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Exkursionsführer und Veröffentlichungen Schaumburger Bergbau

Der Obernkirchener Sandstein

Heft Nr.: 04

Arbeitskreis Bergbau der Volkshochschule Schaumburg

Hagenburg im November 2005

Exkurf. u. Veröfftl. AK Bergb. I 71 Seiten I 4 Tabellen I 12 Abbildungen I Hagenburg 2005

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Bisher sind erschienen (E) bzw. in Vorbereitung (V):

Heft 01 Schunke/Breyer: Die Schaumburger Gesamtsteinkohlen- werke von 1386 – 1900 (V). Heft 02 Ahlers/Hofmeister: Die Wealden – Steinkohlen in den Rehburger Bergen (E). Heft 03 Schöttelndreier/Korf: Die Entwickl. des Kokereiwesens auf den Schaumb. Gesamtsteinkohlenwerken (E). Heft 04 Hofmeister: Der Obernkirchener Sandstein (V). Heft 05 Schöttelndreier/Hofmeister: Wohlverwahrt- Nammen, eine Eisen- erzgrube im (V). Heft 06 Hofmeister: Vorträge des Frühjahrssemesters 2004 – Steinkohle im Raum Osnabrück (E). Heft 07 Krenzel: Exkursionsführer Hilsmulde (Abbau von Braunkohle, Tonstein, Gipsstein und Quarzsand) Heft 08 Schöttelndreier/Hofmeister: Exkursion durch die Gemeinde Nienstädt (E). Heft 09 Ruder: Die historischen Teerkuhlen in Hänigsen (E). Heft 10 Hofmeister: Exkursion Korallenoolith im Weser- gebirge Eisenerzführung, Messingsberg, Schillathöhle (E).

Herausgeber: Arbeitskreis Bergbau der Volkshochschule Schaumburg, Wilhelm Suhr- Straße 16, 31558 Hagenburg.

Redaktion: Erich Hofmeister, Hagenburg; Ernst Knickrehm, Obernkirchen

Layout & Druck: Christian Abel, Obernkirchen; Ludwig Kraus, Stadthagen

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Inhalt

1. Inhalt, Tabellen und Abbildungen 2. Vorwort 3. Langjährige Mitglieder 4. Eine Übersicht über Naturwerksteine in Niedersachsen 5. Lage der Obernkirchener Sandsteinbrüche 6. Zeittafel 7. Geologie des Bückeberges 7.1 Zur Stratigraphie der Unterkreide 7.2 Die paläogeographische Entwicklung des „Niedersächs. Beckens“ 7.3 Fazies der Bückeberg- Folge 8. Die Lagerstätte der Obernkirchener Sandsteine 9. Die Dinosaurier der Kreidezeit 10. Geschichte der Obernkirchener Sandsteine 11. Die Steinmetzen 12. Die Steinhauerzunft 13. Eigentums- und Verfügungsrecht 14. Die Gewinnung von Schollen und Rohblöcken 14.1 Die Beseitigung des Abraums 15. Gewinnen und Zurichten der Rohblöcke 15.1 Alte Verfahrenstechnik 15.2 Neue Verfahrenstechnik 16. Verluste in der Lagerstätte und beim Zurichten. 16.1 Verwertung der Restmaterialien 17. Der Steinkohlenbergbau und die Auswirkung auf den Sandsteinabbau 18. Der Stollenbau in den Obernkirchener Sandsteinbrüchen 19. Die „Bremer“ 20. Liste einiger markanter Gebäude aus Obernkirchener Sandstein 21. Literatur

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Tabellen

Tab. 1 Erdgeschichtliche Tafel Tab. 2 Berrias- Gliederung Tab. 3 Produktion von hochwertigen Naturwerkstein- Produkten Tab. 4 Obernkirchener Sandsteine, chemische & physikalische Parameter

Abbildungen

Abb. 1 Übersichtskarte Schaumburg (Teilansicht) Abb. 2 Das „Niedersächsische Becken“ Abb. 3 Die Gesteine Abb. 4 Lage der Kontinente Abb. 5 Schutzpfeiler am Bückeberge Abb. 6 Ausschnitt aus der Rohstoffsicherungskarte Nr. 3721 Abb. 7 Wichtige Handwerkszeuge der Steinmetze Abb. 8 Attest Baumeister Cöln, 1885 Abb. 9 Zeugniß Ulmer Münster, 1891 Abb.10 Dinosaurier Iguanodonten Abb.11 Dinosaurier Iguanodon Abb.12 Frau Annette Richter mit Raptor

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2. Vorwort

Das Schaumburger Land, von den Rehburger Bergen bis ins Wesergebirge, ist reich an Bo- denschätzen. Seit mehr als 600 Jahren prägte daher der Bergbau in Schaumburg nicht nur die Landschaft; er war zeitweise auch von erheblicher Bedeutung für das Leben zahlreicher Familien. So gab es u.a. Gesteins-, Ton-, Salz- und vor allem Kohleabbau. Heute werden nur noch (bei Obernkirchen und Steinbergen) Steine gebrochen. Der Abbau anderer Bodenschätze wurde eingestellt, so auch der Kohlebergbau zu Beginn der 60er Jahre. Doch gibt es noch viele ehemalige Bergleute, die von ihrem Arbeitsleben erzählen, Fachleute, die von ihren Kenntnissen über den einheimischen Bergbau berichten, und andere Zeitzeugen, die sich an manche Bergmannsgeschichte erinnern können. In den letzten Jahrzehnten haben sich in verschiedenen Schaumburger Orten Bergmannsvereine gebildet. Sie bemühen sich, Traditionen der Bergleute zu bewahren und Bergbaudokumente und -relikte zu sichern, zu pflegen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 1991 wurde im Rahmen der Volkshochschule Schaumburg ein Arbeitskreis mit dem Titel "Schaumburger Bergbau und der Bergbau der Rehburger Berge" gebildet. In ihm sind Mitglieder der verschiedenen Bergmannsvereine vertreten. Hans- Ulrich Drechsler (Hagenburg/Altenhagen) übernahm die Leitung und übergab sie 1997 an Erich Hofmeister (Hagenburg). Es fanden sich etwa 25 Personen, die nun schon über 10 Jahre regelmäßig an den Treffen teilnehmen und durch ihr Engagement und ihre Hilfsbereitschaft zum Erfolg des Arbeitskreises beitrugen und beitragen. Allen gebührt großer Dank, neben Hans- Ulrich Drechsler und Erich Hofmeister besonders Ernst Knickrehm (Obernkirchen), Werner Schöttelndreier (Nienstädt), Werner Ahlers (Rohrsen), Jürgen Ruder (Großburgwedel) und Karl- Heinz Grimme (Barsinghausen). In den ersten Jahren waren die Tagungen geprägt durch Berichte, Vorträge und Erzählungen einzelner Mitglieder aus ihrem Bergmannsleben. Alles Wesentliche wurde auf Tonband auf- genommen und damit für spätere Zeiten gesichert. Auf Exkursionen wurden die ehemaligen Arbeitsstätten, die alten Schacht- und Stollenanlagen des Bergbaues und verschiedene Steinbrüche aufgesucht und vor Ort die frühere Arbeit beschrieben und erläutert. Es folgte die Zusammenstellung und Durchsicht von Veröffentlichungen über den hiesigen Bergbau. Einzelne Mitglieder übernahmen Recherchen in öffentlichen und privaten Archiven. Außerdem wurden Fachleute zu bestimmten Einzelthemen eingeladen, die sich nach ihrem Referat meist noch zu weiterer Mitarbeit im Arbeitskreis Bergbau bereit erklärten. Von der ursprünglichen Absicht, eine umfangreiche Monographie über den Schaumburger Berg- bau zu erstellen, wurde wegen des Umfangs Abstand genommen. Nun werden in loser Folge, Hefte mit einzelnen Bergbauthemen und / oder Exkursionsführer herausgegeben.

Glück- Auf!

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3. Langjährige Mitglieder des Arbeitskreises Bergbau

Abel Barbara Obernkirchen Abel Christian Obernkirchen Abel Willi Obernkirchen Ahlers† Werner Rohrsen Bonitz Gerhard Rodenberg Bremer Ursel Hagenburg Busatta Fred Hagenburg Drechsler Hans-Ulrich Hagenburg Engelking Carl-Friedrich Lauenau Gerdts Wolfgang Wunstorf Grimme Karl-Heinz Barsinghausen Henke† Kurt Obernkirchen Hofmeister Erich Hagenburg Kaussow, sen. Günter Hagenburg Kaussow, jun. Günter Hagenburg Klinger† Herbert Hagenburg Klinger Margret Hagenburg Knickrehm Ernst Obernkirchen Knickrehm Ingrid Obernkirchen Koch Fritz Obernkirchen Kording Wilhelm Nienstädt Korf Walter Nienstädt Krassmann, Dr. Thomas Rodenberg Kraus Ludwig Stadthagen Krenzel Horst Egestorf Kröger, Dr. Uwe-Dietrich Bad Nenndorf

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Ludewig Gunter Lindhorst Maiwald Heinz Hagenburg Matthias Friedrich Bad Nenndorf Oberdanner Hans Rehburg- Loccum Poßin Wolfgang Hagenburg Ruder Barbara Großburgwedel Ruder Jürgen Großburgwedel Rüppel† Hermann Barsinghausen Schewe Rita Auhagen Schewe Eckhard Auhagen Schiewe Karl- Heinz Garbsen Schlegel Detlef Wunstorf Schöttelndreier Anneliese Nienstädt Schöttelndreier Werner Nienstädt Schröder Konrad Suthfeld Schröder Ralf Suthfeld Schröder Wilhelm Suthfeld Struckmeier Helmut Obernkirchen Voges Gisela Hagenburg Winterstein Traude Hagenburg

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4. Eine Übersicht über Naturwerksteine in Niedersachsen ( LEPPER,1994 & SIEBERT,1969)

Als Naturwerksteine werden natürliche Festgesteine bezeichnet, die durch Bearbeitung (z.B. spalten, behauen, sägen, fräsen, schleifen) in eine präzise dimensionierte und maßgerechte Form gebracht und überwiegend im Bau- und Monumentbereich (z.B. Fassaden, Bodenbeläge, Denkmale) verwendet werden.

Niedersachsen besitzt aufgrund seiner geologischen Vielfalt ein großes Potential an Vorkommen unterschiedlicher Naturwerksteine, deren Nutzung in den letzten Jahrzehnten durch billigere Importe stark an Bedeutung verloren hat, so dass Naturwerksteine heute nur noch an wenigen Stellen gewonnen werden (Abb. 3).

Während früher fast alle in Niedersachsen vorkommenden Hartgesteine als Naturwerksteine verwendet wurden, beschränkt sich die Gewinnung heute auf nur wenige verwitterungsresistente, in großen Blöcken gewinnbare Gesteine.

Nach dem Rohstoffsicherungsbericht des Niedersächsischen Landesamt für Bodenforschung (NLfB) von 1993 standen zu der Zeit in Niedersachsen folgende Gesteine in Abbau:

Obernkirchener Sandstein, Münchehagener Sandstein, Wesersandstein (Sollingsandstein), Rhätquarzit, Bentheimer Sandstein, Thüster Kalkstein, Elmkalkstein, Nüxeier Dolomitstein.

Nach einem Rohstoffsicherungsbericht des NLfB und einer Studie des DIW Berlin aus dem Jahre 1993 wurde die Produktion an abgebauter Rohsteinmenge auf größenordnungsmäßig 80 000 t/a geschätzt , aus der schätzungsweise 30 000 bis 35 000 t/a Verkaufsprodukte erzeugt wurden (Tab. 3).

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Über den Verbrauch an Naturwerksteinen in Niedersachsen, selbst aus einheimischen Lagerstätten, liegen keine aktuellen Informationen vor, da die Produktion und der Verbrauch an Naturwerksteinen von der amtlichen Statistik nicht erfasst werden.

Die gebrochenen Werksteine werden gesägt und gespalten, um dann in Steinmetz- Betrieben verarbeitet zu werden. Platten werden geschliffen oder poliert, Steine für Mauern, Treppen u. ä. erhalten andere Oberflächenbearbeitungen, Pflastersteine werden durch das Spalten größerer Blöcke hergestellt.

Die einzelnen Betriebe haben sich in ihren Lieferungsprogrammen stark spezialisiert. So werden z. B. bildhauerische Bearbeitungen, vor allem für die Restaurierung von Kulturdenkmälern, in Obernkirchen direkt vorgenommen. Andere Firmen führen solche Arbeiten erst an der Baustelle aus.

Naturwerksteine können an Fassaden, in Fußgängerzonen oder im Innenausbau durch eine ganze Reihe anderer Baustoffe ersetzt werden. Weil sie jedoch oft aus ästhetischen Gründen verwendet werden, spielt die Substition nur eine untergeordnete Rolle.

