Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Verkehrswissenschaftliche Untersuchung im Auftrag des Regionalverbandes Schwarzwald-Baar-Heuberg und der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg

März 2010

Herausgeber: Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg

Bearbeitung: Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln 1 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

2 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Verkehrswissenschaftliche Untersuchung im Auftrag des Regionalverbandes Schwarzwald-Baar-Heuberg und der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg

März 2010

Herausgeber: Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg

Bearbeitung: Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln 1 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Impressum

Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Verkehrswissenschaftliche Untersuchung im Auftrag des Regionalverbands Schwarzwald-Baar-Heuberg und der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg

März 2010

Herausgeber, Copyright:

Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg Johannesstraße 27, 78056 Villingen-Schwenningen Telefon: 0 77 20 / 97 16 - 0, Telefax: 0 77 20 / 97 16 - 20 e-mail: [email protected]

Bearbeitung: Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln

Druck: Selbstverlag 4  Veraltete Zahlen führen zu falschen Schlussfolgerungen!

Als die Bundesregierung am 2. Juli 2003 den derzeit noch gültigen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) beschloss, war das ihm zugrunde liegende verkehrsplanerische Zahlenmaterial schon im wahrsten Sinne „in die Jahre gekommen“. Man war schließlich auch schon über zwei Jahre in Verzug, denn der aktuelle BVWP 2003 gilt für den Zeitraum 2001 bis 2015. Auch aus regionalplanerischer Sicht sind uns damals einige Ungereimtheiten aufgefallen, weshalb wir gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg eine kritische Überprüfung der Bewertungsmethodik beim Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln in Auftrag gegeben haben. Diese Studie wurde dann 2004 veröf- fentlicht und in unseren Gremien ausführlich beraten.

Da sich gezeigt hatte, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der Bewertungsmethodik des BVWP gute Argumente für das Voranbringen verschiedener Straßenbauprojekte in un- serer Region ergibt, haben wir im vergangenen Jahr das gleiche Institut erneut mit einer Ak- tualisierung des Zahlenmaterials beauftragt, auch dieses Mal wieder gemeinsam mit der In- dustrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg. Die Ergebnisse sind zum Teil sehr beeindruckend: So steigt beispielsweise das Nutzen-Kosten-Verhältnis für den zweiten Bauabschnitt der B 523 Villingen-Schwenningen von 3,3 (BVWP 2003) auf 5,2 (neue Be- rechnung).

Die jetzt vorliegende Studie zeigt aber noch weitere Schwächen im Bewertungsverfahren des BVWP 2003 auf. So ist beispielsweise die Methodik der sogenannten Raumwirksam- keitsanalyse kritisch zu hinterfragen. Bei der Bewertung von Verkehrsinvestitionen nicht nur monetäre Aspekte sondern auch raumordnerische Zielvorgaben zu berücksichtigen, ist zweifellos sehr sinnvoll. Wenn aber großräumige Verkehrsverbindungen im Zuge von Lan- desentwicklungsachsen von fünf möglichen Punkten keinen einzigen erhalten, dann kann hier etwas nicht stimmen (zum Beispiel B 14 Spaichingen und B 523 Villingen- Schwenningen).

Mit der jetzt vorliegenden Aktualisierung unserer Studie erhalten wir gute Argumente für die weitere Diskussion über den Ausbau der Bundesfernstraßen in unserer Region. Diese Ar- gumente kommen genau zum richtigen Zeitpunkt, denn in diesem Jahr soll der BVWP über- prüft und der Investitionsrahmenplan für die nächsten fünf Jahre fortgeschrieben werden.

  Jürgen Guse Rainer Kaufmann Verbandsvorsitzender Verbandsdirektor

6 Das von der Industrie- und Handelskammer und dem Regionalverband Schwarzwald-Baar- Heuberg beim Verkehrswissenschaftlichen Institut der Universität in Köln in Auftrag gegebe- ne Verkehrsgutachten soll neuen Schwung in die Debatte um den Ausbau regionaler Bun- desstraßen und in die Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplans bringen.

Das vorliegende Gutachten zeigt, dass die aufgeführten Bauprojekte in den Landkreisen Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis von durchschnittlich 3,3 Euro aufweisen. Das bedeutet, dass jeder eingesetzte Euro einen volks- wirtschaftlichen Nutzen von 3,3 Euro ergibt, der sich in Zeitersparnis, Unfallvermeidung und geringerer Schadstoffbelastung ausdrückt.

Für die exportorientierte High Tech- und Tourismusregion Schwarzwald-Baar-Heuberg, mit zum Teil weltbekannten Clustern und Destinationsmarken, ist eine gut ausgebaute Straßen- verkehrsinfrastruktur zugleich Lebensader und Standortfaktor. Unsere Unternehmen stehen in einem zunehmenden Wettbewerb, in dem die schnelle Er- reichbarkeit und der zuverlässige sowie kostengünstige Transport von Gütern zu immer wichtigeren Faktoren werden. Darüber hinaus hängen die Arbeitsplätze der Menschen in unserer ländlichen Region direkt von einer guten Straßeninfrastruktur ab. Deshalb ist der Straßenausbau ein entscheidender Faktor für die Zukunft der Region.

Zahlreiche regionale Ausbauprojekte – Lückenschluss B 523 / B 33, Talumfahrung Schram- berg – warten schon seit über 30 Jahren auf Ihre Umsetzung. In Anbetracht der leeren öf- fentlichen Kassen dürften noch viele weitere Jahre bis zum Baubeginn vergehen. Diese Zeit- dimensionen sind in Anbetracht eines steigenden Verkehrsaufkommens* nicht zumutbar und deshalb genügt die Straßeninfrastruktur den heutigen Anforderungen eines zeitgemäßen Personen- und Güterverkehrs nicht mehr. Schließlich darf der fehlende Straßenverkehrsaus- bau nicht auf Kosten der Mobilität und Lebensqualität künftiger Generationen der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg gehen.

Wir wünschen uns als Vertreter der Menschen und Unternehmer der Region Schwarzwald- Baar-Heuberg ein konzertiertes Bemühen aller Beteiligten für eine schnelle Realisierung der vorliegenden Bauprojekte. Denn nur gemeinsam können wir der Region ein Gesicht für die Zukunft geben.

Thomas Albiez Hauptgeschäftsführer der IHK Schwarzwald-Baar-Heuberg

* ITP / BVU, Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025, München / 2007, S. 4.

7  Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Verkehrswissenschaftliche Untersuchung im Auftrag des Regionalverbandes Schwarzwald-Baar-Heuberg und der Industrie- und Handelskammer Schwarzwald-Baar-Heuberg

Prof. Dr. Herbert Baum Dr. Torsten Geißler

Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln

Köln 2009 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis 11 Tabellenverzeichnis 12

1. Problemstellung und Ziel der Untersuchung 13

2. Das Bundesfernstraßennetz in der Region 15 Schwarzwald-Baar-Heuberg 2.1 Abgrenzung des Untersuchungsraums 15 2.2 Bundesverkehrswegeplan als Grundlage der Ausbauplanungen 17 2.3 Dringlichkeitseinschätzung und Umsetzungsstand der Ausbaupro- 22 jekte in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

3. Methodisches Vorgehen der Untersuchung 24 3.1 Übersicht 24 3.2 Analyse der Verkehrsverhältnisse 24 3.3 Analyse der Kapazitätsauslastung des Straßennetzes 26 3.4 Nutzen-Kosten-Analyse der erwogenen Ausbaumaßnahmen 28

4. Verkehrsbelastung und Kapazitätsauslastung der 33 Bundesstraßen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg 4.1 Verkehrsbelastung im Ausgangsfall (2005) 33 4.2 Verkehrsbelastung im Prognosefall (2025) 35 4.3 Entwicklung der Kapazitätsauslastung 39

5. Nutzen-Kosten-Ergebnisse für die Ausbauvorhaben in der 41 Region Schwarzwald-Baar-Heuberg 5.1 Untersuchte Maßnahmen 41 5.2 Aktualisierung der Maßnahmenkosten 42 5.3 Wirtschaftlichkeit des Gesamt-Ausbaus in der Region 43 5.4 Wirtschaftlichkeit der Einzelmaßnahmen 45 5.5 Sensitivität der Bewertungsergebnisse 61

6. Folgerungen und Handlungsempfehlungen 63

Literaturverzeichnis 67

10 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Lage des Untersuchungsraums 16 Abbildung 2: Stellung der Nutzen-Kosten-Analyse in der BVWP 19 Abbildung 3: Übersicht über das Vorgehen der Untersuchung 24 Abbildung 4: Standardisierte Tagesganglinie für Pkw und Lkw 27 Abbildung 5: Positionierung des Straßenverkehrssimulationsmodells 29 innerhalb der Nutzen-Kosten-Analyse Abbildung 6: Regional differenzierte Bevölkerungsprognose 2025 36 Abbildung 7: Gründe für die Bevölkerungsentwicklung bis 2025 37 Abbildung 8: Verteilung der Ausbaunutzen (in Mio. EUR/Jahr) nach 44 Bewertungskomponenten Abbildung 9: Ausbau der B 27 – Hüfingen 45 Abbildung 10: Ortsumgehungen Behla, Zollhaus und Randen (B 27) 47 Abbildung 11: Ortsumgehung Schramberg (B 462) 48 Abbildung 12: Neubau der B 523 bei Villingen-Schwenningen (2. BA) 50 Abbildung 13: Ortsumgehung Spaichingen (B 14) 53 Abbildung 14: Ortsumgehung Rietheim-Weilheim (B 14) 54 Abbildung 15: Ausbau der B 27 Balingen – Rottweil (OU Neukirch) 56 Abbildung 16: Ausbau der B 31 Döggingen – Hüfingen 57 Abbildung 17: Ortsumgehung Immendingen (B 311) 58 Abbildung 18: Ortsumgehung Schönwald (B 500) 60 Abbildung 19: Sensitivität der Nutzen-Kosten-Ergebnisse am Beispiel 62 des Ausbaus der B 27 Donaueschingen - Hüfingen

11 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Bewertungsergebnisse des BVWP 2003 für die Straßenaus- 23 baumaßnahmen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg Tabelle 2: Kapazitätsgrenzen auf Bundesfernstraßen (in Fz/h) 26 Tabelle 3: Maximale Aufnahmefähigkeit der Straßenabschnitte 27 (in Fz/24h, beide Richtungen) Tabelle 4: Kostensätze zur Bewertung der Nutzenkomponenten 30 Tabelle 5: Verkehrsbelastung der Netzabschnitte im Ausgangsfall (2005) 34 Tabelle 6: Sozio-demograf. Rahmendaten der Verkehrsprognose 2025 35 Tabelle 7: Verkehrsbelastung der Netzabschnitte im Prognosefall (2025) 38 Tabelle 8: Kapazitätsauslastung der Netzabschnitte im Ausgangsfall 40 (2005) und Prognosefall (2025) Tabelle 9: Dringlichkeitseinstufung der Ausbauvorhaben (2004) 41 Tabelle 10: Aktuelle Projektkosten der Ausbauvorhaben in der Region 43 Schwarzwald-Baar-Heuberg Tabelle 11: Nutzen-Kosten-Ergebnis für die bewerteten Ausbaumaßnah- 44 men in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg Tabelle 12: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den vierstreifigen Ausbau der 46 B27 Donaueschingen – Hüfingen Tabelle 13: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehungen 47 Behla, Zollhaus und Randen (B 27) Tabelle 14: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung 48 Schramberg (B 462) Tabelle 15: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Neubau der B 523 in 50 Villingen-Schwenningen (2. Bauabschnitt) Tabelle 16: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung 53 Spaichingen (B 14) Tabelle 17: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung Riet- 55 heim-Weilheim (B 14) Tabelle 18: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Ausbau der B 27 Balingen – 56 Rottweil (OU Neukirch) Tabelle 19: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den vierstreifigen Ausbau der 57 B31 Döggingen – Hüfingen Tabelle 20: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung 59 Immendingen (B 311) Tabelle 21: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung 60 Schönwald (B 500) Tabelle 22: Übersicht über die Nutzen-Kosten-Verhältnisse des Bundes- 63 straßenausbaus in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg Tabelle 23: Bedeutung der Standortfaktoren – Ergebnisse einer Unter- 65 nehmensbefragung im Oberbergischen Kreis

12 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

1. Problemstellung und Ziel der Untersuchung

Neben der Lagegunst und der Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte stellt die Ausstattung mit Verkehrsinfrastruktur einen wesentlichen Potentialfaktor im Standortwettbewerb der Regionen in der Europäischen Union dar. Verkehrswe- ge verändern die regionale Zugänglichkeit und damit die Marktgröße. Über die Transportkosten für Personen und Güter beeinflussen die Verkehrswege die Attraktivität der Regionen und die Teilhabe am Wohlstand. Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur fließen als öffentlicher Input in die volkswirtschaftlichen Leistungsprozesse ein und erhöhen die Produktivität der ansässigen Wirtschaft. Eine generelle Unterversorgung mit Verkehrswegen und unvollständige Verbin- dungen schwächen hingegen die Anbindungsqualität der Region und behindern die Mobilität sowohl von Personen als auch Gütern im Raum. Eine bedarfsge- rechte Verkehrsinfrastruktur ist daher unabdingbare Voraussetzung, um Wachs- tum und Beschäftigung in der Region zu sichern.

Der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur ist eine verkehrsträgerübergreifende Auf- gabe, da Mobilität nur im Zusammenwirken aller Verkehrsträger gesichert wer- den kann. Gleichwohl kommt der Straßeninfrastruktur aufgrund des hohen Anteils des Straßenverkehrs an den Verkehrsleistungen aller Verkehrsträger eine besondere Bedeutung zu. Auf den Verkehrsträger Straße entfallen im Jahr 2005 rund 80% der Verkehrsleistungen (Personenkilometer) im Personen- verkehr und 70 % der Verkehrsleistungen (Tonnenkilometer) im Güterverkehr.1

Mit dem Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP-2003) hat die Bundesregie- rung im Jahr 2003 den aktuell gültigen Planungsrahmen für die Bundesfern- straßen, Bundesschienenwege und Bundeswasserstraßen bis zum Jahr 2015 beschlossen.2 Im Nachgang sind das Bundesschienenwege- und Fernstraßen- ausbaugesetz geändert worden, wodurch diese Teile des Bundesverkehrswe- geplans Gesetzeskraft erhalten.3 Seither wurden in Deutschland zahlreiche Pro- jekte realisiert. Im kleinräumigen Maßstab gilt dies auch für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. In Tuttlingen ist der Kreuzstraßentunnel in Bau, für die Ortsumgehung Dunningen ist jüngst der Spatenstich erfolgt.

1 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.), Verkehr in Zah- len 2008/2009, Hamburg 2008, S. 210ff. 2 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bundesverkehrswegeplan 2003, Berlin 2003. 3 Deutscher Bundestag, Erstes Gesetz zur Änderung des Bundesschienenwegeausbau- gesetzes, BGBl I, Nr. 49 vom 21.09.2004; Fünftes Gesetz zur Änderung des Fernstra- ßenausbaugesetzes, BGBl I, Nr. 54 vom 04.10.2004. 13 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Das Institut für Verkehrswissenschaft an der Universität zu Köln (IfV Köln) hat bereits im Jahr 2004 den Ausbauszustand des Straßennetzes in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg verkehrswissenschaftlich untersucht.4 Das Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es, eine aktuelle Beurteilung der Straßenaus- bauvorhaben in der Region unter verkehrsökonomischen, netzkonzeptionellen und regionalökonomischen Gesichtspunkten vorzunehmen. Die Untersuchung bietet daher die Gelegenheit, die erzielten Fortschritte bei der Realisierung ei- nes leistungsfähigen Fernstraßennetzes in der Region zu würdigen und zu- gleich auf noch anstehende Aufgaben zu verweisen. Dies erfolgt auf der Basis aktualisierter Erkenntnisse über die zu bewältigenden Verkehrsmengen, die Kosten der Ausbauvorhaben usw.

Im Rahmen einer vorausschauenden Verkehrsinfrastrukturplanung ist das Straßennetz punktuell zu erweitern, um bestehende Lücken im Straßennetz zu schließen, drohende Engpässe zu vermeiden und die Belastungswirkungen des Verkehrs (Unfälle, Umweltbelastung) im Innerortsbereich zu verringern. Im Ver- lauf der Studie wird geprüft, ob sich daraus neue Erkenntnisse hinsichtlich der Dringlichkeitseinstufung des regionalen Ausbaubedarfs im Bundesverkehrswe- geplan (Vordringlicher Bedarf, Weiterer Bedarf) ergeben.

Das Vorgehen der Studie erfolgt in folgenden Schritten. Zunächst wird das Bundesfernstraßennetz in der Region dargestellt. Anschließend wird der me- thodische Rahmen der Untersuchung skizziert. Aufbauend auf der Analyse der sozio-demografischen Rahmendaten wird die gegenwärtige Verkehrsbelastung in der Region auf das Jahr 2025 fortgeschrieben. Die Gegenüberstellung mit der Kapazität der Verkehrswege ermöglicht die Identifikation etwaiger Engpäs- se. Als Maßgröße für die Diagnose von Engpässen dient die prozentuale Kapa- zitätsnutzung in der Spitzenstunde. Die Beurteilung der Realisierungswürdigkeit der Projekte erfolgt anhand von Nutzen-Kosten-Analysen, die gegenüber dem Bundesverkehrswegeplan 2003 und der IfV Köln-Studie aus dem Jahr 2004 aktualisiert wurden hinsichtlich der zugrunde liegenden Verkehrsmengen und der Ansätze zur monetären Bewertung der Wirkungen. Abschließend werden die quantitativen Ergebnisse der Untersuchung im Kontext einer erweiterten ökonomischen Betrachtung (räumliche Zugänglichkeit, Standortwirkungen, Ar- beitsplätze) beurteilt. Auf dieser Basis werden Handlungsempfehlungen für die regionalen Akteure abgeleitet.

