Brunnezytig 2019 4.Pdf
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Herausgegeben von den Vereinigten Altstadtleisten Bern 35. Jahrgang |4/ 2019 VERKEHRSPOLITIK ZWISCHEN DEN POLEN Die einen wollen unter Hinweis auf den Klimawandel städtische Verkehrsflächen massiv redu - zieren, die anderen fühlen sich von der Mehrheit in die Ecke gedrängt und verteidigen jeden Qua - dratmeter Strassenfläche. Ist das eine gute Ausgangslage für eine konstruktive Verkehrspolitik in unserer Stadt? Editorial WOFÜR ES LEISTE AUCH BRAUCHT Die Rathausgasse durchlebt schwierige Zeiten. Die Sanierung der Leitungen dauert nun schon seit 2017, bis die Pflästerung realisiert ist, wird es voraussichtlich Ende 2020. Zudem stehen Gebäudesanierungen an, deren Baustellen die Rathausgasse bis Ende 2023 belasten werden. Unter solchen Voraussetzungen leiden alle: Anwohnende und Hotels durch die Lärmbelastung, Geschäftstreibende durch ausbleibende Kundschaft und Verschmutzung, die Anlieferung durch fehlende Warenumschlagsflächen. Die Nicht-Kommunikation der Bauverantwortlichen am Kornhausplatz brachte das Fass zum Überlaufen: Urplötzlich war die Rede von einer Baustelleninstalla - Die Begegnungszone in der Unteren Altstadt hat sich bewährt und sollte weiterentwickelt werden. tion inklusive eines Tunnels vom Kornhausplatz bis zur Brunngasse. Der Leist wurde innert Tagesfrist Die Diskussion um die städtische Verkehrspolitik ist Die Klimadiskussion ist sicher nötig. Wenn aber der aktiv und organisierte eine Besprechung mit Behör - lanciert, die Medien bringen fast täglich weitere Be - Wunsch nach dem autofreien Spielplatz vor der den, Bauverantwortlichen und den direkt betroffenen richte über zusätzliche Einschränkungen in der gan - Haustüre in diesen Zusammenhang gebracht wird, Nachbarn. In den folgenden vier Monaten liefen die zen Stadt. Die BrunneZytig hat zwar ihren Fokus in wird die Klimadiskussion nur noch als Zusatzargu - Gesprächskanäle heiss, Einsprachen und Beschwerden der Unteren Altstadt, aber die aktuelle Entwicklung wurden formuliert, immer mit dem Ziel, die Belastung in den anderen Quartieren betrifft letztendlich auch auf ein einigermassen verträgliches Niveau zu bringen. unser Quartier. Die Erreichbarkeit für Lieferanten, Dank der breiten Vernetzung konnte der Leist den Kunden und Anwohnende hängt direkt mit der RathausgässlerInnen eine Stimme verleihen und so INFO AUS DEM INHALT künftigen Entwicklung der Altstadtgassen zusam - das Schlimmste verhindern. Die Baustelleninstallation men. fand ihren Platz im Zibelegässli, auch nicht optimal, aber immerhin für die Gasse weniger belastend. Gehässige Diskussionen in Kommentarforen BERNER MÜNSTER!STIFTUNG: Der neue Stiftungspräsident Das Schöne an der Sache: Die Ausnahmesituation Vor allem in den Kommentarforen überborden Ar - Christophe von Werdt will die Bedeutung des Münsters auch Nicht-KirchgängerInnen vermitteln. Das Gespräch schweisst zusammen. Samuel Klötzli von der «Mes - gumente, die mit seriösem Abwägen nichts mehr zu mit ihm und dem alten Präsidenten Arthur Liener auf serschmiede» an der Rathausgasse 84 wurde aktiv tun haben. Dabei zeigt sich, dass es die viel zitierten Seite 8. und organisiert ein grosses Schild, das den Kran vom «Wutbürger» nicht mehr nur im rechten Spektrum Kornhausplatz her einladend gestalten wird. Zur wei - gibt, sondern immer mehr auch im linken (sofern DIE NYDEGG!BRÜCKE: 175 Jahre ist sie in diesem Jahr ge - teren Belebung der Gasse realisiert er seine Idee, den diese alte Politzuordnung überhaupt noch verwendet worden – und sanierungsbedürftig. Voraussichtlich 2022 alten Gassenbelag zu bemalen. Eine Aktion, die Farbe werden soll). Verletzende Aussagen und persönliche steht die Rundumerneuerung an. Die Geschichte der Ny - deggbrücke auf Seite 14. in den tristen Baustellen-Groove bringen wird. Diffamierungen sind an der Tagesordnung. Die öf - Der Leist unterstützt organisatorisch, BernCity finan - fentliche Diskussion über Verkehrsprobleme gleicht ORGANIST UND ORGELBAUER: Jürg Brunner baut in seinem ziell. Ohne die bestehenden Leiststrukturen wäre das mittlerweile einer Abfallmulde, in der jeder rein - Keller an der Junkerngasse kleine, mobile Orgeln. Eine alles kaum entstanden. kippt und rausnimmt, was ihm gerade so passt. höchst anspruchsvolle Handwerksarbeit. Der Besuch in sei - ner Werkstatt auf Seite 24. Edi Franz, Präsident Rathausgass-Brunngass-Leist 2 BrunneZytig 22. November 2019 Titelgeschichte ment für die Anspruchshaltung zum eigenen Nutzen missbraucht. In den Quartieren ist das heute Diskus - sionsalltag, in der Unteren Altstadt ist zu befürchten, dass diese auf eigene Bedürfnisse fokussierten An - sprüche auch Einzug halten werden. Behördliche Verantwortung wahrgenommen? Wenn allen voran die Behörden mit Schlagwörtern wie autofreie Innenstadt, der Hauptteil des Pendler - verkehrs habe das