Dokumentation

Christina Klausmann, schen Phase, was besonders an den Bildquellen deutlich wird. Reinhild Schäfer, Elke Diese Dokumentation kann nur einen Schüller, Ulla Wischermann ersten Einblick gewähren. Sie ist keine vollständige Chronik, sondern eine Aus- Internationale wahl aus einer Fülle von Quellen, die zu diesem Thema überliefert, aber bis heute Kongresse der alten weitgehend unerschlossen sind. und neuen I. Entstehungs- und Blütezeiten des Frauenbewegung Internationalismus um die Jahrhundertwende Diese Dokumentation über internationale Frauenkongresse enthält Bild- und Das Jahr 1888 markiert den Beginn großer Textquellen aus der alten und neuen Frau- internationaler Zusammenschlüsse von enbewegung. Die ausgewählten Briefe, Re- Frauen: In diesem Jahr wurde die Idee, na- solutionen, Presseartikel und Berichte der tionale Frauenbewegungen in einem über- Beteiligten vermitteln die Innenansicht der nationalen Frauenbund zusammenzufas- internationalen Bewegung. Die gewählte sen, mit der Gründung des »Internationalen Perspektive ist die der deutschen Frauenbe- Frauenrates« (»International Council of wegung auf die internationale »Szene«. Women«; ICW) während eines Frauenkon- Wir haben die Kongresse ausgewählt, die gresses in Washington realisiert. 53 natio- uns für die Internationalität der Frauenbe- nale Frauenorganisationen mit 49 Delegier- wegung signifikant erscheinen, weil sie so- ten aus acht Ländern waren dort vertreten wohl die Selbstverständlichkeit internatio- mit dem Ziel, Frauen aller Nationen zu ei- naler Kontakte als auch deren Brüchigkeit nem politisch und konfessionell neutralen zeigen. Aus- und Abgrenzungen durch Dachverband zusammenzuschließen, der Klasse, Nation, Religion und ethnische Zu- ihnen die Möglichkeit bieten sollte »aus gehörigkeit stellten und stellen bis heute allen Teilen der Welt zusammenzukom- Möglichkeiten und den Willen zur Koope- men, um über Fragen, die das Wohl der ration immer wieder in Frage. In der orga- Allgemeinheit, der Familie und des einzel- nisatorischen Form der Zusammenschlüsse nen betreffen, gemeinschaftlich zu bera- spiegelt sich das Selbstverständnis der ten« (International Council of Women Frauenbewegung in der jeweiligen histori- 1966, 14ff.; 329f.).

Feministische Studien 2/94 Dokumentation 101

Deutsche Frauenorganisationen über- richte in der Presse, so etwa Adele Schrei- sandten zwar dem Kongreß eine Sympa- ber in der »Berliner Illustrirten Zeitung« thieerklärung, verhielten sich aber noch oder Helene Lange in der »Woche«, die längere Zeit zurückhaltend. Erst drei Jahre dort ein Loblied des Internationalismus an- nachdem sich die deutsche (bürgerliche) stimmte (Dok. 4), obwohl sie nur einige Frauenbewegung mit der Gründung eines Jahre zuvor die internationale Arbeit als eigenen nationalen Dachverbandes im Jahr eine Gefahr angesehen hatte, die die natio- 1894 - dem »Bund deutscher Frauenverei- nalen Gegebenheiten zu sehr in den Hinter- ne« (BDF) - einen »inneren« Zusammen- grund drängen würde (Remme 1955, 20). halt verschafft hatte, wurde der Beitritt zum Die Konsensbildung der internationalen ICW vollzogen (Remme 1955, 17f.). Circa Frauenbewegung - das zeigte die inhaltli- alle fünf Jahre fanden ICW-Kongresse in che Arbeit des Berliner Kongresses - er- unterschiedlichen Ländern statt, die nach streckte sich vor allem auf soziale Proble- und nach zu glanzvollen und öffentlich- me und hier wiederum vorrangig auf Ar- keitswirksamen Ereignissen wurden. Nach beits- und Berufsfragen. In der Frage der Chicago im Jahr 1893 und London 1899 politischen Rechte blieb es bei der erstma- war es im Juni 1904 , wo auf Einla- ligen und vorsichtigen Aufforderung an die dung des BDF ein großes internationales Nationalverbände, sich für das Frauen- Treffen ausgerichtet wurde. Zu diesem wahlrecht einzusetzen (Remme 1955, 30). Zeitpunkt stand die sog. »Frauenfrage« in Daß es inzwischen viele Frauen gab, die in Deutschland bereits geraume Zeit auf der der Stimmrechtsfirage den Dreh- und An- politischen Tagesordnung. Die Jahrhun- gelpunkt für die Gleichberechtigung aller dertwende kann für die Bewegung ohne Frauen sahen, zeigt die im Vorfeld des weiteres als »Hochphase« gelten, sowohl ICW-Kongresses stattfindende Frauen- was ihren Mobilisierungsgrad, als auch was stimmrechtskonferenz, die mit der Grün- ihre Bekanntheit und wohl auch ihre Ak- dung der zweiten wichtigen internationalen zeptanz betrifft - wenngleich sich die Er- Frauenorganisation, dem »Weltbund für folge des Kampfes um Gleichberechtigung Frauenstimmrecht« (»International Women (z.B. die Erlangung des Frauenstimm- Suffrage Alliance«; LAW), beendet wurde, rechts) noch lange nicht einstellten. die sozusagen die radikalen Strömungen Die Presse widmete dem Internationa- der bürgerlichen Frauenbewegungen zu- len Frauenkongreß in Berlin viel Aufmerk- sammenfaßte (Schreiber, Mathieson 1955, samkeit, wobei eine seriöse und informie- 3 ff.). rende Berichterstattung überwog und Pole- Auch die sozialistischen Frauen organi- miken die Ausnahme blieben. Auch die - sierten sich international: Im Jahr 1907 er- in der Zeit vor der Entstehung der audiovi- griffen die deutschen Genossinnen auf suellen Massenmedien so wichtige - Bild- Wunsch ausländischer Sozialistinnen die presse nahm das Thema breit auf und ver- Initiative und luden ein zur 1. Internationa- schaffte ihm viel Publizität: Die BDF- len Konferenz sozialistischer Frauen in Vorsitzende Marie Stritt wurde am Eröff- , die am Tag vor dem Internationa- nungstag des Kongresses auf der Titelseite len Sozialistenkongreß stattfand (Dorne- der »Berliner Illustrirten Zeitung« präsen- mann 1973, 209ff.; Badia 1994, 93 ff.) tiert, »Die Woche« brachte einen Sonder- (Dok. 5, 6). Wie die nationalen sozialisti- band mit Porträts aller Delegierten heraus schen Frauenbewegungen war auch die in- und stellte außerdem in ihrer Kongreßnum- ternationale sowohl Teil der allgemeinen mer die wichtigsten Teilnehmerinnen vor Arbeiterbewegung als auch eine besondere (Dok. 1). Empfänge und Besuchsprogram- Gruppierung darin, teilte sie die ambivalen- me wurden von Journalisten begleitet und te Stellung zwischen Partei- und Frauen- festgehalten (Dok. 2, 3). Frauen aus der politik. Frauenbewegung plazierten Kongreßbe- Das Charakteristikum der »Sozialisti- 102 Dokumentation sehen Internationale der Frauen« war es, den zur Opposition, und die von Zetkin re- auf der ohnehin vorhandenen Grundlage digierte »Gleichheit« war wegen der hier gemeinsamer politischer Inhalte und Ziele propagierten Antikriegshaltung den Schi- eine gemeinsame Strategie zu deren Durch- kanen der Zensurbehörde ausgesetzt. Ge- setzung zu formulieren. Auf dieser ersten gen den Willen der Parteileitung berief Cla- internationalen Konferenz konnte sich Cla- ra Zetkin 1915 eine Internationale Soziali- ra Zetkin mit ihrer kompromißlosen An- stische Frauenkonferenz nach Bern (26.- sicht zur Agitation für das Frauenwahlrecht 28. 3.) als Protestveranstaltung gegen den gegen pragmatischere und vorsichtigere Krieg (Evans 1979, 270ff.). Die deutschen Positionen der Engländerinnen und Öster- Delegierten, die nicht als offizielle deut- reicherinnen behaupten. Die verabschiede- sche Vertretung auftreten durften, sorgten te Resolution (Dok. 7) verlangte, daß bei in geschlossenen Frauenversammlungen jeder Wahlrechtskampagne ohne Rücksicht für die Verbreitung des Manifestes der Ber- auf nationale Besonderheiten oder andere ner Frauenversammlung (Dok. 8). Zweckmäßigkeitsüberlegungen grundsätz- Der Beginn des Ersten Weltkrieges lich auch das Frauenwahlrecht gefordert durchkreuzte den Beschluß des »Weltbun- werden müsse. des für Frauenstimmrecht« (IAW), seine re- Auf der 2. Internationalen Frauenkonfe- guläre internationale Tagung im Juni renz in Kopenhagen 1910 wurde dann die 1915 in Berlin abzuhalten. Doch hielten Durchführung einer gemeinsamen interna- es Stimmrechtlerinnen unterschiedlichster tionalen Agitation für das Frauenstimm- Nationalität gerade in dieser Zeit für drin- iecht - der »Internationale Frauentag« - gend notwendig, die Verbindungen nicht beschlossen, und am 19. März 1911 paral- abreißen zu lassen. Unter der Leitung der lel in Dänemark, Deutschland, Österreich Holländerin Aletta H. Jacobs bereiteten sie und der Schweiz mit aufsehenerregenden eine Internationale Frauenkonferenz in Den Propagandaveranstaltungen und Demon- Haag (26. 4.-1. 5. 1915) vor, um gemein- strationen zum ersten Mal durchgeführt. sam gegen den Weltkrieg zu protestieren und Grundsätze einer neuen Friedensord- nung zu diskutieren (Internationales Frau- 2. Der Erste Weltkrieg - das Ende vom enkomitee 1915) (Dok. 9, 10). »törichten Traum von der Schwestern- Der BDF lehnte die Teilnahme strikt ab, schaft aller Menschen weiblichen weil für ihn die nationalen Verpflichtungen Geschlechts« (Lily Braun 1915)? derart den Vorrang hatten, »daß uns inter- nationale Verhandlungen über die für den Der ersten Bewährungsprobe auf die Ver- Kongreß vorgesehenen Fragen ebenso bundenheit und die Gemeinsamkeit von überflüssig wie undurchführbar erschei- Frauen über nationale Grenzen hinweg nen«, wie es in der offiziellen, über die hielt nur eine Minderheit in der bürgerli- Presse lancierten Erklärung hieß. Die ver- chen und in der sozialistischen Frauenbe- bandsinterne, nichtveröffentlichte Stel- wegung stand. Innerhalb beider Richtun- lungnahme fiel weit schärfer aus und er- gen kam es zu unversöhnlichen Polarisie- klärte die Teilnahme an der Haager Konfe- rungen und Spaltungen. renz für unvereinbar mit der Mitgliedschaft Die Mehrheit der Sozialdemokratinnen im BDF. schwamm mit auf der Woge vaterländi- Dennoch meldeten sich 43 Deutsche für scher Gesinnung an der Seite der SPD- die Konferenz an und 28 gelang es, in das Parteileitung und vergaß im Namen des neutrale Holland einzureisen und teilzu- Burgfriedens die einst geübte Kritik am nehmen. Es waren keineswegs nur Vertre- Militarismus des Kaiserreichs und den In- terinnen des radikalen Flügels, die am Ideal ternationalismus der Sozialistinnen. Die weiblicher Solidarität über nationale Gren- Kriegsgegnerinnen um wur- zen hinweg festhielten. Anna Edinger, Dokumentation 103 langjährige Schatzmeisterin des BDF und kerbund machten die Hauptarbeitsgebiete mehrere Male dessen Delegierte auf ICW- dieser internationalen Frauenorganisatio- Tagungen, war auch Mitglied des Frankfur- nen der Nachkriegszeit aus (Remme 1955, ter Friedensvereins. Ihre Reise zur Haager 99 ff.). Frauenkonferenz, deren Durchführung sie Die Gruppe der Pazifistinnen, die 1915 durch einen größeren Geldbetrag miter- den Haager Kongreß initiiert und durchge- möglichte, war eine konsequente Weiter- führt hatte, hatte noch während des Krieges führung ihres pazifistischen und feministi- versucht, die internationalen Beziehungen schen Engagements, durch das sie erstmals aufrechtzuerhalten und »Frauenausschüsse in Opposition zur Mehrheit in der Frauen- für dauernden Frieden« gegründet, aus de- bewegung geriet. Die persönliche Irritation nen 1919 eine weitere große internationale und der Druck zur Rechtfertigung werden Frauenorganisation entstand, die »Interna- in ihrer Reaktion auf Helene Langes über- tionale Frauenliga für Frieden und Frei- hebliche und rigide Ausgrenzung sehr deut- heit« (IFFF). Das Ziel der Liga war die lich (Dok. 11, 12). Bekämpfung von Aufrüstung und Krieg. Gleichzeitig setzte sie sich für die »soziale, politische und wirtschaftliche Gleich- 3. Nachkrieg I berechtigung aller, ohne Unterschied von Geschlecht, Rasse, Stand und Glaubens- Die internationale Frauenbewegung wuchs bekenntnis« ein (Internationale Frauenliga in den Jahren nach 1918 zu einer breiten, 1919). Die internationalen Kongresse der Millionen Frauen umfassenden Strömung Liga im Verlauf der zwanziger Jahre zei- heran. Neben den internationalen Zusam- gen, daß immer auf konkrete politische menschluß der Sozialistinnen trat die Ko- Entwicklungen und Auseinandersetzungen operation kommunistischer Frauen, die reagiert wurde, etwa auf die Kolonialfrage, sich ab 1920 zu internationalen Frauenkon- auf die Methoden »wissenschaftlicher gressen trafen, in der Regel im Anschluß an Kriegsführung« und im Jahr 1932 auf die die Weltkongresse der Kommunistischen bevorstehende Genfer Abrüstungskonfe- Internationale in Moskau. renz (Dok. 17). Frauenorganisationen aus Island, Est- Für die deutsche Frauenbewegung en- land, Rumänien, Chile, der Tschechei, Ir- dete die erste Phase der internationalen Or- land, Polen, Indien, Peru, Brasilien traten ganisierung mit der Umwälzung der politi- in den zwanziger Jahren dem ICW bei schen Verhältnisse im Jahr 1933. Der (ICW 1966, 272ff.); auch die IAW hatte »Bund deutscher Frauenvereine« löste sich Zuwächse zu verzeichnen und unterhielt angesichts nationalsozialistischer Gleich- Kontakte in viele Teile der Welt (Dok. 13- stellung auf und vollzog mit Bedauern sei- 16). nen Austritt aus dem ICW (Dok. 18). Auch Die Kluft, die der Erste Weltkrieg in nach diesem Bruch in den internationalen den Beziehungen der deutschen Frauen zu Beziehungen blieben einzelne, persönliche ihren ausländischen Schwestern hinterlas- Kontakte bestehen. So reiste beispielsweise sen hatte, war tief. Zwar hatten einzelne Dorothee von Velsen noch 1934 in die Tür- Frauen ihre internationalen Kontakte auf- kei, um am Kongreß der IAW in Istanbul rechterhalten, aber nur zögerlich und erst teilzunehmen und realisierte dort mit Be- ab Mitte der zwanziger Jahre regelmäßig dauern den »Gegensatz zwischen den neu- nahmen offizielle deutsche Delegationen en Rechten der türkischen Frauen und der wieder an den internationalen Kongressen Lage, in der wir deutschen Staatsbürgerin- teil. Frauenstimmrecht bzw. die staatsbür- nen uns jetzt befanden« (Velsen 1956,311). gerliche Mitarbeit von Frauen, soziale Fra- gen, aber auch wirtschaftliche und politi- sche Fragen, wie die der Mitarbeit im Vol- 104 Dokumentation

