja meist alles verklärt, wie unsere Biener als sein Lebenswerk mit seiner Gemeinde erstellen rings aufragenden Albberge im letzten Schein der Abend- durfte. Im Unterdorf aber steht noch die alte St. Georgs- sonne. In romantischem Licht stehen da die Hohe Wacht kirche mit ihrem düsterernsten Turm. Wie alt er wohl sein mit ihren kümmerlichen Resten der einst stolz aufragenden mag? Wohl nie wird sich der Schleier lüften lassen, der Burg Burladingen, der sagenumwobene Höllenstein mit sei- über den Anfängen dieses Gotteshauses liegt. Weit müssen nen geheimen Gängen und Kammern im Felsgestein, nach wir zurückgehen, bis in die Tage der Einführung des Chri- denen wir vor 2 Jahrzehnten mit dem längst heimgegange- stentums vom 5. bis 7. Jahrhundert, als glau'oenseifrigi Mis- nen Lichtbildner Mühlhansel d. ä. suchten, aber nichts fan- sionare die alten Verkehrsstraßen der Kelten und Römer den, vermutlich weil wir keine Sonntagskinder waren. Da einherzogen und den heidnischen Germanen den Christen- grüßt die Dof . t ">urg Falken über dem Annatal mit Fels- glauben brachten und sie tauften im Wasser der Fehla. Frei- graben und Wall und wenigen Resten, aber herrliche S ;ht lich läßt sich aus dem Kirchenpatron St. Georg kein zwingen- talabwärts zum abgegangenen Dorf Maigingen am starken der Schiuß auf die Entstehung der ersten Pfarrkirche ziehen, Gassenbrunnen, wo seit 2 Jahrzehnten jetzt das Pumpwerk wie dies etwa bei den Martinskirchen möglich wäre. Und die die munteren Quellnixen in den Dienst der Menschen ge- Martinsgüter zu Burladingen von 1435 können nach Ringin- zwungen, bis zu den verträumten Trümmern der ehemaligen gen, oder Ebingen oder sonstwohin gehört haben. St. Georg, Herrensitze Leckstein und Gauselfingen, dem man hinterher der edle Ritter, scheint aufs Kloster Reichenau zurückzu- den Namen „Hasenfratz" angehängt. Und rings breiten sich gehen, kann aber auch erst durch das Adelsgeschlpcht her- aus die uralten Wiesen und Ackerfluren mit ihren fast tau- eingekommen sein, das einst das Wasserschloß im Dorf und sendjährigen Namen, die Felder, die einst unseren Vorfahren um 1150—85 die Höhenburgen erstellt hr.oen mag da e»- el- ihr Eins und Alles waren, ehe in unserer Zeit die Industrie fach als Liebhngsheiliger des Ritterstandes erscheint. Sicher mit ihrem Geldsegen (aber auch ihrer Hast) den Einzug hielt. war im Jahre 772, als ein edier Bleon und sein Sohn hier Von den Halden rauschen die Wälder wie vorzeiten, als in Burdiaidingen (so hieß der alt>= Name des Dorfes) Ritter und Herren das edle Wild erjagten und die „Armen dem Kloster Lorsch an der Bergstraße Güter schenkte, das Leute" sich freiwillig oder gezwungen in den Schutz und die Christentum nichts Neues mehr, und wenn nicht schon ein Leibeigenschaft eines Mächtigen begaben, um einen Schützer Gotteshaus vorhanden gewesen wäre, hätte das Kloster nie t zu haben in den Tagen der Fehde und der Not. Und dort gesäumt, an dem wichtigen Knotenpunkt der Talstraße breitet sich das Dorf aus, langhingestreckt, Haus an Haus Fehla—Starzel und der alten Heerstraße Bitz-Hermanns- Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 29 dorf—Riiigingen eine Pfarrei einzurichten. Wie und wann naber hatte dieses Lehengut zu bearbeiten und daraus jährlich St. Vitus Ortspatron geworden ist, liegt ebenfalls ganz im an den Lehensherrn nach Ebingen abzuliefern- 2, Malter Ve- Dunkel. Jedenfalls war es lange vor der Mitte des 16. Jahr- sen, 1 Mit. Haber (Hechinger Meß, also je 366,94 Liter), fer- hunderts, wo wir von Hühner- und Taubenopfern und an- ner 2 Herbsthühner und 1 Fastnachtshuhn und 1 Viertel Eier derem zu seinen Ehren lesen. Wichtig und in ganz Hohen- (— 120 Stück). Es ist nicht uninteressant, die Grundstücke zollern einzigartig ist die Nachricht aus unserem Kirchen- aufzuzählen, die zum Hof gehörten. Es waren: kalender von 1687 unter Pfarrer Benedikt Schmia von Troch- Sieben Jauchert aneinander hinter der Kirch zu dem Fal- teifingen, der einen älteren von 1617 abschrieb „Im Jahre lentor am Pfarrwiddum, (Fallentor Falter oder Fallgatter 1185 war Kirchweihe der Burgkapelle (offenbar auf der Ho- im Weidezaun um das Dorf, auch Walltor geschrieben.) 1 J. hen-Wacht oder auf der Falkenburg) zu Ehren der Apostel- ol i dem hohen Bom, anwandet auf das Widdum. 1/a J. an der fürsten Petrus und Paulus und Johannes Baptista, deren Hohen Staig (1717 am Wolflehen). 2lh J. ebenda; 1 J. im Jahrtag am Tag nach Sommerjohannis gefeiert wurde. Allein Riiigiiigertal vor der Steingruob, anwandet auf die Widdums- in einem vandalischen Krieg wurden Kapelle samt Altar zer- güter und Iierein auf die Herrenbraite an den Weg am Her- stört." Das hiesige Adelsgeschlecht, das einen Jagdfalken im renhof. 7 J. genannt Hugenbraite am Stainin Bühel gegen Wappen führte, offenbar in Anspielung auf die Falkenburg, Tiefental, I J. in Tiefer' >1 stoßt auf Bi rklin. 2V2 J. auf starb schon um 1400 aus. Bereits vorher saßen auch ein Hans Schlichten, ziehen herab an den Weg. 17& J. an Ebenstaig von Salmendingen hier, und die Güter erscheinen z. T. im (Nebeistaig), 2 J. in Füllen (1717 I ylen) stoßen uf die Besitz der Truchsesse von Ringingen. Schon im Jahre 1275 Zieglers-)Grube und herauf an der Hudel Acker. 2 J. in wird im Zehntbuch der uralten Diözese Konstanz, die erst Fullen, stoßen uf der Krusen (Kraus) Gut; in Urschwang 1 J. 1821 durch Freiburg abgelöst wurde, auch in Burladingen an den Bürken. 6 J. in Aeßfeld (an der Gruob) stoßen an der eine Pfarrei erwähnt. Die Pfarriiste haben wir schon zum Herren Gut und ans Gemeinmerk (Gemeindegut). Ein Bom- Einzug des jetzigen Pfarrherrn im Kirchenblatt veröffent- gärtle und der Gart gehören ins Gut. 4 Mannsmahd Wiesen licht. Auffallen muß, daß noch 1544 (nach Hagens Lagerbuch vor Langenbuch, stoßen an den Langenhof. Der Acker zu im fürstlichen Archiv) hart neben dem alten Friedhof bei Uchtenhülb (b, d. Hangenden Bürk) stoßt an den Langen der Georgskirche „oben im Dorf" (von Hechingen aus ge- Hof. 1 Mm. am Schönrain stoßt an den Ragorn (Familie!). 2 sehen) das alte Schloß genannt wird, das freilich schon Mm. uf Buebenberg, 2 Mm. zu der Kobel (Gabel), 1 Mm. am damals zu einem Viehhof und einer Zehntscheuer degradiert Ebinger Weg, 2 Mm. im Degenfeld, 1 Mm. im hinteren De- war. Doch hatte noch die Gemeinde die Pflicht, das nötige genfeld, V2 Mm. im Klien, 1 Mm. im niederen Hart, Vs Mm. Holz fronweise herbeizuführen, wofür die einzelnen ein im Langental stoßen an Sahlen. 1 Wies auf Hewfeld ob der Fronbrot bekamen. Im Gegensatz dazu war im Jahre 1492 Schlaiterstaig, hat der Göckinger (Schattstaig gegen Hausen (nicht schon 1485, wie man behauptete) vom Bischo: Fried- a, d. L.). 1 Wies im Raus, zeucht gegen den Brunnen (Fehla- rich von Augsburg, einem geborenen Grafen von Zollern, Ursprung?). das sog. Schloß 1 e als Sommersitz gebaut worden, wozu Den andern Teil des Hofes bebauten Burkhart Frank und angeblich die zollerischen Bewohner von Stetten und Hör- Anna Spindler (Speidel?) und lieferten davon dem Lehen- schwag das Bauholz fahren mußten. Wie anderwärts wird herrn jährlich 2 Mit. Vesen, 1 Mit. Haber, 2 Herbsthühner, auch unsere alte Kirche auf Herrschaftsgrund erbaut ge- 1 Fastnachtshuhn und 120 Eier. An Grundstücken hatten wesen sein, weswegen noch heute der Herrschaft Hohenzol- sie: Item 7 Jauchert stoßen an obern Rauns und an Hippen. lern als Nachkommen der Gründer das Patronatsrecht, d. h. IV2 J. unter dem Weg stoßen beiderseits auf Lorenzen. 1 J. die Befugnis, den Pfarrer vorzuschlagen, zusteht. Genanntes am Hohensteig, 1 J. ob der Mühlinstaig, stoßt an Krusen und Recht haben die Grafen von Zollern im Jahre 1357 mit an- an die Staig. 1 J. hinter dem Heiligen Häuslin (Bildstock derem Besitz dahier und zu Maigingen vom Ritter Kun, .em oder Kapellchen). 1 J. vom Ringinger Tal, stoßt uf Stücklins Truchseß von Ringingen und seinen Söhnen Kun und Jörg Braitin. 1 J. in (Stein-)Gruoben, zeucht im Ringinger Tal käuflich erworben. an den (Mettenberg) Weg. 2 J. uf Schlichten, '/2 J. ob den 2. Bei der Seltenheit der Nachrichten aus Burladingen vor Anwanüer (vorm Wolfentäle) und ist ein Anwander. V2 J. 1500 sollen hier zwei Urkunden folgen, die erst kürzlich Dr. stoßt an den Weg. Ferner Haus, Hof und Scheuer K. Eisele anläßlich seiner Arbeit über die Grafschaft Zollern gehört in das Gut (1717 ist nur noch eine Wiese an dem Bach auffand. Inhaltlich sind sie zwar sehr trocken, lassen aber „Fohlen"). 1 Wiese in Wolfs Lehen zeucht herab uf den Wa- doch jeden Interessenten einen Blick tun in das Dunkel frü- sen. 1 Gart hinter Hansen Adelheids Haus. 4 Mannsmahd herer Jahrhunderte. Vorher sei nur hingewiesen, daß der vor Langenbuch. 1 Acker vor Büeblinsberg. 1 Mm. zu der (Affenschmalzer) Brühl an der Ringinger Grenze auf der Sahlen, V2 Mm. im Langental. 1 Mm. im Ebinger Weg, 1 Höhe beim Schlößle Ringelstein oder Aloiseschlößle im Jahre Bletz am Schönenrain, 2 Mm im Urschwung (am St. Georgs- 1438 von Kaspar von Ringelstein an den jüngeren Hans Gut). Schwelher käuflich überging. Von letzterem erzählt die Zim- Der Bruder des Verkäufers namens Hans Krämer ver- merische Chronik eine grausige Geistergeschichte (Hohz. Jah- schrieb der Käuferin als Unterpfand, falls der Hof von je- resheft 1954 S. 136). Dieser Kaspar schloß 1444 mit der mand anders angefochten werden sollte, ein Sechstel des Bauernschaft Burladingen einen Vergleich wegen des Weide- großen Laienzehnten zu Ebingen als Pfand. Die Urkunde triebs um Ringelstein, und 1454 finden wir eine Marken- ist besiegelt durch Junker Renhard von Meldungen und der beschreibung Burladingen-Ringingen, die im Hohz. Jahres- Stadt Ebingen. Im Jahre 1618 war der Möcklin von Burla- heft 1954 S. 137 veröffentlicht ist. dingen mit der Giltzahlung nach Ebingen im Rück: 1 and. Am Nun hören wir auf einmal von Ebinger Besitz zu Burla- 27. September 1717 unter Dorfvogt Zacharias Pfister und dingen. Am St. Otmars Tag des Jahres 1446 hat nämlich der Aftervogt Johann Demer fand eine Neubeschreibung obiger Ebinger Bürger Auberlin (Albrecht) Krämer seinen Bauern- Grundstücke statt. Die eine Hälfte hatten jetzt Kaspar Heg- hof zu Burladingen an die Liebfrauenkapelle Ebingen um ner und Hans Martin Demers Witwe und Consorten (vorher 132 Gulden (ca. 4356 Goldmark) verkauft, wovon noch eine Christian Mock und Hans Ruf), die andere Hälfte Georg Kopie des 17. Jahrhunderts Kunde gibt. Wie der Krämer zu Rentz und Jakob Hauser (vorher Jakob Schneider, Hans dem Besitz kam, ist unbekannt, aber noch 1553—60 war ein Hauser und Consorten). Dabei wurde eine ganze Anzahl Johannes Krämer (oder Institor) von Ebingen Pfariherr zu Stücke, besonders auf der Forstseit- überhaupt ni.ht Burladingen. Für die genannte Kapelle handelten die drei mehr gefunden! Als Zeu.:? fungierte der angeblich Ebinger Bürger Heinrich Rieber, Lorenz Kaufmann und Kon- 90jährige Stasi Schülzle, der jedoch erst 1636 geboren war rad Rieber als Pfleger. Der Burladinger Hof war zweigeteilt. (Zollerheimat 7, 95). Noch im J. 1818 und wo^' bis Zu Grur.r - Den einen Teil hatte Hipp Failhaber oder Faulhaber irme, lastenablösung 1840—bü bestanden die beiden Hälften des dessen Vorname aus Hippolyt entstanden sein dürfte, der Ebinger Lehens (Dom. Archiv Sigmaringen, Ka 3,5 Nr. 28 in der Nachbarschaft bald als Familienname auftritt. Ful- unc Ka 11, 3 Nr. 31). (Fortsetzung folgt.) Flurnamen der Markung Sigmaringen von Dr. Alex Frick, Tettnang 282. Untern*. Zu Brenzkofen gab es untere und obere also ein ödliegender Hau oder an den Ur, den es früher in Hanfgärten. den Wäldern gab. 285. Vogelherd. Der Wald südöstlich vom Nägeles- 283. Unterwasser*. Lagen unterhalb von Hedingen; feisen und die Felder zwisenen diesem Wald und den 7 Kri- an Flüssen findet man die Bezeichnung Unterwasser häufig senbäumen. Wahrscheinlich war früher alles Wald, denn (Buck). noch 1712 lesen wir, daß der Vogelherd ausgestockt warde 284. U r h a u Distrikt 138 südlich vom Nagelstein im Tier- und die Teile an die Bürger verteilt wurden. Hier befand park. Man kann hier an das alte Wort urch öde denken, sich wohl unter den Herren von Hertenstein eine Vogelbeize. 30 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1357

286. Volkwins Halden*. Der Abhang zwischen dem hatten, so war der Josefsberg die gegebene Stelle, da sie Nonnenhölzle und dem Ziegelholz, der heute Hohe Schönen- von hier aus einen weiten Ueberblick über die gegenüber- bergs Sack heißt. Die Volkwin besaßen den ganzen Schönen- liegenden Höhen hatten. berg. 292. W e r d *. Name verschiedener Wiesen an der Donau. 287. Vorderes Tal. Vorderer Teil des Tales an der Der Werd ist ein von Wasser umspültes Stück Land oder Jungnauer Landstraße hinter dem Brenzkoferberg. Ist durch erhöhtes Land im Wasser. den Manzenacker vom Hintertal getrennt; ursprünglich hieß 293. Wegacker*. Name eines Ackers im Schönen- das Tal wohl Eschenbrunnental. bergösch. 288. Wachtelhau. Distr. 10 bis 14 links der alten Krau- 294. Weidenbrücke*. Alter Name für die Laizer- chenwieser Straße. In Distr. 14 befinden sich die Reste eines brücke, der um 1600 durch den zweiten Namen abgelöst römischen Gutshofes. Auch diese Ruinen stehen dicht an der wurde. Markungsgrenze und wurden wohl ursprünglich als Mar- 295. Weidenwiesen. Die Wiese zwischen Donau und kungszeichen benützt. (Mitt. Hohenz. 1896; Fundberichte Ho- Laizerstraße, wo es viele Weiden gibt. henzollern Bd. 2; Die Römer in Württ. Bd. 3). Der Name 296. Weiherle*. Kommt in verschiedenen Fluren als kann von dem Vogel Wachtel kommen, da aber hier noch nähere Lagebezeichnung vor. lange die Ruinen standen, kann er auch mit Wacht, Wacht- 297. Weiherhau, Distr. 132 südlich vom Ablacher und turm zusammenhängen. Gögginger Weiher; wurde von der Stadt 1804 mit anderen 289. Wächterwiese*. Eine Wiese im Schneckengarten Waldteilen an den Fürsten verkauft. nutzte der Wächter auf dem Stadtturm (Rondell). 298. Weitreite*. Habsb. Urb.: „bi der stat ze Sigme- 290. Waldberg*. Alter Name für den Josefsberg, der ringen, ze Brentzkoven und ze Hedingen ligent acker und noch im Flurnamen „hinter dem Waldberg" bis ins 19. Jahr- nuwe grute, die man haißet witraite". Nach Fischer ist die hundert fortlebte (siehe Nr. 291). Witreite ein zum Anbau geeignetes Ackerland im äußersten 291. Wartberg*. In der Urkunde über die Stiftung ier Teil der Markung, Eigentum des Landesherrn und von ihm Frühmesse von 1359 heißt es: „duo jug. sita in loco dicto verliehen; Gegensatz ist Hof reite. hinder dem wartberg"; bei der Erneuerung der Frühmesse 299. Wendel. Flur östlich vom Brunnenberg, wahrschein- 1497 wird der gleiche Acker genannt: 1 jch. ackers hinderm lich stand hier ein Bildstock zum hl. Wendelin. Schon 1594 Waltberg an Hedinger kirchweg gen Laiz gelegen". Ur- hatte dort jeder Bürger einen Garten. sprünglich hieß also der Waldberg „Wartberg". Ob der 300 W e r r e n *. Die Wirbel bei der Laizerbrücke in der Name vielleicht daher kommt, daß auf dem Josefsberg ein Donau; das Wort kommt von ahd. hwerbo = Wirbel. römischer Wachtturm war? Auf den Höhen südlich des Jo- 301. Wilhelmshöhe*. Name für die Siedlung hinter sef sberges waren ja verschiedene Gutshöfe, auch führte eine der Buchhalde, welche von Fürst Wilhelm 1922 erbaut wurde. Straße von Laiz nach Mengen. Im ersten Jahrhundert nach 302. W i t b e r g. Bewaldeter Berg südlich vom Alten Chr. bildete die Donau lange Zeit die Grenze des römisch Schloß. Der Name kommt von witu = das Holz. besetzten Gebietes. Wenn die Römer hier einen Wachtturm (Fortsetzung folgt.) Aus dem Pfarrarchiv Rangendingen von Fritz Staudacher Anno 174 7' die 4. Augusti ist allhiesige Capellen von Kriegssteür in zweymalen bezahlt worden 189 fl. 29 x. Also Reverendissimo Jllustrissimo et Excellentissimo Domino Do- .st die Summe von 1796 bis auf 99 was bezahlt ist worden mino Francisco Carolo Josepho Fugger, Comite de Kirchberg 701 fl. 6 x. et Weissenhorn etc. Episcopo Dominolitiano et Suffraganeo In diesem Jahr 99 den 16. October ist der Hochaltar von Constantiensi in honorem S. Josephi, S. Wendelini et S, dem Schreiner Johannes Schenck von hier gemacht worden, Joannis Nepomuceni consecrieret worden, und fallet das Fest hat kostet 26 fl. der Kirchweyhung allzeit auf den sechsten Sonntag nach Anno 1800 den 25. Merz ist das weisse Rauchfaß von dem Fest des Hl. Erzmartyrers Laurentii. Ist auch accordiret dem Goldschmied in Rottenburg- gekauft worden, hat kostet worden, das ein jeweiliger Pfarrherr an obgemelten vier 27 fl. Festtägen, namentlich in Festo Dedicationis, S. Josephi, S. In diesem Jahr hat Joanna Stroblin seel. der Muttergotts Wendelini et S. Johannis Nepomucenti allda in gemeldter ihren blauen Schleier, die bey der Procession umgetragen Capellen den Gottesdienst halten solle. Praesentias pro quo- wird, machen lassen, hat kostet 15 fl. 36 x. libet sacro dat communitas scilicet 30 xr. Idem qui supra. Ferner hat in diesem Jahr 1800 der sogenannte lange Beck Den 26. Juni haben Seine Hochfürstl. Durchlaucht rierman Matheis Wannenmacher den Muttergottesaltar durch den Frideric Otto gnädigst gerühet die Huldigung von ihren Un- Schreiner Johannes Schenk machen lassen, dieser hat kostet terthanen anzunehmen, wobey das ganze Land mit aller Zu- 22 fl. Ferner ist in diesem Jahr 1800 den 14. September von friedenheit erschienen, ausge' ammen der Ort Bisingen hat der Pfarrey wegen Unkosten der Franzosen an die Land- wegen Strittigkeiten die Huldigung verseht' en. schaftscassen bezi hlt worden 8 fl. 26 x. In diesem Jahr den 6. May ist auch der Brunnen 50 vor Der französische General Moro hat dem Hechinger Land dem Pfarrhaus stehet, von mir und dem Mathies Birckle ge- eine Requisition geschenkt T on 74516 fl. Unser Durchl, Gnä- macht worden. Niemand hat sonsten an den Kosten bevge- diger Erbprinz Fridericus Graf von Hohenzollern sind nach tragen, folgsam hat niemand ein Recht an dem selben Was- Augsburg zu dem französ. General Moro gereiset und haben ser zu schoepfen oder eine Wasch zu halten; der Brunnen durch ihr gnädiges Vorwort den ganzen Nachlaß obenstehen- hat 30 fl. gekost. der Summa Gelds für das Hochenzollerische Land erhalten. Anno 1799 den 6. Merz sind die Franzosen wieder in das In diesem Jahr ist " uch die Monstranz ganz neu zu Rot- Reich ausgefallen, den 22. Merz ist eine Schlacht j<;v Ostrach tenburg vergoldet worden und hat kost 9 fl. 30 x gesehenen, diese kostete bey den Kaiserlichen und Franzosen Den 21. November habe abermal m fra, rösischen Un- 15 000 Menschen. Die Franzosen zogen sien sodan nach Freü- kosten zur Landschaftscassen bezahlt 16 fl. 26 x. denstatt zurück und den 6. April sind sie wieder in Frank- Den 26. November zur K. K. Requisition habe wieder be- reich hinein gezogen. zahlt 79 fl. 36 x. Den 10. Merz sind die Franzosen hier durch nach Hechin- 180 1 gen marschiert, wo man ihnen viele Ehr bewiesen, doch ha- Den 2. October sind Seine D^~chlaucht der gnädigste Erb- ben sie Seiner Hochfürstl. Durchlaucht dem gnädigsten Für- prinz Fridericus samt seiner Herzogl. Princessin, so eine sten Hermann Frideric Otto, die in Hechingen geblieben sind, Tochter von dem Herzog aus Ouerlanden war, das erstemal die 4 schenste Pferd abgenommen und 75 Luidor; man mußte ir das Land kommen. Höchst dieselben wurden mit ohn- an den General Wandam noch 2 Paar Stifel nach Bahlingen gelehr 600 Mann zu Pferdt in dem so genanten Buzen emp- nachschicken, die an 24 fl. gekostet. fangen und unter Abfeürung vieler Kanonen in den Lindach Anno 1796 mußte ich als von hiesiger Pfarrey zur bekleidet. KriegssteÜJ abgeben 510 fl. 45 x. Den 3. October ist gnädigste Herrschaft mit dem Erbprin- Anno 1799 den 19. August ist Pabst Pius der 6. in zen und Prinzessin abends um 7 Uhr nach Hechingen gefah- Frankreich in der Statt Valence in dem 82. Jahr seines Al- ren, wo sodan v '.eder 16 Kanonen abgefeirt wurden, in der ters und im 25. Jahr seines Pabstthumes gestorben. Anno Stadt aber wurde bey dem Einzug eine Illumination von 1798 den 28. Februar ist er von Rom als Gefangener von 3000 brennenden Lichtern gehalten. den Franzosen nach Frankreich geführt w< rden. In diesem Den 6. October wurde ein eingeschertes Jagen in dem Fas- Jahr 99 von dem 30. April bis auf den 25. November ist sahnengarten von 14 Stück Thanbildbreth, 4 zaamen Schwein, abermal von hiesiger Pfarrei zur Kaiserl. Requisition an welche aber schwarz geferbt worden und auf jede Schwein Jahrgang :957 H O H-±C N ZOLL ERISCHE HEIMAT 31

