Staatskapelle Berlin Daniel Barenboim
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
STAATSKAPELLE BERLIN DANIEL BARENBOIM 29. JUNI 2017 ELBPHILHARMONIE GROSSER SAAL Donnerstag, 29. Juni 2017 | 19 Uhr | Elbphilharmonie Großer Saal STAATSKAPELLE BERLIN DIRIGENT DANIEL BARENBOIM DIRIGENT.DER NEUE BMW 7er MIT GESTIKSTEUERUNG. DER ANSPRUCH VON MORGEN. Richard Wagner (1813–1883) Vorspiel und Liebestod / aus: Tristan und Isolde (1857–1859) ca. 20 Min. Anton Bruckner (1824–1896) Sinfonie Nr. 9 d-Moll (1887–1894) Feierlich. Misterioso Scherzo. Bewegt, lebhaft Adagio. Langsam, feierlich ca. 60 Min. keine Pause Principal Sponsor der Elbphilharmonie BMW BMW Hamburg Niederlassung www.bmw-hamburg.de Hamburg www.bmw- hamburg.de Freude am Fahren Abbildung zeigt Sonderausstattungen. 5978 BMW 7er Kultur Engagements DIRIGENT 2016 148x210 NL Hamburg Abendprogramm 20160812.indd 1 01.08.16 16:20 DIE MUSIK LIEBE BIS IN DEN TOD Richard Wagner: Tristan und Isolde Eine ganze Geschichte in einem einzigen Akkord auszudrücken, dieses Kunststück vollbrachte Richard Wagner in seiner 1859 fertiggestellten Oper Tristan und Isolde. Ein Akkord, der nach den damals geltenden musikalischen Gesetzen nicht für sich allein stehenbleiben konnte und für den es doch keine logische John William Auflösung gibt, wie man ihn auch dreht und wendet. Ein kom- Waterhouse: poniertes Dilemma. Tristan und Isolde mit dem Wagner war zwar nicht der erste Komponist, der diesen fortan Liebestrank »Tristan-Akkord« genannten Klang je notierte; auch Haydn, Beethoven und Schubert waren bereits über die ungewöhnliche Tonkonstellation gestolpert. Doch Wagner begriff seine große Symbolhaftigkeit – und sein Potenzial, das uralte Konzept der Wagner fiel der Stoff 1842 in die Hände. Obwohl er schon bald den Plan Harmonik insgesamt aus den Angeln zu heben. Gleich beim ers- fasste, daraus eine Oper zu machen, konnte er sich zur Komposition zunächst ten Mehrklang des Vorspiels zu Tristan und Isolde handelt es sich nicht aufraffen. Ein Anlass bot sich erst 1857. Wagner wurde damals wegen sei- um dieses Gebilde; Vorbote einer Partitur, die auf Zeitgenossen ner Beteiligung am Dresdner Maiaufstand steckbrieflich gesucht und versteckte ungeheuerlich gewirkt haben muss und der Musiker bis heute sich bei Freunden in Zürich, den Wesendoncks. Während Otto Wesendonck ihn Sucht-Potenzial attestieren. Wagner selbst hatte es vorausge- großzügig unterstützte, begann Wagner ein Verhältnis mit dessen Frau Mathilde. Richard Wagner ahnt, wie eine berühmte Briefpassage zeigt: »Dieser Tristan wird Bald stilisierte er sie zur Isolde und sich selbst zum Tristan, während Otto die was Furchtbares! Dieser letzte Akt! Ich fürchte, die Oper wird undankbare Rolle des König Marke zufiel, der zwischen den Liebenden steht. verboten, falls das Ganze nicht durch schlechte Aufführungen Dabei war Wagner selbst noch verheiratet! Besetzung parodiert wird. Nur mittelmäßige Aufführungen können mich Bis zur Uraufführung sollten nochmals etliche Jahre vergehen – hauptsäch- 3 Flöten (3. auch Piccolo), retten! Vollständig gute müssen die Leute verrückt machen!