4. Nachkrieg II Umstände gestatteten, anläßlich der Kon- gresse der »Internationale« zusammenge- An den internationalen Frauenkongressen kommen war: Am 27.-28. Juni 1951 fand der frühen Nachkriegszeit läßt sich ablesen, in Zusammenhang mit dem Gründungs- wie, wann und mit welchen Vorbehalten die kongreß der »Sozialistischen Internationa- neu entstandenen deutschen Frauenorgani- le« in eine »Internationale Sozia- sationen nach den Ereignissen des Natio- listische Frauenkonferenz« statt (Dok. 20). nalsozialismus auf internationalem Parkett Die Kontinuitätslinie wird betont durch die akzeptiert wurden. Sie zeigen, welche Tra- Teilnahme prominenter Sozialistinnen, die ditionslinien der internationalen Frauenbe- schon in der Vorkriegszeit aktiv in der wegung wieder aufgenommen wurden, Frauenarbeit gewesen waren - für Deutsch- deuten aber auch bereits die Blockbildung land beispielsweise und des Kalten Krieges an, von der auch die Louise Schröder (Presseinformation 1951). Frauenorganisationen nicht ausgenommen Zudem fand diese erste Nachkriegskonfe- waren. renz, genauso wie die erste Konferenz Anlaß des ersten internationalen Frau- 1907, in Deutschland statt, und in beiden enkongresses nach dem Zweiten Weltkrieg Fällen ging die Initiative von deutschen war die Gründung der »Internationalen De- Frauen aus. Die Frauenkonferenz von 1951 mokratischen Frauenförderation« (IDFF) machte deutlich, daß die deutschen Sozial- Ende 1945 in Paris (Dok. 19). Sie entstand demokratinnen sich - mehr denn je - als zunächst aus der antifaschistischen Wider- »Teil der Gesamtpartei«, nicht als »Sonder- standsbewegung und wurde bald zur Dach- organisation« verstanden und sich auch in- organisation der kommunistischen Frauen- ternational gegen eine außer- oder überpar- vereinigungen. Sie umfaßte u.a. die ge- teiliche Frauenbewegung wandten samte weibliche Bevölkerung der kom- (Gotthelf 1951, 21). munistischen Staaten, was sie Anfang der Die beiden großen Zusammenschlüsse fünfziger Jahre mit 91 Millionen Mitglie- der internationalen Frauenbewegung, ICW dern in 62 Staaten zur weltweit größten und LAW, nahmen zwar bald Kontakt mit Frauenorganisation machte (Lexikon der (west-)deutschen Frauengruppen auf, zö- Frau, 1123 f.). Auf dem Pariser Gründungs- gerten aber deren Mitgliedschaft bis zum kongreß waren unter den 880 Delegierten Anfang der 50er Jahre hinaus. Der »Deut- keine deutschen Frauen. Sie waren nicht sche Frauenring« (DFR), der 1949 als eingeladen worden, obwohl oder weil der Dachverband der westdeutschen Nach- deutsche Faschismus und seine Folgen ei- kriegs-Frauenorganisationen konzipiert nes der Hauptthemen des Kongresses wa- war, trat 1951 in Athen dem ICW bei, was ren. 1948 wurde dann jedoch, nach anfäng- sich nicht unproblematisch gestaltete lich starken Bedenken, der ein Jahr zuvor (Dok. 21, 22). Hingegen scheint es 1952 in der Sowjetisch Besetzten Zone (SBZ) beim Kongreß der IAW in Neapel für die gegründete und im Westen vorwiegend ver- deutschen Delegierten - neben der frauen- botene »Demokratische Frauenbund bewegungserfahrenen Else Ulich-Beil, die Deutschlands« (DFD) aufgenommen - der Rechtsanwältinnen Emmy Engel-Hansen damit als erster deutscher Frauenzusam- und Hildegard Gethmann - keine Schwie- menschluß nach 1945 von einer internatio- rigkeiten bei der Aufnahme ihrer Organisa- nalen Organisation akzeptiert wurde tion gegeben zu haben (Ulich-Beil 1961, (Strecker 1951, 69ff.). 225ff.; Strecker 1970, 103) (Dok. 23, 24). Die westdeutschen Sozialdemokratin- Die deutsche Emigrantin Adele Schreiber, nen führten in direkter Linie die Tradition u.a. frühere Reichstagsabgeordnete und ein jener Konferenzen fort, zu der die interna- halbes Jahrhundert lang (Ehren-)Vizepräsi- tionale sozialistische Frauenbewegung seit dentin der IAW, fand in ihrer Chronik des 1907 regelmäßig, soweit es die politischen internationalen Stimmrechtsbundes den Dokumentation 105 deutschen Wiedereintritt nicht einmal er- Frauen entstanden (vgl. Hagemann-White wähnenswert (Schreiber, Mathieson 1955). 1988, 48 f.). Als Beispiele für die Vielfalt internationaler Veranstaltungen der neuen Frauenbewegung können jährliche Lesben- 5. Die ersten internationalen Kongresse treffen, Frauenmusikfestivals wie das in der neuen Frauenbewegung Kopenhagen 1978 oder auch ein Treffen der Frauengesundheitszentren (1977 in Schlicht »Feministinnen-Treffen« werden Rom) genannt werden. die ersten internationalen Kongresse der Das »Forum '80«, eine Frauenkonfe- neuen westeuropäischen und US-amerika- renz der Nicht-Regierungs-Organisationen nischen Frauenbewegungen häufig ge- (NRO), die aus Anlaß und parallel zur, je- nannt, die in den 1970er Jahren stattfanden. doch unabhängig von der 2. UN-Weltfirau- Sie dienten vor allem dem Austausch und enkonferenz 1980 in Kopenhagen statt- der Verständigung über Ziele und Gegen- fand, bildet den Schluß der Dokumentation stände feministischer Politik, über Aktio- zu internationalen Kongressen der neuen nen und gemeinsame Strategien, über femi- Frauenbewegung (Dok. 31). Dänische Fe- nistisches Selbstverständnis. Dabei gab es ministinnen hatten dazu eingeladen, und sowohl die Einigkeit demonstrierenden autonome Frauenbewegungen sowie natio- »Frauen gemeinsam sind stark«-Treffen, z. nale und internationale Frauenorganisatio- B. in Frankfurt 1974 (Dok. 25-27) als nen nahmen teil. Die in Kopenhagen auf- auch solche Kongresse, die zum Austra- tretenden Konflikte zwischen Frauen aus gungsort politisch-ideologischer Rich- den Industrieländern und den Ländern der tungskämpfe wurden, wie in Paris und Am- »Dritten Welt« konnten zwar nicht gelöst sterdam 1977 (Dok. 28-30). Wahrend es werden, sie bewirkten jedoch Veränderun- bei den ersten internationalen Veranstaltun- gen in der Sichtweise auf die unterschied- gen noch darum ging, Kommunikation un- lichen Lebensumstände von Frauen aus an- ter den Frauenbewegungen aufzubauen, d. deren, fremden Kulturen. Dieser veränderte h. möglichst viele engagierte Frauen anzu- Blick mag entscheidend zu dem wesentlich sprechen, weisen die späteren Kongresse kooperativeren Klima des »Forums '85« in einen »exklusiveren« Charakter auf. Histo- Nairobi beigetragen haben (vgl. Tesfa rikerinnen-, Philosophinnen-, Musikerin- 1986). Letztlich ermöglichten die alternati- nentreffen etc. spiegeln die Schwerpunkt- ven Konferenzen eine bessere Verständi- wechsel und Differenzierungsprozesse wi- gung unter Frauenbewegungen und -Orga- der, die sich seit den 1980er Jahren nisationen weltweit. Unter diesem Aspekt innerhalb der Frauenbewegungen vollzie- betrachtet, hatten die offiziellen UN-Welt- hen. frauenkonferenzen - hier werden primär Da die ersten internationalen Kongresse staatlich akzeptierte bzw. verordnete frau- im Kontext der deutschsprachigen Frauen- enpolitische Interessen der Länder vertre- bewegungsliteratur bisher kaum dokumen- ten - als »Initiatorin« der NRO-Foren einen tiert und aufgearbeitet wurden - im besten beachtlichen Kommunikations- und Mobi- Fall existiert sog. »Graue Literatur«, ein- lisierungseffekt für die Frauenbewegungen sehbar in feministischen Archiven -, ist in der Welt. ihre Bedeutung für die Entwicklung der neuen westdeutschen Frauenbewegung noch nicht einzuschätzen. Vereinzelte Hin- weise lassen Rückschlüsse auf markante Ereignisse wie das »Tribunal über Verbre- chen gegen Frauen« zu, das 1976 in Brüssel stattfand und in dessen Folge auch in der BRD vielerorts Häuser für geschlagene 106 Dokumentation

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Fräulein Helene Lange, Frau Helene von Forster, Schatzmeisterin des Weltfrauenbundes stellvertretende Vorsitzende des Bundos Verfasserin unseres Artikels auf Seite 985- Frau Marie Stritt, Deutscher F»auenvnreine. Vorsitzende des Bundes Deutscher Frauenverei«

Lady Isabell Aberdeen, Frau Henriette Goldschmidt, Vizepräsidentin des Weltfrauenbundes. zweite Vorsitzende des Allgemeinen Deuttchon Mrs. May Wright Sewall, Frauenvereins. Präsidentin des Weltfrauenbundes.

Frau Oberbürgermeister Kirschner, 'MS^^ Frau Baurat Wentzel-Heckmann,

Vorstandsmitglied des Berliner Lokalkomitees ^^ Kommerzienrat Hedwig Heyl, Schatzmeisterin des Berliner Lokalkomitees.

Erste Vorsitzende des Berliner Lokalkomitees. Zum III. Internationalen Frauenkongress in Berlin vom 12. bis 19. Juni.

(T) Teilnehmerinnen am Internationalen Frauenkongreß in Berlin ¡904 108 Dokumentation

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UOffl Inttrnationaltn 5raucnkongrest in Berlin: Horn IiHfriiationaten Snuinkonarcsi in ßfilin: Die h'nfiftfje priitjcfftn lllui;jrtrcir iEo«r|>pe, bic Piri^ciuin brs berliner liamenotd'eftcrs.

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(2) Internationaler Frauenkongreß Berlin ¡904: Empfönge Dokumentation 109

t. Srati Professor Elisabeth Kwcloyjslty. 2. Trau mntljitdc Stettiner. 3. Cjdy IsaWH /tberitecii- 4, irältleiu fjdene Catige. 5. Trau [Hielte von iorster. Vom Internationalen Frauenkongteß in Berlin: Besuch bes Lettehauses.

(5) Internationaler Frauenkongreß Berlin 1904: Besuchsprogramm 110 Dokumentation

Helene Lange Zum internationalen Frauenkongreß

In wenigen Tagen werden die Geschäftssitzungen des Frauenweltbundes in Berlin beginnen, und an diese Sitzungen wird sich vom 13. bis zum 18. Juni ein Internatio- naler Frauenkongreß anschließen, den der Bund deutscher Frauenvereine veranstaltet. Zum erstenmal vereinigt die deutsche Frauenbewegung als Glied des Frauenweltbun- des die Arbeitsgefahrtinnen aus allen Kulturländern als ihre Gäste, und zum erstenmal bietet sich ihr dadurch eine Gelegenheit, die eigenen Leistungen in das Licht interna- tionaler Betrachtung zu rücken. In zweifacher Hinsicht ist das für sie wertvoll: für die Klärung ihrer eigenen Wege und Ziele, die Festigung der eigenen Arbeitsweise und zugleich als ein Propagandamittel größten Stils, eine Demonstration sowohl des eigenen Schaffens vor dem Ausland, als auch der mächtigen internationalen Kultur- bewegung vor unserem deutschen Publikum. Für den Außenstehenden mag dieser demonstrative Charakter des Kongresses stärker hervortreten als seine praktische Bedeutung. Denn in der Tat bietet das Pro- gramm den Grundriß einer großen Revue, einer anschaulichen Einführung in die Frauenbewegung der Welt. Wie ein farbenprächtiges Kaleidoskop wird jede der vier Sektionen »Frauenbildung«, »Frauenberufe«, »Soziale Einrichtungen und Bestrebun- gen«, »Die rechtliche Stellung der Frau« ihr Gebiet in den verschiedensten nationalen Konstellationen zeigen; die Einrichtungen und Bestrebungen werden sich unter den mannigfaltigsten Formen darstellen, je nachdem sie aus angelsächsischer oder roma- nischer, skandinavischer oder slawischer Kultur herausgewachsen sind. (...) Mag die Reihenfolge der Aufgaben, die in Angriff zu nehmen sind, in den einzelnen Ländern eine verschiedene sein, mögen hier diese, dort jene Seiten der Bewegung in den Vordergrund gedrängt werden - es wäre trotz allem möglich, eine internationale Magna Charta der Frauenbewegung aufzustellen, so folgerichtig unterwirft sich über- all der Gang der Bewegung den gleichen Grundanschauungen. Daß das geschah, trotzdem die Entwicklung zunächst ausschließlich in nationalen Grenzen verlief, und selten nur ein Hinüberwirken von einem Land auf das andere nachweisbar ist, das eigentlich gibt ihr ihren besonderen kulturgeschichtlichen Charakter. Sie ist ihrem Wesen und Ursprung nach international, d.h. aus einer Gesamtentwicklung hervorge- gangen, die, durch nationale Sonderart nicht aufgehoben, der Kultur aller modernen Volker ihr Gepräge gegeben hat. Und welches sind diese gemeinsamen Grundzüge, aus denen nach Ausmerzung aller national bedingten Einzelheiten das Bild der Weltfrauenbewegung entsteht? Zusammenfassend kann man sagen, daß die Frau an allen Mitteln persönlicher Ent- wicklung, an allen Gelegenheiten, ihre Kraft zu verwerten, unbeschränkten Anteil haben will. Im modernen sozialen Leben bestehen diese Mittel in der freien Verfügung über Bildungsmöglichkeiten, in der Freiheit der Berufswahl, in der Teilnahme schließlich an allen privaten und öffentlichen Rechten, durch die das Verhältnis der einzelnen zueinander und zum Staat sichergestellt ist. Den Rahmen dieser Forderun- gen hat die Frauenbewegung aller Länder im Lauf ihrer Entwicklung ausgefüllt. (...)