Eine Übersicht niedersächsischer Naturwerksteine, geordnet nach dem geologischen Alter:

1. Kahlebergsandstein (Unteres Devon) Der Sandstein kommt in einem größeren geschlossenen Vorkommen südlich von Goslar und Oker () vor. Es handelt sich um einen vorwiegend kieseligen Sandstein oder Quarzitsandstein von grauweißer, gelblicher und grünlicher Farbe der sowohl dickbankig wie auch schiefrig ausgebildet sein kann.

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2. Piesbergsandstein (Oberes Karbon, Westfal) Der Sandstein kommt in einem kleinen, geschlossenen Vorkommen am Piesberg, nördlich von Osnabrück vor. Es ist ein hell- bis dunkelgraues Gestein von feiner bis mittelkörniger Struktur, meist dickbankig gelagert. Er wurde als Werk- und Bruchstein verwendet, heute wird er ausschließlich zur Schotter- und Splitt- herstellung in einem sehr großen Bruch abgebaut.

3. Nüxeier Dolomit (Zechstein, Staßfurt- Karbonat) Der Dolomit ist eine lokale Werksteinentwicklung auf dem Top der Eichsfeld- Schwelle. Der Nüxeier Dolomit steht im Südharz, südwestlich von Bad Sachsa an, es ist ein feinkörniger, hellbräunlichgrauer Dolomitstein. Die Druckfestigkeit nach DIN 52105 beträgt im Mittel 219,1 N/m².

4. Wesersandstein (Mittlerer Buntsandstein) Der Bausandstein ist in Süd- niedersachsen eine weit verbreitete Schichtfolge, besonders im Gebiet Holzminden- Eschershausen- Stadtoldendorf. Er ist überwiegend bankig bis dickbankig, vielfach violett, braun oder gelblich gefärbt. Die Wasseraufnahme, prozentual volumenbezogen nach DIN 52103, beträgt im Mittel 8,40 und die Druckfestigkeit nach DIN 52105 im Mittel 80,0 N/m². Er ist als Sollingsandstein in ganz Norddeutschland bekannt.

5. Elmkalkstein (Unterer Muschelkalk) Er stellt eine regionale Sonder- entwicklung des Unteren Muschelkalkes im Elm, südöstlich von Braunschweig dar. Der Kalkstein ist hellbräunlichgrau und oolithisch- porig entwickelt. Die Wasseraufnahme, prozentual volumenbezogen nach DIN 52103, beträgt im Mittel 8,04 und die Druckfestigkeit nach DIN 52105 im Mittel 23 N/m².

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6.Velpker Sandstein (Oberer Keuper) Der Velpker Sandstein wird auch als Rhätquarzit bezeichnet. Aufgrund seiner geringmächtigen Ausbildung streicht dieser in Südniedersachsen als schmales Band zutage aus und wurde besonders im Raum Hameln und bei Velpke östlich von Wolfsburg abgebaut. Er ist ein fein- bis mittelkörniger, gelblichgrauer bis hellbräunlich gefärbter Sandstein. Die Wasseraufnahme, prozentual volumenbezogen nach DIN 52103, beträgt im Mittel 6.46 und die Druckfestigkeit nach DIN 52105 im Mittel 169 N/m². Er ist der härteste Sandstein Niedersachsens.

7. Thüster Kalkstein (Oberer Jura, Münder Mergel) Er stellt eine lokale Ent- wicklung in der Hilsmulde dar. Entsprechend seinem lokal begrenzten Vorkommen wurde der Kalkstein in einer Reihe von Steinbrüchen südöstlich von Thüste abgebaut. Der feinporige, mittelkörnige Kalkstein besteht weitgehend aus Fossilschutt, der sich vor allem aus Bruchstücken von Kalkröhrchen (Serpeln) eines Meereswurmes zusammen- setzt. Die Druckfestigkeit (N/m²) nach DIN 52105, beträgt 27,4 N/m².

8. Osterwaldsandstein (Unter- Kreide, Bückeberg- Folge, früher Wealden) Der Sandstein kommt in einem größeren, geschlossenen Bereich des Osterwaldes vor. Der graue, grauweiße oder hell- gelbliche, teils gelblich oder rötlich geflammte Stein dunkelt nach. Er steht in dicken Bänken an und ist feinkörnig. Neben Werksteinen für Hochbauten wird er besonders als Mauerstein sowie für Pflastersteine und für Treppenstufen verwendet. Ein Sondererzeugnis waren Walzensteine für die Käsezubereitung und Mahlsteine für Mühlen.

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9. Süntelsandstein (Unter- Kreide, Bückeberg- Folge, früher Wealden) Er kommt in geschlossener Verbreitung im Süntel und im Raum Hannover- Hameln vor. Dieser Stein ist vorwiegend hell, gelblich und weißlichgrau, teilweise rötlich geflammt oder bräunlich gefleckt. Neben dickbankigen, massigen Vorkommen tritt das Gestein auch plattig auf. Der feinkörnige Sandstein besitzt im wesentlichen die gleichen Eigenschaften wie die anderen Sandsteine der Bückeberg- Folge, ist aber von geringerer Druckfestigkeit.

10. Nesselbergsandstein (Unter- Kreide, Bückeberg- Folge, früher Wealden) Der Sandstein kommt in einem kleineren geschlossenen Vorkommen am Nesselberg bei Hameln vor. Der graue oder hellgelbliche, häufig auch dunkelgeflammte und oft grauweiß ausgebleichte Stein ist feinkörnig und gleichmäßig. Er ist ein Werkstein und wurde für repräsentative kirchliche und weltliche Bauvorhaben verwendet, ist aber von geringerer Druckfestigkeit.

11. Deistersandstein (Unter- Kreide, Bückeberg- Folge, früher Wealden) Dieser Sandstein kommt in der Hauptsache nahe Hannover am vor. Er ist im Wesentlichen hellgelblich und weißgrau, er verwittert häufig bräunlich. Seine Struktur ist vorwiegend feinkörnig. Die helleren Arten sind in bergfeuchtem Zustand besonders gut zu bearbeiten.

12. Obernkirchener Sandstein (Unter- Kreide, Bückeberg- Folge, früher Wealden) Dieser Sandstein bildet den Kamm des Bückeberges. Er wird schon seit 1100 n. Chr. für den Bau und die Gestaltung von sakralen und weltlichen Bauten weltweit genutzt. Er ist gelblich braun und hellgrau bis grau und besonders witterungsbeständig. Hier wurden häufig Saurierfährten und Reste von anderen Reptilien gefunden.

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13. Münchehagener Sandstein (Unter-Kreide, Bückeberg- Folge, früher Wealden) Der Sandstein bildet den Kamm der Rehburger Berge, er ist im wesentlichen bräunlichgelb bis hellgelb, im oberen Teil ist er plattig, im unteren Teil dickbankig und meist feinkörnig. Im liegenden Teil der Sandsteinbänke treten besonders viele Saurierfährten auf.

14. Bentheimer Sandstein (Unter- Kreide, Valendis) Der Sandstein kommt in zwei eng benachbarten Verbreitungsgebieten bei Bentheim und Gildehaus vor. Dieser besonders gute Bausandstein wird als weißgraues, gelblich geflammtes oder hellgelbliches Gestein, das sehr feinkörnig ist, seit Jahrhunderten abgebaut. Vor allem wurde dieser Sandstein als Werkstein für Hoch- und Brückenbau verwendet, als Mauerstein, Sockelstein, Bruchstein, Bildhauerstein und Mühlstein fand er ebenfalls Verwendung. Die Wasseraufnahme, prozentual volumen- bezogen nach DIN 52103 beträgt im Mittel 15,0 und die Druckfestigkeit nach DIN 52105 im Mittel 78 N/m².

15 Hilssandstein (Unter- Kreide, Unter Alb). Der Hilssandstein ist ein glaukonitischer Sandstein und kommt im Hils, insbesondere bei Wenzen, Lutter am Berg und Langelsheim vor. Er ist ein hell- bis dunkelgrüner, fein- bis mittelkörniger, dickbankiger Stein. Die Wandhöhen in den Steinbrüchen betragen ca. 18 m. Der Sandstein ist aber nicht sehr wetterbeständig.

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5. Lage der Obernkirchener Sandsteinbrüche (KRUMSIEK, Dr. R. 1981)

Die Bergstadt Obernkirchen liegt an der Bundesstraße 65, zwischen Bückeburg und Stadthagen. Der Ortskern befindet sich etwa einen Kilometer südlich der Bundesstraße, am Westhang des Bückeberges (Abb. 1).

Die Bundesstraße folgt geschichtsträchtigem Boden. Ihr Verlauf entspricht noch heute dem des „Helwegs vor dem Sandvorde“. Dieser Helweg war die alte Heer- und Handelsstraße am Fuß der Bückeberge, auf der schon Karl der Große nach der Unterwerfung der Ostwestfalen im Jahr 775 wieder nach Westen zog. Obernkirchen lag zu dieser Zeit im Bucki- Gau, in dem die Grafen der Billunger als königliche Beamte die obrigkeitlichen Herrschaftsrechte wahrnahmen.

Ab 1208 unterstand das Grafengericht den Grafen zu Holstein- Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gehmen. Graf Otto verlieh Obernkirchen erst am 10. Februar 1565 das Fleckenrecht und entließ die Bürger aus der Leibeigenschaft. Am 22. Mai 1571 erhielt Obernkirchen die Stadtrechte.

Am 19. Juli 1647 wurde die Grafschaft zwischen Philipp von Lippe und Hessen- Kassel geteilt. In einem Teilungsvertrag wurden einige Ämter der ehemaligen Grafschaft Philipp als Grafschaft Schaumburg- Lippe belassen, das Amt Schaumburg und mit ihm die Stadt Obernkirchen erhielt Hessen-Kassel.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Obernkirchen mit dem Bückeberg dem Land Niedersachsen und dem Landkreis Grafschaft Schaumburg zugeordnet. Im Jahr 1974 wurden die beiden Landkreise Schaumburg- Lippe und Grafschaft Schaumburg zu dem Landkreis Schaumburg wieder zusammengefügt.

Die alten und neuen Steinbrüche liegen auf dem Kamm des Bückeberges, etwa 3 km südlich der Kernstadt Obernkirchen.

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6. Zeittafel (KRUMSIEK, Dr. R. 1981 & POESTEGES, 1979)

1165 Lieferung der Steine für den Bau der Stiftskirche Obernkirchen.

1185 Lieferung der Steine für den Bau des Verdener Doms.

Ende des 13. Jahrht. Der Obernkirchener Sandstein wird beliebter Baustoff auch außerhalb der Grafschaft.

1407 Lieferungen von Sandsteinen für das Bremer Rathaus.

1520 Geregelter Steinkohlenabbau bei Obernkirchen.

1527 Herzog Otto von Braunschweig und Lüneburg schreibt an Graf Jobst wegen Überlassung von Steinen.

1551 Anthonius, Graf zu Oldenburg und Delmenhorst bittet durch einen Boten um verschiedene Steine.

1552 Lüneburgische Regierung bestellt Bausteine für Celle. Von jedem Fuder Steine wurden auf dem Bückeberge 3 Groschen Bergware genommen. Dieses war eine Art Förderzins, welcher für den Grafen erhoben wurde.

1560 Zwischen dem Grafen Otto, dem Bürgermeister und dem Rat der Stadt Antwerpen wird ein Vertrag über die Lieferung von Steinen geschlossen. In einem späteren Schreiben ist von 1400 Fuder Steinen die Rede.

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1562 Graf Otto der IV. zu Holstein-Schaumburg erlässt eine Steinbruchordnung. Darin wurde u. a. geregelt, dass Schreiber eingestellt werden sollten, die den Verkauf der Steine überwachten.

1563 Den Steinhauern wird von Graf Otto verboten, das Land zu verlassen.

1564 Graf Otto erklärt sich bereit, jährlich 500 Fuder Steine für Antwerpen an die Weser zu fahren.

1567 Graf Erich zu Hoya erhält verschiedene Schiffsladungen Steine. In demselben Jahr geht auch eine Ladung Steine an die Königin von Dänemark.

1569 Erneuerung des Verbotes an die Steinhauer, das Land zu verlassen, gegen Androhung einer Vermögensstrafe.

Eigentümer der Sandsteine waren die Grafen von Holstein- Schaumburg, welche die Steine durch die Baubruderschaft des Stiftes Obernkirchen brechen ließen. Nach der Entlassung der Obernkirchener aus der Leibeigenschaft (1565) ver- pachteten die Grafen die Brüche an freie Steinhauer gegen Zahlung einer „Bergware“ (Förderzins).

1575 Der Herzog von Braunschweig und Lüneburg wünscht für einen größeren Bau einige hundert Fuder Steine. Auch das Stift zu Herford forderte Steine zum Bau der Abtei an.

1584 Graf Adolf von Oldenburg benötigt 300 Fuder Werksteine zum Bau einer Schleuse im Marschenland.

1585 27 Steinhauer bilden eine Zunft mit eigener Zunftordnung.

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1603 Der Erzbischof von Bremen fordert Steine zum Aufbau des abgebrannten bischöflichen Schlosses an.