4 Baum, H., Geißler, T., Schulz, W.H., Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, Stellungnahme zur Projekteinstufung im Bundesverkehrs- wegeplan 2003, Köln 2004. 14 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

2. Das Bundesfernstraßennetz in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

2.1 Abgrenzung des Untersuchungsraums

Den Untersuchungsraum der vorliegenden Studie stellt die Region Schwarz- wald-Baar-Heuberg dar. Die Region liegt im südlichen Baden-Württemberg. Sie umfasst das Gebiet der Landkreise Rottweil und Tuttlingen sowie den Schwarzwald-Baar-Kreis. Zusätzlich wird die Trasse der B 27 von Rottweil nach Balingen (Zollernalbkreis) in die Analyse einbezogen. In der Region leben na- hezu 500.000 Einwohner auf einer Fläche von rund 2.500 km2. Mittelpunkt der Region und mit mehr als 80.000 Einwohnern zugleich größte Stadt ist Villingen- Schwenningen. Sie stellt das regionale Oberzentrum dar. Mittelzentren in der Region sind die Städte Donaueschingen, Rottweil, Tuttlingen und Schramberg. Abbildung 1 stellt die Lage der Region innerhalb von Baden-Württemberg sowie die regionalen Ober- und Mittelzentren dar.

Das verkehrliche Rückgrat der Region bildet die Bundesautobahn A 81 Stutt- gart-Singen. Sie ist aufgrund ihrer Lage Teil bedeutender europäischer Trans- portkorridore, die Deutschland mit der Schweiz und Italien verbinden. Die Bun- desautobahn A 864 erfüllt dem gegenüber als Verbindung zwischen der A 81 und der B 27 vorwiegend regionale Verkehrsfunktionen.

Die Verkehrsbelastung der Bundesautobahnen in der Region ist mit Durch- schnittlichen Täglichen Verkehrsstärken zwischen 30.000 und 40.000 Fahr- zeugen pro Tag und Güterverkehrsanteilen um 15% als moderat einzustufen. Derzeit ist aus regionaler Sicht kein Ausbaubedarf zu sehen, so dass die Bun- desautobahnen im Folgenden nicht weiter Gegenstand der Untersuchung sind.

Anders stellt sich die Situation bei den Bundesstraßen dar. Die verkehrliche Erschließung der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg erfolgt vor allem über das Bundesstraßennetz. Insgesamt verfügt die Region über ein Netz von Bun- desstraßen mit einer Länge von rund 330 km. Die Bundesstraßen übernehmen für Berufspendler und Güterverkehr wichtige Zubringer- und Erschließungsfunk- tionen. Mit den Bundesstraßen B 31 und B 311 ist die Region Teil der Verkehrs- und Entwicklungsachse Freiburg-Ulm. In west-östlicher Richtung verlaufen zu- dem die Bundesstraßen B 33 und B 462, während die Bundesstraßen B 14, B 27 und B 500 die Region in nord-südlicher Richtung durchziehen.

15 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 1: Lage des Untersuchungsraumes

Quelle: Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg, Landesentwicklungsplan 2002 Baden-Württemberg (LEP 2002), Stuttgart 2002.

Zur Wahrnehmung der Erschließungsfunktion müssen fehlende Straßenzüge (B 523 im Bereich Villingen-Schwenningen) vervollständigt werden und die Bundesstraßen über ausreichende Kapazitäten verfügen. Im Durchschnitt sind die Bundesstraßen in der Region mit mehr als 11.000 Fahrzeugen pro Tag be- lastet. Einzelne Streckenabschnitte werden aber wesentlich stärker befahren, so dass es mittelfristig – unter Berücksichtigung des zu erwartenden Verkehrs- wachstums – insbesondere im Bereich von Ortsdurchfahrten zu Kapazitätseng- pässen kommen wird.

16 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

2.2 Bundesverkehrswegeplan als Grundlage der Ausbauplanungen

Die Bundesverkehrswegeplanung ist eine wichtige Grundlage der Verkehrspoli- tik. Aufgabe des Staates ist es, die langfristige Entwicklung der Verkehrswege zu planen, um damit ein annäherndes Gleichgewicht von Infrastrukturkapazität und Nachfrage nach Verkehrsleistungen sicher zu stellen. Der Bund als Eigen- tümer der Bundesfernstraßen (Bundesautobahnen und Bundesstraßen) und Bundeswasserstraßen ist nach dem Grundgesetz für Neu- und Ausbau sowie Ersatz und Erhaltung der Verkehrswege zuständig. Im Bereich der Schienen- infrastruktur erstrecken sich die Aufgaben des Bundes unmittelbar auf die Fi- nanzierung der Neu- und Ausbauten sowie der Ersatzinvestitionen, während die Aufgabe der Unterhaltung des Netzes von der Deutschen Bahn AG als Eigen- tümer der Infrastruktur wahrgenommen wird. Anspruch der Bundesverkehrswe- geplanung ist eine „Planung aus einem Guss“. Dies bedeutet, dass die Pla- nung über alle Verkehrsträger und Regionen integriert erfolgt auf der Basis ei- ner gemeinsamen Verkehrsprognose sowie unter Berücksichtigung der Wech- selwirkungen zwischen den Verkehrsträgern und den Auswirkungen anderer verkehrspolitischer Maßnahmen.

Der Bundesverkehrswegeplan wird in größeren zeitlichen Abständen fortge- schrieben: zuletzt 2003, zuvor 1992. Die Datengrundlagen des BVWP-2003 sind damit inzwischen rund 10 Jahre alt. Die Fortschreibung beinhaltet Ver- kehrsprognosen, die den veränderten verkehrlichen Rahmenbedingungen in Deutschland Rechnung tragen. Gleichzeitig wird in einem solchen Prozess die Bewertungsmethodik grundlegend überarbeitet und modernisiert. Der insge- samt achtstufige Prozess hat sich bei der Vorbereitung des BVWP-2003 über rund vier Jahre erstreckt.5 Mit der Veröffentlichung erster Prognosen für das Jahr 2025 hat vor zwei Jahren ein neuer Fortschreibungszyklus begonnen.6

Unterhalb der Ebene der Langfristplanung des BVWP werden die Bauvorhaben im Investitionsrahmenplan für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes ver- kehrsträgerübergreifend konkretisiert. Der aktuell gültige Investitionsrahmen läuft bis zum Jahr 2010.7 Im neuen Investitionsrahmenplan 2011 bis 2015 wer- den die Projekte enthalten sein, die der Bund bis 2015 finanzieren will.

5 Vgl. Gehrung, P., Gutknecht, J., Schüller, U., Weber, R., Generalverkehrsplanung für Deutschland – Der neue Bundesverkehrswegeplan 2003 (BVWP 2003), in: Internationa- les Verkehrswesen, 55. Jg. (2003), Heft 11, S. 516. 6 Vgl. ITP / BVU, Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025, Mün- chen / Freiburg 2007. 7 Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Investitionsrahmenplan bis 2010 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes (IRP), Berlin 2007. 17 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Die Bundesverkehrswegeplanung soll gewährleisten, dass eine bestmögliche Aufteilung der knappen Finanzierungsmittel auf die vorgeschlagenen Ver- kehrsinfrastrukturprojekte erfolgt. Hierzu wird eine gesamtwirtschaftliche Bewer- tung aller erwogenen Projekte vorgenommen, die nach einheitlichen Maßstäben die Bauwürdigkeit und Dringlichkeit der Maßnahmen festlegt.8

Die standardisierte Bewertungsmethodik des Bundesverkehrswegeplans besteht aus einer Nutzen-Kosten-Bewertung der erwogenen Projekte. Flankiert wird dieses Verfahren von einer Raumwirksamkeitsanalyse und einer Umweltri- sikoeinschätzung (vgl. Abbildung 2):

 Nutzen-Kosten-Analysen übertragen die Grundprinzipien betriebswirtschaftli- cher Investitionsrechnungen auf die gesamtwirtschaftliche Ebene. Ihnen liegt die Fragestellung zugrunde, ob es sinnvoll ist, öffentliche Projekte zu realisie- ren, die der Privatwirtschaft finanzielle Ressourcen entziehen. Es ist daher zu prüfen, ob sich der Einsatz finanzieller Mittel für die Gesellschaft lohnt, d.h. die Maßnahme zu einer Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt beiträgt. Nutzen-Kosten-Analysen kommt in Deutschland eine erhebliche Bedeutung zu, weil ihre Anwendung bei großen Investitionsmaßnahmen – wie etwa Pro- jekten aus dem Bundesverkehrswegeplan – gesetzlich vorgeschrieben ist.9

 Konzeptionell werden im Rahmen von Nutzen-Kosten-Analysen alle positiven und negativen Wirkungen der Investition erfasst, unabhängig davon, ob sie bei dem Investor oder bei Dritten anfallen. Doppelzählungen der Wirkungen dürfen nicht vorkommen. Die Wirkungen, die sich auf unterschiedliche physi- sche Dimensionen (u.a. Zeitbedarf, Kraftstoffverbrauch, Verkehrssicherheit, Schadstoff- und Klimabelastung) erstrecken, werden in einem einheitlichen monetären Maßstab ausgedrückt. Nutzen und Kosten werden über die ge- samte Lebensdauer der Investition summiert und auf ein einheitliches Basis- jahr (Zeitpunkt der Investition) abgezinst. Dies ist erforderlich, weil Nutzen und Kosten zu unterschiedlichen künftigen Zeitpunkten anfallen. Im Ergebnis stellt sich eine Investition dann als vorteilhaft dar, wenn die Summe der be- werteten Nutzen größer ist als die gesamtwirtschaftlichen Kosten. In diesem Fall liegt eine positive Nutzen-Kosten-Differenz bzw. ein Nutzen-Kosten- Verhältnis, welches größer als 1 ist, vor.

8 Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bundesverkehrswegeplan 2003 – Grundzüge der gesamtwirtschaftlichen Bewertungsmethodik, Berlin 2002. 9 Die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung von Nutzen-Kosten-Analysen ist in § 7 Bundeshaushaltsordnung und § 6 Haushaltsgrundsätzegesetz kodifiziert. Vgl. Bundes- ministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bundesverkehrswegeplan 2003, Berlin 2003, S. 3. 18 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 2: Stellung der Nutzen-Kosten-Analyse in der BVWP

Raumwirksamkeitsanalyse

Verteilungs- und Entlastungs- und Entwicklungsziele Verlagerungsziele

Nutzen-Kosten-Analyse

Umweltrisikoeinschätzung

Quelle: Eigene Darstellung nach Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Woh- nungswesen, Grundzüge der gesamtwirtschaftlichen Bewertungsmetho- dik..., a.a.O., S. 19.

 Mit dem Bewertungsmodul der Raumwirksamkeitsanalyse wird die Berück- sichtigung raumordnerischer Wirkungen in der Bundesverkehrswegeplanung gestärkt. Die Notwendigkeit hierzu ergibt sich u.a. aus den Beiträgen der Verkehrswegeinvestitionen zur Verbesserung der Erreichbarkeit und der Verbesserung des Arbeitsplatzangebotes in strukturschwachen Räumen. Obwohl einzelne räumliche Wirkungen bereits im Rahmen der Nutzen- Kosten-Analyse erfasst werden (regionale Beschäftigungseffekte aus dem Bau und Betrieb von Verkehrswegen, Beiträge zur Förderung internationaler Beziehungen), ist das Verfahren zur raumordnerischen Bewertung von Pro- jekten aus der Nutzen-Kosten-Analyse herausgelöst worden.10 In der Raum- wirksamkeitsanalyse werden Verteilungs- und Entwicklungswirkungen (u.a. flächendeckende Teilhabe der Bevölkerung an der Mobilität, Auslösung von Entwicklungsimpulsen für benachteiligte oder zurückgebliebene Teilräume) sowie Entlastungs- und Verlagerungswirkungen (u.a. Entlastung verkehrlich hoch belasteter Räume und Korridore, lokale Entlastungswirkungen in be- bauten Gebieten) berücksichtigt. Hinter der Analyse steht im Grunde ein Punkte-System, welches die oben skizzierten Aspekte der Raumwirksamkeit miteinander verbindet. Die Skala erstreckt sich zwischen 0 und 5 Punkten, die in einem weiterführenden Schritt der Ergebnissynthese mit den Nutzen- Kosten-Ergebnissen zusammengefasst werden. Diese Zusammenfassung beeinflusst die Projekteinstufung, indem Projekte mit besonders hoher Raumwirksamkeit in der Einstufung bevorzugt werden.

10 Vgl. Staats, J.-U., Gehrung, P., Der Bundesverkehrswegeplan 2003: Grundlage für die räumliche Verteilung der Verkehrsinfrastrukturinvestitionen des Bundes, in: Informatio- nen zur Raumentwicklung, Heft 5/2003, S. 328. 19 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

 Ökologische Konflikte werden im Rahmen der Umweltrisikoeinschätzung do- kumentiert und bewertet. Im ersten Schritt wird im Rahmen eines Früherken- nungssystems geprüft, ob durch die Maßnahmenrealisierung Flora-Fauna- Habitat (FFH)-Gebiete, EU-Vogelschutzgebiete oder andere schutzwürdige Naturräume tangiert werden. Das Ergebnis dieses Screenings ist eine Maß- zahl (Wertebereich 1,0 bis 4,0), die die Häufung ökologischer Konflikte aus- drückt. Für alle Projekte mit einer Ordnungszahl von 2,0 oder geringer wird nachfolgend eine vertiefende Umweltrisikoeinschätzung vorgenommen. Wird im Rahmen dieser Einschätzung ein hohes oder sehr hohes Risiko festge- stellt, begründet dies einen besonderen naturschutzfachlichen Planungsauf- trag im Rahmen der Linienbestimmung, des Entwurfs und der Planfeststel- lung, so dass ökologische Belastungen minimiert werden können. Die Ein- schätzung des Umweltrisikos wird nicht mit den Ergebnissen der anderen Bewertungsmodule (Nutzen-Kosten-Analyse, Raumwirksamkeitsanalyse) zu- sammengeführt, weil dies den Besonderheiten der umwelt- und naturschutz- fachlichen Risikobewertung nicht gerecht wird.11 Insofern entscheidet die Umweltrisikoeinschätzung zwar nicht über die grundsätzliche Frage der Auf- nahme eines Projektes in den Bundesverkehrswegeplan, kann aber zu spür- baren Verzögerungen in der Projektumsetzung führen.

Das Vorgehen der BVWP ist nicht unumstritten, sondern es gibt eine Vielzahl von methodischen Einwänden und Verbesserungsvorschlägen:12

 Mit dem methodischen Kern der Nutzen-Kosten-Analyse gehört die Bundes- verkehrswegeplanung zu den Verfahren, die die volkswirtschaftliche Rentabi- lität der Maßnahmen zum Kriterium erhebt. Dieser Kern ist im Bewertungs- verfahren für den BVWP 2003 erhalten geblieben. Das Bewertungsspektrum wird mit Raumwirksamkeitsanalyse und Umweltrisikoeinschätzung signifikant erweitert und zu einem im Grunde nutzwertanalytischen Verfahren fortentwi- ckelt, welches durch die Transformation zu Skalenbeiträgen die „harte“ Nut- zen-Kosten-Aussage relativiert. Zweckmäßiger wäre es, die Bewertung wie früher ausschließlich auf Nutzen-Kosten-Basis vorzunehmen. Raumwirksam- keit und Umweltrisikoeinschätzung stellen dann ergänzende Wirkungsdimen- sionen dar, die als eigenständige Beurteilungsmaßstäbe neben die Nutzen- Kosten-Aussage treten.

11 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bundesverkehrswe- geplan 2003 – Grundzüge…, a.a.O., S. 60. 12 Vgl. die zusammenfassende Kritik in Baum, H., Geißler, T., Schulz, W.H., Ausbau der Straßeninfrastruktur…, a.a.O., S. 18ff. und Baum, H., Kernthesen zur Bundesverkehrs- wegeplanung 2003, Planungsmethode und Ergebnisse, Frankfurt/Main 2003. 20 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

 Der erstmalig im BVWP berücksichtigte induzierte Verkehr wird ausschließ- lich nutzenmindernd interpretiert. Dies ist kritisch zu hinterfragen. Durch den Verkehrswegeausbau werden die Raumüberwindungskosten gesenkt, und es rechnen sich zusätzliche Verkehrsaktivitäten. Diese verkehrserleichternde Wirkung ist ausdrückliches Ziel von Infrastrukturmaßnahmen. Insofern besitzt der induzierte Verkehr eine nutzensteigernde Wirkung.

 Im Rahmen des BVWP-Verfahrens kommt es zu Doppelerfassungen. Die verbesserte Erreichbarkeit, die im Verteilungs- und Entwicklungsziel der Raumwirksamkeitsanalyse beurteilt wird, ist durch den Ansatz von Zeitge- winnen bereits in der Nutzen-Kosten-Analyse berücksichtigt.

 Das Bewertungsverfahren berücksichtigt bisher nicht die besondere topogra- fische Situation von Mittelgebirgsregionen. Straßenbaumaßnahmen in diesen Gebieten erfordern häufig aufwendigere und teurere konstruktive Lösungen (Tunnel, Brücken). Durch die Berücksichtigung eines Topografiefaktors auf der Kostenseite könnte diese Benachteiligung beseitigt werden.

 Indem sie auf die Strukturschwäche eines Raumes als wesentliches Beurtei- lungskriterium abzielt, bevorzugt die Raumwirksamkeitsanalyse Projekte in den neuen Bundesländern. Bei vergleichbaren Erreichbarkeitsverbesserun- gen werden diese in der Raumwirksamkeitsanalyse mit einer höheren Punkt- zahl bewertet als Projekte in den meisten Räumen der alten Bundesländer.