Ziel Innenstadt oder es habe zu viele Parkplätze die Diskussion anfeuern, dann ist das einer vernünftigen Lösung nicht förderlich: – Die Aussage «autofreie Innenstadt» wurde nach der Lancierung an einer Pressekonferenz gleich relativiert: Damit seien der ÖV und die Liefer- und Servicefahrten nicht gemeint, und Anwohner soll - ten auch weiterhin zu ihren Wohnungen kommen. Somit sind die Kunden wohl die einzigen, die man nicht mehr mit dem Auto in der Altstadt sehen will. Wer fährt denn sonst nochmit dem Auto in die Altstadt, wenn es nicht unbedingt sein muss? – Die Behauptung (von der Verkehrsplanung schriftlich formuliert), dass der Hauptteil des Pendlerstroms das Ziel Altstadt habe, lässt sich Dienstag gegen Mittag – viele Dauerparkende in der Postgasse. kaum verifizieren. Sonst würde diese ja jeden Morgen aus allen Nähten platzen, denn wo sollen 30 in der Schüttestrasse vorgezogen wurde, ist her die Parkkarte, aber dennoch zu akzeptablen denn diese Massen von Autos hin? Eine Tatsache ebenfalls auf den Druck der Leiste zurückzuführen, Konditionen. Bereits seit zwei Jahren liegt diese Lö - ist, dass seit der Verkehrsberuhigung im Nord - die damit dem Wunsch vieler Anwohnenden Rech - sung auf dem Tisch und wird seither verzögert und quartier an der Schüttestrasse der Verkehr massiv nung trugen. verzögert. Auch das war ein Grund für den Austritt zugenommen hat, da diese als Umfahrungsstrasse des Gewerbeverbands aus der Sitzungsrunde. des Nordquartiers missbraucht wird. Da verbes - Die Lösung des Parkplatzproblems wird sern mit Sicherheit Massnahmen in der Unteren beständig verzögert Zu guter Letzt wurde nun der im November geplante Altstadt die Situation überhaupt nicht. Dass in der Altstadt immer noch zu viele Autos her- Medien-Informationstermin über den Start dieser – Zu viele Parkplätze hat es in der Altstadt mit Sicher - umstehen, ist auch den Leisten bewusst, nicht nur neuen Parkierungsregelung Untere Altstadt seitens heit nicht. Die wenigen, die sich unterhalb der den auswärtigen BesucherInnen. Seit bald drei Jah - der Direktorin der Verkehrsplanung kurzfristig ab - Kreuzgasse befinden, sind Kurzzeitparkplätze und ren suchen deshalb die Vereinigten Altstadt-Leiste, gesagt. Dies mit der Begründung, es müsse nochmals dienen primär Kunden. Richtig ist, dass diese nachts Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften in zähen alles juristisch abgeklärt werden, sonst gebe man wenig genutzt werden, tagsüber sind sie aber nach und langwierigen Verhandlungen mit den Behörden dem Gewerbeverband wieder einen Grund zur Ein - wie vor ein wichtiger wirtschaftlicher Faktor. einen weiteren Kompromiss, denn eine völlig auto - sprache. Der böse Verdacht kommt auf, dass der freie Untere Altstadt ist sowohl für Anwohnende wie nicht optimale jetzige Zustand erhalten bleiben soll, Diese Beispiele belegen, dass die Öffentlichkeits - Gewerbetreibende nicht vorstellbar. Aber klar ist: damit unter dem Druck der Klimadiskussion weiter - wahrnehmung mit nicht belegbaren, zum Teil fal - Die unnötig in den Gassen parkierten Fahrzeuge sol - hin das Bild einer vollgeparkten Altstadt präsentiert schen Aussagen getäuscht wird. Dass sich die len weg! Und klar ist auch, wie das geschehen kann. werden kann. Wirtschaftsverbände, die sich gegen weitere Ver - Entgegen den Beteuerungen der Stadt als Mitbesit - schlechterungen des Wirtschaftsstandorts Altstadt zerin des Rathaus-Parkings, dass dort keine Kapa - Denn das könnte helfen, das vom Gemeinderat for - wehren, vor den Kopf gestossen fühlen, ist nachvoll - zitäten frei seien, ergab der direkte Kontakt mit den mulierte Ziel einer gänzlich autofreien Altstadt zu er - ziehbar. Dass Aktionen Reaktionen hervorrufen, ist Parkhausbetreibern nämlich, dass diese sehr wohl reichen, welches entgegen aller laufenden seit dem alten Herrn Newton bekannt. vorhanden seien. Damit konnte die Lösung des Pro - Diskussionen im Frühsommer bei der Präsentation blems angepeilt werden. Das Resultat: Berechtigte der Klimamassnahmen als Hauptziel für die Innen - Begegnungszone Untere Altstadt ist aus AnwohnerInnen und Gewerbebetreibende in der stadt formuliert wurde. Funktioniert so konstruktive Kompromiss entstanden Altstadt hätten die Möglichkeit, das Auto dort zu Demokratie? Die Begegnungszone in der Unteren Altstadt war einem verträglichen Tarif abzustellen. Teurer als bis - eine der ersten und damals die grösste der Stadt Bitte Diskussionen versachlichen Bern. Entstanden aus dem Willen zum Kompromiss Unter «autofrei» versteht der normale Bürger, dass zwischen total autofrei und unbeschränkter Zufahrt. es keine Autos mehr in der Unteren Altstadt hat. Leiste und Planer setzten sich zusammen, hörten Dass das unrealistisch sei, erklärte der Stadtpräsi - einander zu und schlossen am Schluss diesen Kom - dent zwei Stunden nach der Pressekonferenz in promiss. Dass