1607 Aus einem Schreiben von 1607 geht hervor, dass die Obernkirchener Steinhauer eine Steinniederlage in Petershagen an der Weser hatten. Dieser Platz ist ihnen aber streitig gemacht und verteuert worden. Der Graf sollte nun dafür sorgen, dass der seit langem bestehende Zustand wieder hergestellt wird.

Ostern 1607 wurde zwischen Graf Ernst zu Schaumburg und sämtlichen Steinhauern der Grafschaft ein Vertrag geschlossen. Nach diesem Vertrage verpachtete der Graf die Steinbrüche an 29 namentlich aufgeführte Steinhauer auf 5 Jahre für jährlich 250 Thaler. Durch diese Pacht war die Bergware abgelöst. Eine Verzollung der Fuhren behielt sich der Graf vor. Von den 29 aufgeführten Steinhauern waren 22 aus Obernkirchen.

1615 Die Steinhauer erhalten vom Grafen Ernst die eigene Gerichtsbarkeit.

Ende 16. Jahrht. Die Bremer Kaufleute schalten sich in den Markt ein.

1640 Graf Otto V. stirbt. Das Haus Holstein-Schaumburg erlischt.

1647/48 Westfälischer Friede und Teilung der Grafschaft Schaum- burg. Hessen- Cassel und Schaumburg- Lippe betreiben den Steinkohlenabbau in der ehemaligen Grafschaft Schaumburg gemeinsam. Die Sandsteinbrüche betreibt Hessen- Cassel allein.

1680 Landgraf Karl von Hessen erneuert die Rechte und Privi- legien der Steinhauerzunft.

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Beginn des 17. Jahrht. Obernkirchener Steinhauer halten die Grenze Schaumburg / Schaumburg- Lippe nicht ein. Nach Ver- handlungen werden Abbaugrenzen neu festgelegt.

um 1750 Verstärkter Export der Sandsteine z. B. zum Zarenschloß Zarskoje Selo. Die Bremer Kaufleute verschärfen die Handelsbedingungen.

1770 Der Außenhandel kommt vollständig zum Erliegen. Die Steinhauer aus Obernkirchen müssen bei den Bremer Kaufleuten Kredite aufnehmen. Außerdem gibt es Probleme mit der Wasserhaltung.

1780 Die Steinproduktion wird wegen Wasserhaltungsproblemen eingestellt. Die Regierung von Kassel gibt den Steinhauern zum Bau von Wasserlösungsstollen ein Darlehen. Daraufhin werden auf dem Bückeberg der „Friedrich Stolln“ und der „Philippinen- Stolln“ aufgefahren.

1787 Die Bremer Kaufleute bemühen sich, günstigere Verträge für die Steinhauer abzuschließen.

Der Schaumburger Amtsrat Pasor erreicht, dass die Söhne der Steinhauer und die Gesellen vom Militärdienst befreit werden.

Auch in Schaumburg- Lippe werden Steinbrüche angelegt

Ende des 18. Jahrht. Große Flaute im Absatz von Sandsteinen. Von ehemals 13 Steinhauermeistern gibt es nur noch 5.

Ab 1866 Der Markt hat sich erholt, es geht wieder aufwärts.

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1872 15 der 17 Steinbruchbesitzer gründen die „Actiengesell- schaft der vereinigten Obernkirchener Sandsteinbrüche.“

1909 Die Brüche waren inzwischen in den Besitz mehrerer Banken übergegangen. Gründung der „Obernkirchener Sandstein GmbH“.

1914 Wegen des Weltkrieges kommt es zur Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage.

1920 Die wirtschaftliche Lage verbessert sich wieder.

Ende der 20er Jahre: Durch die Weltwirtschaftskrise verschlechtert sich die Konjunktur dramatisch. Verringerung der Zahl der Mitarbeiter von 350 auf 70.

1932 Die Dresdner Bank übernimmt die Aktien der Obernkirchener Sandsteinbrüche.

1938 Der Privatmann Paul Ebeling übernimmt die „Obernkirchener Sandsteinbrüche AG“ als Kommanditgesellschaft.

2. Weltkrieg Es wurden hauptsächlich Industrieprodukte (z.B. Schleifsteine) und Steine für Monumentalbauten geliefert.

Nach 1945 Es wurden für den Wiederaufbau, nach einer Phase der Konsolidierung, wieder verstärkt Naturwerksteine eingesetzt. Der Betrieb wurde modernisiert. Der Stein- hauerplatz auf dem Bückeberge wurde aufgegeben. Die Schollen werden im Steinbruch zu Rohblöcken gesägt und diese mit LKW´s zum Steinhauerplatz nach Obernkirchen zur Weiterverarbeitung transportiert.

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7. Geologie des Bückeberges (GRAUPNER, 1980 ; KEMPER, 1973; LILL , 1988)

Der Bückeberg bildet die südwestliche Begrenzung der Schaumburg- Lippischen Kreidemulde. Der hangbildende Sandstein gehört zur „Bückeberg- Folge“ des Berrias.

Die Unruhe der Erdkruste erreicht zum Ende der Serpulitzeit ein solches Ausmaß, dass sich neue Gebirge und Landmassen bilden. Zwischen dem Festland im Süden und dem offenen Meer im Norden und Osten liegt im Bereich des Beckens ein Streifen, der weder richtiges Land noch eigentliches Meer war, mit Flüssen, die vom südlichen Festland kamen. So entstand eine lagunenerfüllte Landschaft mit ganz neuen Lebensbedingungen und Lebensgemeinschaften. Dies war der Beginn des „Wealden“ (engl. sprich Wilden), bzw. der „Bückeberg- Folge“ des Berrias. Die Schichten des kohleführenden „Wealden“ wurden in Deutschland nur im „Niedersächsischen Becken“ abgelagert (Tab. 1).

7.1 Zur Stratigraphie der Unterkreide

Es ist schwierig, die Vielfalt der stratigraphischen Bezeichnungen des Übergangs vom Oberen Jura zur tiefsten Unterkreide zu verstehen.

Bis etwa 1963 galt die alte Untergliederung der tiefsten Unterkreide. Dieser Abschnitt wurde „Deutscher Wealden“ genannt, der in sechs Stufen unterteilt war, „Wealden 1 bis Wealden 6“. Umfangreiche paläontologische Untersuchungen haben dazu geführt, dass 1963 in Lyon (Frankreich) das Berrias international zu einer selbständigen Stufe erhoben wurde. Der „Deutsche Wealden“ wird nun „Bückeberg- Folge“ genannt. Namensgebend ist der Gebirgszug „Der Bückeberg“ bei Obernkirchen. Für die Bezeichnung „Oberer Münder Mergel“ wird nun der Name „Katzberg- Folge“ benutzt, während die Bezeichnung „Serpulit“ für die älteren Ablagerungen beibehalten wird (Tab. 2).

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7.2 Die paläogeographische Entwicklung des „Niedersächsischen Beckens“

Im oberen Jura (Oxford / Kimmeridge) hatte das jurassische Meer seinen Höchststand und seine größte Verbreitung. Durch die kimmerische Hebungs- phasen kam es zu Einengungen und Abschnürungen von Meeresteilen. Im Süden unterlag die Rheinische Masse einer Hebungstendenz. Im Norden entstand die aus zahlreichen Untiefen und inselartigen Schwellen bestehende Pompeckjsche Schwelle, die jedoch im Laufe der frühen Unterkreide versank, allerdings langsamer, als die umgebenden Beckengebiete, so dass der Schwellencharakter erhalten blieb. Der norddeutsche Sedimentationsraum, der sich über Holland bis Süd- England und Nord- Frankreich erstreckte, unterlag einer zunehmenden Einengung und Abschnürung vom Ozean und war in dauernder Senkung begriffen.

Das „Niedersächsische Becken“ war ein Teilbereich dieses Sedimentations- raumes, der sich an der Wende Jura / Kreide durch besonders weitgehende Abschnürung auszeichnete. Es ist als Schollenrandtrog mit Nebenmeercharakter aufzufassen (Abb.2).

Dieses Becken hatte vor ca. 140 Millionen Jahren eine Ausdehnung von ca. 840 km² und reichte im Westen vom Kloster Oesede (ca. 8 km südlich von Osnabrück) über Sehnde (ca. 15 km südöstlich von Hannover) bis zum Gifhorner Trog im Osten und im Norden von Neustadt a. Rbg, bis nach Hohenbüchen/Hils im Süden. Es lässt sich von West nach Ost in drei Teilbecken untergliedern:

1. Ein von der niederländischen Grenze bis zur Weser reichendes westliches Hauptbecken. 2. Ein mittleres Teilbecken zwischen Weser und Nienhagen, die Lehrter- Schwelle . 3. Ein östliches Teilbecken, das in etwa dem Gifhorner Trog entspricht.

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Im Berrias 3 (Bückeberg- Folge, Wealden 3) war das Niedersächsische Becken vollständig abgeschnürt. Nur wenige marine Ingressionen (Eindringen von Meerwasser in Landsenken) unterbrachen die weitgehende Aussüßung. Es kam die „Norddeutsche Wealden- Fazies“ (Fazies ist die Bezeichnung für die Beschaffenheit gleichalter Sedimente) zur Ablagerung. Sie ist im Becken- Tiefsten 600 – 800 m mächtig (=dick) und ist durch tonige, z. T., blättertonige Beckenfazies, die oft Bitumen führt und durch eine sandige Randfazies mit Kohlenflözen gekennzeichnet, deren Mächtigkeit stellenweise bis auf wenige Meter reduziert sein kann.

Erst im Unter- Valangin nahm die Salinität (Versalzung) des Beckens schubweise zu und nördliche Verbindungen zum Ozean öffneten sich. Die Wealden- Fazies wird von cephalopodenführenden marinen Schichten überlagert. Die brakisch- limnische Phase des „Niedersächsischen Beckens“ war damit beendet.

Biostratigraphisch wurden die Sedimente des Berrias besonders mit Hilfe von Ostrakoden (Muschelkrebse), darunter besonders Cyprideen (Süßwasserformen der Muschelkrebse) und Gastropoden (Schnecken) eingestuft.

Nach KEMPER und GRAUPNER kommen derartige Ablagerungen sowohl in breiten Flussmündungen als auch in Delta- Gebieten vor. Besondere Aufmerksamkeit bei der Rekonstruktion der Lebensbedingungen zur Zeit des Wealden galt den Resten von Dinosauriern, Krokodilen und Schildkröten. Die Steinbrüche sind die einzigen dauerhaften Aufschlüsse, in denen geologische und paläontologische Untersuchungen langfristig durchgeführt werden können. Aus den Obernkirchener Sandsteinbrüchen stammt die erste Beschreibung von Wurzelböden, dies sind Schichten, in denen die Wurzeln der Bäume und Farne verkohlt oder versteinert in Lebensstellung erhalten sind.

Am Ausgang des Berrias 3 erfolgten zwei vorübergehende Einbrüche (Ingressionen) der Ozeane in das Brackwasserbecken. Der dritte Vorstoß des Meeres schaffte eine bleibende Verbindung mit dem Ozean. Die „Wealden- Zeit“ war nach ca. 8,0 Millionen Jahren zu Ende gegangen und es begann die Zeit des Valangin, die nächst höhere Stufe der „Unterkreide“.

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Im obersten Jura, im Serpulit und zu Beginn der Bückeberg- Folge herrschten von England bis Nordwestdeutschland mehr oder weniger semiaride Be- dingungen. In der Mitte der Bückeberg- Folge wurde dann das Klima generell feucht und warm, blieb aber, wie bereits im obersten Jura, saisonal mit schwankenden Niederschlägen und führte auch im Niedersächsischen Becken zur Bildung von großen, mächtigen Mooren und Wäldern, aus denen später die Steinkohlen gebildet wurden.

7.3 Fazies der Bückeberg- Folge Die Fazies ist sehr verschiedenartig ausgebildet. Die Gesteine sind zumeist Tone und Schluffsteine, in die zum Teil mächtige Sandsteinfolgen und unterschiedlich mächtige Kohleflöze eingelagert sind.

Südlich und südwestlich von Hannover (, Nesselberg, Süntel, Deister, Stemmer Berg, Bückeberge, Rehburger Berge) herrschte Süßwasser- sedimentation, sie ließ ein Bruchwald- oder ein Torf- sowie Sumpfareal mit tropischer Flora entstehen, aus dem jeweils Kohleflöze hervorgingen.

Die z. T. sandig- siltischen Tonsteine und Sandsteinbänke bauen infolge ihrer Witterungsbeständigkeit den Bückeberg auf. Der Kamm wird vom Haupt- sandstein, auch „Obernkirchener Sandstein“ oder „Bremer Stein“ genannt, gebildet. Der Sandstein wird in Sandsteinbrüchen auf dem Kamm des Bückeberges und am Nordhang bei Liekwegen gewonnen. Die gesamte Schichtenfolge ist auf der Suche nach Steinkohle durch Stollen, Schächte und Bohrungen aufgeschlossen.