(5) Presseankündigung zum internationalen Frauenkongreß Berlin 1904 Dokumentation III

(6) Internationaler Sozialistinnenkongreß in Stuttgart 1907 112 Dokumentation

bebtngen, baft ber Viert nnb ber Slnfrftge nttb $anpt3*»eeli bei CBahlrechti ffir bie fgranen ber berfchiebeueu Klaffen ber- Ötefohttionen fchieben ift. Ser ®ert bei «Bafjlree^tö ali fojialei Kampfmittel ftdjt in nmge- Siefolution, ba3 $rmicn- fie^rtem «erhältuii jn ber ®röfee bei tt>ajjlrecl)t betreffend ©efitjiö nnb ber bu«h if)n berlie|enen fozialen »lacht. ®ein 6«*ptzi»ech ift je nach ber Klaffeulage bie bolle rttffüitfyt I. Sie gorberung bei gfnmemee^l- «leic^fteOnng bei toeiblichen 9t- reehti ift bai Ergebutö ber burth bie fchlechtei ober aber bie fojiale Chnanji- feapitaliftifche probufciionflneife gezei- pation bei Proletariat burch bie Er- tigten tvtrtfcl|«ftlic^en nnb fozialen Um- oberung ber politifchen Wlacfyt jum tuölzungen, infbefonbere aber ber 9tebo- 3h»eeh« ber Stnfhebnng ber Klaffeuherr- lutiouierung ber Arbeit, ber 0teHang feljaft nnb ber Herbeiführung ber fojia- nnb bei «et»uf|tfeiui ber grau. ZU ift liftifcljen «efeQfe^aft, bie allein bie boHe ihrem ÜBefen uadji eine Konferenz bei menfcpc^e Emanzipation bei fBeibei birgerlich-bemofcratifcheu ftbi^i, »er birgt. totkiftö bie »efeitigung «Oer fozialen Seu Klaffengegenfätjen innerhalb Unterfchiebe f)tijci)t, bie nic^t auf bem bei toeiblichen «efchlecljtei zufolge tritt ©efitj beraten, unb auf bem ®ebiet bei bie bürgerliche ^frauenbctoegung nic^t pribaten toie bei öffentlichen gebend bie einheitlich gefchloffen unb mit höc^fter boHe Juriftifc^t (Gleichberechtigung «Her ftraftentfaltuug für bai allgemeine (Srofsfährigen alö {Recht ber perfönlieh- grauentoahlrecht ein. Sie proletarie- htU proklamiert. Sai ftrauentoaiflrtcift rinnen finb befljatt für bie Eroberung ift baher bon Slufang an Von einzelnen i^rei boQen ^ürgerrcchtei auf iljre ei- $tnfutn in Verbinbung mit allen gene Kraft angetoiefen unb auf bie i^rer Kämpfen geforbert toorben, in benen bie Klaffe. Sie prahtffcfjen «ebürfniffe fei- Sourgeoifie für bie Semofcratifierung nei Emanzipationfhampfci )u|amtnen politifcher Steckte eingetreten ift, ali für mit hiftorifchcr Einfielt nnb bem feiner eine $orauffetzung ihrer politifchen Klaffenlage entfpringenben ©trceljtig- Emanzipation nnb Qerrfchaft ali ftlaf- fceitffinn erheben bai Proletariat zum fe. Sie treibcnbe nnb tragenbe Kraft ili iuntfequenteften Vorkämpfer für bie bol- SRaffenforberung hot ei jtkm| erft le politifchc (Gleichberechtigung bei burcf) bie fteigenbe Ettoerbftitigfceit bcö toeiblichen @efchlechtef. Sie fozialifti- toeiblichen (Gefchlechtei erhalten, bor fchen Parteien, bie politifchen Kam- »dem aber burclj bie Einbeziehung ber pfeiorganifationen bei Maffenbetougten proletarierinnen in bie mobeme 3ubu- proletariatf, treten baljer prinzipiell ftrie. Sai fgrauentvahlrecht ift bai Kor- toie prafitifch für bai ^franentoahlrecht relat ber toirtfchaftlichen Emanzipation ein. ber ^fran Dorn ganfljalt unb ihrer öho- Sie t$rage bei graucnftimmrechti nomifchen Unabhängigkeit bon ber No- getoinnt mit ber SSerfchörfung bei Klaf- mine anf ©raub ihrer Oeruffarbeit. feniiantpfei erhöhte 99ebeutung. 9luf fei- prinzipiell bebentet bai afitibe nnb ten ber herrfcljenben reafitionären Klaf- paffibe Wahlrecht für bai toeibliche »c- fen toächft bie Xenbenz, bnreh bie fefjlecht in feiner Sefamtheit bie fojiale Einführung einei befdjranfUen gfrauen- Vtünbigfteitferfdärung: praktifch beben- loahlrechtf, bie politijche Stacht bei ©e- tet ei ein mittel, poUtifcfje VUcljt z» fitzei zn ftärfien. Sai befchränIUe erlangen, nm bie gefetjlic^en nnb fojia- Ufrauentoohlrecht tnug heute toeniger ali len Schrauben j» befeitigeu, meiere bie arfte Stufe znr politifchen (Gleichberech- Sebenfenttnicfilnng nnb Sebeufbetäti- tigung bei toeiblichen Qcfchlechtei ge- gnng bei fBeibei ^entmen. Jtber bie in tnirbigt toerben, toie bielmehr ali letzte ber f$raueut»elt ebenfo t»it in ber 9R2n- Stufe ber fozialen Emanzipation bei nertoelt toirfifameu ftlaffengegenfitje »efitzei . Ei emanzipiert bie grau nicht Dokumentation 113

•13 perföulichkrit, fouberu al0 Progeria fie forbem un» in »er Agitation tvie hu km Smiign mk Stufcornmen, ¿¿trkt Parlament mit Machbrucfe »ertreten baljer pinraltonh1™^' »er befitjen- muffen. 3u Säubere, Wo »ie Semokra- beu Klaffen, lägt breite Waffen »er pro- tifiemug »ei SRäuuerWahlrechtd bereit« letarifchen grauen politifch rechtlod uub Weit borgefehritteu ober boKftänbig er- bebeutet in »er golge toifächlich nicht reicht ift, hoben »ie fojialiftifehen Par- »ie politifche (Gleichberechtigung »ed ge teien »en Kampf für »ie (Einführung »eö fraten toeiblichen ®efehleeh*e3. «Inf fei- allgemeinen Frauenfeahfrechtä aufzu- ten bei Proletariat« fteigt »ie ftottneu- nehmen un» in fierbinbung mit ihm bigkeit, »ie Köpfe jn revolutionieren nn» felbftberf täublieh «0 bie gorberuugcn ju feine ertoachfeuen ©lieber Uuter- Verfechten, »ie Wir im 3utereffe VoOen fehie» bed «efchleeljteä toohlgeräftet in Bürgerrechte für »a$ männliche Prole- »ie Kampfeffrout ¿u ftellen. $er Kampf tariat etwa noch 4* erheben f|«len. für »«3 allgemeine 3**ueuftimmrecht ift Pflicht »er fo)iaIiftifch

© Auf dem internationalen Sodaiistinnenkongreß in Stuttgart 1907 verabschiedete Stimmrechtsresolution 114 Dokumentation Frauen des arbeitenden Volkes!

ïïuâlanb etlSmpfen. SoioniaUänber foöen erobert «erben, roo bte ftuö ®utt Ätämter? So fhtö Sö^ne? Sapitaliften bte ©djäije bei iöoöeng tauben unb btUigfte Srbertl« Seit at&t SRonoten ftefyen fte brausen im #eibe. Sie flnb i^tet tx&ftt, ausbeuten. Arbeit, intern #etm eniriffen: Jünglinge, bie 6tft|e unb Hoffnung «iebt bie iBerteibigung bei ®aterlanbeî, feine ®cr* iijtet (Hiera, Sftdttner in ber »lüte ifyret Qaijte, Plannet mit grögerung ift ber 3Ipecî Ä r i e g e 8. ©0 »in ei bie ergrauenbem $aav, bte fcritfiijrcr üjrer Familien, @te alle tragen lapitaliftifcfje Orbnung, benn oi)ne bie Suêbeutung unb Unterbrürfung ben fronten SHoöf, Raufen in ben Sdjü^eitgraben, ftnb fommanbiert be§ Menfc^en butdj ben iöienfdjen fann fU nie^t befielen. &u oermdjten, twrä fiei&tgc Arbeit aufgebaut Ijat. î>ie Arbeiter haben bwr^ biefe» flrteg nii^tô SRillitmen tuijen bereit« in ben 'SWaflcngrä&etn, Rimbert geturnnen. rooftl aber alle« jn ticriieren, n>aè t^nen lieb taufenbe unb aber £mnbertiaufenbe Ciegen in ben fiajacetten — unb teuer ift. mit jerfetjten Seibetn, mit jerfdjmetterten (Sliebem, mit etblinbeten Sagen unb jerftörtem .$irn, gepaift oon Stufen ober niebei ^rbetterfrauett, dpfung. < îie SJtânner ber triegfü^renben Sônbet fmb jum Sc^rocigen Serbrannte 'l5&tfer unb »Stäbie, gertriimmerie Strikten, »et' gebracht morben. Der ftrieg ^at i^r 8emu&tfein getrübt, ifyten nidjteie SBdlbet unb jermü^lte ®cfer fmb bie ©puren Üjrer Xaten. SBillen geiäbmt, i^r ganjel iffiefen entfteUt.

$roletarie rfratteit! 5lber Q^r grauen, bie neben ber nagenben Sorge um (Sure Sieben im ftelbc, baljeim ^t unb dlenb ertragt, roorauf üßlan fyat ®udj gefagt, (£ute "äftänner unb Söfjne feien hinauf wartet noc^, um ^uten Sitten jum 5ï»cben, @ureu ^roteit gebogen, bie | erwarben grauen, (Shitc Stnbet, (£uet Öau§ gegen ben Ärieg ju erbeben? unb ©uetn ^jerb jn fdjütjen. ÏCtté f^rctPt ^ b r ¿nrücf 'i «Bte ifr bie mtniäiuit'i ÏSis^er babt fur ®ure Sieben gebuiöei, nun gilt è§, fut v 3luf ben Schultern bet „fdjroacfyint" grauen ift hoppelte Saft ®ure SJiänner, für (Sure Sbbne ju ban&etn. gehäuft. erb ift fall Stopf (Sud) proletarifc^cu grauen ergeben i^n. ©r fiubet Sibet^att in ben unb teer. €^engrdben, mo ba§ ®erotffen ber SolBf&bne fit^ gegen bog ©lan bat ©udj gerebet von ber, einen großen trüber- unb Horben empört. Srfjmcfternfrbaft groifdjen fyod) unb niebrig, oon bem SJutgfrieben jroife^en arm unb reidj. 9hm, ber Jöutgfriebe geigt fiel) barin, bafj Sraite« M merftiitigeit $o(fe&! ber Unternehmer igure ÖäJjuc briirft, ber ^»änbler unb gehnffenlofe Äpehüant bie greife fteigert, ber pauöivivt bkfen fi^weccn iaflen fiobrti fid? So^iahfrtnrtcn auf <&ndf auf bie Strafe ju feQcu brofjt. 5)er Staat bat targe ®cutfd)(aub, ©aglimb, Jrantrtid) nni> iRnftlonb jufiroiincn.. $anb, bte bürgertidje Söofjltätigfeit fodjt *krtelfuppcn liub geiniibrn. (f«tt ¡Hütt, «utt Scibtn ¡Jabot i()rc empfiehlt (Sud) ju fparen. lictocflt. Itm »wen unb emrtt Siebe» ijniuuf« tuillen rufe« SEßaS ift ber £ft»etf btefeS ihnege«, ber f* fnrdjtbarc fit (ittii) iura i^ri eben «werfe auf, über bic Erfiladit Seiben bringt? | fefber l)lnwe|l nrt) if)t «Bitte juinmmcnfanii, io müijt nuifc 5Ran fagt: ba§ bie Setteibigung be§ Sßaterianbcs. j ©Uli) auS allen Sänberu jufanmtufdilieften, um ben einen 2Ba3 ift baS 9Bo^l bes 3*aterlanbe§ ? i ¡Knf jit erteben: ©ottte t<& \\\6)t ba§ 3Bofyl oieier 3Jiiilioitert bebeuten, ber Millionen, -bie ber Ärieg ju Seiten, jvs Krüppeln, ju 5lrbeit§Iofeu tfrtc&cn! unb ju SSetÜern, ju SEBittoen unb ju ÜBatfen madjt ? i See iOcittrieg tia« ®ud) bn« größte Cpfcr auferlegt: 2Ber gefäljtbet ba§ SBobl be§ ißaterlanbee ? Sinb e§ 1 ®ie bie ^r in 3rt)ractj unb 8eib geboren, unter jene SRänner, bie jenfeifö ber ®renje, in anberer Uniform fteefen, bie fo wenig n>ie ®ure 35iänner ben iJrieg gerooßt l>aben, ! iWiib unb Sorgen «¿oteu, bie ffliinner, bie eure (Sefä^rten nodj roiffen, ioe§baXb fic i^re Sriiber morben foHen? 9lein! ; int garten gebendlanum finb, raubt er 6nd). 3m ©ergfeirf) ® efdarbet ift baS ©aterianb burt^ alle, bie au& ber 9iot : init biefen CM«" finb alle aubern flein nnb ni$tig. ber breiten Stoffen 9tei(^tum f^Öpfen unb ibre Üie ganje »¡rnlrtiiicit Mi« auf ®ui$, S^r ^ärolctariecintien ^»errft^aft auf ber Unterbrürfung aufbauen. ber fi'iegfntyrcnben Bänber. foflt bie i>elbinnen. 3»t fofll bie Cfriöfevinuen werben! 92Öem niist ber Ärieg? 1 »Bereinigt ivitrfi in eiuem löifleu, in einer 3at! 9?ur einet Ii einen 9Rinber()ejt in jeber !Wa ti on. ®ia« (fnre Siännet, (iure £öt)ue nod) iiidjt beteuern ®cn % a b r i t a n t e n oon Klinten unb Kanonen, oon fanget« {Suneu, oerfiinbet $t>t ci miHionenfait: platten unb Xorpebobooten/ ben ®6erftbeferu unb ben 3)«i Wolf ber Slrbeit »Her günber iftein«o(f ß i e f e t a n t e n bc§ ^ e e r e § b e b a r f 0. 5»te"ffe OOI «rübern. 91 ur ber einige SBiflc biefc* Profits baben ftc ben unter ben ißöifern gefd)itri unb fo jum Volle« fann beut IBiorben einholt gebieten. 'äuSbrutfc be§ fftieges beigetragen. Krieg nu§i ben ! ®er 8ojiali«mue allein ift ber funftige ä»enfi^ieil«fciebe. St ap itaiiften überhaupt. ^ar uidjt bte Arbeit ber lieber utit bem Kapitalismus, ber bem :Heidvtnin enterbte« unb Ausgebeuteten SJiaffrn SBoteu nufge^äuft, bie jene : unb ber -JJiactit bei «eii^euben fiefatomben Oon Menft^en lüe^t oerbraudjen biirfen, bie fie erzeugten? Sie fmb ja arm, fte opfert! fönuen uicijt bafür jaulen! 31 r b e i t et f d) w e i 6 I?at biefe 9Baren gtf^affeu, SlrbeiterWut foß i^neu neue 'äbfa^märttc im »Jüröor uiii iinii Stic«c! jum Sojiausiuiis!