ist eine Katz gebunden worden in der Kleidung wie ein Äff, Guota Gensier sei /or ihn und die Bürger von Het- als wurden in einem dort gemachten Revier 24 zame Ardten tingen gekommen und habe gebeten, aus Liebe zu Gott in gesetzt, so ist diese Jagdt angestelt und alles tod geschossen dem Häuslein wohnen zu dürfen, das an einer Seite auf worden. der Kirchhofmauer daselbst stehe, und zwar ohne Den 16. Februar sind unser gnädigste Erbprinzessin zu Steuer und ohne Frondienste leisten zu müssen. Wenn eine Sagan in Schlesien mit einem Prinzen glücklich entbunden oder mehrere Schwestern zu ihr ins Haus ziehen wollten, worden, welcher in der H. Taufe die Namen Friederich Wil- möge man es ihnen ebenso gestatten. Dies wird vom adligen helm Herrmann erhalten hat. Herrn nun zugestanden mit dem Recht, immerfort dort um- Am 9. October wurde wiederum an französischer Requi- sonst zu wohnen und ihre Nachlässe zu vermachen, wem sie sition von der Pfarrey bezahlt 57 fl. 31 x. wollen. Wilhelm siegelt für sich und die Bürger. (Ptarramt Den 18. October als an dem Kirchweyfeste hat der wohl- Hettingen), — Schwäbische Ausdrücke: Sie laund = lassen; ehrwürdige H. Thomas Schwenck das erstemal hier als Dia- Doud = Tod: ich haun = habe; sie wend = wollen; waur con geprediget. wahr; Jaur = Jahr; darnauch ~ danach; Stiur =j Steuer. Den 26. December haben die Selbe ihr Erstes H. Messopfer Ein weiteres Pergament betrifft sowohl Hettingen, als in hiesiger Pfarrkirche dem höchsten Gott abgestattet. auch. G a m m e r t i n g e n. Am 1. Juni 1401 nämlich ver- Von Anno 1796 bis auf den 9. October 1801 habe an barem kaufte der Gammertinger Bürger Hainz Trützer an die Geld zu Kriegsunkösten bezahlt 900 fl. 46 x. St. Martinkirche zu Hettingen, vertreten durch die bei- 18 0 2 den Pfleger Benz Schick und Albert Kumbrächt Die verwittibte Fürstin Maria Theresia Erbtrücksessin von einen jährlichen Zins in Höhe von 4 ß Hlr. aus Kunz Zeil Wurzach ist gebohren 1732 den 15. Januar und nach Merbolds Haus im Dorf Gammertingen, gegenüber Empfang der H. Sterbesakramente an einer auszehrenden des Binders Haus, um 3 Pfund 6 ß Hlr. Der Zins ist Kranckheit den 17. Januar 1802 in dem 71. Jahre ihres Alters jeweils auf Michaelis aus Haus, Hofstatt und Hofraite zu in Augsburg gestorben. Die Hochseel. Fürstin haben rieh geben. Siegler ist die Stadt Gammertingen. (Pfarrarchiv verm. mit dem Hochseel. Fürsten Joseph Wilhelm den 7. Hettingen). Man beachte den Gegensatz zwischen Stadt Januar 1751, waren bey der Regierung 47 Jahr. Höchst die und Dorf Gammertingen. Letzteres ist der ältere Teil, der Selben haben auch für die Armen im ganzen Land ein Al- bei der Pfarrkirche links der Laudiert liegt, mosen gestiftet und sind mir durch den Herrn Geistlichen Am 11. November 1405 verkauft Hartlieb Läsch, Rath, Decan und Pfarrer Weiger, Hochwürden in Steinhofen Bürger zu V e r i n g e n, an die Martinskirche Hettingen 22 fl. zugeschickt worden, um solches Geld den Kranken und und deren Pfleger Benz Schick seine Gärten zu Het- Armen auszutheilen. tingen innerhalb des Etters, die er von Heinz dem Das hiesige Frauenkloster des Ordens des H. Vaters Domi- Melchinger von Hustnegg käuflich erwarb, und die nicus ist das erstemal in dem ' U303 von dem freyen Lehen der Herrschaft derer von Veringen sind. Preis 26 Pfd. Reichsritter Heinrich von ^LiadUKtjU' ftet worden. Sodann Hlr. Als Siegler erbittet er den Herrn Ulrich von Reg- aber auch durch den Sch TeaehJt -ie™ist selbes gänzlich zer- not s w i 1 e r. (Des letzteren Familie, die von Regentsweiler stehrt worden und 30 Jahr oed dagestanden. Das zweitemal bei Ludwigshafen am Bodensee stammt und ein gestürztes ist solches wiederum Anno 1458 von Titl Herrn Eitelfried- grünes Lindenblatt in Silber als Wappen führte, saß damals rich Grafen von Hohenzollern Hechingen gestüfft worden. zu Veringen.) Pfarramt Hettingen. Kraus. NB. In dem vorigen Jahr 1801 ist ein Viertel von dem 1405 29. März (Weißer Sonntag = Lätare). Der Hettinger Gypsacker, der mit rothem Esper angebaut war, verderbt Bürger Benz Vierdung und seine Gattin Adelheid Ur- worden durch die Fuhrwägen, sodann hat die Gemeinde für kunden: Frick der Mayger von Hermentingen habe den Ersatz des Schadens mir ein rechtes Baurenwägele He i von ihnen für „den guten Herren St. Gallen bzw. seinem in mein Scheür führen lassen. (Warum hast es angenommen?) Gotzhaus zu Hermentingen" als Pfleger 4 ß Hlr. Jahresgnt aus ihrem Hause und Garten gekauft, die bei dem Türlein und der Badstub liegen. Preis 4 Pfund weniger 4 ß. Siegler: Junker Eberhard von Obrostetten. (Pfarramt Het- Kleine Mitteilungen tingen.) Hettinger Urkunden. Am 5. Jan. 1379 ("Obresten Abend'") 1409 14. Sept. Graf Wölfly von Veringen urkundet: verkauften die Grafen Wolfrad und Fritz von Sein Kaplan Burkart Stoll zu Kätingen habe von Hans von Veringen, Gebrüder, an die ehrbaren Mannen und Steinhilben zu Herrenberg all seinen Besitz im Dörflein Veringer Bürger Hans H a 1 b g r a f, genannt Alter Schulz, Hermentingen gekauft, Landgarbe, Zins, Gilten. Er stiftete es und Oswald H e 11 m a n n 6 Pfund H: jährliche Gilt aus darauf an St. Katharinenaltar zu Hettingen in die Pfarr- folgenden Wiesen: Heinz von Land gibt 2 Pfd. 8 ß aus einer kirche, dessen (des Altars) die Grafen von Veiingen „An- Wiese an der Vehlen unter dem Weihe^ und aus 3 an- rother, Anheber Stifter und Uffer sind." Der Graf über- dern zu dem Horbrunnen. Der Münch gibt 12 ß Hlr. aus trägt nun das Gekaufte, das bisher dem Grafenhaus zu Le- 1 Wiese unter dem Weiher. Haerrn gibt 4 ß aus einer "V\ ^ese vor D u m m e t a 1 (wohl Tonental. gegenüber der Fehla- mündung). R e f f 1 i gibt 1 Pfd. 7 ß weniger 4 Hlr. aus 1 Wiese beim Ziegelhaus und aus einer beim oberen Brühl. Hans H ü n g 1 i gibt 13 ß und 4 Hlr. aus 1 Wiese beim Stegenbrugge und einer andern beim langen Bühl. Der K n o 11 e r gibt 16 ß aus 1 Wiese beim Horbrunnen. Der Kaufpreis beträgt 87 Pfund Hlr. Beide Grafen siegeln. — (Kopie beim Pfarramt Hettingen, worin irrig „Dumtemal" An das und 6. Januar steht.) Seb. Locner hat die Nachricht in seinen Veringer Regesten kurz erwähnt. Offenbar kamen diese Gilten aus Hettinger Bann später in Besitz der Kirche. Es handelt sich um die beiden letzten Sprossen des Grafenge- schlechtes. Da Wolfrad an erster Stelle steht, dürfte er der Postamt ältere gewesen sein, was man bisher offenbar nicht beach- tete. Nach Gabelkofer wurde er (t 1415) in der Kirche zu Hettingen beigesetzt, wo sich auch der Grabstein seines Va- ters Heinrich vom 25. März 1366 noch vorfindet. Als dritter ist sein Bruder Fritz dort (1385) beigesetzt (Mitt. Hohz. 5, 15), der Kirchrektor zu Veringendorf war. Hier haben wir auch in den ältesten Nachweis des Bachnamens Fe" 1 a, den man damals noch, wie Vorst und Vestung, mit V schrieb. Vo,i dem erwähnten Weiher im Fehlatal ist noch heute der Damm zu sehen. Das Ziegelhaus mag' eine ZiegelhÜLte ge- wesen sein, andere Flurnamen mögen Einheimische er- forschen. Horbrunnen dürfte auf Horw = Schlamm hinwei- sen. Schwäbisch finden wir schon aune ohne, und grüebk- lich = grüebig = ruhig. Eine weitere Urkunde von da scheint sich auf ein Klö- sterlein zu beziehen: Am 14. März (Sonntag öculi) 1395 urkundet Wilhelm von Hohenrechberg (Schwester- mann der genannten beiden Grafen): die ehrbare Frau 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957

hen ging, als Eigentum an den Altar, zur Ehre Gottes, der 10 Käs, fl Vtl. Eier (= 60), ist vogt- und dienstbar." Bei Muttergottes Maria, aller Heiligen und besonders St. Katha- vier weiteren fürstenbergischen Höfen fehlt diese Stellbürdin, rina und zum Seelenheil des Grafen und seines Geschlechts. bei sonst ähnlichen Lasten; statt deren findet sich ein Zins Er siegelt, (Pfa. Hettingen; vgl. Mitt, Hohz. 5, 1871, 31). von 5 ß, oder 1 Pfd. 5 ß, oder 17 ß, oder 5 ß Hlr. für die Vogte i", wobei unter diesem Zins vielleicht obige Stell- Alt-Veringen 1272. Eine interessante Urkunde aus diesem bürdin zu vermuten ist. Bei vier andern Lehenhöfen, die Jahr wird im Generallandesarchiv Karlsruhe (5/726) aufbe- fremden Herren gehörten, dabei zweimal der Kaplanei wahrt. Danach hat der Graf Heinrich von Alten- Neufra, finden sich nur „Wiesenzins, Stellbürdin, Vogthaber, Veringen (Antiquiori Veringen) dem Bischof Eberhard Vogthenne, ist vogt- und dienstbar", aber keine Lehengilt, von Konstanz bzw. der Bischofskirche die Burgund den die offenbar den fürstenbergischen Renovator nicht interes- Flecken (Castrum et oppidum) Alten-Veringen mit sierte. Ein Hof des Galli Straubinger gibt nur „5 ß V o g - allem Zubehör, adligen und bürgerlichen Einwohnern, Herr- t e i z i n s, 2 Sri Vogthaber, 1 Vogthenne", gehörte also wohl schaft, Ehehäften usw. übertragen und erhält alles als nicht Fürstenberg. Die zwei Höfe der Neufraer Kaplanei Mannlehen wieder zurück, so daß es sich in der männlichen geben jährlich an den Ortsherrn: Für die zwei Stellbürdin Linie als Lehen weitervererbe. Wenn der Graf ohne Man- 5 ß 6 Hlr., Vogthaber 2 Sr., 1 Vogthenne und sind vogt- und neserben sterbe sollte und nur eine Tochter hinterließe, dienstbar. Auch der Doppelhof des Klosters Stetten b. Hech. sind ihr vom Bischof, an den das Lehen dann als eigen (des Ludin Visel) zahlt „für Vogtei 5 ß, Vogthaber 3 Sri, 1 zurückfällt, 300 Mark reines Silber in Konstanzer Gewicht Vogthenne und nochmal 4 ß Hlr. (da ursprünglich 2 Güter). herauszuzahlen. Falls der Graf aber zwei oder mehr Töchter Man möchte nach allem vermuten, daß Stellbürdin eine hinterläßt, sollen sie 500 Mark Silber, als Ablösung er- Geldgabe an den Vogt war, eine Art Ablösung der Pflicht, halten. Burg und Flecken gehören dann absolut und frei die Pferde des Vogts einzustellen. Oder wer weiß dem bischöflichen Stuhl. Bischof und Graf siegeln am 26. etwas Besseres? J. Ad. Kraus. Juni, bezw. 7. Juli 1272. — Zierliche Schrift mit vielen Ab- kürzungen; Siegel verloren. Locher kannte die Urkunde in Altbeuroner Fälschung. Die angebliche Urkunde Karls des seinen Veringer Regesten nicht. Nach ihm hinterließ der Großen vom 29. Juni 786, die schon Zingeler in seiner Ge- Graf tatsächlich nur Töchter (Mitt. Hohz. Jg 5). In den Re- schichte des ehem. Augustiner-Chorherrenstifts (Mitt. Hohz. gesten der Bischöfe von Konstanz ist die Urkunde zitiert 19, 1885, S. 138 ff) als Fälschung abgelehnt hatte, erfuhr unter Nr. 2314. Auf der Rückseite steht, der Graf habe die neuestens durch Oberarchivrat Dr. Franz Herberhold-Sig- Schenkung an das (Dom-)Kapitel zu Konstanz gemacht. maringen eine gründliche Neuuntersuchung, leider an sehr schwer zugänglicher Stelle (Festschrift Adolf Hofmeister zum Was war nun Alt-Veringen? Neuveringen lag als Burg in 70. Geburtstag, dargebracht von seinen Schülern, Freunden der Nähe von Riedlingen an der Donau und ist von unsern und Fachgenossen, Verlag Mäx Niemeyer, Halle 1955, S. 80 Grafen benannt gewesen. Altveringen dürfte Veringen- bis 112; Sonderdruck "^er Landesbücherei Sigmaringen: d o r f sein. Ob aber unter der hier gemeinten Burg die D 4, 223). Danach istfs^^Hjjyhiwg erst zwischen 1761 und sog. Altenburg südlich von V e r i n g e n d o r f links der 1771 auf Vorlagen aus'*fiSRtif^^den und Beuron vom Tü- Lauchert und gegenüber von Ruine Affelstetten, oder die binger Juristen Prof. Gottfried Daniel Hoff mann unter Mit- Burg über Veringenstadt verstanden werden soll, mögen die wissen des Beuroner Kanzleiverwalters Barthol. Pizenberger Einheimischen entscheiden. Wenn man freilich „oppidum" und dessen Sohn Josef angefertigt worden. Schon 1787 hat mit Stadt übersetzen dürfte (was aber gar nicht selbst- der Freiburger Regierungsarchivar Uebelacker die Fälschung verständlich ist, da auch das nahe Bronnen um 1267 oppidum erkannt und somit dem Grafen Gerold, Schwager Karls des heißt), wäre die Frage ja gelöst. Es scheinen weiter keine Großen, als angebl. Gründer von Altbeuron keine Glaub- Urkunden über diesen neuen Besitz des Bischofs vorhanden würdigkeit zugesprochen. Kr. zu sein, so daß wir nicht wissen, wielange er dauerte. Kr. Mii gütiger Erlaubnis des -derder-Verlags veröffent- Was bedeutet Stellbürdin? In dem Bruchstück eines für- lichen wir zwei kleine Abschnitte aus dem neuen stenbergischen Urbars vom Jahre 1562 über Melchingen Roman von Anton Gabele, „Der Wundermann vom Bodensee" (siehe vorige Nummer der H. H.). (Arch. Donaueschingen Vol. VIII, D, Fasz. 2) findet sich im ganzen 22 mal unter den Angaben der Höfe auch verzeich- Ein geschichtlicher Brautzug net: „Für die Stellbürdin (auch Stel- und viell. Stolbürdin)". Solch einen umjubelnden Brautzug hatte das Land noch Dabei sind 21mal 5 Schilling 6 Heller und einmal 2 ß 9 Hlr. nie gesehen wie den, der im Frühjahr des Jahres 1770 durch (dies offenbar als halbe Summe) zu zahlen und zwar an den das Salzkammergut und das Allgäu zur oberen Donau nieder- Ortsherrn Fürstenberg. 3ürdin bedeutet Last oder Ab- stieg. Ueber Berg und Tal hatte man eigens für diesen Braut- gabe. Bei fürstenbergischen Lehen z. B. lauten die Abgaben: zug eine Straße gebaut, von Wien bis vor Straßburg, hatte „12 ß Wiesenzins. 5 ß Hlr. für die Stellbürdin, 4 Schf. Ve- tausend Triumphbogen. Kränze und Girlanden hergerichtet, sen und ebensoviel Haber, 4 Sri. Vogthaber, 1 Vogthenne, 1 Lieder komponiert, Reden verfaßt. Kein Haus am Weg war Fastnachtshenne, 2 Herbsthühner, 2 Schultern (Schinken!); ohne Blumen und Maienzier, und der ärmste Knecht hatte sich einen Primelstreuß auf den Filz gesteckt. Als nämlich so die Glocken im Land anhüben und ihre Eintracht von Stadt zu Stadt weitergaben, als gar die goldene Karosse ins Tor schwankte und das blonde Wunderkind, die Prinzessin Maria Antonia, winkte, da hoffte jeder, es werde ihm fortan besser BESTELL-SCHEIN gehen. Und man hoffte es nicht • ur, man hielt es schon für gewiß. Denn diese Prinzessin, Tochter der mächtiger Kai- serin Maria Theresia und Braut des nicht minder mächtigen zum Bezug der „Hohenzollerischen Heimat" Königs von Frankreich, die trug noch den Frieden mit sich, Frieden zwischen Deutschen und Franzosen, Frieden für das Ich,'wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch blutgetränkte Europa. Messmers Heimkehr die Post Stück „Hohenzollerische Heimat", Verlags- Mit Vaters Augen und auf Vaters Wegen spazierte nun postamt Gammertingen, zum halbjänrigen Bezugspreis Messmer langsam und besinnlich um den See. Zuerst be- suchte er Iznang, das kleine ärmliche Haus, wo er geboren von 80 Pfennig. wurde, das Kirchlein, wo er zum erstenmal der großen Gott geahnt, den Friedhof, wo seine Eltern ruhten. Dann ließ er sich zur Mettnau, zur alten lieben Reichenau hinüberrudern, stand vOi der Schilfhütte, darin er mit dem Vater manches- mal zur Entenjagd gelauert, sah den Fischern zu, den Reb- Vor- und Zuname bauern, den Fröschen und Wasservögeln und besuchte end- lich wie ein demütiger Wallfahrer die drei alten Kirchen der Insel. Er kannte keinen der Menschen mehr, an denen er vorüberging, und niemand erkannte ihn. Aber als er aus dem tausend Jahre alten Kirchlein von Oberzell trat, kam der greise Pfarrer gegenüber aus dem Pfarrhaus und rief, Genaue Anschrift mit dem Finger auf ihn zeigend: „Du bist dei Heilig, oder ich will keine Augen haben!" Da war der Alte kein anderer Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw, Nachbe- als der Josef Riegger von Owingen, mit dem Messmer sechs Jahre lang SeiiSJan Seite auf der Schull ,..nk gesessen. 1 .us stellungen der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deut- dem einstigen Hünen war ein knittriges Männlein geworden, liche Schrift wird gebeten. aber sein fröhlienes Herz war ihm geblieben. Hohenzollerlsehe Heimat

Vierteljahresblätter für Schule und Haus Preis halbjährlich 0.80 DM

Herausgegeben vom Verein für Geschichte, Kultur- und Landeskunde in Hohenzollern in Verbindung mit der hohenz. Lehrerschaft