Der Hauptsandstein bildet den Kamm des Bückeberges. Er entspricht stratigraphisch dem Rehburger- Sandstein auf dem Kamm der Rehburger Berge. Der Hauptsandstein gehört zur „Bückeberg- Folge“, früher „Wealden 3“ und ist zwischen 5 m und 15 m mächtig (dick). Oft beginnt er mit einem mindestens 3 m mächtigen dickbankigen, quarzitisch gebundenen Schluff- bis Feinsandstein- Paket, desssen Oberfläche Riesenrippeln von ca. 30 m Wellenlänge und Schlammvulkane (ringförmige Sedimentaufquellungen) aufweisen.

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In frischen Brüchen lassen sich Fossilführung und Gefüge des Hauptsandsteins besonders gut beobachten: Wellenrippeln, kleinräumige Schrägschichtung, Trockenrisse und zusammengespültes Pflanzenhäcksel. Zusammen mit Wurzelböden und Steinkohleflözen ergeben diese Gefüge als Ablagerungsraum ein sehr flaches Seedelta. Dazu paßt auch die Fossilführung: Schalenpflaster, z. T. noch in Lebensstellung erhaltene Süßwassermuscheln (Cyrenen) sowie Fischreste, Wühlgefüge und Saurierfährten. Die Flora umfasst im wesentlichen Schachtelhalme, Farne, Koniferen und Cycadeen und beweist für diese Zeit tropisches Klima (Abb. 4).

8. Die Lagerstätte der Obernkirchener Sandsteine

Der Hauptsandstein auf dem Kamm des Bückeberges wird überlagert von 2,0 m bis 2,5 m diluvialen Schichten, die aus Schluff, Ton und Sandsteinbrocken bestehen, darunter folgen 2 m dünnbankiger, mürber Sandstein, der Abraum.

Es folgen etwa 1,0 m – 1,5 m wechselnd fester und mürber, dickbankiger Sandstein, der nur bedingt brauchbar ist , über einer 5,0 m – 6,0 m mächtigen (dicken) Folge von festen, dickbankigen Sandstein. Die Farbe dieses Sandsteins ist im Westteil der Brüche deutlich hellgrau bis grau, während die Steine im Ostteil gelbbraun bis braun aussehen. In frischen Brüchen lassen sich Fossilführung und Gefüge des Hauptsandsteins besonders gut beobachten. Auf liegenden Schichtflächen finden sich oft Muschelpflaster, Saurierfährten, versteinerte Pflanzenreste und andere Fossilien.

Nach verschiedenen Untersuchungen der Kornform und der Zusammensetzung der sogenannten Sandsteine überwiegen Schluffsteine gegenüber den Feinsandsteinen. Beide Gesteine bestehen zu 95 % aus gut gerundeten Quarzkörnern, die besonders dafür verantwortlich sind, dass die Sandsteine so gut als Werksteine geeignet sind. Der Rest der im Gestein vorhandenen Minerale sind Kaolinit (als Verwitterungsprodukt von Feldspäten), Illit, Chlorit, Glimmer, Gesteinbruchstückchen und Schwerminerale. Der Sandstein ist besonders fest und resistent gegen Umwelteinflüsse, weil sein Bindemittel kieselig ist.

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Sandsteine mit tonigem Bindemittel dagegen nehmen viel Wasser auf, dieser Sandstein ist besonders frostempfindlich, und kalkig gebundener Sandstein reagiert besonders auf verschmutzte Luft. Die in der Luft enthaltenen Schwefelverbindungen reagieren mit Sauerstoff und im Gestein enthaltenem Kalk, es bildet sich Gips, der dann durch Regen gelöst wird und so das Gestein zerstört. Dies kann bei dem Obernkirchener Sandstein mit dem kieselig gebundenen Quarzsandstein nicht vorkommen.

In der Rohstoffsicherungskarte RSK- Nr.: 3721 des Niedersächsischen Landes- amtes für Bodenforschung (Abb. 6) wird die gesamte Lagerstätte mit einer Flächengröße von 360 ha ausgewiesen, davon enthält eine Fläche von 154 ha Lagerstätten I. Ordnung und eine Fläche von 206 ha Lagerstätten II. Ordnung. Zur wirtschaftlichen Verwertung als Naturwerkstein sind ausschließlich die Sandsteine aus dem Lagerstättenteil I. Ordnung geeignet. Aus diesem Teil werden Schollen zur Herstellung qualitativ hochwertiger Naturwerksteine gewonnen. Aus der Lagerstätte II. Ordnung können höchstens Naturwerksteine geringerer Qualität abgebaut werden (z. B. Bossen, Gartenplatten, Rasenkantensteine usw.). Etwa 80 % der Lagerstätte I. Ordnung steht im Eigentum des Landkreises Schaumburg und 20 % im Eigentum der Obernkirchener Sandsteinbrüche.

9. Die Dinosaurier der Kreidezeit ( FREISE & KLASSEN, 1979 ; Probst, 1986)

Die hohe Zeit der Dinosaurier war von der Trias bis zum Ende der Kreide, von 250 Mio bis 65 Mio Jahre, über eine Zeitdauer von ca. 175 Mio Jahre. In der Trias gab es auch schon Säugetiere, die zu dieser Zeit aber nur eine untergeordnete Rolle spielten. Die Blütezeit der Säugetiere begann erst mit dem Aussterben der Saurier am Ende der Kreidezeit ab 65 Mio Jahre vor heute. Erst vor 1,6 Mio Jahren tauchen die ersten menschenähnlichen Geschöpfe auf.

In der Kreidezeit änderte sich die Lage der Kontinente zueinander tiefgreifend, weil der Urkontinent Pangäa sich teilte. Laurasia blieb weitgehend erhalten.

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Gotwanaland brach auseinander, Südamerika und Afrika trennten sich und der Südatlantik bildete sich neu. Indien löste sich von Afrika und begann nach Norden zu driften. Antartika und Australien entfernten sich ebenfalls und auf der Nord- halbkugel öffnete sich der Nordatlantik (Abb. 4).

In der Unterkreide- bis weit in die Oberkreidezeit hinein bestimmten farnartige Pflanzen, Schachtelhalme und Koniferen das Vegetationsbild. Mit Beginn der Oberkreide begannen langsam die Blütenpflanzen sich durchzusetzen und das Pflanzenreich zu erobern. Pflanzen, die als Futterpflanzen den Dinosauriern völlig unbekannt waren (Fischer, R. & Thies, D. 1993).

Dinosaurier sind Reptilien, die eine schuppige Haut haben und Eier legen. Die meisten Dinosaurier konnten schneller laufen als sämtliche heute lebenden Reptilien. Dies lag an den Veränderungen in der Form der Knochen von Hüfte, Knie und Sprungbein, ähnlich denen unserer heutigen Vögel. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts unterteilt man die Dinosaurier deshalb auch in zwei verschiedene Gruppen:

- Die Echsenbecken- Dinosaurier (Saurischier), bei denen die Becken- knochen ähnlich angeordnet sind wie bei den meisten Reptilien heute und - Die Vogelbecken- Dinosaurier (Ornithischier), bei denen die Hüftknochen ähnlich angeordnet sind wie bei den Vögeln.

Die meisten bekannten Dinosaurierfährten und –funde aus unserer Region stammen aus der Unterkreide. Hauptsächlich aus der tiefen Unterkreide (Wealden, heute Bückeberg- Folge) des Bückeberges, des Harrls und der Rehburger Berge. Schon ab 1879 fanden Geologen und interessierte Laien in den Steinbrüchen des Bückeberges und des Wölpinghäuser Berges (Rehburger Berge) Fährten von Sauriern.

Der größte Kenner der Dinosaurierfährten in den Bückebergen und dem Harrl war der Oberlehrer Prof. Max Ballerstedt aus Bückeburg.

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Max Ballerstedt wurde am 20. Juni 1857 in Bückeburg geboren. Er studierte in Marburg und Berlin Mathematik und Naturwissenschaften und war danach vierzehn Jahre Oberlehrer am Gymnasium „Adolfinum“ in Bückeburg. Fürst Georg Adolf von Schaumburg- Lippe verlieh ihm 1907 den Professorentitel. Ballerstedt mußte 1912, mit 55 Jahren, aus Gesundheitsgründen vorzeitig in den Ruhestand gehen.

Seit Beginn des 20. Jahrhunderts sammelte Ballerstedt aus den Bückebergen und dem Harrl in seiner Privatwohnung in Bückeburg eine große Zahl fossiler Spuren von Krokodilen, Schildkröten und Sauriern. Als seine Wohnung in Bückeburg zu klein wurde, deponierte er die oft zentnerschweren Artefakte im Gymnasium „Adolfinum“. Unter diesen Fossilien waren auch Blöcke mit dem Skelett eines „Vogelbecken- Dinosauriers“, was Ballerstedt schon erkannte, obwohl es erst viele Jahre später offizielle Lehrmeinung wurde. Er wusste schon, daß Dinosaurier weit agilere Tiere waren, mit einer Organisationsstufe zwischen Reptilien, Vögeln und Säugetieren.

Kurz vor seinem Tod im Jahre 1940 schenkte er seine Sammlung dem „Adolfinum“. Die wertvollen Fossilien überdauerten auf alten Tischen, die auf dem Schul- Dachboden standen, den „Zweiten Weltkrieg“.

Nach dem Ende des Krieges kippten englische Soldaten die für sie nutzlosen „Steine“ auf den Fußboden, weil sie die Tische zum Pokern brauchten. Dort blieb die wertvolle Sammlung lange Jahre unbeachtet liegen, weil weder einer der Schulleiter noch die Stadtverwaltung von Bückeburg begriffen hatten, welch naturwissenschaftlicher Schatz in ihrem Gebäude langsam vergammelte. Erst in den Jahren um 1960 erinnerte man sich wieder daran, als das Staatliche Hochbauamt beanstandet hatte, daß die „Steine“ zu schwer für die Deckenbalken des Gymnasiums wären. Es ist dem Biologielehrer Dr. Hillrich Bernhardts zu verdanken, dass die Sammlung gerettet wurde. Er hat sie unter ganz persönlichem Einsatz im Mopedkeller der Schule gesichert. Hier blieb sie dann unter der Betreuung von Dr. Bernhardts liegen. Nach seinem Tod 1971 fand sich niemand mehr, um die Sammlung zu betreuen.

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Da weder die Schulleitung, noch die kommunalen Vertreter der Stadt die Bedeutung der zweitgrößten Privatsammlung von Sauropoden und anderen Reptilien der Unterkreidezeit erkannten, wurden viele der Artefakte als Dauerleihgabe an die Universität Göttingen abgegeben.

1987 kehrte ein Teil der Sammlung in das „Adolfinum“ zurück. Farbig rekonstruierte Lebensbilder von Sauriern und Landschaftsbilder der Unter- kreidezeit zeigen nun Schülern und anderen Besuchern einen kleinen Teil der Ballerstedt`schen Sammlung. Ein weiterer Teil der Sammlung wird im Freilichtmuseum „Dino- Park Münchehagen“ in Münchehagen ausgestellt.

Nach dem „Zweiten Weltkrieg“ fand man in der Gegend von Münchehagen zwischen 1952 und 1958 mehrfach fossile Fährten in Steinbrüchen. Neben den Fährten soll 1952 auch ein ganzes Skelett aufgetaucht sein. Nach den Angaben eines ehemaligen Steinbrucharbeiters soll der Schädel 0,7 bis 0,8 m groß, die Schulter 0,8 m breit und die Körperlänge 7 bis 8 m betragen haben. Dazu kam noch ein langer Schwanz. Trotz mehrerer Aufrufe an die Bevölkerung in und um Münchehagen ist nie wieder ein Knochen aufgetaucht.

In einem weiteren Steinbruch in Münchehagen, der in der älteren Literatur als „Steinbruch Wessling an der alten Poststraße“ bezeichnet wird, baute man bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts Sandsteine der „Bückeberg- Folge“ (früher Wealden) ab. Die Sohlfläche der bauwürdigen Sandsteine ist etwa 0,2 bis 0,4 m dick. Sie war als Sohle für den Steinbruch besser geeignet als die darunter liegenden dunklen, weichen, sandigen Tonsteine. Schon lange waren schüsselförmige Eindrücke in der Sohlfläche als Saurierspuren erkannt. Den gesamten Überblick über die Fährten der Dinosaurier erhielt man aber erst 1980, als die Feuerwehr während einer Übung die gesamte Fläche freispritzte. Seit 1991 ist das Naturdenkmal „Saurierfährten“ in ein Freilichtmuseum eingebunden.

Auch in den Obernkirchener Sandsteinbrüchen werden bis in die jüngste Vergangenheit Fährtenspuren, meistens von Iguanodonten sowie versteinerte Pflanzenreste und Schildkröten gefunden.

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Die Funde wurden an verschiedene Museen abgegeben oder werden bei den Obernkirchener Sandsteinbrüchen aufbewahrt.