 Die vordringliche Realisierung bauwürdiger Projekte (Nutzen-Kosten- Verhältnis größer als 1) steht zudem unter dem Generalvorbehalt der Finan- zierbarkeit. Im Bundesverkehrswegeplan 1992 hat dies zur Definition eines Schwellenwertes für das Nutzen-Kosten-Verhältnis geführt, indem nur Pro- jekte mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis größer als 3 in den Vordringlichen Bedarf (VB) aufgenommen wurden. Bereits damals konnten volkswirtschaft- lich rentable Projekte mit Nutzen-Kosten-Verhältnissen zwischen 3 und 1 aufgrund der Knappheit der Finanzmittel nicht zeitnah realisiert werden. Im BVWP 2003 wird indes kein fester Schwellenwert ausgewiesen, sondern auf das verfügbare Budget verwiesen. Es zeigt sich allerdings, dass auch der ak- tuelle BVWP erheblich unterfinanziert ist. Im Zeitraum von 2001 bis 2006 ist das Investitionsvolumen um 3,7 Mrd. EUR hinter den Planansätzen zurück- geblieben. Auch die höheren Einnahmen aus der Lkw-Maut vermögen diesen Effekt bisher nicht zu kompensieren.13

13 Vgl. Hartwig, K.H. et al., Bedeutung der Infrastrukturen im internationalen Standortwett- bewerb und ihre Lage in Deutschland, Münster 2008, S. 32. 21 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

2.3 Dringlichkeitseinstufung und Umsetzungsstand der Projekte in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit, Raumwirksamkeit und Umweltverträglichkeit der zur Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan vorgeschlagenen Projekte führt zu einer Einstufung in verschiedene Dringlichkeitsstufen. Dies ist erfor- derlich, da das Investitionsvolumen der vorgeschlagenen Projekte die Finanzie- rungsmöglichkeiten bis zum Jahr 2015 bei weitem übersteigt.14

 Der Vordringliche Bedarf umfasst die Maßnahmen, die mit den in den Jahren 2001 bis 2015 voraussichtlich verfügbaren Finanzierungsmitteln abzüglich der Mittel für die Erhaltung des Netzes gebaut werden können. Für diese Maßnahmen besteht ein uneingeschränkter Planungsauftrag. Der Vordringli- che Bedarf umfasst laufende und fest disponierte Vorhaben sowie neue Vor- haben. Zu den neuen Vorhaben zählen die Maßnahmen, die im Zuge der Projektbewertungen eine hohe gesamtwirtschaftliche Rentabilität und/oder raumordnerische Bedeutung nachgewiesen haben. Die Umweltrisikoein- schätzung führt zu einer besonderen Kennzeichnung innerhalb der Dringlich- keitsstufe. Als ergänzende Kriterien für die Einstufung werden der Planungs- stand der Maßnahmen und netzkonzeptionelle Überlegungen herangezogen.

 Die Einstufung als Weiterer Bedarf erhalten Projekte, deren gesamtwirt- schaftliche Rentabilität nachgewiesen ist, die aber aufgrund des Finanzrah- mens bis 2015 nicht realisiert werden können. In begründeten Fällen (z.B. der netzkonzeptionellen Bedeutung) können Planungen allerdings weiter be- trieben werden. Diese Projekte werden als WB* besonders gekennzeichnet.

In der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg sind insgesamt 16 Ausbauvorhaben (zum Teil gebündelt) in den Bundesverkehrswegeplan 2003 aufgenommen worden. Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse der Projekteinstufung mit den zu- grunde liegenden Analyseergebnissen. Die aufgenommenen Projekte erzielen im Vergleich zu den Ausbaukosten einen im Durchschnitt dreimal so hohen ge- samtwirtschaftlichen Nutzen.

In der Zwischenzeit sind verschiedene Maßnahmen in der Region Schwarz- wald-Baar-Heuberg abgeschlossen bzw. begonnen worden. Der Stand der Realisierung stellt sich wie folgt dar:15

14 Vgl. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bundesverkehrswe- geplan 2003, Berlin 2003, S. 51ff. 15 Vgl. Regierungspräsidium Freiburg, Planungsstand und Kostenaktualisierung für die Ver- kehrsprojekte in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, Information vom 02.07.2009. 22 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Tabelle 1: Bewertungsergebnisse des BVWP 2003 für die Straßenaus- baumaßnahmen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Dringlichkeit des Vorhabens Projekt NKA RWA URE Laufende und fest B 31 OU Döggingen ------disponierte Vorhaben Neue Vorhaben B 27 Donaueschingen – Hüfingen 3,3 0 F B 27 OU Behla, Zollhaus, Randen 3,4 1 F* B 311 Tuttlingen (Kreuzstraßentunnel) ------B 311 OU Neuhausen ob Eck 2,6 2 F Vordringlicher Bedarf Bedarf Vordringlicher B 462 OU Dunningen 4,5 1 3 Neue Vorhaben mit B 462 OU Schramberg 2,5 1 F* Planungsrecht („WB*“) B 523 Villingen-Schwenningen (2. BA) 3,3 0 F Neue Vorhaben B 14 OU Spaichingen 4,7 0 F B 14 OU Rietheim – Weilheim 3,7 3 F B 27 Balingen-Rottweil (OU Neukirch) 3,0 3 4

Weiterer Bedarf Weiterer Bedarf B 31 Döggingen – Hüfingen 1,6 1 3 B 311 OU Immendingen 2,8 2 3 NV m. hohem ökol. Risiko B 500 OU Schönwald 1,9 0 5 Quelle: Baum, H., Geißler, T., Schulz, W.H., Ausbau der Straßeninfrastruktur…, a.a.O., S. 26.

 Die Ortsumgehung Döggingen im Zuge der B 31 wurde fertig gestellt. Auch die B 311 im Bereich Möhringer Vorstadt (Tuttlingen) wurde umgebaut.

 Begonnen wurde im Jahr 2007 mit dem Bau des Kreuzstraßentunnels in Tuttlingen. Mit der Fertigstellung ist im Jahr 2013 zu rechnen. Zur gleichen Zeit soll die Ortsumgehung Neuhausen (B 311) fertig gestellt sein. Mit diesen Maßnahmen werden die Fernverkehrsströme der B 14 und B 311 im Raum Tuttlingen umfassend neu geordnet. Im September 2009 erfolgte ferner der Spatenstich für die Ortsumgehung Dunningen (B 462).

 Die anderen Vorhaben des Vordringlichen Bedarfs (alle im Zuge der B 27) befinden sich in der Vorentwurfsplanung bzw. im Planfeststellungsverfahren. Der Ausbau zwischen Donaueschingen und Hüfingen ist Teil des Investiti- onsrahmenplans des Bundes bis zum Jahr 2010.

 Für die WB*-Projekte Ortsumgehung Schramberg (B 462), Neubau der B 523 im Bereich Villingen-Schwenningen und Ortsumgehung Spaichingen (B 14, auch als WB* gelistet) liegt Planungsrecht vor.

 Für die übrigen Vorhaben liegt kein Planungsrecht vor.

23 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

3. Methodisches Vorgehen der Untersuchung

3.1 Übersicht

Die Untersuchung des Straßeninfrastrukturausbaus beruht auf einer Analyse der gegenwärtigen und künftigen Verkehrsverhältnisse (Stärke und Zusammen- setzung des Verkehrs) in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Darauf auf- bauend wird untersucht, wie sich die Kapazitätssituation der Straßeninfrastruk- tur darstellt. Außerdem bilden die Verkehrsdaten die Grundlage für die Durch- führung der Nutzen-Kosten-Analysen für die geplanten Ausbauprojekte. Die ermittelten Nutzen-Kosten-Verhältnisse werden abschließend mit den Bewer- tungsergebnissen der BVWP verglichen, um auf diese Weise Empfehlungen für eine modifizierte Dringlichkeitseinstufung der Projekte geben zu können. Abbil- dung 3 gibt einen Überblick über den Ablauf der Untersuchung.

Abbildung 3: Übersicht über das Vorgehen der Untersuchung

Analyse der Maximale Kapazitäts- Kapazitäts- Aufnahmefähigkeit auslastung der der Bundesfernstraßen Netzabschnitte auslastung

Ausbau- Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region ge- vorhaben mäß Bundesverkehrswegeplan 2003 – (Bau von des BVWP

den Bundesfernstraßen den Bundesfernstraßen Ortsumgehungen, Erweiterung von Bundesstraßen) Verkehrsverhältnisse auf Verkehrsverhältnisse Ausbau- maßnahmen

Wirkungen des Ausbaus Nutzen- Kosten- Analyse Monetarisierung der Wirkungen Kosten des des (Ermittlung der Nutzen) Ausbaus Ausbaus

Nutzen-Kosten-Verhältnis

Quelle: Eigene Darstellung.

3.2 Analyse der Verkehrsverhältnisse

Die Abbildung der Verkehrsverhältnisse in der Region erfolgt auf der Grundlage aktueller Daten aus Verkehrszählungen für das Netz der Bundesfernstraßen.

24 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Straßenverkehrszählungen werden in einem regelmäßigen fünfjährigen Turnus durchgeführt. Die neuesten verfügbaren Daten für das Gesamtnetz der Region beziehen sich auf das Jahr 2005.16 Mit Hilfe dieser Daten kann eine differenzier- te Darstellung der regionalen Verkehrsbelastung erfolgen. Des Weiteren wur- den kommunale Verkehrsuntersuchungen für Villingen-Schwenningen, Do- naueschingen, Spaichingen, Schramberg und Immendingen in die Erfassung der verkehrlichen Ausgangslage einbezogen.17

Leitdaten für die Beurteilung der Verkehrsbelastung sind die Stärke und die Zusammensetzung des Verkehrs. Die Verkehrsstärke wird beschrieben durch die Durchschnittliche Tägliche Verkehrsstärke (DTV, in Fz/24h). Als Indikator für die Verkehrszusammensetzung dient der Anteil des Güterverkehrs an der DTV (GV-Anteil, in %).

Von grundlegender Bedeutung für die weitere Untersuchung ist die Einschät- zung der künftigen Verkehrsverhältnisse. In Übereinstimmung mit dem wahrscheinlichen Planungshorizont der Bundesverkehrswegeplanung werden die künftigen Verkehrsverhältnisse für das Jahr 2025 abgebildet. Danach wach- sen der Personenverkehr mit einer jährlichen Rate von 0,6% und der Güterver- kehr mit einer jährlichen Rate von 1,6% (siehe Kapitel 4).18 Damit ändert sowohl die Stärke als auch die Zusammensetzung des Verkehrs. Der Anteil des Güter- verkehrs nimmt zu. Einen Sonderfall hinsichtlich der Modellierung der künftigen Verkehrsverhältnisse stellt das Straßennetz von Villingen-Schwenningen dar. Aus der Fortschreibung des städtischen Verkehrsentwicklungsplans liegen di- rekt prognostizierte Verkehrsstärken für das Jahr 2025 vor.19 Diese werden in dieser Untersuchung – nach Prüfung der Kompatibilität der Rahmenbedingun- gen – verwendet.

16 Kathmann, Th., Ziegler, H., Thomas, B., Straßenverkehrszählung 2005, Einzelergebnis- se der Bundesfernstraßen, Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft V 164, Tabellenband, Bergisch Gladbach 2007. 17 Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH, Stadt Villingen-Schwenningen – Fortschreibung Verkehrsentwicklungsplan 2007/2008, Aalen 2008; Ingenieurbüro Koehler, Leutwein und Partner GbR, Stadt Donaueschingen Verkehrsuntersuchung – Fortschreibung frü- herer Verkehrserhebungen und Verkehrsverteilungen, Karlsruhe 2007; gevas Ingeni- eurgesellschaft mbH, Verkehrsuntersuchung Ortsdurchfahrt Spaichingen (Teil 1), Achern 2008; Modus Consult Ulm GmbH, B 14-neu Ortsumgehung Spaichingen und Balgheim, Stellungnahmen zu den Ansätzen der Verkehrsprognose 2015 im BVWP 2003, Ulm 2003; Landratsamt Tuttlingen, Verkehrszählung OD Spaichingen, Tuttlingen 2009; Modus Consult Ulm GmbH, Verkehrsuntersuchung Schramberg – Analyse 2008, Ulm 2009; Bürgermeisteramt Immendingen, Verkehrszählung Immendingen, Juni 2007. 18 Vgl. ITP / BVU, Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025, Mün- chen / Freiburg 2007. 19 Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH, Stadt Villingen-Schwenningen – Fortschreibung Verkehrsentwicklungsplan 2007/2008, Aalen 2008. 25 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

3.3 Analyse der Kapazitätsauslastung des Straßennetzes

Die Kapazitätsanalyse des regionalen Straßennetzes erfordert eine Gegen- überstellung der Verkehrsbelastung und der maximalen Aufnahmefähigkeit der einzelnen Abschnitte. Grundsätzlich ist die Aufnahmefähigkeit eines Straßen- abschnitts von dessen baulichen Entwurf (Anzahl und Breite der Fahrstreifen) abhängig. Maßgeblich für die Ermittlung der maximalen Aufnahmefähigkeit sind die stündlichen Verkehrsstärken (Fahrzeuge pro Stunde). Allgemein wird heute von den in Tabelle 2 dargestellten Kapazitätsgrenzen ausgegangen.

Tabelle 2: Kapazitätsgrenzen auf Bundesfernstraßen (in Fz/h)

Anzahl der Fahrstreifen Bundesstraßen Ortsdurchfahrten Ortsdurchfahrten je Richtung (außerorts) (ohne Behinderungen) (mit Behinderungen) 1 1.700 1.000 800 2 3.500 3.300 2.250 Quelle: Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen (EWS-97), Köln 1997, S. 22ff.

Um diese Kapazitätsschranken mit den tatsächlichen tagesbezogenen Ver- kehrsbelastungen vergleichen zu können, sind die stundenbezogenen Aufnah- mefähigkeiten unter Berücksichtigung einer Tagesganglinie in Tagesverkehrs- stärken umzurechnen. Die maximale Aufnahmefähigkeit pro Tag orientiert sich am Anteil der Spitzenstunde an der Gesamtverkehrsstärke pro Tag. Den Be- rechnungen liegt eine standardisierte Tagesganglinie zugrunde, die die regiona- len Verkehrsverhältnisse hinreichend genau wiedergibt (vgl. Abbildung 4).20

Unter Berücksichtigung eines Spitzenstundenanteils von 8% ergeben sich die in Tabelle 3 dargestellten täglichen Kapazitätsgrenzen. Für Bundesstraßen im Außerortsbereich liegen die Kapazitätsgrenzen bei 42.500 Fahrzeugen pro Tag (ein Fahrstreifen (FS) je Richtung)21 bzw. 87.500 Fahrzeuge pro Tag (zwei FS je Richtung). Aufgrund der Einflüsse von Kreuzungen, ruhendem Verkehr und öf- fentlichen Verkehrsmitteln liegt die Leistungsfähigkeit von Ortsdurchfahrten mit Behinderungen pro Tag nur bei 20.000 Fahrzeugen (ein FS je Richtung) bzw.

20 Neuere Untersuchungen zur Typisierung von Tagesganglinien auf Bundesautobahnen haben gezeigt, dass der Verlauf der standardisierten Tagesganglinie unveränderte Gül- tigkeit besitzt: Im letzten Jahrzehnt haben die Verkehrsstärken kontinuierlich zugenom- men, eine wesentliche Veränderung der zeitlichen Verteilung ist indes nicht zu beob- achten. Vgl. hierzu Breßler, A., Wu, N., Typisierung von Ganglinien auf Bundesauto- bahnen, in: Straßenverkehrstechnik, 42. Jg. (1998), Heft 8, S. 387ff. 21 Rechengang: Kapazitätsgrenze = VerkehrsstärkeSpitze / DTV-AnteilSpitze  2 Richtungen = 1.700 Fz / 0,08  2 = 42.500 Fz. 26 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

56.250 Fahrzeugen (zwei FS je Richtung). Wenn die Ortsdurchfahrt frei von den genannten Behinderungen befahrbar ist, beträgt die Tageskapazität 25.000 Fahrzeuge (ein FS je Richtung) bzw. 82.500 Fahrzeuge (zwei FS je Richtung).

Abbildung 4: Standardisierte Tagesganglinie für Pkw und Lkw

10 8 6 4 DTV-Anteil

der Stunde h 2 0 01234567891011121314151617181920212223 Uhrzeit

Pkw Lkw

Quelle: Steierwald, G., Schönharting, J., u.a., Entwicklung einer Methode zur Be- wertung von Ortsdurchfahrten im Hinblick auf die Notwendigkeit des Bau- es von Umgehungsstraßen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrs- technik, Heft 479, Bonn-Bad Godesberg 1986, S. 32.

Tabelle 3: Maximale Aufnahmefähigkeit der Straßenabschnitte (in Fz/24h, beide Richtungen)

Anzahl der Fahrstreifen Bundesstraßen Ortsdurchfahrten Ortsdurchfahrten je Richtung (außerorts) (ohne Behinderungen) (mit Behinderungen) 1 42.500 25.000 20.000 2 87.500 82.500 56.250 Quelle: EWS-97, S. 22ff.; eigene Berechnungen.

Als letzter Schritt werden zur Beurteilung der Kapazitätssituation Auslastungs- kennziffern ermittelt, indem die tatsächlichen Verkehrsstärken den maximalen Aufnahmefähigkeiten der Straßenabschnitte gegenübergestellt werden. Die Auslastungskennziffern zeigen, wie stark die Kapazität der einzelnen Netzab- schnitte beansprucht wird. Die Ermittlung von Auslastungsgraden korrespon- diert mit dem Konzept der Qualitätsstufen,22 nach dem der Verkehrsfluss aus- lastungsabhängig in drei Kategorien unterschieden werden kann:

22 Im Konzept der Qualitätsstufen werden den beobachteten Verkehrsstärken anhand der theoretischen Verkehrsstärke-Geschwindigkeits-Beziehungen Qualitätsstufen zugeord- net, die festgelegten mittleren Reisegeschwindigkeiten entsprechen, vgl. Brilon, W., HBS – Handbuch für Bemessung von Straßenverkehrsanlagen, in: Straßenverkehrs- technik, 42. Jg. (1998), Heft 12, S. 630. 27 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

 Freier Verkehr: bis zu 80% Auslastung,

 Behinderungen: bis zu 95% Auslastung,

 Stau: 95% und mehr Auslastung.

