kunstfilmtag09 mit Blick auf den Ton

Herzlich Willkommen zur zweiten Ausgabe des Kunstfilmtages. Der heutige Tag steht ganz im Zeichen des tönenden Bildes. Des knisternden, klingenden, kratzenden, rauschenden, still und atmosphärischen, des sprechenden und singenden Bildes. Und doch ist der Ton nicht etwa eine Eigenschaft des Bildes, wie jene Adjektive suggerieren. Er füllt den Raum. Öffnen wir die Fenster des Theatersaales, können wir ihn noch im Malkastenpark und auf der Jacobistrasse hören. Das Bild können wir da unten nicht mehr sehen. Es ist physikalisch ganz und gar ein Wesen der Fläche. In ihrer zentrierten Sichtbarkeit und Leuchtkraft fasziniert diese und zieht in den Bann. „Mit Blick auf den Ton“ richtet sich an uns, die Wahrnehmenden, den Ton zu beachten, den wir so oft unmerklich vom Bild übertönen lassen. Ich danke Ihnen für Ihren Besuch und wünsche viel Spass. Und, es wird ein langer Tag: Halten Sie die Ohren steif!

Welcome to the second edition of the Kunstfilmtag. This day is dedicated to the sounding image, a sizzling, crackling, rushing a still and atmosphe- ric, a singing and speaking image. However, sound is not an attribute of the image, as those adjectives may suggest. The sound rather fills the space. If we open the windows of the theatre hall, we can hear it outside. Down there the image is not visible. It is utterly a constitution of the surface, fasci- nating and persuading in its central visibility. „With a view to the sound“ is direceted to the perceivers, to listen and to take power from the image for outvoicing the auditive. Thank you for your visit. It will be a long day: Halten Sie die Ohren steif!

Susanne Fasbender

Mit Blick auf den Ton Geräusch, Musik, Sprache, Stille - subtil, leise oder laut: In seiner räumlichen Präsenz schafft der Ton nicht nur eine Verdichtung von Atmosphären und Stimmungen, sondern hat auch die Fähigkeit, das bewegte Bild zu kontrastieren oder zu präzisieren. Er bildet die Akustik, die die Wahrnehmung und Bedeutung des Bildes wesentlich mit bestimmt. Der Kunstfilmtag 2009 richtet den Blick auf das Verhältnis von Bild und Ton. Sie gehen als ursprünglich autonome Ausdrucksformen für die Dauer des Filmes eine Verbindung ein. Ob synchron, asynchron, parallel oder kontrapunktisch - die Verknüpfung der beiden Rohstoffe Bild und Ton erzeugt etwas Eigenes, Neues als essentielle Ebene jeder audiovisuellen Arbeit. Sei diese Arbeit dokumentarisch, strukturell, essayistisch, poetisch oder performativ: Der/die Künstler/In bestimmt den Modus, die Art, wie sie sich Ton und Bild zueinander verhalten.

With a view to the sound Noise, music, voice, silence - subtle, quiet or loud: in its spacious presence, sound is not just creating a consolidation of ambiences and moods, but also has the ability to form a contrast to the moving picture or to define it. Sound forms the acoustic, which significantly co-determines the perception and relevance of the picture. The “Kunstfilmtag 2009” adirects its focus on the relationship between picture and sound. As originally autonomous forms of expression, for the duration of the film they will enter into an alliance. Whether synchronic, asynchronic, parallel or descant - the marriage of both raw materials, picture and sound, creates something unique, new - as an essential platform of the audio-visual concept. Whether the work is a documentary, structural, essayistic, poetic or performative: the artist decides on the modus, the style, in which sound and picture coincide.

3 kunstfilmtag09 mit Blick auf den Ton

4 19.12.09 12:00 - 24:00 Uhr im Theatersaal, Foyer und Appendix des Künstlerverein Malkasten, Jacobistr. 6a 40211 Düsseldorf

Filmvorführung im Theatersaal Ein- und Mehrkanalarbeiten im Foyer und Appendix

Konzept und Organisation: Susanne Fasbender Programm-Kooperationen: Prof.Dr. Heike Sperling, IMM Institut Fuer Musik und Medien der Robert Schumann Hochschule Duesseldorf Prof. Anja Vormann, Labor für digitale Illustration und Animation, FH Düsseldorf Katharina Kiebacher, MFA-Programm der Glasgow School of Art AGZ, Anarchistische GummiZelle Düsseldorf imai inter media art institute Düsseldorf Beratung: Dr. Doris Krystof, Dr. Frauke Tomczak Gestaltung: Axel Ganz Entwicklung Webseite: Florian Kuhlmann, meta unlimited Trailer: Lars Klostermann, meta unlimited Ausstellungstechnik: Romano Granderath Vorführtechnik: Denis Rosen gefördert durch: das Kulturamt der Landeshauptstadt Düsseldorf Filmwerkstatt Düsseldorf e.V. veranstaltet durch die AG Kunstfilmtag, eine Kooperation des Künstlerverein Malkasten mit dem Künstlerverein WP8 e.V. www.kunstfilmtag.de Tel.: 0176 - 52075701

Trailer des Kunstfilmtages 09: Mit Blick auf den Ton

Die Brücke Lars Klostermann 1,06 min / 2009 Das Material zu diesem Trailer stammt aus dem Kurzfilm "Fallibel", den ich 2004 zusammen mit Jens Lange im Rahmen des Zebra Awards gedreht hatte. Das Ausgangsmaterial ist Super-8, welches eindigitalisiert, neu geschnitten und animiert wurde. (Lars Klostermann) Konzept und Reali- sation: Lars Klostermann Text: Lars Klostermann, Susanne Fasbender Ton: Dario Albiez Produktion: meta unlimited, Scheurenstr. 38, 40215 Düsseldorf

5 Eröffnungsprogramm Daniel Kötter/Hannes Seidl, Maria Vedder, Jason Dee, Volker Schreiner, 8-9 Matthias Fitz, Uli Sappok, Elke Denda, Gudrun Teich, Edi D. Winarni, 12:00 Florian Gwinner, Katharina Kiebacher, Detlev Klepsch, Anne Schülke

Klänge an Orten Martin Brand, Corin Sworn, Nina Mayrhofer, Hörner/Antlfinger, Jan Verbeek, 10-11 13:30 Hüseyin Karakaya, Niko Ikonomeas, Astrid Elizabeth Bang, Myriam Thyes

Was ist Visual Music? Was ist Visual Music? Ein Gespräch mit Prof. Dr. Heike Sperling, You-Jin Chang, 12-15 Axel Ganz, Fabian Greb und Susanne Fasbender

Visual Music Studies Prof. Dr. Heike Sperling präsentiert Filme ihrer StudentInnen des IMM, Institut 16-19 Fuer Musik und Medien der Robert Schumann Hochschule Duesseldorf, 14:30 Alex Werth, Cornelius Heidebrecht, Hannes Marget, Benjamin Simon, Miriam Voth, Manfred Borsch, Maurice Braun, Christoph Eggener, Michael Eßer, Christian Epe, Stephanie von Fragstein, Christian Frentzen, Fabian Greb, Uli, Kohlmann, Hannes Marget, Martin Mercer, Fabian Mielke, Philipp Polzin, Silvan Oschmann, Maja Oschmann, Thomas Orr, Christian Sander, Rebekka Schaufelberger, Severin Schultze, Alex Cremer, Yann Texier, Lukas Vogel, Caroline Bergmann, You-Jin Chang

Räume, Still, Verschachteln Jyri Kaasinen, Brigid Burke, Patrick Bergeron, Terry Buchholz, Tina Willgren, 20-21 Yiannos Economou, Jonas Hummel, Maurice Braun, Michaela Nettell, 16:00 Saskia Zeller, Eisuke Yanagisawa, Van McElwee, Irena Paskali

Der Klang, der Spur, der Fliege Text von Anja Vormann 22-23

Der Klang, der Spur, der Fliege Anja Vormann präsentiert Filme ihrer StudentInnen aus dem Labor für digitale 24-25 17:00 Uhr Illustration und Animation der FH Düsseldorf. Jan Phillip Flachsenbeaarg, Daniel Taubert, Lydia Reich, Alice Mattheß, Lichtfaktor, Linda Kühhirt, JohannesSich, Andreas Huth, Sonja Kohl, Till König, Peter Pasalk, Björn Wolf, Tobias Daemgen, Pei-Jung-Chiang

Loops Programm der Ein- und Mehrkanalarbeiten im Appendix und Foyer 26-31 12:00 Inken Boje, Enis Vardar, Stefan Lux, Katharina Kiebacher, Tamara Lorenz 12:00 -24:00 14:00 Gudrun Kemsa, Gudrun Barenbrock, Cherix K-soul, Marius Leneweit, Rocío Rodríquez 16:00 Tobias Rosenberger, Hirofumi Suda, Philipp Lachenmann, Jens Pecho 18:00 Susanne Fasbender, Martin Hauf, Bjørn Erik Haugen, Jen-Kuang Chang 20:00 Jeff Thompson, Markus Mußinghoff, Vienne Chan, Alexander Braun, 22:00 Sandra Hoitz, Stefanie Pürschler, Petra Warrass, Maayke Schurer, Peter Simon Ganztägig Mina Bellack, Harald Hofmann

Spirits of Wasteland Essay von John Calcutt 32-33 Soziale Notationen Ane Lan, Neringa Naujokaite, Gul Ramani, Katrin Lössl, Patrick McCue, 34-35 Hilda Daniel, Anke Schäfer, Anna Henson, Shelley Rae, Kerstin Bohlin, 18:00 Dimitra Bourouliti, Giulia Bowinkel

Erinnern und Berühren Jonathan Franco, Henrique Roscoe, Ebertbrothers, Anne Wissmann, Julia Alberti, 36-37 Pauline Flory, Julia van Koolwijk, Hilda Daniel, Kaia Hugin, David Buob, 19:30 Sally Grizzell Larson, Ute Reeh, Evelyn Arndt, Peter Stevens, Sonia Armaniaco, Matthieu Cherubini

Vom Sehen des Tons Text von Dr. Frauke Tomczak 38-41

Rhythmische Resonanzen Claudia Schmacke, Andreas Walther, Alysse Stepanian, Philip Mantione, 42-43 Frances Scholz, Freya Hattenberger, Kai Welf Hoyme, Richard O‘Sullivan, 20:30 Nicola Schrudde, Marc Matter, Steffen Krämer, Florian Hadler, Till Spielhoff, Thorsten Fleisch, Judith Nothnagel

Leiser Lauter Handeln Gabriele Horndasch, Judith Samen, Julia Boix-Vives, Günter Puller, Jason Dee, 44-45 21:30 Tobias Segler, Heaven Baek, Mechthild Hagemann, Karin Hochstatter, Paul Wiersbinski, Max Erbacher, Birgit Hübner, Frauke Ratzke, Karl Ghattas

In der Gummizelle wird mit Ton gespielt „Wir lauschen der Anarchistischen GummiZelle über die Schulter“ 46-49 Musikfilme von den 80ern bis heute - eine Auswahl 22:30 Thorsten Ebeling, Stefan Ettlinger, Heinz Hausmann, Bertram Jesdinsky, Otto Müller, Uli Sappok

Soziales Faulenzen und Anarchie Texte von Thorsten Ebeling und Uli Sappok 47-48 Eumig, Würker und Bauer

Finale Andreas Techler, Martch, Jörg Steinmann, Norika Nienstedt, Michael Jonas, 50-51 Jason Dee, Ursula Stroebele, Konrad Bohley, Jan Philip Müller, 22:30 halfpastselberschuld, John Dunn, Stefan Panhans, Clint Enns, Adnan Popović, Max Hoffs, Kutiman

Danksagungen 53

Un..schärfen des Dokumentarischen Ausblick auf 2010 55

Index 56 12:00 Eröffnungsprogramm

Film für übers Sofa beieinander CELL Daniel Kötter/ Hannes Seidl Maria Vedder Volker Schreiner 11:37 2009 4:00 2006 4:27 2006 „Das Reale werde nicht mehr repräsentiert oder Musik: Pascal Comelade; Diese Arbeit gehört „Wohnzimmer, kalt erleuchtet von weißem Rau- reproduziert, sondern „gemeint“. Statt ein be- zur Serie „Inszenierungen des Alltags“. Sie be- schen, sind in den meisten Spielfilmen ein ver- reits dechiffriertes Reales zu repräsentieren, weist die Nähe des Theatralischen zum All- trauter Vorbote von sich näherndem Verderben. meine der Neorealismus ein zu dechiffrieren- täglichen, des Erhabenen zum Trivialen, der In CELL wird gerade dieses unheimliche kine- des und stets zweideutiges Reales; aus diesem Schönheit zum Ekel. Und sie erinnert an Insze- matografische Element unter die Lupe genom- Grunde trete die Plansequenz zunehmend an nierungen aus Literatur und Filmwelt: wie der men. Eine konzentrierte Montage von zahllosen die Stelle der Montage von Repräsentationen. Großvater von Oskar aus der „Blechtrommel“ Fragmenten mit flickernden und gespensterhaft (...) Für uns steht jedoch keineswegs fest, ob sich sich unterm Rock von Anna versteckt und wie schneebedeckten Bildschirmen aus Hollywood- das Problem überhaupt auf der Ebene des Rea- der Wind unter Marilyn Monroes Kleid fegt. filmen. Dies ist das ultimative Meta-Kino. Keine len stellt, gleichgültig ob wir von der Form oder Das Stück „Love too soon“ von der CD „Pascal Botschaft, nur Medium.“ (Katalog International vom Inhalt ausgehen. Haben wir es nicht viel- Comelade live in Lisbon“ des französisch-kata- Film Festival Rotterdam 2007) recent Festivals: mehr mit einer ‚mentalen’ Ebene, und zwar in lanischen Komponisten habe ich als Soundtrack International Film Festival Rotterdam, Cler- Begriffen des Denkens, zu tun.“ (Gilles Deleuze, ausgewählt, da dieses, auf einem Spielzeuginst- mont-Ferrand Filmfest, Rencontres Internati- L’Image-temps. Cinéma 2) „Man muss auch mal rument gespielte minimalistische Stück in seiner onales, Reina Sofia National Museum Madrid, Bilder für übers Sofa malen.“ (Martin Kippen- heiter-melancholischen Sommeratmosphäre den 55th International Short Film Festival Oberhau- berger) Katharina Kellermann und Frank Max Fenstervorhang als Hauptprotagonisten zum sen, NYICFF New York International Childrens Müller häufen an. Sie arrangieren Gegenstände Tanzen bringt. Der Vorhang reizt zum Blick in Film Festival, u.a *Hannover im Zimmer, schichten, schieben, trennen, pro- die Tiefe, er provoziert den Wunsch, die weisse duzieren Klang, Bewegung, Lärm, Film, Musik. Oberfläche des Bildes zu durchstoßen, um ins Während der Bildraum immer wieder umge- dahinter liegende Dunkel vorzudringen. Es ist schichtet, neu arrangiert und umgedeutet wird, dieses Begehren „drin“, d.h. im Bild zu sein, mit verdichtet sich der Klangraum zu einer musika- dem „beieinander“ die Urszene visueller Schau- lischen Erinnerungsspur von visuell schon wie- lust zitiert und deren sexuelle Komponente expli- der abwesenden Aktionen. *Berlin zit macht. Maria Vedder ist seit 1991 Professorin für Medienkunst an der UdK Berlin. 1988 erhielt sie den Marler Videokunstpreis / Sammlungen u.a.: Museum Ludwig Köln / ZKM Karlsruhe / Tate Gallery Liverpool. *Berlin (SoundToFrame 2.1) NATIONAL ANTHEM Matthias Fitz 5:06 1999 SoundToFrame beschäftigt sich mit der direk- ten elektronischen Kopplung zwischen Bild und Ton. Jedem einzelnen Ton aller Videos dieser Reihe ist eine bestimmte Strichkombination zugeordnet, wobei diese nicht beliebig, son- dern durch den jeweiligen Ton erst erzeugt ist. (SoundToFrame 2.1) NATIONAL ANTHEM „That‘s all...“ visualisiert die deutsche Nationalhymne als ver- Jason Dee tikalen Strichcode. Die SoundToFrame - Serie 2:00 2005 enstand durch Verwendung von Audiosignalen A film clip shows a prisoner’s confession being als Videosignale. Das Audiosignal wurde zwar recorded by the police. Yet the man is also im- in einem ersten Schritt elektronisch bearbeitet prisoned within a single still frame, while those (verfremdet), anschließend jedoch zur Bilder- around him appear to move as normal. On ano- zeugung direkt als Videosignal verwendet. Ak- ther screen a man is shown trying to decipher the tuelle Festivalbeteiligungen des Künstlers: u.a.: man’s audio recording, itself impossibly frozen. He Traverse Vidéo, Goethe Insttut, Toulouse / Fes- seems to be attempting a reanimation of the priso- tival LOOP, Barcelona / MIT Short Film Festival ner, as well as the film’s distorted timeline, which 2009, Massachusetts, USA *Berlin now loops endlessly around the axis of the fro- zen figure. Rencontres Internationales - Haus der Kulturen der Welt, Berlin Double Vision – Basile Auditorium, Purdue University, Indianapolis For- mat Tank Loft Gallery, Sichuan Fine Art Institute, Chongqing, China Visions in the Nunnery - The 8 Nunnery, London *GLASGOW Im Maien 3 ROT Dekoration Uli Sappok, AGZ Gudrun Teich Florian Gwinner 2:37 1987 2:00 2009 5:22 2008 Videoplayback eines Ludwig Senfl Liedes; Dieses Video ist eine einzelbildbearbeitete Die Kamera dreht sich um die eigene Achse. 3.Version: Ausfahrt Rheinufertunnel Oberkas- Sammlung von roten Dingen aus täglichen TV- Verschiedene Arrangements gehen ineinander sel während klassischem Feierabendverkehr, Soaps und Serien. Das Videobild ist reduziert über. Die Gemachtheit der Welt wird in einer sogenannte „Goliath“-Einstellung - erklärt sich auf Details, die sich durch Originalzooms und Mini-Evolution zur Aufführung gebracht. Die bei Betrachtung des Videos. *Düsseldorf Schwenks wie abstrakte Gebilde im dunklen Tonspur simuliert das Bild. Transmediale 09, Raum bewegen. Der Originalton der Fernseh- Berlin / Image Forum Festival Tokyo / One Take sequenzen lenkt die Aufmerksamkeit auf ihr Film Festival Zagreb *Berlin merkwürdiges Zusammenspiel. Dramatik und Atmosphäre des Tons assoziieren eine TV-Re- alität, die die banalen roten Einzelteile kaum erfüllen wollen; kürzlich: Multiple Manipulati- onen, Halle 10, Köln / Galerie Vaclava Sppaly, Prag / Kunsthalle Lophem, Belgien *Düsseldorf

ZIB Elke Denda 1:44 2008 Rutherglen Aus gefundenem und selbstgedrehtem Material Katharina Kiebacher gesampleter Loop, Laufbahn eines Balles, sehr 2:22 2008 kuze Schnitte; meistens veränderter Original- Beschreibung: Seite 26 Ton, oft versetzt geschnitten. Galerie Johnen + aus dem Glasgow-Programm *Düsseldorf Schöttle, Köln, 2008 Mini-Minutes, Münster 2008 *Düsseldorf The Silent Knight Edi D. Winarni 4:25 2009 1952 wird das Stück 4‘33“ von John Cage urauf- geführt, das nur aus der dreimaligen Anweisung „Tacet“ (Schweigen) besteht. Auf der Suche nach einer angemessenen Form, den Klang von Stille zu visualisieren, bin ich letztlich zu dem Schluss gekommen, das Schweigen von etwas bereits bestehendem zu filtern. Dafür schnitt Natur, Objekt, Ich und Gefühl ich aus dem ursprünglich sehr actiongeladenen Detlev Klepsch, Anne Schülke Kinofilm „The Dark Knight“ (C. Nolan, 2008) 11:45 2008 alle lauten Szenen heraus, so dass „The Silent In der Epoche der Romantik wurde in beson- Knight“ mit Räuspern, Rascheln, Husten, Nie- derer Weise für die Schönheit und Wildheit sen, Piepen, Schnaufen entstand – Klänge ganz der Natur geschwärmt: Für den Romantiker ähnlich einer 4‘33“ Performance. So klingt Stil- eröffnete sich eine poetische Gegenwelt; die Ly- le. Erstaufführung *Düsseldorf rik wurde zur Königsdisziplin und der Dichter nahm den Platz des Priesters ein. Die oftmals beschworene schöne Welt der Romantik dient auch heute noch als Projektionsfläche für Sehn- süchte. „Natur, Objekt, Ich und Gefühl“ von Detlef Klepsch und Anne Schülke verdichtet wesentliche Aspekte der romantischen Natur- und Kunstvorstellung. Der Ton besteht aus Textfragmenten, Originalgeräuschen und einer Komposition. *Düsseldorf

9 13:30 Klänge an Orten

Nampa Bridge Martin Brand 8:24 2009 Osaka, Ebisu-bashi Brücke, Hot-Spot des in- nenstädtischen Vergnügungsviertels. „Nampa Bridge“ zeigt in langen Einstellungen drei Per- spektiven auf die Brücke, wobei die erste eine Gruppe Mönche zeigt, deren musikalische Dar- bietung sich in den Lärm des Großstadttreibens mischt und dem ganzen Film unterliegt. Die im Weiteren zu sehenden jungen Männer geben mit ihrer im Japanischen als „Nampa“ bezeich- neten Form des Aufreißens der Brücke ihren Spitznamen. Das letzte Bild schließlich zeigt einen Punk, der völlig mit sich selbst beschäf- tigt seine ganz eigene, tranceartige Vorstellung abgibt. Dortmunder Kunstverein 25. Int. Kurzfilm Fes- tival *Köln

Atmosphere and Architecture Corin Sworn 6:36 2006 The Atmosphere of an architecture arises out of testimonies gathered from the Internet. These testimonies are from security guards and de- scribe hauntings they have experienced while on patrol. The video follows a security guard‘s regular night route through Mies Van der Rohe’s Toronto Dominion Towers. These are the last buildings that the architect worked on during his lifetime. He died as they were being built and some say that the towers are haunted. This film has been screened at: Phantom Limb at 179 Canal, New York, In the Shadows at the Kunst- verein Wolfsburg, Invisible Cities, a screening at the Toronto Convention Center, ArtSpeak Van- couver. *Glasgow

10 Grüss Gott, Auf Wiedersehn On a Wednesday Night in Tokyo Release Nina Mayrhofer Jan Verbeek Astrid Elizabeth Bang 6:55 2008 5:35 2004 3:30 2009 Eine Momentaufnahme einer besonderen Ar- Tokyo, 23 Uhr. Menschen steigen in eine Bahn. Music: Björn Breimo beitswelt, eine Stechuhr als Takt von Leben und In einer Einstellung gedreht vermittelt das Video „Release“ is a metamorphic and metaphori- Tod. Im Mittelpunkt der dokumentarischen Be- bis an den Rand des Unerträglichen das Unver- cal video project. Forms and concepts appear, obachtung steht die Stechuhr und das getimte Ein- meidliche. Der Künstler erhielt den Kunstpreis change and reappear in different guides and treffen der Beamten in der Zentrale. Der Portier der Stadt Bonn / Int. Kurzfilmtage Oberhausen circumstances. Meaning is not a fixed attribute und das Portal in eine Arbeitswelt, die wir nicht / Sammlung MoMa NY / u.v.m *Köln of the image itself, but rather an elusive product kennen lernen werden. Nach und nach entsteht of its past, present and future manifestations ein grösseres Bild des Ortes und der Menschen. and connections. The music is the vehicle of Die Stechuhr ist der Takt der Arbeit und des do- continuity in this video, connecting the images kumentarischen Films. Ein Geräusch, das Anfang and transformations in a sense of development, und Ende bedeuten kann. Und doch ist es kein re- towards some form of resolution or climax (ka- gelmässiger Rhythmus, sondern hat seine Eigen- tharsis, release); recent shows at: Oslo Open, heiten und Fehler. Filmforum, Museum Ludwig Oslo / Xperimental 7.0“ Pantheon gallery, Cyp- Köln / Diagonale, Graz / Lausanne Underground rus / 21th Instants Video Festival, Nice, France Film & Music Festival / Documenta, Madrid / Emerging Artist: Juried Screening“ at ISE Cul- *Köln tural Foundation, New York *Oslo