Dinosaurier und Säugetiere lebten von der Trias bis zur Oberkreide gemeinsam über einen Zeitraum von ca. 175 Mio Jahren. Dabei dominierten immer die viel größeren Saurier vor den Säugetieren, die ein Schattendasein führten. Dies wäre auch so geblieben, wenn die Saurier nicht an der Grenze Kreide / Tertiär ausgestorben wären. Massensterben gab es in verschiedenen Erdzeitaltern, so z. B. im Oberdevon und im Oberperm. Während man dies auf Eiszeiten zurückführen kann, wird das Massensterben am Ende der Oberkreide heute noch vielfach diskutiert.

10. Geschichte der Obernkirchener Sandsteine (POESTGES, M. 1979 & KRUMSIEK, Dr. R. 1963)

In einer Veröffentlichung der Niedersächsischen Archivverwaltung, Beiheft 23, aus dem Jahr 1979 „Zwischen London und Byzanz“ und der Dissertation „Das Schaumburgische Bergrecht“ von Dr. Rolf Krumsiek aus dem Jahre 1963 wird über die Geschichte und die Zünfte der Steinhauer berichtet.

Neben den von Kaufleuten getragenen Handelsbeziehungen zum europäischen Ausland spielte auch der Rohstoffexport eine gewisse, wenn auch nie eine entscheidende Rolle.

Begehrt für Repräsentativbauten war seit Jahrhunderten der in Obernkirchen in der Grafschaft Schaumburg abgebaute Sandstein, der vor allem in die Niederlande, nach Dänemark, nach Rußland und in die USA geliefert wurde (siehe auch Kap. 20).

Im nordwestdeutschen Raum, zwischen Hannover und der Weser, befinden sich mehrere Erhebungen, die aus Schichten der untersten Abteilung der Kreide, dem Wealden, aufgebaut werden: aus Sandsteinen und Schiefertonen, denen Kohlenflöze eingelagert sind.

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Diese Ablagerungen sind im damaligen Küstenbereich entstanden. Unter den Sandsteinvorkommen sind die des Bückeberges bei Obernkirchen die bei weitem wertvollsten. Der Stein enthält nur einen vergleichsweise geringen Anteil an Karbonaten und Sulfaten. Dagegen ist der Gehalt dieses quarzitischen Sandsteins aus feinem Korn an Kieselsäure außerordentlich hoch, aufgrund dessen besitzt er ein hohes Maß an Witterungsbeständigkeit. Hervorzuheben ist auch seine überdurchschnittliche Druckfestigkeit. Seine Lager sind bis zu 20 m mächtig. Das beim Abbau gewonnene Material besteht zu 30 % aus feinem Werkstein und Abfall; 20 % werden ganz in Trümmer geschlagen. Ein Nachteil dieses Steins liegt darin, dass seine anfänglich gelblich, graue oder rein weiße Farbe sich durch Witterungseinflüsse schnell in ein schmutziges Grau verwandelt.

Bereits im Hochmittelalter, 300 Jahre bevor auf dem Bückeberg die ersten Kohlenbergwerke entstanden, wurde dort Sandstein abgebaut. Die Sandsteine wurden anfangs für den einheimischen Bedarf gebrochen, wie z. B. für den Bau der Stiftskirche in Obernkirchen und des Klosters Möllenbeck. Später, gegen Ende des Mittelalters, werden die Sandsteine in zunehmende Masse auch über die Grenzen Schaumburgs hinaus geliefert.

In den Baurechnungen für das Rathaus in Bremen aus dem Jahre 1407 sind größere Geldsummen für Reisen von Baufachleuten aus Bremen zu den Steinbrüchen in der Grafschaft Schaumburg ausgewiesen.

Anders als beim Steinkohlenbergbau bieten sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sandsteinvorkommen schon in frühester Zeit von dem Verfügungsrecht des Grundeigentümers ausgeschlossen waren. Die Grafen Erich (1474 - 1492) und Anton (1510 - 1526) von Schaumburg haben nach einer Urkunde vom 20. Januar 1485 dem Kloster Möllenbeck den Abbau von Sandsteinen auf den dem Grafen gehörenden Bückebergen gestattet. Dieses, dem Stift Möllenbeck gewährte Privileg, dürfte von den Grafen von Schaumburg in ihrer Eigenschaft als Grundeigentümer gewährt sein, zumal von „unserem“ Bückeberg in dem Vertrag die Rede ist.

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Eigentümer der Brüche waren die Landesherren, die Grafen zu Holstein- Schaumburg. Abgebaut wurde der Sandstein anfangs von Hörigen des Stifts Obernkirchen, die sich unter dem Schutz des Klosters zu Bruderschaften zusammenschlossen. Dies änderte sich erst, nachdem die Obernkirchener 1565 aus der Leibeigenschaft entlassen wurden, Steinbrüche pachten konnten und Zünfte bilden durften.

Die Bergordnung von 1562 regelte die Höhe der an die Landesherren zu entrichtenden „Bergware“ (Förderzins), einer Abgabe, die proportional zur abgebauten Menge zu entrichten war:

für jeden Bauwagen mit Steinen sechs Groschen für Flachtenwagen mit Steinen vier Groschen für Karren mit Steinen zwei Groschen

Zur Kontrolle wurde ein Schreiber eingestellt, der die Namen der Käufer und Verkäufer sowie die gelieferte Menge festhielt.

Der Transport war in früheren Zeiten ziemlich mühsam. Mit Wagen und Karren wurden die Steine zum Verladeplatz an die Weser gebracht, bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts nach Minden und Petershagen. Von dort wurden die Steine mit besonderen Lastkähnen, den „Eken“ zumeist nach Bremen befördert. Dadurch wurde der Obernkirchener Sandstein als „Bremer Sandstein“ bekannt.

Im Jahre 1564 wurde mit Antwerpen erstmals eine Stadt im Ausland beliefert; für den Bau des Rathauses war Graf Otto IV. (1544 – 1576) um jährliche Lieferungen von 500 Fudern Blocksteinen gebeten worden. Drei Jahre später forderte die Königin von Dänemark Sandsteine aus Obernkirchen an. Die Steinbrüche hatten sich zu einer bedeutenden Einnahmequelle entwickelt.

Graf Otto IV. hat am 10. Februar 1565 Obernkirchen die Fleckenrechte verliehen und die Einwohner aus der Leibeigenschaft entlassen. Einige Steinhauer konnten nun Steinbrüche zur Pacht erhalten.

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Graf Otto IV. beauftragte 1569 den Drosten Johann von Langen, den Steinhauern zu verbieten, außer Landes auf Arbeit zu gehen, wer dagegen verstoße, solle seine ganze Habe verlieren.

1597 regelten erstmals 27 Steinhauer ihr gesamtes Zunftleben in einer Zunftordnung.

Graf Ernst (1601 – 1622) erließ den Steinhauern die Bergware gegen eine jährliche Zahlung von 250 Talern auf fünf Jahre.

Als 1647 die alte Grafschaft Schaumburg zwischen Phillipp zur Lippe (Grafschaft Schaumburg- Lippe) und Wilhelm von Hessen (Grafschaft Schaumburg) geteilt wurde, kamen beide überein, die Steinkohlenvorkommen in dem gesamten Gebiet der alten Grafschaft gemeinsam abzubauen. Die Obernkirchener Sandsteine sollten ausschließlich im Gebiet der hessischen Grafschaft Schaumburg gewonnen werden. Zum Abbau der Steinkohlen waren nunmehr in Schaumburg- Lippe und in der Grafschaft Schaumburg gemeinsam der kurhessische Staat und das Fürstenhaus Schaumburg- Lippe als Regalherren berechtigt. Für den Abbau der Sandsteine war ausschließlich der kurhessische Staat zuständig. Obwohl die Sandsteingewinnung zunächst auch als Grundeigentümerbergbau betrieben wurde, entzog die hessische Verordnung vom 10. März 1767 die Sandsteine der Verfügungsbefugnis des Grundeigentümers und erklärte sie für bergfrei. Das Edikt von 1767 ist durch Geheimratsbeschluss vom 6. Februar 1798 erneut bestätigt worden.

Im 30- jährigen Krieg und in der Nachkriegszeit war den geltenden Rechtsvorschriften wenig Beachtung geschenkt worden. Um hier wieder geordnete Verhältnisse zu schaffen, erließ Landgraf Karl 1680 eine neue Zunftordnng, die in den meisten Punkten derjenigen glich, die sich die Steinhauer 1597 selbst gegeben hatten, darüber hinaus aber genaue Bestimmungen über den Erwerb von Steinbrüchen enthielt. Von großer Bedeutung war auch die Verpflichtung des Landesherren, die Abfuhrwege zur Weser „in gutem Zustand zu erhalten“.

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Um 1730 gingen die Geschäfte wieder besser, es wurden wieder mehr Steine verkauft. Diese günstige Entwicklung hielt bis etwa 1780 an. Danach ging der Absatz wieder erheblich zurück.

Die unbefugte Anlage von Steinbrüchen hatte zu Auseinandersetzungen mit Schaumburg- Lippe geführt, da einige Steinhauer auch jenseits der Schaumburger Grenze tätig geworden waren. Dies Vorgehen wurde 1733 durch einen Rezeß legalisiert. Zu dieser Zeit hatte der Fernhandel bereits wieder die gleiche Bedeutung erlangt wie am Anfang des 17. Jahrhunderts.

Im Jahre 1782 mußte der Betrieb vorübergehend eingestellt werden, weil die Steinbrüche unter Wasser standen. Der Zunft wurde ein Darlehen von 2 923 Thaler gewährt, mit dem der Bau von Stollen finanziert werden konnte (Kap. 18).

Nach einem Bericht des Bergrates Fröhlich an die kurhessische Oberrentkammer aus dem Jahre 1817 war der Handel „wieder in Schwung“ gekommen. Der größte Teil der Lieferungen ging nach Bremen, Oldenburg und Ostfriesland.

Als die Steinhauer um Erneuerung des Zunftbriefes von 1787 baten, riet die Regierung zum Zusammenschluss der einzelnen Unternehmen. Für die Zunftmitglieder wurde 1830 ein Regulativ erlassen, das den Steinhauern Verpflichtungen wie gegenseitige Hilfeleistungen und die Instandhaltung der Entwässerungsstollen auferlegte.

Durch die Einführung des „Allgemeinen Berggesetzes für die Preußischen Staaten“ (ABG) in der Grafschaft Schaumburg waren in besonderer Weise die Obernkirchener Sandsteinvorkommen betroffen. Während unter der Herrschaft Hessens die Sandsteinvorkommen bergfrei gewesen waren, überließ das ABG die Sandsteinvorkommen wieder der Verfügungsbefugnis des Grundeigen- tümers. Der Preußische Staat gestattete aber den vielen bisherigen Einzelunternehmern, auf dem Bückeberg weiterhin auf fiskalischem Grund und Boden Sandsteine zu gewinnen. Die verschiedenen Steinbruchbesitzer gründeten daraufhin am 16. Januar 1872 die „Aktiengesellschaft der Vereinigten Obernkirchener Sandsteinbrüche“.

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Nachdem die Aktiengesellschaft gescheitert war, gingen die Steinbrüche 1909 in den Besitz mehrerer Banken über, es kam zu der Gründung der „Obernkirchener Sandstein GmbH“.

Infolge des 1. Weltkrieges und der Weltwirtschaftskrise ging die Konjunktur sehr schlecht. Die Dresdner Bank übernahm deshalb im Jahr 1932 die Aktien der Obernkirchener Sandsteinbrüche.

Im Jahr 1938 hatte der Privatmann PAUL EBELING DIE „OBERNKIRCHENER

SANDSTEINBRÜCHE AG“ übernommen und als Kommanditgesellschaft weiter- geführt.

Im 2. Weltkrieg ging die Produktion wieder zurück, es wurden hauptsächlich Schleifsteine und Bausteine für Monumentalbauten hergestellt.

Im Jahr 1938 waren mehr als 350 Mitarbeiter beschäftigt, heute arbeiten noch ca. 50 Angestellte und Arbeiter die Fassadenplatten, Bodenplatten, Mauer- und Pflastersteine, Verblender, Krustenplatten und Landschaftssteine herstellen, sowie Steinmetz- und Massivarbeiten ausführen.

Die Leitung des Unternehmens hat seit 1970 der Enkel des Gründers der

„Obernkirchener Sandsteinbrüche“, HERR KLAUS KÖSTER.

Die Obernkirchener Sandsteinbrüche arbeiten heute mit einem hohen Stand der Technologie, mit einer Vielzahl moderner Betriebsmittel und wurden im April nach DIN EN ISO 9002 zertifiziert.

11. Die Steinmetzen

Sie haben einst Europa gebaut. Von der Antike über das Mittelalter bis in die Neuzeit errichteten die Steinmetzen Burgen und Tempel, Schlösser und Kirchen. Sie schlugen die Quader für Mauern und Gewölbe aus Naturstein, schufen Pfeiler, Bögen, Portale und Fenstergewänder.