Druck: Schriftleitung: Buchdruckerei S.Acker, Gammertingen Josef Wiest, Gammertingen Postverlagsort Gammertingen

Nummer 3 T Gammertingen, Juli 1957 I 7. Jahrgang /. Teil Ulrich von Württemberg und Mechtild von Hohenberg-Haigerloch

Anmerkung: Albert II. von Hohenberg-Haigerloch (der Engelsgesicht und ihre schlanke, majestätische Gestalt. Wenn Minnesänger) regierte von 1258—1298. Seine Schwester ver- mählte sich mit dem Grafen Rudolf von Habsburg, der i'on sie sich über den Stickrahmen beugte, floß eine Fülle blon- 1273 bis 1291 deutscher König war. Nach dessen Tode brach der Locken über Stirne und Nacken. Die andere hatte die der Landfrieden zusammen. 1291 fiel Graf Eberhard von Würt- Wellen des braunen Haares um einen silbernen Pfeil ge- temberg in Verbindung mit dem Pfalzgrafen von Tübingen in das hohenbergische Gebiet ein. Albert II. weilte wahrscheinlich wickelt. Sie erschien lebhafter in Blick und Bewegung. Das noch in Speyer, wo sein Schwager König Rudolf gestorben schwarze Gewand der beiden Mädchen glich dem Kleide der war. Die Burgen Waiblingen. Berg und Endersbach wurden durch den herbeigeeilten Albert zerstört. Den Schluß der Nonnen. Es war ihre Trauerkleidung. Sie trauerten um ihren Fehde bringt die nachstehende Erzählung. Oheim, den König Rudolph, der wenige Wochen vorher ge- storben war, und um eine schöne und frohe Vergangenheit, Eine stille Herbstnacht war am 1. September 1291 auf die er mit sich in das Grab genommen hatte. Das Bild der die Stadt Haigerloch niedergesunken. Der aufgehende Mond Himmelskönigin, das halb vollendet auf dem Stickrahmen hätte nicht erkennen lassen, ob die Gestalt auf der äußeren erschien, sollte mit der goldenen Inschrift seine Gedenktafel Ringmauer lebend oder von Stein sei, wenn nicht der Leder- werden. Sie wollten diese der heiligen Jungfrau weihen und anzug entschieden hätte; Koller, Beinkleider, Stiefel, Helm, am Feste Mariä Geburt sollte der Pater Caplan dieselbe Handschuhe, Wehrgehäng — alles von Büffelleder mit eiser- feierlich einsegnen und aufstellen. Sie hatten das Hand in nen Ringen. Ein langes Schwert schimmerte an der Seite im Hand gelobt, als sie jüngst in einer Schreckensnacht vom Mondlichte, und ein Paar rollende Augen blitzten über das brennenden Weilerschlosse flohen und in der Waldesein- lange Gebüsch des Bartes hinaus. samkeit zu den Sternen emporweinten. Darum arbeiteten sie Mehrere Knechte keuchten ab und zu und füllten einen so emsig an dem frommen Werke und strebten Tag und Schanzkorb mit Steinen. Endlich waren sie fertig und schöpf- Nacht nach dessen Vollendung. ten Atem. „Mich wundert es nur", begann der eine, „wozu wir nach der Feierstunde noch die Schanzkörbe füllen müs- Die ehrsame Frau Edeltrudis trippelte herein und mel- sen, da doch kein Mensch daran denkt, die Burg anzugreifen. dete einen Eilboten von der Zollergräfin, der seine späte Wer hat denn diesen Unsinn befohlen?" Der andere deutete Ankunft mit dem schlechten Wege und der Wichtigkeit sei- achselzuckend auf die Ringmauer. „Wer es befohlen hat? nes Auftrages entschuldigte. Die Mädchen nickten neugierig Nun wer anders als der lederne Relling! Es muß ihm wieder und erhoben sich zum Empfange des Gastes. geträumt haben." Ein Mann im Reitermantel, das Gesicht vom wallenden Die Gestalt auf der Ringmauer bewegte sich auf einmal Federbusche beschattet, erschien unter der Türe, welche die und rief mit dumpfer Stimme herunter: „Fertig?" Amme hinter ihm schloß, während er einen Schritt vortrat „Ja, Burgvogt!" und mit einer tiefen Verbeugung das Barett abnahm. Die Da klirrte sie die schmale Treppe herab und schritt auf blonde Jungfrau zuckte zusammen und entfärbte sich flüch- das untere Tor zu. „Noch so spät in Tätigkeit, Herr Vogt?" tig: „Graf von Württemberg, es ist zu spät, daß ich die Ver- redete ihn eine heitere Stimme an, „wittert Ihr denn irgend- wegenheit schelte, welche Euch über die Schwelle Eures wo eine Gefahr?" Feindes führt." „Vergebt meiner Kühnheit, erlauchte Frauen", Burgvogt Relling, von seiner Rüstung der Lederne genannt, sprach der Fremde, „ich komme als Freund dieses Hauses, streckte die Hand gegen den Fragenden aus: „Wachet und und werde ich nicht als solcher betrachtet, so bin ich Euer betet, lautet das Gebot, damit euch der Feind nicht über- Gefangener." rasche! Kennt Ihr das Zeichen, das einem schweren Ge- Euphemia setzte sich wieder an den Stickrahmen und er- witter vorausgeht?" widerte ernst: „Ihr habt Euch in den Burgfrieden des Vaters „Wie heißt es?" und in unsern persönlichen Schutz begeben und dieser sei „Totenstille wie diese Nacht. Ich wittere Blut." Euch auch zugesagt." „Ihr seid durch die Botschaft gefeit, Der andere lachte. Der Vogt kam zu dem untern Törge- welche Ihr melden ließet", fuhr die blonde Mechtild fort, und wölbe, als ihm ein reisiger Dienstmann zugeführt wurde, somit seid uns willkommen!" welcher noch eine Botschaft bringe. Nachdem er dessen ge- Der Fremde faßte ihre Hand zum Kusse: „Dieser Gruß flüsterten Bericht angehört hatte, wandte er sich langsam von Schwabens holdester Jungfrau ist jedes ritterliche Wag- gegen einen Buben und murmelte: „Ruft mir die ehr- und stück wert. Mag auch Fehde sein zwischen den Vätern, die tugendsame Frau Edeltrudis herab!" —- Hierauf schloß er die Kinder halten Gottesfrieden, und so möget Ihr gestatten, daß Ausfalltüre, besichtigte die aufgezogene Fallbrücke und die ich als Gast hier eintrete." Tore, hing den Schlüsselbund an seinen Gurt und führte den „Wenn diese befremdende Sicherheit, mit welcher Ihr Fremden zu der inneren Burg, wo ihm eine Matrone ent- hieher kommt, ihren iguten Grund hat, warum habt Ihr Euch gegen kam und mit dem Dienstmann verschwand. nicht meinem Vater selbst vorführen lassen?" „Ich habe ihn Der Burgvogt erhob den Arm: „Wohl bekomme dir die noch nicht hier vermutet", antwortete der Graf, indem er Falle, seiest du, wer du wollest! Du kommst mir diese Nacht den Mantel abwarf und in der Tracht eines Reisigen vor nicht mehr zur Burg hinaus!" — Er zündete eine Fackel an, ihr stand, deshalb lege ich den Oelzweig des Friedens, wel- um eine Runde durch die untern Bastionen zu machen. chen ich dem blutigen Kriege abringe, zuerst zu Euern Die düstere Front der Burg, welcha in schwindelnder Höhe Füßen nieder, erlauchtes Fräulein, als Pfand der Versöhnung über dem Eyachflusse zu schweben schien, war einzig von und Freundschaft." dem roten Schimmer eines Bogenfensters belebt. Hier prangt Mechtild ließ sich im Vordergrund des Gemaches in einen ein hohes Gemach mit gemaltem Spitzbogengewölbe. Pracht- Sessel nieder: „So löst uns das Rätsel Eures abenteuerlichen volle Stickereien überdeckten die Wände, bloß unterbrochen Erscheinens!" von reichen Geräten und rauschenden Vorhängen, welche Die Amme brachte einen reichen Schemel und wollte den das Bogenfenster und die Nebentüren verhüllten. Von feen- Gast zum Sitzen nötigen, doch dieser wehrte sie ab und trat hafter Beleuchtung umstrahlt, saßen zwei Jungfrauen an noch einmal vor: „Zuerst meine Bitte um Vergebung! Ver- einem riesigen Stickrahmen und arbeiteten schweigend. Ob gebung dafür, daß ich als Feind in das Paradies gekommen den blauen Taubenaugen der größeren übersah man das bin, wo die Engel wohnen. Euer Name war mir bloß durch 2fi HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •Jahrgang 1957 den Haß bekannt, als ich zu dieser unseligen Fehde auszog. „So wären wir außer Gefahr und dürften Euch für volle Die Pfalzgrafen von Tübingen, erbittert darüber, daß ihnen Sicherheit danken?" fragten die ängstlichen Mädchen. die Herrschaft Horb zu Gunsten Hohenbergs verloren ging, „Atmet ruhig, edle Fräulein! Bis ich meinen Vater erreiche, schlössen sich an und führten uns von dem Ammertale über hält ihn der verschwenderische Helfenstein mit Festlichkeiten Wurmlingen gegen Sülchen. Wir überfielen das Neckartal aller Art in' Balingen zurück. Die Bergstraße nach Hohen- und stürmten das Weilerschloß. Man wollte den Landvogt zollern ist abgesperrt. Vierzig meiner Schwarzwaldriesen mit einem einzigen Schlage zur Herausgabe der verpfändeten liegen in der Bergschlucht drüben und harren auf den Ruf Burgen und zur Niederlegung seines Amtes zwingen. Der meines Feldhorns, während ich hieher flog mit der Botschaft Streich ging fehl. — Man erzählte mir Eure Flucht von dem des Friedens." Weiler." Ulrich wandte sich ab und verhüllte das Gesicht; „Wenn doch endlich unser lieber Herrgott das Einsehen die erschütterten Mädchen weinten leise zusammen. Dann hätte und den unglücklichen Händeln ein Ende machte", fuhr der Graf fort: „Von jener Stunde an ist mir meine sagte die Amme und rauschte aus dem Nebenraum herein. Faust erlahmt; das Bild des fliehenden Engels umschwebte „Die liebe Jugend vergißt Essen und Trinken vor lauter meine Träume. Als Pilger verkleidet kam ich nach Rotten- Neuigkeiten. Die gnädigen Fräulein erlauben, daß ich einen burg, um die Wahrheit der Schilderung zu prüfen, die man Becher vom Guten hole, nicht vom Gruoler oder Schloß- mir von Euch gegeben. Ich sah Euch, Mechtild, ich sprach berger, einen vom Neckarwein. Und wenn Ihr alles berichtet Euch und meines Lebens Los war entschieden. —• habt, was Euch auf dem Herzen liegt, so führe ich den Herrn Der Landvogt war furchtbar schnell. Seine unerwartete Grafen wieder so still hinaus, wie herein. Seid ganz ohne Ankunft, sein Rückzug auf dieses sichere Felsenschloß, sein Sorgen, ich darf dem Herrn Relling nur das Heiraten ver- Einfall in mein väterliches Gebiet, folgten Schlag auf Schlag. sprechen, dann — o du mein Gott!" krähte sie weiter, „wenn Am Abend vor dem Schutzengelfeste rückte er aus und bis nur auch einmal alles nach unseres Herzens Wunsch ginge!" vorgestern waren Endersbach, Waiblingen und Berg überfal- —• und klapperte zur Türe hinaus. len, die man mir als rauchende Trümmer meldete. Unter- „Noch ist es mehr Verschwörung als Unterhandlung, was dessen eilte mein Vater auf den Flügeln des Zornes herbei, ich begonnen habe", hob Ulrich von Württemberg wieder an. um den Gau zusammen zu rufen. Die Demütigung, welche „Zu dieser Verschwörung werbe ich Euch, edle Frauen an. uns durch die Gerechtigkeit des Kaisers und den Eisenarm Meldet morgen dem Landvogte die Eilbotschaft von Zollern, seines Machtvollstreckers widerfuhr, will er nun mit Ver- damit jede weitere Feindseligkeit unterbleibe und saget ihm, nichtung des letztern sühnen, nachdem Rudolph zu Germers- daß ich den Frieden um jeden Preis erstrebe." heim verschieden ist. Auf dem Wege nach Hohenzollern traf „Ist Euch der Lorbeer so unwichtig, mit welchem der mich sein Befehl zur unverzüglichen Anteilnahme an der Ruhm die Locken Euerer Jugend ziert?" Fehde." „Ich strebe nach einem schönern Kranz, als dem Lorbeer „Eure Vermessenheit scheint am Rande eines Abgrundes zu der Landfehden. Nur ein Wunder kann ihn erringen, aber spielen", sagte wohlmeinend Mechtild. „Ich weiß", erwiderte ich will Wunder wagen. Als ich mit meinen Reitern von dem Ulrich, „es ist gewagt; aber ich kann meine Lanze nicht Berge niederjagte und diese Burg in der Verklärung des mehr gegen die Farbe kehren, welche ich anbeten gelernt Mondlichtes erblickte, erwachte es in meiner Brust wie altes habe. Ich kann nicht gegen das Banner ziehen, für dessen Heimweh. Jener Abend, als ich ein unbekannter, aber freund- Sieg die Unschuld und die Liebe betet. Aber ich muß den lich aufgenommener Gast zu Rottenburg war, wo ich Euch, Geierflug überholen, um den Schlag aufzuhalten, der Euch erhabene Jungfrau, zum ersten Male sah, trat vor meine droht. Mit Sonnenuntergang habe ich die Zollerburg verlas- Seele und der Feldruf meines Herzens: Liebe bis zum Tod! sen, und ehe der Morgen graut, trägt mich mein schnelles führte mich in den Zauberkreis Euerer Nähe. Ich lege mein Roß nach Hohentübingen, um mit dem Pfälzgrafen das letzte erprobtes Schwert zu Euern Füßen mit dem Schwüre: Nie Worl zu reden.1' soll meine Hand eine andere liebend fassen als diese."

Das nebenstehende Bild des Kupfer- stechers Merian zeigt von Hechingen 211 Häuser, und zwar 89 in der Stadt, 102 in der Altstadt und 20 in der Feldmark. Die Stadt ist mit einer wuchtigen Mauer umgeben, die durch 10 Türme verstärkt wird. Sichtbar sind das obere und das untere Tor. Die Buchstaben bedeuten: Adas Schloß: B das Rathaus, C die Stiftskirche; D die Altstadt: E Mühlen an der Starzel; F Spital und Spitalkirche; G das Schieß- haus; H Stutenhof und kleinere Höfe; r die Weiher: K Mühlen; M Maria Zell; N Tiergarten.

Die Stadt Hechingen mit der Zollerburg 1662 (nach Merian) (Beschreibung des Bildes; Chronik der Stadt Hechingen von Ludwig Egler, Seite 14(i) Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 51

Das blonde Fräulein duldete errötend den Kuß auf die Euch wieder hinab, Herr Graf, und kein Mensch weiß, daß feurig erfaßte Hand: „Euere kühne Freundschaft scheint den wir einen so werten Besuch gehabt haben." Abgrund zu vergessen, der noch zwischen mir und Euch liegt, „Schon so spät!" rief Ulrich. „Ich muß abermalen um Ent- Herr Graf!" schuldigung bitten, daß ich die Gastfreundschaft der erlauch- „Nehmt", erwiderte dieser, „mein Wort nicht für voreilig ten Frauen allzulange in Anspruch nehme." und unbesonnen, edle Jungfrau, weil mich ein schweres Ge- „Mit nichten, Herr Graf", erwiderte Euphemia, die bisher löbnis bindet. Es ist jedermann bekannt, daß ich nur aus der wie eine Bildsäule hinter dem Stickrahmen gesessen, wir ar- Hand meines Vaters eine Gemahlin empfangen darf. Diesen beiten jede Nacht bis nach dem Ruf der Wache, um die Ge- Schwur hat man meiner unerfahrenen Jugend abgerungen, denktafel unseres Oheims bis zum Geburtstage der Mutter damit ich nicht durch eigene Wahl die stolzen Pläne meines Gottes zu vollenden. Wir werden das Bild in der Schloß- Vaters durchkreuze, welche — ich gestehe es Euch — bis zum kapelle aufhängen an jener Stelle, wo wir den hochseligen Throne der römisch-deutschen Nation reichen. Das Verhäng- Oheim bei seinem letzten Besuche das Gebet verrichten nis beschloß es anders. Ich habe die Tochter seines Todfein- sahen." des gewählt, und unsere Wege scheiden sich auf ewig, wenn „Er war sogar hier?" er nicht dieselbe Wahl trifft. Ich gehe der Entscheidung mu- Mechtild nickte: „Vor fünf Jahren. Ich erinnere mich der tig entgegen. Dem Zauber, der mich bezwang, kann auch gebietenden Gestalt mit dem bleichen Angesichte und der mein Vater nicht widerstehen, und was der Himmel bindet, Römernase noch so deutlich, als wäre er erst gestern ge- trennt Menschenwille nicht." schieden". „Ein guter Engel möge über Euch wachen!" Plötzlich durchschnitten langgedehnte Posaunenstöße die „Und wenn es mir gelungen ist, wenn ich den eisernen Luft. In ein fernes Getöse schmetterten Signalhörner, und Sinn meines Vaters gewendet, wenn ich die väterliche Freund- ein furchtbares Geschrei erhob sich um die Burg. Zitternd riß schaft meines Hausfeindes verdient habe, wenn der alte die Amme das Bogenfenster auf. Auf der Fläche des Stromes Zwist endlich versöhnt ist, darf ich dann am hellen Tage spiegelte sich eine Feuerglut. Die Eyachbrücke mit dem mit Württembergs Banner in diese Burg ziehen und um die Wachthause brannten lichterloh, Hufschlag und Waffenge- Hand der Jungfrau werben, welche die Krone von Aleman- klirr unterschieden sich in dem verworrenen Lärm, Fackeln niens Rittertöchtern, welche meinem Herzen die Erste und und Pechkränze erschienen wie fallende Sterne. Der Feldruf: Einzige ist?" Württemberg hie! durchhallte das Tal und schien die Räume „Möge der Herr Euer edles Streben zu dem Ziele führen, der Burg zu durchschneiden. welchem Ihr so entschlossen entgegen geht; und dem Lande „Ha, was ist das?" rief der Graf mit donnernder Stimme, den Frieden wieder schenken! Laßt uns zuerst um diesen und die schwarzen Augen sprühten Feuer, „die Stadt ist Segen beten, dann wird auch Hohenberg seine Tore vor überfallen! Das ist der Pfalzgraf! Den heiligen Schlaf über- Deutschlands kühnstem Ritter öffnen." raschen die Banden mit Mord und Brand, während ich auf Geräuschlos drehte sich die Türe, und die Amme kehrte Frieden sinne. Aber ihr habt euch verrechnet!" Er drückte mit einer Platte zurück, auf welcher ein kolossaler Becher das Barett in die Stirne und eilte zur Türe, doch die er- zwischen Backwerk prangte. — „Alles in Ordnung", zischelte bleichte Jungfrau hielt ihn zurück. „Ulrich, wohin?" „Laßt sie, „der Mond ist hinunter, bald wird die Wache Mitternacht mich wie der Blitz auf das Gesindel niederfahren, ich werfe rufen, und wenn die Runde vorbeigezogen ist, so führe ich mich zwischen Euch und die Stürmer." „Euer Leben ist ver-

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teßa Grenze der Gaugrafschaften •••••»• Grenze der G rarschart Haiger loch Heuser Geüietsumrang HohenzoHerns LINZ GAU