Istanbul/Emınönü Hüseyin Karakaya 4:00 2009 Das Herz dieser Stadt scheint die Bewegung zu sein. Es ist nicht mit etwas Statischem zu be- schreiben. So empfınde ich genau diesen Ver- kehrsknotenpunkt in Eminönü (Istanbul) als die Lage des Herzens dieser Stadt - besonders zu den Hauptverkehrszeiten. Am Abend drän- gelt sich eine Lawine von sich bewegenden Ob- Le nouveau OMIZA jekten durch eine Kreuzung, die in ihrer Trans- Stranded in Malta se promenant derrière le miroir parenz eine Art situatives Konzert ist, dessen Myriam Thyes Hörner / Antlfinger Dirigent im Mund eine Trillerpfeife hat. Diese 11:04 2008 5:40 2007 Pfeife trifft ins Knochenmark. Sie scheint dıe Das Video verbindet drei Formen und Zei- Seit Mitte der 80er Jahre arbeitet HONDA an Knochen der Fahrer zu steuern. Eine Art von ten des Strandens und Lebens auf Malta: Den der Entwicklung eines humanoiden Roboters sich selbst regulierender Struktur, dıe zu dieser angeblichen Schiffbruch des Heiligen Paulus für den Einsatz in menschlicher Umgebung. Hauptstosszeit eines Regulators bedarf, den alle in Malta (der bis heute gefeiert wird); die See- ASIMO soll bis 2010 Aufgaben wie z.B. die ehrwürdig akzeptieren *Düsseldorf schlachten des Johanniter-Ordens im Mittel- Pflege älterer Menschen übernehmen. Sein Ge- meer (sie waren vom 15. bis 18. Jh. in Malta genstück OMIZA bewegt sich auf der anderen stationiert); heute: Einwanderer aus Afrika Seite des Spiegels. In der Gesellschaft von Frau- erreichen Malta in kleinen Booten und leben en erfährt er eine geordnete Welt, die nur für in Flüchtlingsunterkünften. Eine Reise in die ihn und ihre endlosen Spaziergänge durch die Erinnerungen und das kollektive Unbewusste Labyrinthe des Herzens existiert. Ihre Annähe- / Verdrängte Europas ... Der Ton stammt aus- rung wird auch im Ton widergespiegelt: Erik Sa- schließlich aus Malta. Dominant im Video ist ties „Gymnopédie Nr. 1“ wird einmal interpre- die Aufnahme einer öffentlichen Konzertprobe tiert von einem Pianisten und einmal von einer in der St. Paul‘s Shipwreck Church am Vortag Software für Komponisten. Videonale 12, 09 / des Paulus-Festes. In die Musik mischen sich Dumbo Art Center, NY 09 / EMAF European Klatschen, Schwatzen, Handy-Klingeln. Der Media Art Festival Osnabrück 09 / .. u.a. *Köln ohne Titel Anfang des Videos mit seinen sinkenden Schif- Niko Ikonomeas fen wird kontrastiert durch diese Musik. Später 2:00 2009 ertönt sie wieder, zu den Video-Aufnahmen in In meinem Video sieht man eine Landschaft in der Kirche. Petersburg Projectspace, Amster- Venezia, die gewaltig von einem sehr grossen dam / imai at artfair Art / Kunstbien- Schiff gebrochen wird. Während der Aufnahme nale Klein-Zetelvitz konnte man nur die Stille der Kabine meines *Düsseldorf Schiffes hören. *Düsseldorf

11 Was ist Visual Music? Ein Gespräch mit Prof. Dr. Heike Sperling, You-Jin Chang, Axel Ganz, Fabian Greb und Susanne Fasbender

12 HS: Mit der weltweit beachteten Ausstellung AG: Auch die Art und Weise von Komposition, „Visual Music“ am Museum for Contemporary Arrangement, Soundauswahl und -produktion HS: Synästhesie bezeichnet die Kopplung zwei- Art im Jahre 2005 wurde dieser Genre-Begriff geht schon über das hinaus, was man bei vie- er physisch getrennter Domänen der Wahrneh- zum ersten Mal von einer breiteren Öffentlich- len Kurzfilmen oder -videos gemeinhin so als mung, etwa Farbe und Temperatur, „warmes keit wahrgenommen. Mit dieser Ausstellung Filmvertonungen zu hören bekommt. Es war Grün“ z.B.. Im neurologischen Sinne bezeich- und ihrem gleichnamigen grossen Katalog be- deutlich heraus zu hören, dass das Leute sind, net es die Miterregung eines Sinnesorgans, ginnt der Begriff auch vermehrt in der VJ-Szene die sich primär mit Musik beschäftigen. wenn ein anderes gereizt wird. Menschen, bei aufzutauchen. Ich habe Visual Music als Studi- denen derart verknüpfte Wahrnehmungen re- enschwerpunkt am IMM aufgegriffen, weil er HS: Die Studierenden haben die Vorstellung, spä- gelmäßig auftreten, werden als Synästhetiker sehr gut in eine Musikhochschule passt. Eine ter selber ein Tonstudio zu eröffnen oder dort zu bezeichnet. Eric Satie z.B. war Synästhetiker offizielle Definition findet sich im engl. Wiki- arbeiten, Bands aufzunehmen, Bands zu pro- und auch Kandinsky. Ich benutze dieses Begriff pedia: „Visual Music, auch Farbmusik genannt, duzieren. Im Verlauf der vier bis fünf Jahre, die aber nur als Einstieg für das Thema „die Verbin- bezieht sich auf die Verwendung musikalischer sie hier sind, beginnen sie ihre Berufswünsche dung von Ton und Bild“. Strukturen in visueller Repräsentation, das kön- und -vorstellungen zu konkretisieren und aus- nen auch Filme ohne Ton oder Lichtkunst sein. zudifferenzieren. Der Ausgangspunkt ist und AG: Das läßt die Äußerung von Satie, dass er Eine erweiterte Definition beinhaltet die Über- bleibt aber immer die Musik. Alle StudentInnen nur weiße Lebensmittel esse, nochmal in einem setzung von Musik in Malerei. Die Originalde- haben von klein auf ein Instrument gelernt. anderen Licht erscheinen. finition des Begriffes wurde 1912 von Roger Fry Dadurch arbeite ich mit jungen Menschen, geprägt, um die Malerei von Wassilij Kandinsky deren Sprache sich über die Beschäftigung mit YJ: Eine Gegendefinition wäre eher der- um zu beschreiben.“ Die Begegnung Kandinskys Musik entwickelt hat. Mich interessiert, welche gangssprachliche Gebrauch dieses Wortes, der mit der 12-Ton-Musik Schönbergs war für ihn Ähnlichkeiten dieses Audiobezogene mit mei- nicht angewendet wird für Menschen, die die- ein Schlüsselerlebnis für seine abstrakten Farb- ner - visuell geprägten - Sprache hat. Ich bin ja se unwillkürliche Verknüpfung haben, gegen kompositionen. keine Musikerin. Das ist das Interessante, dass die sie auch garnichts tun können, d.h. sie hö- eine Musikhochschule sich 2 Professoren holt, ren etwas und sehen dann bei dem Ton C1 die Hier am IMM sehe ich den Begriff „Visual die aus dem Bildbereich kommen: einen Do- Farbe rot, wobei das individuell unterschiedlich Music“ noch weiter gefasst. Mich interessiert kumentarfilmer und eine Designerin. Das ist in ist. Der Begriff Synästhesie wird auch viel all- der Begriff, weil wir an einer Musikhochschu- Deutschland sehr ungewöhnlich. gemeiner verwendet und zwar auch für Emoti- le sind, an der der Leitsinn im Unterschied zu onen. Keine Farben, Gerüche, Klänge, sondern einem Kunst- oder Designstudium das Ohr, AG: Der Film „found it“ von Manfred Borsch Gefühle. Die Arbeiten, die hier entstehen, sind das Hören ist. Alle Studierenden hier sind Mu- (s.S.16) ist noch sehr nah dran an der Musikvi- ja nicht im neuro-wissenschaftlichen Sinne sikerInnen. Es geht darum, die Musik für den deoästhetik und -semantik. Darin ist die Musik synästhetisch, kaum jemand hier ist Synästhe- Betrachter mit Visualisierungen, die in den noch recht präsent und entsprechend zu den tiker, sondern eher in einem allgemeinen Kon- meisten Fällen abstrakt sind, besser hörbar zu Bildern relativ schnell geschnitten. „Augen- text, dass ich z.B. in meinen Arbeiten versuche, machen. Bei Visual Music ist immer die Musik stern“ von Stephanie von Fragstein (s.S.17) fällt Grundstimmungen von Ton in Bild zu überset- der Ausgangspunkt. Mein Lehrgebiet in den für mich noch stärker heraus. Er erzählt eine zen. Der Ton gibt die Stimmung vor. Ich versu- beiden Bachelor-Studiengängen, dem techni- Geschichte und interessanterweise ist da auch che z.B. nicht, einzelne Elemente aus der Musik, schen, „Ton und Bild“ und dem künstlerischen, die Musik ganz subtil und sehr weit zurückge- aus den Klängen herauszunehmen und in eine „Musik und Medien“, heisst daher eben auch nommen. grafische Form oder in Farben zu übersetzen, Visual Music. In meinen Seminaren gebe ich sondern sie allgemeiner als Stimmungsmotive zuerst einen geschichtlichen Überblick. Ich hal- HS: Hier war die eigentliche Aufgabenstellung zu sehen. te diese Kontextualisierung für wichtig, denn „Selbstporträt“ bei Prof. Manfred Waffender. ansonsten machen wir den Fehler, womöglich SF: Du erzeugst das Bild auch in der Zeit, live, etwas Ähnliches wie z.B. 1930 Oskar Fischinger AG: Ein anderer Film, der die doch weitgehend wie im Rain Tree Sketch 2 (s.S.19) zu produzieren und denken, es sei eine Inno- vorherrschende Ausrichtung auf Musikvideoäs- vation, obwohl bereits vor 80 Jahren Ähnliches thetik bricht, ist „Graustadt“ von Philipp Polzin. YJ: Caroline Bergmann und ich haben das ge- entwickelt wurde. In jeder gestalterischen Ar- (s.S.18) Bildnerisch zeigt er illustrative Ansich- meinsam entwickelt im Rahmen von Projekt O, beit, sei es auf Ton- oder Bildebene gehört diese ten aus einer Großstadt, die auch an den bildne- unserem Diplomprojekt, wo wir 9 verschiedene Kontextualisierung für mich zum Werden eines rischen Umgang im Musikvideo erinnern, aber Musikstücke auf verschiedene Arten visualisiert Künstlers dazu. Die Studierenden werden über musikalisch nicht. Da ist ein Kontrast, weil er haben. Diese Arbeit fiel da sehr heraus. Es war den Kontext eines ganzen Jahrhunderts Visual das durch eine Stummfilmvertonungsästhetik nicht so, dass wir in erster Linie Performance- Music Produktion in das Thema eingeführt. Im bricht. kunst machen wollten. Wir arbeiten viel mit weiteren Verlauf ihres Studiums produzieren sie Computern und hatten einfach das starke Be- dann eigene Arbeiten. Oft Musikvideos, aber HS: Hier wurde einmal nicht eine direkte 1:1 dürfnis, einmal zurück zu gehen an die Wurzel auch VJ-Sets und Live-Performances, Installa- Umsetzung der Musik ins Bild versucht, son- von Visual Music, an den Kontext zu Beginn des tionen und interaktive Anwendungen. D.h. es dern der Film macht macht eine Schere auf. Ton 20. Jahrhunderts, der abstrakten Malerei von kommt bei meiner Lehre hier am IMM auch ein und Bild bilden einen Kontrast und schaffen so Kandinsky und dazu einen Bezug herzustellen. kommerzieller Aspekt hinzu. mehr als die Summe ihrer Teile. SF: Es ging Dir auch um das unmittelbare Her- AG: Für mich ist das gar nicht so überraschend, Synästhesie stellen des Bildes mit der Materie. nach der Durchsicht der Videos der Studieren- den, wie, korrespondierend zu der Art des Stu- SF: Zum Begriff Synästhesie: Dem Begriff - be YJ: Um das sichtbar zu machen für das Publi- dienganges, die Ausrichtung der Filme vonstat- gegnen wir im Zusammenhang mit Deinem kum, denn es war ja ein Konzert. Am Compu- ten ging. Ich fand es offensichtlich und hörbar, Vortrag „Sind die zusammen? Zur Verbindung ter ist das Ganze ja sehr abstrakt. Man macht dass der Ausgangspunkt meist die Musik ist. Bis von Ton und Bild.“ da irgendetwas und der Zuschauer weiß in der auf eine Ausnahme waren ja auch alle Stücke Regel nicht, entsteht das jetzt live, ist das vor- selbst komponiert. FG: Synästhetiker sind Menschen, die Wahr- produziert, drückt der da auf play oder „checkt nehmungen, die einem anderen Sinn zuzuorde- der gerade seine e-mails“, dieser berühmte Satz. HS: Ja, Musik und Bild von einer Person. Das ist nen sind, mit Klängen oder Farben verbinden. Wir hatten das Bedürfnis, diesen Prozess sicht- in dem Bereich eher ungewöhnlich. Es können Farben sein, die sie sehen, Gerüche bar zu machen. sein, die sie hören. Was ist Visual Music?

AG: Ein ganz konträres Beispiel dazu wäre z.B. Hintergrund der einzelnen Studenten. Du Fa- der Film TEU-Story von Jonas Hummel und bian, hast ja deine Musik in deinem Film The Maurice Braun (s.S.21) über den Duisburger Swing Thing (s.S.17) selber programmiert, du Hafen. Die besonders avancierte Form von arbeitest mit Samples, du weißt, wie die Struk- Taktgenauigkeit, Splitscreen-Einsatz, ganz vir- turen sind, du weißt ganz genau, wann was tuosem Umgang mit all diesen Techniken, die kommt. Da ist es naheliegend, wenn man so wir von Musikvideos kennen und dann noch sehr in dieser musikalischen Struktur drin ist, aktuelle Strömungen von Popmusik wie Break- dass man dann auch automatisch diese Ereig- beat in der Geräuschvertonung zu verarbeiten, nisse visuell verknüpft. Was Synästhesie betrifft, das ist eine sehr fortgeschrittene Form davon, so würde ich sagen, wir machen hier einen Ha- in hoher Geschwindigkeit synchron Bild und ken. Es ist eine wichtige Grundlage, um den Tonereignisse zusammen zu bringen. Es wird Kontext zu verstehen, aber ich finde, der Begriff dann aber illustrativer und geht weg vom do- sollte nicht über jedem einzelnen Clip so gross kumentarischen. Man kann ja erstmal erwar- geschrieben werden. ten, dass man einen Film über den Duisburger Hafen dokumentarischer machen könnte. Viel- HS: Du bist ja jetzt Diplom-Ingenieurin, hast leicht ist das dann der synästhetische Ansatz, zu Theaterarbeit gemacht und warst als VJ in Clubs sagen, ich mache einen Film, der assoziativer unterwegs, glaubst Du, es macht Sinn, sich mit mit dem Thema umgeht. der Übertragung von Ton ins Bild zu beschäf- tigen? HS: Wichtig ist ja, dass jeder, der audiovisuell arbeitet, dazu aufgefordert ist, über die beiden YJ: Für mich persönlich macht diese Beschäf- Ebenen nachzudenken, und wenn ich wie Go- tigung absolut Sinn. Neben meiner musikali- dard die beiden Ebenen verschiebe, von einan- schen Ausbildung und der Entwicklung, die ich der trenne, dann treffe ich ja schon eine konzep- da gegangen bin. tionelle Entscheidung. HS: You-Jin ist klassische Schlagzeugerin. SF: Da bei den meisten Arbeiten der Studie- renden Ton und Bild taktgenau aufeinander YJ: Ich habe genauso früh mit Malen und geschnitten ist und der Begriff Synästhesie auch Zeichnen begonnen wie mit der Musik. Von als „synästhetische Arbeit“ dann und wann in daher schließt sich bei mir jetzt der Kreis, weil Eurem Zusammenhang auftaucht, hatte ich es ich hiermit ein Feld gefunden habe, in dem ich so verstanden, dass das taktgenaue Aufeinan- diese beiden parallelen Wege zusammen brin- derschneiden von Bild und Ton mit der Synäs- gen kann. Momentan arbeite ich an Visuals für thesie im Bereich Visual Music gemeint ist. ein Tanzstück und ich kann da jetzt eine per- fekte Verknüpfung für mich finden zwischen FG: Es ist schwer, das einzugrenzen. Ein Mittel Musik, die ja schon vorher komponiert war, ist es, das genau synchron zu machen, aber ge- und Visuals, die ich male und zeichne und ani- nauso kann man sich ja auch dagegen entschei- miere. Synchronizität spielt da für mich absolut den, das nicht zu tun. Es stimmt schon, dass es keine Rolle. Ich versuche mich immer soweit für viele erstmal vertrauter ist, denke ich, weil es davon zu lösen, dass die Verknüpfung auf eine eine Art Konvention ist. ganz subtile Weise entsteht, die dann aber nicht beliebig sein soll. Meine Herangehensweise ist SF: Oder es ist eine Tendenz, weil da mehr Fas- eigentlich die, dass ich versuche, möglichst we- zination drin liegt. nig vorauszusetzen beim Publikum und das so simpel und nachvollziehbar zu gestalten wie es FG: Es ist auf gar keinen Fall ein Muss. möglich ist.

SF: Es ist also nicht die Lehre. HS: Dadurch, dass die Studenten ganz anders und viel differenzierter hören können und HS: Das liegt schon auch daran, dass diese Fil- Strukturen auch erkennen, die ich nicht hören me so früh im Studium produziert wurden, im kann, weil ich keine Musikerin bin, haben sie 3. Semester. Zuerst probieren die Studenten die einen großen Vorteil bei einer späteren Zusam- nahe liegenden Analogien aus, z.B. dass die Far- menarbeit mit bildenden KünstlerInnen, Desi- be heller wird, wenn der Ton höher wird oder gnerInnen oder RegisseurInnen wenn sie sich das exakte „auf Rhythmus“ schneiden. Interes- auf der visuellen Ebene ausdrücken können. Sie sant wird es dann später im Verlauf des Studi- lernen hier, einen Zusammenhang herzustellen ums, wenn sich die Studenten weiter entwickeln und sie bringen einen neuen Aspekt ins Bild, und beginnen, diese Entsprechungen zu bre- nämlich den der musikalischen Struktur. In chen bzw. neu zu überdenken. Ich könnte mir Eurer Diplomarbeit waren es ja 9 Klavierstücke, z.B. als Ausganspunkt einer Visual Music Kom- wobei jedes eine andere visuelle Umsetzung position vorstellen, dass man sich fragt, was hatte. Es gab filmische Arbeiten, die ihr live passiert, wenn ich die Musik ins Bild übersetze, geschnitten habt. Zum Beispiel eine Membran, dann das Bild wieder in den Ton, dann den Ton die zum Sound, der vom Klavier kam, vibrierte. wieder in das Bild und so weiter. Ich finde die Das wurde mit der Kamera abgenommen und 1-zu-1-Übersetzung alleine nicht so interessant. ihr habt es am Computer noch einmal verfrem- Das entspricht oft im Wesentlichen Partituren, det. Interessant dabei war: In dem Augenblick, die auch eine Art von Musikvisualisierung sind. wo die Bilder anfingen eine konkrete Geschich- YJ: Ich kann mir vorstellen, dass es ganz enge te zu erzählen, z.B. bei den Super8-Familien- 14 Verknüpfungen gibt zu dem musikalischen Strandaufnahmen, wurde die Musik von Franz Liszt plötzlich zu Filmmusik. Die Musik rück- eine Eindrücklichkeit erlangt hat, die in frühen Die Naturwissenschaft forscht heute verstärkt mit und te in den Hintergrund, als man die Kinder auf Filmen noch nicht da war.“ Dieser suggestive durch Bilder. Nun kommt dann eben die Frage nach der Leinwand am Strand spielen sah, während Aspekt der Filmmusik und dessen Gegenströ- dieser ästhetischen Entscheidung ins Spiel. Das ist für bei der erwähnten Musikvisualisierung mit der mungen ist ein umfassender, auch theoreti- Naturwissenschaftler, deren Sprache ja die eindeutige Membran vor allem die Musik wahrgenommen scher Bereich, auf den ich gerne noch näher Mathematik ist ziemlich unscharf. wurde und ich sogar die Musik durch das Bild eingegangen wäre. Hier lag auch u.a. meine ur- besser hören konnte. Es war sehr interessant, zu sprüngliche Idee, das Thema „Mit Blick auf den YJ: Vielleicht sollte man auch explizit darauf hinwei- beobachten, wann das Bild „führt“, also die Mu- Ton“ zu wählen. sen, dass die naturwissenschaftlichen Methoden, die sik begleitend und atmosphärisch wirkte, und nicht aus dem Bereich der Kunst stammen, sondern wann wiederum das Bild die klassische Musik Dazu kam die Frage danach, wie selbstverständ- z.B. auch aus der Militärtechnologie, die Ästhetik stark deutlicher wahrnehmbar machte. In dem Mo- lich geht man heute mit dem Ton um, wie es beeinflussen. Es ist auch für bildende Künstler eine ment, wo das Bild wieder anfängt, zu leiten, ist Dieter Daniels in seinem Text „Audiovisualo- Herausforderung, kritisch damit umzugehen, diese es für mich nicht mehr Visual Music, das wäre gie“ formuliert. Er beschreibt darin, wie inten- Werkzeuge selbst einzusetzen. Dazu gehört auch die dann in meiner Definition eher Filmmusik bzw. siv und unter welchen technischen Vorrausset- Video- und Audiotechnik. Ich glaube, das prägt auch Medienkomposition. zungen früher um eine Kopplung von Bild und die Arbeiten, die im Bereich Visual Music entstehen. Ton „gerungen“ wurde und wie dieses Ringen SF: Wobei die Empfindung, dass das Bild leitet, und Suchen heute durch eine digitale Selbstver- HS: Das MIT Massachusetts Institute of Technology auch eine Täuschung sein kann. ständlichkeit ersetzt wurde. Ich wollte betonen, wird zu über 90% vom amerikanischen Militär finan- dass der Ton ein sehr bedeutendes Element ist ziert. AG: Im erzählerischen Film wird ja immer das und die Frage stellen, wie es eingesetzt wird. Visuelle als Leitmedium wahrgenommen, aber Wie wird damit umgegangen? Wie kann man AG: Oder auch Raumsimulationen, was dann in ich bin mir da oft gar nicht mehr so sicher, ob Bild und Ton auch voneinander trennen? Computerspielen aufgegangen ist, sind militärische das wirklich so ist. Erstentwicklungen gewesen. Visualisierung von wissenschaftlichen Phäno- HS: Lynch würde das bestreiten. Er würde sa- menen HS: Man sollte sich das klarmachen und auch dekon- gen, die Musik wirkt mehr als das Bild. struieren und ad absurdum führen. Es ist wichtig, dass AG: Ein anderer Bereich, auf den wir zu spre- uns bewusst ist, wo das Geld eigentlich herkommt. Oft SF: Ich glaube, dass die Musik im Film unter- chen kommen wollten, ist der wissenschaft- gibt es ja noch nicht mal eine Konkurrenz, z.B. keine schätzt wird, weil oft die Musik für das Bild ge- liche: Z.B. die Arbeit „Glistening Waves“ von Alternative zu Photoshop. Wir wissen gar nicht wie die halten wird, sie wird unbewusst mit dem Bild Jeff Thompson. (s.S.30) Das wissenschaftliche Welt aussähe, gäbe es eine Alternative zu Photoshop. identifiziert. ist ja ein Ansatz, ein Ideenreservoir für ästhe- tische Konzepte, wo Visuelles und Akustisches SF: Das Militär forscht an der Stealth-Technologie, AG: Den Affekt auf das Bild reduziert man auf zusammenkommt, was auch bei meiner Musik (stealth-heimlich) mit dem Ziel, durch eine perfekte das bildnerische, ob das jetzt Spannung oder und den Live-performances eine Rolle spielt. Tarnung im Krieg so wenig wie möglich Opfer auf der Sentimentalität ist. Der Einsatz von der Musik Bei mir ist die Grundlage des Klangerzeug- eigenen Seite zu haben. Sie haben einen Tarnanzug ist oft subtil, obwohl er beim modernen- Hol nisses ein mathematischer Algorithmus, der entwickelt, der auf der Brust einen Screen hat, der mit lywood-Sounddesign gar nicht mehr so subtil Muster generiert und diese Muster wiederum einer Kamera im Rücken gekoppelt ist, so dass sich das ist. Die Klangästhetik im Spielfilm ist ja schon kann ich über ein Touch-Pad beeinflussen. Das Bild an die Umgebung anpasst. da angekommen, dass völlige Übertreibung in ist ein sehr schönes Werkzeug, um musikalisch der Vertonung vorherrscht. Türen werden mit zu improvisieren und das Musikvideo generiert HS: Das ist vielleicht eine Idee, die wieder aus der einem donnernden Nachhall geschlossen, diese sich aufgrund der visuellen Oberfläche und der Kunst kommt: Der Mensch, der vor der Tapete steht Ästhetik hat sich eingefunden und ist unterstüt- Klangerzeugung in Echtzeit selbst. Natürlich und durch Bodypainting nicht mehr zu sehen ist. (La- zend in ihrer filmmusikalischen Funktion des übertrage ich das auch aus ästhetischen Grün- chen) Erzeugens von Gefühlen. den, aber andererseits auch um dem Publikum die einen Hauch von Erklärung zu geben. (Der SF: Ich danke Euch allen für das Gespräch. HS: Der Sound interpretiert das Bild. Film „Hirnwesche“ von Norika Nienstedt und Michael Jonas wurde zur Musik von Pondska- SF: Und dirigiert es in eine bestimmte Richtung, ter, dem musikalischen Projekt von Axel Ganz, Seit 1998 leitet Dr. Heike Sperling gemeinsam mit wird auch zu einem emotionalen Verstärker. gemacht (s.S.50) Prof. Manfred Becker den Projektstudiengang Mo- Wenn die Sounds auch sehr übertrieben sind, tion Design an der Filmakademie Baden-Württem- wird es in der narrativen Wahrnehmung, in der HS: Ich habe genau darüber, über bildgebende berg. Weitere Lehraufträge führten und führen sie man sich z.B. in einem Blockbusterfilm befin- Verfahren in der Naturwissenschaft , „Imaging regelmässig an die HGK Basel, die HFK Bremen, die det als starker, realer Eindruck wahrgenommen, Science“, meine Doktorarbeit geschrieben. Was NABA Mailand und die FH Salzburg. 2004 berief die der Dich als ganze Person in das Geschehen mich interessiert hat, war die Frage, wie ent- Robert Schumann Hochschule Düsseldorf sie als Pro- einbindet. Stefan Kroll vom Online-Magazin stehen z.B. diese hoch ästhetischen Bilder vom fessorin für Digitale Bildmedien an das Institut Fuer Schattenblick beschrieb diese Einbindung in Hubble Teleskop. Erstmal kommen da ja keine Musik Und Medien. You-Jin Chang ist Absolventin einem Gespräch mit mir als körperliches Er- Bilder, kein sichtbares Licht, bei uns an, son- des Studiengangs Ton- und Bildtechnik. Sie entwickelt eignis. „Der Klang wird bei optisch beeindru- dern es sind Daten, die noch visualisiert werden Visuals für die Bühne, zuletzt für das Singspiel „Der ckenden und opulenten Szenarien so eingesetzt, müssen. Oder in der Hirnforschung: In der PET, Traum der Tiere“ von Fredrik Vahle in der Tonhalle dass z.B. kinetische Energien, wie die eines der Positron Emissions Tomografie, wo man Düsseldorf und für eine Kinder-Tanzdarbietung im Zusammenpralls, Aufpralls durch den Klang feststellen kann, wo ist viel, wo ist wenig Aktivi- Tanzhaus NRW. Axel Ganz ist Musiker und Kompo- so materialisiert werden, dass man in eine Mo- tät im Hirn. Der aktive Bereich wird rot, der in- nist. bilität und Produktivität des Fahrens, oder bei aktive Bereich blau dargestellt, aber natürlich ist Fabian Greb ist Student im Diplom Ton&Bild am rasenden Fahrten geradezu in ein Getragensein im Hirn nichts rot oder blau, sondern es ist eine IMM, Institut Fuer Musik und Medien der Robert eingebunden wird. Ein konstruiertes Erleben, Designentscheidung, zu sagen, ich mach das Schumann Hochschule Düsseldorf. das ganz körperlich, sehr realistisch und auch in der visuellen Repräsentation rot oder blau. Susanne Fasbender ist Videokünstlerin und Initia- nicht wirklich bewußt wahrgenommen wird. Und das hat dann eben nichts mit Mathematik torin des Kunstfilmtages in Düsseldorf. Ihre Videos Es entsteht ein starker physischer Eindruck von zu tun, sondern ist eine ästhetische Entschei- wurden auf zahlreichen internationalen Festivals und der Bewegungsenergie, der so perfektioniert dung. Und da hat der klassische Naturwissen- Ausstellungen gezeigt. Für ihre Arbeit „A Virtl Grace“ wird, dass der suggestive Charakter der Filme schaftler natürlich erstmal ein großes Problem. erhielt sie mehrere Auszeichnungen. 15 14:30 Visual Music Studies

Zeitlos found it Alex Werth, Michael Eßer Manfred Borsch und Rebekka Schaufelberger 2:48 2008/2009 1:06 2009 Jeder hat bei Musik, wenn er sie hört, ein vages Im Rahmen des dreitägigen Workshops „25 Bild im Kopf. Ein Bild, das für ihn zur Musik passt. Pictures Every Second“ mit dem französischen Ebenso verknüpft der Mensch mit betrachteten Art Director und Experimentalfilmer Eric Bildern vage Musik. Ist das so festgelegt? Ticken Bernaud entstanden mehrere kleine Animati- wir alle gleich? Und was passiert, wenn dieses Ver- onsfilme. Die Aufgabe war es, einen Clip zum traute plötzlich wegfällt? Thema „Zeit“ zu kreieren. Der Workshop fand im Lehrgebiet Digitale Bildmedien statt.

