Typusart der neuen Gattung Nosferatu ist N. pame aus Tamasopo.

Neue Namen für „alte“ Fische - tepehua* und die Gattung Nosferatu*

Uwe Werner Fünf mexikanische und spanische Gattungen und beschreiben auch Auch die ebenfalls von den beiden Ichthyologen untersuchten die Phy- noch eine neue Herichthys-Art, die genannten Autoren im Jahre 2013 logenie der Gattung Herichthys und sie H. tepehua nennen. beschriebenen Arten H. molango aus ihre morphologische Variationsbreite der Laguna Azteca in und H. und liefern auf molekularbiologi- pratinus aus dem Rio Salto heißen nun scher Basis eine phylogeographische Die Gattung Nosferatu Nosferatu. Weiterhin nennen De la Analyse. Außerdem stellen sie die Maza-Bernihgnos et al. die von mir und neue Gattung Nosferatu auf, grenzen Für uns Aquarianer steht erstens die R. Stawikowski in unserem Buch über diese gegen die Gattung Herichthys Tatsache im Vordergrund, dass mit die Buntbarsche Amerikas (Band 1, ab und liefern Wiederbeschreibun- Nosferatu eine ganze Anzahl mehr oder 1998) in der „Cichlasoma“-bartoni- gen der aquaristisch relativ gut be- weniger bekannter Cichliden einen Gruppe untergebrachten Arten N. kannten Arten Herichthys carpintis, neuen Gattungsnamen bekommt. bartoni, N. labridens, N. pantostictus H. deppii, H. tamasopoensis, H. cya- Typusart ist Nosferatu pame aus dem und N. steindachneri. noguttatus, H. teporatus (gilt aller- Rio Tamasopo, erst 2013 noch von dings aktuell als Synonym zu H. Maza-Benignos & Lozano-Vilano als Ich will hier nur die wichtigsten carpintis) und H. minckleyi, deren Herichthys beschrieben und in der Merkmale der Gattung Nosferatu nen- Diagnose wiederum die Unterschiede aquaristischen Literatur bislang als nen. Namensgebend ist ein im Ver- zu den anderen Arten benennt. „Cichlasoma“ cf. labridens oder Her- gleich zu den übrigen Zähnen des Außerdem erstellen sie eine biogeo- ichthys cf. labridens bzw. „Weißer Oberkiefers verlängertes Paar nach hin- graphische Hypothese für beide Labridens“ bekannt. ten gebogener Oberkieferzähne (in der 268 DCG-Informationen 45 (12): 268-272 Beschreibung „fangs“ = Fangzähne genannt) im Bereich der Symphyse, also im vorderen Bereich des Ober- kiefers. Diese sehen nämlich nach Mei- nung der Autoren wie Vampirzähne aus und erinnern somit an den Vampir Graf Orlok in dem 1922 von Murnau (die Autoren schreiben Marnau) geschaf- fenen Stummfilm „Nosferatu - Eine Symphonie des Grauens“. Die entspre- chenden Zähne des Unterkiefers sind weniger stark vergrößert. Die vorderen Kieferzähne werden zudem als regel- mäßig angeordnet beschrieben, mit deutlichen Zwischenräumen, dabei ko- nisch, einspitzig, mehr oder weniger stark nach hinten gebogen und zur Seite hin allmählich kleiner werdend. In der Brutpflegefärbung zeigt Nosferatu pame eine Art Schachbrettmuster.

Ein weiteres Merkmal für die Zuge- hörigkeit der oben genannten Arten zur neuen Gattung ist die Schwarzfärbung der Bauchregion bis über die Nasen- löcher, die Kiemendeckel oder die Brustflossen während der Brutpflege. Die Rückenflosse ist niedrig und reicht kaum bis zum vorderen Drittel der Schwanzflosse. Außerdem besitzen diese Arten einen länglichen, elasti- schen und weichen „Blinddarm“, der an einem sack-förmigen Magen hängt. Zudem haben - bis auf N. bartoni - alle Arten der Gattung rote oder purpur- farbene Markierungen im Bereich der Einlenkung der Brustflossen.