Bis zu einer Auslastung von 80% der Streckenleistungsfähigkeit treten keine durch Überlastung bedingten Verkehrsstörungen auf. Bei einer Auslastung von mehr als 80% reichen bereits geringe Störereignisse aus, um den Verkehrsfluss erheblich zu beeinträchtigen. In diesen Auslastungsbereichen ist in den Spit- zenstunden (Morgenspitze, Abendspitze) mit einer hohen Stauwahrscheinlich- keit zu rechnen. Wird eine Kapazitätsauslastung von 95% überschritten, so tre- ten in den Verkehrsspitzen regelmäßig Staus auf.

Die Analyse von Auslastungskennziffern eignet sich zur Identifizierung von Engpässen im regionalen Verkehrsnetz. Ebenso kann durch einen Vergleich der Auslastungskennziffern mit und ohne Durchführung der Ausbaumaßnahme gezeigt werden, ob die Infrastrukturerweiterung ausreicht, um die Engpasssitua- tion zu beseitigen.

3.4 Nutzen-Kosten-Analyse für die erwogenen Ausbaumaßnahmen

Die Ausbaumaßnahmen der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg werden mit Hilfe einer Nutzen-Kosten-Analyse auf ihre ökonomische Tragfähigkeit unter- sucht. Mit den Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen (EWS-97) auf ein anerkanntes Bewertungsverfahren zurückgegriffen,23 wel- ches dem BVWP-Verfahren recht ähnlich ist und zu ähnlichen Ergebnissen kommt. Dies wurde im Rahmen der Vorgängerstudie vom IfV Köln nachgewie- sen. Als Gründe für die Abweichungen wurden die Effekte der Datenbasis (Hochrechnung der Verkehrsmengen) und nicht völlige Deckungsgleichheit der Wirkungskomponenten identifiziert. So werden einzelne, in der BVWP berück- sichtigte Nutzenkomponenten im EWS-basierten Simulationsmodell nicht ange- setzt (z.B. induzierter Verkehr, regionale Effekte).24

23 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Empfehlungen für Wirtschaft- lichkeitsuntersuchungen an Straßen (EWS-97), Köln 1997; dies., Wirtschaftlichkeitsun- tersuchungen an Straßen – Stand und Entwicklungsperspektiven der EWS, Köln 2002. 24 Vgl. Baum, H., Geißler, T., Schulz, W.H., Ausbau der Straßeninfrastruktur…, a.a.O., S. 18ff. 28 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Die in den EWS-97 spezifizierten funktionalen Zusammenhänge (z.B. zwischen Verkehrsstärke und Geschwindigkeit) bilden die Grundlage des Straßenver- kehrssimulationsmodells des IfV Köln. Ergänzend hierzu werden im Simulati- onsmodell Fortschritte der BVWP-Modernisierung – vor allem im Hinblick auf die monetäre Bewertung der Umweltwirkungen (Luftschadstoffe, CO2) – aufge- griffen.

Die grundsätzliche Vorgehensweise der Nutzen-Kosten-Analyse mit dem Straßenverkehrssimulationsmodell wird in Abbildung 5 dargestellt.

Abbildung 5: Positionierung des Straßenverkehrssimulationsmodells innerhalb der Nutzen-Kosten-Analyse

Ohne-Fall: Mit-Fall: gegenwärtiger Ausbauzustand Ausbau

Straßenverkehrssimulationsmodell

Verkehrsstärken (DTV) Verkehrsstärken (DTV) Güterverkehrsanteile (GV) Güterverkehrsanteile (GV) Durchschnittsgeschwindigkeit Durchschnittsgeschwindigkeit

Verkehrsaufwand – Verkehrsaufwand – physische Effekte des Verkehrs physische Effekte des Verkehrs

Kosten Ohne-Fall: Kosten Mit-Fall: Kosten des Aus- Kfz-Betriebskosten Kfz-Betriebskosten baus: Zeitkosten Zeitkosten Investi- Unfallkosten Unfallkosten tions- Lärmkosten Lärmkosten kosten, Kosten der Schadstoffbelastung Kosten der Schadstoffbelastung Betriebs- CO2-Emissionskosten CO2-Emissionskosten kosten

Nutzen als Kostenersparnis des Mit-Falles

Nutzen-Kosten-Verhältnis

Quelle: Eigene Darstellung.

29 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Korrespondierend zur Bundesverkehrswegeplanung werden mit dem Verfahren nach EWS-97 für die einzelnen Projekte die gesamtwirtschaftlichen Nutzen und Kosten ermittelt. Die Nutzen werden berechnet, indem sowohl für den Fall der Realisierung eines Projektes (Mit-Fall) als auch der Nicht-Realisierung (Oh- ne-Fall) die physischen Effekte des Verkehrs ermittelt (Zeitaufwand, Kraftstoff- verbrauch, Unfälle, Lärm sowie Schadstoff- und CO2-Emissionen) und monetär bewertet werden. Die eingesparten Kosten des Verkehrs im Mit-Fall stellen die Nutzen der Ausbaumaßnahme dar. Die gesamtwirtschaftlichen Nutzen werden dann den erforderlichen Maßnahmenkosten gegenübergestellt. Wenn die Aus- baunutzen die aufzuwendenden Kosten übersteigen (Nutzen-Kosten-Verhältnis größer als 1), ist das Projekt gesamtwirtschaftlich positiv zu bewerten.

Der monetären Bewertung der physischen Wirkungen liegen die Kostensätze der Bundesverkehrswegeplanung (vgl. Tabelle 6) zugrunde. Deren Preis- stand 1998 wurde auf das aktuelle Jahr mit einer durchschnittlichen Preissteige- rungsrate von 1,6% p.a. fortgeschrieben. Damit werden die Wirkungen kongruent zu den aktualisierten Kostenschätzungen25 in Preisen des Jahres 2009 bewertet.

Tabelle 4: Kostensätze zur Bewertung der Nutzenkomponenten

Nutzenkomponenten Unterschei- Bezugseinheit Kostensatz dungskriterium Betriebs- Betriebskosten- Fahrzeuggruppen EUR/ 9,33 (Pkw) Kosten Grundwerte (100 kmKfz) 14,47 (Lkw) 24,86 (Lastzug) 46,78 (Bus) Kraftstoffkosten Kraftstoffart EUR/l 0,190 (Benzin) 0,183 (Diesel) Zeitkosten Fahrzeuggruppen EUR/h 5,87 (Pkw) 22,55 (Lkw) 32,20 (Lastzug) 67,02 (Bus) Unfallkosten Straßentyp, DTV EUR/(kma) außer- / innerorts: 10,94 – 18,34 (ao) 32,07 – 42,30 (io) Lärmkosten EUR/(LEGa) 54,70

Kosten der Emissionskosten Fahrzeuggruppen EUR/t NOx-Äquiv. 365,00 Schadstoff- Immissionskosten EUR/(SEGa) 25.200,00 Belastung

CO2-Emissionskosten EUR/t CO2 205,00 Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Grundzüge..., a.a.O., S. 37ff.; EWS-97, a.a.O., S. 13ff.; eigene Berechnungen.

25 Vgl. Regierungspräsidium Freiburg, Planungsstand und Kostenaktualisierung für die Ver- kehrsprojekte in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, Information vom 02.07.2009. 30 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Wie Tabelle 4 zeigt, umfasst die monetäre Bewertung der physischen Effekte die Berechnung der Kfz-Betriebs-, Zeit-, Unfall-, und Lärmkosten, der Kosten der Schadstoffbelastung (Emissionen, Immissionen) sowie der CO2-Emissions- kosten. Die einzelnen Kostenkomponenten werden wie folgt ermittelt:

 Die Zeitkosten werden ermittelt, indem der Zeitaufwand mit Zeitkostensät- zen (in EUR/h) bewertet wird. In den Zeitkostensätzen sind die Lohn- und Vorhaltekosten der gewerblich genutzten Fahrzeuge und die Zeitkosten der Insassen von Bussen und privat genutzten Pkw enthalten.

 Die Berechnung der Kfz-Betriebskosten erfolgt anhand von Betriebskosten- Grundwerten und Kraftstoffkosten. Die Kraftstoffkosten werden ermittelt, in- dem der Kraftstoffverbrauch mit Netto-Kraftstoffpreisen (in EUR/l), d.h. ohne Berücksichtigung von Steueranteilen, bewertet wird. Der Kraftstoffverbrauch wird für die verschiedenen Fahrzeuggruppen (Pkw Otto, Pkw Diesel, Lkw un- ter/über 3,5 t zulässiges Gesamtgewicht, Zugmaschinen, Reise- und Linien- busse) aus geschwindigkeitsabhängigen Kraftstoffverbrauchsfaktoren (in g/[kmKfz]) abgeleitet. Die Betriebskosten-Grundwerte (in EUR/[100kmKfz]) enthalten Kosten für Fahrzeugabschreibung, Reifenverschleiß, Schmierstof- fe, Instandhaltung und Wartung.

 Die Unfallkosten werden mit Hilfe der Unfallkostendichten der EWS-97 (in EUR/[kma]) berechnet. In den Unfallkosten werden neben medizinischen Behandlungskosten und Reparaturkosten auch volkswirtschaftliche Pro- duktionsausfälle, Wohlfahrtsverluste durch Invalidität, Freizeitausfälle sowie anteilige Verwaltungskosten der Versicherungen, Rechtsfolge- und Polizei- kosten berücksichtigt. Zu beachten ist, dass die Unfallkostendichten abhän- gig von der Verkehrsstärke sind. Eine Veränderung der Fahrleistungen und somit der DTV führt zu einer proportionalen Veränderung der Unfallkosten.

 Für die Ermittlung der Lärmkosten ist der Schallpegel am Ort des Empfän- gers (Immissionspegel) entscheidend. Überschreitet der Verkehrslärm einen definierten Zielpegel, so wird dies mittels eines Lautheitsgewichtes berück- sichtigt. Die Überschreitungen des Zielpegels werden mit der Anzahl der be- troffenen Einwohner26 zu Lärm-Einwohner-Gleichwerten (LEG) verknüpft, die die Lärmbetroffenheit der Einwohner ausdrücken. Die Lärmkosten errechnen sich als Produkt der LEG und des Lärmkostensatzes (in EUR/[LEGa]).

26 Die betroffenen Einwohner werden mit Hilfe von Betroffenen-Näherungswerten, die vom Straßentyp abhängen, abgeschätzt. Im Gegensatz zu Innerortsstraßen sind gemäß den Bewertungskonventionen außerorts keine Anwohner von den Immissionen betroffen, vgl. EWS-97, S. 52. 31 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

 Die Belastung durch die Luftschadstoffe CO, HC, NOx, SO2 und Partikel wird in den Kosten der Schadstoffbelastung erfasst. Sie beinhalten eine Emis- sions- und eine Immissionskomponente. Die Immissionskosten geben die Beeinträchtigung von Mensch und Bauten durch Luftschadstoffe wieder. Sie werden als Produkt der Schadstoff-Einwohner-Gleichwerte und des Ko- stensatzes zu deren Bewertung (in EUR/[SEGa]) bestimmt. Die Schadstoff- Einwohner-Gleichwerte sind abhängig von der Toxizität der Schadstoffe, der Schadstoffkonzentration und der Anzahl der betroffenen Einwohner. Die Emissionskosten geben die Belastung der Vegetation durch Luftschadstoffe wieder. Die Ermittlung der Emissionskosten erfolgt analog zu der Berech- nung des Kraftstoffverbrauchs. Es werden für jede Fahrzeuggruppe Emis- sionsfaktoren in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit bestimmt (in g/[kmKfz]). Die emittierten Schadstoffmengen werden über Toxizitätsfakto-

ren (Leitkomponente NOx) in NOx-Äquivalente umgerechnet und mit einem

Kostensatz je Tonne NOx bewertet.

 Über die volkswirtschaftlichen Schäden durch die traditionellen Luftschad-

stoffe hinaus werden auch die CO2-Emissionskosten ermittelt. CO2 wirkt am Emissionsort nicht unmittelbar toxisch, ist aber in höheren Atmosphären-

schichten an der Entstehung des Treibhauseffektes beteiligt. Die CO2-Emis- sionen werden aus den Kraftstoffverbräuchen ermittelt und mit einem Kos- tensatz (in EUR/t) bewertet, welcher die Vermeidungskosten der politisch

angestrebten Reduzierung der CO2-Emissionen widerspiegelt.

32 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

4. Verkehrsbelastung und Kapazitätsauslastung der Bundesstraßen in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Die Bundesstraßen besitzen für die verkehrliche Erschließung der Region eine hohe Bedeutung. Sie übernehmen wichtige Zubringer- und Erreichbarkeits- funktionen für den Personen- und Güterverkehr. Insgesamt verfügt die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg über ein Netz von Bundesstraßen mit einer Länge von rund 330 km. Die Bedeutung der Bundesstraßen für den Verkehr in der Region wird im Folgenden anhand der gegenwärtigen und künftigen Verkehrs- stärken (Ausgangsfall 2005, Prognosefall 2025) sowie der Kapazitätsauslastung der einzelnen Netzabschnitte analysiert.

4.1 Verkehrsbelastung im Ausgangsfall (2005)

Mit der Durchschnittlichen Täglichen Verkehrsstärke (DTV, in Fz/24h) und dem Anteil des Güterverkehrs an der DTV (GV-Anteil, in %) liegen aus der Straßen- verkehrszählung 2005 verkehrliche Grunddaten vor, mit denen das regionale Verkehrsgeschehen differenziert wiedergegeben werden kann. Einen Überblick über die verkehrliche Situation für die einzelnen Netzabschnitte im Ausgangsfall gibt Tabelle 5. Zur verkehrlichen Belastung der regionalen Bundesstraßen können folgende Aussagen getroffen werden:

 Im Durchschnitt beträgt die verkehrliche Belastung der Bundesstraßen in der Untersuchungsregion 11.200 Fahrzeuge pro Tag. Der Güterverkehr hat hie- ran einen Anteil von 11,6%. Die Belastung liegt damit geringfügig über dem Bundesdurchschnitt von 9.200 Fahrzeugen pro Tag (GV-Anteil: 11,3%).27

 Die höchsten Verkehrsstärken weisen die Netzabschnitte im Zentrum der Region auf. Im Raum Villingen-Schwenningen – Bad Dürrheim sind die Bun- desstraßen B 27 und B 33 mit täglich rund 25.000 Fahrzeugen belastet. Noch stärker frequentiert wird die B 27 / B 33 bei Donaueschingen (26.600 Fahrzeuge pro Tag). In diesem Bereich verflechten sich die Verkehrsströme aus bzw. in Richtung Villingen-Schwenningen mit den von bzw. zu der A 81 (Stuttgart – Singen) fließenden Verkehren. Aufgrund der verkehrlichen Situa- tion sind die Bundesstraßen in diesem Bereich überwiegend vierstreifig aus- gebaut.

27 Vgl. Kathmann, Th., Ziegler, H., Thomas, B., Straßenverkehrszählung 2005, Ergebnis- se, a.a.O., S. 19. 33 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

 Einzelne Strecken mit wichtigen Verbindungsfunktionen (z.B. B 14 zwischen Rottweil und Tuttlingen, B 31 zwischen Döggingen und Hüfingen als Teil der Achse Freiburg-Ulm) sind mit DTV-Werten von mehr als 15.000 Fahrzeugen überdurchschnittlich belastet. In diesen Netzabschnitten kann es unter Be- rücksichtigung des Verkehrswachstums zu Engpässen im Bereich der Orts- durchfahrten kommen.