Licht | Geschwindigkeit Maurice Braun Flimmern 6:02 2007 Maurice Braun, Stephanie von Fragstein, Die Natur geht manchmal seltsame Wege, muss Cornelius Heidebrecht, Hannes Marget, allerdings immer gegen die stampfende Technik Benjamin Simon und Miriam Voth ankämpfen. Diese Arbeit entstand ausschließ- 1:13 2007 lich aus digitalen Fotos, teilweise wurden nach- Zusammenschnitt kleiner, filmischer Experi- träglich Sounds zu den Bildern gestaltet, oder mente, die im Workshop „25 Pictures Every der Schnitt folgte der Musik. Maurice Braun Second“ mit dem französischen Art Director wurde für diese Ton- und Bildkomposition mit und Experimentalfilmer Eric Bernaud entstan- dem Visual Music Award 2007 ausgezeichnet. den. Der Workshop fand im Lehrgebiet Digitale Bildmedien statt.

16 Congruence Space Race A Swing Thing Christoph Eggener Christian Epe Fabian Greb 3:00 2009 2:37 2008 3:03 2009 Der praktische Teil der Diplomarbeit „Mul- Eine Animation im Arcade-Stil. Wie klingt das A Swing Thing makes you wanna swing! timedia & Multimodalität“ besteht aus dem Weltall? Und wie eigentlich das Raumschiff? Clip Congruence, einer Musikvisualisierung Von der „Stille“ des Weltraumes, über trashi- von drei Minuten Länge. Sie ist ein praktischer, ge Sprünge durch Raum und Zeit bis hin zum gestalterischer Versuch, Beziehungen und In- „Game Over“. teraktionen zwischen akustischer und visueller Wahrnehmung in Form von Ton und Bild als deren mediale Repräsentationen darzustellen. In den Gestaltungsprozess dieses Clips flossen einige der zuvor wissenschaftlich dargelegten Erkenntnisse über multisensorische Prozesse ein. Das entstandene Werk bildet diese dem- zufolge ab. Dies betrifft sowohl die Musik als auch das Bild: Beide Ebenen wurden bereits im Die Uhr Entstehungsprozess als interagierend angesehen Uli Kohlmann und dementsprechend gestaltet. Die Musik für 2:37 2009 Congruence wurde von IMM Student Fabian Augenstern Sechzig Sekunden die Minute, sechzig Minuten Schulz komponiert. Die Diplomarbeit im Fach- Stephanie von Fragstein die Stunde, vierundzwanzig Stunden der Tag. bereich Medien der Fachhochschule Düsseldorf 3:46 2007 wurde von Prof. Dr. Karin Welkert-Schmitt (FH Eine Metapher aus Knete zum Thema „Selbst- D) und Prof. Dr. Heike Sperling (IMM) betreut. porträt“. Betreut wurde diese Arbeit von Prof. Manfred Waffender.

Unterwasserdisco Hannes Marget 2:45 2007 artificial_neural_network Sound Machines Stop-Motion-Film über eine Reise in den Bauch Michael Eßer Christian Frentzen des Walfischs. 3:01 2009 3:14 2008 Ein neuronales Netz ist mehr als die Summe Klänge und Bilder verschmelzen, Töne und seiner Teile. Visual Music Clip im ASCII-Art Rhythmen bedingen die Bildfolge, ebenso auch Stil. Genutzt wurde gefilmtes und computer- andersrum. Der Film enstand aus digitalen Fo- generiertes Bildmaterial, das durch einen pro- tos, die Musik und Klänge wurden nachträglich grammierten Code in den ASCII Stil umgesetzt erzeugt. wurde. Der Ton besteht aus rein computergene- rierten Sounds verschiedenster Synthesearten. artificial_neural_network wurde 2009 im Rah- men des Visual Music Award mit einer Aner- kennung ausgezeichnet.

17 14:30 Visual Music Studies

Beautiful World Graustadt Martin Mercer Philipp Polzin 2:24 2009 4:01 2009 Digitale-Spiegelreflexe zittern im Einklang mit „Große Stadt, wo ist dein Gesicht? In deinen Ar- selbstzerstörten Pro-Tools-Schnipseln um die men ist mir kalt...“ - ein Film über die Stadt, die Wette. Fotofilm zur Lobpreisung der Schönheit Menschen, die in ihr leben, ihre Orte und Plätze... einer Küchenpflanze. „Blumen sind die schönen Ein Blick abseits der touristischen Wege, auf die Worte und Hieroglyphen der Natur, mit denen Seele gerichtet. sie uns andeutet, wie lieb sie uns hat.“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Tonika Silvan Oschmann/ Maja Oschmann pardon, pendant 1:40 2009 Fabian Mielke Zeichen finden Töne, Töne finden Zeichen - 2:30 2009 Diese Arbeit ist das Ergebnis eines intensiven Schwarz gibt es. Weiß auch. Verhalten führt künstlerischen Austausches der Geschwister zu Bewegung. Bewegung zu Sound. Verwen- Maja Oschmann (Zeichnung) und Silvan Osch- det wurden ein Automat, eine Wiese und ein mann (Ton und Schnitt). Im wechselseitigen Schwarm. Prozess entstehen spannende Analogien zwi- schen animiterter Grafik und Musik.

18 Das Ohr isst mit ofmo&su Light Orchestra Thomas Orr Rebekka Schaufelberger Lukas Vogel 3:10 2007 2:15 2009 3:27 2009 Frühstücksszene - alles normal. Nur das Ei... Der Visual Music Clip von Rebekka Schaufel- An einem düsteren Ort versammeln sich Ge- hm... wahrscheinlich keine Freilandhaltung. berger visualisiert den Song „All I need“ von stalt und Form um durch Bewegung zu Musik Ein Kurzfilm, der die üblichen Geräuscherwar- Air. und durch Musik zu Licht zu werden. tungen, vor allem durch unnatürliche Lautstär- keverhältnisse und die Verwendung von „fal- schen“ Geräuschen, auf den Kopf stellt.

All The Wrong Loves PROJEKT O - RAIN TREE SKETCH II Severin Schultze & Alex Cremer Caroline Bergmann und You-Jin Chang Musik: All The Wrong Loves / Sebastian Russell 4:51 30. Oktober 2008 Frequenzen (SYNSE-Set) 4:46 2009 PROJEKT O ist der Titel zweier Konzerte die Christian Sander Das Video ist eine Produktion von Severin im Rahmen der Diplomarbeit „Live Visuals im 4:00 2009 Schultze und Alex Cremer aka „sevra&stas“ Kontext Klassischer Musik“ an der Fachhoch- Frequenzen ist eine konzeptionelle Arbeit für das Kölner Technolabel My Best Friend schule Düsseldorf im Studiengang Ton und bei der, durch die Übereinanderlagerung des (Traumschallplatten). Es ist Teil einer für das Bildtechnik von Caroline Bergmann und You- Licht-Frequenzspektrums auf das Klang-Fre- Label ins Leben gerufenen Visual-Music-Clip Jin Chang im Partikasaal der Robert Schumann quenzspektrum, die Farbe eines visuellen Ele- Reihe, die auf dem labeleigenen YouTube Kanal Hochschule aufgeführt wurden. Der Buchstabe mentes bestimmt wird. Der Clip wurde mit veröffentlicht wird. Produziert werden die Clips „O“ (wie franz. „eau“) verrät, dass das Projekt Papierstücken mittels Stop-Motion Technik zu live zur Musik. inhaltlich um das Thema Wasser kreist. Das einer „housigen“, akustischen Eigenkompositi- Besondere an PROJEKT O ist die Zusammen- on animiert. Auch steht die enge Verknüpfung führung von Klassischer Musik und Live Visu- von Ton- und Bildparametern durch den Ein- als zu einem modernen Multimediaensemble: satz von Effekten auf beiden medialen Ebenen PROJEKT O zielt auf den Dialog zwischen Ton im Vordergrund. und Bild, auf die Interaktion zwischen Musiker und VJ. Der Einsatz der analogen Mittel Schat- tenspiel und Malerei führten beim Abschluss- stück „Rain Tree Sketch II“ (Komponist: Toru Takemitsu) zu einem gelungenen Wechselspiel zwischen Pianistin Olga Maksimenko und VJs. Dadurch zählt diese Performance sowohl für die Ausführenden als auch für das Publikum zu o.T. einem der intensivsten Momente in PROJEKT Yann Texier O. Betreut wurde die Diplomarbeit von Prof. 1: 32 2009 Dr. Karin Welkert-Schmitt, Fachhochschule Der Visual Music Clip von Yann Texier ist als Düsseldorf, und Prof. Dr. Heike Sperling. Gegenüberstellung von treibender Drum and Bass Musik und einer minimalistischen 3D- Animation in sterilem schwarz und weiß kon- zipiert. *Soweit nicht anders angeführt, entstanden alle Arbeiten unter der Betreuung von Prof. Dr. Heike Sperling und Andreas Kolinski.

19 16:00 Räume, Still, Verschachteln

I‘m not moving LoopLoop Vehicles Jyri Kaasinen Patrick Bergeron Tina Willgren 2:55 2009 5:00 2008 2:27 2009 The video was made during a 2-month stay at In a train going to Hanoi in Vietnam, the houses It is easy to get struck by a feeling of absurdity Düsseldorf. Using time-lapse technique it was boarding the railroad are passing by. Using anima- when one takes a pause, just to experience what possible to achieve the sped-up effect. The clips tion and time shifts this video runs forwards and is actually going on in front of ones eyes, any- were made by putting a camera on a tripod or backwards looking for forgotten details, mimi- where close to a congested street. City traffic is on the ground and setting it to take pictures cking the way memories are replayed in the mind. like a noisy and somehow comical auto created every 10 seconds. From these still photographs The sound represents the time and the physical choreography. In “Vehicles” the normal move- I was able to make the video. As an artist and space. The main track is the train. It‘s going away; ments, appearances and sounds of traffic are photographer my work often requires me stay- original sound. It‘s coming back in time; reversed. remixed. The everyday car is transformed into ing in one place, just observing and waiting. I‘m It‘s going fast in time; accelerated. When it‘s stop- an unidentified flying object. The use of sound annoyed by it at all. It is something I have cho- ped; depth sound but we start the listen to what is guides the attention into the play between the sen to do in my life, trying not to be involved outside. At that time, the physical space has chan- different realities of the video, either enhancing in the fast lifestyle and unnecessary consuming ged. We are now outside of the train and we are its documentary aura or its surreal atmosphere. that is even slowly eating our planet. looking at events that we missed while travelling Projetáveis, Bienal do Mercosul, Porto Alegre, Die Arbeit entstand während eines zweimona- in the train. Looploop was screened at various Brazil / Optica Festival, Cordoba, Spain / Pan- tigen Gastaufenthaltes des Künstlers in Düssel- int. exhibitions and Festivals in Quebec,Tampere, theon Int. Xperimental Video and Animation dorf. *Tampere Krakow, Oslo, a.o *Montreal Festival, Cyprus, Greece *Stockholm

Island City Alexanderplatz Brigid Burke Terry Buchholz Afternoon Echoes 5:30 2009 5:00 2001 Yiannos Economou Set in both the coastline of Victoria, Australia Tauben auf dem Alexanderplatz in Cieszyn in 2008 1.16 and the city of Inchagaya, Tokyo, Island City Tschechien. Mit eindrucksvoller ruhiger Hand In a reversal of film’s use of ambient sound this brings two cultures together to form one scene. filmt die Künstlerin die den Platz bevölkernden short video uses a “background” image to unify The music encompasses percussive sounds, Tauben. Mit der geometrischen Struktur der the scene, while the impression of a story comes which opens Island City to create a timeless Pflastersteine, der den Tauben eigenen Choreo- through the montage of disparate sound clips. scene. The clarinet is aimed to mimic the attack grafie und den hallenden Klängen des rundum And similar to the imperceptible distortion of of the percussive sounds. Its musical context is bebauten historischen Marktplatzes schafft sich the soundtrack often used to serve narrative and based on improvisations and experimentation ein erfüllter Raum zeitloser Augenblicklichkeit. other purposes, here we have an (initially) un- using frequency changes. The visuals imitate detectable visual twist. Produced for The Mirror the clarinet as if in conversation and is lyrically Stage International Video Art Exhibition /Cyp- thick with the percussive sounds overlapping rus *Paphos, Cyprus. themselves to form complex rhythms and vi- sual layers of paintings worked on in tissue paper, glass, fish themes, water, and line dra- wings. Brigid is an Australian, audio artist, vi- sual artist and video-maker, commissions from the Australian Broadcasting Commission ABC, Australian Asian Foundation, Japanese Printing Corporation, ANAT, South Australian Govt. *Melbourne

20 TEU-Story Waschstrasse Alternity Jonas Hummel, Maurice Braun Saskia Zeller Van McElwee 6:10 2009 1:41 2009 6:48 2008 Ton: Jonathan Hoffmann, Benjamin Simon. Mit einer kleinen Fotokoamera in der Wasch- The sound for this work is part of the world that Kontinuierlich steigender Warenumschlag straße; *Düsseldorf is created on the screen, in which the vanishing macht den Duisburger Binnenhafen bis heu- point of linear perspective is expanded to a pla- te zum weltweit größten seiner Art. Mehr als ne. This allows all of the visual and aural events 3000 Standard-Container (TEU) werden täg- within that vanishing point to mingle freely. lich im trimodalen Terminal verladen. Aber Local sounds blend and shift. The expanded was passiert dabei eigentlich genau? Der Kurz- horizon causes reverberating fractures (nach- film bündelt die Wege der Container zu einer hallende Brüche) in time; multiple realities visuell-musikalischen Einheit und eröffnet branch and flow through one another, creating eine ästhetisierte Sicht auf den globalisierten a sponge-space of possibilities. Van McElwee is Warenumschlag. Die Tonspur ist aus Original- Professor of Electronic and Photographic Me- Hafenklängen, Synthesizer- und großen Or- dia at Webster University, St. Louis, Missouri. chesteraufnahmen in ständigem Wechsel mit Grants and awards include: The American Film dem Bildschnitt entwickelt und speziell für Institute Independent Filmmaker Award; Seven Ultrasonic Tapes Surround-Sound gemischt worden. Installation Fellowships from the National Endowment for Eisuke Yanagisawa im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt the Arts Independent Production Fund; a travel 8:00 2008 *Düsseldorf grant from the Government of India and two Buzzing of cicadas, repeated beats from au- production grants from Media Arts in Missouri. tomatic gate, bustle of the city, pulses of bats, McElwee was Artist-in-Residence at the Expe- drone sounds from street lights… I can hear the rimental Television Center, Owego, New York. sounds as city roaring, raising an alarm against *St. Louis, Missouri human-beings. This is an another soundscape documentary beyond our audible range. All sounds were recorded simultaneously with pic- tures using a bat detector which turns ultraso- nic sounds into audible sounds. Kyoto Sound + Science Symposium 2009 *Kyoto

Under Skies Michaela Nettell 3:30 2008 Sequential photographs of a London city park are projected through mirrors and curved-glass, re-photographed and animated into new scenes. Treppenhaus Location recordings are diffused through sheets Irena Paskali of glass and jam jars, and granulated into minu- 2:24 2009 te parts: time-slices of sounds. Under Skies in- Eines der wichtigen Motive sind Treppen. Sie vestigates the application of glass to the produc- sind in meiner Ansicht ein starkes Symbol un- tion and transformation of sound recordings seres Weges - auf und ab. Die symbolische Dar- and image sequences - exploring new creative stellung der zahlreichen Schritte in unserem Le- and material processes and new audio-visual ben und wie sie uns nach oben und nach unten relationships. London Int. Animation Festival / führen *Köln Archetime, The Tank, NY / Videokills, Int. Vi- deo Art Festival Berlin / Visions in the nunnery, London.... a.o. *London