asten, im ®!ätj 1915 tit mttrnatioualc f»ii«llRH

® Manifest der miernationalen sozialistischen Frauenlconferem in Bern 1915 Dokumentation

(?) Internationale Frauenkonferenz in Den Haag 1915

® Internationale Frauenkonferenz in Den Haag 1915 116 Dokumentation

Sehr geehrte Frau Edinger, 7. Juni 1915

Ihre Äußerungen über den Haager Kongreß können wir leider in den Neuen Bahnen nicht bringen. Wenn wir überhaupt die Diskussion über dies Unternehmen eröffneten, so müßten wir in erster Linie denen das Wort geben, die den Kongreß noch viel schärfer verurteilen als es in der sachlichen Erklärung des Bundes zum Ausdruck gekommen ist, da diese scharfe Verurteilung von der weit überwiegenden Majorität vertreten wird. Außerdem müßte es dann nicht nur wie in der Bundeserklärung zu einer Kritik des Planes, sondern zu einer Kritik des tatsächlichen Verlaufs kommen, durch die wir nicht umhin könnten, Vertreterinnen neutraler Länder anzugreifen in einer Form, die gegenwärtig nicht ratsam ist. Wir haben den Verlauf des Kongresses in Nauheim nach holländischen Zeitungen verfolgt, und wenn wir uns schon vorher in die Seele der Frauen hinein geschämt haben wegen der Anmaßung und Verworrenheit des Planes, so konnte der Bericht über die Diskussionen und ihren unsagbaren Dilettantismus dieses Gefühl nur vervielfachen. Sie sagen, der Kongreß sei »harmonisch« verlaufen. Das habe ich in gewisser Weise nie bezweifelt, weil es den Frauen, die überhaupt hingegangen sind, an der Klarheit gefehlt hat, die nötig gewesen wäre, um die unüberbrück- baren Gegensätze zu empfinden. Wenn man z. B. die belgischen Delegierten in einer Versammlung, die unter deutschem Vorsitz stand, unter demonstrativem Beifall auf einen Ehrenplatz auf der Plattform geleitet hat, so hätte eben jede klar empfindende deutsche Frau bei dieser Demonstration gegen ihr Vaterland folgerichtig den Kongreß verlassen müssen. Und so sind ja auch noch andere Situationen (z. B. die feige Unterdrückung der französischen Erklärung) entstanden, in denen die Harmonie nur dadurch erhalten blieb, daß es den Leuten an dem richtigen nationalen Selbstbewußtsein gefehlt hat. Nach meiner Meinung hat der Kongreß im Haag bewiesen, was wir vorher als unvermeidlich angesehen hatten, nämlich daß die Situation dort für die deutschen Frauen unmöglich werden müßte. Wenn Sie nun meinen, daß wir dort die Meinung des Auslandes über Deutschland hätten verbessern können, so übersehen Sie, daß ja Erklärungen wie die in Ihrer Zuschrift erwähnten ausdrücklich vom Programm des Kongresses ausgeschlossen waren. Aus dem Zusam- mensein mit Jane Addams1 hier haben wir auch sehr deutlich gesehen, daß keineswegs die Meinung über Deutschland bei den neutralen Pazifisten sich geändert hat oder sich ändern kann, sondern daß man dort nur Sympathie hat für die deutschen Frauen, die die Haltung ihres Vaterlandes im Haag ausdrücklich verleugnet haben, indem sie den deutschen »Militarismus« ihrerseits vor dem Auslande mißbilligten. Was nun die Gewissenspflicht betrifft, wonach die abweichende Meinung einer einzelnen zum Ausdruck kommen muß, wenn die Zustimmung der Gesamtheit angenommen wird, so gibt es wohl keinen einzigen Fall, in dem nicht einzelne die Meinung einer Organisation nicht teilen. Das ist unvermeidlich, und es kann daraus keine Verpflichtung abgeleitet werden, dieser abweichenden Meinung vor der Öffentlichkeit Ausdruck zu geben, da ja die Annahme, daß die Vereinsmitglieder, d. h. die Gesamtheit derselben, der gleichen Ansicht ist, dadurch keineswegs beeinträchtigt wird. Ich bin aber der festen Überzeugung, daß wir bei manchen wenig orientierten im Augenblick eine heillose Verwirrung anrichten würden, wenn wir eine Diskussion über eine Angelegenheit eröffneten, in der wir wie gesagt, unsere Verurteilung im Augenblick aus allerlei notwendigen Rücksichten nicht mit der nötigen Schärfe aussprechen können.

in vorzüglicher Hochachtung Ihre Helene Lange

I Jane Addams leitete die Delegation, die die Beschlüsse der Haager Frauenkonferenz den Regierungen der kriegführenden Nationen vorlegte. Sie war während ihres Aufenthaltes in Berlin im Lyzeumsclub mit Helene Lange und Gertrud Bäumer zusammengetroffen.

(jT) Brief Helene Langes an Anna Edinger 1915 Dokumentation 117

Sehr geehrtes Fräulein Lange, 22. 6. 1S

Auf Ihren Brief vom 7. Juni eingehend möchte ich zunächst zugeben, daß ich in meinen Ausführungen etwas nicht gesagt habe, was ich meinte: nämlich, daß die Beeinflussung der Auffassung der Ausländerin- nen - soweit es sich auf Erörterung und Klarstellung der Geschehnisse des jetzigen Krieges, nicht auf Eindrücke vom Auftreten der Deutschen an und für sich handelte - an den arbeitsfreien Nachmittagen geschehen mußte. Die Kongreßleitung hat auch darauf Wert gelegt - bei allen Kongressen fordert das persönliche Zusammensein Werte, die die Versammlungen nicht bringen; mir hat in den letzten Monaten die Rücksprache mit Ausländerinnen in mancher Hinsicht vorwärts geholfen, ich habe auch - wie ich glaube, nicht ganz ohne Nutzen - zu ihnen für Deutschland sprechen können. Ich gebe ferner zu, daß der Kongreß nicht nur im Programm, sondern auch in seinem Verlauf des Dilettantischen genug gezeigt hat. Die internationalen Frauenkongresse haben sich dagegen immer wehren müssen und nicht immer mit Erfolg wehren können - wie viel schwerer hatte es dieser, dem die führenden Persönlichkeiten der führenden Nationen Europas ferngeblieben sind. Diejenigen, welche dort waren, haben aber das getan, was mir und vielen anderen im Augenblick als das Wichtigste erscheint - sie haben gesagt: diesen Krieg hat kein Volk gewollt, er bringt unsagbares Leid, in Jahrzehnten nicht zu schließende Wunden; wir wollen die geringe Zahl derer stärken, die versucht einen Weg zu finden, wie der Krieg schneller als es durch das Versagen und Verbluten der Mächte einer Seite geschehen kann, zum Ende zu bringen ist. Die Hoffnung in dieser Richtung wirken zu können, sei es auch nur indem die Friedenssehnsucht zum Ausdruck gebracht wird (die nur in England in vollem Maße den Weg in die Presse findet, zweifellos aber in allen Ländern wächst), hat gewiß zu dem Entschluß beigetragen, während des Krieges zusammenzurufen. Was nun den Bund deutscher Frauenvereine - ich gehe hier auf das schärfer als die Presseäußerung gehaltene Anschreiben an die Vereine ein - veranlaßt hat, solches Beginnen als »nicht vaterländisch« zu bezeichnen, kann ich immer noch nicht verstehen, auch viele andere nicht; ich habe darüber, da mir der Widerstreit zwischen der Stellungnahme des Bundes und meiner Auffassung ein quälender war, auch mit historisch, politisch und juristisch geschulten Menschen gesprochen - auch diese konnten in diesem Urteil nicht mit Ihnen gehen. Uns, die wir hinwollten, bewegte doch in erster Linie das Gefühl für die Leiden Deutschlands. Was den Vorgang mit den Belgiern betrifft, so ist er, wie mir eine Deutsche und eine Amerikanerin unabhängig voneinander berichtet haben, etwas anders verlaufen: man hat Beifall geklatscht, als Dr. Augspurg beantragte, man möge den Belgierinnen, die verspätet und unter Schwierigkeiten (übrigens z.T. mit einem Auto der deutschen Verwaltung) zum Kongreß kamen, einen Platz auf der Plattform geben. Sie finden das gewiß auch antinational; ich meine, man kann die seelisch schwer betroffenen Bewohner Belgiens, besonders diese zweifellos von idealen Gefühlen geleiteten Kongreßbesucher nicht für die Fehler ihrer Regierung, für die Greueltaten der Franctireurs mit verantwortlich machen - ich verstehe wohl, daß man ihnen mit Mitgefühl entgegenkam. Übrigens wurde die einzige Frau, die aus Kanada verspätet ankam, mit besonderem Beifall empfangen. Auf die belgische Frage an und für sich, die mir auch mehr Herzweh verursacht als der Majorität, will ich hier nicht eingehen.

Wohl möglich, daß auf dem Kongreß einige waren, die sich gerne reden hörten; daß die Stimmrechts- propaganda so in den Vordergrund trat, hat auch Jane Addams mißbilligt; für Deutschland, für einen großen Teil von Europa ist die Verquickung von Pazifismus und Stimmrechtsfordemng unlogisch, weil bei uns die Frauen noch weniger - weit weniger - für die Friedensbewegung getan haben als die Männer. Es macht mich traurig, daß die offiziöse Presse alle Friedensgedanken so weit weg weist; daß man in England nicht an Frieden denkt, trifft ja nicht zu; wie Sie wohl erfahren haben, äußerten sich Asquith und Grey zu den Haager Delegierten in ganz anderer Weise; auch die Antwort an die durch ein Parlamentsmit- glied übermittelte Anfrage der englischen Frauen klingt ganz anders. Für die Franzosen, deren Land so tief darnieder liegt, ist es freilich ein schwerer Schritt, für den Frieden zu sprechen. Wir aber sind Siegende, wir haben gezeigt daß wir uns zu wehren verstehen; warum darf bei uns nicht von Friedensbedingungen, von Friedensverhandlungen, die doch noch einen langen Weg zu gehen haben, gesprochen werden? Im Ausland glaubt man Deutschland habe diesen Krieg gewollt; daß wir stumm bleiben, daß in Deutschland nur die sozialdemokratische Presse, die in tonangebenden ausländischen Kreisen wenig gelesen wird, vom Frieden spricht, verstärkt den Glauben, daß wir Freude am Kampf, am Zerstören haben. Und viele unserer tapferen Kämpfer sehnen sich heim - die, welche hinausgehen, gehen auch nicht weg wie die ersten gingen. So viele ältere Familienväter werden jetzt hinausgeführt, auch Schwächliche und Herzkranke, die mitunter schon nach einigen Wochen dauernd geschädigt zurückkommen. Man sieht Männer mit gesenktem Haupt und mit Tränen in den Augen abmarschieren »wie zur Schlachtbank« sagen die Leute. Der Brief hat lange gelegen; durch die Krankheit im Hause und Kleinarbeit verschiedener Art kam ich nicht dazu, ihn darauf hin zu prüfen, ob er vor Ihrem kritischen Auge bestehen kann. Aber darauf kommt es ja eigentlich nicht an, nicht darauf, ob Sie ihn geschickt aufgebaut finden. Wenn Sie es wollen, und wenn es Ihnen der Mühe wert ist, finden Sie gewiß schwache Punkte zum Angriff; und auch in der 118 Dokumentation

unvollkommensten Darstellung muß es Ihnen deutlich werden, was ich meine und - das trat hier erst kürzlich wieder in einer Besprechung zu Tage - viele mit mir. Es stehen sich, abgesehen von der grund- sätzlichen Auffassung des Krieges, zwei Anschauungen gegenüber: die, daß Achtung vor Deutschland und äußere Sicherheit nur durch ein gründliches Niederwerfen der Gegner zu erkämpfen ist; und die, daß je länger gekämpft wird, je schwerere Wunden geschlagen werden, desto schwerer es sein wird, zu einem Frieden zu kommen, der keinen Zündstoff für neue Kriege hinterläßt - und daß Achtung vor Deutschland nicht durch das Schwert gewonnen oder befestigt werden kann. Werfen Sie einen Blick auf das einliegende Blatt; erscheint es Ihnen nicht widersinnig, daß diese Soldaten heute französische Gefallene ehren und morgen auf französische Soldaten schießen? Seit ich diesen Brief anfing, ist die Friedenskundgebung der deutschen Sozialdemokraten erschienen; die Antwor- ten, die darauf erfolgt sind, zeigen uns, daß der Weg zum Frieden kein einfacher und leichter ist. Mißver- stehen und Verdrehen darf doch niemand davon abhalten in dieser Richtung zu gehen, die seiner Überzeu- gung entspricht; das haben wir in der Frauenbewegung immer festgehalten. Die Regierungen und die Intellektuellen unserer Gegner wissen, daß diese Kundgebungen nicht solche der Schwäche sind. Wir hören in erster Linie diejenigen, die ihrem Lande Kriegsstimmung machen wollen - andere Stimmungen, z. B. die fortdauernde Liebes- und Verständigungsarbeit der »Freunde« dringen nicht bis zu uns. Der Friedens- wille ist in England jetzt leider geringer als er im Frühjahr war. Die »neutralen Pazifisten«, von denen Sie sprechen, versuchen es sehr emsthaft, unsere Motive und Empfindungen zu verstehen; sie haben aber unverändert den Eindruck, daß dieser Krieg - abgesehen von dem Kriegswillen kleiner Parteien in Österreich und Rußland - aus Mißtrauen und Unklarheiten entstanden ist; daß die Staaten übereilt aufeinander losgingen »wie Kinder, die sich im Dunkeln fürchten«, daß die Aufhebung der Geheimdiplomatie solches Unglück unmöglich machen würde.