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Die besonderen Könner formten aus den Steinen schneckenförmige Voluten, fischblasenartiges Maßwerk, Blätter und Blüten. Ihre Werke überdauerten Jahrtausende, besonders wenn es sich um qualitativ so wertvolle Ausgangs- gesteine handelt wie den Obernkirchener Sandstein.

Allerdings erfordert auch die Bearbeitung der Obernkirchener Sandsteine besonderes Geschick. Früher haben Hilfsarbeiter die Blöcke grob vorgeschlagen, ehe Meister und Gesellen mit dem Klöpfel die Feinarbeit übernahmen. Heute werden die groben Blöcke maschinell ausgesägt. Die Steinmetze machen dann, mit von Druckluft angetriebenen Hämmern, die Feinarbeit.

Gebrochen werden die Steine auf dem Kamm der Bückeberge, ca 5 km südlich von Obernkirchen. Während in vergangener Zeit die grobe Bearbeitung am Steinhauerplatz auf dem Bückeberg von vielen Arbeitern ausgeführt wurde, die in einer eigenen Siedlung auf dem „Berg“ wohnten , werden heute die Rohblöcke maschinell, von wenigen Mitarbeitern, aus Schollen ausgesägt. Die Siedlung wurde vom Landkreis Schaumburg übernommen.

Die Weiterverarbeitung geschieht nun ausschließlich auf dem Steinhauerplatz in Obernkirchen, gegenüber dem Bahnhof der Rinteln- Stadthäger Eisenbahn, der im Jahre 1900 gebaut wurde. Um den sich weiter vergrößernden Betrieb aufrechterhalten zu können, mußten italienische Arbeiter verpflichtet werden, weil die einheimischen die gesündere Arbeit im Bergbau und in der Glasindustrie vorzogen.

Die häufigste Ursache für das frühzeitige Ausscheiden von Betriebsangehörigen waren Unfälle und Erkrankungen an Silikose (Steinstaublunge), die nach sieben- bis achtjähriger Tätigkeit im Betrieb auftrat und an Schwindsucht.

Eine Untersuchung eines Sterberegisters aus den Jahren 1842 bis 1874 aus Gildehaus bei Bad Bentheim ergab: Lebenserwartung der Steinhauer : 37 Jahre Lebenserwartung der Handwerker: 51 Jahre Lebenserwartung der Bauern: 64 Jahre

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Der Abtransport der Rohblöcke vom Bückeberg zum Steinhauerplatz in Obern- kirchen wurde erst mit Pferdefuhrwerken, dann mit einer Schmalspurbahn und heute mit LKW`s durchgeführt.

Die Obernkirchener Steinbrüche bilden auch heute noch Lehrlinge aus.

12. Die Steinhauerzunft (KRUMSIEK, Dr. R. 1981 & POESTGES, M. 1979)

Die Einwohner Obernkirchens waren bis zur Verleihung der Fleckenrechte am 10.02.1565 „Leibeigene“ des Klosters Obernkirchen. Daher konnten sie sich auch erst nach dieser Zeit zu Zünften zusammenschließen.

1597 regelten erstmals 27 Steinhauer ihr gesamtes Zunftleben in einer Zunft- ordnung. Diese Handwerksordnung mutet heute sehr perfektionistisch an.

Zunächst wird den Meistern untersagt, einander Gesellen abzuwerben. Meister kann nur werden, wer entweder in den Obernkirchener Steinbrüchen gelernt hat oder hier fünf Jahre als Geselle arbeitete.

Die Ordnung der Obernkirchener Steinhauerzunft stellte nicht nur eine Handwerksordnung dar, sie enthielt zugleich strafrechtliche Bestimmungen und soziale Vorschriften zugunsten der Zunftangehörigen.

Auch trifft die Zunftordnung eine Aussage darüber, wie die Zunftangehörigen sich untereinander oder gegenüber ihren Mitbürgern zu verhalten haben. Wer noch nicht ausgelernt hat, darf sich nicht „beim Bier oder Zächen“ oder sonst an verdächtigen Örtern finden lassen, auch nicht über Nacht aus dem Hause bleiben. Beleidigungen werden von der Zunft geahndet. Wer des Diebstahls überführt wird, wird aus der Zunft ausgeschlossen und darf keine weitere Gemeinschaft mit Zunftangehörigen haben. Die gebrochenen Sandsteine dürfen nicht zu einem geringen Preis veräußert werden.

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Bei geringfügigen Verstößen gegen die Zunftordnung bestand die Strafe im Wesentlichen darin, dass bis zu drei Tonnen Bier an die Zunft bezahlt werden mussten. In einigen Fällen wurde ein bestimmter Betrag in eine Büchsenkasse gezahlt.

1615 erhielten die Steinhauer von Graf Ernst auch die eigene Gerichtsbarkeit zugesprochen. Er war es auch, der ihnen 1607 die Bergware (Förderzins) gegen eine jährliche Zahlung von 250 Thalern erließ.

Während des 30- jährigen Krieges muß die Zunftordnung aus dem Jahre 1597 weitgehend aus dem Bewusstsein der Zunftangehörigen verschwunden sein; denn mit dieser Begründung werden 1680 durch den LANDGRAFEN KARL VON

HESSEN die Rechte und Privilegien der Steinhauerzunft erneut bestimmt. Während die Zunftordnung von 1597 noch ein zwischen den Steinhauern ohne landesherrliche Zustimmung abgeschlossener Vertrag war, ist die Ordnung von 1680 ein obrigkeitliches Dekret, in dem z.B. die Voraussetzungen für eine Aufnahme in die Steinhauerzunft verschärft werden. Zunftmitglied kann nur werden, wer ehelich geboren ist oder aus ehelichem Haus stammt. Die Zunft erhält einen auf Lebenszeit gewählten Altmeister, der auch darüber zu wachen hat, daß die Zunftordnung eingehalten wird. Das Lehrverhältnis wird als gegenseitiges Treueverhältnis zwischen Lehrling und Lehrherren eingehend beschrieben.

Im Gefolge einer Generalzunftordnung von 1693, die allen Zünften die soziale Fürsorge zur Pflicht machte, gaben sich die Steinhauer im Jahre 1729 ein Statut über die Unterstützung von bedürftigen Zunftmitgliedern und deren Familien- angehörigen. Der neu eingerichtete Fonds war besonders angebracht in einem Beruf, dessen Ausübung in vielen Fällen schon nach wenigen Jahren Tätigkeit zu Invalidität oder Tod führte.

Die Zunftordnungen der Obernkirchener Steinhauer haben modifiziert bis in das 19. Jahrhundert bestanden und das Zusammenleben dieser Berufsgruppe in Obernkirchen bestimmt.

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Die Steinhauer selbst haben in ihren eigenen Brüchen je nach ihren handwerklichen und kaufmännischen Fähigkeiten jahrhundertlang ihren Erwerb erzielt. Mit der industriellen Revolution um 1850 stellte sich der Zunft jedoch das Problem, ob es noch zeitgemäß und wirtschaftlich war, dass eine Vielzahl von Zunftangehörigen häufig in kleinsten Brüchen Steine brachen und dann auf eigene Rechnung oftmals risikoreich verkauften. Der preußische Staat hatte nach Annexion Hessens den vielen bisherigen Einzelunternehmen gestattet, auf den Bückebergen weiterhin auf fiskalischem Grund und Boden Sandsteine zu gewinnen. Die verschiedenen Steinbruchbesitzer gründeten dann aber am 16. Januar 1872 die „Aktiengesellschaft der Vereinigten Obernkirchener Sandsteinbrüche“, deren Rechtsnachfolgerin, die Firma „Obernkirchener Sandsteinbrüche, Paul Ebeling KG“, heute noch die Sandsteinvorkommen auf den Bückebergen abbaut.

13. Eigentums- und Verfügungsrecht

Dr. Rolf Krumsiek aus Obernkirchen hat in seiner Dissertation „Das Schaumburgische Bergrecht“, auch die Steinbrüche behandelt:

„Die Sandsteingewinnung auf dem Bückeberg bei Obernkirchen dürfte wesentlich älter als der Steinkohlenbergbau sein. Spätestens im 11. Jahrhundert sind dort Steine für den einheimischen Bedarf gebrochen worden.

Aber anders als beim Steinkohlenbergbau bieten sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Sandsteinvorkommen schon in frühester Zeit von dem Verfügungsrecht des Grundeigentümers ausgeschlossen waren. So haben die Grafen Erich und Anton von Schaumburg nach einer Urkunde vom 20. Januar 1485 dem Kloster Möllenbeck den Abbau von Sandsteinen auf dem den Grafen gehörenden Bückeberg gestattet. Dieses dem Stift gewährte Privileg dürfte von den Grafen von Schaumburg in ihrer Eigenschaft als Grundeigentümer gewährt worden sein.

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Während in Schaumburg- Lippe die Sandsteinvorkommen in geringem Umfang für den Bedarf in der dortigen Gegend ausgebeutet wurden und das Gewinnungsrecht dem Grundeigentümer zustand, ist im Gegensatz dazu die Entwicklung in der Grafschaft Schaumburg recht eigenartig verlaufen .

Obwohl die Sandsteingewinnung zunächst auch als Grundeigentümerbergbau betrieben wurde, entzog die hessische Verordnung vom 10. März 1767 die Sandsteine der Verfügungsbefugnis des Grundeigentümers und erklärte sie für bergfrei. Das Edikt von 1767 ist durch Geheimratsbeschluß vom 6. Februar 1798 erneut bestätigt worden. In welchem Umfang Abbauberechtigungen verliehen wurden, lässt sich nicht mehr feststellen. Jedenfalls stand den Besitzern der Steinbrüche bei Obernkirchen nach dem Zunftbrief vom 8. Mai 1787 ein vererbliches Recht zum Steinbruchbetrieb zu. Aus der Erhebung einer „sogenannten Bergware“ als Bergwerksabgabe folgt ebenfalls, dass die Sandsteinvorkommen in der hessischen Grafschaft Schaumburg bergfrei waren.

Durch die Einführung des „Allgemeinen Berggesetzes für die Preußischen Staaten vom 24.Juni 1865“ (ABG) in der Grafschaft Schaumburg wurden in besonderer Weise die Obernkirchener Sandsteinbrüche betroffen. Während unter der Herrschaft Hessens die Sandsteinvorkommen bergfrei gewesen waren, überließ das ABG die Sandsteinvorkommen wieder der Verfügungsbefugnis des Grundeigentümers.

Heute sind Eigentümer der Obernkirchener Sandsteinlagerstätte zu wesentlichen Teilen: der Landkreis Schaumburg und die Obernkirchener Sandsteinbrüche & Co. KG als Grundeigentümer.

Der Landkreis Schaumburg bzw. dessen Rechtsvorgänger haben das in ihrem Eigentum stehende Vorkommen ausschließlich einem Dritten gegen Zahlung einer Jahresvergütung zur Ausbeute überlassen. Am 20.11.1871 wurde ein erster Vertrag mit Nachtragsvertrag vom 17.05.1872 mit den „Obernkirchener Sandsteinbrüchen, Paul Ebeling KG“ abgeschlossen. Diese wurden zwischenzeitlich durch neue Verträge ergänzt.

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14. Die Gewinnung von Schollen und Sandstein- Rohblöcken (Steinbruchs- Berufsgenossenschaft, 1999)

In der Zeitschrift „Die Industrie der Steine und Erden“, Ausgabe 2/99, dem Mitteilungsblatt der Steinbruch- Berufsgenossenschaft, wird berichtet:

Die Gewinnung von Sandstein und das Zurichten der gewonnenen Blöcke war im „Steinbruch Bückeberg“ der Obernkirchener Sandsteinbrüche bisher mit außerordentlich großen Belastungen und erheblichen Gefährdungen für die

Mitarbeiter verbunden. Wie der geschäftsführende Gesellschafter KÖSTER erklärte, war es in diesem Betrieb üblich – und wahrscheinlich ist es heute noch in vielen Werksteinbrüchen so -, mit einer seit mehr als 30 Jahren bewährten Verfahrenstechnik die notwendigen Arbeiten durchzuführen. In diesem Zeitraum wurden lediglich Mechanisierungsmöglichkeiten für die verschiedenen Arbeiten genutzt; eine grundsätzliche Änderung der Verfahrenstechnik unterblieb jedoch. Um die Existenz eines Unternehmens dauerhaft zu sichern, müssen aber die Mitarbeiter Arbeitsbedingungen vorfinden, wie sie an modernen Arbeitsplätzen heute üblich sind. Hierzu war eine völlige Abkehr von den bisherigen Verfahren zur Gewinnung und zum Zurichten der Rohblöcke erforderlich. Die schwere körperlich Arbeit mußte durch Maschinenarbeit ersetzt werden, Maßnahmen zur Vermeidung der Einwirkung von Staub und Lärm auf die Beschäftigten waren zu treffen.