« lich, weil die meisten eingeplanten Sänger vor den immensen Anforderungen 2 Oboen + Englischhorn, Die Handlung der Oper stammt aus dem Umfeld der Artus- zurückschreckten. An der Wiener Staatsoper beispielsweise wurde das Projekt 2 Klarinetten + Bassklarinette, 3 Fagotte Sage und ist – neben Shakespeares Romeo und Julia – eines der nach 77 Proben abgebrochen. Erst Wagners größter Fan, der »Märchenkönig« größten Liebesdramen der Menschheit: Ritter Tristan soll für Ludwig II., ermöglichte die Premiere in München 1865. 4 Hörner, 3 Trompeten, seinen Herrscher, König Marke von Cornwall, Prinzessin Isolde Nach dem Vorspiel erklingt heute noch Isoldes »Liebestod«, der am Schluss 3 Posaunen, Tuba als Braut aus Irland holen. Eine politische Hochzeit. Dummer- der Oper die Vollendung der Liebe zwischen ihr und Tristan darstellt. Tristan wird Pauken, Harfe weise verlieben sich Tristan und Isolde sofort ineinander – im tödlich verwundet und stirbt in Isoldes Armen. Ob sie selbst stirbt, lässt Wagner Violine I, Violine II, Viola, Mittelalter war das so ungeheuerlich, dass diese Gefühlsaufwal- bewusst offen – im Original heißt die Szene »Isoldes Verklärung«. Mit den Worten Violoncello, Kontrabass lung durch einen Liebestrank erklärt wurde, den die beiden auf »ertrinken, versinken, unbewusst, höchste Lust« beugt sie sich über die Leiche der Überfahrt trinken. Aus dieser verbotenen Liebe entsteht ein des Geliebten, und endlich löst sich die Spannung, die seit dem ersten Tristan- Konflikt, den am Ende beide mit dem Leben bezahlen. Akkord besteht, in einem friedlichen Dur-Akkord auf. CLEMENS MATUSCHEK DIE MUSIK ABSCHIED VOM LEBEN Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 9 d-Moll »Es scheint, die Neunte Sinfonie ist eine Grenze. Wer darüber hinaus will, muss ihm ein so schönes Thema in fort. Die eine Neunte geschrieben haben, standen dem Jenseits zu nahe. Es sieht seiner Lieblingstonart d-Moll aus, als ob uns in der Zehnten etwas gesagt werden könnte, was wir noch nicht eingefallen sei, soll er auf ent- wissen sollen, wofür wir noch nicht reif sind. Vielleicht wären die Rätsel dieser sprechend spitze Nachfragen Welt gelöst, wenn einer von denen, die sie wissen, die Zehnte schriebe. Aber das von Freunden geantwortet soll wohl nicht so sein.« haben. Freilich, wenn er an So orakelte der Komponist Arnold Schönberg im Jahr 1912. Und es stimmt ja: Beethoven denke, würde er Nachdem noch Haydn und Mozart Sinfonien fast in inflationärer Menge geschrie- die Partitur »am liebsten weg- ben hatten (104 respektive 41 Stück), kondensierte Beethoven diese Form gewis- schmeißen«. sermaßen. Der Gehalt und die zeitliche Ausdehnung der einzelnen Werke stiegen Dem Fortgang der Arbeit an, während die Anzahl im einstelligen Bereich blieb. Mit seinen neun Sinfonien war diese mythische Über- schuf er ein gewaltiges Monument, gekrönt von der grandiosen Idee eines Chor- höhung der Ziffer Neun jeden- finales zum Abschluss der Neunten. falls gar nicht förderlich. Fast An diesem Maßstab musste sich fortan jeder Komponist messen lassen. Und scheint es, als habe Bruckner nicht nur das: Fast jeden befiel nun angesichts seiner eigenen neunten Sinfonie jede sich bietende Gelegen- das große Zittern. Von Schubert sind nur acht vollständige Sinfonien erhalten, heit genutzt, um sich vor der Dvořák starb wie Beethoven nach seiner Neunten. Der abergläubische Gustav Komposition zu drücken. Die Mahler versuchte, dem Schicksal ein Schnippchen zu schlagen, übersprang die Anton Bruckner Niederschrift zog sich über ominöse Zahl sicherheitshalber, gab seiner neunten Sinfonie stattdessen den Jahre hin, immer wieder Titel Das Lied von der Erde und meinte anschließend erleichtert: »Jetzt ist die unterbrochen durch die für Gefahr für mich vorbei.