Internationale Kongresse Der Alten Und Neuen Frauenbewegung
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Dokumentation Christina Klausmann, schen Phase, was besonders an den Bildquellen deutlich wird. Reinhild Schäfer, Elke Diese Dokumentation kann nur einen Schüller, Ulla Wischermann ersten Einblick gewähren. Sie ist keine vollständige Chronik, sondern eine Aus- Internationale wahl aus einer Fülle von Quellen, die zu diesem Thema überliefert, aber bis heute Kongresse der alten weitgehend unerschlossen sind. und neuen I. Entstehungs- und Blütezeiten des Frauenbewegung Internationalismus um die Jahrhundertwende Diese Dokumentation über internationale Frauenkongresse enthält Bild- und Das Jahr 1888 markiert den Beginn großer Textquellen aus der alten und neuen Frau- internationaler Zusammenschlüsse von enbewegung. Die ausgewählten Briefe, Re- Frauen: In diesem Jahr wurde die Idee, na- solutionen, Presseartikel und Berichte der tionale Frauenbewegungen in einem über- Beteiligten vermitteln die Innenansicht der nationalen Frauenbund zusammenzufas- internationalen Bewegung. Die gewählte sen, mit der Gründung des »Internationalen Perspektive ist die der deutschen Frauenbe- Frauenrates« (»International Council of wegung auf die internationale »Szene«. Women«; ICW) während eines Frauenkon- Wir haben die Kongresse ausgewählt, die gresses in Washington realisiert. 53 natio- uns für die Internationalität der Frauenbe- nale Frauenorganisationen mit 49 Delegier- wegung signifikant erscheinen, weil sie so- ten aus acht Ländern waren dort vertreten wohl die Selbstverständlichkeit internatio- mit dem Ziel, Frauen aller Nationen zu ei- naler Kontakte als auch deren Brüchigkeit nem politisch und konfessionell neutralen zeigen. Aus- und Abgrenzungen durch Dachverband zusammenzuschließen, der Klasse, Nation, Religion und ethnische Zu- ihnen die Möglichkeit bieten sollte »aus gehörigkeit stellten und stellen bis heute allen Teilen der Welt zusammenzukom- Möglichkeiten und den Willen zur Koope- men, um über Fragen, die das Wohl der ration immer wieder in Frage. In der orga- Allgemeinheit, der Familie und des einzel- nisatorischen Form der Zusammenschlüsse nen betreffen, gemeinschaftlich zu bera- spiegelt sich das Selbstverständnis der ten« (International Council of Women Frauenbewegung in der jeweiligen histori- 1966, 14ff.; 329f.). Feministische Studien 2/94 Dokumentation 101 Deutsche Frauenorganisationen über- richte in der Presse, so etwa Adele Schrei- sandten zwar dem Kongreß eine Sympa- ber in der »Berliner Illustrirten Zeitung« thieerklärung, verhielten sich aber noch oder Helene Lange in der »Woche«, die längere Zeit zurückhaltend. Erst drei Jahre dort ein Loblied des Internationalismus an- nachdem sich die deutsche (bürgerliche) stimmte (Dok. 4), obwohl sie nur einige Frauenbewegung mit der Gründung eines Jahre zuvor die internationale Arbeit als eigenen nationalen Dachverbandes im Jahr eine Gefahr angesehen hatte, die die natio- 1894 - dem »Bund deutscher Frauenverei- nalen Gegebenheiten zu sehr in den Hinter- ne« (BDF) - einen »inneren« Zusammen- grund drängen würde (Remme 1955, 20). halt verschafft hatte, wurde der Beitritt zum Die Konsensbildung der internationalen ICW vollzogen (Remme 1955, 17f.). Circa Frauenbewegung - das zeigte die inhaltli- alle fünf Jahre fanden ICW-Kongresse in che Arbeit des Berliner Kongresses - er- unterschiedlichen Ländern statt, die nach streckte sich vor allem auf soziale Proble- und nach zu glanzvollen und öffentlich- me und hier wiederum vorrangig auf Ar- keitswirksamen Ereignissen wurden. Nach beits- und Berufsfragen. In der Frage der Chicago im Jahr 1893 und London 1899 politischen Rechte blieb es bei der erstma- war es im Juni 1904 Berlin, wo auf Einla- ligen und vorsichtigen Aufforderung an die dung des BDF ein großes internationales Nationalverbände, sich für das Frauen- Treffen ausgerichtet wurde. Zu diesem wahlrecht einzusetzen (Remme 1955, 30). Zeitpunkt stand die sog. »Frauenfrage« in Daß es inzwischen viele Frauen gab, die in Deutschland bereits geraume Zeit auf der der Stimmrechtsfirage den Dreh- und An- politischen Tagesordnung. Die Jahrhun- gelpunkt für die Gleichberechtigung aller dertwende kann für die Bewegung ohne Frauen sahen, zeigt die im Vorfeld des weiteres als »Hochphase« gelten, sowohl ICW-Kongresses stattfindende Frauen- was ihren Mobilisierungsgrad, als auch was stimmrechtskonferenz, die mit der Grün- ihre Bekanntheit und wohl auch ihre Ak- dung der zweiten wichtigen internationalen zeptanz betrifft - wenngleich sich die Er- Frauenorganisation, dem »Weltbund für folge des Kampfes um Gleichberechtigung Frauenstimmrecht« (»International Women (z.B. die Erlangung des Frauenstimm- Suffrage Alliance«; LAW), beendet wurde, rechts) noch lange nicht einstellten. die sozusagen die radikalen Strömungen Die Presse widmete