Ehem. Grafschaft Haigerloeh mit den umliegenden Gaugrafschaften (Nach F. 1Baumann — Vergl. Seite 33) 36 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 195V wirkt, wenn Ihr diese Stelle verlaßt, Bleibt, bleibt hier!" — seinem Helm und seine Donnerstimme schallte dumpf aus Er eilte mit seinem. Hörne zum Fenster, trat aber langsam dem geschlossenen Visier durch das Sturmgetöse. Plötzlich wieder zurück: „Wehe mir, es ist zu spät! Ich bin verloren." verstummte er, schlug das Helmgatter auf und starrte er- „Edeltrude", bat Mechtild, „eilt doch hinunter und holt Nach- bleichend auf die Burgaltane. „Blendwerk der Hölle!" schrie richt!" Die Amme verließ das Zimmer. er entsetzt, indem eine dunkle Glut sein Angesicht überlief; Der seichte Stand des Flusses, welcher in dem trockenen krampfhaft bog er sich über den Hals des Pferdes, entriß Sommer der Bergwasser entbehrte, hatte dem Feinde einen dem nächsten Knappen seinen Bogen und drückte ihn los. unvermuteten Zugang eröffnet und die Ueberrumpelung des Ein Pfeil schnellte an Ulrichs Haupt vorüber und blieb in der Unterstadtkastells ermöglicht. Die eingetretene Dunkelheit Türe stecken. Aber in demselben Augenblick sauste ein Speer begünstigte das rasche Umzingeln des Schloßbergs, die Feinde aus der Faust des Landvogts nieder und traf die Lücke zwi- hatten sich bereits in den sichern Burgweg geworfen und schen der Halsberge. Der Rappe bäumte sich, schleuderte mit drangen in großer Zahl gegen das Haupttor der Burg empor. donnernden Huf schlägen die Reisigen auseinander, überschlug Die aufgeschreckte Besatzung rannte in verworrenen Scharen und begrub den stürzenden Ritter unter sich. Das Fallgitter auf die Mauern, die Pechpfannen loderten auf, ein Steinhagel des Schlosses rasselte, die Zugbrücke schlug nieder und eine rasselte aus den Schanzkörben nieder, während der Hof und Schar von Gepanzerten stürzte wie ein Gewitterschlag aus die Korridore von Hörnern widerhallten. dem Tore. Die Württemberger prallten zurück. Die Fackeln Das Gemach der Edelfräulein wurde stürmisch geöffnet. erloschen, die Hörner schwiegen, und ein verwirrtes Ringen Ein kolossaler Ritter mit gekröntem Helme und sternbesätem begann. Die Bundesritter stürmten heran und warfen sich Panzerhemde erschien in der Tür: „Seid ihr hier Kinder? mit Todesverachtung auf die Mannen des Landvogts. Ein Bleibt ruhig in dieser Halle und seid ohne Angst. Der Lärm mörderisches Gefecht tobte um die Stelle, wo der Graf Eber- wird bald vorüber sein. Es ist bloß der Willkomm eines alten hard von Württemberg lag. Da öffnete sich eine Ausfalltür Bekannten. und warf einen Strom, von Reisigen auf den Feind. Allge- Doch wen sehe ich hier? Noch ein Gast zu dieser späten meine Flucht des Feindes nach, dem Tale. Ein heldenmütiges Stunde?" Häuflein, das den Grafen umgab, war abgeschnitten und ver- Die Mädchen bebten. Der Graf verneigte sich und wollte suchte umsonst sich durchzuschlagen. Der Vogt von Enders- sprechen, als ein zweiter Ritter mit Rabenflügeln am Helme bach sank mit zerschmettertem Helme über den Grafen. Dem aus dem Schatten, der Türe stürzte und wie ein Tiger auf Bachritter von Kanzach zerbrach das Schwert. Kuno von den Fremden fuhr: „Fang ohne gleichen, Ulrich von Würt- Gruibingen sank von einem Lanzenstich. Mit diesen wurden temberg hier! Landvogt seinen Kopf über die Mauer!" To- die Junker von Wielandsstein und Waldhausen entwaffnet desblaß wollte sich Mechtild zwischen die beiden werfen, und) gefangen. Ein Wald von Speeren sperrte den Burgweg aber der Ritter taumelte von einem furchtbaren Stoße zu- ab. Man trug den ohnmächtigen Grafen von Württemberg rück. Das Schwert halb gezogen, war Ulrich zurückgewichen, auf einer Tragbahre in die Burg. Ihm folgten die übrigen als er dasselbe losband und zu dem Burgherrn trat. „Würt- Gefangenen. Von den Zinnen herab schmetterten Sieges- temberg", donnerte dieser, „was schafft Ihr zu dieser Stunde fanfaren. in meiner Burg?" Der Landvogt wendete sich an Ulrich: „Der Sturm, ist ab- „Landvogt, zuerst nehmt hier mein Schwert, ich bin Euer geschlagen und Hohenbergs Todfeind in meiner Hand. In Gefangener. Mit einer Eilbotschaft von Hohenzollern habe diesem Urteilsspruch des Himmels mögt Ihr das Recht mei- ich mich hierher gewagt, um vor dem Morgenrot wieder von ner Sache erkennen!" hinnen zu eilen. Die Feinde waren aber schneller als ich." „Wehe mir! ich bin dem Fluche meines Vaters und Eurer „Wie, Ihr wußtet nichts von diesem Ueberfalle?" Rache verfallen. In dieser unglücklichen Fehde geht mein Le- „Bei meiner Ritterehre, nein! Als Friedensbote eilte ich bensglück und meine Liebe unter. Ich habe mit meinem diesen Abend von der Zollerburg nieder, um den Oelzweig Schwerte mein Leben in Eure Hände gelegt und verwirkt." weiter zu tragen. Dieser Sturm überrascht mich furchtbarer „Mit nichten, Herr Graf! Schwört mir Urfehde und führt als Euch." die Feinde aus meinem Gebiete. Ich sichere Euch dagegen Der Landvogt riß einen Schlüssel vom Stahlgurte und wen- ritterliche Gefangenschaft für Euern Vater zu." dete sich zu dem Rabenritter: „Vayhingen, führt die Mann- „Edler Mann, ich werde diese Hochherzigkeit zu verdienen schaft des Maria Gnadenturms zu dem untern Ausfalltore wissen. Indem ich Urfehde gelobt, erbitte ich mir das Recht, und werft die Rotten den Berg hinab!" Der Rabenritter ras- zu einer bessern Zeit, die ich herbeizuführen strebe, wieder selte von dannen, und die Türe des Gemaches fiel hinter ihm vor Schwabens edelsten Ritter treten zu dürfen." zu. „Todfeind meines Hauses!" redete nun Albrecht von Ho- „Das Verhängnis weist Euch von hier, nicht mein Wort, henberg den vor ihm stehenden Ulrich von Württemberg an, Unsere Wege sind nicht dieselben. Eilet von hinnen, ehe der „wie einen Dieb und Verräter ertappe ich Euch in der Mitte Tag graut." meiner Kinder, während Ihr an die Spitze derjenigen gehört, „So nehme ich denn Abschied von Euch! — Mechtild, lebet welche die Tore meines Schlosses stürmen." „Vergebt, Land- wohl! Zum letzten Urlaub küsse ich diese teure Hand, welche vogt, daß ich nächtlicher Weile in das Heiligtum Eures Burg- die edelsten Stämme des Landes verknüpfen soll Wo solch friedens trat. Aber die Liebe ist stärker als der Tod. Es ist ein Engel zwischen den Zürnenden steht, da muß der Him- Euch kein Geheimnis, was ich im Herzen trage.. Kund und mel selbst die Versöhnung spenden." Die Jungfrau riß den offen sei Euch meine Liebe und meine Werbung, die mich schwarzen Seidenschleier von den Locken und schlang ihn wagen hieß und in diese schwere Stunde führte." Er hatte um Ulrichs Schultern: „Mögen Euch die Engel gelegen, wie Mechtilds Hand ergriffen und ließ sich mit ihr aui* ein Knie Euch mein Gebet folgt!" nieder. „Wollt Ihr", fragte Albrecht, „das Leben mit Verrat Sechs Fackelträger schritten dem Grafen voran, der nun an Euerm Hause retten und meinen Arm durch das Vater- auf dem Rosse seines Vaters zu Tale sprengte und sich an herz entwaffnen?" die Spitze der Schar stellte, welche der Pfalzgraf bereits „Landvogt, ich rufe den Allmächtigen zum Zeugen meines wieder gesammelt hatte. Mit einer Abschiedsfanfare ver- Herzens und dieser heiligen Stunde, wenn auch Württem- schwand der Zug im, Schatten der Unterstadtburg. bergs Kriegsgeschrei um Euere Mauern heult und der Pfalz- Den andern Morgen führte Graf Albert seine beiden Töch- graf mit der Mordfackel zu meiner Werbung leuchtet." ter nach Horb und übergab sie der Aufsicht der dortigen „Steht auf, Herr Graf, Ihr seid im Irrtum befangen Nicht Aebtissin; er sah voraus, daß ihnen der Aufenthalt in Hai- der Pfalzgraf, nicht seine Verführer, sondern Euer Vater gerloch in den nächsten Wochen zu unruhig gewesen wäre. selbst führt den Sturm und schleudert den Brand gegen mein In Mechtild tauchte zwar ein anderer Plan auf, sie fand Haus. aber für gut, denselben vorderhand ihrem Vater zu ver- Erblassend trat Ulrich zurück und starrte den Landvogt bergen. an. „Wollt Ihr Euch überzeugen? Wollt Ihr als Friedens- Dem gefangenen Grafen Eberhard hatte Albrecht ein an- stifter an meiner Seite vor ihm erscheinen? Wollt Ihr mit ständiges Gemach anweisen lassen, wo es ihm an keiner Art Hohenbergs Tochter vor ihn treten und ihm „Friede" zu- von Bequemlichkeit fehlte. Zu seiner Bedienung und Ver- rufen? Kommt!" pflegung hatte man eine schmucke Dirne angenommen, Die Türe des Nebenraumes flog auf. Der Landvogt schritt welche sich dieser Tage dienstsuchend in dem Schlosse einge- mit den beiden durch die Dämmerung eines langen Korridors funden hatte. auf die Altane, welche über dem Haupttore des Schlosses Es mochten ungefähr sechs Wochen verflossen sein, als die den Burgweg beherrschte. Der Himmel war verdunkelt von Magd eines Morgens stille in das Gemach des Grafen trat, Rauch, aber der Fackelschein beleuchtete das Schauspiel, auf um ihm frische Trauben auf den Tisch zu legen. Dann schlich welchen diese drei an dem. Geländer der Altane niedersahen. sie leise an das Lager und horchte auf die Atemzüge des Ein fürchterliches Gedränge von Reitern erfüllte den Burg- Schlummernden. Dieser erwachte. Sie reichte ihm die Hand: weg, die Mauern und Sturmieitern wimmelten von Kämpfern. „Gelobt sei Jesus Christus! Habt Ihr gut geschlafen, Vater?" Mitten aus der tobenden Menge ragte eine Rittergestalt auf Der Greis nickte kaum merklich. Er stützte das Haupt auf einem gepanzerten Rappen. Ein langer Busch flatterte von die Hand, und das düstere Auge irrte umher. Jahrgang 1957 HÖH B]N ZOLLERISCHE HEIMAT 37

„Ist das die Morgensonn?" fragte er. „Ha, was ist das? Sprich, wer bist du?" „Ja, Vater!" „Mechtild von Hohenberg, die Tochter des Landvogts." Langsam erhob er sich und hinkte am Arme der Magd zu Da fuhr der Greis empor als hätte ihn eine Schlange ge- dem großen Lehnstuhl, der am Tische stand. Sie hing ihm stochen, wild schleuderte er den Lehnstuhl zurück. Die Brust einen pelzverbrämten Mantel um und bedeckte sein kahles rang mit dem Ersticken. Der knirschende Mund war keines Haupt mit einem Barette. Er schauderte leise und erhob das Lautes mehr mächtig. Der Blick irrte an den Wänden umher stechende Auge zu der Magd, welche demütig vor ihm stehen und traf endlich wieder auf die Knieende. Die Taubenaugen blieb. des schönen Mädchens wandten sich tränenschwer zu ihm „Was bedeutet der Gesang in der Ferne?" auf. Er starrte in dieselben nieder. Ein Krampf zuckte um „Es ist Weinlese. Die Winzermädchen singen am Schloß- seine Lippen, und die erste Träne rollte in den grauen Bart. berge. Ich habe Euch den Gruß des Herbstes gebracht." Er wankte vorwärts und zog die Knieende empor. „Kind Sie bot ihm einen vollen Pokal, den sie mit den Trauben meines Feindes", rief er mit gebrochener Stimme, „komm an gebracht hatte. „Mich dürstet wahrhaftig!" Er schlürfte in mein Herz, du bist das meinige geworden." langen Zügen von dem süßen Moste. Stumm und weinend lag die Jungfrau in seinen Armen und „Wie befindet Ihr Euch sonst, Vater?" fragte die besorgte ihre goldenen Locken wallten über seine Schultern. Endlich Dienerin. hob er das Haupt, drückte einen Kuß auf ihre Stirne und „Besser. Die Halswunde ist verharscht. Auch auf das ge- sank erschöpft und erschüttert in den Lehnstuhl zurück. quetschte Bein kann ich wieder treten. Die Umschläge haben Da klirrte das schwere Schloß und Albrecht von Hohenberg trefflich gewirkt. Der Sturz mit der verdammten Mahre und Friedrich von Zollern traten ein. scheint keine weiteren Folgen zu haben" Er trank wieder aus Der Graf von Württemberg trat vor und streckte die Hand dem Pokale und pflückte einige Beeren von den Trauben. aus: „Albrecht von Hohenberg, ich biete dir den Gruß des Dann begann er heiter: „Ich fühle mich diesen Morgen Friedens." außerordentlich wohl. Führe mich einmal wieder in die Der Landvogt schritt ihm entgegen und schlug ein: „Eber- frische Luft. Ich habe auf meinem Krankenlager die Sonne hard, aus vollem Herzen erwidre ich ihn." längst entbehrt." „Unsere Fehde", nahm der erstere wieder das Wort, „un- Eine schmale Flügeltüre in der Ecke des Gemachs ging auf. sere Feindschaft hat ein Ende. Das Alter sehnt sich zuletzt Sonnengold und Morgenduft quollen in vollen Strömen her- nach Frieden. Behalte deine Würde, deine Burgen, behalte ein. Die Magd faßte den Greis behutsam unter dem Arme alles und gib mir dafür dieses dein Kind." Er deutete auf und führte ihn durch die offene Türe in das Freie hinaus. Mechtilde. Die beiden andern traten erstaunt einen Schritt Der Alte ließ sich auf eine Steinbank nieder und lehnte das zurück. Haupt an ein Rebengeländer. Sein Auge schweifte von dem „Wen sehe ich?" rief Friedrich, „Ihr, schöne Base, in dieser Schloßfelsen bis zu den gegenüberliegenden Bergrücken und Vermummung ? " dann wieder in das romantische Tal, welches die schäu- „Ha!" fiel Albrecht ein, „ich errate Euch!" mende Eyach durchbraust. Eine Stunde labte er sich an die- „Ja, Landvogt!" begann wieder Eberhard, „das war meine sem schönen Bilde. Hierauf erhob er sich langsam und schritt Gefangenenwärterin. Ich habe mein Schwert nach der Land- seinem Gemache wieder zu. Er winkte dem Mädchen zu dem vogtei, ich habe es nach Deutschlands Krone geworfen; aber nächsten Schemel; sie setzte sich. „Armes Kind!" begann er alles ist Tand gegen das Kleinod, das ich hier gefunden." gerührt, „du hast Nächte an meinem Krankenlager durch- wacht und mir die langen Tage durch dein Liederspiel ver- Der Landvogt umarmte seine Tochter mit Rührung: „Edles kürzt. Du hast meine Wunden verbunden und meine Fieber- Kind! Du hast ein Werk vollbracht, welches ganz Schwaben träume gehütet. Du warst der Trost meines Kerkers. Nur bei rühmen, wofür dir das ganze Reich danken wird." den Kindern des Schwabenlandes findet man eine solche „Wäre ich vierzig Jahre jünger", sprach Eberhard, „so Treue und Anhänglichkeit, aber ich weiß sie nach Gebühr zu würde ich Lanzen um sie brechen. Doch jetzt kann ich nur schätzen und zu lohnen." Vaterrechte üben und deshalb fordere ich sie für meinen „Erlauchter Vater! ich habe bloß getan, was der Heiland Sohn, den sie sich gewählt." lehrt. Mein Gotteslohn soll in der Liebe bestehen, womit Ihr „Eberhard!" Ich führe sie dir zu als Pfand unserer Ver- auch in der Ferne meiner noch gedenkt." söhnung, als Pfand des Segens für dein Haus und deinen „Nein, du sollst nicht mehr von mir scheiden. Ich fordere Stamm," Er legte Mechtilds Hand in die des Grafen. von dem Landvogt deine Freiheit und führe dich mit mir Friedrich von Zollern trat vor und sprach: „Meinen Glück- nach Württembergs Hauptstadt. Ich bin ein alter Mann, wel- wunsch, ihr Herren! Ich bin gekommen, um den Schieds- cher mit einem Fuße schon im Grabe steht. Du sollst die richter in Euerm Streit zu spielen und finde ihn nun ge- Pflege meines Alters sein und mein Auge schließen, wenn es schlichtet. Erlaubt, Base, daß ich Euch die Hand küsse! Das bricht." war also die Maskerade! Ich melde mich zum Brautführer bei .Habt Ihr denn keine Kinder?" der bevorstehenden Vermählung, und nun zum Saale, meine „Nein!" erwiderte der Greis mit fürchterlichem Ernste, Herren!" Er nahm Mechtilds Arm und ging voran. Alb recht „man hat mich allein gelassen, das Band zwischen Vater und und Eberhard folgten Arm in Arm. Die erstaunten Wachen Sohn ist zerrissen." Er schwieg piötzlich,dann fuhr er besänf- salutierten. tigend fort: „Trudehen! willst du mit mir ziehen?" Des andern Mittags nach der Tafel standen bereits die Das Mädchen kniete vor ihm nieder und küßte unter her- Rosse gesattelt in dem Burghofe. Im Familiensaale droben vorbrechenden Tränen die rauhe Kriegerhand: „Vater! Eure stießen die Herren, worunter auch die Gefangenen waren, die Liebe bricht mir fast das Herz. Nie werde ich aufhören, Euch I okale zusammen und setzten zum Abschiedstrunke an, als mit Kindesneigung anzuhängen." der Burghof von Trompeten widerhallte. Ein reisiger Zug „Du sollst in der Reihe der Edelfräulein in Gold und Seide donnerte über die Fallbrücke, und an der Spitze desselben prangen. Wähle dir unter den Schlössern des Landes, welches sprengte ein Ritter mit reichgesticktem Mantel und wallen- du willst. ErKüre dir einst unter den Rittern Schwabens den- dem Reiherbusche zum Schlosse. Das Banner von Württem- jenigen zum Gemahl, der deinem Heizen wohlgefällt und du berg flatterte stol; in der Luft. Mechtilds Wangen entbrann- sollst ihn haben." ten. Durch die geöffnete Flügeltüre trat Ulrich von Württem- „Ich habe schon gewählt", sprach sie leise mit gesenktem berg und begrüßte die Gesellschaft: „Eine Freudenbotschaft" Auge. begann er, „wie sie nur ein Engel senden kann, hat mich ge- „Wie, Dirne! Noch so jung und schon dein Herz vergeben? rufen, und diese edle Versammlung bestätigt sie auf den er- Wen hast du gewählt? Doch nicht gar einen Ritter?" sten Blick." Er küßte Eberhards Hand voll ehrerbietiger Das Mägdelein nickte schüchtern. Zärtlichkeit: „Habt Ihr mir vergeben, Vater?" „Vortrefflich! Du machst mich neugierig. Werde ich deine „Ich habe sogar für dich geworben, vorschneller Junge! Wahl erfahren dürfen? Du schweigst. Sprich, wen hast du Man scheint dir Flügel geschickt zu haben. Abwechselnd sind erkoren? Am Ende gar mich selbst?* wir ungeladene Gäste auf Schloß Haigerloch gewesen, treffen „Ja, zum Vater." aber heute friedlicher zusammen als das letzte Mal. Vetter ,Das ist dir schon zugesagt. Ich will wissen, v/er dein Ver- Hohenberg! Du erlaubst!" Er ergriff Mechtilde und führte sie lobter ist?" seinem Sohne zu: „Siehe, diese Jungfrau ist meine Tochter „Euer Sohn." geworden, und ich befehle dir vor Gott und dieser Versamm- „Höre ich recht! Was soll das heißen? Welcher Sohn? lung, sie stets als solche zu achten und zu ehren." Das Paar „Ulrich von Württemberg." kniete vor ihm nieder, und er legte die Hände auf ihre Eine Wetterwolke zog über die Stirne des Grafen und sein Häupter, drückte dann den Vaterkuß auf Stirnen und beide Auge blitzte schrecklich auf die knieende Dirne nieder. Der umarmten sich mit seligen Tränen. Der Zollergraf griff nach Atem schien ihm zu versagen. Nach einer Totenstille brach dem Pokale: „Wir sehen mit Freude den alten Zwist versöhnt endlich seine Stimme wild und furchtbar wie ein Donner und den schönsten Bund gestiftet, trotz des feindlichen Ver- hervor: hängnisses. Fromme Liebe hat hier überwunden. So laßt uns 38 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957 dieses erhabene Paar mit Jubelruf begrüßen. Hoch Ulrich lern Geschmeide schimmerte, wogte durch das Vorstadtkastell und Mechtild!" Und der Saal widerhallte von Becherklang der Seesteige entgegen und hielt am letzten Tore, wo der und dem Hochrufe der Ritter. Seevogt seinen Spruch vorbraente. Mit nassen' Augen sah Zwei Monate später sah die Stadt Rottenburg ein Fest, Mechtild noch einmal zur Heimat zurück. Sie winkte hinauf. welchem an Glanz und Pracht noch keines hier geglichen Auf der äußersten Ringmauer des Schloßhofes senwang der hatte. — Am 17. Dez. 1291 holte der Zollergraf mit einem Burgvogt Relling die bekränzte Fahne von Hohenberg, und glänzenden Geleite die Braut in Haigerloch ab. Der lange dreimal schmetterten die Trompeten den Abschiedsgruß in Zug, welcher von Federbüschen, bunten Fähnlein und hel- das Eyachtal hernieder. J. Pfeiffer.