« Er freute sich zu früh: Die Vollendung seiner Zehnten Bruckner typischen Revisionen früherer Sinfonien sowie durch eingeschobene gelang ihm nicht mehr. Auftragswerke wie die Kantate Helgoland oder die Vertonung des 150. Psalms. Und auch Anton Bruckner, immerhin bereits 62 Jahre alt, zögerte: »Ich mag Erst sieben Jahre später, im Herbst 1894, schloss er endlich die Arbeit an den die Neunte gar nicht anfangen. Ich traue mich nicht, denn Beethoven machte ersten drei Sätzen ab und machte sich ans Finale. Doch es kam, wie es kommen mit der Neunten den Abschluss seines Lebens.« Wie groß der Respekt vor der musste: In den zwei Jahren, die ihm bis zu seinem Tod noch verblieben, schaffte symbolträchtigen Ziffer Neun war, lässt sich auch daran ablesen, dass Bruckner er es krankheitsbedingt nicht mehr, diesen letzten Satz auszuarbeiten. Da half es in Wahrheit sogar schon zehn Sinfonien geschrieben hatte, wenn man zwei frühe auch nichts, dass er die Sinfonie »dem lieben Gott« widmete – in der Hoffnung, Werke mitrechnet, die sogenannte Studiensinfonie und die Nullte, die er allerdings »dass er mir so viel Zeit schenken wird, daselbige zu vollenden«. nicht als vollgültig anerkannte und ihnen die Nummerierung versagte. Doch was Dass dem nicht so sein würde, hat Bruckner wohl geahnt, denn er schlug kann derlei Erbsenzählerei gegen einen Mythos ausrichten? angeblich selbst vor, anstelle des letzten Satzes sein Te Deum von 1884 zu spie- Dennoch begann Bruckner im Sommer 1887 mit den ersten Skizzen. Und len. Allerdings muss ihm klar gewesen sein, dass es sich dabei nur um eine Not- es muss auf seine Zeitgenossen wie eine Mischung aus Naivität und Anmaßung lösung handelte. Warum sonst hätte er bis zuletzt an der Skizzierung von etwa gewirkt haben, dass er als Grundtonart ausgerechnet jenes d-Moll wählte, das 600 Takten arbeiten sollen, von denen leider etliche Seiten verloren gegangen auch Beethoven in seiner Neunten verwendet. Er könne doch nichts dafür, dass und die übrigen in ganz Europa verstreut sind. DIE MUSIK Bruckner hinterließ damit ein gigantisches musikwissen- Wir gratulieren der schaftliches Puzzle. Unmittelbar nach seinem Tod versuchte sich der befreundete Dirigent Carl Löwe an einer Vervollstän- Stadt Hamburg, digung, die heute aber als grob verfälschend angesehen wird. Unzählige weitere Fassungen folgten; die jüngste kritische Aus- gabe stammt aus dem Jahr 2000 und lässt noch immer viele ihren Bürgern und Fragen offen. Dieser unvollendete Status ist bedauerlich, denn Bruckner allen Beteiligten stößt mit den ersten drei Sätzen in eine erstaunliche Klangspra- Besetzung che vor. Allein schon der Beginn: Aus dem für Bruckner so typi- 3 Flöten, 3 Oboen, schen »Urnebel« auf dem Orgelpunkt D schälen sich nach und 3 Klarinetten, 3 Fagotte, zur gelungenen großartigen nach einzelne Intervalle heraus, die sich zu