dem Internationa- der bürgerlichen Frauenbewegungen zu- len Frauenkongreß in Berlin viel Aufmerk- sammenfaßte (Schreiber, Mathieson 1955, samkeit, wobei eine seriöse und informie- 3 ff.). rende Berichterstattung überwog und Pole- Auch die sozialistischen Frauen organi- miken die Ausnahme blieben. Auch die - sierten sich international: Im Jahr 1907 er- in der Zeit vor der Entstehung der audiovi- griffen die deutschen Genossinnen auf suellen Massenmedien so wichtige - Bild- Wunsch ausländischer Sozialistinnen die presse nahm das Thema breit auf und ver- Initiative und luden ein zur 1. Internationa- schaffte ihm viel Publizität: Die BDF- len Konferenz sozialistischer Frauen in Vorsitzende Marie Stritt wurde am Eröff- Stuttgart, die am Tag vor dem Internationa- nungstag des Kongresses auf der Titelseite len Sozialistenkongreß stattfand (Dorne- der »Berliner Illustrirten Zeitung« präsen- mann 1973, 209ff.; Badia 1994, 93 ff.) tiert, »Die Woche« brachte einen Sonder- (Dok. 5, 6). Wie die nationalen sozialisti- band mit Porträts aller Delegierten heraus schen Frauenbewegungen war auch die in- und stellte außerdem in ihrer Kongreßnum- ternationale sowohl Teil der allgemeinen mer die wichtigsten Teilnehmerinnen vor Arbeiterbewegung als auch eine besondere (Dok. 1). Empfänge und Besuchsprogram- Gruppierung darin, teilte sie die ambivalen- me wurden von Journalisten begleitet und te Stellung zwischen Partei- und Frauen- festgehalten (Dok. 2, 3). Frauen aus der politik. Frauenbewegung plazierten Kongreßbe- Das Charakteristikum der »Sozialisti- 102 Dokumentation sehen Internationale der Frauen« war es, den zur Opposition, und die von Zetkin re- auf der ohnehin vorhandenen Grundlage digierte »Gleichheit« war wegen der hier gemeinsamer politischer Inhalte und Ziele propagierten Antikriegshaltung den Schi- eine gemeinsame Strategie zu deren Durch- kanen der Zensurbehörde ausgesetzt. Ge- setzung zu formulieren. Auf dieser ersten gen den Willen der Parteileitung berief Cla- internationalen Konferenz konnte sich Cla- ra Zetkin 1915 eine Internationale Soziali- ra Zetkin mit ihrer kompromißlosen An- stische Frauenkonferenz nach Bern (26.- sicht zur Agitation für das Frauenwahlrecht 28. 3.) als Protestveranstaltung gegen den gegen pragmatischere und vorsichtigere Krieg (Evans 1979, 270ff.). Die deutschen Positionen der Engländerinnen und Öster- Delegierten, die nicht als offizielle deut- reicherinnen behaupten. Die verabschiede- sche Vertretung auftreten durften, sorgten te Resolution (Dok. 7) verlangte, daß bei in geschlossenen Frauenversammlungen jeder Wahlrechtskampagne ohne Rücksicht für die Verbreitung des Manifestes der Ber- auf nationale Besonderheiten oder andere ner Frauenversammlung (Dok. 8). Zweckmäßigkeitsüberlegungen grundsätz- Der Beginn des Ersten Weltkrieges lich auch das Frauenwahlrecht gefordert durchkreuzte den Beschluß des »Weltbun- werden müsse. des für Frauenstimmrecht« (IAW), seine re- Auf der 2. Internationalen Frauenkonfe- guläre internationale Tagung im Juni renz in Kopenhagen 1910 wurde dann die 1915 in Berlin abzuhalten. Doch hielten Durchführung einer gemeinsamen interna- es Stimmrechtlerinnen unterschiedlichster tionalen Agitation für das Frauenstimm- Nationalität gerade in dieser Zeit für drin- iecht - der »Internationale Frauentag« - gend notwendig, die Verbindungen nicht beschlossen, und am 19. März 1911 paral- abreißen zu lassen. Unter der Leitung der lel in Dänemark, Deutschland, Österreich Holländerin Aletta H. Jacobs bereiteten sie und der Schweiz mit aufsehenerregenden eine Internationale Frauenkonferenz in Den Propagandaveranstaltungen und Demon- Haag (26. 4.-1. 5. 1915) vor, um gemein- strationen zum ersten Mal durchgeführt. sam gegen den Weltkrieg zu protestieren und Grundsätze einer neuen Friedensord- nung zu diskutieren (Internationales Frau- 2. Der Erste Weltkrieg - das Ende vom enkomitee 1915) (Dok. 9, 10). »törichten Traum von der Schwestern- Der BDF lehnte die Teilnahme strikt ab, schaft aller Menschen weiblichen weil für ihn die nationalen Verpflichtungen Geschlechts« (Lily Braun 1915)? derart den Vorrang hatten, »daß uns inter- nationale Verhandlungen über die für den Der ersten Bewährungsprobe auf die Ver- Kongreß vorgesehenen Fragen ebenso bundenheit und die Gemeinsamkeit von überflüssig wie undurchführbar erschei- Frauen über nationale Grenzen hinweg nen«, wie es in der offiziellen, über die hielt nur eine Minderheit in der bürgerli- Presse lancierten Erklärung hieß. Die ver- chen und in der sozialistischen Frauenbe- bandsinterne, nichtveröffentlichte Stel- wegung stand. Innerhalb beider Richtun- lungnahme fiel weit schärfer aus und er- gen kam es zu unversöhnlichen Polarisie- klärte die Teilnahme an der Haager Konfe- rungen und Spaltungen. renz für unvereinbar mit der Mitgliedschaft Die Mehrheit der Sozialdemokratinnen im BDF. schwamm mit