o Der Geistervinze von Ringingen (Schluß) von Joh. Ad. Kraus 2. Um dieselbe Zeit weilte der fürstenbergische Lande.iva- vernünftige und gescheite Männer mehrere Nächte ins frag- ter, der erst kurz zuvor zur Regierung' gelangt war, zu Be- liche Spukhaus zur Untersuchung abzuordnen." such seines Hechinger Kollegen auf Lindich. Unser Vinze Es war für die Kanzlei nun allerdings ein Leichtes, die muß davon erfahren haben. Denn er entschloß sich, was Donaueschinger Regierung auf die bisher schon getroffenen eigentlich streng verpönt war, eine Bittschrift an inn zu Maßnahmen hinzuweisen. Diese hinwiederum wagte nicht, schicken, die ihm ein gewandter Schreiber abgefaßt und ver- das Dekret des Fürsten unbeachtet zu lassen und gab nur fertigt haben muß. Schon die Adresse dieses noch in den den Rat, man möge dem Geistmann Vinzenz zureden, von Akten erhaltenen Briefes stellt ein Kulturdokument dar. Sie seiner Vorstellung abzustehen und den Leuten kein dich- lautet: „An den regierenden Herren Fürsten zu Donaucscnin- terisches Gemälde von einem Poltergeist zu machen, widri- gen, Hochfürstliche Durchlaucht, meinen gnädigsten Fürsten genfalls müsse man eine genaue Untersuchung vornehmen und Herrn, untertänigstes Bitten mein Vinzenz Diebolden, und ihn nach entdecktem Betrug exemplarisch bestrafen. Hirten zu Ringingen, um inbemelte (inne gemeldete, d. i. Inzwischen kam langsam der Herbst und die Ernte ins näher genannte) höchste Gnade." Land. Bauern und Taglöhner und Söldner samt Weibern Im Brief selbst schildert der Vinze den Häusertausch, wie und Kindern hatten über Kopf und Hals zu tun, um den er von den Nachbarn habe hören müssen, daß er einen Segen des Himmels bei gutem Wetter zu bergen. Dann mußte schlimmen Handel getroffen und tatsächlich seitdem mit die Herbstsaat bestellt werden, und bald klangen von Weib und Kindern oft erfahren müssen, sein Haus sei von Scheuer zu Scheuer im Takt die Dreschflegel, daß es zum einem Geist oder Gespenst bewohnt, den er persönlich schon Zuhören eine wahre Freude war. So verging das alte Jahr, gesehen und von dem er und die Seinen fast jede Nacht in ohne daß man viel Zeit gehabt hätte, dem Vinzenz und sei- Schrecken und Angst versetzt werde. Schon oft habe er es ner Geistergeschichte viel „Denklt zu geben. Erst als aus- auf der Kanzlei zu Trochtelfingen angezeigt, wo er auch gedroschen war und abends beim Kienspan oder Oel-Empele dann samt dem Michel Dorn und dessen Weib scharf exa- die Spinnräder in den Lichtstuben surrten, sickerte langsam miniert worden. Letztere haben eingestanden, den Geist durch, daß der Geist sich immer noch zeige und hören lasse, vielfältig bemerkt zu haben, während ihr Ehemann ihn nie- besonders an Stellen, wo kein Licht sei. Auch habe der Herr mals verspürt haben wolle. Aber die Kanzleibeamten glaub- Pfarrer Allseits von Benzingen, der als berühmter ten ihm nicht, sondern hätten ihn in den „Thum" gesperrt Exorzist oder Geisterbeschwörer galt, den Vinze noch in und unter Schlagandrohung verboten, darüber weiter zu re- seiner Ansicht gesteift, während andere sie für Schwärmerei den. Dann fährt er wörtlich fort: „In diesen meinen erbar- erklärten Inzwischen hat der altersschwache Pfarrherr mungswürdigen Umständen werfe ich mich mit Weib und Bitzennofer im Frühjahr 1784 auf sein Amt verzichtet meinen zwei Kindern Euer Hochfürstlichen Durchlaucht als und zog nach Melchingen in den „Adler",, wo er dann auch meinem gnädigsten Fürsten und Herren untertänigst zu Fü- das Zeitliche segnete und links des Westgiebels der Kirche ßen, demütig bittend, die Sache durch geistliche Deputierte seine letzte Ruhestätte finden sollte. Während ein junger, untersuchen zu lassen, oder mir mein an Michael Dorn ver- noch unerfahrener Herr Schmid ins Ringinger Pfarrhaus tauschtes Haus wiederum gnädigst einzuräumen, oder doch einzog, habe der Vinze beim Dekan Engelhard in Troch- wenigstens ein geringes Wohnhaus für mich und Weib und telfingen sich Rat geholt. Der sagte ihm, er soll auf einige Kinder aufbauen zu lassen, da ich ohnehin nur ein armer Nächte drei Mann in sein Haus nehmen und1 darin Wache Hirt bin und aus meinen geringen Mitteln weder eine an- halten lassen. dere Wohnung aufzubauen vermag, noch mich dieses harten Und so geschah es. Jordan D i e t h e r (wohnhaft am Platz Joches entledigen kann. Ich muß mit Weib und Kindern diese des jetzigen Schuihauses), Magnus Pf ist er (Hs. 40) und meine Wohnung verlassen und dem Gassenbettel nachziehen, Valentin N e s e r (Hs. 19), alle vom Unterdorf, wurden als wann Euer Hochfürstliche Durchlaucht mir nicht als Vater Unparteiische ausersehen. Die beiden ersten sahen und hör- beistehen und nicht abhilfliche Mittel und Wege verschaffen ten zunächst nichts. Der Valentin jedoch will in der ersten werden. Wann es nicht wahr wäre, was ich auf der löblichen Nacht ein Rumpeln in der Kuchel (Küche) an Kübeln und Kanzlei zu Trochtelfingen deponiert (angegeben) habe, und Gelten, und in der zweiten Nacht das „Schnaadern" der kein Geist oder Gespenst in meinem Haus sein Unwesen Gänse m der Werkstatt wahrgenommen haben. Nur in der treibt, was aber Nachbarn und andere eidlich bezeugen dritten Nacht, als der im zweiten Grad mit dem Vinze in können, so soll man mich mit Weib und Kindern als infamen T Blutsfreundschaft stehende Jordan allein Dei dem Ehepaar ügner erklären, an Gut, Blut und Leib strafen und ohne in der Stube und Kammer war, wollen die Zeugen gehört Rücksicht ins Elend (in die Fremde) schicken. Düren genaue haben, daß zwischen 10 und 11 CJhr etwas die Haustür uf- Untersuchung würden auch völlig ungläubige Geistliche und machte, mit starken Schritten die Stiege hinauflief, und bei Weltliche von der Tatsache des Spukes überzeugt werden. der Kammertür, woselbst der Magnus und Valentin im Bett Ich aber, mein Weib und Kinder, werden um eine lang er- lagen, stark aufgetreten, Dann sei er wieder herunter an wünschte Regierung bey Gott inständig bitten, der höchsten die Stubentür gekommen und habe daselbst widernatürlich Hilf und Gnade in täglichem Gebete gedenken und in tiefster so stark geklopft, daß das ganze Haus erzitterte. Gegen Mor- Erniedrigung ersterben. Ringingen, den 6ten August 1783. gen kam starker Sturmwind auf, heulte unheimlich um die Euer Hochfürstl. Durchlaucht Dächer, in der Ferne schlug ein Fensterladen an und heulte (ganz unten:) un ertänigst treugehorsamster Knecnt ein Hofhund. Plötzlich tat es einen dumpfen Klapf, daß alle Vinzenz Dieboid, Hirth." zusammenzuckten. Aber nichts Weiteres folgte. An dieser Stelle wolle man sich erinnern, daß der Ab- Am Morgen fand man hinter dem Haus an der gefloch- sender ein gebürtiger Kiilertäler war, der in seiner Wendig- tenen Hinterwand einen großen Stein liegen, der an die keit, Findigkeit und Schlauheit um Nasenlänge den Einhei- Mauer geprallt war. „Mo kommt denn dear iier?" fragte der mischen voraus gewesen sein dürfte. Und der Vinze hat sich Neser. Der Nachbar Freudemann wußte eine plausible Er- tatsächlich nicht verrechnet! Der Fürst, der weder von der klärung: „Gesternd haund dia Lauskerle wieder Stoi vom vorausgegangenen Wache der Saimendinger im Geisterhaus Schloß ra rusala iao. I bin ana glei noche, hao's aber it ver- noch von den 10 Strafböllern eine Ahnung hatte, war durch dwischt." Worauf der Pfister meinte: „ A so, und heint das große Vertrauen seines treuen und devoten Untertanen Nacht bei deam aoflätiga Luft, ist oiner vo da Stoi, mo im so gerührt, daß er noch am gleichen 6. August auf dem Gaatahag ghanget jst, laos wora und vollends ra gsprunga." Lindich durch seinen geheimen Cabinets-Sekretarius Zepf So einfach die Erklärung auch lautete, der Vinze widersprach auf die Rückseite von Diebolds Eingabe an das Obervogtei- ihr hettig, der Wind reiße doch keine Steine los; es sei halt amt Trochtelfingen das Dekret diktierte: „Der Tatbestand ist nicht geheuer im Haus! sofort an die Regierung zu melden, der Bittsteller wegen 3. Als der Obervogt von den Ereignissen vernahm, gab er seiner unmittelbaren Eingabe unbestraft zu lassen, uno zwei sofort zwei Aufträge, zunächst an den Schultheiß, sofort Jahrgang 1957 HOHENZ OLLERIS CHE HEIMAT 39 zwei Schutzgraben um die Burgruine auf dem Nähberg auf Verfügung zu stellen, damit er sein Haus abbrechen und dort der Dorfseite ziehen zu lassen, der herabfallende Steine auf- neu aufbauen könne. Das wurde jedoch vom Amt nicht ge- fangen soll, und zweitens dem Schulmeister Benjamin nehmigt, sondern am 7. Mai 1784 ordnete die Regierung in Hascher, er habe den Schülern in seinem Haus Nr. 17 Donaueschingen an: (worin er in Ermangelung eines Schulhauses unterrichtete), Um den Poltergeist zu entdecken oder der Schwärmerei von neuem das Verbot einzuschärfen, sie dürften keine Diebold ein Ende zu setzen, sind 8 Tage lang bei Tag und Steine mehr vom Nähbergschloß herabrollen lassen.. Der 10- Nacht abwechselnd zwei deputierte Landjäger ins Geister- jährige Synese Kraus aber, ein lebhafer flinker Schüler, haus zu legen, der Besitzer selbst aber solange in Trochtel- maulte gleich: Des häb ma doch ällaweil tao. Sei Vatter fingen in Verwahrung zu halten, auch Frau und Kinder aus Barthle häbs verzeelt; s' sei nia noitz passiert. .Und die ganze dem Haus zu schaffen, Herr Pfarrer Allseits zu Benzingen Schülerzahl stimmte schallend ein. Die Folge davon war, aber ist zu verwarnen und ihm mit Anzeige bei der bischöf- daß der Lehrer ihnen allen eine Strafarbeit aufbrummte, 20 lichen Kurie zu drohen. mal zu schreiben: „Ich soll keine Steine vom Nähberg ruseln So zogen also am 15. Mai vier Kontingentsreiter und lassen." Bald kratzten die Federkiele übers rauhe Papier, „Mousquetaires" ins leere Haus zur vorgeschriebenen Wache und nach einer halben Stunde konnte man den Streusand, für 8 Tage. In der ersten Nacht blieb alles still. In der zwei- der damals noch das Löschblatt ersetzte, über die Straf- ten, als es auf der großen Kirchenglocke 1 Uhr geschlagen, blätter schütten. Da hat sich denn keiner mehr gemuckst, glaubten die Soldaten, der eiserne Hausring oder Klopfer an trotzdem es sie zuerst elend gewurmt gehabt, hier V2 Stunde der Türe habe sich bewegt und angeschlagen. In der dritten schreibend sitzen zu müssen, während drunten im Wiesen- Wache erschien das nämliche Geräusch, doch hörte es sich kessel seit 2 Tagen ein prächtiger Weiher zum Schifflefahren an, als ob ein Prügel an einem Eisen gerieben würde. Die mit der „Metzgermuet" einlud. nächste Nacht blieb still, nur im Nachbarhaus gaben die Natürlich stellte der Obervogt die drei Wächter auch über Gänse einmal laut. In der fünften Nacht schrie hinter dem alle Einzelheiten zur Rede, ob sie denn nicht nachgesehen Haus ein Totenvogel mehrmals „Kiwitt", und dann klopfte hätten, als sie das Laufen hörten. Aber alle drei bekannten, es viermal in Absätzen auf der Kammerstiege, wie ein star- sie seien nicht so keck gewesen. kes Stück Vieh zu tun pflegt. Gleich ertönte ein Ruf: „Schnell So ist also auch der Aufklärungsversuch des Dekans kläg- Licht!" Einer der Wächter zog Zunder und Feuerstein samt lich mißlungen. Viele waren jetzt erst recht von dem Spuk Stahl aus der Tasche, um Feuer zu schlagen, aber in der in dem verwunschenen Hause überzeugt. Selbst die Ge- Aufgeregtheit fiel der Stein zu Boden, und bis die Wächter meinde unter Schultheiß Pius Schneider (Hs. 43) Eng- endlich mit vereinten Kräften ein Kerzenlicht entzündet gasse) hielt es für das beste, dem Diebold eine Hofstatt zur hatten, war nichts mehr zu sehen, noch zu hören.

P. Desiderius Lenz O.S.B, im 75. Lebensjahr, der Meister der Beuroner Kunst geb. 12. 3. 1832, t 28. 1. 192$ 40 U • > H NZOLLER.SCHE H .lahrgang 1957

Die sechste Nacht ging unter Zittern und Zagen dahin, mit Laub bedeckte Oeffnung, durch die mit einem dicken aber alles blieb ruhig. Dagegen vom 21. zum 22. Mai rum- Stecken das Rascheln im Laub und die Stöße an die Türe gar pelte es auf der Kammerstiege ganz deutlich mehrere Male wohl bewirkt sein konnten. Als der Obervogt einige Tage und eine Geisterstimme rief einige unverständliche Worte darauf rjach Ringingen kam, ließ er sich das Ganze vorfüh- in dumpfem Ton. Nur in der Mitte glaubten die Soldaten ren, und es klappte die Probe vorzüglich. Zugleich war auf- etwas von „Obrigkeit" verstanden zu haben, und am Ende: gefallen, daß nach Entdeckung des Loches und Laubes das „sonst wirds nicht gut gehen." Wieder versuchten sie Licht Weib sofort zur Roßherde ihres Mannes eilte und ihm zu schlagen und schauten dann zündend zur Kammertür Nachricht brachte, worauf er herbeikam, den Sekretär mit hinaus, sahen aber nichts. Als man die Soldaten fragte, wa- tobenden Worten überfiel und seine Ehrlichkeit beteuerte. rum sie denn nicht ständig ein Licht bereit gehalten hätten, Was in der vierten Nacht geschah, war allerdings merk- erwiderten sie: „Die Ringinger sagen doch, bei Licht zeigt würdig: Nachts V2II Uhr hörten die Wächter in der Stube sich der Spuk gar nicht." unter dem Boden mehrmals „klöpfeln", und ließen sich von Da der Obervogt nach diesem erneuten Mißerfolg gerade da an nicht mehr ausreden, es sei offensichtlich Geisterspuk. mit seinem Sekretarius von Barz in Salmendingen zu tun Sekretarius v. Barz war gerade nicht da, weil er die Außen- hatte, schickte er ihn nach Ringingen herüber, einmal die wache kontrollierte. Als er zurückkam und die Sache erfuhr, Oertlichkeit des Geisterhauses genau zu untersuchen. Da ging er unten hinein und fand eine Geiß im Stall, die an fand sich der Kuchelladen nicht verschlossen, vielmehr konnte eine bis an den Stubenboden reichende Stange gebunden man ihn leicht hin und her schieben. Er war vom Boden nur war. Sobald sie sich schüttelte oder „gabelte", stieß die halb mannshoch so nahe der Kammerstiege angebracht, daß Stange an den Stubenboden. Barz verabredete sich nun mit der untere Tritt nur einen Schritt von der Wand entfernt war, dem Reiter Heinzelmann von Steinhilben, dem einzig be- worin sich der Laden befand. Man konnte also von außen her herzten Wächter, er solle um 2 Uhr morgens in den Stall den Laden öffnen und das Klopfen und Schreien leicht bewerk- schleichen und mit einem Stahl an die bewußte Stange ge- stelligen, wie eine Probe bewies. Nun beschloß man, alle vier rade so „klöpfeln", wie er es von seinen Kameraden gehört, Kommandierte sollen die folgende Nacht wachen, der Se- daß der Geist geklopft habe. kretär in Begleitung des Jägers Bogenschütz aber in Ent- Punkt 2 Uhr klopfte es tatsächlich — natürlich tats der fernung von 50—60 Schritt insgeheim auf der Lauer liegen. Heinzelmann — und die Wächter gerieten vor Angst und Falls der Geist komme und auf Anruf nicht Halt mache, soll Schrecken fast aus dem Häuschen, und beteuerten, geradeso der Jäger sofort mit Schrot auf seine Füße schießen. Aber habe der Geist auch das erstemal sich zu erkennen gegeben. die Wache im Haus hörte soviel wie die draußen, nämlich Da fing der Sekretarius aus vollem Halse zu lachen an, und nichts! rief dem klopfenden .Heinzelmann, er solle aufhören. Denn Der Obervogt war jetzt außer sich vor Wut. Am liebsten diesmal war der Klopfgeist eindeutig als eine simple hätte er 3—4 vertraute Männer weitere 8 Tage ins Haus, und unruhige Geiß entlarvt. spät abends jeweils ein gutes Berliner Eisen vor die Haus- Das Kommando wurde aufgelöst und die Helden nach tür und den Küchenladen gelegt, auf die Gefahr hin, daß es Hause geschickt. Der Verdacht des Unfugs fiel natürlich auf dem „Geist" einen Fuß abschlage. den Vinze, ohne daß es freilich für alle anderen Erscheinun- Die Regierung bestimmte jedoch am 25. Juni, es soll noch- gen bewiesen worden wäre. Der Obervogt wollte nun einige mals mit Unterbrechung während 2—3 Wochen von 5—6 Jä- beherzte Soldaten von Donaueschingen kommen lassen und gern und Soldaten unter Anführung des Sekretarius ganz in nebst dem bewährten Heinzelmann nochmal eine Wache vor- der Stille gewacht werden; die einen seien mit einem ver- schlagen, oder den Adjunkten Strasser, Aktuar Neudinger borgenen Licht innerhalb, die andern außerhalb in der Um- und Praktikant Hufschmied zusammen mit dem Sekretarius gebung zu postieren und alle Vorgänge bei Licht und Dunkel Barz der Regierung vorschlagen. Aber letztere ließ sich auf genau zu beobachten. Es geschah aufs genaueste, aber nichts nichts mehr ein. Vielmehr wurde dem Vinze und seinem ereignete sich. Weibe bedeutet, wenn sich nochmals ein Geist im Hause Ende August 1784 ging beim Fürsten von Fürstenberg wie- hören lasse, werde er ins Zuchthaus nach Hüfingen abge- der eine Bittschrift Diebolds vom 24. d. M. ein. Er erinnerte führt und seine Ehehälfte in Trochteifingen eingesperrt wer- seine Durchlaucht an seinen Brief vom Vorjahr. Die Geister- den. Damit schließen die Akten (Archiv Donaueschingen). plage dauere immer noch an. Aus Angst könne er mit seiner Die langwierigen Versuche, die Unkosten der Wache zu Familie das Haus nicht mehr bewohnen, wie die drei un- bereinigen, interessieren hier nicht. Der Volksmund aber will parteiischen Ringinger und die letzten Wächter bei gutem wissen — so erzählte wenigstens des Steinhauers Ahne — Gewissen bezeugen könnten. Beim Obervogt finde er kein der Vinze habe nochmal zur Sicherheit einen Pater von St. Gehör und statt Hilfe, habe ihm der Stadtknecht schon zwei- Luzen in Hechingen geholt, der den Geist endgültig nach mal Schläge verabreicht, „An Euer Hochfürstl. Durchlaucht langdauernder Prozedur in ein Balkenloch des Scheueries gelangt demnach mein fußfälliges Bitten, doch gnädigst zu bannte und einen Holzspunden darauf hineinschlug, den man gestatten, daß mittels geistlichen und andern verfänglichen unter keinen Umständen lösen dürfe! Mitteln dieses schädliche Gespenst dermaleinst ausgetrieben Seitdem wurde nichts mehr von dem Geiste gehört. Des werden möchte. Ohnerachtet ich als ein armer Hirt schon Vinzens Tochter, das Ammeile, heiratete später (1812) den viele Kosten erdulden müssen, will ich gerne aufwenden, Nagelschmied Anton Kraus, deren Sohn Markus dann das was in meinen Kräften steht, wenn ich nur von diesem Ge- gleiche Handwerk betrieb, weshalb man noch zu Menschen- spenst befreit werde. Ich getröste mich umso ehender der gedenken das Häuslein Nr. 89 am Nähberg „des Nagelschmieds gnädigsten Erhörung, als ich und die Meinen lebenslänglich Haus" nannte, das dann 1883 der Waldschütz Johann R i e - im täglichen Gebet danken und in tiefster Erniedrigung er- scher mit der Tochter Anna Maria erheiratete. sterben werden. Ringingen, den 24. August 1784. Euer Hoch- fürstl. Durchlaucht untertänigst treugehorsamster Knecht H. Pfr. Riescher, der im 4. Grad von unserem Helden ab- Vinzenz Diebold, Viehhirt." stammt, erzählt, man habe in seiner Jugend berichtet, als Da das sehr flott und, wie das erste, sehr schön geschrie- ein bestimmter Balken im Stall ihres Hauses bei einem Um- bene Gesuch zuerst irrtümlich an den regierenden Fürsten bau entfernt werden mußte, seien viele alte Leute gekom- zu Hohenzollern-Hechingen gerichtet war und dann geän- men und hätten gewartet, bis sich etwas mit dem Geist dert wurde, steht zu vermuten, daß ein zollerischer Beamter ereigne. Aber zu ihrer großen Enttäuschung geschah nichts vom Nachbarland der Schreiber und Verfasser war. Außergewöhnliches. Es könnte also doch wahr sein, was Hierauf verlangte ein Spezialmandat des Fürsten vom unser alter Steinhauer von seiner Ahne wissen wollte: Es Trochtelfinger Amt einen genauen Bericht, und darauf er- habe jemand vorher den Holzspunden aus dem gebannten fuhr man in Donaueschingen: Der Vinze sei ja Roßhirt und Balkenloch herausgezogen, worauf ein weißlicher Rauch oder müsse den ganzen Sommer durch zur Nacht bei der Herde eine Staubwolke aufstieg und die Leute ein „Bummern" im Feld sein. Sein Weib aber war trotz gütlichen Zuredens hörten. nicht zu bewegen, sich im Haus aufzuhalten. Somit stand es leer und der Obervogt wollte warten, bis die Nachthut vor- über sei. Als nun die Nachtweide in Ringingen beendet war und Die „Hohenzollerische Heimat" bringt heimat- Vinzenz in seinem Haus sein konnte, ließ man am 12. Okt. die Wache ausrücken. In der 2. Nacht hörten die Männer so- geschichtliche Erzählungen und durch gründliches wohl innen als draußen, wie jemand oben im Haus wie in Studium geschriebene heimatkundliche Beiträge. Strumpfsocken herumfutschle und drei Stöße seitwärts mit Allen Heimatfreunden wird diese Zeitschrift einem Holz an die Kammertüre gäbe. Der Sekretär warf empfohlen. Bestellungen nehmen alle Post- seinen Verdacht gleich auf den Hausherrn, der sich mit seinem Weib in der Stubenkammer aufhielt. Er visitierte anstaiten entgegen. Das Vierteljahresheft kostet andern Tags das Haus und fand in der Stubenkammer eine 40 Pfennig. Jahrgang 1957 HOHENZüLLERlSCHE HEIMAT 41 Von Oellämpchen, vom Rapsanbau und alten Oelmühlen Erinnerungen aus alten Zeiten in Rangendingen von J. Wannenmacher Wenn man an Winterabenden durch das Dorf geht und Mit dem Rapsöl nun speiste man einst die Oellämpchen Straßen, Geschäfte und Wohnungen in beinahe taghellem im ganzen Haus. Wenn dieses Licht dann und wann auch ein Lichte erstrahlen, so kann man alte Leute oft verwundert wenig rußte, unsere Vorfahren, in der Hauptsache Bauern sagen hören: „O, wia ischt dös au hell, und wia hots au und1 Handwerker, waren diesbezüglich noch nicht so emp- früher ausgseah!" Ja, wenig mehr als ein halbes Jahrhun- findlich. dert ist es her, da gab es in Rangendingen noch zahlreiche Aber nicht nur für das Licht brauchte man das Rapsöl, es Häuser, in denen das alte Oellämpchen mit seinem Docht wurde auch ausgiebig zum Backen und Braten verwendet. aus Wolle im Gebrauch war. In der Wohnstube stellte man Allerdings hat man für diesen Zweck das schwere Oel etwas es auf den „Liachtstock", und um sein dürftiges LiJit scho- verfeinert, indem man es in einem Topf oder einer Pfanne ten sich am Abend die Hausbewohner, las der Vater die erhitzte, immer wieder umrührte, bis es hell war und gleich- Zeitung, machten die Kinder ihre Hausaufgaben, drehten die zeitig noch mit Schweineschmalz vermengte. Aber dann Frauen und Mädchen das Spinnrad, nähte und flickte die konnte man in dieser „abgelöschten" Mischung unter an- Mutter die Kleider und die Wäsche. Und im „heimeligen" derem Kirbe- oder Fastnachtsküchlein backen, so fein und Dämmerschein dieser einfachen Lichtquelle versammelten so knusperig, wie es eben nur die Schwaben können, und die sich im Winter die „Liaehtgänger", erzählten aus vergangenen zu allen Zeiten so vortrefflich mundeten, daß sie sogar in guten oder bösen Zeiten, wußten von Sagen und Geschichten, Liedern und Sprüchen ihre Verherrlichung fänden und auch zauberten Schattenbilder aller Art an die getünchte Wand, in altem Brauchtum da und dort eine besondere Rolle spielten. oder sangen inzwischen längst versunkene alte Volks- und Heimatlieder. So sah es damals noch in manchen Wohn- Um die Jahrhundertwende gab es in Rangendingen noch stuben aus. zwei Oelmühlen. Die eine befand sich am Eingang za" Mühl- gasse und war damals im Besitz von Sebastian Wannen- In der Küche wiederum war vielfach über dem Herd eine macher, im Volksmund kurz „Oelerbäschel" genannt. Diese kleine Nische in die Wand eingelassen. Dort hinein legte man Oelmühle wurde von Josef Wannenmacher im Jahre 1843 weit früher den Kienspan, und später stellte man das Oel- erbaut. Urtümlich und einfach war ihre Einrichtung. Die lämpchen an diesen Platz. Auch die Stallaterne wurde mit Trommel zum Erwärmen und Aufweichen des Rapses wurde selbsterzeugtem Oel gespeist, desgleichen diejenige des Fuhr- noch mit der Hand getrieben, die „Mahle" hingegen mitteis mannes. Es war ein einfaches und nach unseren heutigen Be- Göpelbetrieb in Bewegung gesetzt. Den Göpel selbst zog ein griffen ganz primitives Licht, das diese Oellämpchen spen- Pferdchen, das mit verhüllten Augen innerhalb der Oelmühle deten, aber auch ein sehr billiges Licht! im Kreise herum ging. Der düstere, verrußte Raum hatte für Woher kam aber das Oel für die Oellämpchen, auch „Epale" Kinder immer etwas Geheimnisvolles an sich, und wenn der (Ampeln) genannt? — Nun — vor fünf bis sechs Jahrzehnten Oeler am Werken war, versuchten sie stets so halb ver- baute am Orte hier nahezu jeder Bauer noch Jahr für Jahr stohlen in den Raum hineinzuschauen. Nach dem Tode von seine ein bis zwei „Fendel" (je 10 ar) Raps an. Gleich im Sebastian Wannenmacher übernahm sein Sohn Josef Wan- Herbst, wenn die Gerstenäcker abgeerntet waren, wurde er nenmacher die Oelmühle, der sie noch bis kurz nach dem gesät. Der Raps kam ins Brachfeld. In früheren Zeiten baute ersten Weltkriege im Gange hielt. Hernach stellte dieser die man weit weniger Kartoffeln an als heute, und so blieben Tätigkeit des „Oelens" endgültig ein. die besten Aecker frei für den Raps. Nach kräftiger Düngung wuchs er im Herbste rasch heran, und im Frühjahr schoß die Die zweite Oelmühle hatte der weitbekannte Gipsmüller Rapspflanze schnell in die Höhe. Bald schimmerte das ganze Otto Dieringer in der Hechinger Straße zum Eigentum, des- Brachfeld in den gelben Farben der Rapsblüten. Jedem sen Vorfahren ebenfalls diesem Gewerbe oblagen. Otto Die- Bauersmann lachte das Herz, wenn er diese Pracht erblickte ringer war ein markanter Geschäftsmann. Seine Oelmühle und den kommenden Segen ahnte! An warmen Tagen summ- wurde mit Wasserkraft betrieben. Sie ging aber schon im ten und surrten dann unzählige Bienen über den wohlig Jahre 1910 ein, als man die beiden Wehre in der Starzel ent- duftenden Rapsfeldern und holten den süßen Nektar, den ge- fernte und eine Umstellung und Modernisierung des Be- rade die Rapsblüten in so reichem Maße liefern. — In den triebes nicht vorgenommen wurde. zahlreichen Schoten reiften dann die Rapskörner heran, und Mit der Einstellung des Oelens war Rangendingen um zwei zwischen Heuet und Getreideernte konnte die reife Frucht alte, einst sehr wichtige Gewerbebetriebe ärmer geworden. abgemäht und gedörrt werden. Die fetthaltigen Körner wur- Der Zug der Zeit hat sie in der Hauptsache zum Erliegen den hernach in der Scheune aus den Schoten gedroschen, das gebracht. Modern eingerichtete, elektrisch betriebene Oel- Ganze gereinigt und der Ertrag auf die Bühne (Speicher) mühlen kamen in den Nachbarorten auf. Das Rapsöl selbst gebracht. Je nach Bedarf holte man dann sein Rapssäckchen wurde als Lichtquelle nicht mehr gebraucht, und Speiseöl und die in jedem Haus vorhandene Oelkanne und brachte konnte man in guter Qualität und zu mäßigen Preisen in den einen „Schlag" Raps in die Oelmühle. Dort kamen die Kör- örtlichen Geschäften kaufen. So ging auch der Rapsanbau im- ner zunächst in die „Mahle" (Mahlwerk), wo sie zerrieben mer mehr zurück, und er beträgt heute nur noch einen wurden, hernach in eine Trommel aus Kupferblech, die sich winzigen Bruchteil von dem, was einst von dieser Fruchtart ständig über einem Feuer drehte. Wenn der Raps dann er- auf unserer Gemarkung angepflanzt war. Wir sehen, der wärmt und genügend weich geworden war, wurde er in eine Fortschritt macht auch im Anbau der Kulturpflanzen keinen Presse gebracht, die das Oel herausquetschte. Ein Schlag Halt, alles ist dem ständigen Wechsel der Veränderung un- (etwa 20 bis 22 Liter) Raps lieferte durchschnittlic-i vier bis terworfen — Aber es ist interessant und zugleich lehrreich, fünf Liter gelbliches, schweres Oel. Die ausgepreßten Kör- sich die Entwicklung der Dinge und ihre Zusammenhange ner bekam man in dem sogenannten Rapskuchen wieder zu- auf Einzelgebieten da und dort gründlich vor Augen zu rück. Letzterer ergab ein ausgezeichnetes Kraftfutter für das führen, um nach einem Dichterwort: — „rückwärtsblickend Vieh. vorwärts schauen" — zu können.