Ihre ergebene Anna Edinger

Antwort Anna Edingen ¡915 Dokumentation 119

(u) lAW-Kongreß in Paris 1926: Stimmrechtsdemonstration

(ji) lAW-Vorstandstreffen 1927: stehend: Manus, Sterling, Bombas; auf Stühlen: Plaminkowa, Theodoropoulos, Corbett Ashby, von Velsen; auf dem Boden: Grinberg, Atanatslcovitch, Gourd 120 Dokumentation

>15) Die IA W- Vorstandsmitglieder Corbett Ashby und Malaterre-Sellier mit Mitgliedern der Bulgarischen Frauenbewegung in Sofia 1928

16) Mitglieder der arabischen Frauenorganisationen der IAW in Damaskus 1932 Dokumentation 121

Lida Gustava Heymann wie die Frauen, trotz wirtschaftlicher Not, trotz politischer Mißwirtschaft, sich nicht entmutigen lassen, mit zäher Aus- VII. Kongreß der I. Fr. Fr. Fr. dauer und Treue steinigen Boden unent- Grenoble 1932 wegt weiter beackern. (...) Von nicht minderem Interesse waren Wenn Frauen in dieser Zeit wirtschaftli- die Berichte der ständigen Kommissio- cher Not internationale Kongresse abhal- nen: Gegen den wissenschaftlichen ten, so ist das an sich schon ein Unter- Krieg, China, Osteuropa, Antisemitis- nehmen, denn Frauen verfügen über mus, Anti-Opium, Minderheiten, Frie- noch geringere pekuniäre Mittel als Män- densmissionen, politische Gefangene, ner. Die I.Fr. Fr.Fr. brachte es zustande, Staatenlose, Nationalität der verheirate- daß 105 Delegierte aus 20 Ländern: Bel- ten Frau. Fast in allen Kommissionen gien, Bulgarien, Dänemark, Deutsch- herrscht Initiative, reges Leben und Ar- land, England, Estland, Finnland, Frank- beitsfreudigkeit und wo das einmal nicht reich, Holland, Italien, Livland, Lettland, der Fall war, setzte scharfe, aber berech- Österreich, Ukraine, Ungarn, Schweden, tigte Kritik ein. Schweiz, Tschechoslowakei, Tunesien, Es wurden entweder vom Kongreß Vereinigte Staaten vom 15.-19. Mai in oder vom erweiterten Vorstand Resolu- Grenoble unter dem Thema »Weltabrü- tionen gefaßt zur Förderung der prakti- stung - Weltuntergang« zusammenka- schen Arbeit, oder um die Stellungnahme men. (...) der Liga zu politischem Vorgehen in Ita- Können internationale Kongresse in lien, Japan, China usw. zum Ausdruck zu einer Zeit allgemeinen Niederganges, all- bringen. (...) gemeiner Verwirrung und Verzweiflung, Nachstehendes Bekenntnis, welches einen Druck auf die Geschehnisse der nach endlosen Beratungen zustande kam, Welt ausüben und die Menschheit höher kennzeichnet die Stellungnahme des VII. führen? Ja und nein. Ja, wenn Gleichge- Kongresses der I. Fr. Fr. Fr. zur Abrü- sinnte spontan zu einem internationalen stung: Kongreß zusammenströmen, die mit vol- »Die I. Fr. Fr. Fr. fordert die Regierun- ler Wucht und Begeisterung ihre ganze gen auf, ehe es zu spät ist, dem vereinten Kraft einsetzen, einem Ziele entgegen. Ruf der Völker nach Frieden zu entspre- Gedanken Vieler, die alle in gleicher chen durch Abschaffung von Armeen Bahn kreisen, dem gleichen Ziel entge- und Waffen und durch Einführung natio- gen, schaffen Atmosphäre, lösen Kraft naler und internationaler Reformen, wel- aus, vermögen gestaltend zu wirken. Das che allen Nationen eine Zukunft harmo- geschah 1915, als die Frauen während nischen Zusammenwirkens gewährlei- des Weltkrieges im Haag zusammenka- sten. men! Die verheerenden Folgen des letzten Nein: Internationale Kongresse, von Krieges, welcher die Staaten dem land- Organisationen einberufen, die nicht wirtschaftlichen, industriellen, wirt- mehr wie bei der Gründung von völlig schaftlichen und finanziellen Bankrott einheitlichem Impulse begeistert sind, preisgegeben hat, verschärfen sich täg- büßen das Schöpferische ein, das 1915 lich. Obwohl die Welt überreich an Gü- die Gründerinnen beseelte. Das zeigte tern ist, um dem Bedarf aller Kontingente Grenoble und die dort gefaßten Resolu- zu genügen, sterben Millionen Menschen tionen, die mehr oder minder oft ausge- den Hungertod. sprochenes wiederholten. (...) Die I. Fr. Fr. Fr. ist überzeugt, daß der Die Berichte der Sektionen zeigten, erste Schritt zur Heraufführung eines 122 Dokumentation

neuen Zeitalters die organisierte Zusam- erklärt, daß die einzige Sicherheit in menarbeit der Menschheit ist und daß, der Abschaffung des Krieges selbst be- welche Gefahren ihr auch künftig noch steht. drohen, keine dem Verhängnis eines Sie erklärt, daß die Lösung des Pro- Krieges gleichkommt, welcher nach blems einer Organisation des Friedens zu Maßgabe der wissenschaftlichen Erfin- finden ist in einem internationalen Über- dungen ein Ausrottungskrieg sein würde. einkommen für totale und allgemeine Wenn die Welt vor Unheil bewahrt blei- Abrüstung. ben soll, dann muß ihre Zusammenarbeit Dementsprechend besteht sie darauf, unverzüglich eingeleitet werden und daß die Regierungen ihre Delegierten zur muß die Beseitigung jeder Kriegsmög- Abrüstungskonferenz unzweideutig be- lichkeit in sich schließen. auftragen: die totale und allgemeine Ab- Dem Beispiel ihrer Gründerinnen fol- rüstung jetzt und als ihr Endziel zu erklä- gend, die im Mai 1915, als der Krieg ren und die Etappen festzusetzen, in de- wütete, im Haag sich vereinigten, um die nen es erreicht werden soll. Welt zu warnen und Wege zu suchen, um Überzeugt, daß Rüstungsminderung dem Unheil zu entrinnen - erhebt die auch die Gefahren internationaler Rei- zum Kongreß in Grenoble, Mai 1932, bungen vermindert, fordert die I.Fr.Fr. versammelte I. Fr. Fr. Fr. wiederum ihre Fr., daß diese erste Weltabrüstungskonfe- Stimme zur Warnung. renz der Forderung der Völker begegnen Die Liga ist überzeugt, daß ungeheu- kann und muß, indem sie umfangreiche re Konsequenzen vom Ausgang der Ab- Rüstungsminderungen aller Waffengat- rüstungskonferenz abhängen und daß ein tungen zu Wasser, zu Lande und in der Mißlingen oder längere Hinauszögerung Luft beschließt, auf gleicher Grundlage Furcht und Argwohn dermaßen erhöhen, für alle beteiligten Länder, was jedoch das Elend der unter der Last der Rüstun- keineswegs Aufrüstung der durch die gen schon zusammenbrechenden Volker Friedensverträge abgerüsteten Länder derartig steigern würde, daß es unver- bedeuten soll. meidlich wieder zum Weltkrieg führen Wissend, daß die Profite gewisser müßte. Gruppen und Individuen das wesentliche Die I.Fr.Fr. Fr. beobachtet deshalb Hindernis der Abrüstung bilden, verlangt mit höchster Besorgnis die Verhandlun- die I. Fr. Fr. Fr., daß sofortige Maßnahmen gen der Abrüstungskonferenz, von der ergriffen werden, um der privaten Her- die Völker unmittelbare Maßnahmen er- stellung von und dem unbeschränkten warten, die baldigst zur totalen und all- Handel mit Waffen ein Ende zu machen. gemeinen Abrüstung führen. Sie tritt der Schaffung einer neuen Die angewandten Obstruktionsme- Form des Militarismus, nämlich der Er- thoden, die Verwerfung oder Beiseiteset- richtung einer internationalen bewaffne- zung der Abrüstungsvorschläge und die ten Macht in jeglicher Form, aufs schärf- Zusammensetzung mancher Delegatio- ste entgegen. nen erwecken bei der I. Fr. Fr. Fr. berech- Sie fordert die Einsetzung einer stän- tigten Unwillen. digen Abrüstungskommission mit der Sie weist die Annahme, daß Kriege Befugnis, die Durchführung der verein- humanisiert werden können, zurück und barten Abmachungen zu überwachen.«

(n) Bericht vom IFFF-Kongreß 1932 Dokumentation 123

24. »toi 1933 (Begrüntet 1888 The Marchioness of Aberdeen internationaler fgrauenbunb & Temair House of Cromar, Aberdeen-Schottland Tarland, Jdoelföutiereljrenbe Sabtj Aber been! Aberdeenshire del) habe ben fc^merjlic^nt Auftrag, Sen 2. 3uni 1933 ihnen mitzuteilen, bog ber ©unb Seut- grau Sr. Agned bon 3<>(jn-£>arnaeft, feher graueubereine am 15. 3Moi 1033 Vorfitjenbe bed ©unbed Seutfeher befehloffen hat, fich mit fofortiger Säir- Kttitg itufjnläfen. Aid Vegrünbung hier- grauen tiereine, für tourbe feftgeftellt, baff ber ©unb zur ©erlin-@runetoalb, 3«it nie^t in ber Sage ift, bie Aufgaben ftunz-Buntfchuhftr. 2 ZU erfüllen, bie er fiel» gefüllt hot. Sie 8el}r bereljrte, Uebe grau bon und angefchloffentn ©erufforganifatio- ich brauche ihnen nicht zu fagen, itm fhtb f amtlich in neue Crgaaifatiouf- toie tief mie^i bie 9taetyrieijt bon bem formen überführt toorben; eine Steide ^ntfe^tuffe bei ©unbeö Seutfeher tonn Sanbefberbänben ^aben fich aufge- grauenbereine, ben ®ie mir in ihrem löft ober finb aufgelöft tvorben. Safür »riefe bom 24. ®lai mitteilen, beftürjt bitten fich an bieten Stellen nene 3»- unb gefc^merjt hat, unb ich toeifj, bafj fammenfehtüffe, unb eine Spitzenorgani- bie traurige »achricljt bon allen SRit- jation toirb erft bann toieber möglich gliebem bei internationalen grauen- fein, toenn bie gefamte organifatorifche bunbed mit benfetben (Befühlen aufriclj- Sage gefttärt ift. tigften ©ebauernd aufgenommen toerben toirb. föir müffen nur ^offen, bag ed fich Somit fcheiben toir bentfe^en fron- um eine borübergeljenbe Unterbrechung en junäe^ft and ber Arbeit bei inter- unb nic^t einen enbgültigen ©ruch bon nationalen fgrauenbunbed and. @d Verteilungen freunbfehaftlichcr unb ffat- bröngt mich, ihnen, bereljrte Sabty monifcher 3>f*nneiMr6(U tfanbüt, bie Aberbeen, in biefent Augenblick aufzu- und feit fünfunbbreifiig fahren berbun- brechen, bog loir on biefe ßHfommenar- ben haben. beit mit tiefem Sanft jurückbenke*. Sanft für eine fgütle bon Anregungen, fBir körnttn und unfere Arbeit ohne neuen @efichtfpuiiftten unb

@ Ausscheiden des BDF aus dem ICW1933 124 Dokumentation

Im Namen der 81 Millionen Frauen, die Wir schwören feierlich, für die Schaf- durch Delegierte von 41 Nationen auf fung solcher Bedingungen zu kämpfen, diesem Kongreß vertreten sind, von dem die für die harmonische und glückliche gleichen Gefühl des Vertrauens und der Entwicklung unserer Kinder und der Begeisterung getragen, bekräftigen wir kommenden Generationen unerläßlich unsere feste Zugehörigkeit zur Interna- sind. tionalen Demokratischen Frauenföderati- Wir schwören feierlich, unermüdlich on, die aus dem gemeinsamen Willen und dafür zu kämpfen, daß der Faschismus, den beharrlichen Bemühungen der Frau- in welcher Form er auch auftreten möge, en der ganzen Welt heraus geboren wur- vernichtet wird und in allen Ländern der de. Welt eine wahrhaft demokratische Ord- Bevor wir in unser Vaterland und un- nung geschaffen wird. ser Heim zurückkehren, leisten wir den Wir schwören feierlich, unermüdlich feierlichen Schwur, für die Entwicklung zu kämpfen, um der Welt einen dauerhaf- dieser unmittelbar nach dem Zweiten ten Frieden zu sichern, der die einzige Weltkrieg entstandenen machtvollen Garantie für das Glück unserer Heimat Frauenorganisation zu arbeiten. und für das glückliche Leben unserer Wir schwören feierlich, die politi- Kinder ist. schen, wirtschaftlichen, zivilen und so- Es lebe die Internationale Demokrati- zialen Rechte der Frauen zu verteidigen. sche Frauenföderation!

(l9) Gründungskongreß der Internationalen Demokratischen Frauenföderation (IDFF) 1945 in Paris

Die Frankfurter Konferenz, die am Herta Gotthelf, die Leiterin des zentralen 21.128. Juni 1951 die sozialistischen Frauenbüros der SPD, den stellvertreten- Frauen aus 17 Ländern zusammenführte, den Vorsitz Nina Andersen, Sekretärin war die erste, auf der auch Vertreterinnen der dänischen sozialistischen Partei und Asiens und des amerikanischen Konti- Mitglied des dänischen Reichstages. nents teilnahmen. Madame Kawasaki Zwei Punkte der reichhaltigen Tages- kam als Vertreterin der japanischen so- ordnung wurden besonders ausführlich zialistischen Frauen; ursprünglich Volks- diskutiert: schullehrerin, später Professorin für japa- 1. Die Rechtsstellung der Frau in den nische Literatur, leitet sie jetzt die Abtei- verschiedenen Ländern; lung Mutter und Kind im japanischen 2. Die Frau in der Wirtschaft. Sozialministerium. Als Vertreterin der Nach dem einführenden Referat der kanadischen Arbeiterpartei war deren österreichischen Parlamentsabgeordne- 2. Vorsitzende, Madame Casgrain, anwe- ten Marianne Pollack und einer Ergän- send. Frau Klara Kalnin, die Witwe des zung der deutschen Delegierten Dr. Eli- ersten lettischen Staatspräsidenten - eine sabeth Seibert wurde beschlossen, ein alte Vorkämpferin der sozialistischen internationales sozialistisches Juristin- Frauenbewegung, die heute als politische nen-Komitee zu bilden, das gemeinsame Emigrantin in Schweden lebt - wurde zur Richtlinien ausarbeiten soll für die not- Ehrenpräsidentin des Kongresses ge- wendigen Gesetzesreformen in den ein- wählt. Den Vorsitz des Kongresses führte zelnen Ländern. Von deutscher Seite Dokumentation 125

wurde Dr. Elisabeth Seibert zum Mit- senen sozialistischen Frauenbüros der glied dieses internationalen Juristinnen- einzelnen Ländern zeigte, daß in allen Komitees bestimmt. sozialistischen Parteien die Wichtigkeit In der Einleitung zu dem 2. Punkt der der politischen Schulung der Frau aner- Tagesordnung »Die Frau in der Wirt- kannt wird. schaft« unterstrich Herta Gotthelf die Als Basis für die künftige Arbeit wur- Notwendigkeit, auf internationaler Basis den folgende organisatorischen Maßnah- die Auswirkungen moderner Arbeitsme- men beschlossen: thoden (Fließbandsystem, Refa usw.) ins- besondere auf die arbeitende Frau zu un- 1. Eine internationale sozialistische tersuchen. Es gebe einen Punkt, an dem Frauenkonferenz soll vor jeder Voll- die Rationalisierung in ihr Gegenteil um- konferenz der Internationale stattfin- schlägt und den Menschen weniger, an- den. statt stärker arbeitsfähig macht, da völlig 2. Es wird ein internationales Frauen- außer acht gelassen werde, daß der komitee gebildet, dem je eine Vertre- Mensch keine Maschine ist. terin der der sozialistischen Interna- Im Anschluß an die Diskussion wur- tionale angeschlossenen Länderpar- de eine Resolution angenommen, die den teien angehören soll. Grundsatz »gleiche Bezahlung für glei- 3. Der ehrenamtlichen Sekretärin steht che und gleichwertige Arbeit« fordert ein Arbeitsausschuß zur Seite, dem und seine Durchführung in allen Län- je eine Vertreterin von Frankreich, dern, die der sozialistischen Internationa- Benelux, Skandinavien, England, le angeschlossen sind, verlangt. Deutschland, Österreich und eine Der ausführliche Bericht der Sekretä- Vertreterin der Exilparteien aus den rin des internationalen sozialistischen Ländern hinter dem Eisernen Vor- Frauenkomitees, Margarete Kissel, hang angehören wird. Schweiz, über die Arbeit der angeschlos- (SPD Frauenbüro)