Tabelle 5: Verkehrsbelastung der Netzabschnitte im Ausgangsfall (2005)

2005 Abschnitt Länge Fahr- DTV GV-Ant. in km streifen in Fz/Tag in % B 14 Fischingen (Kreisgrenze) Sulz am Neckar 5,0 2 5.100 10,5 B 14 Sulz am Neckar Oberndorf 11,2 2 6.700 5,2 B 14 Oberndorf Epfendorf 6,0 2 5.300 7,6 B 14 Epfendorf Rottweil (B 462) 10,5 2 8.500 7,3 B 14 Rottweil (B 462) Rottweil (B 27) 5,6 2 15.000 13,2 B 14 Rottweil (B 27) Aldingen 8,3 2 17.700 8,9 B 14 Aldingen (ohne OD) Tuttlingen 16,0 2 15.800 7,4 B 14 Tuttlingen Liptingen (OU Neuhausen) 8,0 2 7.100 9,3 B 27 Balingen Anschluss Rosswangen 5,7 2 14.600 10,9 B 27 Anschluss Rosswangen Schömberg-Süd 5,0 2 16.000 14,1 B 27 Neukirch Rottweil 11,0 2 8.900 13,7 B 27 Rottweil Villingen-Schwenn. (A 81) 7,0 2 13.700 15,4 B 27 Villingen-Schwenn. (A 81) VS-Mühlhausen 3,8 2 15.800 14,5 B 27 VS-Mühlhausen Villingen-Schwenn. (B 523) 3,0 2 13.200 15,5 B 27 Villingen-Schwenn. (B 523) Bad Dürrheim (B 33) 2,4 2 24.500 9,9 B 27 Bad Dürrheim (B 33) Donaueschingen (A 864) 4,4 4 24.800 13,1 B 27 Donaueschingen (A 864) Donaueschingen (B 33) 4,4 4 26.600 12,4 B 27 Donaueschingen (B 33) Hüfingen (B 31) 4,2 2 19.100 12,9 B 27 Hüfingen (B 31) Randen 14,4 2 11.700 11,3 B 27 Randen Neuhaus a.R. (Grenze CH) 4,0 2 3.600 13,4 B 31 Löffingen Hüfingen 13,0 2 15.200 19,5 B 31 Hüfingen (B 27) Neudingen (B 33) 5,5 2 10.000 15,6 B 31 Neudingen (B 33) Geisingen (B 311) 7,0 2 11.200 17,4 B 33 Kreisgrenze Triberg 4,0 2 10.300 16,0 B 33 Triberg St. Georgen 9,1 2 6.100 18,3 B 33 St. Georgen Villingen-Schwenningen 11,9 2 17.000 9,3 B 33 Villingen-Schwenningen Bad Dürrheim (B 27) 7,5 2 19.800 9,8 B 33 Donaueschingen (B 27) Neudingen (B 31) 5,6 2 7.700 9,3 B 294 Wolfach-Halbmeil (Kr.-Grenze) Schiltach 5,9 2 9.200 14,3 B 294 Schiltach Alpirsbach-Rötenbach (Kr.-Gr.) 7,0 2 4.100 8,9 B 311 Geisingen (B 31) Tuttlingen 13,4 2 9.400 10,6 B 311 Tuttlingen Neuhausen ob Eck 12,0 2 8.800 14,7 B 311 Neuhausen ob Eck Worndorf 4,0 2 7.600 13,5 B 462 Schiltach Schramberg 6,8 2 7.900 13,0 B 462 OD Schramberg OD Schramberg 4,5 2 14.000 8,0 B 462 Schramberg Rottweil (A 81) 15,8 2 13.300 12,2 B 462 Rottweil (A 81) Rottweil (B 14) 1,9 2 15.800 11,0 B 500 Triberg Furtwangen 12,8 2 4.200 4,5 B 500 Furtwangen Bregenbach 2,2 2 7.300 3,4 B 500 Bregenbach Kaltenherberg 6,6 2 3.600 5,0 B 523 Villingen-NO (Einmünd. 2. BA) Villingen-Schwenningen (B 27) 6,6 2 12.400 8,4 B 523 Villingen-Schwenningen (B 27) Tuningen (A 81) 6,4 2 8.400 10,6 B 523 Tuningen (A 81) Tuttlingen 17,5 2 7.700 11,1 Summe (km) bzw. Durchschnitt (DTV, GV-Anteil) 326,9 11.178 11,6

Quelle: Kathmann, Th., Ziegler, H., Thomas, B., Straßenverkehrszählung 2005, a.a.O., S. 1ff.

34 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

4.2 Verkehrsbelastung im Prognosefall (2025)

Grundlegend für die Einschätzung des Verkehrswachstums sind die Annahmen zu den sozio-demografischen Rahmendaten. Sie werden in Tabelle 6 zu- sammenfassend dargestellt. Ausgegangen wird von einer unveränderten Ein- wohnerzahl bei gleichzeitig erheblicher Änderung der Altersstruktur. Die Gesell- schaft altert. Die Zahl der Haushalte und die Pkw-Dichte steigen jeweils mode- rat an. Die Bruttowertschöpfung nimmt stärker zu. Im Ergebnis bedingen die prognostizierten Trends ein im Vergleich zum Personenverkehr dynamischeres Wachstum des Güterverkehrs.

Tabelle 6: Sozio-demografische Rahmendaten der Verkehrsprognose 2025

Quelle: ITP / BVU, Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025, München / Freiburg 2007, S. 4.

Die dargestellten Entwicklungen bedingen ein jährliches Verkehrswachstum:28

 Im Zeitraum von 2004 bis 2025 nimmt der Personenverkehr um 16,7% zu. Der Personenverkehr wächst folglich mit einer jährlichen Rate von 0,6%.

 Im gleichen Zeitraum nimmt der Güterverkehr auf der Straße um 39,6% zu. Dies entspricht einem Wachstum von 1,6% pro Jahr.

28 Vgl. ITP / BVU, Prognose der deutschlandweiten Verkehrsverflechtungen 2025, Mün- chen / Freiburg 2007, S. 263. 35 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Zu prüfen ist, ob dieser deutschlandweite Trend auch die regionalen Entwick- lungen hinreichend genau wiedergibt. Zu diesem Zweck werden in den folgen- den Abbildungen regional differenzierte Prognosen für die sozio-demografische Entwicklung präsentiert. Sie zeigen, dass die Bevölkerungsentwicklung in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg insgesamt dem Bundestrend einer unver- änderten Einwohnerzahl entspricht. Während die Bevölkerung in den Landkrei- sen Schwarzwald-Baar und Tuttlingen leicht zunimmt, ist im Landkreis Rottweil eine leichte Abnahme zu verzeichnen (vgl. Abbildung 6). Alle drei Landkreise zeichnen sich durch einen Wanderungsverlust aus. Im Gegensatz zu den Krei- sen Schwarzwald-Baar und Rottweil (Sterbeüberschuss) ist der Landkreis Tutt- lingen durch einen Geburtenüberschuss gekennzeichnet (vgl. Abbildung 7).

Abbildung 6: Regional differenzierte Bevölkerungsprognose 2025

Quelle: Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Demografischer Wandel – Ein Politikvorschlag unter besonderer Berücksichtigung der Neuen Länder, Berlin 2009, S. 18.

36 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 7: Gründe für die Bevölkerungsentwicklung bis 2025

Quelle: Berlin Institut für Bevölkerung und Entwicklung, Demografischer Wandel, a.a.O., S. 19.

Die sozio-demografischen Entwicklungen, die der Fortschreibung des Ver- kehrsentwicklungsplans in Villingen-Schwenningen zugrunde liegen, korres- pondieren recht gut mit den Annahmen der BVWP-Prognose. Die Bevölke- rungsentwicklung im Schwarzwald-Baar-Kreis ist mit -2% leicht rückläufig. Wie im Rahmen der BVWP-Prognose wird mit einer nochmaligen Zunahme der Pkw-Dichte gerechnet (2007-2025: 10%). In der BVWP wird dieser Wert für den Zeitraum 2004-2025 auf 13,7% veranschlagt (vgl. Tabelle 6). Die insgesamt verhaltene Entwicklung der Verkehrsleistung wird durch Aufsiedelungen im Stadtgebiet nach oben gezogen, so dass die Planer insgesamt von einer Zu- nahme der Verkehrsleistung um 12% ausgehen.29

29 Vgl. Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH, Stadt Villingen-Schwenningen – Fort- schreibung Verkehrsentwicklungsplan 2007/2008, Aalen 2008. 37 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Zusammenfassend kann für die Prognose der Verkehrsbelastungen davon ausgegangen werden, dass die regionalen Entwicklungen durch die Anwen- dung des Bundestrends hinreichend genau abgebildet werden. Um dennoch den Einfluss einer etwaigen ungünstigeren demografischen Entwicklung einzu- fangen, werden die Nutzen-Kosten-Ergebnisse des Verkehrswegeausbaus (vgl. Kapitel 5) auf ihre Robustheit getestet. In einer Sensitivitätsrechnung wird dort untersucht, um welchen Anteil sich die Nutzen verringern, wenn im Jahr 2025 die gleiche Verkehrsbelastung wie im Jahr 2005 vorliegt.

Tabelle 7: Verkehrsbelastung der Netzabschnitte im Prognosefall (2025)

2025 Abschnitt Länge Fahr- DTV GV-Ant. in km streifen in Fz/Tag in % B 14 Fischingen (Kreisgrenze) Sulz am Neckar 5,0 2 5.880 12,5 B 14 Sulz am Neckar Oberndorf 11,2 2 7.637 6,3 B 14 Oberndorf Epfendorf 6,0 2 6.073 9,1 B 14 Epfendorf Rottweil (B 462) 10,5 2 9.733 8,8 B 14 Rottweil (B 462) Rottweil (B 27) 5,6 2 17.395 15,6 B 14 Rottweil (B 27) Aldingen 8,3 2 20.338 10,6 B 14 Aldingen (ohne OD) Tuttlingen 16,0 2 18.096 8,9 B 14 Tuttlingen Liptingen (OU Neuhausen) 8,0 2 8.165 11,1 B 27 Balingen Anschluss Rosswangen 5,7 2 16.848 14,8 B 27 Anschluss Rosswangen Schömberg-Süd 5,0 2 16.848 14,8 B 27 Neukirch Rottweil 11,0 2 10.332 16,2 B 27 Rottweil Villingen-Schwenn. (A 81) 7,0 2 15.961 18,2 B 27 Villingen-Schwenn. (A 81) VS-Mühlhausen 3,8 2 18.373 17,1 B 27 VS-Mühlhausen Villingen-Schwenn. (B 523) 3,0 2 15.382 18,3 B 27 Villingen-Schwenn. (B 523) Bad Dürrheim (B 33) 2,4 2 28.212 11,8 B 27 Bad Dürrheim (B 33) Donaueschingen (A 864) 4,4 4 28.753 15,5 B 27 Donaueschingen (A 864) Donaueschingen (B 33) 4,4 4 30.794 14,7 B 27 Donaueschingen (B 33) Hüfingen (B 31) 4,2 2 26.955 16,3 B 27 Hüfingen (B 31) Randen 14,4 2 13.513 13,4 B 27 Randen Neuhaus a.R. (Grenze CH) 4,0 2 4.176 15,9 B 31 Löffingen Hüfingen 13,0 2 17.863 22,8 B 31 Hüfingen (B 27) Neudingen (B 33) 5,5 2 11.656 18,4 B 31 Neudingen (B 33) Geisingen (B 311) 7,0 2 13.104 20,4 B 33 Kreisgrenze Triberg 4,0 2 12.015 18,8 B 33 Triberg St. Georgen 9,1 2 7.150 21,4 B 33 St. Georgen Villingen-Schwenningen 11,9 2 19.550 11,1 B 33 Villingen-Schwenningen Bad Dürrheim (B 27) 7,5 2 22.795 11,7 B 33 Donaueschingen (B 27) Neudingen (B 31) 5,6 2 8.855 11,1 B 294 Wolfach-Halbmeil (Kr.-Grenze) Schiltach 5,9 2 10.694 16,9 B 294 Schiltach Alpirsbach-Rötenbach (Kr.-Gr.) 7,0 2 4.711 10,6 B 311 Geisingen (B 31) Tuttlingen 13,4 2 10.840 12,6 B 311 Tuttlingen Neuhausen ob Eck 12,0 2 10.237 16,0 B 311 Neuhausen ob Eck Worndorf 4,0 2 8.819 16,0 B 462 Schiltach Schramberg 6,8 2 9.157 15,4 B 462 OD Schramberg OD Schramberg 4,5 2 16.056 9,6 B 462 Schramberg Rottweil (A 81) 15,8 2 15.390 14,5 B 462 Rottweil (A 81) Rottweil (B 14) 1,9 2 18.237 13,1 B 500 Triberg Furtwangen 12,8 2 7.734 11,3 B 500 Furtwangen Bregenbach 2,2 2 8.289 4,1 B 500 Bregenbach Kaltenherberg 6,6 2 4.102 6,0 B 523 Villingen-NO (Einmünd. 2. BA) Villingen-Schwenningen (B 27) 6,6 2 14.233 10,1 B 523 Villingen-Schwenningen (B 27) Tuningen (A 81) 6,4 2 9.687 12,6 B 523 Tuningen (A 81) Tuttlingen 17,5 2 8.889 13,2 Summe (km) bzw. Durchschnitt (DTV, GV-Anteil) 326,9 13.070 13,8

Quelle: Kathmann, Th., Ziegler, H., Thomas, B., Straßenverkehrszählung 2005, a.a.O., S. 1ff.; eigene Berechnungen.

38 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Tabelle 7 gibt einen Überblick über die verkehrliche Belastung im Prognosefall, der sich auf das Jahr 2025 bezieht. Zu den prognostizierten Verkehrsstärken können folgende Aussagen getroffen werden:

 Die durchschnittliche Verkehrsbelastung steigt um ca. 2.000 auf täglich rund 13.000 Fahrzeuge. Das Wachstum verteilt sich gleichmäßig auf alle Netzab- schnitte.

 Die am stärksten befahrenen Netzabschnitte (B 27 / B 33 im Raum Donaue- schingen) überschreiten die Schwelle von 30.000 Fahrzeugen pro Tag.

 In den Ortsdurchfahrten auf regional bedeutenden Verbindungsstrecken (z.B. B 14 zwischen Rottweil und Tuttlingen, B 31 zwischen Döggingen und Hüfingen) sowie im Stadtgebiet von Villingen-Schwenningen nähert sich die Verkehrsbelastung der Kapazitätsgrenze stark an.

4.3 Entwicklung der Kapazitätsauslastung

Um Aussagen zur Kapazitätsauslastung der Bundesstraßen in der Region tref- fen zu können, werden im nächsten Schritt die Verkehrsbelastungen den Auf- nahmekapazitäten der Netzabschnitte gegenübergestellt. Dies erfordert eine noch feinere Differenzierung des regionalen Verkehrsnetzes. Der Grund liegt darin, dass Netzabschnitte mit gleicher Verkehrsbelastung je nach örtlicher Lage unterschiedliche Auslastungsgrade aufweisen. Eine Durchschnittliche Tägliche Verkehrsstärke von 25.000 Fahrzeugen kann auf einer zweistreifigen Bundesstraße (ein Fahrstreifen je Richtung) im Außerortsbereich problemlos abgeführt werden, während es im Innerortsbereich zu starken Kapazitätseng- pässen kommt. Aus diesem Grund werden in der folgenden Tabelle für die Be- reiche der Ortsdurchfahrten separate Auslastungskennziffern ausgewiesen.

Wie Tabelle 8 zeigt, reicht der Ausbauzustand des Straßennetzes in weiten Tei- len der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg aus, um sowohl die gegenwärtigen als auch die künftigen Verkehrsströme behinderungsfrei zu bewältigen. Verkehrliche Engpässe bestehen vor allem im Bereich der Ortsdurchfahrten. Im Ausgangsfall beträgt die Kapazitätsauslastung in der Spitzenstunde fast 80%. Im Prognosefall, d.h. unter Berücksichtigung des Verkehrswachstums, wird in den Ortsdurchfahrten Villingen, Spaichingen und Schramberg ein Aus- lastungsgrad von 90% überschritten. Die Bildung von Staus zu Spitzenzeiten ist unter diesen Umständen nicht zu vermeiden. Gleiches gilt für das überlastete Stadtstraßennetz in Villingen-Schwenningen.

39 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Tabelle 8: Kapazitätsauslastung der Netzabschnitte im Ausgangsfall (2005) und Prognosefall (2025)

Kapazitätsauslastung (Spitzenstunde, in %) 2005 2025

B 14 Fischingen (Kreisgrenze) Sulz am Neckar 12,0 13,8 B 14 Sulz am Neckar Oberndorf 15,8 18,0 B 14 Oberndorf Epfendorf 12,5 14,3 B 14 Epfendorf Rottweil (B 462) 20,0 22,9 B 14 Rottweil (B 462) Rottweil (B 27) 35,3 40,9 B 14 Rottweil (B 27) Aldingen 41,6 47,9 B 14 Aldingen (ohne OD) Tuttlingen 37,2 42,6 B 14 dar. OD Spaichingen 79,0 90,5 B 27 Tuttlingen Liptingen (OU Neuhausen) 16,7 19,2 B 27 Balingen Neukirch 34,4 39,6 B 27 Neukirch Rottweil 20,9 24,3 B 27 Rottweil Villingen-Schwenn. (A 81) 32,2 37,6 B 27 Villingen-Schwenn. (A 81) VS-Mühlhausen 37,2 43,2 B 27 VS-Mühlhausen Villingen-Schwenn. (B 523) 31,1 36,2 B 27 Villingen-Schwenn. (B 523) Bad Dürrheim (B 33) 57,6 66,4 B 27 Bad Dürrheim (B 33) Donaueschingen (A 864) 28,3 32,9 B 27 Donaueschingen (A 864) Donaueschingen (B 33) 30,4 35,2 B 27 Donaueschingen (B 33) Hüfingen (B 31) 21,8 30,8 B 27 Hüfingen (B 31) Randen 27,5 31,8 B 27 dar. OD Behla, Zollhaus, Randen 58,5 67,6 B 27 Randen Neuhaus a.R. (Grenze CH) 8,5 9,8 B 31 Löffingen Hüfingen 35,8 42,0 B 31 Hüfingen (B 27) Neudingen (B 33) 23,5 27,4 B 31 Neudingen (B 33) Geisingen (B 311) 26,4 30,8 B 33 Kreisgrenze Triberg 24,2 28,3 B 33 Triberg St. Georgen 30,5 35,8 B 33 St. Georgen Villingen-Schwenningen 40,0 46,0 B 33 dar. OD Villingen-Schwenningen 85,0 97,8 B 33 Villingen-Schwenningen Bad Dürrheim (B 27) 46,6 53,6 B 33 Donaueschingen (B 27) Neudingen (B 31) 18,1 20,8 B 294 Wolfach-Halbmeil (Kr.-Grenze) Schiltach 21,6 25,2 B 294 Schiltach Alpirsbach-Rötenbach (Kr.-Gr.) 9,6 11,1 B 311 Geisingen (B 31) Tuttlingen 22,1 25,5 B 311 dar. OD Immendingen 47,0 54,2 B 311 Tuttlingen Neuhausen ob Eck 20,7 24,1 B 311 Neuhausen ob Eck Worndorf 17,9 20,8 B 462 Schiltach Schramberg 18,6 21,5 B 462 OD Schramberg OD Schramberg 70,0 93,8 B 462 Schramberg Rottweil 31,3 36,2 B 462 dar. OD Dunningen 66,5 77,0 B 462 Rottweil (A 81) Rottweil (B 14) 37,2 42,9 B 500 Triberg Furtwangen 9,9 18,2 B 500 dar. OD Triberg, Schönwald, Furtwangen 21,0 28,9 B 500 Furtwangen Bregenbach 17,2 19,5 B 500 Bregenbach Kaltenherberg 8,5 9,7 B 523 Villingen-NO (Einmünd. 2. BA) Villingen-Schwenningen (B 27) 29,2 33,5 B 523 Villingen-Schwenningen (B 27) Tuningen (A 81) 19,8 22,8 B 523 Tuningen (A 81) Tuttlingen 18,1 20,9

Quelle: Eigene Berechnungen.