II. Teil Ein spanisches Kreuz in Hohenzollern

Es ist ein Novembertag vom Jahre 1913. Bleigrau und re- Palmesel überschattet von den durchlöcherten Blättern eines genträchtig fahren schwere Wolken am Himmel langsam da- Philüdendron-Baumes; da ist die Wessinger Madonna und hin. Bei Fridolin Stauß, dem Kunstpfarrer von Veringendorf, eine ehrwürdige Pieta, ebenfalls aus Wessingen, da ist der waren auf Verabredung Freunde und Bekannte zusammen- Laizer Apostel aus dem 14. Jahrhundert, den man heute auf gekommen. Da war Konstantin Fehrenbach, der nachmalige dem Zoller sehen kann, während seine Mitapostel in die Reichskanzler, da waren Dr. Stelzer aus Würzburg und Dr. Rottweiler Lorenzkapelle sich verirrt haben. An der Wand Blum aus Markdorf und Oberamtmann Philipp Longard von hängt ein Flügelbild vom einstigen Oberndorfer Altar und Sigmaringen; auch Erzbischof Schuler war für eine Stunde als Pendant eine Zeitblom-Copie Dazu kommen noch viele von Gorheim herübergekommen und Stadtpfarrer Maier Raritäten aus alter und neuer Zeit. Mitten m der anregenden von Gammertingen. Schnell fühlten sich alle wohl und hei- Unterhaltung nimmt Pfarrer Stauß ein Kreuz aus der Tisch- misch am Eichentisch in dem rotwandigen Raum, der mehr lade, das in das Pfarrarchiv von Veringendorf gehört, und einem kleinen Kunstmuseum ähnelte als einer pfarrhehen stellte es zur Diskussion und gibt ihm den Namen: „Pest- Amtsstube auf dem Lande. — In der Ecke wird der alte kreuz". 42 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957

Der Name stimmt zwar nicht, wohl aber ist es ein altes strenges Regiment, später wurden sie versöhnlicher und Doppelkreuz aus Messing mit kornradenblütenartigen Enden, suchten mit den christlichen Bewohnern in Frieden auszu- das einst in hohem Ansehen stand und glaubend und ver- kommen, so daß diese zwar manche Einschränkung hinneh- trauend bei Krankheiten, Seuchen und schädlichen Hochge- men mußten, aber doch nach ihrem Glauben leben könnten. wittern gebraucht wurde (Stärke: 3 mm, Längsbalken: 16 Im Jahre 1227 nahm Pascha Abuzeyt, Obert in Caravaca, cm, oberer Querbalken: 7 cm, unterer Querbalken 9 cm). an einer Messe teil, um das geheimnisvolle Wunder der Auf der Vorderseite ist in Gravierung dargestellt: Christus Wandlung zu erleben. Bei Zurichtung des Altares waren am Kreuze; das Haupt mit Nimbus und Dornenkrone ist zwar zwei Lichter vorhanden, aber das vorgeschriebene gesenkt, die Arme sind in sanfter Biegung ausgestreckt; über Kreuz war vergessen geblieben. Da ließ sich ein Kreuz vom dem Haupte ist der Kreuzestitel: „I. N. R. I". Am Kreuzes- Himmel nieder und blieb auf dem Altar, so daß die Messe fuß ist der Tötenkopf. Auf Querbalken und Längsbalken gefeiert werden konnte. Auf dieses Wunder hin wird Abu- liest man die Schrift: „Domine memento mei". Ueber die zeyt ein Christ, und ebenso wurde sein Gefolge christlich. ganze Kreuzesfläche sind Sternverzierungen ausgestreut. — Kleinere Nachbildungen von diesem Kreuz wurden im 16. Auf der Rückseite ist das Bild der Immakulata: Maria mit und 17. Jahrhundert serienweise hergestellt, wurden beliebt der Krone auf dem Haupte, mit gefalteten Händen und der und geschätzt und kamen in alle Länder. So wird berichtet, Mondsichel zu Füßen; Blumen sind an den Kreuzesenden, wie im J. 1600 der Jesuitenpater Petrus de Buyze aus Spa- und Sternverzierungen auf der Fläche und die Inschrift „Sin nien nach Deutschland reiste und mit sich nahm: einige pecado original". kleine Kreuze, die geweiht waren durch Berührung mit dem Wir haben hier ein sogenanntes „Spanisches Kreuz" Kreuz von Caravaca und dann ausgeteilt wurden an fromme vor uns, das auch „C a r a v a c a - K r e u z" oder „K a r - Personen und gute Bekannte. Vom Ende des 17. Jahrhun- fakelkreuz" genannt wird. Es dürfte in Hohenzollern derts an werden die Kreuzlein immer seltener und kommen wohl das einzige Exemplar sein. Nach der Inschrift stammt unter Mitwirkung der Kirche so in Abgang, daß man heute es aus Spanien. Der Ursprung geht auf eine Legende zu- kaum mehr den Namen kennt. Wie ein solches Kreuz (stam- rück, von der uns die Bollandisten in den Akta sanctorum mend aus der Zeit von 1670) gerade nach Veringendorf kam, (Mai, B. 7 S. 388—404) berichten und ebenso Jakob Gretser wird sich kaum feststellen lassen. Für die örtliche Ueber- in seinem dreibändigen Werk über das Kreuz (B. 1 S. 201). lieferung vom Besuch eines auswärtigen Prälaten (Emigran- Der sagenhafte Vorgang spielt sich ab in der spanischen tenbischofs) bei Prinz Meinrad von Hohenzollern, Pfarrer Stadt Caravaca bei Murcia. Der größte Teil von Spanien von Veringendorf, 1757—1823, der beim Abschied ein violet- stand damals noch unter der Herrschaft der Araber (Mau- tes Meßgewand und einige Raritäten (vielleicht auch unser ren), die erst 1492 durch die Eroberung von Granada aus Kreuz) zurückgelassen habe, fehlen jegliche Beweise. dem Lande vertrieben wurden. Anfänglich führten sie ein Waldenspul-Melchingen.

Foto Keidel-Daiker, Hechinyen

Adelbert Rothmund — Bildhauer und Restaurator 1861—1940 Aus der großen Zahl namhafter Kunsthandwerker und war Maurer, während die Mutter neben der Besorgung des Meister, die in der Bildhauer- und Altarbauwerkstätte Mar- großen Haushaltes über den Winter den Näh- und Strick- mon in Sigmaringen seit ihrem. Bestehen die Lehrzeit durch- unterricht für die schulentlassenen Mädchen gab. Im Hause machten, ragt hervor der Bildhauer und Restaurator Adel- Rothmund ging es sehr bescheiden, wenn nicht arm her, TOrt Rothmund. Der Mann, der sich aus eigener Kraft und denn der Arbeitsverdienst des Vaters konnte für den Un- in stetem Ringen zu einer beachtlichen Höhe seiner Kunst terhalt der zehnköpfigen Familie wohl kaum ausreichen. emporgearbeitet hat, verdient es, daß sein Name in unserer Die Kinder mußten, sobald sie die Volksschule verließen, Heimatzeitschrift festgehalten wird. ihr Brot selbst verdienen. Für Adelbert war die Jugendzeit Adelbert Rothmund ist am 2. April 1861 in Inzigkofen, um so härter, als er mit 9 Jahren den Vater verlor und Krs. Sigmaringen, als siebentes Kind der Eheleute Anton seine Mutter Witwe wurde. In Erinnerung an seine Jugend- Rothmund und Theresia geb. Stengele geboren. Der Vater jahre hat der Bildhauer in späteren Jahren unter anderem Jahrgang 1957 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT •13 erzählt, wie er zur Firmung barfüßig und im viel zu großen galt es nun, schadhaft gewordene Stücke wieder herzustellen Rock eines älteren Bruders hinunter nach Sigmaringen ge- und fehlende Teile zu ergänzen. Da unser Landsmann schon pilgert sei. Aber Bitterkeit oder gar Groll mit dem Schicksal des öfteren derartige Arbeiten zur größten Zufriedenheit kannte er deswegen nicht, bescheiden und genügsam für der maßgebenden Stelle ausgeführt hatte, übertrug ihm der seine Person blieb er sein Leben lang. Nach Verlassen der Leiter der Antikensammlung auch diese umfassenden Ar- Volksschule kam der geweckte Junge in die Lehre in die beiten. Daß unser Bildhauer seine Aufgabe mit feiner Ein- Altarbauwerkstätte Marmon in Sigmaringen, wo er sich fühlungsgabe und großer Meisterschaft löste1, geht daraus gründliche Kenntnisse als Kunstschreiner und Holzschnitzer hervor, daß er auf den 1. Mai 1914 hauptamtlich als Re- aneignete und nebenbei die Zeichen- und Fortbildungsschule staurator am kunsthistorischen Museum angestellt wurde. in Sigmaringen besuchte. Im Herbst des Jahres 1880 schnürte Dabei war es ihm erlaubt, auch weiterhin nebenbei private der 19-Jährige sein Bündel und ging auf die Wanderschaft. Aufträge auszuführen. Es kam der I. Weltkrieg und im An- Sein Weg führte ihn nach Stuttgart, Berlin, , bis hinauf schluß daran die Inflation, die Staat und andere Auftrag- nach Kopenhagen, immer bestrebt, sein Wissen und Können geber zwangen, die Kunst hinter die Bedürfnisse des nackten zu vertiefen und zu erweitern. Nach seiner Rückkehr aus Lebens zurücktreten zu lassen. So wurde im Jahre 1923 auch dem Norden arbeitete Rothmund vor allem in Linz a. D., die Stelle des Restaurators abgebaut und ihr Inhaber mit Steyr, Wien und Budapest, eine Zeit lang auch in Klausen- einer kleinen Pension entlassen, in dem Augenblick, da auch burg, um nach 8j ähriger Wanderzeit in der Kunststadt Mün- die Ersparnisse eines Lebens durch die grausame Geldent- chen wieder heimischen Boden zu betreten. Während der wertung in ein Nichts zerrannen. strebsame Kunsthandwerker bisher praktisch meist auf or- namentalem Gebiet gearbeitet hatte, nahm er nunmehr jede Rothmund, dessen Geschwister nach den Vereinigten Staa- Gelegenheit wahr, sich im Zeichnen und Modellieren aus- ten ausgewandert sind, zog nach seiner Zuruhesetzung in zubilden. Regelmäßig besuchte er die Kurse für Aktzeichnen, das ländliche Maria-Enzersdorf bei Wien, wo seine Gattin die der Künstlerverein in München veranstaltete. Schon nach als Lehrerin tätig gewesen war. Im bescheidenen, aber doch einjährigem Aufenthalt in München zog Rothmund wieder in behaglichen Heim, frei von materiellen Sorgen, durfte er die Kaiserstadt Wien, die ihn nun nicht mehr loslassen mit seiner verständnisvollen Gefährtin einen schönen Le- sollte! Auf der staatlichen Gewerbeschule Wien, wo er vor bensabend verbringen. Auch in die Heimat kam er nochmals, allem anatomische Vorlesungen besuchte und nach mensch- um der Gattin sein geliebtes Inzigkofen und Sigmaringen zu lichen Skeletten zeichnete, wurde man bald auf Rothmund zeigen und die Wege nachzugehen, auf denen er in seinen aufmerksam. Der damalige Direktor nahm den kunstbeflis- entbehrungsreichen Jugendjahren so oft gewandelt war. Am senen und strebsamen Schüler in sein Atelier und versprach, 6. Dezember 1940, im gesegneten Alter von 79 Jahren, schloß ihm in absehbarer Zeit eine Anstellung an der Schule. Der unser Künstler für immer die Augen. unerwartete Tod des Schulleiters veranlaßte den Schüler, An Arbeiten aus der Werkstätte Rothmunds seien ge- die Anstalt wieder zu verlassen. Rothmund trat in die Aka- nannt : demie der bildenden Künste ein und widmete sich nun St. Georg zu Pferd, Relief in Kalkstein, als Torbekrönung' planmäßig der Bildhauerei. Bereits im 3. Jahre wurde un- des Schlosses Lichtenberg bei Saalfelden. — serem Bildhauer vom Lehrkörper einstimmig der Neu- lingspreis zuerkannt für die beste Aktstudie „Knabe mit Zwei Wanddenkmäler mit Portraitreliefs aus rotem Salz- Schnecke". Das Original dieser Arbeit (Gips) befindet sich burger Marmor, Wappen, Schrift und Ornamente in Bronce, im fürstl. Schloß zu Sigmaringen, ein 2. Abguß im Bezirks- für Fürst und Fürstin zu Windisch-Grätz, aufgestellt in der museum in Mödling und ein 3. Abguß in Bronce in Privat- Kirche zu Saros-Patak in Ungarn. — besitz. Rothmund kam nun in die Meisterklasse zu Prof. Grabdenkmal aus Laaser Marmor nach einem antiken Kaspar v. Zumbusch, bei dem er 2 Jahre verblieb und an Grabrelief für Hofrat Gompers auf dem Döblinger Friedhof dessen monumentalen Arbeiten er mitschaffen durfte. Noch bei Wien. — einmal ergriff Rothmund den Wanderstab; sein Ziel war Für Graf Leopold zu Berchtold: Portraitbüsten für seine Paris, wo man sich zur Jahrhundertwende auf die Weltaus- Schwester, Gräfin Hartig, seinen 12jährigen Sohn Bela und stellung rüstete. Schon im Herbst 1899 traf der junge Bild- seinen 16jährigen Sohn Sigismund aus karrarischem Mar- hauer in der Seinestadt ein und hörte in den Wintermonaten mor. Ein Denkmal für den Urgroßvater, den Arzt und Phi- Vorlesungen an der „Ecole des beaux arts". Nebenbei be- lantropen Graf zu Berchtold, im Barockstil, bestehend aus suchte er Museen, Kirchen, Schlösser und Friedhöfe und ge- einem Sarkophag mit Wappen und Palmzweigen, darauf winnt neue künstlerische Eindrücke aller Art. Er sieht die eine Art Pyramide mit dem Portraitrelief des Grafen, ge- Weltausstellung und kehrt nach einem einjährigen Aufent- tragen von einem Lorbeergehänge: französischer Kalkstein. halt in Paris im Herbst 1900 wieder nach Wien zurück. Jahre Das Denkmal steht in der St. Barbara-Kapelle zu Buchlau praktischer Arbeit an dem verschiedensten Material und in Böhmen. — fünf Jahre systematische Ausbildung als Bildhauer lassen in Bothmund den Entschluß reifen, sich nun selbständig zu Grabdenkmal für Frhr. Seutter v. Loetzen uiit Portrait- macnen. Er sucht seinen Lehrer Prof. v. Zumbusch auf, be- relief und Wappen in Laaser Marmor, aufgestellt im Hüttel- richtet ihm von seinen Erlebnissen und Eindrücken in der dorfer Friedhof bei Wien und ein Denkmal mit Broncebüste, franz. Hauptstadt und legt ihm seine Zukunftspläne dar. Der auigestellt vor der Spinnereifabrik in Untereggendorf, N.- Meister bietet dem Schüler einen Teil seines weiträumigen Oesterreich. Ateliers an ,nd vermittelt ihrn manchen Auftrag. Umge- Lebensgroße Portraitfigur des 5jährigen Grafen Karolyi- kehrt wirkt Rothmund bei Arbeiten mit, die eine tüchtige Erdödy in Totmegyer, Ungarn, aus karr. Marmor. — Hand verlangen und für welche die körperlichen Kräfte des Lebensgroße Madonna mit Jesuskind aus franz. Kalkstein 70jährigen Lehrers nicht mehr ausreichten. So vergingen fu Schloß Waltsch in Böhmen, des Grafen Thurn-Valsassina. zwölf Jahre engsten Zusammenarbeite is zwischen Meister Ferner eine große Gartenvase aus demselben Material mit und Schüler, wie sie idealer kaum gedacht werden kann, Reliefs spielender Amoretten. — zwölf Jahre fruchtbarster Arbeit. Als im Frühjahr 1912 der Platz, auf dem sich das Atelier befand, gekündigt wurde, Für Frhr. Arnold v. Hammerstein auf dem Helenenfried- legte Prof. v. Zumbusch den Meißel aus der Hand und zog hof in Baden b. Wien eine Gruftkapelle m romanischem sich in den Ruhestand zurück Für Rothmund traf es sich Stile aus Konglomeratgestein. Im Innern der Kapelle eine gut, daß in dieser Zeit größere Partien von Ausgrabungs- Portraitfigur der verst. Gattin aus karr. Marmor. — stücken aus Aegypten und Kieinasien für das kunsthisto- Für Direktor Paul Kupelwieser in Wien eine lebensgroße rische Museum in Wien eintrafen. Vor deren Aufstellung Figur aus Laaser Marmor, darstellend einen Schmied mit Feuerzange. M. Scnaitel. Der Stadtbrunnen zu Trochtelfingen

von Dr. S c h o s e r, Trochtelfingen

In der heutigen Zeit ist es wohl nur wenigen bewußt, nahme nach 260 n. Chr gegründet sein dürfte. Genaue An- welch große Bedeutung die Brunnen in früherer Zeit für gaben sind uns jedoch nicht ernaiten geblieben. — Menschen und Vieh — besonders in einer festen Stadt wie Die erhaltenen Urkunden, die uns einen Aufschluß über Trochtelfingen — hatten. Die Besiedlung eines Landstreifens die Versorgung mit Wasser in Trochtelfingen geben können, hatte das Vorkommen von Wasser zur unbedingten Voraus- setzen erst sehr spät ein. Die Seckach (was soviel wie fisch- setzung. Das trifft auch für Trochtelfingen zu, das als ale- reiches, fließendes Wasser bedeutet), wurde schon zu Beginn mannische Siedlung wohl im Zuge der alemannischen Land- der Befestigung, deren heutige Reste auf den Anfang des 16. HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrganf 1957