(§) Die internationale sozialistische Frauenkonferenz Frankfurt/M. 1951

Der Internationale Frauenrat (...) be- dem BDF vergleichbarer Verband so- trachtet den Deutschen Frauenring als die wohl dem ICW als auch der IAW ange- Nachfolgeorganisation des Bundes Deut- hören sollte. Wir Heutigen machen uns scher Frauen vereine (...) Der DFR ist keine Vorstellung mehr von den unge- auch eine Dachorganisation insofern, als heuren Vorbehalten, den riesigen Ressen- ihm eine Reihe deutscher Frauenorgani- timents, die auch in den internationalen sationen angeschlossen sind. Indessen ist Frauenorganisationen herrschten gegen- deren Zahl nicht vergleichbar mit der über allem, was deutsch war. (...) Fülle (beinahe 80) der dem BDF zugehö- Zur ersten Dreijahreskonferenz des rigen Verbände - aber 1945 bestanden ICW nach dem Kriege, 1947 in Philadel- völlig andere Voraussetzungen wie am phia, USA, wurde Professor Katharina Ende des 19. Jahrhunderts. Trotzdem Petersen als deutsche Beobachterin ein- dachten sowohl der ICW als auch die geladen. Theanolte Bähnisch brach dann Internationale Frauen-Allianz (IAW) wenige Monate später, im Herbst 1947 (...) nach dem Aufhören der Feindselig- bei der Tagung des Executive Committee keiten, 1945, daran, daß eines Tages ein des ICW in Lugano, das Eis - vorher 126 Dokumentation

hatten schon führende Frauen (...) die gleichberechtigte Aufnahme aussprach. Frankfurter Tagung in der Paulskirche Er mußte schließlich auch noch wissen, und die Gründungsversammlung des daß 1933 der Bund Deutscher Frauenver- Deutschen Frauenrings in Bad Pyrmont eine sich lieber freiwillig aufgelöst hatte, besucht. als nationalsozialistischen Prinzipien Es war bereits 1947 in Lugano ausge- sich anzuschließen oder seine jüdischen macht, daß der Deutsche Frauenring an- Mitglieder preiszugeben. läßlich der Dreijahreskonferenz des ICW Wesentlich einfacher gestaltete sich in Athen, 1951, in den ICW aufgenom- die Wiederaufnahme des Bundes Öster- men werden sollte. Gab es auch in der reichischer Frauenvereine in den ICW als Person der internationalen Vorsitzenden, die des Deutschen Frauenrings. Trotz- Dr. Jeanne Eder-Schwyzer, vornehmlich dem: in Athen konnten die Deutschen, auch in ihrer Landsmännin Edmde Spre- zusammen mit Österreich, der Domini- cher-Robert, internationale Vorsitzende kanischen Republik, Ägypten, Italien, der Lyzeum-Clubs und wichtiges Mit- dem Libanon, Hongkong und Uganda, glied des Bundes Schweizer Frauenorga- unter Beifallsbezeugungen wieder aufge- nisationen, Fürsprecherinnen für die Auf- nommen werden. nahme, so darf man die Gegenstimmen Das Thema dieser 13. Internationalen nicht unterschätzen - zuviel war in den Konferenz des ICW 1951 in Athen hieß: Kriegsjahren geschehen, zahlreiche Na- »Frauen als Bewahrerinnen des Lebens«. tional Councils gehörten Ländern an, die Es ergab sich damit als Selbstverständ- von Deutschen besetzt worden waren lichkeit, daß die in Athen versammelten und schwer gelitten hatten. Frauen bei den UN gegen die Entführung So fuhren denn im März 1951 die drei von 28000 griechischen Kindern in an- Deutschen, Theanolte Bähnisch, Dr. grenzende kommunistische Länder pro- Luise Bardenhewer und Dr. Gabriele testierten. Auch sprach sich die Konfe- Strecker, nach Athen zur XIII. Dreijah- renz für eine Stärkung der UN in der reskonferenz im vollen Bewußtsein, wie Sache des Friedens und der Freiheit aus. schwer es sein würde, sich auf internatio- Sie konnte das um so mehr, als der ICW nalem Boden zu behaupten. In Athen ließ den konsultativen Status bei den UN und Dr. Jeanne Eder-Schwyzer Theanolte zahlreichen seiner angeschlossenen Un- Bähnisch wissen, daß man den DFR terorganisationen hat. wahrscheinlich nicht als gleichberechtigt In den Veröffentlichungen und Ver- mit dem Recht auf zehn Stimmen werde lautbarungen des ICW wurde der DFR aufnehmen können, sondern nur mit drei als »aufgenommen 1951« geführt. Nach Stimmen. Mit ruhiger Gelassenheit ließ Protesten der Deutschen hieß es seit der ihr Frau Bähnisch mitteilen, daß es dann Konferenz von Helsinki 1954 »aufge- eben noch zu früh sei, sich einer interna- nommen 1897, wiederaufgenommen tionalen Organisation anzuschließen. 1951«, eine Textänderung, die den tat- Diese Haltung Frau Bähnischs stimmte sächlichen geschichtlichen Zusammen- den Vorstand um, der sich dann für eine hängen besser entsprach.

21) XII. Dreijahreskonferenz des International Council of Women 1951 in Athen Dokumentation 127

Frieden und Freiheit

Der Deutsche Frauenring wird seiner Arbeit die Entschließung zugrunde legen, die von dem Internationalen Frauenrat auf der Delegierten-Versammlung im Frühjahr 1951 in Athen angenommen wurde: Der Internationale Frauenrat hat seit seiner Gründung im Jahre 1886 dauernd für die Versöhnung und die friedliche Beilegung von Streitfällen gearbeitet. Er versichert erneut seine Absicht, auf diesem Wege fortzufahren, auf dem jede Generation ihre Nöte sowohl zwischen den Nationen wie auch innerhalb jeder nationalen Gesellschaft lösen muß. Der Internationale Frauenrat erkennt, daß, in Freiheit und in Frieden zu leben (national und persönlich), grundlegende Notwendigkeiten für Nationen und Men- schen sind. Er verdammt daher alle Absichten und Taten der Aggression als Gefähr- dung des Friedens und der Freiheit. Er dokumentiert seine Überzeugung, daß, um Frieden und Freiheit zu schützen, Rüstungen zu Verteidigungszwecken heute noch notwendig bleiben. Er erkennt ange- sichts der furchtbaren Erfahrungen, daß der einstmals weitverbreitete Glauben an die Abrüstung als ein Mittel für den Frieden, ein Trugschluß ist, wenn nicht die Vereinten Nationen sowohl die moralische Autorität als auch die materielle physische Macht haben, um den Frieden zu erhalten und die menschlichen Freiheiten zu schützen. Der Internationale Frauenrat betont die Notwendigkeit, die von denkenden und leidenden Menschen überall empfunden wird, daß den Prinzipien der Un Charta und der Erklärung der Menschenrechte mit ganzem Herzen gedient werden muß. Er begrüßt die von der Vollversammlung in ihrer Sitzung im Jahre 1950 angenommenen Anerkennung der engen Verbindung, die zwischen dem Streben nach sozialer und wirtschaftlicher Gerechtigkeit und dem Streben nach einem dauernden Frieden her- zustellen ist. Er ruft die nationalen Frauenräte auf, ihre Bestrebungen zur Verwirkli- chung aller dieser Prinzipien in ihren jeweiligen Ländern zu verstärken. Er dokumentiert seine Überzeugung, daß die Vereinten Nationen heutzutage die besten Bemühungen der Menschheit zur Gestaltung solch einer Autorität darstellen, und er ruft deshalb alle nationalen Frauenräte auf: 1. die moralische Autorität der Vereinten Nationen in allen Ländern zu unterstützen und zu entwickeln: 2. mitzuhelfen, den Vereinten Nationen die Macht zu sichern, um der Aggression zuvorzukommen und sie zu überwinden: 3. dauernde Wacht über solch eine Macht zu halten, um ihre Anwendung nur in der Sache des Friedens und der Freiheit sicherzustellen.

(22) ICW-Entschließung aus dem Jahr 1951 128 Dokumentation

(23) lAW-Kongreß 1952 in Neapel: (v. I. n. r.:) Choisy (Schweiz). Ester Graff (Dänemark), Gilberte Vieux (Haiti), Ragnhild Garby (Schweden) Bouchereau (Haiti), Jeanty (Haiti)

24) lAW-Kongreß 1952 in Neapel: Ansprache von Pacita Madriga/Warns (Philippinen) Dokumentation 129

»Frauen gemeinsam sind stark« - unter diesem Motto fanden sich in Frankfurt über 500 Feministinnen aus 20 Ländern ein, um zum »Jahr der Frau« der Vereinten Nationen Aktionsprogramme vorzubereiten. Die Kongreßteilnehmerinnen protestierten in einer Resolution an UNO-Generalsekretär Waldheim gegen die drei Hauptziele dieses UNO-Jahres - Gleichberechtigung, Entwicklung, Frieden -, da diese die bisherigen Machtverhältnisse nur unterstützen, aber nicht verändern könnten. Mehrere Projektgruppen erarbeiteten in Frankfurt Pläne für Gegenaktionen im kommenden Jahr. Foto: Inge Werth

25J Internationaler Frauenkongreß in Frankfurt/M. 1974 130 Dokumentation

Zu/h oLer Frau

Frankfurlcr f*auenJ

Die Vereinten Nationen haben das kommende Jahr Waldheim geschickt wurde. In dieser Resolution 1975 zum »Jahr der Frau« bestimmt. Ziel der kom- heißt es: »Wir lehnen die erklärten 3 Hauptziele des menden Aktivitäten soll sein »Beseitigung der »Jahres der Frauc Gleichberechtigung, Entwick- Frauendiskriminierung«. Die Bundesregierung hat lung und Frieden ab. Diese Ziele bedeuten eine zur Unterstützung dieser Aktivitäten ein Kuratori- Integration der Frauen in die bestehenden sozio- um gebildet, dem SO Vertreter aus sog. »gesell- ökonomischen Strukturen und Machtverhältnisse. schaftlich relevanten Gruppen« angehören. Rele- Wir wollen diese Strukturen und Verhältnisse än- vant für den Abbau der Frauendiskriminierung sind dern - nicht unterstützen. Wir erheben den Vorwurf, z.B. der kath. Bischof Heinrich Tenhumberg, der daß viele wichtige Frauenprobleme für >das Jahr protestantische Bischof Hermann Kunst, Kurt Neu- der Frau< gar nicht erst vorgesehen sind: das Be- wald vom Zentralrat der Juden in Deutschland, der wußtsein der Frauen, die Kontrolle über den eige- Präsident des Deutschen Bauernverbandes, der Prä- nen Körper einschließlich der Abtreibung, die sident der Bundesvereinigung der Deutschen Ar- Sexualität der Frau einschließlich der lesbischen beitgebe rverbände Hans-Martin Schleyer, der Prä- Beziehungen, die Geschichte und Kultur der Frau. sident des Deutschen Landkreistages, die Intendan- Schon aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen ten des ARD und des ZDF, die männlichen und der Diskriminierung von Frauen in der UNO Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, selbst sprechen wir ihr die Fähigkeit ab, die Sache der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft, des Be- der Frauen zu fördern.« amtenbundes usw. Natürlich auch 29 Frauen. Dar- Die 500 Frauen teilten sich in ganze 15 Ar- unter u.a. die Vorstandsdamen des ehrwürdigen beitsgruppen auf. Das waren u.a.: Frauenrats und eine Vertreterin der »neuen« deut- schen Frauenbewegung (eine Vertreterin, trotz — Wir und die UNO mehr als 200 aktiver Frauengruppen in der BRD), — Frauendiskriminierung und Rechtsprechung die Berliner Filmemacherin und Mitglied von Brot — Lohn für Hausarbeit und Rosen, Heike Sander. Sie sagte bei der konsti- — Frau und Medizin tuierenden Sitzung: »Dieses Kuratorium nimmt kei- — Frauenlohnarbeit ne Kenntnis von den Analysen und Kämpfen der Frauenbewegung. Es (das Kuratorium) besteht aus — Lesbianismus Vertretern solcher Machtgruppen, die für die Auf- — Situation von Müttern rechterhaltung der Unterdrückung der Frau verant- — Frauenstudium wortlich sind.« Dieses frauenfeindlich besetzte — Frauenkultur Kuratorium kann unmöglich ein Gremium für die Abschaffung der Unterdrückung der Frau sein. — Internationale Tribunale — Frauen und Medien Zwei Tage vorher - am 15. bis 17. 11. 74 - — Frauen in der Dritten Welt fand in Frankfurt ein internationaler Feministin- nen-Kongreß mit 500 Teilnehmerinnen aus 20 Na- — Feministische Therapie tionen statt. Unter dem Motto »Frauen gemeinsam — Quatschgruppen (»consciousness raising«) sind stark« und »Ohne Frauen keine Revolution« — Organisation internationaler Kommunikation sollte hier ein Aktionsprogramm für das Jahr 1975 erarbeitet werden. Hier wurde u.a. eine Resolution verabschiedet, die an den UNO-Generalsekretär

26) Internationaler Frauenkongreß in Frankfun/M. 1974 Dokumentation 13!