Die Kapazitätsanalyse hat gezeigt, dass in der Region künftig Engpässe im Be- reich der Ortsdurchfahrten zu erwarten sind. Gezielte Ausbaumaßnahmen können jedoch die kritischen Abschnitte spürbar vom Verkehr entlasten (Bau von Ortsumgehungen, im Bereich Villingen Neuordnung der lokalen Verkehrs- ströme durch den Weiterbau der B 523).

40 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

5. Nutzen-Kosten-Ergebnisse für die Ausbauvorhaben in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

5.1 Untersuchte Maßnahmen

In der Vorgängerstudie des IfV Köln sind die in den BVWP 2003 aufgenomme- nen Straßenausbauvorhaben in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg einer nochmaligen Nutzen-Kosten-Bewertung unterzogen worden. Während die Be- wertung insgesamt, d.h. über alle Projekte, zu ähnlichen Ergebnissen wie das BVWP-Verfahren kam, gab es durchaus Anhaltspunkte für eine höhere Reali- sierungswürdigkeit einzelner Maßnahmen. Tabelle 9 greift daher mit dem Vergleich der Einstufungsempfehlungen nach BVWP und IfV Köln nochmals das zentrale Ergebnis der Studie aus dem Jahr 2004 auf.

Tabelle 9: Dringlichkeitseinstufung der Ausbaumaßnahmen (2004)

Dringlichkeits- Projekt Einstufungsempfehlung einstufung nach BVWP nach IfV Köln Laufende und fest B 31 OU Döggingen Laufende und fest dispon. Vorhaben dispon. Vorhaben B 27 Donaueschingen – Hüfingen B 27 OU Behla, Zollhaus, Randen Neue Vorhaben B 311 Tuttlingen – Kreuzstraßentunnel B 311 OU Neuhausen ob Eck Neue Vorhaben Vordringlicher Bedarf Bedarf Vordringlicher B 462 OU Dunningen Neue Vorhaben mit B 462 OU Schramberg

Planungsrecht Bedarf Vordringlicher B 523 Villingen-Schwenningen (2. BA) („WB*“) B 14 OU Spaichingen B 14 OU Rietheim – Weilheim Neue Vorhaben B 27 Balingen-Rottweil (OU Neukirch) B 31 Döggingen – Hüfingen Neue Vorhaben Weiterer Bedarf Weiterer Bedarf B 311 OU Immendingen N. V. m. hohem B 500 OU Schönwald N. V. m. hohem ökologischen Risiko ökologischen Risiko Weiterer Bedarf Anmerkung: In Bau befindliche oder fertiggestellte Maßnahmen sind grau hervorgehoben. Quelle: Baum, H., Geißler, T., Schulz, W.H., Ausbau der Straßeninfrastruktur…, a.a.O., S. 69; eigene Hervorhebungen.

In der Zwischenzeit sind in der Region verschiedene Maßnahmen im Bau oder bereits fertig gestellt (vgl. Kapitel 2.3). Diese werden im Rahmen dieser Studie nicht erneut wirtschaftlich bewertet. Vielmehr ist zu prüfen, ob Entwicklungen bei

41 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg den verbliebenen Projekten zu einer veränderten Einschätzung der Wirtschaft- lichkeit und Dringlichkeit des Ausbaus führen. Daher werden im Folgenden Nut- zen-Kosten-Analysen für die zehn verbliebenen Projekte durchgeführt.

5.2 Aktualisierung der Maßnahmenkosten

Die Kosten der Ausbaumaßnahmen können sich im Zeitverlauf verändern. Die Gründe für Kostenänderungen sind vielfältig:

 Kostensteigerungen können aufgrund eines allgemeinen Preisanstiegs für Bauleistungen oder maßnahmenspezifischen Gründen (z.B. veränderte Pla- nung, geänderte Ausführung) auftreten.

 Andererseits können Effizienzgewinne z.B. bei der Vertragsgestaltung zwi- schen Baulastträger und beauftragten Unternehmen sowie eine effizientere Durchführung der Maßnahme dafür sorgen, dass die Plankosten sinken bzw. die Istkosten unter dem Planungsansatz bleiben.

Die aktuellen Projektkosten wurden im Juli 2009 vom Regierungspräsidium Freiburg übermittelt.30 Bei zahlreichen Projekten stellen sich die Ansätze ge- genüber dem Bundesverkehrswegeplan 2003 unverändert dar. Hierbei handelt es sich um Projekte des Weiteren Bedarfs, die in den letzten Jahren planerisch nicht weiterentwickelt worden sind. Kostenänderungen gegenüber dem BVWP liegen bei folgenden Projekten vor:

 Für den Ausbau der B27 zwischen Donaueschingen und Hüfingen (0,4 Mio. EUR), die Ortsumgehungen Behla, Randen und Zollhaus (0,8 Mio. EUR) so- wie die Ortsumgehung Schönwald (0,9 Mio. EUR) werden aktuell geringere Kosten als im BVWP veranschlagt.

 Kostensteigerungen sind bei dem Neubau der B 523 bei Villingen-Schwen- ningen (3,9 Mio. EUR) zu verzeichnen. Aufgrund baulicher Änderungen stei- gen die Kosten der Ortsumgehung Schramberg um insgesamt 57 Mio. EUR. In beiden Fällen gibt es aber bereits Überlegungen zur Reduzierung der Baukosten. Die Stadt Schramberg vertritt die Auffassung, dass zur Kostenre- duzierung der Ortsumgehung Schramberg der 2-streifige Aufstieg aus dem Kinzigtal auf eine Fahrspur reduziert werden sollte. Hierdurch sind erhebliche Baukosteneinsparungen möglich.

30 Vgl. Regierungspräsidium Freiburg, Planungsstand und Kostenaktualisierung für die Ver- kehrsprojekte in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg, Information vom 02.07.2009. 42 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Tabelle 10: Aktuelle Projektkosten der Ausbauvorhaben in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg (annuisiert, 2009)

Dringlich- Differenzierung der Projekt Jährliche Kos- keitsstufe Dringlichkeitsstufe ten in Mio. EUR Vordringli- Neue Vorhaben B 27 Donaueschingen – Hüfingen 0,60 cher Bedarf B 27 OU Behla, Zollhaus, Randen 0,53 Neue Vorhaben mit B 462 OU Schramberg 4,17 Planungsrecht-WB* B 523 Villingen-Schwenningen (2. BA) 0,84 B 14 OU Spaichingen 0,94 Weiterer Neue Vorhaben B 14 OU Rietheim – Weilheim 0,27 Bedarf B 27 Balingen – OU Neukirch 2,12 B 31 Döggingen – Hüfingen 0,83 B 311 OU Immendingen 0,68 Neue Vorhaben mit B 500 OU Schönwald 0,59 hohem ökol. Risiko Summe der jährlichen Investitions- und Betriebskosten (in Mio. EUR) 11,58 Quelle: Regierungspräsidium Freiburg, Planungsstand und Kostenaktualisie- rung…, a.a.O.; eigene Darstellung.

Tabelle 10 gibt einen Überblick über die jährlichen Kosten der Ausbauvorha- ben. Bei den Projekten, deren Kosten zu- oder abgenommen haben, wurde vereinfachend eine unveränderte Kostenstruktur unterstellt.31 Dies bedeutet, dass die annuisierten Kosten genau im selben Verhältnis steigen wie die abso- luten Kosten. Insgesamt summieren sich die Kosten auf 11,58 Mio. EUR.

5.3 Wirtschaftlichkeit des Gesamt-Ausbaus in der Region

Bevor auf die Wirtschaftlichkeit der Einzelmaßnahmen eingegangen wird, in- formiert dieser Abschnitt über die Nutzen und Kosten des Bundesstraßen- ausbaus in der Region in aggregierter Betrachtung. Tabelle 11 gibt Auskunft über die Gesamtnutzen aller Projekte, die den Gesamtkosten gegenübergestellt werden. Die Nutzen-Kosten-Differenz liegt bei rund 27 Mio. EUR pro Jahr. Das Verhältnis von Nutzen und Kosten beläuft sich auf 3,3. Jeder investierte EUR generiert damit einen volkswirtschaftlichen Nutzen von 3,30 EUR.

31 Die verschiedenen Kostenelemente (z.B. Grunderwerb, Bau der Tragschicht, Straßen- decke) werden unterschiedlich lange abgeschrieben. Resultieren die Kostenänderun- gen aus der Veränderung einzelner Kostenpositionen oder einer veränderten Zusam- mensetzung der Kosten, berührt dies die mittlere Abschreibungsdauer. In diesem Fall wäre kein proportionaler Anstieg zu verzeichnen. Es ist allerdings zu erwarten, dass die gewählte Arbeitshypothese die Änderung der jährlichen Kosten hinreichend genau ab- bildet. 43 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Tabelle 11: Nutzen-Kosten-Ergebnis für die bewerteten Ausbaumaßnah- men in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten -0,70 Zeitkosten 25,71 Nutzen Unfallkosten 9,16 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 3,32

CO2-Emissionskosten 1,13 Gesamt 38,62 Kosten Investitions- und Betriebskosten 11,58 Nutzen-Kosten-Verhältnis 3,3 Quelle: Eigene Berechnungen.

In Abbildung 8 wird die Verteilung der Ausbaunutzen auf die unterschiedli- chen Bewertungskomponenten dargestellt. Die Nutzenverteilung zeigt die Do- minanz der Zeitkostenersparnisse. Zwei Drittel der Nutzen können auf geringe- re Reise- und Transportzeiten zurückgeführt werden. In absoluten Werten ent- spricht dies einer Einsparung von rund 2 Mio. h. Von großer Bedeutung sind außerdem die Verkehrssicherheitswirkungen und der Rückgang der Schad- stoffbelastung im innerörtlichen Bereich, die mit Anteilen von 24% bzw. 9% zu den gesamtwirtschaftlichen Nutzen beitragen.

Abbildung 8: Verteilung der Ausbaunutzen (in Mio. EUR/Jahr) nach Bewertungskomponenten

0,43 Ze itkoste n 3,32

Unfallkosten

9,16 Kosten der Schadstoffbelastung

übrige Kosten 25,71

Quelle: Eigene Berechnungen.

44 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

5.4 Wirtschaftlichkeit der Einzelmaßnahmen

Die bisher dargestellten Wirtschaftlichkeitskennziffern haben einen Überblick über die Gesamt-Vorteilhaftigkeit der Maßnahmen gegeben. Ergänzend hierzu wird mit Hilfe der folgenden Tabellen analysiert, welche Wirkungen in welcher Höhe zu der Wirtschaftlichkeit der Einzelmaßnahmen beitragen.

Vierstreifiger Ausbau der B 27 Donaueschingen – Hüfingen

Mit diesem Projekt wird der Ausbau im Raum Donaueschingen weiter geführt, so dass die Bundesstraße B 27 ab Bad Dürrheim bzw. die Bundesautobahn A 864 ab dem AD Bad Dürrheim bis zur Querung der B 31 in Hüfingen durchgängig vierstreifig befahren werden können. Das Ausbauprojekt trägt großräumig zu ei- ner leistungsfähigen Verknüpfung des Schweizer Nationalstraßennetzes (N 4 aus Richtung Zürich und Schaffhausen) mit dem Bundesfernstraßennetz bei.

Abbildung 9: Ausbau der B 27 Donaueschingen – Hüfingen

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Die gesamtwirtschaftlichen Effekte des vierstreifigen Ausbaus werden in Tabel- le 12 zusammengestellt. Der Ausbau führt vor allem zu erheblich geringeren Zeitkosten und einer höheren Verkehrssicherheit. Infolge der mit dem Ausbau verbundenen Erhöhung der Durchschnittsgeschwindigkeit kommt es allerdings

45 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

auch zu einem geringfügigen Anstieg der Kfz-Betriebskosten und der CO2- Emissionskosten. Diese Effekte besitzen für das Nutzen-Kosten-Ergebnis aber nur eine geringe Bedeutung. Vielmehr zeichnet sich das Vorhaben mit 5,6 durch ein sehr hohes Nutzen-Kosten-Verhältnis aus, welches die Einstufung der Maßnahme als Vordringlicher Bedarf im Bundesverkehrswegeplan legitimiert.

Tabelle 12: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den vierstreifigen Ausbau der B27 Donaueschingen – Hüfingen

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten -0,08 Zeitkosten 2,66 Nutzen Unfallkosten 1,00 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,00

CO2-Emissionskosten -0,20 Gesamt 3,38 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,60 Nutzen-Kosten-Verhältnis 5,6 Quelle: Eigene Berechnungen.

Ortsumgehungen Behla, Zollhaus und Randen (B 27)

Im Zuge des Planungsfortschritts bei der BVWP sind die drei Ortsumgehungen zu einem gemeinsamen Projekt zusammengefasst worden. Die vordringliche Realisierung ist sind vor dem Hintergrund der Netzkonzeption (Verbindung Süddeutschland-Schweiz) und in Zusammenhang mit dem Ausbau der B 27 zwischen Donaueschingen und Hüfingen zu sehen.

Die gesamtwirtschaftliche Bewertung der Ortsumgehungen Behla, Zollhaus und Randen wird in Tabelle 13 gezeigt. Die Ortsumgehungen weisen mit 5,8 eben- falls ein hohes Nutzen-Kosten-Verhältnis auf, welches vor allem von den Zeiter- sparnissen und der Verbesserung der Verkehrssicherheit getragen wird. Ein beachtlicher Effekt resultiert zudem mit 0,57 Mio. EUR pro Jahr aus dem Rück- gang der innerörtlichen Schadstoffimmissionsbelastung. Insgesamt tragen die Ortsumgehungen in einem bedeutenden Maß zur Ertüchtigung der B 27 für den Fernverkehr bei.

46 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 10: Ortsumgehungen Behla, Zollhaus und Randen (B 27)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Tabelle 13: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehungen Behla, Zollhaus und Randen (B 27)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten 0,09 Zeitkosten 1,49 Nutzen Unfallkosten 0,76 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,57

CO2-Emissionskosten 0,14 Gesamt 3,05 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,53 Nutzen-Kosten-Verhältnis 5,8 Quelle: Eigene Berechnungen.

Ortsumgehung Schramberg (B 462)

Das Vorhaben entlastet die Ortsdurchfahrt Schramberg vom Durchgangsver- kehr. Im Zusammenwirken mit der im Bau befindlichen Ortsumgehung Dunningen führt die Maßnahme zur verkehrlichen Ertüchtigung der großräumi- gen Verbindung zwischen den Bundesautobahnen A 5 (Karlsruhe – Basel) und A 81 (Stuttgart – Singen) sowie darüber hinaus über die B 27 nach Balingen.

47 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 11: Ortsumgehung Schramberg (B 462)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Tabelle 14: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung Schramberg (B 462)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten 0,70 Zeitkosten 2,78 Nutzen Unfallkosten 1,16 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,41

CO2-Emissionskosten 0,56 Gesamt 5,61 Kosten Investitions- und Betriebskosten 4,17 Nutzen-Kosten-Verhältnis 1,3 Quelle: Eigene Berechnungen.

In Tabelle 14 werden die Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Analyse für die Orts- umgehung Schramberg dargestellt. Die Maßnahme weist ein Nutzen-Kosten- Verhältnis von 1,3 auf. Hauptträger des Nutzens sind insbesondere die Zeit- und Verkehrssicherheitsgewinne sowie die infolge der Neutrassierung erzielba- ren Einsparungen an Kfz-Betriebskosten. Auch die Umwelt wird über sinkende

48 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Schadstoffbelastungen und CO2-Emissionen entlastet. Eine Erhöhung des Nut- zen-Kosten-Verhältnisses ist möglich, wenn die Stadt Schramberg aufgrund der erheblichen Feinstaubbelastung Maßnahmen zur Luftreinhaltung ergreift und die Ortsdurchfahrt sperrt.

Die Gesamtnutzen belaufen sich auf 5,61 Mio. EUR. Dieser hohe Nutzen kom- pensiert die ausführungsbedingt (zweistreifiger Aufstieg aus dem Kinzigtal) stark gestiegenen Kosten der Maßnahme. Gegenüber dem Bundesverkehrs- wegeplan 2003, als sich das Projekt noch in einem frühen Planungsstadium befand, sind die Kosten von 50 Mio. EUR auf 107 Mio. EUR gestiegen. Obwohl der erzielbare Nutzen hoch genug ist, um selbst nach Abzug der Kosten noch einen Überschuss von rund 1,5 Mio. EUR zu erzielen, bemüht man sich intensiv um eine Reduzierung der Baukosten, die auch durch die Rücknahme des 2- streifigen Aufstiegs aus dem Kinzigtal erreicht werden könnte.

Hinsichtlich der Baukosten muss ohnehin gesehen werden, dass die Mittelge- birgslage eine aufwendigere Trassierung der Ortsumgehung (in diesem Fall Tunnel) erfordert. Damit verbunden sind systematisch höhere Kosten als bei vergleichbaren Projekten in einfachen topografischen Verhältnissen. Das BVWP-Bewertungsverfahren trägt diesem Umstand bislang keine Rechnung, könnte dies aber durch Einbezug eines Topografiefaktors berücksichtigen.