N. bartoni ist die einzige Art der Gattung ohne rötlichen Fleck an der Einlenkung der Brustflossen. Herichthys tepehua

Zweitens ist für uns die Beschreibung einer neuen Herichthys-Art von Inter- esse, die in den Flüssen Pantepec, Tuxpan, Cazones, Tenixtepec, Teco- lutla und Solteros sowie ihren Zuläufen im Bundesstaat in Mexiko zuhause ist und H. tepehua heißt. Ihr Name ist aus der Nahuatl-Sprache ge- bildet und bedeutet „Die die Berge besitzen“. Er ehrt die noch etwa 10 500 (1990 gezählten) Tepehua-Indios und ihre Sprache, die im Osten Mexikos noch in den Bundesstaaten Veracruz, Hidalgo und Puebla gesprochen wird.

Als Merkmale der Art werden die Körpermaße angegeben, außerdem Im Rio Cazones fingen wir eine Form von Herichthys tepehua. zwei parallele blaue bzw. grüne Mar- DCG-Informationen 45 (12): 268-272 269 kierungen auf den Wangen, die von der Lippenfalte bis zum Augenrand reicht. Was diese angeht, handelt es sich meines Erachtens eher um die Grund- färbung des Schnauzenbereichs, über die sich schmale rote Linien ziehen, die allerdings mehrfach unterbrochen sein können und zwischen denen sich dann solche türkisfarbene Zonen ergeben. Ähnliche rote Linien, Linienbruch- stücke oder Tüpfel finden sich übrigens auch im Bereich zwischen dem Auge und der gesamten Oberlippe, hinter dem Auge, über dem Auge und auf der gesamten Rückenpartie, dort jedoch etwas weniger rot. Aber auch auf den Kiemendeckeln und auf der Brust sind Der Rio Cazones ist ein träge fließender Fluss, währens andere Flüsse im Verbreitungsgebiet von rote Linienrudimente und Tüpfel zu H. tepehua steinig sind und stark strömen. finden. Insofern erinnert die Art stark an H. deppii, bei der sich auf dem Kopf aber - individuell unterschiedlich aus- geprägt - deutlichere, manchmal kreis- runde rote Flecke zeigen. Außerdem ist die letztgenannte Art niedriger gebaut und bleibt, zumindest nach meiner per- sönlichen Erfahrungen, kleiner als H. tepehua.

Auch H. tepehua kennen wir bereits

Doch zurück zu Herichthys tepehua! H. G. Breidohr, H. Garbe und ich haben die Art bereits 1991 am Rio Cazones fotografiert und Jungfische aus dem Einzugsgebiet des Rio Pantepec mit- gebracht. Wir fingen die Art nördlich Die Weibchen von Herichthys tepehua erkennt man an der dunklen Zone in der Rückenflosse. von Alamo im Rio Chiflon (pH 7,7; 18 °dGH, 11 °KH, 24 °C), den wir ein Stück hinauffuhren. Der nur mäßig eingetrübte Fluss strömte schnell über steinigen Boden aus rundem Kiesge- röll, das stellenweise stark mit Faden- und Schmieralgen überzogen war, was dafür spricht, dass das Gewässer über- düngt war. Führende Paare fanden wir in tieferem Wasser im Bereich der aus- gespülten Uferböschung.

Wir konnten die mitgebrachten Babys aufziehen und in der Folgezeit foto- grafieren und nachziehen. Ich kann diese Großcichliden - sie erreichen zu- mindest im männlichen Geschlecht um 25 Zentimeter Gesamtlänge, während Bei Herichthys deppii besteht die rote Zeichnung auf den Kopfseiten eher aus rundlichen Flecken. die Weibchen etwas kleiner bleiben - also in beiden Geschlechtern, in unter- 270 DCG-Informationen 45 (12): 268-272 schiedlichen Altersstadien und ver- schiedenen Stimmungen abbilden. Dies erscheint mir insofern informativ, als die Art sich im Laufe ihres Lebens in Form und Farbe doch deutlich ver- ändert.