21 Bild: Lichtfaktor Der Klang, der Spur, der Fliege von Anja Vormann Die Überschrift beschreibt ein Experiment, in Untersuchungen, in denen Parameter seziert, mit den Wechselwirkungen von Bild- und Ton- dem man Spuren eines bewegten Objektes im in ihrer Wechselwirkung beobachtet und neu parametern. Oskar Fischinger belichtete 1932 3D Raum aufzeichnet und die dabei gewonne- miteinander kombiniert werden, sind für mich in seiner Arbeit „Ornament Sound“ gemalte nen xyz-Koordinaten in Töne übersetzt. Hier wichtiger Bestandteil der Arbeit mit dem Me- Formen auf die Lichttonspur eines Films. Diese entsteht ein Tongefüge, das zwar in Abhängig- dium Video. Unser Ausdrucksrepertoire wird wurden dann mit der Fotozelle des Projektors keit zu der Fliege steht, aber ein ganz anderes durch Bilder bestimmt. Unsere Sprache dif- in Klänge transformiert. Er beschäftigte sich ist, als ihr Summen im Raum. In Zusammen- ferenziert sich über die Bildparameter, deren mit Formen und Mustern verschiedener Kul- arbeit mit dem Fachbereich Medientechnik ha- Organisation und deren Wechselwirkung mit turen und versprach sich von der Übertragung ben wir im virtuellen Studio Bewegungsspuren Faktoren wie die des Tons, des Inhalts, des Kon- der Bildinformation in die Wahrnehmungsebe- von Musikern aufgenommen und diese Daten textes, des Mediums und der Rezeption. Über ne des Tons den Gewinn weiterer Erkenntnisse. (Raumkoordinaten des zeitlichen Ablaufs) in experimentelles Arbeiten (Verschieben, Über- Ihn interessierte weiterhin, die Sprache von Bild ein 3D Programm importiert. Die Spur, die ein setzen, Transformieren, Erproben neuer Tech- und Ton in Relation zueinander zu setzen und Geigenbogen vollzieht, kann nun als isolierte niken) wird nicht nur die Ausdrucksfähigkeit zu untersuchen. Neben dieser Art von Trans- Raum-Zeitspur verwendet werden, um als Be- erweitert, sondern es bilden sich möglicherwei- formationsvorgängen gab es in dieser Zeit auch wegungsablauf für die Animation eines anderen se auch individuelle Stärken der Studenten her- andere Strategien, Bild und Ton miteinander zu Gegenstandes zu dienen. Statt eine Bewegung aus. Die Verschiebung einer Information in an- verbinden. Es wurden assoziative Zuordnungen aus einer Situation herauszusezieren, können dere Kontexte macht es leichter, ein Medium zu getroffen, es wurde interpretiert, übersetzt oder wir die Daten auch in einen anderen Wahrneh- reflektieren und schafft neue Assoziationsfelder auf ein Referenzsystem zurückgegriffen, das mungsbereich übertragen. Raumwerte werden für mögliche Verknüpfungen. Der Ton kommt dann strukturelle Ähnlichkeiten beider Kom- dazu beispielsweise in Farb-, Kontrast- und Hel- in unserem bildorientierten Studienbereich oft ponenten aufwies. ligkeitswerte oder auch in Tonqualitäten über- viel zu kurz. Weil er aber - selbst im bewussten setzt. Es entsteht dann zur Musik der Geige ein Verzicht auf die Tonspur – ein Video stark be- Walter Ruttmann ließ zu seinem „Lichtspiel abstraktes Video aus Farbflächen oder ein Video einflusst, ist die Beschäftigung mit diesem -The Opus I“ eine Musik von Max Butting kompo- des Musikers mit einer neuen Tonspur, die sich ma sehr wichtig. nieren, die dieser exakt auf die Formen und Be- nicht aus den Klängen des Instruments ergibt, wegungen der Bilder abgestimmte. Mary Ellen sondern aus der Bewegung des Spielens. Es gibt Eine kunstgeschichtliche Auseinandersetzung Bute ging den Weg umgekehrt und orientierte zahlreiche Möglichkeiten, die man aus dieser zum Thema Ton/Bild-Beziehungen findet man sich in der Komposition ihrer fotografisch ab- Versuchsanordnug ableiten könnte. In jedem zur Zeit in der Ausstellung „See This Sound“, strahierten Gegenstände an Notations- und Falle ergeben sich aber andere Bild/Ton-Ver- im Lentos Museum in Linz/Österreich. Daraus Kompositionsverfahren des Musiktheoretikers hältnisse als in der „Visuellen Musik“, in der der einige Beispiele zu den komplexen Beziehungen und Komponisten Joseph Schillingers. Oskar Musik selbst Bildparameter zugeordnet werden. von Bild und Ton: Eine technische Neuerung Fischinger verzichtete in seinem Film „Color- Verlässt man das Format dieser Musikbilder, stellte in der Vergangenheit beispielsweise die Musik-Composition“ ausdrücklich auf Musik, kann man persönliche Handschriften von Mu- für das Kino entwickelte Tontechnik, in der Bild ließ diese aber im Geiste entstehen, indem er sikern ausfiltern, indem man Bewegungsspuren und Ton synchronisiert werden konnten, dar. rhythmische Strukturen durch bewegte For- beim Spiel eines identischen Stückes vergleicht. Die Möglichkeit, beide Informationen auf ei- men schuf, die schnell geschnitten wurden. Mit Man könnte auch die Klangskulptur eines Mu- nem Träger unterzubringen, hatte eigentlich das dem Tonfilm entstanden nicht nur neue Ton/ sikstückes erstellen, indem man die Zeitspur im Ziel, Illusionen zu perfektionieren. Es eröffnete Bild-Beziehungen, sondern auch medienrefle- Raum über ein 3D Programm als Objekt ausgibt. sich darüber aber auch das Feld für Experimente xive Arbeiten, wie die von Louise Lawler mit „A movie will be shown wihout the picture“. mit Fotos, Texten und Videos findet man unter: und konstruierter Struktur, indem er in den zur In einer Kinovorstellung wurde der Film „The HYPERLINK „http://beta.see-this-sound.at/“ Musik visualisierten Ausblick Spiegelungen von Misfits“ gezeigt. Es lief alles wie gewohnt ab, http://beta.see-this-sound.at/ . Lampen und Interieur des Zugabteils einbaut. allein das Bild fehlte. Statt den Zuschauer in Alice Mattheß benutzt ein Musikstück zur die illusionistische Welt des Kinos zu führen, Die Wechselbeziehungen zwischen Ton und Komposition ihrer Aufnahmen von Leistungs- konfrontierte er ihn über Dialoge und Filmmu- Bild sind sehr komplex und werden durch zahl- turnern. Die Bewegungen, im Detail und aus sik mit sich selbst, seinen eigenen Bildern und reiche Faktoren bestimmt. Mit der technischen verschiedenen Perspektiven synchron gefilmt, Gefühlen.John Baldessari beschäftigte sich mit Entwicklung verschieben sich diese immer wie- gehorchen in ihrem Ablauf dem Rhythmus des den assoziativen Verknüpfungen von Bild und der und bilden neue Möglichkeiten, die Sprache Stückes. Dieses bleibt, trotz der Ausblendung Ton. Er führte mit seinem Studenten Ed Hen- zwischen Bild und Ton zu erweitern. Nimmt der Musikspur im Geiste hörbar. derson ein Experiment durch, indem er ihm man z.B. den Begriff der Interaktivität, der im Tobias Daemgen zeigt in einer Video-Doku- klischeehafte Bilder aus Magazinen beschrieb, Ansatz von Paik und Cage noch sehr positiv und mentation einen fortwährenden Transformati- denen dieser Kitschmusik oder Geräuscheffekte als Instrument gegen die Massenmedien galt, so onsprozess. Aus einem Videoframe entsteht ein zuordnen sollte. Baldessari wollte damit veran- bildet er heute über den Markt der Computer- Relief, ein 3D Objekt und schließlich ein Musi- schaulichen, dass es Assoziationen gibt, die als spiele das Mittel einer neuen Unterhaltungsin- kobjekt, das Töne erzeugt. massenkulturelle Klischees schon Teil unseres dustrie. Aber auch hier entstehen Arbeiten, die Linda Kühhirt entwickelt zu der Musik von Unterbewusstseins geworden sind. Nam June ihr Umfeld reflektieren. Es werden Spiele -de „Hauschka“ eine Art visuellen Guckkasten, in Paik nimmt Bezug auf die Massenmedien und konstruiert, eigene Regeln entwickelt, es wird in dem virtuelle und reale Bilder die musikalischen deren Rezeption. In seiner Ausstellung ließ sich Form von „Online Performances“ agiert, Filme Strukturen optisch verstärken. Mit der Zeit ent- eine Wandinstallation aus Tonbändern über ei- werden aus „Found Footage“ Material gedreht steht aus den Elementen eine Landschaft. nen heraus gelösten Tonkopf in beliebiger Rei- usw. Die in diesem Programm gezeigten Arbei- Pei-Jun-Chiang beschreibt in einem Musik- henfolge und Geschwindigkeit abfahren. Dabei ten sind an der Fachhochschule Düsseldorf und stück die Lebensgeschichte eines Paares. Wäh- konnte man sich von Kompositionskriterien an der Hochschule Darmstadt im Bereich Video rend sich auf der Tonebene die Geschichte über der bildlichen Inszenierung leiten lassen oder entstanden. Es sind Experimente, die unter- Loops wiederholt, erzählt sie mit Bildern die eigene Wege suchen. Eine andere Arbeit, „Par- schiedliche Zugänge zu Bild/Tonverbindungen Entfremdung des Paares. Ton- und Bildebene tizipation TV“ ermöglichte über Umbauten am zeigen. Es sind Musikvideos, es ist Visuelle Mu- laufen hier immer weiter auseinander. TV Gerät die Steuerung des Fernsehbildes über sik oder Experimentalfilm. Teilweise lassen sich Andreas Huth dokumentiert mit zwei ganz die Stimme des Zuschauers. John Cages sprach die Grenzen nicht exakt ziehen. Im Studium des unterschiedlichen Kameras ein improvisiertes von „organisiertem Sound“ und meinte damit, Kommunikationsdesigns beschäftigen wir uns Klavierstück. Die eine Kamera ist distanziert dass akustische Phänomene voneinander trenn- häufig mit speziellen Formaten, in der derzei- und filmt die Finger auf der kompletten Tasta- bar sind. Ihn beeinflussten in diesem Zusam- tigen Lehrveranstaltung beispielsweise mit der tur. Die andere ist als Fingerkamera in den Be- menhang auch System/Informationsmodelle, Erstellung von Musikvideos für den Musiker wegungsablauf des Spielens eingebaut. Sie zeigt die den Prozess der Kommunikation in eine Volker Bertelmann („Hauschka“). Einige davon starke Nahaufnahmen, teilweise nur Farbflä- Reihe autonomer Funktionen zerlegten. Das sind Teil des Videoprogramms. Das Medium chen von Hand und Tasten. Die Bilder werden betraf nicht nur die technischen Möglichkeiten, Video sollte aber meiner Meinung nach auch in im Wechsel synchron zur Musik geschnitten. wie beispielsweise die Trennung des Tons von Bezug auf seine Werkzeuge und in seiner Wir- Der Betrachter wird hier mit zwei ganz unter- seiner Quelle über die Lautsprecher. Es bedeu- kungsweise erforscht werden. Dies bezieht sich schiedlichen strategischen Verbindungen von tete auch, gewohnte Abläufe auseinanderzu- nicht nur auf die im Text beschriebenen Expe- Bild und Ton konfrontiert; zum einen mit der pflücken, wie beispielsweise den Weg, den eine rimente mit Bildparametern, sondern auch auf distanzierten Beobachtung, der Dokumentation Komposition über die Interpretation bis hin zur eher inhaltliche oder kontextbezogene Aspekte des Vorgangs, die das Ereignis in den Vorder- Aufführung nimmt. Er betrachtete die Kom- wie Erzähltechniken, Realität/Virtualität, Inter- grund stellt und zum anderen mit der Erzeu- position als „Handlungen mit unbekanntem aktivität usw.. Die einzelnen Bereiche können gung eines nicht fassbaren Körpergefühls, das Ergebnis“. In seiner Arbeit „4,33“ bewahrte der in den Seminaren nur exemplarisch angerissen Bild und Ton zu einem Reiz verschmelzen lässt. Pianist den üblichen Habitus, spielte aber kei- werden, und trotzdem kann sich eine Vielfalt nen Ton auf dem Instrument. Das Stück hatte von Ergebnissen entwickeln. Die Studenten eine festgelegte Länge und war in drei Abschnit- selbst haben unterschiedliche Stärken, bildne- Anja Vormann ist seit 2004 Lehrbeauftragte im te geteilt. Alles erinnerte an eine Konzertsitua- rische Mittel und Zugänge zum Bild und zur Bereich Video der Fachhochschule Düsseldorf. tion. Die Komposition entstand aber erst in der Musik. Ich denke, es ist wichtig, dass sich diese 2008 erhielt sie eine Gastprofessur für den Bereich Mitwirkung der Zuschauer, indem deren Ge- persönlichen Gestaltungsmittel ausdifferenzie- Bewegtbild der Hochschule Darmstadt. Seit 2002 räusche in der Stille das Klangmaterial bildeten. ren und vor allem bewusst und medienreflexiv arbeitet sie zusammen mit Gunnar Friel. Als Me- Im Gegensatz zu John Cage, der den Prozess der eingesetzt werden – unabhängig davon, ob dies dienkünstler realisieren sie Projekte im öffentli- Zerlegung als Experiment begriff und außer der zu einer angewandten oder künstlerischen Ar- chen Raum und entwickeln Konzepte für Objekte, konzeptionellen Setzung auch Störungen oder beit führt. Installationen und Videos. Über bildhauerische den Zufall zuließ, vertrat John Whitney mit der Eingriffe importieren sie digitale Phänomene in Sezierung von Bild und Tonparametern einen Beispiele aus dem Videoprogramm: den realen Raum oder schaffen im Netz über fo- konträren Standpunkt. Er wollte eher die Bezie- Sonja Kohl erarbeitet zur Übersetzung eines tografische Archive oder Interventionen in Spielen hung beider Komponenten festigen, indem er Musikstücks eine komplexe Grammatik aus Mischrealitäten. 2003 erhielten sie den Förderpreis nach strukturellen Analogien zwischen Musik Formen, Farbwerten und Transparenzen. Ob- für Bildende Kunst der Stadt Düsseldorf, 2006 den und Bild suchte und über einen immer kom- wohl sie diese Parameter-Übertragung sehr Marler Videokunstpreis, 2003 den H.W. & J. Hek- plexer werdenden Animationsapparat eine ge- konsequent durchführt, assoziieren die Form- tor Förderpreis der Kunsthalle Mannheim, 2009 meinsame strukturelle Syntax erarbeitete. Seine gefüge gegenständliche Bilder wie Instrumen- das Stipendium für Kunst, Wissenschaft und Wirt- Vision erfüllte sich aber erst in der Zusammen- tendetails (eine Klaviatur, die Saiten einer Gi- schaft, des Stiftung Künstlerdorf Schöppingen. arbeit mit dem Unternehmen IBM. Dort konnte tarre, ...). Interessant ist hier, dass sich mit dem 2006 nahmen sie an der Busan Biennale in Korea er die Möglichkeiten des damals noch nicht für Wechsel der Abstraktionsebene die Dominan- teil. Dokumentationen und Archive zu den Arbei- jeden zugänglichen Computers nutzen und das zen zwischen Bild und Ton verschieben. ten sind zu sehen unter: www.the-symptom.net Bild aus den Tönen generieren. Der Computer Jan Phillip Flachsenberg animiert in Anlehnung öffnete das Feld für Transformationen jeder Art, an die musikalische Struktur eines Musikstücks, indem sich Bild- und Tonmaterial auf mathe- Telegrafenmasten und Stromdrähte, die an matischem Wege dekonstruieren und neu or- einem Zugfenster vorbeiziehen. Im Video re- ganisieren ließ. Ein Einblick in die Ausstellung flektiert er aber auch das Verhältnis von realer 23 17:00 Der Klang, der Spur, der Fliege

Anja Vormann präsentiert Filme ihrer Studen- tInnen aus dem Labor für digitale Illustration und Animation der FH Düsseldorf.

Gkabel Dunkelgrau Jan Phillip Flachsenberg Lydia Reich 3:00 Min. 2008 2:30 Min 2008 An einem Zugfenster ziehen in Analogie zu Ein Zimmer und seine Gegenstände entwickeln musikalischen Strukturen Telegrafenmasten ein Eigenleben. Über die Stop Motion Technik und Stromdrähte vorbei. Die konstruierten werden verschiedene Bewegungsformen zur Strukturen werden von realen Spiegelungen im Musik entwickelt. Fenster des Zugabteils gebrochen.

Sur Le Fil treiben Alice Mattheß Alice Mattheß 3:30 Min 2008 2:00 Min 2008 Der Film beschreibt über verschiedene Ka- Zur rhythmischen Komposition der Aufnah- meraeinstellungen die Beziehung zweier Ak- men von Leistungsturnern, die synchron aus robaten. Die distanzierte Dokumentation der verschiedenen Perspektiven gefilmt wurden, Übung wird unterbrochen durch Aufnahmen wird hier ein Musikstück zu Grunde gelegt, das einer Kamera, die am Kopf des Akrobaten an- trotz Ausblendung der Tonspur im Geiste hör- gebracht wurde. Nahaufnahmen und Funkstö- bar bleibt. rungen dieser Kamera werden eingeschnitten und stehen im starken Kontrast zur Musik und dem harmonischen Bewegungsablauf. Videopreis bei Output

Grimm Daniel Taubert 1:50 Min 2007 Zur Visualisierung von Musik werden Handzeich- D.I.M. nungen mit sich transformierenden Computer- Andreas Huth formen verbunden. 2:50 Min 2008 Das in der Arbeit mit Jugendlichen entstandene Musikvideo setzt musikalische Strukturen über die Veränderung von Bildgeschwindigkeiten um.

24 Forest Hauschka, Improvisation vomPUNKTzurLINIEzurFLÄCHEzum Lichtfaktor Andreas Huth RAUMinderZEIT 1:20 Min 2008 2,50 Min 2009 Tobias Daemgen Aus Lichtzeichnungen entstehen künstliche Ein improvisiertes Musikstück wird mit zwei 4:00 Min 2009 Insekten in einer nächtlichen Landschaft. Der Kameras gefilmt und im schnellen Wechsel Eine Videodokumentation zeigt einen fortwäh- Sound unterstützt den Moment, in dem sich aus geschnitten. Der distanzierte dokumentarische renden Transformationsprozess. Aus einem einer abstrakten Lichtspur das Tier herauskris- Blick trifft auf visuelle Musikstrukturen, die Videoframe wird ein Relief, ein 3D Objekt und tallisiert. über die Nahaufnahmen einer Fingerkamera schließlich ein Musikobjekt, das Töne erzeugt. erzeugt werden. Backup-Festival 2008 / Biennale Internationale Design Saint-Étienne 2008, Frankreich / Bolza- no Shortfilm Festival 2008, Italien / 12. Japan Media Arts Festival 2008/ Incheon Digital Art Festival 2009, Korea

Barfuss Durch Gras Linda Kühhirt I want you 4:00 Min 2009 Sonja Kohl Zu dem Musikstück von „Hauschka“ wurde 2:00 Min 2008 eine Art visueller Guckkasten entwickelt. Hier Übersetzung der Musik in Formen, Farben und verstärken virtuelle und reale Bildelemente die Transparenzen. Zeitweise erinnern die abstrak- o.T. musikalischen Strukturen. Mit der Zeit kristal- ten Visualisierungen an Instrumentendetails. Pei-Jung-Chiang lisiert sich aus den Strukturen eine Landschaft Die Dominanzen von Bild und Ton verschieben 2:10 Min 2008 heraus, die zunehmend realer wird. sich mit dem Abstraktionsgrad der Bilder. Ein Musikstück erzählt die Lebensgeschichte eines Paares. Während sich auf der Tonebene die Geschichte über Loops wiederholt, wird auf der Bildebene die Entfremdung des Paares be- schrieben, so dass Bild und Ton immer weiter auseinander laufen.

Gaude The Untrue Johannes Sich Till König, Peter Pasalk, Björn Wolf 5:00 Min 2007 3:30 Min 2007 Im Video entsteht die Zeichnung einer Kon- Das Musikvideo erzählt die Geschichte einer zertsituation. Mit der Fertigstellung eines jeden Band, die auf einem anderen Planeten landet, Musikers, wird dieser animiert und beginnt zu um die dortigen Einwohner zu einem Konzert- spielen. Gleichzeitig setzt die entsprechende besuch zu überreden. Es werden verschiedenste Musik ein. reale und virtuelle Elemente mit Hilfe von Blue Box Technik, Stop Motion und Computerani- mation zur Umsetzung der Musik eingesetzt. 2. Platz Backup-Festival 2006 / International Festival of Cinema and Technology, London / Auswahl für die Animago DVD

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Loops 12:00 - 14:00 Loops 1

Haare I, Haare II, Haare III Germiston Inken Boje und Enis Vardar Katharina Kiebacher 7:18 2009 / Appendix 12:00 2008 / Foyer, Bildschirm 16:9 Mehrkanalarbeit auf 3 Monitoren Meine Videoabeiten operieren zwischen Fo- Jeweils einer Frau, einem Mann und einem tografie und Film, zwischen Dokumentation Kind wird das Haar geschnitten. Mit ruhiger und Theater: wie auf einer Bühne treten in den Kameraführung wird dokumentiert, wie die statisch gefilmten Szenen Menschen mit ihren Haartracht den Menschen verändert, ganz un- Beschäftigungen und Orte mit ihren Ereignis- prätentiös und deshalb so eindringlich. sen auf. Die einzelnen Szenen erzählen jeweils *Düsseldorf eine Episode eines bestimmten Ortes: eines Industriegebiets, eines Spielplatzes oder einer Strassenkreuzung. Zwischen Gegebenem und Erwartetem nimmt der Zuschauer die Haltung eines Beobachters ein. In meinen jüngsten Ar- beiten suche ich verstärkt nach archetypischen und modellhaften Situationen, die einfache und vorhersehbare Abläufe zeigen. Stark struktu- rierte Prozesse wie Übungen und Trainings sind dabei besonders geeignet, zugrunde liegende Muster und Regeln zu offenbaren. Dabei bin ich besonders an der Simulation von existen- tiellen Momenten interessiert, wie etwa militä- Zähler rische Manöver oder Ausbildungstrainings für Stefan Lux Feuerwehr und Polizei, die lebensbedrohliche 11:03 2003 / Appendix, Projektion Situationen simulieren. Der Zweck dieser Simu- Ton als Markierung; Bei jeder zehnten Kartoffel lationen liegt offenkundig darin, der Situation fällt ein Kieselstein mit lautem Platsch ins Wasser. entsprechende Handlungsmuster vorzubereiten Es gibt keinerlei Nebengeräusche. Ein naturhaf- und neben der Abwehr von Schaden, ein Gefühl tes Geräusch wird zum Signalton und meldet die der Kontrolle und Sicherheit zu vermitteln. re- stattgefundene Reaktion auf das zu erwartende cent: „New Work Scotland“, Collective Gallery, Ereignis, ist Indikator innerhalb einer Versuchs- Edinburgh / „Running Time“, Scottish National anordnung. Das Signal markiert zugleich Ende Gallery of Modern Art, Edinburgh / „Kunst- und Beginn einer Wartezeit, setzt der Dauer der preis Junger Westen“, Kunsthalle Recklinghau- Tonlosigkeit knappe Grenzen. *Wien sen / „Set it up and go“, Art News Projects, Ber- lin; aus dem Glasgow-Programm *Düsseldorf

ÜÖÄ Tamara Lorenz 10:00 2009 / Foyer, Monitor 4:3 Ein Sprecher müht sich an der Abarbeitung ei- ner umgekehrten Reihenfolge ab. Bild-Ton: Das Bild ist statisch, die Stimme liest bewegt das Bild Zeile für Zeile ab. The stage is yours, China Heights, Sydney, Video Killed The Radio Star, Horud and Deloris, Sydney. *Köln

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Las Vegas Freeway 15 Cosmic Garden light painting Gudrun Kemsa Cherix K-soul 5:20 2007 / Appendix 17:00 2009 / Foyer, Bildschirm 16:9; Mehrkanalarbeit auf 4 Monitoren The Cosmic Garden light painting is done manually Die Videoinstallation zeigt eine Fahrt durch Las using electronic tools. These tools allow integrating Vegas auf dem Freeway 15. Bei tief stehender time, movement and light radiation to the paintings. Sonne ziehen eine phantastische Landschaft, Malevitch realized at the beginning of the twentieth märchenhafte Gebäude, aber auch nüchterne century „White Square on white background“ an Baustellen kulissenartig am Betrachter vorbei. essential painting in the history of art. It expresses Das langsame Vorbeigleiten und eine Verstär- the threshold between a world of dead matter and a kung der Farben suggerieren einen modellhaf- world of live forces. The synthesis of art, science and ten Eindruck. Raum und Zeit werden relativ. new technologies cross the threshold and access to this Die postmoderne Architektur, der Grad der mysterious world described by Malevitch „Flight into Konsumorientierung, das suggerierte Wüs- infinity where color serves as a semaphore.“Cosmic tenklima, all dies löst in uns eine emotionale Gardens“, dynamic artworks of radiating lights, reveal Mischung aus Irritation und Faszination aus. this world. The painting of pigments (light fixed in the Las Vegas ist ein Mythos, der für Glücksspiel, substance) need a static frame. The Painting is stati- Vergnügen und Geld steht. Der Film deutet an, onary and requires an external light to be seen. The dass die Stadt auch eine Oase in der Wüste ist, mixture of all colours produces an absorbing black: in einer öden, leeren Landschaft gelegen und subtractive colour system. The painting of light needs durch und durch künstlich. Las Vegas Freeway a dynamic electromagnetic frame. The picture moves 15 macht gleichermaßen subtil wie prägnant and irradiates the light. The mixture of all colours deutlich, wie artifiziell sich unsere Gesellschaft produces a radiating white: additive colour system. in Teilen präsentiert – und wie gelassen wir dies recent: Biennale Int. d‘Arte Contemporanea di Firen- hinnehmen. 2008: Sonderpreis des Marler Vi- ze / AWARD of EXCELLENCE 2009, BAUHAUS deokunstpreises *Düsseldorf Universität Weimar, Nomination ARTES MUNDI PRIZE, Cardiff, UK / The Emily Harvey Foundation Gallery, NY / Prix Ars Electronica, Linz / and others * Bex, CH

lowlights (shortcut) Gudrun Barenbrock 6:42 2009 / Appendix, Projektion auf Leinwand Lowlights sind auf das Restlicht reduzierte Auf- ...niland 1 nahmen von Auto-, Schiffs- und Zugfahrten, in Marius Leneweit, Rocío Rodríquez der Filmbearbeitung zu Licht und Schatten zu- 9:52 2009 / Foyer, Monitor 4:3 sammengezogen. Übrig bleiben Hell-Dunkel- ...niland 1 is built on the separating line of both water Rhythmen, die sich anspannen und ausdehnen, and air, the center of which is the man in adaptation by zusammenziehen und wieder auseinanderlaufen. a rise of the sea level. ...niland 1 builds new landscapes Bild- und Tonebene arbeiten mit den gleichen on the sea between water and tornades currents, a fight Strukturen. Das Ausgangsmaterial für die Klang- for air being interrupted by a mere rise of the water le- komposition bilden drei eingespielte Tubatöne, die vel, allowing the shining of the water surface line and elektronisch bearbeitet wurden. Linien durchdrin- is also acomponied by acoustic change by a fall down gen sich, verschmelzen, fallen auseinander und be- of the dzb-frequence indicating the cross trough of the gleiten als Generalbass kontrapunktisch die Ereig- elements....niland 1 tells unreasonably through pictu- nisse der visuellen Ebene. polderlicht Amsterdam / res and sounds, an underwaterworld and field records, GLOW, Eindhoven u.a.*Köln which lets us imagine events. ...niland persists on se- arching and remains uncertain. WRO 09, 13th Media Art Biennale, National Museum, Wroclaw / CREAM 2009 - Int. Festival for Arts and Media Yokohama, Kanagawa, Japan / Cinemadamare- 7th International Film Festival. Rome. *Barcelona 27 16:00 - 18:00 Loops 3

Breathing City (Barcelona) Fictional Odyssey Medley Fuge für Überwachungskamera Hirofumi Suda Jens Pecho Tobias Rosenberger 13:00 2009 / Appendix, Projektion auf Leinwand; 7:20 2008 / Foyer, Monitor 4:3 7:44 2008 / Appendix The film „FIctional Odyssey“ is an edited fragments Jens Pecho arrangiert in seinem Video mit Mehrkanalarbeit auf 4 Monitoren of various scenes, collected together and each scene dem harmlosen Titel Medley (2008) 143 kur- Musik: Elad Shniderman; Breathing City ist eine is part of a puzzle as a whole. The objects used in the ze Musikfragmente verschiedener Genres in Video- und Soundinstallation. Auf vier Bild- film are very simple and taken from daily life objects. einer neuen Komposition. Es ist eine gängige schirmen ist ein achtminütiger Rundumblick Lack of narrative and sound obscure our perception of Strategie des Found Footage, verborgene Sub- auf städtische Umgebung zu sehen, eingefangen fiction and reality. *Glasgow texte in medialem Fremdmaterial freizulegen. von computerkontrollierten Überwachungska- Pecho dagegen konzentriert sich in seiner Aus- meras, begeleitet von einer musikalischen Kom- wahl „toxischer Artefakte“ (Sharon Sandusky) position für vier atmende Stimmen. Die Viel- auf das Offensichtliche: den unverhohlenen heit der Elemente erzeugt einen Kontrast von homophoben Gehalt massenhaft verbreiteter Einheit und Vielheit: Die vier Stimmen fließen Produkte bestimmter Segmente der Popkultur. ineinander zu einem Sound, die vier Bildschir- Hinter der drastischen, obszönen Sprache, die me zeigen ein einziges Objekt in verschiedenen Medley zitiert, scheint dabei etwas nach kon- Momenten und aus verschiedenen Perspekti- ventionellem Verständnis dezidiert Unmänn- ven, so dass das Singuläre desintegriert wird in liches auf: Hysterie nämlich, die nackte Angst eine Vielheit. Die Manipulation entsteht im zeit- vor der Entmännlichung. Herausfordernder, lichen Ablauf, der Wiederholungen vermeidet. subversiver als jeder theoretische Diskurs es Die roboterartigen Kamerabewegungen bilden vermag, führt Pechos Konzentrat die brisante Lonsdale (After Goya / Deguello) einen Kontrast zur menschlichen Bewegung, ideologische Ladung und Wirkungsmacht von Philipp Lachenmann das Bewegte zum Unbewegten, das Stadtleben Produkten vor, die auf einem globalisierten, 15:25 2002 Foyer, Bildschirm 16:9 und die lebende Stadt. Eine bewegliche Über- vorwiegend jugendlichen Markt ihre bewusst- Die Beobachtung einer Penthouse-Wohnung nachts wachungskamera wurde im Lyoner Stadtraum seinsbildende Kraft entfalten dürfen. Medley über den Dächern von London: eine Gruppe von installiert und mit einem selbstgeschriebenen enthält sich dabei jeglichen distanzierenden Be- Leuten bereitet einen Filmdreh vor. Sie machen Licht- Computerprogramm wurden die einzelnen troffenheits-Kommentars und pädagogischen tests, proben kurze Szenen, besprechen sich, zielen mit Kameraparameter wie Pan-Tilt-Zoom-Blende, Appells. Pecho adaptiert vielmehr das forcierte imaginären Waffen auf sich, warten. Ein Close-up der die in der Regel für Überwachungsfunktionen Tempo und die plakativen Mittel seines Refe- Kamera offenbart schliesslich an der Stirnwand des mit Motion-Tracking-Algorithmen verwendet renzmaterials. In einem radikalen Akt der An- Penthouses ein Plakat mit dem Symbol der englischen werden, separat angesteuert und festgelegten eignung reklamiert er dasselbe Recht auf künst- Neofaschisten (Kreuz im Kreis mit Faschisten-Gruss). autonomen Sequenzabläufen unterworfen. lerische Freiheit, auf das sich offen homophobe Im Lärm der Strasse unten eingebettet hört man die Diese Abläufe wurden nach rein ästhetischen Künstler gern berufen, wenn ihre Aufrufe zur ganze Zeit über die Melodie DeGüello aus dem How- Gesichtspunkten, einer musikalischen Partitur Verunglimpfung, Verfolgung und Ermordung ard-Hawks-Western Rio Bravo. Das historische Lied für vier Atemstimmen folgend (Musik: Elad Schwuler öffentliche Kritik erfahren. Matthias DeGüello1 (Spanisch für “Kehledurchschneiden” oder Shniderman) für eine Anordnung für vier Bild- Müller. Kurzfilmtage Oberhausen / Kunsthalle “Köpfen”) wurde ursprünglich von Trompetern der schirme konzipiert. Die Überwachungskame- Nürnberg / Bielefelder Kunstverein / Malkasten mexikanischen Armee des Generals Santa Ana bei der ra wurde ihrer Funktionalität enthoben und Düsseldorf *Köln Belagerung der texanischen Missionsstation El Alamo autonomisiert. Videomaterial wie Audio sind (vom 23. Februar bis zum 6. März 1836) gespielt und ungeschnitten und bis auf eine nachträgliche sollte den dort Eingeschlossenen die Unausweichlich- Anhebung der Lautstärke digital unbearbeitet. keit ihres nahen Todes ankündigen. Das Appartment Les Intranquilles Festival #6, Les Subsistances, funktioniert hier wie ein horizontaler Filmstreifen, Lyon 2007 / Grammaire de la ville (Goethe-Ins- der mögliche erzählerische Strukturen einbettet. Die titut Lyon) / Alfred Gallery, Tel Aviv 2007 / 400 (künstliche) Tonebene unterlegt diese Bühne jedoch Jahre JLU - Tag der offenen Tür: Offstage 2007 mit einem historischen (Film-) Bezug, der sein eigenes / Harvestworks exhibition room, dunkles Potential manifestiert und die Konstruktion 2007 / Goethe Institut, Barcelona 2008 / renew- einer filmischen Geschiche bedrohlich einfärbt. Vo- Festival Kopenhagen 2009 * yeurismus, Imagination und Suggestion verbinden sich dabei zu einem performativen Act of Suspense, der die Fassaden von Identität, Schauspiel & Inszenierung be- fragt. Gefilmt 2002 in London. Sound design: Alexan- der Peterhaensel -Sound enthält einen Ausschnitt aus „De Guello“, gespielt vom Nelson Riddle Orchestra für den Film „Rio Bravo“ von Howard Hawks. *Köln

