Programmheft, Staatskapelle Berlin Zu Gast Im Pierre Boulez Saal I

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Programmheft, Staatskapelle Berlin Zu Gast Im Pierre Boulez Saal I STAATSKAPELLE BERLIN 1570 ABONNEMENTzu gast im PierreKONZERT Boulez saalI i JohannJörg Sebastian Widmann Bach ZWEITESK LAVIER KLABYRINTHONZERT NR. 1 D-MOLL fürBW OrchestergruppenV 1052 Robert SchumannBéla Bartók KLAVIERKONZERTDIVERTIMENTO für A-MOLL Streichorchester OP. 54 Claude Debussy IMAGESSz 113 POUR ORCHESTRE Joseph Haydn SINFONIE NR. 92 G-DUR HOB. I:92 DIRIGENT ............................... »OXFORD-SINFONIE« Daniel Barenboim KLAVIER .................................. Maurizio Pollini DIRIGENT, KLAVIER ...........................Lahav Shani STAATSKAPELLE BERLIN STAATSKAPELLE BERLIN 4. Oktober 2017 19.30 STAATSOPER UNTER DEN LINDEN Sa 4. 5. N ovember Oktober 2017 20.0019.30 PIERRePHILHARMONIE bOULEz SAAL PRA LUD IUM 2017 SK06-PBS1-041171-US-K07-F2.inddSOB_programm_AboKonzert_umschlag.indd 1-2 1-2 27.10.201728.09.17 15:34:57 10:31 PROGRAMM Johann Sebastian Bach (1685–1750) KLAVIERKONZERT NR. 1 D-MOLL BWV 1052 I. Allegro II. Adagio 3 III. Allegro Béla Bartók (1881–1945) DIVERTIMENTO für Streichorchester SZ 113 I. Allegro non troppo II. Molto adagio III. Allegro assai PAUSE Joseph Haydn (1732–1809) SINFONIE NR. 92 G-DUR HOB. I:92 »OXFORD-SINFONIE« I. Adagio – Allegro spiritoso II. Adagio cantabile III. Menuetto. Allegretto IV. Presto Sa 4. November 2017 19.30 PIERRE BOULEZ SAAL In Kooperation mit dem Pierre Boulez Saal SOB_programm_Levine_Umschlag.indd Benutzerdefiniert V 24.10.17 13:19 ZU DEN WERKEN TExt VON Marta Denker 5 PIONIER DES KLAVIERKONZERts Johann Sebastian Bach steht mit seinem Konzert für Orchester und Klavier am Anfang der Geschichte des In- strumentalkonzerts. Zwischen den Jahren 1708 und 1717 hatte er in Weimar zum ersten Mal Gelegenheit, sich dem italieni- schen Concerto-Prinzip und speziell der Solo-Konzertform Antonio Vivaldis, des Meisters der Violinkonzerte, zu widmen. Hiervon stark inspiriert, schrieb Bach in dieser Zeit sechzehn Übertragungen verschiedener Kompositionen für Solo-Cem- balo (BWV 972–987). In seinem fünften Brandenburgischen Konzert BWV 1050 verwendete er das Cembalo zum ersten Mal solistisch in einem Orchesterstück, befreite es somit von seiner ehemaligen Rolle als Generalbassinstrument und ließ ihm in den Konzerten BWV 1052–1058 den Stellenwert eines vollwertigen Soloinstruments zukommen. Bach arbeitete meist bereits bestehende, für andere Instrumente kompo- nierte Konzerte für Cembalo um. Neben Transkriptionen komponierte er aber auch zunehmend eigene Werke, beson- ders nachdem er im Jahre 1729 Leiter des von Georg Philipp Telemann gegründeten Collegium musicum in Leipzig gewor- den war. Dessen öffentliche Konzerte dürften Bach vermehrt zur Präsentation von Eigenkompositionen bewogen haben. Die genaue Entstehungszeit für das Cembalokon- zert in d-Moll BWV 1052 ist nicht zweifelsfrei zu datieren. Es erschien in einem Sammelautographen – zusammen mit den Konzerten BWV 1053–1059 – zwischen 1735 und 1744, kompo- prägnante rhythmische Formel aus zwei Sechzehnteln und einem Achtel aus. Der Solist setzt darauf mit jagenden Sech- Johann Sebastian Bach KLAVIERKONZERT NR. 1 zehntelläufen ein. Es wird deutlich, wie