Jahrhunderts anzusetzen sind, in den dreifachen Mauerring einbezogen und war zwischen der innersten und der mitt- leren Mauer. Vermutlich war dies aber schon bei der ersten Anlage der Fall, die in die Zeit zwischen 1200—1290 durch den Pfalzgrafen Rudolf I. von Tübingen anzusetzen ist. Der Eintritt der Seckach in die Stadtmauer ist noch heute am Lindenplatz am Bräuhaus des Gasthofes zum Greifen zu er- kennen. Da aber die Furt über die Seckach in der Nähe des „Rößle" an der Stelle der heutigen Brücke führt, war das Wasser leicht zu verunreinigen. Deshalb war die Stadt sicher früh bestrebt, reines Wasser in die Stadt zu bekommen. So finden wir an der steinernen Türeinfassung der Quelle am Ursprung die Jahreszahl 1595, was wohl schließen läßt, daß um diese Zeit ein Brunnen in der Stadt vorhanden war. Nähere Angaben fehlen jedoch im Augenblick noch. Erst im 18. Jahrhundert sind uns weitere Einzelheiten zugänglich. Auf der Brunnensäule des Stadtbrunnens steht die Jahres- zahl 1766, auf der Brunneneinfassung 1773; 1779 wurde die Figur des hl. Mauritius (genannt Brunnen-Moritz) im Auf- trag des Rates der Stadt von J. G. Weggenmann aus Hai- gerloch um 60 Gulden geliefert. Diese Figur des Brunnen- heiligen Mauritius war aus rotem Schilfsandstein gehauen, 1,80 m hoch. Der Heilige steht auf einem quadratischen Brunnenstock aus Kalkstein, der mit Muschelwerkornamen- ten verziert ist. Der Heilige ist in Rüstung mit einem Feder- hut dargestellt, der Mantel fällt weit über den Rücken herab, die ganze Gestalt zeigt eine starke Bewegung. Die rechte Hand stützt sich auf den Schild mit dem Stadtwappen (schwarzes, fliegendes Kreuz auf weißem Feld).

Wie kommt nun der Hl. Mauritius auf die Säule des Stadtbrunnens? Das berichtet uns Bürgermeister Franz Rei- ser am 22. September 1710: „1708/09 ist in Trochteifingen Die alte Mauritius-Statue in Trochteifingen eine Rindviehseuche ausgebrochen (Siechtum, Lungenfäule, Anpappen der Lunge an die Rippen, Ueberquellung) und es sind während dieser beiden Jahre über 200 Stück gefallen. fertigte Karl Schosser, Steinhauer aus Steinhilben. Die Keines der vielen angewandten Mittel wollte fruchten, man Schmiedearbeiten übernahm Johann Kohler um 17 Gulden, nahm zu geistlichen die Zuflucht. Am St. Moritztag anno die Zimmerarbeiten Lorenz Hack um 11 Gulden 23 Kreuzer, 1709 (22. September) hat man alle Herdenteile bei Unser alle anderen Karl Schosser: Steinhauerarbeit 878 Gulden, Lieben Frauen Kapelle, teils bei St. Erhart, versammelt, die Grabarbeit 240 Gulden. Abbrechen und Versetzen um 485 alsdann Herr Dekan Benedikt Schmid mit dem hochheiligen Gulden 16 Kreuzer. Die Zimmerarbeit betraf einen eichenen Kreuz segnete. Auch ward ein Rind in die Haidkapelle ver- Rost unter dem Brunnen, der als Fundament diente. Die sprochen. Umsonst! Da erfuhr man, daß früher wegen eben Höhe des Führlohnes ist aus der Einebnung des Platzes solcher Seuche von der Stadt St. Moritz zum Patron ge- (vgl. den Kellereingang des dahinterliegenden Hauses) und nommen und versprochen worden, diesen Tag bis nach ge- die Herbeischaffung der Steine für die Dohlen erklärbar. — endeten Gottesdienst zu feiern, und dem Heiligen ein Opfer Am 7. 7. 1842 war der Brunnen soweit fertig, daß die Statue an Geld und Vesen zu entrichten. Dies war anno 1621. Das wieder aufgestellt werden konnte. Bürgermeister Stanecker, Gelübde war in Vergessenheit geraten, welcher man auch Stadtrat J. N. Vogel und Obmann Ulrich Eisele vergaben die das Uebel zuschrieb. Geistliche und weltliche Obrigkeit, auch Renovation an Maler Schaut von Stetten unter Holstein um die gesamte Bürgerschaft entschloß sich daher, diesen Feier- 22 Gulden. Es ist im einzelnen beschrieben, welche Teile in tag wieder zu renovieren. Und sieh! Es half von Stund an." Gold gefaßt sein mußten. Eine weitere Erneuerung erfolgte Dieser neuerwählte Stadtheilige verdrängte auch den Hl. 1887 durch den Steinhauer Karl Zeiier von Trochteifingen M'artinus im Siegel der Stadt, das schon 1367 geführt wurde, um 130.00 Mark und den Maler Benedikt Buck von Feld- und noch 1716 (9. Mai) in Jakob Eiseies Baubrief verwendet hausen um 86.65 Mark. Umso mehr ist es nun zu begrüßen, wurde. — Vielleicht ist jetzt Gelegenheit, das Siegel des Hl. daß sich die Stadtverwaltung entschlossen hat, den Brunnen Martinus wieder einzuführen! — zu erneuern, da er fast völlig in Verfall gekommen war. Der Bis zur Verlegung des Stadtbrunnens auf seinen heutigen Bildhauer Halbritter und Bildhauer Vees aus Haigerloch Platz, stand er innerhalb der Mauern auf der Hauptstraße, übernahmen die Anfertigung der Kopie aus Sandstein und unweit des Unteren Tores in der Straßenmitte bei Bernhard die Fertigung des neuen Brunnentroges aus Muschelkalk. Schmid und Josef Seitz. Der Brunnentrog war achteckig, 15 Der Landeskonservator Oberregierungsrat W. Genzmer stand Schuh lang und 12 Schuh breit. Am 30. 8. 1830 erfolgte eine dem Projekt beratend und helfend zur Seite. Der Brunnen Inspektion der Straßen durch die Fürstliche Regierung in ist wieder eine Zierde geworden. — Vielleicht wäre es zur Sigmaringen, dabei wurde die Verlegung des Brunnens aus Erhaltung sehr dienlich, wenn, wie in früheren Zeiten, wie- der Fahrbahn (wegen der Verkehrszunahme — Postwagen) der ein Brunnenmeister bestellt würde, der die Aufsicht über angeordnet. Es entstand daraus ein zwölfjähriger Streit zwi- den Brunnen mit allen anfallenden Arbeiten jeweils für 3 schen Stadt und Regierung unter Stadtschultheiß Fecht und oder 6 Jahre übernommen und dem Bürgermeister und Rat Bürgermeister Stanecker. Schließlich, da keine Einigung darüber jährlich auf Martini Rechenschaft abzulegen hätte. möglich war, wurden durch den Zimmermeister Jos. Schnei- In seiner Stadtchronik von 1 785 hat uns Bürgermeister der, Gammertingen, Pläne für den neuen Standort ausge- Matheus Scherer diese Pflichten aufgeschrieben, die hier kurz arbeitet, unter denen die Stadt zu wählen hatte. Es wurde erwähnt werden sollen: Die Stadt bezahlt 5 Gulden Wart- zur Wahl gestellt: der Lindenplatz, der heutige Standort geld, dazu die Nutzung eines Wiesle an Aufhofen und wur- (vor Augustin Kohler) oder am Eingang zur unteren Gasse. den Brunnenmeister „alle Brunnenarbeith, Teichel bohren, Dies war am 16. 7. 1840. Die Stadt versuchte, ihn auch auf Einlegen stoßen, Laden machen, streifen und aussäubern des den Markt zu verlegen, allein der Wasserdruck reichte nicht Tags per conto mit 24 Kreuzer bezahlt." aus. Vielleicht ließe sich der Vorschlag jetzt für einen kleinen Brunnen vor dem Rathaus irt Erwägung ziehen? Es wurde außerdem damals ein genauer Beschrieb der Teuchellage aufgenommen, die ebenfalls zu überwachen Am 7. Juli teilte der Obervogt Stelzer der Stadt im Auf- waren. Für das Einmachen des Brunnens im Winter usw. trag der Regierung mit, daß die Arbeiten auf 2 Jahre ver- standen Fronen zur Verfügung die zum Teil sehr beschwer- teilt werden könnten was durch die großen Kosten begrün- lich waren, wie der Chronist schreibt. det wurde. Am 8. 8. 1841 erschien im Verordnungs- und An- Möge der neue Brunnen ein Symbol für die Stadt Truch- zeigeblatt für das Fürstentum Kohenzollern-Sigmaringen der telfingen sein; mögen unsere Bauern daran denken, daß der Aufruf zur Verakkordierung der anfallenden Arbeiten. Hl. Mauritius der Schutzpatron für ihr Vieh ist, der auch in Der Voranschlag belief sich auf insgesamt 1 467 Gulden 24 den kommenden Tagen helfen möge. Freuen wir uns alle Kreuzer. Die Versteigerung fand am 14. 8. 1841, vormit- über die gelungene Renovation und bleiben wir uns der Tra- tags 9 Uhr auf dem Städt. Rathaus statt. Die Voranschläge dition immer bewußt. Jahrgang 1957 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT 45 Flurnamen der Markung Sigmaringen von Dr. Alex F r i c k, Tettnang (Schluß) 303. Wolfacker*. Eine Wiese beim Hörnlebühl. 320. Zimmeracker. Der Platz zwischen der Volksschule 304. Wolfgarten*. Die Flur heißt heute Wolfhäusle. und der Zimmerackerstraße, wo die Zimmerleute früher Früher waren die Wölfe stark verbreitet. ihren Arbeitsplatz hatten. 305. Wolfgurgel. Flur vor dem Wittberg; Gurgel 321. Allee. Befand sich früher innerhalb der Aumauer: Kehle wird manchmal für ein enges Tal angewandt. wurde im 18. Jahrhundert angelegt und stellte eine Verbin- 306. Wolfhäusle. Flur östlich vom Ziegelacker zwi- dung zwischen dem Schloß und Hedingen her. schen Bingerstraße und Schmelzerweg. 322. Bauhoferbrücke. Als 1802 die Kreuzkapellen- 307. Wolfertal*. Die Schlucht von den Lauen zur brücke beim Pfauen weggeschwemmt wurde, erbaute der Donau der Markungsgrenze entlang. Fürst und seine Kosten weiter donauaufwärts eine steinerne 308. Wusthau. Distr. 112 im fürstl. Tiergarten, das Wort Brücke und übernahm, deren Unterhaltung, wogegen die hängt mit wüst zusammen. Stadt auf das Weidrecht in den fürstlichen Wäldern ver- 309. Wusthauer Weiher. Weiher beim Wusthau. zichtete. Der Fürst stiftete auch nach dem ersten Weltkrieg 310. Z e u r e n. 1441: „lit in Laitzer zirr". Die Felder zwi- die von dem Bildhauer Alois Stehle stammende Statue des schen Hohkreuz und Laizer Markungsgrenze. hl. Nepomuk. 311. Ziebelenbierenbaum*. Lage unbekannt. 323. Brauner Weg*. Ein Weg auf dem Schönenberg 312. Ziegelacker. Das große Ackerfeld südwestlich auf der Roten Erde. der Ziegelhütte war eine der drei Breiten des Burghofes. 324. Brückenbuche. Zwei Buchen, welche zusammen- 313. Ziegelgarten. Die kleine Wiese zwischen Donau wuchsen, bilden eine Art Brücke. Sie steht im Straßenhau und Hanfertal, welche jetzt bebaut ist. und ist etwa 250 Jahre alt. 314. Ziegelholz. Wald östlich vom Schönenberg hieß 325. Dreifelsen. Kleine felsige Stelle am Beginn der früher Glashart. Dort gab es eine große Anzahl von Grab- Buchhalde gegenüber dem Josefsberg, wo sich deutlich drei hügeln aus der Bronze- und Eisenzeit, die 1940 beim Roden kleine Kalkfelsen bilden. des Ziegelholzes zur Anlegung eines Flugplatzes fast alle 326. Fürst Wilhelm-Eiche. An der Stelle des um zerstört wurden. 1880 abgebrannten Hedinger Hofes steht eine Eiche, die nach 315. Ziegelhütte. An der Stelle vom Hofgut Amerika Fürst Wilhelm (1864—1927) dessen Namen erhalten hat. befand sich schon 1441 eine Ziegelei, welche wohl der gan- 327. Geiselhart-Buche. Buche beim Haus Naza- zen Gegend den Namen gab. Sie ging nach dem ersten Welt- reth, benannt nach dem Gründer dieses Waisenhauses Tho- krieg ein. mas Geiselhart, der auch der Gründer des St. Fidelishauses 316. Ziegelösch. Ursprüngliche Bezeichnung einer Zeige als Konvikt war. der Markung Hedingen, jetzt die Felder westlich vom Frauen- 328. Gorheimer Bach. Abfluß der großen Quelle stock. hinter Gorheim, welche den größten Teil der Stadt, mit Was- 317. Ziegelweg*. Die Bingerstraße, welche zur Ziegsl- ser versorgt. Fließt gegenüber der Burgwiese in die Donau. hütte führte. 329. Kaiserlinde. Auf der alten „Häshenke" hinter der 318. Zieglers Garten*. Eine Wiese etwa 500 m west- Laizerbrücke wurde 1871 eine Linde gepflanzt, welche auf lich vom Bahnhof Josefslust, gehörte vielleicht zur Ziegelei der Karte von 1878 den Namen „Kaiserlinde" hat. nach Sigmaringendorf. 330. Karl-Anton-Eiche. Beim westlichen Aussichts- 319. Zielfinger Sack. Distr. 109 und 111 am äußer- punkt auf dem Brenzkoferberg (Zollerberg) befindet sich sten Ende des fürstl. Tiergartens. eine Eiche, welche 1877 den Namen nach dem Fürsten Karl- Anton (1811—1885) erhalten hat. 331. Neuer Weg. Ursprünglich, ging der Felsen des Mühlberges bis zur Donau. Im Jahre 1828 ließ Fürst Anton | ißB SVF SV?? COLlRTgR Alois den Felsen sprengen und an der Donau entlang einen Weg anlegen, der mit Silberpappeln abgegrenzt wurde. 332. Panthelstein. Beim Bahnbau wurde vom Mühl- berg ein kleiner Felsen abgesprengt, auf welchen Major Panthel einen bronzenen Rehbock anbringen ließ. 333. Schuhmacherfriedhof. Zwischen der Bahn- linie und der Firma Etter u. Co hatte Gerber Weber einen Platz, auf welchem er Lohe und andere Abfälle seiner Ger- berei ablagerte. 334. Schunksruhe. Am Weg von der Krauchenwieser- straße zur Schafwiese steht eine Bank mit der Aufschrift „Schunksruhe" benannt nach dem früheren Gymnasialdirek- tor Schunk in Sigmaringen. 335. Stroppels Ruhe. Bei dem kleinen Wäldchen am Wege nach Sigmaringendorf auf dem Schönenberg befindet sich eine Bank mit der Aufschrift „Stroppels Ruhe" be- nannt nach dem früheren Hofkammerpräsident Stroppel.

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(Vergl. Seitp 33 Anmerkung)

Grabstein Graf Alberts von Hohenberg lind seiner Gemahlin Margarete von Fürstenberg im ehemaligen Kloster Kirchbprg ReitPrsiegel dPs Grafpn Albprt II. vom .Tahrp 1284 46 II I ENZOLLERISCHE H 1AT •Tahr^ane 1957

336. Steidlehaus. Als im Jahre 1922 das alte Schülzen- 338. Zizenhausen. Volkstümlicher Name für die Ge- haus im Hanfertal zu einer Jugendherberge eingerichtet gend hinter dem Josefsberg nach dem Ort Zizenhausen bei wurde, erhielt es den Namen „Steidlehaus" nach Ilofwerk- Stockach. meister Steidle. 339. Zollerberg. Neuer Name für die westliche An- 337. Wasenried. Volksümlicher Name für das Ried höhe auf "dem Brenzkoferberg, wo im Jahre 1953 das Kreuz beim Hörnlebühl. des Ostens errichtet wurde. Burladingen in vergangenen Tagen von J. A. Kraus Noch eine weitere Urkunde über Burladinger Güterbesitz men, merkwürdigerweise links der Kirche! Auch das ehe- sei angeführt: Am Freitag, so man singt in der christlichen malige Kirchlein auf der Schlichte hat der fleißige Kupfer- Kirche Vocem Jocunditatis (20.) Mai 1468 war das Burla- stecher festgehalten, von dem er Derichtet, daß das Wasser dinger Ortsgericht unter dem zollerischen örtlichen Amt- der Dachtraufe von einer Seite durch die Starzein in den mann Konrad Ragor versammelt. Vor ihm erschienen der Rhein, von der andern Seite durch die Lauchert in die Pfleger und Lichtmeister der Pfarrkirche St. Michael von Donau fließe, welch beider Ursprung nur eine halbe Vier- Veringendorf namens Peter Herter und Oswald Hesel und telstunde auseinander liege. Dabei ist für Lauchert natürlich erklärten, ihr hl. Erzengel habe im Burladinger Bann einige zuerst Fehla zu setzen. Die Kapelle wurde jedoch um 1730 Grundstücke, deren Kaufbriefe sie vorlegten. Diese Stücke bis 1746 abgebrochen, wie wir ausführlich in den Heimat- sollen neu festgestellt werden. So ließ man die Leute kom- klängen des Zoller, 1935, S. 51 berichteten. Das heutige Hei- men und "ragte sie eidlich aus. Claus Siffrid meldete, er und ligtum am Sportplatz entstand erst 1810. Dagegen stand 1544 seine Vorfahren hätten schon lange des Kaufmanns Gut, das auch unter dem Hohen Steig (noch unter der Bahnlinie) am zu St. Michael gehöre. Es umfasse: 1 Hanfgarten hinter des Ringinger Sträßle ein „Hailigenhäuslin". Und wenn erst un- Busingers Hube, zwischen Straße und Wasen. 5 Mm. Wiesen ser alter Kirchturm reden könnte! Er hat sicher noch das an dem Hozenbol, stoßen an das Langtal. 1 Wiesacker an alte Schloß gesehen. Er könnte noch von weiteren Familien Schopfloch, Va Mm. in Wengen, 1k Mm. uf der Arbait, 2 J. erzählen, von den Hoch und Fink, den Fenlenschmid, Doecker Ackers an Feldstaig, genannt Steinacker. 2 J. uf Schlichten, (gleich obigen Decker!), Blicklin, Guide, Herter, Stiefel, Motz stoßt uf die Straß zwischen (Auberlin) Wochenwerk. 2 J. zu (heute Mauz), Weinundbrot, Gockeler, Vügkel, Göser, End der Braite, anw. uf den Krusen, anderseits uf den Schweizer, Lang, Hirt, Pfister, Hegner, Hummel, Hospach, Stucklin. V2 J. uf Schrott an Thomas Businger, anderseits uf Lebherz, Hankelmann und Busth des 16. Jahrhunderts, die Wochenwerk. 2 J. in Laimen, zw. Hans und Claus Siffriden. im Gotteshaus mit noch vielen andern ein- und ausgingen 1 J. am Mühlsteig, zw. dem Krus und Endlin (Anna) Sigklin. und dann zur Rechten und Linken des Baues zur letzten 2 J. in dem Gaißzil, stoßen an das Gründlin in Ibental. 1 J. Ruhe bestattet wurden. Wer kennt heute auch nur noch ihre an Lengstaig. Für diese vorstehenden Stücke ist immer ein Namen? Als noch auf der Anhöhe unterm Stettener Sträßle Lehenträger zu bestellen, wie gerichtlich dem Heiligen vor- in Richtung Gauselfingen im Esch „Hinter der Kirch" der behalten wurde. Galgen stand, zum abschreckenden Beispiel für jung und alt; Ferner hat Benz Spinnler ein Gütle mit folgenden Stük- ken: 2 Mm. Wiesen uf dem Valken. Va Mm in Stetter Wengen. 1 kleines Wiesäckerle zu Withicho Louch (!), stoßt uf den Businger. 2 J. uf Schlattstaig an Koufmanns Gut. 2 J. uf Supflen Halden an Thoma Busingers Gut. 1 J. da- selbst an der Hailigen Gut, das jung Siffrid innehat. 1 J. unter Maygingen stoßt uf des Busingers Gut, das man nennt „des Burladingers Gut". IV2 J. uf dem Azlenbrunnen (gen Hauser?). 1 Gart zu Mayingen, druf sät man 3 fiertail Hanf- samen, stoßt an die Straß. 1 Wiesbletz stoßt beiderseits an den Miller. 1 Ger-Bletz stoßt an Koffmann. 1 Wiesbletz un- ter dem Zil und 1 im Ibental. V2 Jauchert in Ibental stoßt uf den Decker und den Miller. 2 Mm. Wiesen in Bussenlouh stoßen an Hans Alber. 1 J. ob Mayingen uf dem Rain, stoßen rings an den Businger. Ferner 1 J. sind zwei Strängen, stoßen hinab uf den Heiligen und oben uf den Miller 1 J. im Ibental stoßt uf den Brunnen. Dieses Gütle zinst jährlich dem hl. Michael 9 Schilling Heller. Folgende Stücke hat Hans Decker inne: 2 Jauchert uf Krüzen (Kreuzen), stoßt uf Benz Spinnler, anderseits uf Ostertagen. 1 J. im Annental, st. uf den Anwander und ut den Müller. 1 Wiesenäckerlin in Tatten Riett, st. uf den Bu- singer und Uttenoerg. 2 J. im Ioental, stoßst uf den Fußstig, der gen Gosselfingen gaut, anderseits uf Benz Spinnler. 1 Wiesacker in Clien, stoßt uf den Businger, 1 Wiesb? tz in Mayingen am Spinnler und 1 stoßt uf den Bronnen. 1 Wies- bletz zu Mayingen uf dem Rain, stoßt an Stuklin, und ein Wiesbletz stoßt uf den blinden Clausen. 1 Garten zu Mayin- gen am Miller. Diese Stücke Zinsen jährlich dem Heiligen 3 Schilling Heller. Diese Grundstücke wurden nun gerichtlich neu bestätigt und die aufgesetzte Urkunde vom Vogt auf Zollern, Hans Baiinger, besiegelt Amtmann und Gericht hatten nämlich kein eigenes Siegel. Das Wachssiegel ist heute zerschmolzen und hat ein Loch ins Pergament gefressen, so daß der Name des Siegiers aus andern Urkunden jenes Jahres ergänzt wer- den mußte. Unser Stück stammt aus dem Kloster \Vald, was darauf schließen läßt, daß die Grundstücke später von der Heiligenpflege Veringendorf nach Klosterwald gekom- men sind, d. h. natürlich nur die Oberherrschaft darüber! (Dom. Arch. Sigmaringen R 78, Ka 11,4; Nr. 74). Für einen Einheimischen müßte es von Interesse sein die alten Flur- und Familiennamen mit Bickelsbergs zolieri- schem Lagerbuch von 1435 zu vergleichen, wie es Franz Her- berhold 1941 herausgab (Burladingen S. 97—102). 3. Ein Bild Merians von der Grafschaft Zollern von 1662 zeigt auch Burladingen von der Schlichte her mit spitz auf- Die sogenannte Madonna von Haigetloch ragendem Kirchturm und dem Schlößle mit mehreren Tür- (Heimatmuseum Zollpvburg)