28 18:00 - 20:00 Loops 4

Spuren (1.Studie) A Pale Shade Of Grey Susanne Fasbender Bjørn Erik Haugen 2009 / Appendix 06:25 2009 / Foyer, Bildschirm 16:9 Mehrkanalarbeit auf 4 Monitoren A Pale Shade of Grey is an electro-acoustic „Spuren“ ist der Arbeitstitel für meine aktuellen composition made out of speeches by Hit- Untersuchungen über Krieg und Antimilitaris- ler. The speeches have been heavily cleansed for mus. Diese Studie ist als erstes Element der Ar- noise, in such a way that the content of what ac- beit eine Anknüpfung an den 1. Weltkrieg. Eine tually is being said, is impossible to get hold of. Erinnerungsfigur steht parallel zu spurenhaften The non-figurative video is a drawing made out Naturaufnahmen und abgebildeten Dokumen- of the sounds of the composition. It continually ten. Die Tonspur enthält von mir gelesene Aus- redraws itself in grey tones and is a research in züge aus Briefen meines Urgroßvaters an seine duration and perception of light in video. My Frau, geschrieben als Offizier an der Front im 1. intention and starting point with this work is to Weltkrieg sowie eine Collage aus dem Ton der see if it is possible to use or reuse a material Bildaufnahmen. SF; kürzliche Ausstellungen, that is demonized in a composition. Screened at Festivals: Globalscreen 2008-10/ Simulationen/ UNM, Iceland /Organ 3, Oslo / Synch Festival, Medienkunstplattform / Int. Festival Temps Athens / Pixel Pops, Krannert, USA / ISCM, d‘Images 2009 „Zwischen Wirklich“ ARTE Sweden / FILE 08, Sao Paulo, Brasil. *Oslo und tanzhaus nrw, Düsseldorf / Studio Maria von der Heide, Düsseldorf (Einzelausstellung) *Düsseldorf

Drishti III Jen-Kuang Chang Seeschwalben 7:00 2008 / Foyer, Monitor 4:3 Martin Hauf Sonic expression is not a mere commentary of 9:17 2005 / Appendix, Projektion auf Leinwand, imagistic viewpoint. Imagistic viewpoint is not Flugstudie am Beispiel der Seeschwalben. Auf- a submissive visualization responding to a har- genommen im November 2005 am Bodensee * monic leap. Music Omi International Musicians Düsseldorf Residency Award, Millay Colony for the Arts Residency Award, CLIC Foundation Digital Art International Contest Award. FILE Festival Internacional de Linguagem Electronica 2009, Sao Paulo / Spark Festival of Electronic Music and Arts / Florida Electroacoustic Music Festi- val / International Acousmatic and Multimedia Festival in Buenos Aires / Signal and Noise Fes- tival in Vancouver *Lincoln, NE

29 20:00 - 22:00 Loops 5 22:00 - 24:00 Loops 6

Glistening Waves Last things Kunstmarktforschung Jeff Thompson Vienne Chan Sandra Hoitz, Stefanie Pürschler 6:00 2007/08 / Appendix 14:36 2009 / Foyer, Bildschirm 16:9 2003 - 08 / Appendix Mehrkanalarbeit auf 4 Monitoren In the presence of the intruder, the geese move Mehrkanalarbeit auf 4 Monitoren Footage of intermittent sunlight on cresting comfortably as a calm and silent entity in this Seit 4 Jahren in Folge arbeiten wir (Sandra Hoitz ocean waves is analyzed by custom-written unnatural habitat, in a dignified retreat or / Stefanie Pürschler) an der Projektreihe Kunst- video tracking software which detects the pat- perhaps making gracious headway. Is this the marktforschung. Ein wichtiger Teil des Kunst- terns of light on top of the waves. These points only benign endgame possible? Fragility and marktes, die Kunstmesse wird aus unserer Sicht and their corresponding length and angle from vulnerability are emphasised through a quiet- und unter verschiedenen Aspekten erforscht an origin point change volume and filter para- ness that borders on silence - the geese’s vulne- und reflektiert. Jährlich zieht es uns zur Art meters of audio recordings of a droning human rability on concrete, and how easily the intruder Cologne, die wir stellvertretend für Kunstmes- voice. Also exhibited as a four-channel video could scatter their assembly. Optica 08, Spain / sen und ihre Marktstrukturen im allgemeinen installation, this piece explores the relationship Traverse Video 09, France / Re:New 09, Den- ausgesucht haben. Vor Ort ist unsere Arbeit an between the natural world, data, and poetic mark / Quildford Lane Gallery, Australia *Van- eine Aktion gekoppelt, welche später als eine images. Created during a fellowship at Harvest- couver ungewöhnliche Art der Videodokumentation works in NYC with generous assistance from weiterverarbeitet wird. Inhaltlich geht es um die Zach Seldess, Carol Parkinson, and Hans Tam- Wechselwirkungen zwischen Markt, Künstler, men. Screened as part of the exhibition „Altered Betrachter und Kunstwerken. Bis jetzt entstan- Landscapes“ at Salisbury University Electronic den Teil 1 - 4 der Projektreihe, diese sind erst- Gallery mals 2008 als eine Art trojanisches Pferd, auf *Lincoln USA der Art Fair Messe in Köln der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Art Fair 09, Köln / Moving Monday, Black Box, Düsseldorf / art entre quat- re murs, Toulouse *Düsseldorf

Ruhe sanft mein holdes Leben Alexander Braun 6:00 2001 / Foyer, Monitor 4:3 Das Video wurde an einem kalten Wintertag im »Junker-Haus« in Lemgo gedreht. Das von Karl Junker (1850– 1912) ab 1889 gebaute, be- Human - Animal wohnte und von ihm bis zu seinem Tode über Markus Mußinghoff und über mit Schnitzwerk, Bildtafeln und Mö- 50:00 1997/2006 / Appendix beln versehene Haus gilt weltweit als eines der Projektion auf Leinwand; Der Film zeigt die bedeutendsten Beispiele für »Outsider-Art«. Im Dokumenation einer Musiksession mit drei Video von Alexander Braun bilden sich kleine Aborigines und zwei polnischen Künstlern. Nebelschwaden über dem Kopf der ruhenden Aufgenommen wurde diese Sequenz 1998 in Filz-Figur, die sukzessive von ihr eingesogen Melbourne während des Ausstellungsprojek- werden. Die Zeit scheint rückwärts zu laufen. tes „6. Construction in Process - The Bridge“. Begleitend ist eine Arie aus Mozarts 1779 kom- Nach meinem eindringlichen Bitten kam es zu ponierter und unvollendet gebliebener Oper dieser Session. An diesem Abend kamen noch »Zaide« zu hören: »Ruhe sanft, mein holdes Le- zwei weitere Improvisationen zu Stande. 2006 ben, schlafe, bis dein Glück erwacht«. lud mich Terry Buchholz ein, an ihrer Einzel- Courtesy Galerie Clara Maria Sels *Bonn ausstellung „Barfuss“ bei den Fluxus-Freunden Wiesbaden als Gast teilzunehmen. Ihre Vorstel- lung war es, einen Teil ihrer Installationen mit meinen Videoarbeiten zu kombinieren. Hierfür entstand u.a. Human-Animal. Der gesamte Film reiht Szenen von Menschen und Tieren aneinander. Menschen, die ich hauptsächlich während meiner Aufenthalte in Indien und Australien filmte und mit Nahaufnahmen von Tieren in Indien, Israel und dem Duisburger Zoo kombinierte. Insgesamt entstand für mich daraus eine intensive Erzählung kreatürlichen Lebens ohne zusätzlichen Kommentar. *Düsseldorf 30 12:00 - 24:00 Loops 7

Keeping Mom Spirits of Wasteland Dummies Petra Warrass Maayke Schurer Mina Bellack 4:50 2009 / Appendix, Projektion auf Leinwand 13:00 2009 / Foyer, Bildschirm 16:9 3:38 2009 / Foyer In dem Video Keeping Mom sieht man eine voll- This piece is generated out of an interest in Filmschleife in digitalem Bilderrahmen formatig aufgenommene Rauhfasertapete, die das recreating landscapes effected by the human Der Verzicht auf eine Tonebene verschiebt die Flimmern eines Fernsehers reflektiert. Mit dem presence in a nostalgic, creepy, haunting, mys- vorgeführten Kampfübungen in andere Deu- Flimmern setzt gleichzeitig eine dramatische Mu- terious and spiritual manner. While I aim as tungen. With kindly permission of Erik Paulson sik ein. Violine und Klavier beschreiben eine emo- much as possible to convey these with a sense tionale Situation, die man in dem Film vermutet. of magic and beauty, realism is of great impor- Nach einiger Zeit erscheinen Untertitel. Kurze tance to me. It is hoped that through suspen- Dialoge, die auf zwei Personen hindeuten. Es hört ding disbelief one might gain a perspective on sich an, als wären die beiden auf der Flucht. Basis our environment presence. *Glasgow für dieses Video ist ein Ausschnitt aus Terminator 2 – Tag der Abrechnung. Alle Terminator-Filme beruhen darauf, das Leben und Schicksal einer bestimmten Person zu schützen. Das Leben von John Connor, dem vermeintlichen Menschenret- ter der Zukunft. Keeping Mom dreht sich um das Verhältnis zwischen John und seiner Mutter. Die Kombination aus Wand-Reflektion, Dialog und Unruhe Musik lassen den Betrachter eine andere Geschich- Harald Hofmann te assoziieren. Ohne Kontext und sofortiger visuel- 60:00 2005 / Theatersaal, Monitor 4:3 ler Erkennungsmöglichkeit des Filmes Terminator Der Film beginnt mit der Einstellung zweier wird der Sohn – John – zum Beschützer der Mut- weißer Luftballons, die an einer Schnur von 69 ter. kürzlich: Arbeitsstipendium Filmlaboratori- einem Punkt an der Decke abgehängt, vor der Peter Simon um Filmwerkstatt Düsseldorf / „ganz ist nie eins“, Wand ca. 30 cm unbeweglich voneinander 6:30 2008 / Foyer, Monitor 4:3 Maler-Zang-Haus, Birkenfeld / Wenz n‘Warras, entfernt stehen. Im Laufe der Filmdauer von In Anspielung auf die Symbolik der Ziffer 69, Galerie Oberwelt Suttgart / Focus Photografie, 60 Minuten bewegen sich die beiden Ballons die, egal wie herum man sie dreht, dieselbe Zahl Galerie Bode, Nürnberg / Le Festival International aufeinander zu, bis sie sich zum Schluß be- ergibt und sich gegenseitig „umkreist“, dreht des Arts Visuels a‘Abidjan, Elfenbeinküste / u.v.m. rühren. Mit einer Festeinstellung, ohne Schnitt sich die Videoarbeit ebenfalls um sich selbst. *Düsseldorf nur durch die statische Aufladung der Ballons Psychedelisch – halluzinatorische Bildwelten und der entsprechenden Energienivellierung entfalten sich im Aufnahmefenster einer Vi- kommt dieser Vorgang zustande. Zudem gibt deoschnittsoftware, während die Kamera eben es während der gesamten Laufzeit keine akus- jenes rückgekoppelte Signal im selben Augen- tische Untermalung, es herrscht Stille. Bisherige blick aufzeichnet. Die Videoarbeit „69“ wird so Ausstellungen, in denen der Film gezeigt wurde: zum Dokument dieses „Trips“ und liefert damit „STEHEND GEHEND“ Museum of Contem- auch gleich den Beweis, dass digitales Bildsig- porary Art, Novi Sad, Serbien - 2005 / Jahres- nal doch nicht „rauschfrei“ ist. Dabei kann man treffen des Internationalen Künstler Gremiums, sich der hypnotischen Sogwirkung von „69“ Estnisches Architekturmuseum, Tallinn, Est- nicht entziehen und gerät unweigerlich in den land - 2005 *Düsseldorf Strudel der Bilder. In tunnelartigen Treppenläu- fen führen sie zunächst scheinbar endlos und labyrinthisch wie Piranesische Unterwelten tief in den Rechner. Unterstützt von den schweben- den Klängen der Musik und den Geräuschen, die alle Originalgeräusche aus F.F. Coppolas „Apocalypse Now“ sind, entstehen neue Bilder vor dem inneren Auge. EMAF European Media Art Festival Osnabrück / Art Cologne 09 *Köln

31 Bild: Heaven Baek Spirits of Wasteland* Von John Calcutt

32 „“John,” this is how it often begins. “John, how is very cheap. It’s Glasgow’s Bateau-Lavoir.) Something else from the past: In 1988, the MFA do you account for the extraordinary success of “What’s in your bag?” “Video tapes.” “Wow! programme at Glasgow School of Art opened its the Glasgow art scene over the last twenty years Neat!” “Oh, look: here comes Douglas [Gor- doors (although, strictly speaking, it was called or so?” My mind freezes. It’s understandable, don]. Hi Douglas! What’s in your bag?” “Video the MA in those early days). Lasting two years I guess, that people are interested in how and tapes.” “Wow! Cool!” “Is that Roddy [Roderick (allowing more time for experimentation, ex- why this city on the geographical fringe of Eu- Buchanan] heading towards us? Yes, it is. Hi ploration and, occasionally, for barking up the rope managed to find itself as one of the cultural Roddy! What’s in your bag?” “Video tapes. wrong tree), the MFA was set up as a multi-dis- centres. It does, after all, seem rather unlikely. Now fuck off.” “Wow! Super!” ciplinary course. It was (and still is) not unusual But do I have an explanation? Is there an ex- for a student to begin the course as a painter, planation to be had at all? The answer to the All of a sudden, everyone’s at it. VHS tapes have a sculptor, a printmaker or a photographer and first is, “not really.” The answer to the second is, replaced canvas and plaster (for example) as the wind up as a video-maker. In fact, as the hard- “take your pick.” In the one case - the first case, new medium. Well… not exactly: They have ware and software of video production become my case – the problem may be that I have been supplemented canvas and plaster (for examp- increasingly available, there are probably very knocking around Glasgow and the Glasgow art le). All of these young men, artists at the start few students these days who haven’t tried their scene since 1987. Perhaps I am too close to gain of their careers, had recently studied in the En- hand at making a film at some point during a proper critical perspective. In addition, I don’t vironmental Art department at Glasgow School their studies. And all of them, during the course have the kind of mind that easily finds patterns of Art. (The success of the Glasgow art scene is of group critiques, will have critically engaged among the heaps of incidental details. In the due to the Environmental Art department at with video at regular intervals. It is inescapable other case, the second case, it may be that the Glasgow School of Art.) Set up by David Har- where I live. histories and explanations on offer are written ding in the mid 1980s, the Environmental Art by those who visit the city with the express pur- department was intended to specialise in public In 2003 Scotland was officially represented at pose of writing such histories and explanations. art and site-specific practices (“Context is half the Venice Biennale for the first time. Alongside Perhaps, as visitors, they are not close enough: the work” was the department’s unofficial mot- the main exhibition featuring three artists wor- perhaps patterns come more easily – too easily to, borrowed from the Artist Placement Group king in sculpture/installation, the curators also - to their minds because those minds are not so founded in 1966). In practice, however, many organised a series of parallel projects, including crowded with indiscriminate details. of the students were attracted to the department the screening of films by ten young artists. In not so much for its socially-engaged principles, the following Venice Biennale (2005) Scotland I have heard all of the following – or did I invent but rather for the fact that it did not prescribe was represented by four young artists, none of some of them? The success of the Glasgow art any particular medium: it was not a painting them Scottish. There are two relevant points to scene is due to Glasgow’s industrial heritage and department (although you could make pain- be drawn from these facts: the status of video its working class traditions (technical skills + an tings); it was not a sculpture department (alt- art in Scotland at the beginning of the 21st was entrenched work ethic = well-crafted, ‘serious’ hough you could make sculptures); it was not such that it could represent the nation’s artistic works of art). The success of the Glasgow art a photography department (although you could achievement at the highest international level; scene is due to the city’s love affair with alco- make photographs); it was not a performance to qualify as “Scottish” art, the artists themsel- hol (drink, talk, drink, discuss, drink, get pas- art department (although you could stage per- ves did not need to be Scottish (the fact that the sionate, drink, argue, drink, fight, drink, learn formances). work is made in Scotland – that it is the product the value of opposing positions). The success of a particular cultural situation – is enough). of the Glasgow art scene is due to its distance And it was not a film department – although from London (the traditional centre of the UK you could make films (i.e. videos). And many “John,” this is how it ends, “do you have a con- art world will never pay much attention to what of them did – often, in the early days, to docu- clusion?” “Sorry, but no. Perhaps you could read happens more than 50 miles away, so let’s stop ment performances. As for the performances, Isla Leaver-Yap’s article on the state of video art fretting over their lack of recognition and sim- they frequently involved music. (The success of in Scotland in Map magazine, issue 7, autumn ply get on with things in our own way.) The suc- the Glasgow art scene is due to the close links 2006 (it’s available online). That might tell you cess of the Glasgow art scene is due to the lack between artists and musicians, the Glasgow mu- more. Or perhaps we could discuss the idea that of a developed commercial art scene (the arrival sic scene being as intense, vibrant and densely the success of the Glasgow art scene is due to the of commercial galleries dealing with new, young populated as the art scene. All artists want to be ice cream parlours and chip shops opened by art in Glasgow is relatively recent, and still fairly musicians – they envy the access to potentially Italian immigrants to the city in the 1950s. It’s limited. The Modern Institute was founded in huge audiences: all musicians want to be artists all to do with cultural integration and assimila- 1998; Sorcha Dallas opened in 2004, Mary Mary – they envy the cultural prestige.) There, in grai- tion. Look at the artists representing Scotland in 2006.) Consequently, there is no great urgen- ny VHS, is Ross Sinclair teaching Dave Allen in this exhibition: they come from South Korea, cy to make work for galleries: there are hardly how to play Stairway To Heaven on the guitar. Germany, Japan, Canada, the Netherlands (via any galleries. The field is open for experiment Here is Jonathan Monk, dressed only in shorts Canada), England, the USA. They are also, as it and risk. The main sites of expectation are not and trainers, jumping repeatedly into shot from happens, painters, photographers, printmakers, constituted by buyers, but by fellow artists (fel- off-camera to head-bang his way through some performance artists and sculptors. Who? Me? low students, in many cases) and by public fun- three-chord thrash provided by Dave Allen and No, I’m English. I just write this stuff.” ding bodies; the former want debate; the latter Douglas Gordon. This is our heritage. demand purpose. John Calcutt is Acting Programme Leader for Before we move on, let’s not forget two impor- the MFA programme at Glasgow School of Art. “Hi John!” (It’s a different John this time, not tant fringe benefits of video. In a situation whe- me. It’s actually a fictional version of John Shan- re there are no commercial galleries to speak of *Der Titel dieses Artikels ist dem Video von kie. We’ve also taken a step back in time, to the (i.e. Glasgow pre-2000) the fact that videos can Maayke Schurer entnommen. Die Videos der early 1990s. We are, in this imaginary conver- be awkward for the art market to deal with is KünstlerInnen des MFA-Programm der Glas- sation, standing on Hill Street in the Garnethill not so much of a problem. In a situation where gow School Of Art auf folgenden Seiten: district of Glasgow, only a block or two away many of your exhibiting opportunities might be Heaven Baek / Seite: 44 from the famous Charles Rennie Mackintosh with low-budget, independent spaces in other Jason Dee / Seite: 8, 44, 50 Glasgow School of Art building on Renfrew countries (i.e. Glasgow post-1990) it’s a lot ea- Anna Henson / Seite: 35 Street. All of the characters are real, but they sier, and cheaper, to send a video cassette – or a Katharina Kiebacher / Seite: 9, 26 don’t really speak like this; they all finished stu- disc, these days – than to ship a crated painting Maayke Schurer / Seite: 31 dying at the art school four or five years previ- or sculpture. Hirofumi Suda / Seite: 28 ously. Now they all live on Hill Street, which Corin Sworn / Seite: 10 33 18:00 Soziale Notationen

Pacto Femininum Gravity No Y Ane Lan Neringa Naujokaite Katrin Lössl / Patrick McCue 11:20 2009 13:00 2005 5:55 2009 By relating himself to the victimized female cha- In der Video-Projektion sieht man Flugobjekte Im Kurzfilm „no Y“ von Katrin Lössl und Pa- racters of traumas which are inevitable linked vor einem blauen, weiten Himmel und eine unten trick McCue kommentiert, anfangs unbeteiligt, to the history of the “other” sex, as being raped, durchs Bild laufende Textzeile, die ab und zu durch die Sprecherin ihren Zeugungsprozess. Es be- getting married, loosing ones baby child, beco- einen gesprochenen Text unterbrochen wird. ginnt mit dem Geschlechtsakt und endet mit ming a prostitute etc, Ane Lan cunningly mana- Bei diesen Texten berichten mehrere Personen der Vollendung des Mordplanes der Mutter ges to blur the relationship between victim and von ihren persönlichen Mobbing-Erfahrungen. an dem Vater. Fröhlich klingt der Tag mit der molester, thus suggesting that the heartfelt and Die Aufnahmen vom Himmel mit schwebenden Tochter - der älteren Schwester der Sprecherin supposedly sincere participation in the trauma Flugobjekten oder navigierenden Sportflugzeugen - aus. Sie hat ihrer Mutter als Überraschung ein of the female victims becomes as a participati- suggerieren den Eindruck von Schwerelosigkeit. Familienportrait ohne Vater gemalt, denn auch on in a larger ritual related to a psycho-social Sie erzeugen ein Gefühl von grenzenloser Freiheit. sie ist und will auch in Zukunft vaterlos -auf complex whose implications goes far beyond Auf der anderen Seite beinhalten sie aber auch wachsen. Die Musik und der Sound nehmen im the mere issue of gender and construction of die Gefahr abzustürzen. Märkisches Stipendium Film den Stellenwert eines Hauptdarstellers ein. identity. The music/sound is always the main für Bildende Kunst / Städtische Galerie Iserlohn Ohmrolle Cinecitta / Akademie der bildenden element in my work, which I always compo- / Chongqing Organhaus International Artists Künste Nürnberg *Nürnberg se myself. This is an important element in my Workshop / Between the Lines, Kunstverein Gü- work because it underlines the impression that tersloh / Städtische Galerie Lüdenscheid / Galerie the message presented derives from the point of Artists Unlimited e.V., Bielefeld *Düsseldorf view of an authentic person, a real person. The music/sound is always centred around the song and its lyrics performed by the human voice, in most cases my own voice. This indicates the personal and emotional presentation of the to- pics I address. This also relates to my heritage of the Nordic tradition, from the Viking age, when gathering on the “Ting”, an early form of democracy where the people of the county meet together on a certain place to trade, sort out af- No. 41 (pistol) fairs, and - most important - solve disputes bet- Hilda Daniel ween families or individuals. When presenting 0:41 2005 Dracula´s Diary their cases and addressing the conflict subjects, An experiment in sound, speed. Clips of noise Gul Ramani there had to be a “Skald” present. A “Skald” was mimic the isolation shared in crowds, the lo- 4:30 1980 a musician and a singer. This “Skald” would re- neliness of it– for the mentally ill, the home- Dracula´s Diary is an anti-war animationsfilm. peat all that was said on the “Ting” in vers form less in public exile, people wound tight or laid Using crayons on blackboard it weaves its as a song. The Vikings believed that if a thing hopelessly bare, trying to disappear. In No. 41, rhythmic magic.*Düsseldorf was not sung (presented through a song in a words fade in and out in passing, fugitive and vers form), it was not never said. The singing wild, more overheard than heard; sound/silence made the words come alive and gave them legi- punctuate like mysterious streams of utteran- timate power. Ane Lan participated in shows at ce: private psyche-dramas leaking into a public The Whitney Museum of American Art, Reiner sphere. I tried to capture the fragmentary, flee- Roterfelt Gallery and The 2005 Venice Biennale. ting intimacy we share with strangers in this *Klofta / N exile, its brief moments of clarity and recogniti- on. Oslo Screen Festival / Finalist at SXSW sou- th by southwest Filmfestival / one minute Film & Videofestival Switzerland *New York