Die Qualität der Obernkichener Naturwerksteine hängt im wesentlichen von der Qualität der im Steinbruch gewonnenen Schollen ab, aus denen Rohblöcke hergestellt werden.

Zur Rohblockherstellung eignen sich nur ungestörte, farblich einwandfreie und massive Schollen, aus denen dann Rohblöcke in möglichst rechtwinkligen Formen gewonnen werden können.

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Der Werkstein, der einen sehr hohen Anteil an freier kristalliner Kieselsäure hat und dessen Farbsprektum von einem hellen Grau bis zu einem dunklen Braun reicht, dient bereits seit dem 10. Jahrhundert als wichtiger Baustein bei der Errichtung großer Sakral- und Profanbauten.

Das Material ist wegen seiner großen Festigkeit und außerordentlich großen Witterungsbeständigkeit auch heute noch sehr gefragt und wird von Architekten wegen dieser Eigenschaften gern für Fassadenverkleidungen an Repräsen- tativbauten eingesetzt (Tab. 4; Abb. 8 & Abb. 9).

Die Größe der Schollen hängt von der Ausbildung der Lagerstätte ab und unterliegt Begrenzungen durch die Bankdicken und das unregelmäßige Kluftsystem. Die in geometrisch unregelmäßigen Abmessungen im Tagebau gewonnenen Schollen werden zu Rohblöcken verarbeitet, bis 1991 größtenteils manuell, heute weitgehend maschinell.

Die Stärke eines Rohblocks muß mindestens 0,30 m betragen, damit die Weiterverarbeitung maschinell möglich ist. Schollen dieser Stärke stellen im Steinbruch aber nur etwa 50 % der anstehenden bauwürdigen Sandsteine dar.

14.1 Die Beseitigung des Abraums

Das Beseitigen des Abraums erfolgt, wie in den meisten Steinbrüchen, durch Lösen und Verladen des Materials mit einem Radlader. Vom Lader wird das Material an knickgelenkte Dumper übergeben, mit denen es zur Abraumhalde transportiert wird. Nach dem Abkippen, was in einem Abstand von mindestens 10 m von Bruchkante erfolgt, wird es von einer Raupe auseinander geschoben. Zusammen mit den Reststoffen aus der Steinbearbeitung wird der Abraum zur Auffüllung der durch den Abbau entstandenen morphologischen Unterschiede im Steinbruch verwandt.

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15. Gewinnen und Zurichten der Schollen und Sandstein - Rohblöcke (Steinbruch- Berufsgenossenschaft,1999)

15.1 Alte Verfahrenstechnik

Das Gewinnen und Zurichten der Rohblöcke erfolgte früher weitgehend in einem Arbeitsgang. Mit Handbohrhämmern oder Keillochhämmern wurden zahlreiche Bohrlöcher oder Keillöcher so in das Gestein getrieben, dass die Konturen des Blockes bereits vorgegeben waren. Diese Bohrreihen schwächten das Gestein so, dass es durch Einschlagen von Keilen, durch Arbeiten mit der Brechstange oder durch vorsichtige Schwarzpulver- Sprengungen getrennt werden konnte.

Nachdem die Rohblöcke so aus dem Gebirgsverband gelöst waren, wurden sie mit Ketten umschlungen und von einem Derrickkran aus der hohen Wand gehoben und zur Weiterverarbeitung zum Steinhauerplatz nach Obernkirchen transportiert. Während dieser Transport für die 5 km - 7 km lange Strecke früher mit einer Lorenbahn durchgeführt wurde, werden diese Arbeiten heute von LKW`s ausgeführt.

15.2 Neue Verfahrenstechnik

Die Entwicklung der hydraulischen Großgeräte, welche über außergewöhnlich große Losbrechkräfte verfügen, ermöglichten es schließlich, eine neue Verfahrenstechnik zu konzipieren, mit der die hohen Belastungen und Gefährdungen der Mitarbeiter im Steinbruch deutlich verringert werden konnten.

Nach umfangreichen Probeeinsätzen und Modifizierungen, wurden Werkzeuge (Dorn-, Ladegabel und –schaufel) entwickelt, die mit einer Schnellwechsel- kupplung an einen Großlader angeschlagen werden können. Ein Großlader, der auch mit einer Klimaanlage ausgestattet ist, kann mit diesen Werkzeugen die dickbankigen Schichten an natürlichen Schwachstellen brechen. Der Nachteil ist, dass die so gewonnenen Schollen bizarre Konturen und Abmessungen haben. Dadurch wird ein zweiter Bearbeitungsvorgang – das Zurichten der Rohblöcke - erforderlich.

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Vorteilhaft ist, dass bei dieser Art der Gewinnung keine Haarrisse im Gestein entstehen können. Dies konnte bei den Sprengungen mit Schwarzpulver oft nicht vermieden werden.

Der Steinbruch erhielt durch die Einführung der neuen Verfahrenstechnik eine vollständig veränderte Struktur. Während er früher von einer steilen Wand geprägt wurde, hat der Steinbruch heute eine weitgehend flächenhafte Dimension. Um die Schollen, welche vom Radlader über die Bruchwandkante hinweg geschoben werden, auf transportfähige und zur Verarbeitung einsetzbare Abmessungen zu bringen, mußte eine neue Sägehalle errichtet und eine neue Großkreissäge entwickelt werden. Mit einem Großlader werden die gelösten Schollen in der Halle aufgebänkt und dann vollautomatisch mit einer Groß- kreissäge auf die eingestellten Größen geschnitten.

Von kleineren Schollen und Restblöcken werden Pflastersteine hergestellt. Die Herstellung der Pflastersteine ist notwendig, um das gelöste Gestein möglichst umfangreich einer Verwendung als Werkstein zuzuführen. Diese Arbeiten, die früher von Hand ausgeführt wurden, erledigen heute Steinspaltmaschinen für Fein- und Grobpflaster. Da die manuelle Arbeit sehr schwer ist, haben diese Maschinen Manipulatoren, die hydraulisch gesteuert werden.

Bei der maschinellen Herstellung der Rohblöcke können Schollen mit Ab- messungen von 1,75 m x 0,80 m x 0,30 m (ca. 1,00 t Gewicht) bis max. 5,0 m x 3,0 m x 0,8 m (ca. 29 t Gewicht) zu Rohblöcken verarbeitet werden.

Die Abfälle bei der Formatierung der Rohblöcke sind beträchtlich, sie werden im Durchschnitt mit 40 – 50 % angegeben. Dieses Restmaterial wird, soweit möglich weiter verarbeitet zu Pflastersteinen, Bruch- und Mauersteinmauern, Maßsteinen u. ä.

Auch für die Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter wurde in jüngster Zeit sehr viel getan.

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An allen Maschinen, die Staub emittieren, sind Entstaubungseinrichtungen installiert. Die Handarbeit bei der Gewinnung und Zurichtung der Rohblöcke sowie der Herstellung von Grob- und Kleinpflaster wird vollständig von Maschinen erledigt. Die Radladerfahrer, die den Großteil aller notwendigen Arbeiten ausführen, haben einen sicheren Arbeitsplatz in einer klimatisierten Kabine.

Die Unfallhäufigkeit ist ebenfalls stark zurückgegangen. Der Absturz von Menschen und Kabinen aus den steilen Wänden ist durch die flächenhafte Ausbildung des Steinbruchs weitgehend ausgeschlossen. Der Derrickkran wird nicht mehr benötigt, der Transport der Rohblöcke erfolgt ebenerdig, so daß die Unfallgefahr durch Zerbrechen eines Rohblocks im Kran vollständig vermieden wird.

16. Verluste in der Lagerstätte und beim Zurichten

Neben Verlusten, die durch die Ausweisung von Sicherheitsstreifen und Böschungen entstehen, wird sehr häufig übersehen, dass bei der Verarbeitung der Schollen zu Rohblöcken und der Rohblöcke zu Fertigprodukten zusätzlich auch Schnittverluste auftreten. Der Verlust durch Sägemehl oder durch „Abfall“ bei den Steinmetz- Arbeiten, ist auch erheblich. So verbleiben von dem ursprünglichem Rohblockvolumen nach der Verarbeitung zu Naturwerk- steinplatten 75 %. Das entspricht einem Volumenverlust von 25 % des Ausgangsvolumens.

Die Gesamtverluste betragen nach einer Untersuchung von FREBOLD (1940) 72%, also zu einer Zeit, wo alle Arbeiten manuell ausgeführt wurden. Neuere Untersuchungen kommen zu ähnlichen Werten.

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16.1 Verwertung der Restmaterialien

Es ist vielfach diskutiert, wie die „Lagerstättenreste“ in Höhe von etwa 70 % der Gesamtvorräte noch wirtschaftlich genutzt werden könnten.

Straßen- und Tiefbau (DIN 52100) Verschiedene Untersuchungen von Durchschnittsproben des Restmaterials haben ergeben, dass die Sandsteine die Anforderungen für den qualifizierten Straßenbau nur sehr eingeschränkt erfüllen. Es ist davon auszugehen, dass eine Verwendung nur im Straßen- und Wegebau gegeben ist. Dazu muß das Material aber noch gebrochen und klassiert werden. Außerdem wird der Transport vom Bückeberg durch den Wald zum Markt problematisch.

Unter den gegebenen Umständen ist eine wirtschaftliche Vermarktung derzeit nicht möglich.

Betonzuschlagstoffe (DIN 4226) Für eine Verwertung bei der Herstellung von Beton, als Betonzuschlagstoff, liegen die ermittelten Werte von Durchschnittsproben außerhalb der gültigen Normen (DIN 4226). Die Sandsteine sind auch nach einer fachgerechten Aufbereitung, als Betonzuschlag nicht geeignet.

Glassand Die Verwendung des Obernkirchener Sandsteins zur Herstellung von Weißhohlglas scheidet schon wegen des hohen Anteils an Fe2 O3 aus. Eine Verwendung zur Herstellung von Buntglas ist nur möglich, wenn der Sandstein bis in den µ- Bereich (von ca. 0,6 mm) aufgemahlen wird. Die Mahlkosten sind sehr hoch. Dazu kommt, dass heute das Rohmaterial für die Herstellung von Bunthohlglas bis zu 70 % aus Altglas besteht.

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17. Der Steinkohlenbergbau und die Auswirkung auf den Sandsteinabbau

Um 1770 traten im Bereich der Sandsteinbrüche Wasserhaltungsprobleme auf. Da an vielen Stellen die Abbausohlen zur Steinbruchswand hin einfielen, konnten die Steinhauer die zusitzenden Wasser nicht loswerden. Die Schwierigkeiten führten 1780 zur Stillegung der Steinbruchbetriebe.

Durch das fürstlich hessische Bergamt in Obernkirchen wurden im Bereich der Steinbrüche die beiden Wasserlösungsstollen „Friedrich- Stolln“ und „Philippinen- Stolln“, benannt nach dem Landgrafen und der Landgräfin von Hessen, durch Bergleute aus Obernkirchen aufgefahren. Sie hatten den Zweck, die auf den Bückebergen liegenden Sandsteinbrüche, welche damals von verschiedenen Steinmetzen betrieben wurden, zu entwässern (Kap.18).

Zu den Auswirkungen des untertägig geführten Bergbaus auf die überlagernden Sandsteinhorizonte ist folgendes festzustellen:

Der Steinkohlenbergbau in Obernkirchen wurde als Bruchbau mit teilweisem Versatz betrieben. Die über den ausgekohlten Flözen liegenden Schichten verbrachen nach der Auskohlung. Die Schichten brechen dabei unregelmäßig und unkontrolliert herein und verfüllen so die durch die Auskohlung entstandenen Hohlräume. Dabei treten im Deckgebirge Spannungen und Entspannungen auf, die naturgemäß die überlagernden Schichten und nicht nur diese so beanspruchen, dass Bruchzonen entstehen, wodurch die bauwürdigen Sandsteinpartien beeinträchtigt werden. Dabei wird die Qualität des Gesteins zwar nicht verschlechtert, aber der Gesteinsverband so gestört, dass die großen Schollen zerbrechen.

In mehreren Gutachten durch das Reichsamt für Bodenforschung und das Oberbergamt Clausthal wurden die Auswirkungen des Steinkohlenbergbaus untersucht und bestätigt. Dies führte dazu, dass die Obernkirchener Sandsteinbrüche der Bergwerksbetreiberin (Preußag) Teilflächen abkaufte, um damit den Kohlenabbau unter diesen Schutzpfeilern zu verhindern.

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Der erste Vertrag hierzu wurde zwischen den Obernkirchener Sandsteinbrüchen Paul Ebeling und der Preußag am 20.02.1929 mit einem Nachtrag vom 9.4.1933 und ein zweiter Vertrag am 31.12.1944 abgeschlossen (Abb. 5).