r Jahrgang 1957 H O H E N Z O L L E R I S C H E HEIMAT 47 als noch die Mühle unter Hammestal im Betrieb war, von Ortspatrons geschmückt worden. Zum Vergleich des Geld- der heute kaum noch der Kanal zu sehen ist, und die schon wertes sei angegeben, daß ein Scheffel Korn (Vesen) damals 1544 „Oede Mühle" hieß. Er sah die Obere Mühle oder Buch- 2 Gulden und 20 Kreuzer galt. Die Orgel scheint nicht recht mühle am Mesnerbrunnen die munteren Räder treiben. Doch befriedigt zu haben. Schon 1740 mußte der Orgelbauer (Aich- damals hieß sie die „Neue Mühle", und ihr Besitzer hatte gasser von Hedhingen?) zu Ueberlmgen eine neue bauen für Namen und Beruf eines Müllers, wie auch der Inhaber der 110 Gulden. 1747 lieferte Benedikt Fischer eine neue Kir- Badstube im Ort an der „Fellach" unweit des Schlößle Ba- chenuhr für 62 Gulden 52 Kreuzer. Er stammte von Troch- der hieß, während man ihn noch kurz vorher in seiner Hei- telfingen, war aber hier wohnhaft. Die Renovation des mat Hettingen Michel Pflueger genannt hatte. Die Fehla Pfarrhauses unter Pfr. Färber verschlang im J. 1764 ganze lautet in ältester Schreibart 1464 Feig, wobei wohl ein -ach 290 Gulden. Endlich 1770 wurde die alte Kirche unter Bau- abgefallen ist. Man erklärte sie schon als „Feldbach" oder meister Christian Großbayer von Haigerloch so umgebaut, „Felb-bach", aber weder ein Ackerfeld noch Felben oder wie sie der Hauptsache nach noch steht. Im folgenden und Weiden finden sich am Gewässer, wenn auch die hohenzoll. übernächsten lahr hat der zu Hechingen seßhafte, aus Kir- Landesordnung des 17. Jahrhunderts verlangte, man müsse chenhausen b. Engen stammende Maler Franz Ferdinand Felben daselbst pflanzen. Da als Grundbedeutung von (Rad-) Dent dieselbe für 230 Gulden ausgemalt. Den Hochaltar hat Felge aber „krumm" angegeben wird, möchte ich jetzt we- Schreiner J. Gg. Glocker von Hechingen 1768 für die vor- gen der vielen Windungen der Fehla an einen „K r u m m - handene größere Madonna verfertigt, und die Rosenkranz- Bach denken. Oder wer weiß etwas Besseres? bruderschaft ließ ihn durch Maler Jos. Ant. Vogel von da Im Jahre 1544 hatten Hans und Gabriel Föhlenschmid die fassen. Nach dem ersten Weltkrieg wurde er neu in alter Föhlin- oder Funkenschmitte im Burladingertal, deren Nach- Pracht hergerichtet, auch die Seitenaltäre erneuert. Die bei- komme Thomas 1564 vom Zollergrafen die Erlaubnis bekam, den Statuen St. Sebastians und des Bischofs Pelagius (des bei seiner Schmitte eine weitere Mahlmühle zu bauen, weil Patrons des Konstanzer Münsters) durften damals aus der die einzig bestehende für das Amt Burladingen nicht ge- Verbannung der Kirchenbühne zurückkehren und den Hoch- nüge. So entstand in diesem Jahr die jetzige Burladinger altar flankieren. Angeblich soll einst bei der Kirche ein Mühle. Noch kannst Du im Gärtchen die kohlenschwarze Nonnenkloster bestanden haben. Tatsächlich erscheint 1544 Erde der ehemaligen Schmiede erkennen! 1584 haben Hans eine Nonnengasse und im unteren Wolfslehen ein Nonnen- Kohler und Genossen die Mühle an den Grafen verkauft, wasen. Aber ein Beweis ist dies ebensowenig, wie das Vor- wie auch die obere Mühle um 1600 ans Zollernhaus überging. kommen von altem Mauerwerk an Stelle des Kriegerdenk- Von da an wurden die Burladinger in diese Herrschafts- mals bei der Georgskirche. Jenes könnte auch von einem mühlen gebannt, und sie durften nirgends sonst mahlen. Im Gebäude des alten Schlosses gestammt haben. Uebrigens Jahre 1543 hat Hans Röser (Reiser) von Jungingen auf gräf- darf auch auf den Familiennamen Nunner von 1435 hin- liche Bewilligung hin die Burladinger Ziegelhütte errichtet, gewiesen werden! mit der er dem Zollergrafen besonders zu Diensten sein Eine Aufzählung der Einwohner des Ortes vom Jahre 1544 mußte. Auch der obere Müller hatte, wenn die Hofhaltung nach Leibeigenen und Freien nennt nur insgesamt 307 See- in Burladingen war, umsonst zu mahlen und den Jagdhun- len! Davon waren 58 frei und keinem Herrn „mit dem Leibe den hier und zu Stetten nach Bedarf die Aetzung zu stellen. verwandt". 114 waren zollerisch, 36 württembergisch, darunter Drüben im mauer- und turmbewehrten Schlößle, bei dem auch der zollerische Dorfvogt Hans Bausinger, während seine auch der Weiher mit köstlichen Fischen nicht fehlte, wenn Frau und Kinder Zollern zugehörten. Letztere folgten immer die Forellen der Fehla nicht reichten, war eine Kapelle ein- der Mutter: war sie frei, dann auch die Kinder! Weitere 22 gerichtet, die (wenigstens später) die Hl. Dreifaltigkeit als Einwohner bekannten sich zu Fürstenberg, 19 zum Kloster Titel hatte. Das Schlößle selbst in Kreuzform errichtet, muß Zwiefalten, 5 zum Kloster Stein am Rhein, 5 dem Herren bis ins vorige Jahrhundert eine Zierde des Ortes gewesen zu Engstingen, 3 dem zu Scheer, 2 den Frauen von Walda sein. Am 6. Juli 1842 hat sich der fürstliche Jäger Johann (Klosterwald), 3 dem Edlen zu Straßberg, 2 einem Truch- B. von Grosselfingen aus Lebensüberdruß in einem der sessen. („Waißt nit welchem", bekennt der Chronist treu- Türme erschossen. Später hat man. gewaltsam manches ab- herzig. Vielleicht dem Truchsess von Ringingen, dessen letzter gerissen, weil die' Mauern angeblich, nicht stark gewesen Sproß 1559 zu Konstanz gelebt haben soll.) Ein Einwohner seien und 1886 machte ein Brand der Herrlichkeit ein Ende, gehörte dem Tierperger (bei Lautlingen), einer dem Junker nachdem der Bau zu einer Wirtschaft erniedrigt war. Im von Anhausen, 3 den Herren zu Reutlingen, 1 dem Altshau- Jahre 1925 legte eine weitere Feuersbrunst das völlig um- ser, 1 dem von Heimhofen, 2 dem Grafen Werner von Zim- gebaute Haus vollständig in Trümmer. mern und 1 dem Grafen Karlin von Zollern. Eine Frau end- lich bekannte mit ihren beiden Töchtern, sie habe von ihrer 4. Die große Glocke im Turm der alten Pfarrkirche war Mutter gehört., sie seien von einem Abt gekauft worden, 1453 gegossen gewesen. Nachdem sie oft erklungen in Freud wisse aoer nicht von was für einem. und Leid, bei Feuer- und Kriegsgefahr, mußte sie 1903 um- gegossen werden, und wich später einer stimmbegabteren Man sieht, es war ein buntes Bild der damaligen Leib- Schwester. Eine hohe Mauer schlang sich bis zur Verlegung eigenschaft. Alle diese Unfreien mußten jährlich eine Fast- des Friedhofs in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhun- derts um Kirche und Ruhestatt der Toten, mit hohen Toren und kleinen Schießscharten. Wer weiß, ob sie nicht auch hie und da der Verteidigung dienen mußten? Eine Kirchenuhr ist um 1600 nachzuweisen. Eine Orgel dagegen haben unsere Vorfahren erst 1720 sich von Hechingen für die Summe von sage und schreibt fünfundfünfzig Gulden . erstanden, nach- dem die Empore deswegen erweitert worden war. Ein altes An das St. Veitsbild, unseres Ortspatrons, dessen Tag wenigstens im 16 Jahrhundert hochfestlich mit 7—10 auswärtigen Geist- lichen begangen wurde, hat 1613 der „Dreher auf der Staig" (vielleicht Zellerstaig?) gemacht. Um die gleiche Zeit ist auch die Rede von einem „Schulme-ster, der Responsorien für die Postamt Kirche abschrieb." Am 1. Juli 1617 wurde Dietrich Hegner von Stetten b. Hechg. in Burladingen als Schulmeister an- genommen, und schon 1602 finden wi- einen Conrad Miller, gewesten Burgvogt, als Mesner und Schulmeister dahier. Em ungenannter Schulmeister zu Burladingen erhieu 1584 von der Herrschaft als Löhnung pro Quartal 5 Gulden und 8 in Viertel Vesen! Im großen Krieg 1622 wurde das Ziborium gestohlen. Die kleine anmutige Muttergottesstatue, die jetzt in der neuen Sakristei der Fideliskirche steht; hat Bildhauer Konrad Gilg (wohl von Hechingen) im Jahre 1627 geschnitzt. Der Veits- altar bestand schon in jener Zeit. Daneben taucht dann 1687 ein neuer Sebastiansaltar auf. Doch ist ingewiß, ob schon vorher ein solcher Gestand, ebenso wann dieser abging. De»- Fuß der alten Monstranz stammt wohl von jenem Schau- gefäß, das man 1667 von Johann Hofmann aus Augsburg für 22 Gulden erwarb. Der obere Teil ist später unter Pfr. J. Gg Daigger umgearbeitet und mit den Bildern des Kirchen- und 48 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang 1957

nachtshenne als Tribut an den Leibherrn zahlen, und im Kupfer vergoldedes Crucifix, 5 die schönste Meßgewand, 11 Todesfall fiel bei einem Mann sein bestes Stück Vieh, bei silberne Besteck samt Transchierbesteck, 2 silberne Salzbixle, einer Frau das beste Oberkleid dem Herrn anheim. Der den Rauchmantl und 5 Alben und 2 Kelch, einen von ganz Weiler Mayingen muß damals schon abgegangen ge- Silber. wesen sein, wenn auch noch Krautgärten und ein Hofgut, 1803 des Urachers Gut, dort aufgezählt werden. Leute wohnten Den 4. April ist der Messmer Joseph Westermayr gestor- sicher im Jahre 1544 nicht mehr dort! ben und den 20. d. M. ist der Messmerdienst seinem Sohn Im Jahre 1685 zählte Burladingen 276 erwachsene Ein- Anton Westenmayr von Seiner Hochfürstl. Durchlaucht Her- wohner über 14 Jahre und 13 Erstbeichtende. Die Gesamt- man Frideric Otto gnädigst zugesagt worden, weil sein Vatter zahl dürfte bei der hohen Kinderzahl etwa 400 erreicht seil. 18 Jahre in der Fremde und 15 Jahre in hiesiger Pfarr- haben. 1720 sind es 380 Erwachsene und 23 Erstbeichtende. kirche treü und ehrlich gedienet. Sein Sohn konnte als die 1745 zählte man hier 549 Seelen, dagegen meldet 1770 das Orgel spielen und singen und ist von Seiner Hochwürden Pfarrbuch 713 Einwohner, im übernächsten Jahr jedoch nur dem H. Canonicus Müller zu Hechingen wegen der Musik noch 598, ohne daß das Totenbuch einen auffallenden Mehr- fehig und gut gesprochen worden. eintrag zeigte. Damals sind viele aus unserer Gegend nach Ungarn und Siebenbürgen ausgewandert, und so werden 1804 auch viele von hier bei der knappen Landwirtschaft eine Den 15. Juli ist der Großzehenden 16 Männer von hier für neue Heimat gesucht haben. Eine furchtbare Tragik liegt in 1200 Gulden verpacht worden. Die Pfarrey hat von diesem unsern Tagen auf den Nachkommen jener Auswanderer, die Geld den 4. Teil also 300 Gulden zu beziehen. Nebst diesem wieder ihre Heimat verlassen mußten. aber das Salve Malter und 2 Futer Stroh statt der Michel- Ein weiterer Rückgang der Bevölkerung zeigte sich im früchten, Gersten aber und alle übrigen Hilsenfrüchten so Jahre 1778 auf 1779 von 634 auf 538 Seelen. Doch scheint allein gebaut werden, gehören wie alzeit der Pfarrey zu. diesmal die Kindersterblichkeit schuld gewesen zu sein, da In diesem Jahr wurde das hiesige Frauen Kloster unter der von 144 Kindern nur noch 52 angeführt werden, während die Regierung Seiner Hochfürstl. Durchlaucht des Gnädigsten Zahl der Erwachsenen mit 475 gleich, blieb. Endlich 1852 Fürsten Hermann Friderice Otto aufgehoben. Die ges. Gerät- meldet das Pfarrarchiv, daß die Gemeinde 1589 Einwohner schaften und Güter an In- und Auswehrtige verkauft, die zähle, und seitdem ist die Zahl ständig gestiegen. Doch sei Kirchen aber von diesen Frauen der hiesigen Bürgerschaft die Schilderung des wirtschaftlichen Aufstiegs Burladingens gnädigst überlassen. seit 1920 dem in Vorbereitung befindlichen Heimatbuche Die Klosterfrauen, so noch 5 waren, sind am 18. September vorbehalten! durch einen herrschaftlichen Wagen von hier nach Stetten in Wir haben einen kurzen Gang durch die Geschichte getan. das dortige Beichthaus abgeführt worden. Die Klosterfrauen, Vieles ist nur angedeutet. Wie im Film stiegen vor unsern so noch da waren, waren folgende: Augen Menschen und Verhältnisse auf, um ebenso schnell zu Maria Ludovica von Erespurg, gebürtig von Kempten, Priorin, verschwinden, Edle und Unfreie, Bauern und Arme zogen Maria Antonina Bräunigin von Weitingen gebürtig vorüber, und niemand weiß mehr von ihnen. Wer wird in Maria Theresia Bernardin von Augsburg gebürtig hundert Jahren noch unsere Namen kennen? Haben wir Maria Bernarda Stossin von Augsburg gebürtig wenigstens die uns gestellten Aufgaben dann erfüllt? Maria Edumba Waggusin von München gebürtig. 1805 Hubertus Fischer Herrschaftl. Policeydiener gebürthig von Aus dem Pfarrarchiv Rangendingen Hechingen ist hier an der Lungenentzündung erkrankt und alsdann am 11. Februar nach Hechingen in den dortigen Spi- von Fritz Stau dacher (1. Forts.) tal geführt worden, wo er sodan mit allen H. Sterbsakramen- Der Gypsacker ist mit Bewilligung des Herrn Decan Wei- ten providiert worden und am 14. d. M. im 65 Jahre seines ger und H. Kammerer Brodorotti beede Hochwürden an 2 Alters gestorben, er wäre 7 Jahre hier und hat in des halb Jauchert, so in den langen Baurenäckern liegen, ver- schwarzen Caspars Haus gewohnt. R. I. P. tauschet worden, so unter der Amthabung des Anton Dierin- Am 3. May ist der Chor worauf die Klosterfrauen in der ger Herrschaftl. Vogt und Anton Heck des Gerichts ge- Pfarrkirche gestanden abgebrochen worden. sehen ist. Am 14. May ist der H. Pfarrer Bernard Buchmiller zu Den 25. November 1802 ist Titl. Herr Kammerdirector Owingen in dem 61. Jahr seines Alters an der Wassersucht Brodorotti hieher gekommen und hat in dem Kloster alles gestorben. R. I. P. aufgeschrieben, was sie in dem selben gehabt, als alle ihre Am 10. August ist der Herr Pfarrer Joseph Schwendenmann alten Schriften mit sich genommen. Den 30. November hat Exjesuit zu Weilheim in dem 78. Jahre seines Alters an der sodann H. Kämmerer und Stadtpfarrer Brodorotti abgeholt Lungenentzündung gestorben. R. I. P. die monstranz von Silber, 4 übersilberte Leichter, ein von Kurznachrichten Ruine Hornstein bei Bingen, die bekanntlich 1873 durch Abbruch des Schlosses künstlich hergestellt wurde, dient seit einigen Jahren als Freilichtbühne für eine freiwillige Gesell- BESTELL-SCHEIN schaft aus Bingen und Hornstein. Der gegen Bingen gelegene Teil des Burghofes wurde neulich durch viele Lastwagen zum Bezug der „Hohenzolierischen Heimat" voll Abraumkies von den Laizer Gruben aufgefüllt, weil die aus Holz gefertigten Tribünen sehr kurzlebig sind. Beim durchfahren eines Lastwagens stürzte der innere obere Tor- Ich/wir bestelle(n) ab sofort zum laufenden Bezug durch bogen, der unmittelbar an die Rundkapelle anstößt, plötzlich die Post . Stück „Hohenzollerische Heimat", Verlags- zusammen. Das Zerstörungswerk von Regen und Kälte geht unaufhaltsam weiter. postamt Gammertingen, zum halbjährigen Bezugspreis Sterbende Mundart wird durch folgende Tatsache wahr- von 80 Pfennig. scheinlich: Während zwei 1891 und 1895 in Ringingen ge- borene Geschwister noch wissen, daß man im Elternhaus unter „U r o o ß a" soviel wie Speisereste verstand, ist dies Wort anderen Ringingern, die 1—2 Jahrzehnte jünger sind, überhaupt nicht mehr bekannt. Es hängt offen- Vor- und Zuname bar mit „Essen" zusammen. Langsame Aenderungen in der Mundart wird es freilich zu allen Zeiten gegeben haben. Kr,

Zu den Bildern: Die Druckstöcke zu den Bildern Seite 34, 35, 39, 45, 46 sind uns durch das freundliche Entgegenkommen des Herrn Genaue Anschrift Landrates Dr. Speidel aus den Beständen der Kreisver- waltung Hechingen unentgeltlich überlassen worden, - H. H. Pfar- Dieser Bestellschein ist bei Neubestellung bezw. Nachbe- rer Walde n spul - Melchingen stelTte die Druckstöcke Seite 42 unentgeltlich, ebenso die Landeskommu naive rwaltung stellungen der nächsten Poststelle aufzugeben. Um deut- den Druckstock Seite 44 zur Verfügung. liche Schrift wird gebeten. Für diese wertvolle Unterstützung herzlichen Dank!