34 Rehearsal Last Supper Griot Hug, Hang, Hunger Anke Schäfer Shelley Rae Dimitra Bourouliti 6:00 2007 5:56 2009 1:11 2009 Rehearsal Last Supper kombiniert eine Art Slap- The film Griot, is inspired by a story in my In that video work my idea was to create an stick-style Comedy mit Fragen nach Mechanismen family’s history. It is said that my ancestor Nor- ambiguous image. I wanted to choreographe der Aggression in menschlichen Beziehungen und man Green was born a slave in Virginia, he mar- battle-hug between a man and a woman. A hug ihrer Darstellung. Es ist ein südafrikanisches, mit ried, and when his first wife was sold, he mar- that one moment is sensitive and tender, and gemischten Paaren realisiertes Remake einer ried again.After Emancipation in 1863, he lived next moment it is violent and hard. Two flow- ähnlichen Szene, die Bruce Nauman in den 80er with both wives, putting his cap on the bed of ers grow up, two fragile flowers keep each other Jahren mit einem ‘weißen’, älteren, heterosexu- the person he would share the night with. I used erect, strong and whole. I wanted to show the ellen Paar inszenierte. Hier jedoch ist die Szene the sounds of crashing waves hitting a boat, al- important need of the other in your develop- mehrfach variiert, verstärkt mit für Südafrika luding to a slave ship from the past and further ment. The egoism that the lovers feel and the typischen diskriminierenden Schimpfwörtern. highlights Philippe Dubois‘ concept of cinema stupid certainty of the self that tries to convince In u.a. Afrikaans, Zulu, Xhosa, Englisch. Sie füh- as an apparatus of memory. Blues music began you that you don’t need the other. The difficulty ren die aggressiven Gesten und sind doch zugleich shortly after slavery ended, and the harmonic of love and care. The paused sound creates the auch endlos auswechselbar. Die sich steigernde riff gives a sense of place and time. Preview feeling of the no ending act. Like an alarm that Gewalt eskaliert auch visuell im Spiegel der media- Berlin Video art fair 2008 / Videa3 2009, Italy makes you sure about the danger of following len Vervielfältigung. - Die Stimme und der Körper *London and stopping the act. *Athen registrieren in jeder Zelle die ‘Gestalt’ von erleb- ter und internalisierter Gewalterfahrung, von Frustration und Angst. Die Mechanismen der Gewalt steigern sich darüber hinaus – bis zur Unkenntlichkeit und Unverständlichkeit – in den Mechanismen ihrer Darstellung, ein Patchwork von Mustern und undifferenzierten Klängen, die im versammelten Nebeneinander interessante „ka- putte Töne“ produzieren. The Bag Factory, Johan- nesburg / „Be Welcome“ Solo-Ausstellung Kunst- halle Lophem, Belgien / EMAF, European Media Art Festival 2008 *Maastricht Zentrum Forschung und Technik Kerstin Bohlin 5:39 2009 Das Blaue vom Himmel aus den Geschichten der kleinen Kuh. Die Giulia Bowinkel Vertonung meines Films „Zentrum Forschung 4:22 2009 & Technik„ basiert auf vorherrschend stim- Darsteller: Friedemann Banz, mungsvermittelnden Techniken der Tonkom- Musik: Giulia Bowinkel position. Mit Hilfe der Mood-Technik möchte Das Auf-Steigen eines Mannes ist in diesem ich die eingeschränkten Möglichkeiten der Fi- Film als isolierte Handlung mittels eines zeitlich guren in Bezug auf Bewegung und Ausdruck begrenzten „Loops“ dargestellt. Die für diesen erweitern. Das heißt: steife Abläufe des Bewe- Kurzfilm komponierte elektronische Musik gungsapparates und die „starre Physiognomie“ in Form von aneinander gereihten Loops soll As It Was Between Them der figürlichen Darsteller sind mit zielgerichteten den minimalistischen Film-Rhytmus betonen. Anna Henson Soundpattern expressiv belebt und deren innere *Düsseldorf 12:08 2009 und äußere Eindrücke als Gefühl musikalisch As It Was Between Them takes place over three repräsentiert. Sonetatt Theater (Previewversion acts, or episodes, employing a specific vocabulary und Installation) *Düsseldorf of movement developed through improvisation drawn from physical theatre, pedestrian actions, and dance. The work blends the experience of live performance with cinematic and photographic imagery and draws influence from the film noir genre, most specifically the films of Alfred Hitch- cock and the landscape, both exterior and dome- stic, of the Scottish Highlands. The work scrutini- zes gender behavior, manipulation, and exchanges of power within relationships, as well as the multi- plicity of identities that can be inhabited by a wo- man. This is the second major work to come out of a collaboration between Anna Henson and the Scottish composer Kirsty Blackwood. *Glasgow 35 19:30 Erinnern und Berühren

The Beautiful Garden Silent Stay Rendez-vous mit einer Toten Jonathan Franco Ebertbrothers Pauline Flory 4:15 2007 2007 9:30 2008 3:00 The garden that is a mere scenario in five old A young person returns to a house in the Nach dem Tod seiner Geliebten versucht ein black and white anonymous photographs, att- countryside to spend the weekend on his own. Mann die Erinnerung von ihr wieder Gestalt empts to capture moments of leisure between Through patience, connecting cables and a gewinnen zu lassen. Der Ton besteht aus Geräu- a father(?) and his three children(?), becomes swing he seems to discover a long lost part schen (Dieter Hebben) und zwei Stimmen (Julia the core of all attentions, dominant in splend- of himself. The Ebertbrothers are Axel Ebert Holmes, Jürgen Hartmann). Bei der Vertonung our and life. Space seems to expand freely re- and Michael Ebert.Their videos are screened wurde versucht, die seltsame Atmosphäre eines leasing beauty and poetry contained within all on film- and videoart festivals throughout the intimen und irrealen Augenblicks darzustellen: the natural forms. The human issue reveals to world. *Berlin Traum und Realität, Verlangen und Verlust, be secondary, almost a background but strange- Glücksklang und Stille, Leben und Tod. Ani- ly haunting and mysterious. The sound allures madrid 2008, Citia Annecy 2009, Dok Leipzig the viewer to the images like the scent of a flo- 2009 *Köln wer seduces the insect. Screened at: Asolo Art Film Festival, Italy / Rotterdam Int. Film Festi- val / 30th Festival Int. Cinéma Méditerranéen, Montpellier / VIDEOEX Experimental Film and Video Festival, Zürich u.v.m *Lissabon

Reiter Anne Wissmann 0:22 2009 Ein Pferd und sein Reiter stehen in einer Land- Mein Gott ist die Schönste schaft. Das Pferd macht unruhige Bewegun- Julia van Koolwijk gen und wirft sich plötzlich ohne ersichtlichen 5:13 2008 Grund nach hinten. Erst mit der plötzlichen mit Antje Barnickel und Herbert Willems. Die Bewegung des Pferdes setzt der Ton ein. Das Aufgabe, sich gegenseitig Dankbarkeit zu er- Memory(s)capes Geräusch sagt viel über die Beschaffenheit und weisen, sich gegenseitig in dieser Weise in den Henrique Roscoe Schwere der beteiligten Körper (Pferd, Reiter Körper des anderen (ein/auf ) zu schreiben, war 2:29 2008 und Untergrund) aus und vermittelt sie sinn- Ausgangspunkt dieses 5 Min Films. Die Über- Landscapes of memory fade away in time. Both lich. Es verhält sich allerdings nicht homogen lagerung von Haut und Schrift, eigenem Abbild sound and image are generated in real time as zum Material und stellt es daher fremd und un- und Abbild und Tun des Anderen lässt eine ent- the notes are played on the keyboard. The in- erwartet dar. *Düsseldorf spannte Nähe zu, die uns doch tiefen Einblick tensity of each note creates different shapes that in die Geheimnisse des Miteinander der beiden disappear in the horizon. The crescent noise on Darsteller gibt .*Düsseldorf the second part of the video symbolizes confusi- on and loss of memory during life. The video is a recording of a live performance with no further editing. Athens Video Art / Palazzo Barberini, Italy / Computational Aesthetics, Canada / FILE Rio, Brazil *Belo Horizonte / Brazil

Holunder Julia Alberti 5:06 2009 Der Holunder tanzt mit mir im Himmel. Er begleitet mich auf meinem letzten Weg, lovely sadness. Kürzliche Ausstellungen: Künstlerdorf Schöppingen / Die Junge Akademie Berlin / Os- trale Dresden / *Düsseldorf

36 Segment 38:07 Incidental Melodies Die Geburt des Homunculus Hilda Daniel Sally Grizzell Larson Evelyn Arndt und Peter Stevens 0:38 2008 4:11 2009 2:24 2006 Experimental entomology, phonology-linguis- When a woman’s fantasy spirals out of her Aus Faust II nach Johann Wolfgang von Goethe tics, power, abuse and sex in 38 seconds or less. control, her immediate response is to stop the Homunculus ist ein künstliches Menschlein, wel- In Segment, I have taken a small bit of archi- camera. Incidental Melodies focuses on our ob- ches als Produkt alchemistischer Magie entstanden val footage and, reprocessing stripped sound session with mediated experiences, specifically ist. Es wird aber in der klassischen Philosophie microbits from film and record (the punk clas- how the act of recording illuminates rather than generell mit dem Prozess der Wahrnehmung in sic, ‘oh bondage, up yours’) - reducing them to dictates the possibilities of the mythic self, whe- Zusammenhang gebracht. Er steht als ein Zeichen more expressive guttural sounds - exposed an re artifice may collide with harsh reality, but the für die innere Projektion im menschlichen Gehirn. overlooked narrative from the original film (the narrative can be halted at any time. Sally Griz- Die Goethesche Variante des Homunculus wurde helpless protest of the little creature) and created zell Larson is a filmmaker, photographer, and hier aufgegriffen um dem Entstehungsprozess ei- a new narrative thread with broader implica- screenwriter living in Philadelphia. Previous nes künstliches Wesens beizuwohnen. Entstanden tions. The original children’s science film foot- film festivals/presentations include Rencontres in Zusammenhang mit einem Dokumentarfilm age is transformed by this sound. Oslo Screen internationales Paris/Berlin/Madrid; Newfilm- über das 22. Kinder und Jugendtheatertreffen in Festival / Finalist at SXSW south by southwest makers, Anthology Film Archives; Image Fo- NRW, am Kinder und Jugendtheater - des Düssel- Filmfestival / one minute Film & Videofestival rum Festival of Experimental Film and Video, dorfer Schauspielhauses im Mai 2006 *Düsseldorf Switzerland *New York Tokyo *Philadelphia

Not with standing Motholic mobble part 4 therapeuticals nr. 4, 8 und 9 Sonia Armaniaco Kaia Hugin Ute Reeh 5:03 2009 6:12 2009 4:48 2008/9 This blackn‘ white story has no linear editing (cut “The mobile motholic” may be described as “the Visual Therapies verführt zur Begegnung mit ups) and scrolling text of Shakespeare‘s Sonnet 47. movement between the space we are unable to sich selbst und zur verletzlichen Schönheit, The ghostly-etheral elemenet becomes the main see and the space we are unable to reach”. The Komik, und Unwägbarkeit des Lebens. Die An- one, the music makes it real even more. Festival of soundscape and the images relate to an abstract maßung des Titels ist eigenständiger Bestand- Nations, Austria / All Art Now, Damasco / *Genua narrative where time is floating. The video piece teil der Arbeit. Menschen in ihrer Nacktheit is part of the Motholic mobble series themati- schwimmen, kriechen, schwanken, fliegen über cally orbiting various questions related to hu- die Bildfläche. Diese kann fließen, sich teilen, man condition. Movement, space, humor and öffnen, die Farbe wechseln. Animierte Bleistift- horror are key instruments. BUU: Bureau for linien treten in einen Dialog untereinander, in Unstable Urbanism, Cologne / Oslo Kunstfore- Beziehung zum Betrachter und den Körpern. ning *Bergen, N Der Ton als dritte Handlungsebene nutzt Ori- ginalgeräusche im Kontrast zu Stille. Tierische Laute berühren die eigene Körperhaftigkeit. therapeuticals sind Teil des Filmprojekts visual therapies, gefördert durch das Filmlaboratori- um, Studio für zeitgenössische Film- und Vi- Sweet deokunst, Düsseldorf. *Düsseldorf Matthieu Cherubini 3:47 2009 Sweet is themed around two natural elements the wa- ter and the forest. Those elements were mainly used to produce the movie, both in the sound and in the visual part. A short-movie which mixes an old looking It‘s a poor sort of memory that only works style (inspired by 1920’s avant-garde movies) and new backwards technologies such as some light special effects, stop- David Buob framing... MUV - Music & Digital Art Festival Florenz 2:25 2009 / OFF Oblò Filmfestival Lausanne *Bex / Ch Motorenhalle Dresden / Uferhallen Formation Berlin / Xperimental Zypern / Cinanima Portugal *Berlin 37 Bild: Makroaufnahme eines Einzelbildes eines Tonfilms Quelle: Deutsche Fotothek Vom Sehen des Tons Bild-Ton-Differenzen in der Filmgeschichte von Frauke Tomczak