Darüber hinaus ist das Ergebnis der Raumwirksamkeitsanalyse aus dem BVWP 2003 kritisch zu hinterfragen. Der OU Schramberg wird dort nur einer von fünf möglichen Punkten zuerkannt. Das Ergebnis der städtebaulichen Bewertung stützt sich auf das Argument, dass die verbleibenden innerstädtischen Ver- kehrsmengen zu hoch wären, um eine stärkere Aktivierung städtebaulicher Po- tenziale zu ermöglichen. Die große netzkonzeptionelle Bedeutung wird im Rahmen der Raumwirksamkeitsanalyse nicht gewürdigt, weil es sich bei der Maßnahme Schramberg um eine Ortsumgehung handelt.

Insgesamt sollte das als WB* klassifizierte Projekt die Planungsstufen zügig durchlaufen, um Baureife zu erlangen. Für eine vordringliche Realisierung spre- chen die erheblichen netzkonzeptionellen Vorteile, weil in Zusammenhang mit weiteren, bereits begonnenen (OU Dunningen) bzw. geplanten Maßnahmen (Ausbau B 27 Balingen – Neukirch) eine leistungsfähige Verbindung im Norden der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg entsteht.

49 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Neubau der B 523 in Villingen-Schwenningen (2. Bauabschnitt)

Der Neubau der B 523 besitzt eine herausragende Bedeutung für die Neuord- nung der Verkehrsströme in und um das Oberzentrum Villingen-Schwenningen. Ohne seine Realisierung stößt das innerstädtische Straßennetz der Kreisstadt in den nächsten Jahren an seine Kapazitätsgrenzen. Das Projekt führt die Bun- desstraße B 523 fort, so dass eine direkte Verknüpfung entsteht zwischen der Bundesautobahn A 81 (Stuttgart – Singen) und der Bundesstraße B 33 (Offen- burg – Konstanz), die als Europastraße E 531 überregionale Bedeutung besitzt.

Abbildung 12: Neubau der B 523 in Villingen-Schwenningen (2. Bauabschnitt)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Tabelle 15: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Neubau der B 523 in Villingen-Schwenningen (2. Bauabschnitt)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten -2,67 Zeitkosten 6,59 Nutzen Unfallkosten 0,14 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,20

CO2-Emissionskosten 0,11 Gesamt 4,37 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,84 Nutzen-Kosten-Verhältnis 5,2 Quelle: Eigene Berechnungen. 50 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Tabelle 15 zeigt die Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Bewertung des Vorhabens. Der Neubau führt im Prognosejahr 2025 zu Gesamtnutzen von 4,37 Mio. EUR. Dem stehen annuisierte Investitionskosten in Höhe von 0,84 Mio. EUR gegen- über. In dieser Annuität sind die aktuellen Projektkosten von 20,0 Mio. EUR (gegenüber 16,1 Mio. EUR im Bundesverkehrswegeplan 2003) bereits enthal- ten. Der Neubau stellt sich mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 5,2 über- aus wirtschaftlich dar. Getragen werden die Nutzen von den Einsparungen bei den Reise- und Transportzeiten. Sie belaufen sich insgesamt 6,59 Mio. EUR. Den Zeitersparnissen, von denen vor allem der Durchgangsverkehr profitiert, stehen allerdings Mehrkosten des Kraftstoffverbrauchs (Kfz-Betriebskosten) gegenüber, da der durchschnittliche Verbrauch aufgrund der höheren Ge- schwindigkeiten auf der durchgängig befahrbaren Bundesstraße ansteigt. In den umweltrelevanten Nutzenkategorien (Kosten der Schadstoffbelastung,

CO2-Emissionskosten) entstehen auch positive Effekte. Von seiner ökonomi- schen Wirkung her ist das Projekt vordringlich realisierungswürdig.

Die Realisierung der Maßnahme wurde auf der Grundlage des Netzfalls 1a der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans Villingen-Schwenningen bewer- tet. Die dort ausgewiesenen Verkehrsstärken der einzelnen Netzabschnitte bil- den die Grundlage der hier durchgeführten Nutzen-Kosten-Bewertung.32

Der Lückenschluss der B 523 entfaltet eine erhebliche netzkonzeptionelle Wir- kung, indem er die Verkehrsströme im Raum Villingen-Schwenningen neu ord- net. Die ausgelasteten Stadtstraßen, die im Prognosejahr 2025 täglich 22.000 bis 23.000 Fahrzeugen tragen (bei einer Teilrealisierung der Maßnahme sogar bis zu 27.500 Fahrzeuge), werden deutlich entlastet. Dies geschieht dadurch, dass der Durchgangsverkehr auf der nunmehr vollständig ins überregionale Netz eingebundenen Bundesstraße B 523 gebündelt wird. Der gesamte neue Straßenzug nimmt pro Tag zwischen 11.100 und 22.700 Fahrzeugen auf. Damit einher gehen Mehrkosten auf den Bundesstraßen B 523 und B 33 in Höhe von fast 6 Mio. EUR. Andererseits werden die Kosten des Verkehrs im nachgeord- neten Straßennetz um 10 Mio. EUR gesenkt. Per Saldo entsteht so ein Nutzen der Maßnahme von mehr als 4 Mio. EUR (s.o.).

In weiten Teilen des städtischen Straßennetzes entstehen deutliche Entlastun- gen. Die Entlastung kommt vor allem den Ortsdurchfahrten der nördlichen Stadtteile, dem stark befahrenen Nordring, der Villinger Straße und Schwennin-

32 Dr. Brenner Ingenieurgesellschaft mbH, Stadt Villingen-Schwenningen – Fortschreibung Verkehrsentwicklungsplan 2007/2008, Aalen 2008. 51 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg ger Straße sowie dem Außenring Villingen zugute. Der Binnenverkehr und der Quelle-Ziel-Verkehr kann auf diesen Straßen problemlos abgeführt werden. Eine deutliche Mehrbelastung tritt mit bis zu 13.800 Fahrzeugen lediglich auf der L 178 auf. Diese Straße erfüllt eine wesentliche Zubringerfunktion zur B 523. Außerdem wird die B 33 im nördlichen Bereich stärker belastet, da sie Verkehre von der B 523 aufnimmt.

Die signifikanten innerörtlichen Entlastungen spiegeln sich in der im BVWP 2003 durchgeführten Raumwirksamkeitsanalyse keineswegs wider. Die städte- bauliche Bewertung führt zu dem Ergebnis 0 von 5 Punkten. Dieses Ergebnis ist nicht nachvollziehbar. Zur Begründung wird angeführt, dass die verkehrlichen Entlastungen in der Größenordnung der Aussageschärfe der verwendeten Rechenmodelle liegen. Möglicherweise entspricht diese Einschät- zung dem Kenntnisstand von Anfang dieses Jahrzehnts. In jedem Fall liegen auf der Basis der Fortschreibung des Verkehrsentwicklungsplans Villingen- Schwenningen belastbare Prognoseergebnisse vor, die die innerstädtische Verkehrsentlastung nachweisen. Unabhängig davon ist zu klären, ob bei einer Maßnahme, die eher den Charakter eines regionalen Lückenschlusses als den einer Ortsumgehung aufweist, eine Prüfung der Beiträge zu Verteilungs- und Entwicklungszielen angemessener gewesen wäre. Insgesamt besteht das Po- tenzial einer wesentlich besseren Beurteilung der Raumwirksamkeit.

Bei der Beurteilung der Maßnahme ist des Weiteren zu berücksichtigen, dass Villingen-Schwenningen das Oberzentrum der Region darstellt. Die Standort- attraktivität drückt sich etwa in der Entstehung neuer Gewerbegebiete und neu- er Aufsiedelungen aus. Auch ist es erforderlich, dass Villingen-Schwenningen seine oberzentralen Funktionen wahrnehmen kann (soziale Infrastruktur, Kultur etc.). Dementsprechend bedarfsgerecht muss die Verkehrsinfrastruktur ausge- legt sein. Besondere Bedeutung hat in diesem Zusammenhang der Bau des neuen Zentralklinikums, der unlängst begonnen wurde. Wenn das Zentralklini- kum in Betrieb geht, wird dort Verkehr konzentriert, der vorher auf drei Kran- kenhäuser verteilt war. Wenn dieser Verkehr über die bestehenden Straßen jeweils die Zentren von Villingen und Schwenningen durchfahren muss, um zum Zentralklinikum zu gelangen, entstehen vermeidbare Verkehrs- und Um- weltbelastungen im urbanen Raum. Daher ist es zwingend erforderlich, das neue Klinikum auf kurzem Weg an das regionale Verkehrsnetz anzubinden. Auch vor diesem Hintergrund sollte der Neubau der B 523 vordringlich, d.h. zeitnah, realisiert werden.

52 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Ortsumgehung Spaichingen (B 14)

Die Ortsumgehung Spaichingen ist für die Sicherung der Leistungsfähigkeit der Bundesstraße B 14 in der Relation Rottweil – Tuttlingen von zentraler Bedeu- tung. Die stark befahrene Ortsdurchfahrt, die mit rund 90% einer der höchsten Kapazitätsauslastungen in der gesamten Region aufweist (vgl. Kapitel 4.3), kann durch den Bau der Ortsumgehung nachhaltig entlastet werden.

Abbildung 13: Ortsumgehung Spaichingen (B 14)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Tabelle 16: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung Spaichingen (B 14)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten 0,25 Zeitkosten 2,48 Nutzen Unfallkosten 1,52 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,50

CO2-Emissionskosten 0,21 Gesamt 4,96 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,94 Nutzen-Kosten-Verhältnis 5,3 Quelle: Eigene Berechnungen.

53 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Die Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Bewertung für die Ortsumgehung Spaichingen werden in Tabelle 16 dargestellt. Durch den Bau der Umgehungs- straße können volkswirtschaftliche Nutzen in Höhe von fast 5 Mio. EUR pro Jahr erzielt werden. Mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 5,3 erreicht die Maßnahme eine beachtliche gesamtwirtschaftliche Rentabilität. Allein dies rechtfertigt eine zeitnahe Umsetzungsperspektive. Ebenso zu berücksichtigen sind die Vorteile der Netzdurchlässigkeit aus übergeordneter Sicht, mit der die Leistungsfähigkeit der Verbindung Rottweil – Tuttlingen verbessert wird. Hinzu kommt, bezogen auf Spaichingen, die Vermeidung von Kapazitätsengpässen im Innerortsbereich, so dass Spaichingen weiterhin seine Funktion als Dienst- leistungszentrum für die benachbarten Umlandgemeinden ausüben kann.

Ortsumgehung Rietheim-Weilheim (B 14)

Die Ortsumgehung Rietheim-Weilheim ist in engem Zusammenhang mit dem Bau der Ortsumgehung Spaichingen zu sehen. Zusammen verbessern die Orts- umgehungen die Qualität des Verkehrsablaufs im Zuge der B 14 zwischen den Kreisstädten Rottweil und Tuttlingen. Durch die ortskernnahe Linienführung wird die Ortsdurchfahrt signifikant vom Verkehr entlastet. Die hierdurch erzielbaren Verbesserungen der innerörtlichen Aufenthaltsfunktionen sind im Bundesver- kehrswegeplan besonders als hohe Raumwirksamkeit gewürdigt worden.

Abbildung 14: Ortsumgehung Rietheim-Weilheim (B 14)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

54 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Die Ergebnisse der Nutzen-Kosten-Analyse für die Ortsumgehung Rietheim- Weilheim werden in Tabelle 17 gezeigt. Mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 4,6 wird die gesamtwirtschaftliche Rentabilität überzeugend nachgewiesen. Weitere Argumente für eine zeitnahe Umsetzung der Maßnahme sind die posi- tive Beurteilung der Raumwirksamkeit und die mit 6,6 Mio. EUR vergleichswei- se geringen Gesamtkosten.

Tabelle 17: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung Rietheim-Weilheim (B 14)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten -0,16 Zeitkosten 0,91 Nutzen Unfallkosten 0,42 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,19

CO2-Emissionskosten -0,10 Gesamt 1,26 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,27 Nutzen-Kosten-Verhältnis 4,6 Quelle: Eigene Berechnungen.

Ausbau der B 27 Balingen – Rottweil (Ortsumgehung Neukirch)

Das Projekt besteht aus mehreren Maßnahmen, die zusammen die Anbindung der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg in Richtung Tübingen verbessern. In Verbindung mit den Ausbaumaßnahmen auf der B 462 (Ortsumgehungen Schramberg und Dunningen) entsteht in West-Ost-Ausrichtung zwischen den groben Maschen des Bundesautobahnnetzes eine leistungsfähige Nordachse in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg. Diese Achse verbindet großräumig den Oberrheingraben und den Schwarzwald mit dem Doppelzentrum Tübingen und Reutlingen. Die Stellung der Mittelzentren Rottweil und Balingen wird hier- durch gestärkt. Durch die Neutrassierung unter Umgehung der Ortszentren las- sen sich signifikante Verbesserungen der innerörtlichen Aufenthaltsfunktionen erzielen, die im Rahmen der städtebaulichen Beurteilung des BVWP als hohe Raumwirksamkeit (= 3 Punkte in der Raumwirksamkeitsanalyse) gewürdigt worden sind.

55 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 15: Ausbau der B 27 Balingen – Rottweil (OU Neukirch)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Tabelle 18: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Ausbau der B 27 Balingen – Rottweil (OU Neukirch)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten 0,91 Zeitkosten 4,39 Nutzen Unfallkosten 1,91 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,61

CO2-Emissionskosten 0,32 Gesamt 8,14 Kosten Investitions- und Betriebskosten 2,12 Nutzen-Kosten-Verhältnis 3,8 Quelle: Eigene Berechnungen.

Hohe gesamtwirtschaftliche Nutzen von mehr als 8 Mio. EUR (vgl. Tabelle 18) entstehen insbesondere durch den Rückgang des Zeitbedarfs, die Erhöhung der Verkehrssicherheit und die Abnahme der innerörtlichen Belastung mit Luft- schadstoffen. Im Ergebnis erzielt das Projekt ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3,8 und weist die erläuterten bedeutenden Vorzüge in der Netzkonzeption auf.

56 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Vierstreifiger Ausbau der B 31 Döggingen – Hüfingen

Der Ausbau der B 31 zwischen Döggingen und Hüfingen ist im Bundesver- kehrswegeplan Teil der großräumigen Ausbaumaßnahme Kirchzarten – Hüfin- gen, die sich auf 42,6 km erstreckt. Der Ausbau führt zu einer höheren verkehr- lichen Leistungsfähigkeit der Ost-West-Achse Ulm – Freiburg. Diese markiert die südliche Fernverkehrsachse in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg.

Abbildung 16: Ausbau der B 31 Döggingen – Hüfingen

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Tabelle 19: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den vierstreifigen Ausbau der B31 Döggingen – Hüfingen

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten -0,07 Zeitkosten 2,47 Nutzen Unfallkosten 0,88 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,00

CO2-Emissionskosten -0,18 Gesamt 3,10 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,83 Nutzen-Kosten-Verhältnis 3,7 Quelle: Eigene Berechnungen. 57 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

In Tabelle 19 werden die gesamtwirtschaftlichen Nutzen und Kosten des Aus- baus der B 31 zwischen Döggingen und Hüfingen aufgezeigt. Der Ausbau führt insgesamt zu einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3,7. Er ist damit erheblich positiver zu bewerten als der im BVWP 2003 zugrunde gelegte Gesamtausbau der B 31 zwischen Kirchzarten und Hüfingen (Nutzen-Kosten-Verhältnis 1,6). Zudem muss gesehen werden, dass der Bau der Ortsumgehung Döggingen bereits fertig gestellt ist. Die volle verkehrliche Wirkung wird die Umgehung al- lerdings erst entfalten können, wenn auch der Abschnitt Döggingen – Hüfingen vierstreifig ausgebaut ist. Daher ist zu prüfen, ob der Ausbau zwischen Döggingen und Hüfingen nicht ebenfalls vordringlich realisiert werden kann.

Ortsumgehung Immendingen (B 311)

Das Vorhaben entlastet die Ortsdurchfahrt von Immendingen. In großräumiger Sicht trägt das Projekt zur verkehrlichen Ertüchtigung der Landesentwicklungs- achse Ulm – Freiburg bei. Hinsichtlich der Netzwirkung ist die Ortsumgehung Immendingen vor allem im Zusammenhang mit den anderen Maßnahmen im Zuge der B 311 (Kreuzstraßentunnel in Tuttlingen, Ortsumgehung Neuhausen) zu sehen, die bis zum Jahr 2013 fertig gestellt werden.

Abbildung 17: Ortsumgehung Immendingen (B 311)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

58 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Das Ergebnis der Nutzen-Kosten-Bewertung für die Ortsumgehung Immendin- gen wird in Tabelle 20 dargestellt. Die zeitnahe Umsetzung des Projektes ist aufgrund eines Nutzen-Kosten-Verhältnisses von 4,1 aus ökonomischer Sicht ohne Einschränkungen zu empfehlen. Gesenkt werden können vor allem die Zeit- und Unfallkosten sowie Kosten der innerörtlichen Luftschadstoffbelastung. Hinsichtlich der Netzwirkung würde der Bau der Ortsumgehung die Durchläs- sigkeit der Entwicklungsachse Freiburg – Ulm nachhaltig positiv beeinflussen.

Tabelle 20: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung Immendingen (B 311)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten 0,12 Zeitkosten 1,21 Nutzen Unfallkosten 0,88 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,55

CO2-Emissionskosten 0,04 Gesamt 2,80 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,68 Nutzen-Kosten-Verhältnis 4,1 Quelle: Eigene Berechnungen.