18. Der Stollenbau in den Obernkirchener Sandsteinbrüchen (SCHUNKE & BREYER, 2006)

Den „Obernkirchener Steinbruchs– Stollen– Bau“ haben Bergrat Schunke und Grubensteiger Breyer in ihrer Arbeit „Die Schaumburger Gesamtsteinkohlen- werke von 1386 – 1920“, wie folgt beschrieben :

Um 1770 traten im Bereich der Sandsteinbrüche Wasserhaltungsprobleme auf. Da an vielen Stellen die Abbausohlen zur Steinbruchswand hin einfielen, konnten die Steinhauer die zusitzenden Wasser nicht loswerden. Die Schwierigkeiten führten 1780 zur Stillegung der Steinbruchbetriebe.

Durch das Fürstlich- Hessische Bergamt in Obernkirchen wurden im Bereich der Steinbrüche die Wasserlösungsstollen „Friedrich- Stolln“ und Philippinen- Stolln“, benannt nach dem Landgrafen und der Landgräfin von Hessen, durch Bergleute aus Obernkirchen aufgefahren. Die Stollen hatten den Zweck, die auf dem Bückeberg liegenden Sandsteinbrüche, welche damals von vielen Steinbruch- meistern betrieben wurden, zu entwässern.

Von der Renterei Schaumburg sind in den Jahren 1782 bis 1786 = 2931 Thaler 27 Groschen und 6 Pfennig vorgeschossen und bezahlt worden.

Die beiden Stollen „Friedrich- Stolln“ und „Philippinen- Stolln“, wurden unter der Leitung des Fürstlich- Hessischen Bergamtes zu Obernkirchen durch hiesige Bergarbeiter aufgefahren. Mit der Auffahrung wurde im Jahre 1782 begonnen. Von den eigentlichen Stollen aus sind noch Flügelörter im Hauptflöz durch die einzelnen Steinbrüche getrieben, welche auch noch in Jahren mit dem Fortschreiten des Steinbruchbetriebes allmählich verlängert wurden.

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Der Berginspektor LÜDERS hatte die Rechnungsführung und die Oberaufsicht. Hierfür waren ihm von der Steinhauergilde wöchentlich (wo gearbeitet wurde) 18

Groschen zugestanden. Von 1782 bis 1784 = 60 Thaler. Der Berggeschworene

NICKEL hatte die Gedinge (Akkordlohn) zu machen und die Arbeiter zu beaufsichtigen. Derselbe erhielt pro Woche 1 Thaler. In den Jahren bis einschließlich 1784 = 124 Thaler.

19. Die Bremer (Weidinger, U.)

Im Verlauf des 12. und 13. Jahrhunderts entstand mit der sogenannten Hansekogge an der südlichen Nord- und Ostseeküste erstmals ein unein- geschränkt hochseetauglicher Lastschifftyp. Dies war die Geburtsstunde der Binnenschiffahrt als eines gegenüber der Seeschiffahrt eigenständigen, von dieser strikt zu scheidenden, Gewerbes.

Es ist ohne weiteres einsichtig, dass durch diese neu entstandene Situation den an den Endpunkten des Gezeiteneinflusses gelegenen Hafenplätzen die Rolle eines vermittelnden Umschlagplatzes zwischen See- und Flußschiffahrt zukam. An der Weser übernahm naturgemäß Bremen die Rolle.

Kaufleute aus Braunschweig, Hannover oder Minden, die Güter über die See ausführen wollten, waren nunmehr genötigt, diese in bremische Seeschiffe umzuladen. Die Stadt Bremen hat diesen allgemeinen Umladezwang in der Folgezeit dann zu einem umfassenden System von Stapelrechten ausgeweitet, das für eine Vielzahl von Handelsgütern einen mehrtägigen Feilhaltungszwang vorschrieb, und hat so aus ihrer Lage am Schnittpunkt von Binnen- und Seeschiffahrt reichlich Kapital geschlagen.

In den zum Teil recht ausführlichen Bestimmungen, die das mittelalterliche Stadtrecht der Binnenschifffahrt widmet, fand dieses Interesse seinen unmittelbaren Niederschlag. So enthalten bereits die Statuten von 1303/08 detaillierte Bauvorschriften für die Anfertigung der „Eken“ (Eichen), wie die im Mittelalter und in der frühen Neuzeit im Flussgebiet der Weser beheimateten Binnenfahrzeuge zusammengefasst bezeichnet wurden.

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Dem zu folge gab es damals in Bremen zwei unterschiedlich große Ekentypen. Eine kleinere Eke mit einer Bodenbreite von max. 2 Ellen und einer Bordwandhöhe von max. 1 Fuß über der Wasserlinie und eine große Eke von mindestens 5 Ellen Bodenbreite und 2 Plankengängen über der Wasserlinie.

In Bremen gebaute Eken durften grundsätzlich nicht an Fremde weiterverkauft werden, für auswärtige Eken, die den Bremer Maßangaben nicht entsprachen, bestand ein generelles Einfuhrverbot

Durch die Erhebung eines Weserzolls partizipierte Bremen bereits seit mittelalterlicher Zeit an der Binnenschiffahrt. Die Zollstelle für die Binnenschiffahrt befand sich an der „Kundigen Rolle“ von 1489 an der Weserbrücke beim sog. „Fährgatt“, dem einzigen Durchlaß für die Binnenschiffe; oberhalb der Weserbrücke war das Be- und Entladen der Eken damals unter keinen Umständen erlaubt.

Nachdem den großen Hansekoggen in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts am Weserufer an der sogenannten Schlachte neue, seeschifftiefe Landeplätze zugewiesen worden waren, stand den Binnenschiffen in der das Stadtgebiet durchfließenden Balge, einem Seitenarm der Weser sogar ein eigener, nur noch den Fahrzeugen des Fluß- und Leichtverkehrs zugänglicher Hafen zur Verfü- gung. Eine Ratsverordnung aus dem Jahre 1399 schrieb vor, daß die „Eken“ ihre Liegeplätze in der Balge nur in begründeten Ausnahmefällen länger als drei Tage und Nächte einnehmen durften. Dies war ein Hinweis auf die oft drangvolle Enge in diesem Hafen. Offensichtlich stand das Binnenschifffahrts- Gewerbe in Bremen damals in hoher Blüte.

Die wichtigsten, am häufigsten genannten Handelsartikel waren auf der Talfahrt Getreide, Rohstoff Holz, Stein, der in Steinbrüchen im schaumburgischen Obernkirchen gewonnene Sandstein wurde geradezu als „Bremer Stein“ gehandelt, Kalk und Eisenerz, während auf der Bergfahrt die Schiffe vor allem Fisch, Erzeugnisse der Viehwirtschaft wie Butter, Käse und Talg sowie Tuch geladen hatten.

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Im 14. und 15. Jahrhundert hatte die Stadt Bremen durch territoriale Erwerbspolitik sowie durch eine mit diplomatischen Geschick betriebene Vertragspolitik eine beherrschende Stellung an der Unterweser erworben.

An der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert wurden nun auch in Bremen mehrere Gebäude aus Obernkirchener Sandstein gebaut. Entgegen der Zunftordnung kauften jedoch die Bremer Kaufleute den Stein „auf dem Berg“ und verkauften ihn dann auf eigene Rechnung weiter. Hierdurch wurden die Preise in die Höhe getrieben und Bremen erhielt so eine monopolartige Stellung im Steinhandel. Zusätzlich erhielt Bremen auch das Stapelrecht für Obernkirchener Sandstein. Nun durften mit Sandstein beladene Schiffe Bremen nicht mehr passieren. Alle Steine mußten am Bremer Stapelplatz entladen und von hier verkauft werden.

Die aus diesen Auflagen resultierenden Verteuerungen der Steine und die Ereignisse des 30- jährigen Krieges ließen den Abbau des Obernkirchener Sandsteins auf den Bückebergen bald zurückgehen. Als selbst ein Einspruch an den Rat der Stadt Bremen 1623 keine Änderung herbeiführen konnte, kam die Arbeit in den Steinbrüchen ganz zum Erliegen. Erst 1638 änderte der Rat der Stadt Bremen seine Einstellung; die Gesteinsfrachten durften wieder an Bremen vorbeifahren. Bereits 1640 wurden die Lieferungen nach Dänemark wieder aufgenommen.

Durch den verstärkten Export von Bremen aus, unter anderem nach Petersburg zum Bau des Zarenschlosses Zarskoje Selo, wurde um 1750 erneut das kaufmännische Interesse der Bremer geweckt. Sie führten wieder verschärfte Handelsbedingungen ein, die den Stein aufs Neue verteuerten.

So kam der Außenhandel nach 1770 fast völlig zum Erliegen. Die Obernkirchener mußten bei den Bremern sogar Kredite aufnehmen, so war die Monopolstellung der Bremer Steinhauer wiederhergestellt.

Erst in der Neuzeit wurden die Handelsbeschränkungen auf allen Gebieten aufgehoben, damit auch die einseitigen Privilegien der Bremer Kaufherren.

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20. Liste einiger markanter Gebäude aus Obernkirchener Sandstein

Deutschland

BERLIN: Siegessäule, Reichsmünze, Schleusenhäuser

BIELEFELD: Stufenanlage der Oetker - Halle

BOCHUM: Bergbau-Museum

BREMEN: Gewerbehaus, Sparkasse am Markt, Stadtwaage, Stephaniebrücke, Dom, Dresdner Bank, Bremer Nachrichten, Rolandhaus

COTTBUS: Hochschule für Lehrerbildung

DUISBURG: Salvatorkirche

FRANKFURT/Oder: Finanzamt

HAMELN: Müllerschule

HANNOVER: Leibnizhaus, Industrie- und Handelskammer, Bauten am Maschsee

HILDESHEIM: Dom, Michaeliskirche

HAMBURG: Dresdner Bank, Bürgerhäuser, Justizpalast, Börse

KIEL: Kaufhäuser Mieslahn, Hettlage & Lampe

KÖLN: Dom (Turm und Hauptschiff)

KÖNIGSBERG: Börse

KÜSTRIN: Amtsgericht

LÜBECK: Rathaus

MINDEN: Stadtsparkasse

OBERNKIRCHEN: Stiftskirche

POTSDAM: Schloß Sanssouci ,Stadtschloß

SCHWERIN: Stadtsparkasse

STETTIN: Provinzial Hauptverwaltung

ULM: Münster

VERDEN: Dom

WESEL: Willibrord Kirche

Schweiz

BERN: Münster

BASEL: Elisabethkirche

LAUSANNE: Kathedrale

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Niederlande

AMSTERDAM: Krönungskirche, Bahnhof, Handelsbank, Königl. Palast,

DEN HAAG: Friedenspalast, Innenministerium, Kath. Krankenhaus

ROTTERDAM: Archivgebäude, Königinkirche, Prinzenkirche, Polizeiamt

Belgien

ANTWERPEN: Rathaus

HAARLEM: Fleischerhalle

Dänemark

KOPENHAGEN: Schloß Amalienborg, Schloß Frederiksborg, Schloß Kronsborg, Eremitage

Norwegen

BERGEN: Börse

OSLO: Nationaltheater

USA

BALTIMORE: Kathedrale Belem de Para: Nationaldenkmal

Niederländisch - Indien Batavia: Denkmal der Könige der Niederlande

Russland St. Petersburg: Schloß Zarskoje Selo

Lettland Riga: Kommerzschule

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21. Literatur

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56

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Tab. 1 (Archiv Knickrehm)

57

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Tab. 2 (Kemper E. 1973)

58

Produktion von hochwertigen Naturstein- Produkten

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Tab. 3 (Niedersächsisches Landesamt für Bodenforschung, Hannover)

59

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Tab. 4 (Fa. Calsilab, Dr. Frebold )

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Übersichtskarte Schaumburg (Teilansicht)

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 1

61

Das Niedersächsische Becken im Wealden

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 2 (Kemper E. 1973)

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Die Gesteine

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 3 (Archiv Knickrehm)

63

Lage der Kontinente in der Kreidezeit

In der Kreidezeit änderte sich die Lage der Kontinente tiefgreifend. Laurasia blieb weitgehend erhalten. Gotwanaland brach auseinander. Südamerika und Afrika trennten sich, wie Indien von Afrika und wanderten nach Norden. Auch Antartika und Australien trennten sich und wanderten auseinander.

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 4 (Fischer, R. & Thies, D. 1993)

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AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 5 (Archiv Obernkirchner Sand- steinbrüche)

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Ausschnitt aus der Rohstoffsicherungskarte 3721

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein; Abb. 6 (Archiv Obernkirchner Sandstein- brüche)

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Wichtige Handwerkszeuge der Steinmetze

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 7 (Archiv Obernkirchner Sandstein- brüche)

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Attest Baumeister Cöln 1885

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 8 (Archiv Obernkirchner Sand- steinbrüche)

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Zeugniß Ulmer Münster 1891

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 9 (Archiv Obernkirchner Sandstein- brüche)

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AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 10 (Das Buch der Dinosaurier S.34)

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AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 11 („Stern 2002“, dpa)

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Frau Annette Richter mit Raptor

AK Bergbau: Obernkirchner Sandstein, Abb. 12 (HAZ Nr.216, 2008)