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Es waren etwa 500 Frauen da, Ver- werden.Ich war im Arbeitskreis "Situa- treterinnen aue Dänemark, Holland, drei tion of mothers". Ideen für konkrete italienische Gruppen, mehrere englische Aktionen wurden dort zwar durchdis- Gruppen, die zwar alle aus London kamen, kutiert, man konnte sich auf konkre- aber voneinander nichts wußten, viele te Empfehlungen Jedoch nicht einigen, französische Frauen, Amerikanerinnen, weil gerade den Muttern in ihrer Situa- Spanierinnen, also wirklich weltweit. tion mit Kind und meistens Mann/Vater Dann extrra Feministinnen, die nur noch das rechte Eingebettetsein in der Frau- Beziehungen unter Frauen gelten lassen enbewegung fehlt. Folgende Aspekte: wollen und Stahilisation durch Liebe für » Vor den traditionelle« Normen der einen Kann als Möglichkeit nicht sahen, Männer "fliehen"sie häufig in die bis zu den gemäßigteren, meistens Müttern Frauenbewegung und wollen dort zu- wie ich, die für ihre Kinder und sich nkchst mal nicht in ihrer Mutter- als emotionale Bezugspersonen Männer, rolle angesprochen werden. (Erho- Väter, Geliebte auch weiterhin sehen wol- lungsfunkt i on) len. Die Tendenz der Abspaltung, gerade beim Frankfurter Frauenzentrum, scheint * Sie geraten voll in den Normen- bevorzustehen, wenn die extremen Femi- druck der Frauenbewegung, daß es nistinnen nicht bereit sind, umzudenken. eigentlich überholt ist, fest mit - Ich persönlich fände das im Sinne einer * M&nnern zusammenzuleben. internationalen, solidarischen Frauen- Von Kindarn ist in der Frauenbe- bewegung sehr schade.- wegung kaum die Rede, weil bisher die wenigen Mütter sich mit ihren Was mir am ersten Abend aufgefallen ist, Problemen nicht einbringen. im Gegensatz auch zu Kongressen, bei * In der Bewegung und jeder einzelnen denen hauptsächlich Männer vorhanden Mutter spiegelt sich die Kinder- sind: feindlichkeit der Gesellschaft wie- » Die Organisation war sehr flexibel der. und paßte sich den jeweils ver- Frauen vermitteln nur die Sorgen änderten Bedürfnissen an, z.B.: mit Kindern, Freuden wollen sie als am Freitagabend Studenten in nicht teilen. der Universität keinen Platz für Empfehlungen und Forderungen: ein Holger-Keins-Teach-in bekamen, 1) Frauen als MUtteraollen auch positi- waren alle Frauen bereit, den für ve Seiten des Kinderkriegens -habens den Kongreß bereitgestellten Saal vermitteln und Eifersüchte und Besitz- im Studentenhaus zur Verfügung zu denken bezüglich anderer geliebter Be- stellen. zugspersonen, z.B. in Wohngemeinschaf- » Freude, Fröhlichkeit, große emo- ten, abbauen. tionale Offenheit, kein Konkur- 2) Abbau der Tabuisierung bei Geburten, renzdenken und große Toleranz Väter, Freunde sollen bei der Geburt auch beim Fest am Samstag Abend. dabei sein, Hausgeburten. * Nicht so starke Selbstdarstellungs- 3) Kollektives Leben in Wohngemein- zwänge (Monologisieren) wie Männer schaften positiv erlebbar machen. es oft zeigen. 4) Kampagnen gegen Frauenbild in Me- *• Konzentriertes Zuhören, meistens dien und Werbung führen. Toleranz, auch entgegengesetzten 5) Bürgerinitiativen für Kinderkrippen Meinungen gegenüber (außer bei ex- -läJen , Abenteuer-Spielplätze grob- tremen Feministinnen) und dankba- zügig unterstützen. res Aufgreifen von Argumentations- hilfen, die Situation als Frau be- treffend, - von daher standige Be- reitschaft, eigenen Standpunkt zu Ujtu. oW o2f. A . jy+Y revidieren, zu verändern. obvd Jt Großes Bedürfnis nach theoreti- schem Aufarbeiten für Frauenrolle - Diskriminierung, Unterdrückung durch Männernormen und geschichtliche Ent- wicklung - großer Schriftenstand dazu von "Frauenstaat" bis zum^ "Mythos vom vaginalen Orgasmus . Die Ergebnisse der im Programm aufge- führten Arbeitskreise sollen vielleicht in einem Buch bzw. Paper zusammengefaßt

(27) Eindrücke vom internationalen Frauenkongreß in Frankfurt 1974 132 Dokumentation

28) Internationaler Frauenkongreß in Paris 1977

Internationaler Frauenkongreß in Paris 1977 Dokumentation 133

Kongresse in Paris und Amsterdam i Internationale Kongresse der Frau- ten, von Ergebnissen und Methoden. folgung von Vergewaltigung in der enbewegung hatte es seit dem Wir weigern uns, das zu tun. Wir wollen Ehe ermögliche. In der Praxis könne nicht wie irgendein militanter Politi- dieses Gesetz - so die Erfahrung - Brüsseler Treffen über Gewalt ge- scher reden, wir haben uns hier nicht jedoch kaum angewandt werden, weil gen Frauen nicht mehr gegeben. wiedererkannt, wir haben nichts von ein Zeuge verlangt werde. Strategisch Das Interesse an einer internatio- der Praxis wiedererkannt, die wir in stelle sich der Frauenbewegung nun nalen Koordination der Frauenbe- unseren Gruppen haben. Köpfe ohne die Flage, ob sie dieses Gesetz unter- wegung, einem Erfahrungsaus- Körper." War der Erfahrungsaustausch stützen solle oder ob sie - wie die in den Arbeitsgruppen noch nützlich, Italienerinnen vorschlugen - Frauen- tausch mit Frauen anderer Linder weil viele Frauen zu Wort kamen, un- gerichte einrichten sollte. war aber seit Brüssel gewachsen. terschiedliche Erfahrungen besprochen Eine Frau aus Kamerun berichtete So kamen denn auch Pfingsten wurden, drehten die Veranstalterinnen in derselben Gruppe, daß sich in ganz mehr als 4.000 Frauen aus allen im Plenum kurzerhand das Mikrofon Zentrilafrika die Repression besonders Lindern nach Paris, kamen auf ei- heraus, erklarten die Veranstaltung aus auf Frauen konzentriere. Es sei normal, ,.technischen Gründen" für beendet, als daß eine Frau, die in ein Krankenhaus nen Kongreß, zu dem feministi- ihnen die Kritik zu massiv wurde, gar als oder auf eine Behörde müsse, vergewal- sche Sozialistinnen aufgerufen hat- nacheinander eine englische Prostituier- tigt werde. Daß sie zur Prostitution ten. te und eine schwarze Lesbe das Mikro- gezwungen und in die BRD als Barfrau- fon erkämpften und die gesamte italie- en verkauft werden. Weil die Frauen in 800 Frauen allein aus der Bundesre- nische Delegation auf dem Podium ihren Ländern keine Rechte hätten publik. Abgeschirmt durch weibliche demonstrierte. Zu Worte kamen statt- schlössen sie sich den radikalsten Be- Ordner tummelten sich nur Frauen in dessen - und das ausführlich - die of- freiungsbewegungen an. Wenn Frauen der Universität von Vincennes - mal fiziellen Berichte über die Arbeitsgrup- demonstrierten, würde auf sie als erste abgesehen von einem Tontechniker, der pen, die fast ausschließlich wieder die geschossen. Allein 1977 seien 2.000 die Simultanübersetzungen koordinier- Linie der Veranstalterinnen trugen, Frauen ab 14 iahren verhaftet worden te, und für den unter den Frauen so nicht zuletzt, weil die Frauen der Frau- und in Konzentrationslager gesteckt, wo schnell kein Ersatz gefunden werden enbewegung nicht wußten, daß es auf sie mit Elektroschocks an der Brust und konnte. Formal also war es ein Kon- solchen Kongressen wichtig ist, wer den in der Vagina gefoltert wurden. Viele greß von Frauen für Frauen. Mit Män- Schlußbericht macht, und nicht damit wurden von 20 30 Militärs nacheinan- nern mußten wir uns auf diesem Kon- rechneten, daß Gegen Positionen aus den der vergewaltigt. Hunderte von Gefan- greß nicht direkt auseinandersetzen, Arbeitsgruppen gar nicht oder entstellt genen seien mit einem in der BRD ent- wohl aber mit dem, was sie in den Köp- wiedergegeben werden könnten. So wickelten Fahrstuhl ertränkt worden. fen der Frauen angerichtet hatten. Da- konnten auch die Lesbierinnen als Bei dieser Unterdrückung sei es nicht mit, daß sie bereit waren, Frauenkämp- Vertreterinnen des Klassenkampfes richtig, über Klitorisbeschneidung zu fe für andere politische Ziele zu instru- statt des Frauenkampfes dargestellt sprechen, nicht darüber, ob die Arbeiter mentalisieren. So war es das erklärte werden. die Arbeiterinnen, die Bauern die Bäue- Ziel der Veranstalterinnen, die über- rinnen, oder die Studenten die Studen- wiegend der 4. Internationale angehör- tinnen unterdrückten, sondern darüber, ten, ,,die Kämpfe der Frauen zu ver- Der Gruppe Lohn für Hausarbeit daß solche Folterungen möglich seien, einheitlichen und sie zu einem Be- sollte zunächst kein eigener Beitrag ge- weit Länder wie die BRD die Unterdrük- standteil der Arbeiterbewegung zu ma- geben werden, weil die Arbeitsgruppe kung in diesen Ländern direkt oder chen". Und: „Sie (die Veranstalterin- gegen Lohn für Hausarbeit schon ge- indirekt unterstützen. Eine andere Afri- nen) beabsichtigten damit einen Aus- sprochen habe. Als Selma James in kanerin meinte, es sei wichtiger, daß tausch mit anderes Tendenzen, die sich ihrem Bericht schließlich noch sagte, die Frauen erst einmal die Wurzel ihrer in den verschiedenen Lindern von den die um Streiks so bemühten Teilneh- Unterdrückung erkennen, daß sie lesen .Radikalfeministinnen' abgrenzen, in- merinnen des Kongresses befänden und schreiben lernen, ehe sie sich auf- dem sie das Verhältnis der autonomen sich bereits im Streik gegen Hausar- grund ihres Einflusses der Weißen, Bewegung zu den politischen Parteien, beit, daß die Frauen sich nicht chari- der ehemaligen Kolonialherren um Gewerkschaften, den Arbeiter- und Ar- tativ der Arbeitslosen annehmen soll- Klitorisbeschneidung und Sexualität beiterin nenkämpfe problematiaieren." ten, sondern erst einmal dafür sorgen kümmerten. Viele der Anwesenden Die Überlegungen der versammelten sollten, daß die Frauen für ihre Arbeit waren so betroffen über den Grad der Frauen sollten dahingehen, „wie die Lohn und damit auch das Privileg einer Unterdrückung, daß sie nicht mehr Arbeiterbewegung in ihrer Gesamtheit Arbeitslosenunterstützung erhielten, fragten, ob der Kampf der Afrikani- daran teilnehmen kann." und daß wir - die Frauen - selbst schen Frauen nicht doch in die Gefahi die Arbeiterklasse seien, schlug ihr geriete nur eine andee, neue Männer- eine Welle des Protestes entgegen. Nach Paris kamen aber nicht nur die herrsctlaft zu errichten, unter der die Es sei doch unglaublich, daß eine erwarteten 500-1.000 Frauen, die sich Unterdrückung der Frauen andauert. einzige Frau einen ganzen Kongreß von den Radikalfeministinnen abgren- Und ob die Befreiung der Frauen in so durcheinander bringen könne. Afrika nicht das Ziel haben müsse, sie zen, sondern auch die; von denen sie von jeder Unterdrückung - auch der sich abgrenzen wollten, bildeten selbst Aus den zahlreichen Berichten über durch Küche, Kinder, Koitus zu befrei- Gruppen zu den im Gewerkschaf ts- Gewalt gegen Frauen aller Länder en. Uns scheint, indem wir den Frauen und Betriebsprogramm nicht vorge- möchten wir zwei wichtige Frage- dort anderes zumuteten, daß sie sich sehenen Themen wie Selbsthilfe und stellungen hervorheben. mit weniger zufrieden geben sollten, Lesbische Sexualität. Kritisierten - so In der AG Gewalt gegen Frauen als wir selbst, daß wir uns in diesem eine Italienerin - den gesamten Ansatz berichteten Australierinnen, daß bei Augenblick unbewußt rassistisch ver- des Kongresses: „Sie fordern von uns ihnen auf Druck von Rechtsanwal- halten haben. eine Bestandsaufnahme über unsere tinnen ein Gesetz durchgesetzt wor- Situation in Begriffen von Organisier- den sei, das die strafrechtliche Ver- 134 Dokumentation