sorgfältig Bach die D-MOLL BWV 1052 ursprüngliche Violinenstimme für das Cembalo übersetzt hat; geigerische Effekte wurden ebenfalls angepasst. In den ENTSTEHUNG vor 1735 Solo-Episoden verarbeiten die Streicher Motive des Ritor- URAUFFÜHRUNG unbekannt nells, während das Klavier Dreiklänge und andere Figuren- 6 werke darüberlegt. In drei dieser Solo-Episoden präsentiert 7 BESETZUNG Solo-Klavier, Streicher, Basso continuo sich das Klavier in prägnanten Soli; so in dem toccatenhaften Einstieg, des Weiteren in einer langen Passage von repetier- ten Tönen auf der Dominante a-Moll und in einem Solo, das von der Subdominante g-Moll zur Tonika zurückführt. Zum Abschluss des Satzes findet wieder ein Konzertieren zwischen Solist und Streichern statt, bis das Thema final noch einmal niert wurde es aber sicher bereits vor 1735. Die Bachforschung bestätigt wird und den Anfang des Satzes aufgreift. geht heute davon aus, dass es sich zwar um ein Originalwerk Das mittlere Adagio steht in g-Moll und beginnt mit Bachs handelt, dieses jedoch auf ein verloren gegangenes Vio- einem Thema aus gebrochenen Dreiklängen in den Streichern, linkonzert zurückgeht. Bei der Einrichtung dieses Violinkon- dessen einzelne Töne seufzerartig repetiert werden. Wieder zertes für Cembalo musste zunächst die Violinstimme auf zwei wird im Unisono begonnen. In der eingangs erwähnten Kan- Hände übertragen werden; ebenso nötig erwies sich das Trans- tate BWV 146 wird die Stelle mit den Worten »Wir müssen durch ponieren der hohen Töne. Die ersten zwei Sätze des Cembalo- viel Trübsal in das Reich Gottes eingehen« unterlegt. Wie in konzertes wurden von Bach ohne große Änderungen – bis auf einer Passacaglia zieht das Thema seine Bahnen durch den Bass. die Setzung der Orgel anstelle des Cembalos – erneut in der Das Klavier spielt in den Zwischenspielen immer neu variierte Kantate »Wir müssen durch viel Trübsal« BWV 146 verwendet, Melodien mit Verzierungen. Im tänzerischen Finale gehen wie- nämlich in deren Sinfonia und im Eingangschoral. Während derum die Streicher kraftvoll im Dreierrhythmus in absteigen- viele Cembalokonzerte Bachs nach seinem Tode in Vergessen- den Skalen voran und konzertieren mit dem Solisten. Auch die- heit geraten sind, erfreute sich das d-Moll-Konzert auch im ser Satz wird durch lange Solo-Episoden des Klaviers bestimmt, 19. Jahrhundert – nun nicht mehr auf dem Cembalo, sondern gekrönt von einer langen virtuosen Kadenz am Ende, kurz bevor auf dem modernen Klavier gespielt – noch großer Beliebtheit, das Tutti noch einmal den Anfang des Satzes aufnimmt. Lange da Felix Mendelssohn Bartholdy früh das Aufführungsmate- vor Mozarts und Beethovens Solokadenzen hat bereits Bach rial besorgt hatte und es häufig auf seine Programme setzte. eine längere, ausgeschriebene Kadenz in sein Klavierkonzert Typisch für ein barockes Konzert wechseln sich integriert. Nicht zuletzt deswegen gehört dieses Konzert neben im ersten Satz Ritornelle des Orchesters mit Zwischenspie- dem Tripelkonzert a-Moll BWV 1044 und dem Konzert d-Moll len des Soloinstruments ab. Der Ritornell-Teil wird von den BWV 1063 zu einem der anspruchsvollsten und virtuosesten Streichern im Unisono bestritten und zeichnet sich durch die Cembalokonzerte Bachs. DIVERTIMEntO DER AnbRECHEndEN NACht An der Form des Barock-Concerto orientierte sich Béla Bartók DIVERTIMENTO für Streichorchester SZ 113 auch Béla Bartók bei der Komposition seines Divertimentos. Das Divertimento, ein meist mit heiterem, tanzbaren Charak- ENTSTEHUNG Saanen, 2.