Ortsumgehung Schönwald (B 500)

Der Bau der Ortsumgehung Schönwald stärkt die verkehrliche Leistungsfähig- keit der großräumigen Verkehrsbeziehung Baden-Baden – Waldshut-Tiengen. Im regionalen Vergleich ist die B 500 mit Verkehrsstärken von 5.000 bis 10.000 Fahrzeuge pro Tag unterdurchschnittlich belastet. In kleinräumiger Sicht steht die Maßnahme in Verbindung mit geplanten Ortsumgehungen in den benach- barten Orten Triberg und Furtwangen, die gegenwärtig nicht Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans sind. In der Projektbewertung des BVWP hat die Ortsumgehung Schönwald mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 1,9 ihre gesamtwirtschaftliche Rentabilität nachgewiesen. Allerdings zeichnet sich die Maßnahme durch ein sehr hohes Umweltrisiko aus, welches für den Fortgang der Planung eine besondere naturschutzfachliche Prüfung der Maßnahme er- fordert.

59 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 18: Ortsumgehung Schönwald (B 500)

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Projektdos- siers, www.bmvbw.de/static/bundesverkehrswegeplan/prins.html.

Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist auch der Bau der Ortsumgehung Schön- wald zu empfehlen (vgl. Tabelle 21). Die Ortsumgehung führt zu einer erhebli- chen Verbesserung die Verkehrsverhältnisse im Zuge der B 500. Die Maßnah- me erreicht ein Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3,3 und liegt damit genau im re- gionalen Durchschnitt. Die Ausbauwürdigkeit stützt sich vor allem Ersparnisse bei den Zeitkosten, aber auch auf erheblich geringere innerörtlichen Unfall- und Immissionswirkungen.

Tabelle 21: Nutzen-Kosten-Ergebnis für den Bau der Ortsumgehung Schönwald (B 500)

Bewertungskomponenten Bewertete Wirkungen (in Mio. Euro/Jahr) Kfz-Betriebskosten 0,21 Zeitkosten 0,74 Nutzen Unfallkosten 0,49 Lärmkosten 0,00 Kosten der Schadstoffbelastung 0,29

CO2-Emissionskosten 0,23 Gesamt 1,96 Kosten Investitions- und Betriebskosten 0,59 Nutzen-Kosten-Verhältnis 3,3 Quelle: Eigene Berechnungen.

60 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

5.5 Sensitivität der Bewertungsergebnisse

Strukturell fallen die Nutzen-Kosten-Ergebnisse in dieser Studie höher aus als in der Bewertung der gleichen Maßnahmen vor fünf Jahren. Die Gründe für die Veränderung der Nutzen-Kosten-Verhältnisse sind vielfältig:

 Für das Jahr 2025 werden höhere Verkehrsbelastungen – sowohl im Ge- samtnetz als auch auf den einzelnen Abschnitten – erwartet. Wenn dann Ausbaumaßnahmen greifen, steigt der erzielbare Nutzen aufgrund des ver- änderten Verkehrsmengengerüstes.

 Die Kosten liegen für alle Projekte mit ihren aktuellen Ansätzen vor. Wenn die Maßnahmenkosten geringer anfallen, erhöht das unter sonst gleichen Bedingungen das Nutzen-Kosten-Verhältnis. Wenn die Kosten zunehmen, was nur bei der Ortsumgehung Schramberg deutlich ins Gewicht fällt, dämpft dies das Nutzen-Kosten-Verhältnis.

 Um die Bewertung der Maßnahmen kongruent zu den Kosten durchzuführen, wurde auch das Wertgerüst, d.h. die Kostensätze zur Bewertung der verkehrlichen Wirkungen, auf das aktuelle Jahr fortgeschrieben.

Alle Effekte tragen zu einer Veränderung der Ergebnisse bei. Um eine Vorstel- lung von der Robustheit der Ergebnisse zu erlangen, werden im Folgenden für ein ausgewähltes Projekt, Ausbau der B 27 Donaueschingen – Hüfingen, ver- schiedene Sensitivitätsrechnungen durchgeführt. Sie zeigen auf, wie groß der Einfluss der oben dargestellten Gründe auf das Nutzen-Kosten-Verhältnis aus- fällt. Das berechnete Ergebnis NKV = 5,6 wird für eine bessere Vergleichbarkeit gleich einem Indexwert von 100 gesetzt. Die Sensitivitätsrechnungen geben Antwort auf folgende Fragestellungen:

 Wie groß ist der Einfluss der Aktualisierung des Wertgerüstes? Wie groß ist die relative Abweichung, die auf diesen Einflussfaktor zurückgeht?

 Was würde passieren, wenn sich der Untersuchungsraum demografisch schlechter entwickelt? Zur Umsetzung wird hier die Annahme getroffen, dass die Verkehrsbelastung auf dem Stand von 2005 eingefroren wird. Das be- deutet, dass die Verkehrsmengen im Jahr 2025 auf dem betrachteten Ab- schnitt identisch mit denen des Jahres 2005 sind.

 Welchen Einfluss haben darüber hinaus Änderungen bei den Kosten? Im vorliegenden Fall wird heute mit rund 3% geringeren Kosten gerechnet.

61 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Abbildung 19: Sensitivität der Nutzen-Kosten-Ergebnisse am Beispiel des Ausbaus der B 27 Donaueschingen - Hüfingen

100 100 87

80 66 64 60 40 20 Indexwert des 0 Verkehrsmengen Verkehrsmengen Verkehrsmengen Verkehrsmengen

Nutzen-Kosten-Verhältnisses 2025, Wertgerüst 2025, Wertgerüst 2005, Wertgerüst 2005, Wertgerüst 2009, Kosten 2009 1998, Kosten 2009 1998, Kosten 2009 1998, Kosten 1998

Quelle: Eigene Berechnungen.

Die in Abbildung 19 dargestellten Ergebnisse der Sensitivitätsrechnungen lassen sich wie folgt interpretieren:

 Wenn die prognostizierten Verkehrsmengen für 2025 mit den Bewertungs- sätzen aus der Vorgängerstudie des IfV Köln (Preisstand gemäß BVWP: 1998) bewertet worden wären, würde das Nutzen-Kosten-Verhältnis um 13% geringer ausfallen. Das Nutzen-Kosten-Verhältnis läge dann bei 4,9.

 Wenn die Verkehrsmengen auf dem Stand von 2005 eingefroren werden, sinkt das Nutzen-Kosten-Verhältnis um ein Drittel. Der Indexwert von 66 kor- respondiert mit einem Nutzen-Kosten-Verhältnis von 3,7.

 Wenn der Effekt der leicht gesunkenen Kosten nicht berücksichtigt würde, würde das Nutzen-Kosten-Verhältnis auf 3,6 bzw. einen Indexwert von 64 sinken.

Die Sensitivitätsrechnungen zeigen, dass die Änderung der Eingangsdaten der Bewertung natürlich auch deren Ergebnis ändert. Der Verkehrsmengeneffekt erweist sich hierbei als sensitiver als die Fortschreibung der Bewertungssätze auf den aktuellen Preisstand. Insgesamt lässt sich aber festhalten, dass die Nutzen-Kosten-Ergebnisse robust ausfallen. Die Änderung der Eingangsda- ten führt in keinem der untersuchten Fälle zu einer grundsätzlichen Verände- rung des Wirtschaftlichkeitsnachweises.

62 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

6. Folgerungen und Handlungsempfehlungen

Die vorliegende Untersuchung hat die Wirtschaftlichkeit der Straßenausbau- projekte in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg eindrucksvoll bestätigt. Ei- ne Übersicht über die Ergebnisse bietet Tabelle 22. Jeder investierte EUR in die Straßeninfrastruktur der Region generiert einen Nutzen von 3,30 EUR. Die meisten Projekte haben sich in ihrer Wirtschaftlichkeit nochmals gegenüber der Bewertung aus dem Jahr 2004 verbessert. Dies ist vor allem auf das prognosti- zierte Verkehrswachstum bis zum Jahr 2025 zurückzuführen. Einzig die Orts- umgehung Schramberg weist aufgrund stark gestiegener Baukosten (Tunnel) ein geringeres Nutzen-Kosten-Verhältnis im Vergleich zu 2004 auf. Maßnah- men in Mittelgebirgslagen erfordern strukturell aufwendigere Lösungen. Ein Topografiefaktor in der BVWP könnte dies für betroffene Maßnahmen berück- sichtigen. Zugleich bestehen bereits intensive Bemühungen um eine Reduzie- rung der Baukosten.

Tabelle 22: Übersicht über die Nutzen-Kosten-Verhältnisse des Bundes- straßenausbaus in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Maßnahme (Ortsumgehung, Ausbau) Nutzen-Kosten- Nutzen-Kosten- Verhältnis Verhältnis (2004) (2009) B 27 Donaueschingen – Hüfingen 4,6 5,6 B 27 OU Behla, Zollhaus, Randen 4,2 5,8 B 462 OU Schramberg 2,5 1,3 B 523 Villingen-Schwenningen (2. BA) 3,7 5,2 B 14 OU Spaichingen 4,1 5,3 B 14 OU Rietheim – Weilheim 3,4 4,6 B 27 Balingen – Rottweil (OU Neukirch) 2,7 3,8 B 31 Döggingen – Hüfingen 3,0 3,7 B 311 OU Immendingen 3,3 4,1 B 500 OU Schönwald 2,8 3,3 Mittelwert der Nutzen-Kosten-Verhältnisse 3,2 3,3 Quelle: Baum, H., Geißler, T., Schulz, W.H., Ausbau der Straßeninfrastruktur…, a.a.O., S. 47f.; eigene Berechnungen.

Unter dem Gesichtspunkt der Netzkonzeption ist besonders zu würdigen, dass zahlreiche Ausbauvorhaben miteinander in Verbindung stehen. So stärken die geplanten Maßnahmen an der B 27 die Bedeutung der Verkehrsachse zur Schweiz. Der großräumig kontinentale Trend einer stärkeren West-Ost- Ausrichtung der Transportströme erfordert eine bessere Durchlässigkeit der

63 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

West-Ost-Verkehrsachsen in der Region. Das weitmaschige Bundesautobahn- netz kann dies allein nicht leisten. Daher ist ein hohes Augenmerk auf die Maß- nahmen zu legen, die die West-Ost-Verkehrsachsen stärken. Dies betrifft so- wohl den nördlichen Straßenzug der Bundesstraßen B 462 und B 27 in Rich- tung Tübingen und Reutlingen als auch den südlichen Straßenzug der B 31 und B 311 entlang der Achse Freiburg-Ulm.

Villingen-Schwenningen stellt das Zentrum der Region Schwarzwald-Baar- Heuberg dar. Die Attraktivität des Oberzentrums als Wohn- und Gewerbe- standort sowie als Standort für zentrale Dienste für die Region (z.B. Zentralkli- nikum, Bildungseinrichtungen) bringt Verkehr mit sich. Die Straßeninfrastruktur muss gerade im Mittelpunkt der Region darauf ausgelegt sein, dass die ober- zentralen Funktionen auch adäquat wahrgenommen werden können. Die bisher unklare zeitnahe Realisierungsperspektive für den Neubau der Bundesstraße B 523 (BVWP-Einstufung: WB*) erweist sich vor diesem Hintergrund als ein schweres Handicap. Die absehbare Überlastung des städtischen Straßennet- zes lässt den Lückenschluss der B 523 zur B 33 zu einer dringlichen Aufgabe werden. Hierdurch bietet sich die Möglichkeit, die Verkehrsströme in und um Villingen-Schwenningen neu zu ordnen, den Durchgangsverkehr auf der B 523 zu bündeln, die urbanen Zentren vom Verkehr zu entlasten und das Zentralkli- nikum auf schnellem Weg an das überörtliche Straßennetz anzubinden.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass die vorliegende Untersuchung bisher vor allem eine angebotsorientierte Perspektive eingenommen hat. Die Nutzen- Kosten-Analysen haben aufgezeigt, welche Optimierungspotentiale im Ver- kehrssystem selbst bestehen. Wie die Nachfrage auf die Verkehrsoptimierung reagiert, d.h. was die Nutzer aus den verbesserten Bedingungen machen, ist in den Wirtschaftlichkeitskennziffern noch nicht enthalten. Verkehrsinfrastruktur stellt einen öffentlichen Input in die Fertigungsprozesse dar. Die Ausstattung mit Verkehrsinfrastruktur entfaltet Produktivitäts- und Wachstumswirkungen. Ausgehend von den grundlegenden Arbeiten Aschauers (1989), der sehr hohe Produktivitätswirkungen öffentlicher Infrastrukturinvestitionen (Public Capital- Hypothese) ermittelt, hat eine Reihe von Studien weltweit die Gültigkeit dieses Zusammenhangs untersucht. Insgesamt hat sich gezeigt, dass die Outputelastizität bei etwa 0,1 liegt.33 Dies bedeutet, dass die Zunahme des Inf- rastrukturkapitals um 1% zu einer Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Wert- schöpfung um 0,1% führt.

33 Vgl. Vickerman, R., Economic growth effects of transport infrastructure, in: Jahrbuch für Regionalwissenschaft, 20. Jg. (2000), Heft 2, S. 99-115. 64 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Andere Untersuchungen haben gezeigt, dass zusätzliche Verkehrsinfrastruktur- investitionen in Höhe von real 1 Mrd. EUR in Deutschland kumuliert über die Lebensdauer der Infrastruktur von 30 Jahren zu einem Wachstumseffekt in Höhe von 5,2 Mrd. EUR führen.34

Die Bedeutung der Verkehrsinfrastruktur als Standortfaktor wurde in vielen empirischen Untersuchungen bestätigt.35 Eine Befragung des IfV Köln unter den Unternehmen im Oberbergischen Kreis36 hat gezeigt, dass die Verkehrsinfra- struktur unter einer Vielzahl von Standortfaktoren die mit Abstand größte Be- deutung besitzt. Die Bedeutung der Standortfaktoren (1 = sehr hoch, 5 = sehr gering) wird in Tabelle 23 dargestellt.

Tabelle 23: Bedeutung der Standortfaktoren – Ergebnisse einer Unter- nehmensbefragung im Oberbergischen Kreis (2001)

Standortfaktor Mittelwert Median Rang Anbindung Straße 1,32 1 1 qualifizierte Arbeitskräfte 1,76 1 2 Arbeitskosten 1,79 2 3 Steuern und Abgaben 1,92 2 4 Dienstleistungsangebote 2,35 2 5 Umweltauflagen 2,40 2 6 Nähe Absatzmarkt 2,52 2 7 Freizeitwert 2,55 2 8 geeignete Gewerbeflächen 2,66 2 9 Nähe Beschaffungsmarkt 2,84 3 10 Anbindung Flughäfen 2,91 3 11 Mieten 3,07 3 12 Forschungs- und Bildungseinrichtungen 3,07 3 13 Anbindung Schiene 3,43 3 14 Nähe zu Betrieben gleicher Branche 3,91 4 15 Anbindung Wasserstraßen 4,63 5 16

Quelle: Baum, H., Geißler, T., Esser, K., Kurte, J., Verkehrliche und gesamtwirt- schaftliche Wirkungen einer Nord-Süd-Verbindung im Oberbergischen Kreis, Gutachten im Auftrag der Industrie- und Handelskammer zu Köln, Zweigstelle Oberberg, Köln 2001, S. 54.

34 Vgl. Hartwig, K.-H. et al. (2008), Bedeutung der Infrastrukturen im internationalen Standortwettbewerb und ihre Lage in Deutschland, im Auftrag des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Münster 2008. 35 Vgl. Krugman, P., Geography and Trade, Leuven 1991. 36 Da der Oberbergische Kreis über eine vergleichbare Lage im ländlich geprägten Raum mit starker industrieller Basis verfügt, sich durch die Metropolorientierung Richtung Köln auszeichnet, aber bisher keine leistungsfähige intraregionale Nord-Süd-Verbindung aufweist, können die Ergebnisse einen Anhaltspunkt für die Region Schwarzwald-Baar- Heuberg bieten. 65 Ausbau der Straßeninfrastruktur in der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg

Auf der Basis der vorliegenden Ergebnisse können folgende Handlungs- empfehlungen gegeben werden:

 Die bewerteten Maßnahmen haben ihre Wirtschaftlichkeit durchweg bestä- tigt. Die im Bundesverkehrswegeplan vordringlich eingestuften Maßnahmen sollten möglichst zeitnah umgesetzt werden.

 Die Projekte des Weiteren Bedarfs, die mit Planungsrecht versehen sind (WB*), sollten zügig weiter geplant werden, so dass die Voraussetzungen für den Bau mittelfristig geschaffen werden. Die WB*-Projekte der Region haben eine besondere Bedeutung für das regionale Straßennetz. Diese Bedeutung ergibt sich bei der kostenträchtigen Ortsumgehung Schramberg (B 462) aus der netzkonzeptionellen Wirkung in Verbindung mit der Ortsumgehung Dunningen sowie weiteren Maßnahmen in Richtung Balingen und Tuttlingen. Der Lückenschluss der B 523 zur B 33 in Villingen-Schwenningen ist beson- ders dringlich, um die Wahrnehmung der Funktion als Oberzentrum abzusi- chern.

 Alle Projekte des Weiteren Bedarfs sollten perspektivisch von den regionalen Akteuren weiterentwickelt werden. Bei der in der nächsten Legislaturperiode anstehenden Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans sollten die Be- teiligungsspielräume konsequent genutzt werden, um die Projekte aussichts- reicher zu platzieren. Eine wesentliche Rolle in diesem Prozess können die Abgeordneten der Region im Bundestag und im Landtag spielen.

 In der Zusammenarbeit mit benachbarten Regionen sollte versucht werden, Projekte mit gemeinsamen überregionalen Interessen gemeinsam zu bewer- ben, Aufmerksamkeit herzustellen, um sie so stärker in den Fokus der Öf- fentlichkeit zu rücken.

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