Nach dem Treffen der feministi- Sie wollten Übernachtung verweigern auf an. jeder würde glauben, es sei schen Sozialistinnen trafen sich So wurden eiligst dicke Seile in allen von ihrem Freund. Als Noreen sich Stockwerken an den Fenstern befestigt weigerte, wurde sie vergewaltigt Sie in Amsterdam die sozialistischen und die Frauen, die nicht in Privathäu; wehrte sich und tötete ihn. Noreen Feministinnen. Gespannt auf den sem untergebracht werden konnten, wurde tu 7 Jahren Gefängnis verur- Unterschied fuhren wir hin. Be- breiteten sich unter dem Dach aus. teilt Das Gericht Noreen hätte langst reits in Paris hatten wir von der An Organisation hatte es nicht ge- zur Polizei gehen können, sie aber sei Kritik der HoUftnderinnen erfah- mangelt. Jede Frau wußte gleich, an seit Jahren eine willige Partnenn gewe- wen sich wenden, diejenigen mit einem sen. Zur Verteidigung von Noreen ren und warum sie an dem Treffen lila Band im Haar gaben Auskunft und zur Wiederaufnahme des Prozes- in Vincennes nicht teilnehmen über die genauen Essenszeiten, die ses hat sich in Amsterdam ein Komi- wollten. Sie waren mit dem ein- Schlafplätze und die Arbeitsgruppen tee gebildet, das über Veröffentli- geschrinkten Thema in Paris nicht Nach dem Einführungsplenum am chungen, Unterschriftensammlun- einverstanden: nächsten Morgen (ca. 200 Frauen) gen und Protestbriefe eine Öffentlich- wurde in Kleingruppen über den keit herstellen will. >tStand der Frauenbewegung" in den (Adresse: Noreen Winchester Com- „Wir wollen einen Austausch, der verschiedenen Ländern berichtet, vor mittee, Gerolaan 5 2 Zeist, Holland. über den Vorschlag der Französinnen allem über die Zusammenarbeit ver- Spenden an: Stichtsse Bond&spaarbank, hinausgeht, die überwiegend auf ein schiedener Gruppen innerhalb der Panweg 6 Zeist Holland Nr. 232/86. Konzept festgelegt sind, das von zuviel Frauenbewegung und mit Gewerk- 72.06.489/004 t.a.v. H.J.Th. MöllerJ Ideen unserer männlichen Genossen schaften gesprochen. Auch über Anar- geprägt wird, die entscheiden, was po- chismus und Feminismus und über Uns schienen die Unterschiede der litisch ist und was nicht, und daß es un- Sexualität und Klassenkampf. Treffen von Amsterdam und Paris nicht deutlich genug. Wie in Paris ter den sozialistischen Feministinnen Kieingruppca bchemchicn._das .ge- wurden auch in Amsterdam die alten viele Strömungen gibt, die aber bei dem samte Treffen. Jede Frau sollte zu Analysen gebraucht, über das Stück Vorbereitungstreffen in London nicht Wort kommen können. Jeder, die Tesafilm, mit dem der Feminismus anwesend waren (weil sie nicht wollten etwas zu lange sprach, wurde das an die sozialistische Theorie geklebt oder nicht eingeladen waren). So be- Wort abgeschnitten. Darüber wach- wurde, kamen wir kaum hinaus. Mit haupten wir, die Masse der Frauen, die ten die Amsterdamerinnen genau. Zu dem Unterschied, daß das divide et an einem internationalen Treffen inter- Kontroversen kam es so nicht. Auch impera (teile und herrsche) in den essiert ist, will nicht an einem Treffen nicht dann, wenn Frauen in der Ge- kleinen Frauengruppen das offene teilnehmen, das - trotz seiner Wich- werkschaftsgruppe berichteten, was für Auseinandersetzen um die Differen- tigkeit, von Anfang an beeinflußt ist ein Fortschritt es doch sei, daß in ihrer zen in der Frauenbewegung erschwer- von einer einzigen Strömung. Wir neh- linken Organisation endlich ein Frauen- te, ja fast verhinderte. Es gab Aggres- men deshalb nicht daran teil, sondern referat eingerichtet sei und daß sie in sionen. Aber sie wurden nicht offen rufen auf zu einem Treffen in Amster- unendlicher Mühe, ständig unter Ter- diskutiert. Aufgefangen durch die dam am 3.--S. Juni." minknappheit leidend, die Informatio- Harmonie der Feste, der Musik, des nen, die sie in der Frauenbewegung Und: ,,Wir müssen neudefinieren, Tanzens und Theaterspielens. Viele erhält, in ihre linke Gruppe trägt und was Politik ist und was nicht. Wir ha- waren begeistert. Fühlten sich wohl umgekehrt. Niemand fragt nach einer ben angefangen, die Verbindung von und gut aufgehoben. Wir auch. Und Parteilichkeit. Einer weißen Bolivianerin Kapitalismus und Patriachalismus zu doch fragen wir uns besorgt, ob wir wurde applaudiert, als sie ausrührte, daß erkennen... die marxistische Theorie uns nicht doch zu leicht haben zufrie- aufgrund der Repression, der Kampf mit läßt jedoch einiges beiseite. Zum Bei- denstellen lassen. Fragen wir, ob wir den unterdrückten Männern zusammen- spiel: es besteht ein Widerspruch zwi- die positiven Erfahrungen, die wir aus geführt werden müsse. schen Lohnarbeit und Kapital, es be- dem Beisammensein mit Frauen an- steht aber auch ein Widerspruch zwi- derer Länder machen konnten, ausrei- schen Hausarbeit und Lohnarbeit. Dieselbe unbewußte Diskriminierung chend genutzt haben. Unsere Kritik Frau/man kann nicht einfach die alten wie in Paris. Und auch Helen Bucking- soll verbessern, soll niemanden zurück- linken Analysen gebrauchen und daran ham, die englische Prostituierte, die halten, zum nächsten internationalen mit etwas Tesafilm ein Stückchen schon in Paris ums Mikrofon kämpfen Kongreß nach England zu fahren - Feminismus ankleben... der Sozialis- mußte, kam in Amsterdam im Plenum im Gegenteil: im nächsten Jahr sollten mus ist eine Voraussetzung, aber keine gar nicht zu Wort. Betroffen waren wir wir mehr und besser vorbereitet sein. Garantie für die Befreiung der Frau... durch ihre Frage, was denn mit ihr die Frauen brauchen nicht die Parolen nach der sozialistisch feministischen Traude Bührmann der Arbeiterklasse, jedoch eine neue oder aber feministisch-sozialistischen Sibylle Plogstedt Organisationsform auf der Basis ihrer Revolution geschehe - ob ihr dann Erfahrungen und Bedürfnisse... Wir wie heute in England - Gefängnis (Diesem Bericht lagen neben unseren können nicht wählen zwischen dem drohe. eigenen Erfahrungen auf beiden Kon- Kampf gegen den Kapitalismus oder gressen zahlreiche Diskussionen mit gegen das Patriarchat, weil wir auch Wie in Pans wurden uns auch in Am- Frauen aus England, den USA sowie nicht die Wahl haben wie wir unter- sterdam einzelne Fälle einer unfaßbaren schriftliche Berichte von Frauen aus drückt werden." So weit die hollän- Unterdrückung vorgeführt. Diesmal aus Berlin, Düsseldorf und Frankfurt zu- dische Absage für Paris. Irland: Noreen war 13 als ihre Mutter grunde). starb. Ihr Vater vergewaltigte sie nach Im Amsterdamer Frauenzentrum trafen dem Tod der Mutter ständig - mit der In Berlin stellen Frauen die Proto- nach und nach die Frauen aus England, Drohung, er werde sie und ihre kleine- kolle und Arbeitsergebnisse des Pariser Dänemark, Belgien, Portugal, Italien ren Geschwister töten, falls sie die Poli- Frauentreffens zusammen. Kontakt- ein. Im alten brandgefährdeten Holz- zei hole. Als Noreen 1976 heiraten adresse : Gisela Orlowski, Fürbringer- haus. Morsche Feuerleitern hatten die wollte, wollte ihr der Vater noch ein straße 20 a, 1 Berlin 61, Tel.: 030/ Sicherheitsbehörden skeptisch gemacht. Kind machen. Es käme ja nicht dar- 693 14 81.

30) Internationale Frauenkongresse in Paris und Amsterdam ¡977 Dokumentation 135

mit den iranischen Frauen zu diskutieren. Die Vi- Weltfrauenkonferenz in etnamesinnen bildeten kleine Demonstrationszüge Kopenhagen 1980 mit Transparenten gegen die offizielle Delegation Kambodschas: »Pol Pot - Mörder«, Palästinense- rinnen und Israelinnen beschimpften sich oder ließen sich gegenseitig nicht zu Wort kommen. Während Ukrainerinnen vor dem Gebäude hunger- Euphorie und streikten, während eine der russischen Feministin- nen vor dem Bella-Center gegen ihre Zwangsaus- Enttäuschung weisung protestierte, versicherten Frauen der So- wjetunion und Osteuropas den ununterbrochenen In der Königlichen Bibliothekarsschule gab es für Fortschritt der Frauenemanzipation in ihren Län- die 8000 Teilnehmerinnen des NGO-Forums, d. h. dern. (...) der »non-govemmental organizations«, der nicht- Die Diskussion zwischen den Vertreterinnen offiziellen, nur 600 Plätze. Trotzdem wird hier die unterschiedlicher politischer Anschauungen war »alternative« Frauenkonferenz der UN eröffnet. nicht einfach. Von Seiten westlicher Feministinnen Wir versuchen, einen Platz zu bekommen, drängeln wurden auch Fehler gemacht: das Interesse an den mit Frau von Meibohm (gleich 10 Millionen Frauen Iranerinnen beschränkte sich auf den Tschador als oder: Deutscher Frauenrat) um die Wette, staunen, Symbol einer neuen Unterdrückung, und die Afri- als sie Männer beschimpft, die vor uns hineinkom- kanerinnen beklagten sich, daß sich die westlichen men. Anders die offizielle UN-Konferenz, die im Feministinnen nur noch für ihre Genitalien interes- Bella-Center von Sicherheitskraften systematisch sierten, nicht aber dafür, ob Hungersnot herrsche, abgeschirmt wird. Hier haben 2000 Regierungsver- ob Frauen täglich 20 bis 30 km laufen müßten, um treter/innen Platz. Hier können Frau Marcus, Frau überhaupt an Wasser zu kommen, und ob grundle- Sadat sicherer als in ihren eigenen Ländern reden, gende sanitäre Einrichtungen für Kranke vorhanden hier ist der Skandal schon da, wenn Leila Khaled seien. Die westliche Kampagne gegen Klitorisbe- den Saal verläßt, weil Frau Sadat oder die israeli- schneidung würde in ihren Ländern als eine kultur- sche Delegierte reden. (...) imperialistische Einmischung verstanden, die ihnen Während die Regierungsdelegationen ihre Ver- selbst keinen Spielraum mehr ließe, sich dagegen fahrensfragen regeln, die Präsidentenehefrauen - zu wehren. (...) hier immer »First Ladies« genannt - im Plenum die Daß die politische Beteiligung von Frauen Größe ihrer Gatten darbringen und auch die Ex- nicht nur ein quantitatives Problem ist, zeigte die Astronautin Tereshkova Leonids Gruß liest, beginnt offizielle UN-Konferenz. Denn hier gab es zwar auf der »alternativen« Konferenz die erste der über 885 Frauendelegierte gegenüber 281 Männerdele- 1200 Arbeitsgruppen. Wir versuchen, uns zurecht- gierten, 110 Delegationen wurden von Frauen ge- zufinden, Strukturen zu entdecken: in einem Teil fuhrt und 23 von Männern (zu den letzten gehörte der Kopenhagener Universität sind die feministi- natürlich die BRD), .aber: die Frauen in den Dele- schen Workshops zusammengefaßt: über Prostituti- gationen sprachen fast ausschließlich für ihre Re- on, Lesben, feministische Zeitungen, Gesundheit, gierungen. (...) Selbsthilfe, Gewalt gegen Frauen. Ein Teil der Die belgischen Delegierten erreichten es im- Gruppen trifft sich Uber einen längeren Zeitraum, merhin, daß noch zwei Tage vor Konferenzschluß um feste Kommunikationsnetze zu knüpfen: die die Männer ihrer Delegation »nur« als Berater tätig Vertreterinnen der Frauenstudien, die eine interna- sein durften und nicht mehr, wie bis dahin, als tionale Organisation gründen wollen; die feministi- stimmberechtigte Delegierte. Auf das abschließen- schen Verlage, die die Übersetzungsrechte besser de Aktionsprogramm dürfte das aber kaum noch koordinieren wollen. Eine Menge neuer Impulse, Einfluß gehabt haben: denn wie die einzelnen De- auf die die Teilnehmerinnen der einzelnen Lander legationen zu stimmen hatten, erfuhren sie telefo- gar nicht so schnell antworten können: kann z.B. nisch aus ihren jeweiligen Außenministerien. Au- eine internationale Nachrichtenagentur von Frauen stralische Frauen waren in Tränen aufgelöst, als sie feministischen Zeitungsprojekten helfen, oder rich- von ihrem Muß-Nein zum Aktionsprogramm erfuh- tet sie sich gegen diese, weil Frauenprojekte sich ren. Die BRD enthielt sich bei der Abstimmung, Femschreiber und Telexgebühren nicht leisten kön- wie alle EG-Staaten, »wegen der Gleichsetzung nen, die Nachrichten also letztendlich nur an bür- von Zionismus und Rassismus«, weil die Verurtei- gerliche Medien gehen würden? (...) lung des Zionismus nicht mit der Israel-Politik der Die internationalen Spannungen der offiziellen BRD übereinstimmte. (...) UN-Konferenz kamen auf der »alternativen« Kon- Im Aktionsprogramm heißt es: »Die Ungleich- ferenz viel direkter zum Ausbruch - gingen nicht heit, die die große Mehrheit der Frauen der Welt in Zeremonien und Abstimmungsmaschinerien un- betrifft, ist eng verknüpft mit den Problemen der ter. So versuchte die ehemalige Kongreßabgeord- Unterentwicklung, die hauptsächlich aus dem un- nete aus USA, Bella Abzug, die Geiselfrage direkt gerechten System der Weltwirtschaft entsteht.« Im- 136 Dokumentation

perialismus, Kolonialismus, Neo-Kolonialismus soll von 1985 bis 1995 stattfinden. Für diese Dis- werden historisch allein für die immer schlechter kussionen auf den nächsten Konferenzen sollten werdende Lage der Frauen verantwortlich gemacht. wir uns aber besser vorbereiten. Aus den westeuro- Grundlage des Aktionsprogramms ist also keines- paischen Staaten, ausgenommen Dänemark, waren wegs eine Analyse des Patriarchats. Die »Gruppe relativ wenige Feministinnen auf der Konferenz an- der 77«, der - überwiegend blockfreien - Staaten, zutreffen. Die Gespräche waren weitgehend be- weigerte sich z. B , das Wort Sexismus als Form der stimmt von den amerikanischen Feministinnen, die Diskriminierung von Frauen neben Rassismus und sich seit Mexiko jedes Jahr getroffen haben. Zionismus in das Programm aufzunehmen. Es Und wir müssen der Bundesregierung auf die taucht im verabschiedeten Aktionsprogramm nur Finger schauen, ob sie z. B. die »Konvention gegen als Fußnote auf: daß die Diskriminierung aufgrund die Diskriminierung der Frauen«, die sie in Kopen- des Geschlechts in einigen Ländern mit Sexismus hagen unterschrieben hat, in Bonn auch ratifiziert, bezeichnet wird. Es finden sich im Programm eine denn erst, wenn mindestens 20 Länder diese Rati- Menge an Fordeningen, die es auch in der BRD erst fizierung auch vorgenommen haben, erlangt die durchzusetzen gilt: gleicher Lohn für gleichwertige Konvention Gesetzeskraft - erst dann kann gegen Aibeit, Verbesserung der gesundheitlichen Lage der ihre Nichteinhaltung zur Not auch geklagt werden. Frauen, gleicher Lehrstoff für Jungen und Mäd- Wir müssen durchsetzen, daß wir - anders als chen, um nur einige zu nennen. (...) bei dieser Kopenhagen-Konferenz - vor Nairobi Bei all dem sollen sich die Regierungen auch besser informiert werden und daß möglichst vielen auf die Beteiligung aus autonomen Frauengruppen Frauen die Teilnahme durch finanzielle Zuschüsse stützen, da selbst die UN anerkennen muß, daß ein erleichtert wird. Deshalb sollten alle Frauen, die in Großteil der Anstöße für Veränderungen aus den Kopenhagen waren, auf einer ersten »Vorkonfe- »grass-roots-organizations« (Graswurzelorganisa- renz« im Rahmen der Sommeruni im Oktober aus- tionen) kommt. Die Diskussion über Formen der führlich berichten. Diskriminierung, die Ursachen der Diskriminie- Sybille Plogsledt rung, wird international weitergeführt werden. Für Barbara Rosenberg 1985 ist eine Folgekonferenz in Nairobi vorge- Barbara Weber schlagen, und auch eine zweite Dekade der Frauen

(3l) Internationaler Frauenkongreß Kopenhagen 1980