–17. August 1939 ter versehenes, mehrsätziges Instrumentalstück, war beson- URAUFFÜHRUNG Basel, 11. Juni 1940, ders in der Wiener Klassik weit verbreitet gewesen, jedoch im Basler Kammerorchester unter Paul Sacher 8 19. Jahrhundert nach und nach aus der Mode gekommen. Im 9 20. Jahrhundert wurde die Gattung von einigen Komponis- BESETZUNG Streicher ten wieder aufgegriffen und auch Bartók widmete sich ihr, allerdings nicht ohne die altbekannten Charakteristika des Divertimentos dabei gründlich zu hinterfragen. Bereits wäh- rend der Entwurfsphase soll er gegenüber seinem Auftragge- ber Paul Sacher den Wunsch geäußert haben, eine Art Barock- Concerto zu komponieren und fragte ihn hierfür nach den besten Möglichkeiten beistehen, wo man kann. Ich bin vor- entsprechenden Solisten. Das Konzert sollte dem Dialog ein- erst ganz ratlos, wenn auch mein Gefühl mir sagt, wer kann, zelner Instrumentengruppen mit dem gesamten Klangkör- der soll gehen«, so Bartók gegenüber seinem Freund, dem per des Orchesters entsprechen: »I have the idea of a kind of Komponisten Sándor Veress. Vielleicht durch diese Umstände concerto grosso alternating with concertino« (1. Juli 1939). Der mit beeinflusst, weist dieses Werk – ganz entgegen dem eigent- Dirigent und Mäzen Paul Sacher war für Bartók ein wichtiger lichen Klangcharakters eines Divertimentos – in großen Tei- Kontakt in die Schweiz. So stellte er ihm auch ein Chalet in len eine sehr düstere, bedrohliche Stimmung auf. Es wurde Saanen zur Verfügung, in welchem er in völliger Zurückge- daher häufig als eine böse Vorausahnung des nahenden Krie- zogenheit das neobarocke Divertimento komponieren konnte. ges gedeutet, der dann schließlich 15 Tage nach der Beendi- Bartók berichtet hierüber, er fühle sich »wie ein Musiker aus gung des Werkes ausbrechen sollte. alten Zeiten, der von seinem Mäzen zu Gast geladen ist«. Die Uraufführung fand am 11. Juni 1940 unter Paul Schon vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges hatte Sacher mit dem Basler Kammerorchester statt; diesem Orches- Bartók länger mit der Zerrissenheit über die Frage der eige- ter ist auch das Werk gewidmet. Es wurde ausschließlich für nen Emigration gekämpft. Er entschloss sich zunächst, in Streicher geschrieben und ist dreisätzig. Die beiden Allegro- Ungarn zu bleiben. Nur um seiner Familie finanzielle Sicher- Außensätze entsprechen noch am ehesten dem Klangcharak- heit zu geben, reiste er umher und gab Konzerte eigener Werke ter eines heiteren, tanzartigen Divertimentos, wohingegen sich in Holland, Belgien, Italien, Frankreich und der Schweiz. der Mittelsatz in abgründige Tiefen begibt. Möglicherweise »Bleibt einer hier, obwohl er weggehen könnte, so gibt er seine verschob Bartók dessen Komposition auch aus diesen Grün- stillschweigende Zustimmung zu dem, was hier geschieht. den an das Ende der Entwurfsphase. Die beiden Außensätze Man könnte aber auch entgegnen, wenn sich das Vaterland besitzen ebenso ein volkstümliches Kolorit. Im Allegro non noch
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