Vorstellung des Themas und 1. These: Die Bild- und Atmo werden beim ersten, unmittelbaren eigenständigen Bedeutungsträger wird. Gilt doch Ton-Differenz als Technik der Verfremdung Sehen eines Films meist unbewusst wahrgenom- für alle Ästhetiken der Moderne, besonders aber men und erschließen ihre Bedeutungsfunkti- für die Formen, die die historischen Avantgarden Wenn vom Ton im Film die Rede ist, muss onen und ihre emotionalen Valeurs erst dem ausgeprägt haben, die Brechung gewohnter Nor- grundlegend vorausgeschickt werden, dass die zweiten, analytischen Blick. Die folgende kurze mierungen der Wahrnehmung oder die „endau- Tonspur sich aus drei Elementen zusammen- filmgeschichtliche Betrachtung beschäftigt sich tomatisierte Wahrnehmung“ als ihr ästhetisches setzt: 1. aus dem Geräusch und der sogenannten nun umgekehrt mit Beispielen, in denen sich die Zentrum. Atmo, 2. aus der menschlichen Sprache und 3. Tonspur bemerkbar macht: entweder durch eine aus der Musik. Die Filmmusik ist ein eigenes Ka- offensichtliche Bild-Ton-Differenz, oder durch pitel und bleibt in dieser Betrachtung ausgespart. die Intensivierung eines einzelnen Tones oder Das „Manifest zum Tonfilm“ und seine Hinter- Die menschliche Sprache liefert nicht nur zentra- Geräusches, oder durch andere Formen der Ver- gründe le Informationen für die Filmhandlung, sondern fremdung im Bild -Ton-Verhältnis. Gegenstand treibt sie auch voran, charakterisiert darüber hi- sind also Beispiele, in denen sich der Ton vom Vor diesem ästhetischen und filmästhetischen naus die Protagonisten und gewährt Einblicke Fluss der Bilder befreit, das konventionalisierte Hintergrund ist die Skepsis nicht verwunder- in ihre Innenwelten – ihre Emotionen, Erinne- Bild-Ton-Verhältnis stört, auf diese Weise die lich, die ausgerechnet seitens der russischen rungen, Wünsche und Gedanken. Filmmusik gewohnten Normierungen bricht und zu einem Filmavantgarde gegenüber dem Tonfilm formu- liert wurde: in dem berühmten „Manifest zum subjektive – bis zur Präzision der Kadrierung, zu tun haben, weil er die Schauspielerei in dem Tonfilm“ (1928), unterzeichnet von Eisenstein, der Wahl und Veränderung des Bildausschnitts. von ihm sogenannten „Kunstdrama“ rigoros Pudowkin und Alexandrow. Der Ton galt ihnen Mit anderen Worten: Ausgerechnet in dem his- ablehnte: „In Taumel versetzen und suggerieren deshalb als „zweischneidige Erfindung“, weil torischen Augenblick, in dem die bildsprachli- – das sind die Hauptmethoden der Wirkung des er, wie sie richtig vermuteten, zwei ästhetische chen Mittel des Films in ganzer Breite entwickelt Kunstdramas, und das bringt es in die Nähe der Versprechen transportierte, gegen die sie am waren – man konnte quer durch Raum und Zeit Wirkung religiöser Art“ schreibt er schon 1926 heftigsten gekämpft hatten: die Perfektionierung springen, Bewegung nicht nur einfangen, son- und in demselben Manifest „KINOGLAZ“: des Naturalismus und die Perfektionierung der dern intensivieren, subjektivieren und simulie- „Wir brauchen bewusste Menschen und keine Illusionsbildung. ren, man konnte Befindlichkeiten, Emotionen, ja bewusstlose Masse, die der nächstbesten Sugges- Gedanken, also Innenwelten und Träume visuell tion erliegt.“ und zusammenfassend: „Statt Le- Eisenstein hatte bis dato in seinen Filmen und darstellen – also auf dem Höhepunkt der visu- benssurrogaten (Theateraufführung, Filmdrama den sie begleitenden Manifesten immer neue ellen oder bildsprachlichen Möglichkeiten des usw.) sorgfältig ausgewählte, fixierte und orga- Formen für seine „dialektische“ oder „Kon- neuen Mediums, das eben solcherart seinen An- nisierte Fakten (große und kleine), aus dem Le- trast-Montage“ gefunden. Ihr Zentrum: der spruch, die 7. Kunst zu sein, mühsam aber erfolg- ben der Werktätigen selbst ebenso wie aus dem Zusammenprall zweier gegensätzlicher Bilder reich errungen hatte, kam der T O N. Vor diesem Leben der Klassenfeinde.“ Sein konsequentes sollte durch ihren Kontrast eine Erkenntnis im filmgeschichtlichen Hintergrund erscheinen die Plädoyer für das Faktum machte zugleich seinen Zuschauer auslösen. Diese „Kontrast-Montage“ Bedenken der russischen Filmavantgarde alles Disput innerhalb der russischen Avantgardesze- war zugleich extrem antinaturalistisch wie im- andere als irrational. ne, speziell mit Eisenstein aus, der in seinen Re- mer wieder auf die Zerstörung der Illusionsbil- volutionsdramen zwar oft Laiendarsteller, aber dung angelegt, nicht nur, weil sie einen aktiven Die praktischen Konsequenzen einer techni- auch professionelle Schauspieler einsetzte. Zuschauer forderte, sondern auch weil die unge- schen Innovation wöhnlichen, schockierenden oder irritierenden Die Kühnheit seines dokumentarischen Projekts Bildkombinationen auf das Medium Film selbst, Abgesehen von filmästhetischen und filmge- „Enthusiasmus. Donbass Symphonie“, SU 1930, also auf das, was der Film damit sagen oder zum schichtlichen Fokussierungen kam die Einfüh- ist kaum hoch genug einzuschätzen. Hatte er Ausdruck bringen wollte und nicht etwa auf rung des Tonfilms in der Praxis einem beispiel- doch über den Berg an technischen Problemen ein illusionistisches Abbildungsverhältnis zur losen Systemwechsel von orkanartigem Ausmaß in der immerhin berechenbaren Studioproduk- Wirklichkeit hinwiesen. Ähnlich präzise hatte gleich. In ihrem Grundlagenwerk zum Tonfilm tion hinaus mit der Unberechenbarkeit der Re- Pudowkin an seiner antinaturalistischen Mon- „Sound Design“ (Zürich 2001) beschreibt Barba- alität in der „life“-Produktion zu tun. Getreu tage der Dramatisierung, der Auslassung und ra Flückiger diese Zeit von 1927 – 31 für Holly- seines Fakten-Primats war sein Ehrgeiz, wie er der Symbolisierung gearbeitet. Deshalb geben wood folgendermaßen: „Im Zentrum des Orkans 1931 nach Fertigstellung des Films schreibt: die die russischen Filmavantgardisten in dem ge- stand der Toningenieur, der seine Erfahrung im „kategorischen Behauptungen von Tonspezia- nannten Manifest ihrer Befürchtung Ausdruck: Rundfunk oder in den Laboratorien der Telefon- listen und Fachleuten aus der Filmproduktion „Eine falsche Auffassung von den Möglichkeiten und Telegraphgesellschaften gesammelt hatte (der einheimischen wie der ausländischen)“ zu innerhalb dieser neuen technischen Entdeckung und nun in die Filmindustrie verpflanzt wurde. widerlegen, „dass man Ton auf Film nur unter könnte nicht nur die Entwicklung und Perfektio- Der Regisseur Frank Capra berichtet aus eigener speziellen Bedingungen eines abgeschirmten nierung des Films als Kunst behindern, sondern leidvoller Erfahrung: „Der Tonmann war damals Ateliers aufzeichnen könnte und müsste“. sie droht auch alle seine gegenwärtigen forma- eine echte Primadonna (…) Er trug immer riesi- len Leistungen zu zerstören.“ Dieser Bedrohung ge Kopfhörer und bestand darauf, dass seine Oh- Mit dem eben erst entwickelten russischen Bild- kann, so das Manifest, „nur eine kontrapunkti- ren jeden Tag um vier Uhr vom Arzt ausgespült Ton-System Schorin fährt er in die Industriege- sche Verwendung des Tons“ oder, an anderer wurden.“ Kameramann Hal Mohr: „Wir waren biete der Ukraine und produziert dort den ersten Stelle, „seine deutliche Asynchronisation mit den schrecklich eingeschüchtert von den neunmal- Synchron – O – Ton der Filmgeschichte. Schon visuellen Bildern“ entgegen arbeiten. klugen Experten, die in unsere Studios kamen, die Beschreibung der Aufnahmesituation gibt um uns zu erklären, wie wir unsere Stummfilme einen Eindruck von den gigantischen Ausma- Warum wird die technische Innovation der Ton- vertonen sollten. (…) Der Tonmann war damals ßen des Projekts: „Dieser letzte entscheidende spur nicht als Bereicherung, als Erweiterung die oberste Gottheit auf dem Set.“ Die Arbeits- Monat unserer Tonaufzeichnungsarbeiten ver- der Möglichkeiten des Mediums Film gefeiert, abläufe wurden durch die Einführung des Tons ging in einer Umgebung von Rasseln und Don- sondern im Gegenteil als potentielle Zerstörung erheblich gestört. Regisseure und Techniker nern, zwischen Feuer und Eisen, in von Klängen seines Kunstcharakters wahrgenommen? Die mussten plötzlich in Grabesstille arbeiten. Ka- erzitternden Werkhallen. Tief unter der Erde Gründe dafür liegen nicht allein in den antinatu- meramann und Kamera wurden während der kriechend, in Schächten, auf Dächern dahinra- ralistischen und antiillusionistischen Filmästhe- Aufnahme in ein großes, schalldichtes Gehäuse sender Eisenbahnzüge drehend, haben wir end- tiken der russischen Avantgarde und nicht allein gesperrt. Die Aufzeichnung des Tons erforderte gültig mit der Starrheit der Tonaufnahmekamera in der expressiven Vielfalt, die die beiden großen sowohl eine konstante, als auch eine auf 24 Bilder Schluß gemacht und zum ersten Mal in der Welt russischen Filmer Eisenstein und Pudowkin auf pro Sekunde erhöhte Geschwindigkeit. Die grö- dokumentarisch die Geräusche und Klänge des dem Feld der visuellen Montage erarbeitet hat- ßere Geschwindigkeit hatte kürzere Belichtungs- industriellen Reviers (Klänge der Schächte, Wer- ten. Es ist eine denkwürdige List der Filmge- zeiten zur Folge, das erforderte 50% mehr Licht ke, Züge usw.) fixiert.“ Ein kurzer Blick in den schichte, dass der T o n ausgerechnet in dem und erzeugte entsprechend mehr Hitze am Set. 3. Teil der „Donbass Symphonie“ – Dokumen- Moment auf den Plan trat, als die Entwicklung Die Kohlebogenlampen, die bis dahin üblich wa- taraufnahmen der Kohle- und Stahlproduktion, der wesentlichen v i s u e l l e n filmtechnischen ren, mussten ersetzt werden, weil sie brummten.“ dann der Landwirtschaft – bestätigt die atem- Mittel abgeschlossen war. Ich stimme mit David Über diese Kumulation von technisch-prakti- beraubende Entsprechung von Aufwand und Bordwell darin überein, dass Ende der 20iger schen Schwierigkeiten bei der Filmproduktion Ergebnis: Wir sehen schwebende Loren vor ei- Jahre die Palette der visuellen filmtechnischen hinaus, hatte der Tonfilm zugleich einschnei- nem Himmel mit jagenden Wolkenfetzen, einen Mittel vorhanden war. dende Konsequenzen für die Schauspieler: ganze riesigen Schlaghammer, der von drei Männern Starkarrieren gerieten ins Wanken, weil die Farbe gleichzeitig geführt wird, einen weiteren Arbei- Gerade aufgrund der Abwesenheit der Sprache der Stimme, besonders aber die slangfreie Aus- ter mit lodernder Asche kämpfen und schließlich im Stummfilm m u s s t e n die bildsprachlichen sprache und Artikulation plötzlich zu entschei- den Stahldreher gigantische glühende Stahlbän- Mittel entwickelt werden, um die expressiven denden Parametern wurden. der ziehen und schwingen. Erzähl- und Darstellungsmöglichkeiten des Me- diums extensiv auszuschöpfen: von den unter- Die letzten Bilder begleiten akustisch rhythmi- schiedlichen Formen der MONTAGE – Gegen- Ein Fanal – der filmische Meilenstein „Enthu- sche Jubelrufe unsichtbarer Massen: eine von schuss, cross-cut, Ellipse, match-cut – über die siasmus“ von Dziga Vertov vielen, hochkomplexen Bild-Ton-Differenzen, KAMERAEINSTELLUNG – Totale, Halbnah, die diesen ersten Tonfilm der russischen Film- Großaufnahme, Topshot – und die KAMERABE- Mit Problemen dieser Art konnte der russische geschichte kennzeichnen und sowohl die fil- WEGUNG – Schwenk, Parallelfahrt, Drehfahrt, Avantgardist Dziga Vertov schon deshalb nichts mästhetischen Bedenken von Eisenstein und Pudowkin außer Kraft setzen, indem sie die Erkenntnis der Realitäten: die Arbeitswelt, hier deutung innerhalb der Handlung und entwickelt Idee der „kontrapunktischen Verwendung des nur symbolisch präsent durch den mehrfach zugleich in Bild, Schrift, Ton und Musik einen Tons“ auf geradezu exemplarische Weise erfül- wiederholten Synchron-O-Ton der Fabriksirene dicht gespannten expressiven Wechsel von In- len, als auch die Kritiker und Interpreten bis in mit dem dazugehörigen Bild, dann die Macht nen- und Außenwelten. die Gegenwart grade aufgrund ihrer Komplexität der Masse mit „klarem Bewusstsein“: sie stürzt beschäftigt halten (vgl. die differenzierte Ausein- den Glockenturm der Kirche, wird in Demons- Der Film von dem eingespielten Gespann Ko- andersetzung von Okzana Bulgakowa „Vertov als trationen, Spielsmannszügen und dem Marsch zintsev/Trauberg war bei der Kritik und beim Futurist“, in: „Der kreisende Kurbler“, Wien 1996 der Komsomolzen gezeigt, begleitet vom akusti- Publikum ein großer Erfolg. Weil er Stalin und und die aufschlussreiche Textzusammenstellung schen Leitmotiv unterschiedlicher Marschmusik der Parteiführung ob seines Individualismus von Klemens Gruber „Verschiedenes über den- und immer wieder aufgelöst in einzelnen Groß- nicht passte, verschwand er dennoch nach kurzer selben – Dziga Vertov“, Wien 2006). aufnahmen individueller Gesichter. Am Ende ist Zeit für Jahre in der Versenkung. der Ort der Suggestion, die Kirche, umgestaltet In dieser akustischen Differenz der Jubelrufe zu zum Ort des Bewusstseins: ein Kulturzentrum einer der körperlich schwersten Arbeitsvorgänge mit KINO! Der kurze Mittelteil des Films befasst Zweite These von dem kreativen Potential des der Stahlindustrie zugleich Jubelrufe für Stalin sich mit der politischen Organisation der befrei- Interims hören zu wollen, verhält sich zur Komplexität ten, ihrer selbst bewussten Masse: Parteitag, Par- dieses Kunstwerks so unbedarft wie zu seiner lament, Arbeitergesänge und geht mit dem dort Bevor ich nun zu den jeweils ersten Tonfilmen Produktionsleistung ignorant. Aus dieser Basis gefassten Beschluss zum bereits vorgestellten 3. von Alfred Hitchcock und Fritz Lang und – die von Nichts aber zusätzlich den Schluss zu zie- Teil über: der Darstellung der arbeitsteiligen Welt 1. Folge des Vortrags abschließend – zu den hen, „auch Dziga Vertov und seine Leistungen“ der Produktion. Vertovs facettenreiches Epos der großen Komikern René Clair, Charles Chaplin stünden „zur Disposition“, wie Melanie Giertz Realität ist nicht nur der 1. dokumentarische und Jacques Tati komme, sei an dieser Stelle ein meint, es in ihrem Vertov-Artikel im Archiv Tonfilm mit O-Ton und als solcher ein Meilen- zusammenfassender Gedanke eingeschoben. „Film-Zeit“ (November 2007) tun zu müssen, stein der Filmgeschichte, sondern durch seine Offensichtlich hat nicht nur die russische Filma- disqualifiziert sich selbst und erübrigt jeglichen Bild-Ton-Kombination und Differenz ein kom- vantgarde, getreu ihrer ästhetischen Prinzipien Kommentar. Schon der Beginn von „Enthusias- plexes Kunstwerk. der Verfremdung und der medialen Selbstrefle- mus“ konfrontiert den Zuschauer zugleich mit xivität, kontrapunktisch mit dem Bild-Ton-Ver- einer komplexen Bild-Ton-Kombination, dann hältnis gearbeitet. - Die Klassiker der Filmkomik Differenz, dann mit einer humorvollen Selbstre- „ODNA“ – „Allein“, SU 1931, R/B: Grigori Ko- sind aufgrund der Ausprägung von spezifischen, flexion des Mediums „Tonfilm“: zintsev/Leonid Trauberg fixierten und auf visuelle Wiedererkennbarkeit angelegten Figuren der Komik ein gesonderter Wir sehen eine junge Frau draußen unter einem Der nachträglich vertonte Stummfilm „Odna“, als Fall. – Die Besonderheiten einer widerständigen blühenden Frühlingsbaum – wir hören einen solcher ein für die Umbruchszeit typischer Zwit- Bild-Ton-Gestaltung ziehen sich quer durch die Kuckucksruf und Vogelzwitschern. Die Frau ter, ist ein narrativer Film, der sich zwar eben- Filmgeschichte und sind insbesondere bei soge- setzt Kopfhörer auf – wir hören (mit ihr): ein Me- falls der Zeit des 1. Fünfjahresplanes (1928 – 32) nannten Autorenfilmern (Jean-Luc Godard, Rai- tronom, einen rhythmisch gezupften Bass, eine widmet, aber aus individueller Konflikt-Perspek- ner Werner Fassbinder, Michael Haneke) und bei Klarinette, also den Beginn eines Jazzstückes, das tive: Die junge, verliebte Lehrerin Jelena erhält den eigensinnigen „Meistern“ der Filmregie (Or- etwas später im Film, dann mit Rundfunkankün- die Weisung, in der Mongolei im Altai-Gebirge son Welles, Robert Bresson, Stanley Kubrick) zu digung wieder zu erkennen ist als der, nun ange- Kinder zu unterrichten, möchte aber viel lieber finden. Der Grund dafür dürfte nicht nur in dem kündigten „Donbass-Symphonie“, also der Ton- in Moskau arbeiten und ihren Geliebten Petja selbstbewussten Vertrauen auf ihr eigenes Kön- spur zum Film zugehörig, die wir mit der jungen heiraten. Die zentrale Szene ihres Gewissenkon- nen liegen, sondern ebenso in dem Vertrauen auf Frau gemeinsam hören – das ist die erwähnte flikts ist zugleich die mit der differenziertesten die Leistung und Wirkung ihres Mediums Film. Selbstreflexivität des Mediums: wir h ö r e n den Ton-Bild-Ausgestaltung: Wir sehen sie unver- Sie wussten, dass die Brechung des Illusionismus Beginn zweimal. Nach dem „ersten Anfang“ hö- richteter Dinge – sie konnte sich nicht entschei- – und genau die bewirkt die Bild-Ton-Irritation ren wir – gemeinsam mit der jungen Frau einen den – aus dem Widerspruchsbüro kommen – wir – nicht zugleich auch die Wirkung des Mediums Glockenschlag, sehen aber, im Gegensatz zu ihr, hören: Büroatmo. Sie steht vor einer der vielen bricht, sondern sie, im Gegenteil expressiv stei- mit diesem wie jedem weiteren Glockenschlag besetzten Telefonzellen im Gebäude – wir hören: gert. Insignien weltlicher und kirchlicher Macht: die das Telefonat eines Familienvaters in der Zelle: Zarenkrone – eine plastische Christusfigur von langatmig und bis ins Detail erkundigt er sich – Eine Sensibilisierung für Irritationen entsteht hinten – mehrmals unterschiedliche Menschen, offensichtlich bei seiner Ehefrau – nach dem zu nicht zufällig oft im unmittelbaren zeitlichen die sich bekreuzigen, allein oder in Gruppen – erwartenden Mittagsmahl. Wir sehen Jelena ver- Umfeld von technischen Innovationen, deren wieder die Zarenkrone – wieder die Christusfi- zweifelt die Hände ringen, sehen ihre Mundbe- Wirkungen sich gerade dadurch auszeichnen, gur – dann eine russisch-orthodoxe Großkirche. wegung und während wir den Telefonierenden dass sie eingeschliffene Reglements in Frage stel- Mit ihrem Bild beginnt auf der Tonspur ein tiefer noch hören, lesen wir auf einer eingeblendeten len, wenn nicht umwerfen. Es handelt sich also sakraler Gebetsgesang, plötzlich untermischt mit Schrifttafel ihre Gedanken: „Wie kann man nur um äußerst kreative Interimszeiten, in denen dem anfänglichen Kuckucksruf: wir sehen eine jetzt über so etwas Unwichtiges reden!“ Als die überkommene Gesetzmäßigkeiten und Usancen Nahaufnahme der jungen Frau: ohne Kopfhörer, Zelle frei wird, sehen wir sie telefonieren – wir nicht mehr gelten, neue aber noch nicht etabliert ihr linkes, ihr rechtes Ohr – wir hören nur noch hören erst: Atmo einer Telefonzentrale, dann sie: worden sind oder erst dabei sind zu entstehen. den Kuckuck – d a n n: sehen wir eine horizonta- „Hallo! Hallo! Petja?“ – dann eine aus Büro- und Mit dieser gesteigerten Sensibilisierung und Kre- le Reihe mit immer der gleichen Engelsskulptur, Telefonzentrale gemischte Atmo, während ihre ativität ist beispielsweise zu erklären, dass Hitch- die ein sie hoch überragendes Kreuz trägt – mit Gestik und Mimik im Telefonat immer verzwei- cock in seinem ersten Tonfilm innovative Ideen jedem folgenden Kuckucksruf verschwindet ein felter wird. Umschnitt: wir sehen sie von außen, umgesetzt hat, auf die er nie wieder zurück ge- Engel! hinter dem Fensterchen der Telefonkabine wie griffen hat. Ähnliches steht für das Meisterwerk gefangen erst noch sprechen, dann das Gespräch „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, D 1931 Dieser ideenreiche und dichte Auftakt des 1. beenden – akustisch: absolute Stille, die anhält von Fritz Lang zu vermuten. Filmteils intoniert mit der Bild-Ton-Differenz: auch als sie die Hände in ihrer Verzweifelung „Kuckuck vs. Engel“ paradigmatisch sein Thema: ans Fenster hebt, sich dann zur Wand dreht und es geht auf der visuellen wie auf der akustischen weint. Erst als sie die Kabinentür öffnet, erklingt Das akustisch zustechende Messer – Alfred Ebene um einen Machtkampf des Bewusstseins: ihr Leitmotiv der Filmmusik, komponiert übri- Hitchcocks „Blackmail“, „Erpressung“, GB auf der einen Seite betäubende Suggestivkräfte gens von Dmitri Schostakowitsch: eine leichte, 1931 – der Glaube und seine Künste: Gesang, Glo- heitere Melodie, die hier deutlich kontrapunk- cken, Skulpturen, Bilder, Gebäude, Rituale. Sie tisch zu ihrer verzweifelten Gewissensqual ein- Noch vor der gern zitierten „knife, knife, knife“- sind gleichgesetzt mit der betäubenden Wirkung gesetzt ist. Die komplexe Bild-Ton-Gestaltung Szene baut Hitchcock einige filmtechnische Be- des Alkohols. Auf der anderen Seite: die klare dieser Szene entspricht ihrer dramatischen Be- sonderheiten ein, die ins inhaltliche Zentrum eines Films treffen, der mit dem Genre Krimi mer zum Frühstück. Die permanent redende Match-Cuts, liefert ebenfalls Analysen struktu- nur unzureichend gekennzeichnet ist. Handelt es Kundin verlässt nicht etwa diskret den Laden, reller Gewalt wie für die Unterwelt am Beispiel sich doch im Kern um einen komplexen Gewis- sondern pflanzt sich auf die Schwelle der Schie- Schränkers eine analytische Darstellung totali- senskonflikt der Protagonistin Alice, die gleich betür und palavert in schriller Stimmlage über tären Verhaltens der Eliminierung: „Der muss dreifach schuldig zu werden droht: Eine doppelte die unterschiedlichen Arten des Mordens, die weg! Der muss vernichtet werden!“ Schuld hat sie bereits auf sich geladen, weil sie Absonderlichkeit, mit einem Messer zu töten, ihren Verlobten bewusst mit einem frisch ken- eine Art, die nicht „very british“ sei, während die Das zwanghafte Pfeifen der „Peer Gynt Suite“ nengelernten Maler hintergeht, den sie, weil er anderen frühstücken. Schon einige Zeit verweilt von Grieg ist Kennzeichnung der janusköpfigen ihr gewaltsam nahekommen will, ersticht. Der die Kamera in derselben halbnahen Einstellung Subjekt-Objekt-Struktur der Gewalt für den Umstand, dass ihr Verlobter Kriminalbeamter ist auf Alice, als sich für den Zuschauer die Akustik Kindermörder Beckert: er ist zweifellos Subjekt und nicht nur ausgerechnet mit diesem Fall be- in eine subjektive verwandelt: wir hören wie Ali- der horrenden Taten und zugleich Objekt seiner traut wird, sondern durch ihren Handschuh, den ce in dem ansonsten zu einem rein lautlichen Auf Triebgewalt, der er offensichtlich ausgeliefert ist. er am Tatort findet und verheimlicht, weiß, dass und Ab reduzierten Gerede der Kundin in im- Zugleich wird sie zum akustischen Wiederer- es i h r Fall ist, mag man auf das Konto der im mer kürzeren Abständen, immer gellender nur kennungszeichen für den blinden Luftballonver- Film immer reduzierten Kontingenz verbuchen. ein einziges artikuliertes Wort: “knife!“ Als der käufer.Das Pfeifen als Pfiff, also als akustisches Dieser Umstand bleibt aber dennoch sowohl Vater, völlig ahnungslos, Alice darum bittet, eine Signal, ist Organisationsprinzip unter den von Ursache der „double bind“-Situation seiner Ver- Scheibe Brot abzuschneiden, sie das blitzende der Ringvereinigung instrumentalisierten Bett- lobten, als auch Voraussetzung für ihre Rettung Messer hält, von der Kamera in Großaufnahme lern bei der Jagd auf Beckert.Es ist als Pfiff aus mit wiederum kriminellen Mitteln: den kleinkri- gezeigt, erschrillt ein letztes „knife!“ und beinah der Triller-Pfeife aber auch das Signal flächen- minellen Mitwisser der Tat, der zum Erpresser gleichzeitig schleudert Alice das Messer im Af- deckender staatlicher Ordnungsmacht bei der wird, in einem abgekarteten Spiel seinerseits zu fekt von sich. Der trockene Humor Hitchcocks „Großen Razzia“, hier akustisch hervorgehoben erpressen mit der Androhung, ihm den Mord setzt dem ganzen die Krone auf, indem er nicht durch eine besonders lange Phase absoluter Stille anzuhängen. nur die erstaunten Reaktionen der Eltern zeigt, auf der Tonspur, während der uns die Bilder, oft sondern zusätzlich den Vater den denkwürdi- als Totale, aber auch aus Seitenstraßen und zwi- Die filmtechnisch produzierten Aufmerker be- gen Kommentar sprechen lässt, mit dem Messer schen Häuserschluchten den generalsstabsmäßig ziehen sich auf die Nacht nach der Tat – Alice müsse Alice aber in Zukunft sorgfältiger umge- organisierten Aufmarsch der Ordnungskräfte irrt ziellos durch London - und kennzeichnen in hen, das könne sonst gefährlich werden. präsentieren. erster Linie ihren traumatisierten Zustand: eine dynamische Leuchtreklame- ein auf- und abge- Wie bewusst diese Bild-Ton-Gestaltung in ihrer schwenkter Mixbecher - verwandelt sich in ihrer Vom Wesen der Gewalt: Fritz Langs „M – eine gesamten Differenzierung ebenso wie in ihrer Wahrnehmung zum zustechenden Messer. Der Stadt sucht einen Mörder“, D 1931 analytischen Schärfe angelegt war, geht aus einem herabhängende Arm des Ermordeten, sein einzi- Interview mit Fritz Lang von Gero Gandert zu ges sichtbares Körperteil (der restliche Körper ist Fritz Langs erster Tonfilm findet sich nicht ohne „M“ hervor. Besonders Langs letzte Antwort auf vom Himmelbett verborgen), der sie schon un- Grund seit Jahrzehnten unter den ersten Meis- die abschließende Frage nach dem Walten eines mittelbar nach der Tat erschauern ließ, begegnet terwerken der Filmgeschichte. Der äußerst ver- unerbittlichen Schicksals in seinen Filmen ent- als obsessives Fragment immer wieder: zuerst im dichtete Umgang mit der Bild-Ton-Gestaltung ist hält eine klare Endmythisierung des Schicksals- Arm eines Verkehrspolizisten, dann bei einem derart vielfältig, dass ich mich in diesem Rahmen begriffs, den er radikal in seine vom Menschen sitzenden Passanten und schließlich bei einem auf eine schlichte Aufzählung an Stelle einer ana- gemachten Bestandteile zerlegt: „Der Kampf des schlafenden Bettler, über den sie beinah stolpert. lytischen Darstellung beschränken muss. In der Individuums gegen das Schicksal liegt wohl allen Der letzte Arm wird zu einer in dieser Zeit unge- Tat ist besonders der Einsatz des Tons in diesem meinen Filmen zugrunde, das Ringen des (pri- wöhnlichen Brücke: Schrei und Bild gehen von seltenen Fall eines Klassikers, der gänzlich ohne mär guten) Menschen gegen höhere, überlegene der Protagonistin unvermittelt in den Schrei der Filmmusik auskommt, seinem zentralen The- Gewalt, sei es die Gewalt einer allgemein akzep- Concierge angesichts des herabhängenden Ar- ma unterstellt: der subtilen Analyse der Gewalt tierten Ungerechtigkeit, sei es die Gewalt einer mes des Ermordeten am nächsten Morgen über: in ihren unterschiedlichsten Formen. Gleich zu korrumpierten Organisation, Gesellschaft oder ein doppelter Macht-Cut, in Bild und Ton! Anfang, noch im Schwarzbild beginnend, of- Obrigkeit. Oder sei es die Gewalt seiner eigenen fenbart uns der Ton, wie die Unvorstellbarkeit bewußten oder unbewußten Triebe.“ (in: „Fritz Alice gelingt es, sich unbemerkt an ihrer Mut- der Gewalt des Kindesmordes fürs kindliche Lang `M` Protokoll“, Cinemathek 3, Hamburg ter vorbei in ihr Zimmer zu schleichen. Sie legt Bewusstsein eben deshalb in einen Abzählvers 1963) sich angezogen ins Bett und stellt sich schlafend, einwandert. grade noch rechtzeitig, bevor ihre Mutter ins Der Text ist eine Zusammenfassung des Vor- Zimmer tritt, um sie zu wecken und die Vorhän- Der dreifache angstvolle Ruf der Mutter aus dem trages gleichen Titels, den Frauke Tomczak am ge aufzuziehen: am Fester hängt ein Vogelkäfig. Off nach der vermissten Elsi vor dem Bild des lee- 9.11.09 im Filmmuseum als Vorbereitung auf Doch erst als die Mutter das Zimmer verlassen ren Treppenhauses, des Dachbodens und des un- den KUNSTFILMTAG gehalten hat. hat, Alice aufsteht, um sich umzuziehen, sich benutzten Kindergedecks dramatisiert akustisch- notdürftig frisch zu machen, wobei ihr Blick wie visuell den Schrecken der Vorausahnung und die zufällig am Polizistenfoto ihres Verlobten osten- Realangst vor der Gewalt der Tat. Der Ton wird tativ lange hängen bleibt, fängt der Kanarienvo- ebenfalls expressiv bei der Charakterisierung der gel ein so heftig und nervendes Zwitschern an, Massenhysterie (sich steigerndes Stakkato „Ex- Dr. Frauke Tomczak, Filmwissenschaftlerin, Au- dass der Zuschauer selbst erleichtert aufatmet, trablatt“, kollektives öffentliches Lesen vor der torin und Dozentin. 1989 Promotion mit der als Alice das Zimmer verlässt, die Tür hinter sich Litfasssäule) und ihrer gewaltförmigen Konse- Arbeit „Mythos und Alltäglichkeit am Beispiel schließt und „das Singen des Vogels“ – im dop- quenzen (anschwellende „Mörder“-Rufe aus der von James Joyces ULYSSES und Alfred Döblins pelten Wortsinn für ihren Verlobten, aber auch andrängenden Menge im Doppeldeckerbus). Die BERLIN ALEXANDERPLATZ“, Ffm 1992, seit für ihren Zustand, der dem des gefangenen Vo- akustische Klammer des Telefonats zwischen In- 1989 Dozententätigkeit (Kunstakademie Düssel- gels gleicht - , endlich ein abruptes Ende findet. nenminister und Polizeipräsident kennzeichnet dorf, internationale filmschule köln, 1995 – 2006 nicht nur die strukturelle Gewalt der Spurensu- Heinrich Heine Universität), seit 1999 Mitarbeit Das akustisch zustechende Messer folgt kurze che als detaillierte Datenerfassung, sondern auch in der freien Künstlervereinigung ONOMATO, Zeit später: Alice kommt in den im Familien- das Machtgefälle von politischer Repräsentation Vorträge, Filmreihen und Organisation von Kul- betrieb bewirtschafteten Kleinwarenladen des und delegierter Kleinarbeit. turveranstaltungen, zahlreiche Publikationen im Vaters und muss sich wiederholt die aufgeregt Rundfunk und in Fachzeitschriften. verbreitete Sensationskunde ihrer eigenen Tat Die komplexe Parallelmontage zwischen der anhören, zuletzt von einer wild schwadronie- Beratung der Ringvereinigungen der Unterwelt renden Stammkundin. Die Mutter öffnet eine und der aller Kriminaldienste auf dem Polizei- Schiebetür und ruft im angrenzenden Esszim- revier, hervorgehoben durch zwei Ton-Bild- 41 20:30 Rhythmische Resonanzen

Blinder Fleck Frey Pilot Claudia Schmacke Alysse Stepanian, Philip Mantione Freya Hattenberger 6:27 2009 3:17 2009 2:51 2009 tropfen. tröpfelnd. schnell, schneller. langsamer Alysse Stepanian (video): Television static en- Der Titel des Videos bezieht sich einerseits auf den werdend. stetiger tropfen. aufprall. spritzer. gulfs the image of a woman rolling, crawling, technischen Hintergrund des Materials. Es ent- membran. nach oben sich wölbend. sich öffnen- and spastically retracing her own steps. In a stand in Paris mit einem alten Sony-Camcorder, der schlund. nur für momente. kein verweilen. communication dead-end, nothing is broadcast. der nach einem Sturz auf den Treppen am Palais de ein einblick. ein raum der sich öffnet und wie- The mirroring effect comments upon the reflec- Tokyo diese Aufnahmen produzierte. Die Kamera der schliesst. licht und dunkel. wieder und wie- tions of one‘s self echoing into nothing, never- selbst wird zum Instrument, das rätselhafte Signale der. blechernes echo. echolot in die tiefen des ending.... Philip Mantione (music): The sound während eines Nachtflugs wiedergibt. Die digita- medialen raumes. gibt es eine umkehrbarkeit was created by manipulating samples recorded len Artefakte spielen, neben meinem schlafenden der zeit? wie klingt ein aufprall des flüssigen auf with contact microphones on various surfaces. Freund, die Hauptrolle in „PILOT“. Die Tonebene das flüssige? wie klingt die stille? was das auge Short sounds from the freesound.org project besteht ausschließlich aus dem Originalton der nicht sieht. das ohr hört leise. aus dem dunkel were also used by triggering them rhythmically Aufnahmen, kratzenden und knisternden Geräu- strömen laute. hören was unsichtbar. blinder and randomly from a MAX/Msp patch, enhan- schen des schadhaften Bildlaufwerkes und digi- fleck. „Art on Site“, Center for Contemporary cing the rich layering and repetitive energy of talen Störgeräuschen, die sich dabei aber wie von Arts NCCA (Pulverturm des Kreml), Nischnii the images. Digital Fringe Festival, Australia / selbst musikalisch am Input orientieren. Durch die Novgorod, Russland, 2009 / „Art on Site“ 3. Rencontres Internationales Paris/Berlin / Co- Montage des Bildes entsteht eine ganz eigentümli- Moskau Biennale, Center for Contemporary logneOFF V / Imagine Gallery, Beijing / Kunst- che Komposition, es gilt die Melodie des Defektes. Arts, Moskau *Berlin haus Tacheles, Berlin. Philip Mantiones work of recent: „Life is live“, Rauchsalon, Vienna (exhibiti- music has premiered in The Bing Theatre, Los on coming) / „Radical Performance“- special vi- Angeles County Museum of Art / Merkin Hall, deo exhibition of IMAI on ART COLOGNE 2009 New York City / Center for Contemporary Art, / „A tribute to Terry Fox“, Hamburger Bahnhof, Santa Fe. *Santa Fe Berlin (performance together with Peter Simon in the Aktionsraum) *Köln