Jüngere, aber durchaus schon ge- schlechtsreife Fische, sind deutlich schlanker, also nicht so hochrückig wie ältere, außerdem heller und auch bräun- licher oder gar gelblicher gefärbt, wäh- rend gerade voll erwachsene Tiere intensiv blau (hellblau) aussehen kön- nen, im Alter dann aber eher blaugrau erscheinen. Hinzu kommt, dass die Art, worauf auch in der Erstbeschreibung hingewiesen wird, je nach Herkunft Erwachsene, aber noch junge Männchen sind schön blau gefärbt. Man beachte die roten Linien und farblich etwas anders daherkommt, Tüpfel. weshalb die Autoren auch Exemplare von immerhin vier Fundorten abbilden. Insofern erklärt sich auch die abwei- chende Färbung des von uns am Rio Cazones fotografierten Exemplars.

Insgesamt erscheint H. tepehua als bläulich (hellblau bis blaugrau) gefärb- ter Cichlide mit hellerem Bauch und grünlicheren Flanken, dem glitzernde Perlenflecke auf dem Körper ebenso fehlen wie der wohl am nächsten ver- wandten Art, H. deppii. Blaue oder blaugrüne Flecke oder Tüpfel befinden sich bestenfalls im Bereich der Flossen- ansätze, nicht aber auf dem Körper und dem Kiemendeckel, die flächig türkis Mit der Zeit werden sie dunkler ... gefärbt oder bestenfalls mit verwasche- nen Flecken geschmückt sind. Was die Unterscheidung der Geschlechter an- geht, sind die Weibchen von H. tepehua an der dunklen Zone in der Dorsale zu erkennen, die bei jüngeren Exemplaren zumeist deutlicher ausgeprägt ist als bei älteren.

Fortpflanzung

Es handelt sich um einen Offenbrüter, bei dem sich beide Geschlechter - leicht arbeitsteilig - um ihre Brut kümmern. Am Gelege dominiert das Weibchen. Das Männchen hilft aber beim Umbet- ten der Larven und ist beim Führen der freischwimmenden Jungfische gleich- berechtigt. Im Übrigen zeigen brutpfle- ...und sehen bei einer Größenordnung um 20 cm und mehr blaugrau aus. gende Tiere eine auffällige Kontrastfär- DCG-Informationen 45 (12): 268-272 271 Literatur

DELAMAZA-BENIGNOS, M., C. P. ORNELAS- GARCÍA, M. DE L. LOZANO-VILANO, M. E. GAR- CÍA-RAMÍREZ, ET AL.(2014): Phylogeographic analysis of Herichthys (Perciformes: Cichlidae), with descriptions of Nosferatu new genus and H. tepehua n. sp. Hydrobiologia, Int. J. Aqu. Scie., Online Mai 2014; im Druck. STAWIKOWSKI, R. & U. WERNER (1998): Die Buntbarsche Amerikas, Band 1.Stuttgart, 540 S. *Anm. der Redaktion: Es handelt sich bei der hier zitierten Arbeit um eine elektronische Vorab-Veröffentlichung („Online First“). Daher sind die verwendeten Namen noch nicht nach den Nomenklatur- Regeln verfügbar! Erst wenn eine gedruckte Hy- drobiologia-Ausgabe mit diesem Aufsatz erschienen ist, dürfen die Namen offiziell ver- wendet werden. Das kann unter Umständen auch erst 2015 der Fall sein. Es ist zwar inzwischen möglich, auch online neue wissenschaftliche Namen und nomenkla- torische Handlungen zu veröffentlichen, aber nur, wenn diese vor der Online Publikation in ZOOBANK registriert worden sind und ein ex- Hier blicken wir in das ausdrucksstarke Gesicht eines jungen H.-tepehua-Männchens. plizierter Hinweis auf die Registrierung im entsprechenden Aufsatz selbst enthalten ist. Das bung, die der von Herichthys carpintis sprochene artspezifische Streifung, die ist bei der vorliegenden Arbeit jedoch nicht der Fall. Daher werden die neuen Namen erst mit ganz ähnlich ist. Kehle und Brust wer- von unterhalb des Auges bis hin zum Erscheinen der Druckausgabe nomenklatorisch den dann schwarz, doch erstreckt sich Mundwinkel reicht. verfügbar. die Schwarzfärbung nicht auf die Ober- Um unsere Mitglieder aber aktuell zu in- lippe. Und auch in diesem Farbkleid formieren, haben wir uns entschlossen, die Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Arbeit erkennt man noch die oben schon ange- bereits jetzt zu veröffentlichen.

Dieses schon ältere Weibchen betreut freischwimmende Jungfische.

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