C&J Andreas Walther 4:23 1998 Die Protagonisten des Films - ein Mann (als Offstimme) und eine Frau (im Bild) - geben China City Trailer Einblick in individuelle Vorlieben und Rituale, Frances Scholz Hamletmaschine welche sich zwar deutlich auf vielfache Weise 2:37 2008 Kai Welf Hoyme voneinander unterscheiden, jedoch auch nie- Der Trailer für den 2009 erscheinenden Film 2009 6:48 mals gedacht waren, geteilt zu werden. Ohne China City mit Kasper König und Julia Scher Eine Performance-Installation. Die Sprachbilder also tatsächlich miteinander in Verbindung in den Hauptrollen. Geschrieben von Mark von der „Hamletmaschine“ von Heiner Müller werden zu stehen, sind die beiden Positionen in der Schlegell. CHINA CITY, a 60 plus minute krimi, in eine intermediale Konstellation aus Raum, Kör- Arbeit rhythmisch miteinander verwoben. is a new kind of film. Shot primarily on digital per, Klang, Licht und Bewegtbild übersetzt. Der *Köln video by contemporary artist Frances Scholz, Be-trachter selbst wird zum Akteur indem er eine CHINA CITY stars museum director Kasper großflächige, irrgartenähnliche Raumstruktur aus König and „surveillance artist“ Julia Scher in a Stoff und Holz durchwandert. Dabei trifft er auf strange and dark story of creativity, longing and zwei Videoprojektionen eines Tänzers. Die lang- resistance. A mysterious wave is coming. Le- sam ausgeführte Choreografie bezieht sich auf To- gendary curator Kasper König -- whose positi- tentanzgrafiken des europäischen Mittelalters. Die on has so far allowed him to enjoy a very special vier-kanalige Klangkomposition besteht aus digital relationship to the law -- goes renegade. He ste- bearbeiteten Klangaufnahmen, die aus sozialen als a priceless vase from the Asian Museum in Räumen stammen, die mit dem Phänomen des plain daylight. Is the Museum Director a thief, Todes assoziiert sind. Zu diesen Räumen gehören or has he simply redefined what it is to be a cu- Krankenhäuser, Kirchen und Friedhöfe. Ein wei- rator? As a nameless transported L.A. detective teres Element der akustischen Komposition stellt (Julia Scher) walks the labyrinth of her own sur- die Performance einer Sprecherin dar, die Passa- veillance of König, she discovers the vase itself gen aus dem Text spricht. Sprache, Klang und Bild might just belong to the international „evil doc- erzeugen im Zusammen- und Widerklang eine tor“ Fu Manchu. Has König has let out a genie? Dramaturgie der Atmosphäre. Einzelausstellung 42 In fact, genies seem to be multiplying....*Köln KHM, Köln 2008 *Köln Blood Landscapes, Palimpsest Störungsfrei Energie! Richard O‘Sullivan Marc Matter Thorsten Fleisch 8:18 2008 8:48 1998 5:00 2007 Palimpsest offers a visual representation of the Das Video Störungsfrei wurde 1998 von Marc Der Fernsehbildschirm wird durch einen kontrol- industrial exploitation of the natural world. The Matter, Mitglied der Künstlergruppe Institut für lierten Elektronenstrahl in der Kathodenstrahl- camera moves through the rock and the trees Feinmotorik, an einem VHS-Schnittplatz ana- röhre zum Leben erweckt. Für ‚Energie!‘ wurde like a machine, fragmenting the natural matrial log geschnitten und produziert. In Anlehung nun ein unkontrollierter Elektronenausstoß (eine into freeze-frames, or dissolving it into a vague an die musikalischen Konzepte der Gruppe, Hochspannung von 30.000 Volt) auf Photopa- mass or abstract stream. The rapid motion and wurden als Basismaterial keine Kamerabilder, pier gegeben. Diese Blitzentladung belichtete das jarring editing gives the viewer a visceral expe- sondern ausschliesslich unbespielte VHS-Bän- Papier. Der Vorgang wurde mit ca. 100 Photo- rience of the violence of such a process. Abstrac- der benutzt. Durch Vor- und Zurückspulen, papieren durchgeführt. Die daraus gewonnenen ta, Rome, 08 (in a sequence of films by Richard Stoppen und Zeitlupe entstanden dabei kleine Photogramme wurden zeitlich nach visuellen O‘Sullivan, that will open the festival) / Optica, Bildstörungen, welche dann noch einmal mit Gesichtspunkten organisiert um so der unkon- Festival of Video Art, Gilon and Masdrid, 2008 / standardmäßigen Video-Effekten bearbeitet trollierten Elektronenbildgenese im Prozess der Director‘s Lounge Festival of Media Art, Berlin, wurden. Durch rhythmisierte Schnitte dieses Postproduktion eine neue Ordnung zuteil werden 2008 *Pontyclun, UK hochgradig abstrakten Materials ist ein Stück zu lassen und damit an die herkömmliche Bewegt- strukturelles Kino in der Tradition der 1960er bildgenese anzuschließen. Die Musik versucht das Jahre entstanden, welches durch den Einsatz Offensichtliche zu vermeiden und schlängelt sich von geräuschhaften Klängen, welche eigens sanft in das vom starken Flickern betäubte Gehirn. fuür die Tonspur zusammengemischt wurden, Musik von Jens Thiele 1. Prize at FLEXfest 2009 noch zugespitzt wird. Störungsfrei erzählt keine / Special Award: Optica 2007 / Emerging Expe- Geschichte, sondern ist ein amorph flackernder rimental Video Artist Award: Ann Arbor Film visueller Exzess. *Köln Festival 2008 Best Video: International Videofest Bochum 2008 / Best of Abstract Panorama: Mel- bourne Int. Animation Festival / u.v.m. *Berlin

o.T. (Edition MMIII 05.IV.04) Nicola Schrudde 2:40 29008 Das Video 05.IV.04 gehört zu den Aufnahmen, die ich in meinem ‘Archiv der Bätter’ zusam- mentrage. Im Schwerpunkt werden diese Videos in Rauminstallationen eingesetzt. Sie entstehen mit dem Camcorder in optischen Abtastungs- Floid Prozessen von Blattarealen. Standbildfolgen Steffen Krämer, Florian Hadler, Till Spielhoff werden in verschiedenen Tempi und Bewegun- 2:15 2009 Exosphere_5 gen festgehalten, die von Hand geführte Kame- Floid ist ein Werkstattfilm mit Erinnerung an Judith Nothnagel ra reagiert dabei unmittelbar auf das zugleich den Absoluten Film: Händisch wurde körniges, 2009, 3:35 min durch den Sucher Gesehene. Es ist ein Versuch fließendes und waberndes Material mit proji- Für die Videoarbeit exosphere habe ich meine ei- so nah wie möglich an den Vorgang des Sehens zierten Hintergründen vermengt. Im Ergebnis genen Hirnströme in Echtzeit aufgenommen und heranzutreten und aufkommende Emotionen verschwimmt Materialtiefe und Rhythmus. Da- daraus einen interplanetaren Raum (Exosphäre: dabei zu beobachten. Das Hinzufügen von Ton nach der Ton: Mal hält er die Oberfläche, mal Übergang zum Weltall) simulativ erzeugt. Der würde davon nur ablenken. Trailer der Edition rutscht er ab. Er geht durch das Bild zurück zum Klang monotoner, sowie asynchroner Herzschläge zu der Ausstellung „Nicola Schrudde - Videoin- Material. Erstaufführung *Berlin verweist den Rezipienten auf seine eigene Unend- stallation mit Skulpturen“ im MMIII Kunstver- lichkeit in einem unendlichen Universum. Der ein Mönchengladbach 2008 *Düsseldorf Aspekt der zerbrechlichen Körperlichkeit wird auf hypnotische Weise mit einem ästhetisch-konstruk- tiven Raum-Zeitgefüge verwoben. Ein kritischer Kommentar zu atmosphärischer Luftverschmut- zung auf unserem Planeten. Initiatorin www.glo- bascreen.org *Düsseldorf

43 21:30 Leiser Lauter Handeln

Paramount La petite bête fluo Flip MOVIE PARK KOREA Julia Boix-Vives Jason Dee Gabriele Horndasch 3:25 2002 1:08 2003 3:20 2009 The small animal fluo is held in the hands of Ju- This digital animation takes the moving image Das Zitat des Paramount-Trailers als Platzge- lia Boix-Vives. Unceasingly looking to be con- back to its origins in order to examine the com- staltung wird durch den Eintritt von Luise Tren- cealed, it borrows routes around the body of the plex relationship between still frames, film motion ker, die in die Kulissen der von ihr erkorenen artist who raises a number of questions-marks. and sound. When watching films, these elements Bühne eindringt, ad absurdum geführt. The Where is this history going to? Is there a before all seem to work in perfect harmony, yet by high- quotation of the Paramount trailer as a spaci- or an after, a beginning and an end ? Does she lighting film’s underlying stillness this animation al organisation is transposed into the realm of advance or is she moving backwards? screened reveals an absurd form of tension between flowing the absurd by the entrance of Luise Trenker, at: „Gloria.“ Gloria Halle Düsseldorf / „bliss and sound and fixed images. (Bio notes s.S. 8) *Glasgow who sets out on the exploration of the scenery slosh“ Espace Croisé / Roubaix *Eindhoven of her own chosen stage. kürzlich: gostop/ Kul- turbahnhof Eller / Düsseldorf/ foreign artists residency works/ Daegu-City Culture and Arts Center / Südkorea *Düsseldorf

Selbstportraits in Röhre Yellow Pages Tobias Segler Günter Puller 0:40 2009 1:52 2006 Tobias Segler zeigt sich im Selbstportrait in einer Ich fand das Telefonbuch auf einer Exkursion Röhre. *Düsseldorf Mutter Natur & Ich im Wald. Ich dachte an den natürlichen Zer- Judith Samen fallsprozess und begann das Telefonbuch mit 1:17 2008 künstlerischen Mitteln zu dekonstruieren. „Was Mutter Natur & Ich zeigt eine zwergenhafte wie die objektive Beschreibung einer künstle- Existenz zwischen Spiel und Wahn, deren Tanz rischen Versuchsanordnung beginnt, was zu- mehr und mehr aus den Fugen gerät. Die ble- nächst wie eine grundsolide zeitgenössische cherne, simple Melodie hält die Assoziationen Arbeit der Gegenwartskunst daherkommt, die zum Kinderspiel so lange aufrecht, bis sie sich virtuos mit klanghaften Schlüsselbegriffen (von in der Kürze der Zeit als Ohrwurm in den Kopf Spurensuche über Prozessualität bis Dekonst- des Betrachters bohrt. Die Musik spiegelt das ruktion) hantiert, offenbart sich im Verlauf des Taumeln der Kamera und des Protagonisten künstlerischen Machens als akustisch und visu- und beantwortet auch die Spannung, die in der ell fein kalibriertes Percussionsolo.“ Dr. Doris Ministry of Love Steigerung der Geschwindigkeit liegt. Music by Krystof. The Nunnery Gallery London / Video- Heaven Baek dkrem / Art Amsterdam 2008 / Daegu Int. New formes, Clermont Ferrand / Nurture Art, NY / 3:57 2009 Media Arts Festival, Daegu City, South Korea Deutscher Künstlerbund *Wien Performance *Düsseldorf I installed 13 TV playing constant rabbit sex in public, community and private areas. I must not know the area or people in the community. This practice was to investigate social engagement within the self-protection by invading their ow- ned area. *Glasgow

44 Zuletzt achten sie alle auf ihre Formen King Nothing Winterreise Mechthild Hagemann und Karin Hochstatter Paul Wiersbinski Birgit Hübner, Frauke Ratzke 4:04 2009 6:53 2008 9:36 2009 Bild, Text, Stimme, Figuren: Mechthild Hage- I use sound in short loops in order to both imi- Querflöte: Christiane Sauer, Klavier: Thomas Hinz, mann, Realisation: Karin Hochstatter; Zuletzt tate and mock the repetitive structures of film Gesang: Wilma Wienholts, Malerei: „Winterreise“ achten sie alle auf ihre Formen und sie willigen music scores, which usually manipulate the con- Hann Trier, Sammlung Gustav-Lübcke-Museum nicht ein in die erwartete Angst vor dem Tod, sumer towards a certain emotion unconscious- Hamm, Video: Monika Pirch. In ihrer Perfor- sondern die Wesen der Erde, Esel, Ziege, Wolf ly. My scores are supposed to work the same mance untersuchen die Künstlerinnen Birgit Hu- und Mensch, verlangen, dass der Tod ihnen way but due to their short length and obvious ebner und Frauke Ratzke Beziehungen von Gesang in angemessener Gestalt begegne. Stockendes playfulness I try to hint towards their making, und Fotografie, Musik und Bild. Dabei verweben Entziffern ergibt den Rhythmus der bewegten leaving the choice to the audience whether to sie Elemente aus Gesangs-, Sprech- und Tanzsaus- Bilder sowie der Tonspur, wird gemimt oder engage emotionally or mentally. This structure bildung mit Skulpturen und Fotografien zu kon- unterstrichen durch die Gesten der Hand bzw. also works for the visual level, in which I try to zentrierten, fast zeitlupenartigen Begegnungen. der mit ihr verbundenen Figuren. Ein inszeniert create a film, which as the same time works as a Die Künstlerinnen stellen ihrer Performance eini- mühevoller Weg der Verständigung über irritie- loop. The Bad Year Blimp, London / Galeria 13 ge Lieder aus dem Liedzyklus „Winterreise“ (1827) rendende Texte und Bildbotschaften wird direkt Mexico City / Videonale 12, Bonn / Int. Roa- von Franz Schubert und dem gleichnamigen Bild und ungefiltert aufgezeichnet. Raketenstation ming Biennal of Teheran u.v.m. *Frankfurt aus dem Jahre 1981 von Hann Trier gegenüber. Hombroich / Kurzfilmtage Oberhausen / Kurz- Aufführungsort ist das Gustav-Lübcke-Museum filmfestivals in Osnabrück, Berlin, Hamburg, Hamm. Stimme - Bildhauerische Überlegungen Amsterdam *Köln zu einem unsichtbaren Körper. „Birgit fotogra- fiert mich beim Singen. Meine Stimme breitet sich anders als sonst eher vertikal aus, steht eine Weile zwischen uns, wird von der Fotografieren- den mitgetragen. Der ursprüngliche Gedanke des Portraits von mir als Singenden löst sich auf in der Konzentration auf diese absurde Tätigkeit und auf die körperliche, unsichtbare Präsenz der Stimme im Raum. Die Begegnung mit der anderen Künst- lerin verwandelt mich von der Sängerin zurück in EANTHEM-HYMNE die Bildhauerin und die Stimme zwischen uns in Max Erbacher eine unsichtbare Skulptur.“ Frauke Ratzke, Aus- 4:00 2008 stellungen Bild und Stimme: 2009 „Winterreise“, Die inoffizielle Nationalhymne der Schwei- Performance, Gustav-Lübcke-Museum, Hamm zer ist ein Jodler, der „Beichle Juz“. Jedes Jahr / 2007 „Vokalreport“, Kunstfilmtag Düsseldorf / treffen sich tausende Schweizer an wechseln- 2006 „Gesungen“,“sprechen- singen- dirigieren“, den Dorfplätzen und jodeln die Hymne. Ich Tonhalle Düsseldorf / 2006 Onomato, Düsseldorf versetzte mich in die Position des Dirigenten. / „Vokalreport“, Shedhalle Tübingen *Düsseldorf Kürzliche Ausstellungen: „Planetengetriebe“ Malkasten Düsseldorf / The Return Gallery, Goethe Institut Dublin / Galerie Mirko Mayer, Köln u.v.m.*Köln

The call to prayer Karl Ghattas 3:24 2008 „The call to prayer“, der islamische Gebetsruf, in der arabischen Sprache als Adhan bezeichnet, ist im Rhythmus der sich öffnenden und schlies- senden Blüte einer Kakteenart, der sogenannten „Königin der Nacht“, zu hören. Festival Loop, Bar- celona / Royal Institute British Architects, London *Düsseldorf 45 22:30 In der Gummizelle wird mit Ton gespielt!

„Wir lauschen der Anarchistischen Gummi- Zelle über die Schulter“ Musikfilme von den 80ern bis heute - eine Auswahl

Die Anarchistische GummiZelle (AGZ) ist eine Künstlergruppe mit dem Schwerpunkt Perfor- mance und wurde 1980 gegründet. Die AGZ war in der Mitte der 80er Jahre in Deutschland als Performancegruppe bekannt, neben Gruppen wie „Schmelzdahin“ oder „Die Tödliche Doris“. Nach- dem die AGZ in den 90er Jahren kaum öffentliche Vanessa Of The Cave Nee nee da wird nix draus 1 Auftritte hatte, ist sie seit 2002 wieder aktiv. Stefan Ettlinger AGZ 14:00 short version 2008 4:11 1985 Die Mitglieder der AGZ sind: Thorsten Ebeling, (gesungen): Hast du denn die Miete schon be- Teil unserer Performance auf der NDR-Video- Stefan Ettlinger, Heinz Hausmann, Otto Müller zahlt? (gesprochen): Miete? Bezahlt? Höhlen nacht (Remake von Roger Cormans „The Terror“) und Uli Sappok. Bertram Jesdinsky, der die AGZ waren ursprünglich die billigsten Wohnungen. aus dem Gedanken „wir im Fernsehen, also Mu- mit begründet hat, verstarb 1992. Aber jetzt? Er ist ein Bär von einem Mann / sikvideoclip“, das Musikstück erstmalig professio- wohnt in der Höhle wenn er kann / wenn er sich nell (die Aufnahmetechnik, nicht die Darbietung) Die AGZ begann Ende der 1970er Jahre mit Ex- das leisten kann / doch das kann nur der Bär / bei Atatak aufgenommen, dann der Clip bei Bert- perimentalfilm. 1981 erhielt sie beim Wettbewerb schön wenn man einer wär. Das Ding hier hat ram im Wohnatelier auf der Ackerstrasse spontan ”Filmzwerge” im Rahmen des ”Festival des unab- mir jemand vermittelt, der nicht wusste, dass entstanden (es gibt 3 Versionen). In einer Zeit, in hängigen Films” in Münster den 1. Preis für ihren ich das bin. Ein Bekannter von Vanessa. Was ist der die AGZ Musik machte in verschiedenen Kon- gemeinschaftlich hergestellten Super-8-Film ”Im das? Jetzt kommt wieder das Scheißlied! stellationen („Welt und Söhne“, „Dt. Eichelbrüder- Rhenushaus”. Gesangsverein“ (inoffizieller Chor der Kunstaka- demie Düsseldorf, Ettlinger „WAF“, Altenheim, Aus begleitenden Aktionen zu den Vorführungen Jazzfestival Moers). Video-Playback gemacht mit eigener Super-8-Filme entstanden dann rasch ei- Uli Sappoks Panasonic VHS Anlage genständige Performances. Höhepunkte der Tätig- keit der AGZ in den 80er Jahren war die Zusam- menarbeit mit Heiner Goebbels (beim Jazzfestival Moers) und die Performance „4 Spielkarten und 3 Möbelstücke“.

2002 kam die Gruppe wieder zusammen, und 2003 erhielt sie von der Filmstiftung NRW eine Ver- Der Hummelflug (Schule des Scheiterns) triebsförderung für das Projekt ”Anarchiv(GZ)”. Otto Müller Die AGZ digitalisierte damit ihr gesamtes Expe- 1:15 2008 rimentalfilm-Werk der 80er Jahre (die gemein- Kamera und Flug: Otto Müller, Produktion: schaftlich hergestellten Filme und die Filme der AGZ Lautes Summen einer Hummel (betrieben Autos rot, gelb, blau einzelnen Mitglieder der AGZ) und machte es so von einem Lithium Polymer Akku) Bertram Jesdinsky für junge Filmemacher zugänglich. 3:13 1982 Neben dem „Sonntagsspaziergang“ Bertrams Die 2005 beim 18. Stuttgarter Filmwinter gezeigte „Klassiker“-Kurzfilm, rund um die Kunstakademie Performance „Emotionsdiktat oder: Entdeckung Düsseldorf gedreht, von Betram selbst in unver- der Zweisamkeit“ wurde mit dem ”Milla und Part- kennbarer Weise am Casio vertont. Auf den super8 ner-Preis” ausgezeichnet (der Preis ging an die von Festivals, die in den 80ern begannen (Filmzwerge der AGZ gegründete Nachwuchsgruppe „5,-DM“, Münster, Experimentalfilm-Workshop in Osna- mit der sie die Performance gemeinsam realisiert brück, Interfilm Berlin u.a.) neben den wilden lau- hatte). Neben Performances hat die Anarchisti- ten Punk-Kollagen ein starker Kontrast... sche GummiZelle verschiedene gemeinschaftliche Filmprojekte realisiert, unter anderem 1986 bis 1988 den Spielfilm ”An den Molen solls nicht lie- gen” (16mm Farbe, produziert mit Mitteln aus der Ein Zimmer im elektronischen Haus Filmförderung NRW). Anarchistische GummiZelle 9:00 2009 Stefan Ettlinger, Bertram Jesdinsky, Otto Müller Ein Zimmer im elektronischen Haus. Erstes und Uli Sappok haben zahlreiche eigene Super-8- Modul für den Film „das elektronische Haus“ Filme produziert, die in den 80er Jahren an vielen von der „anarchistischen GummiZelle“ und Orten gezeigt wurden, meist mit dem Vorspann: Ruth Scheel (fifs). Heinz beschreibt seine Idee „AGZ zeigt: ...“ oder „AGZ - Abteilung für Kunst- vom elektronischen Haus in Wort und Bild pflege zeigt: ...“. Oft waren diese Vorführungen ver- (auch Zeichnungen). Stefan und Otto hielten bunden mit Auftritten der AGZ als Gruppe (mit dies mit der Kamera fest und Otto fügte alles Performances und/oder mit Livemusik). zusammen und versah es mit zusätzlichen Bil- Quelle: Wikipedia dern, Filmen und Tönen. An dem Filmprojekt „Das elektronische Haus“ arbeitet die AGZ schon mehrere Jahre, meist in Baden-Baden. Heinz hat nun alles zusammengefasst und gibt einen Zwischenbericht der gleichzeitig ein Teil des Endproduktes ist. 46 Soziales Faulenzen und Anarchie derungen des gesunden Menschenverstandes zu verfügen, eine Unempfindlichkeit, die es Die Mitglieder der Anarchistischen GummiZel- einem z.B. ermöglicht, stundenlang darüber zu le wollen bei ihrem Mitwirken in der AGZ von REDEN, einen kurzen Satz auf einen Zettel zu jeher das maximale Faulenzen realisieren. Denn schreiben, um damit zur nächsten Teilaufgabe nur damit ist auch maximale Freiheit möglich übergehen zu können – statt das einfach mal - nur wenn der Beitrag des Einzelnen im Ge- eben zu TUN. Das erfordert eine Art diffuse, samtergebnis der Gruppe verschwimmt, gibt ausdruckslose Verformbarkeit nach außen, ge- es keine Hierarchien. Und das ist es, was Anar- paart mit innerer Härte. chisten von Herzen begehren. Ganz wichtig war und ist es also, für sich selbst das sichere Gefühl Eine selbstgewählte Aufgabe auf keinen Fall zu haben, in der Gruppe produktiv zu sein und dadurch zu bewältigen, dass man als Einzelner zugleich in der individuellen Faulenzerei bis an etwas Bemerkenswertes tut UND gleichzeitig die Grenzen des Möglichen zu gehen - und das irgendeinen der anderen zu verführen, endlich immer gemeinsam mit den anderen, die gerade mal etwas zu tun, damit es weitergeht – das ist genau das Gleiche machen. Das ist Gleichbe- nur möglich in einer dichten Wolke des perma- rechtigung pur, reine Teamarbeit, nur das führt nenten gemeinsamen Sprechens. zu Ergebnissen, die makellos rein sind von her- vorstechender persönlicher Einzelleistung. Die Geschichte der Gummizelle wäre auch dar- stellbar als eine Art Dauerregen von Worten, Ganz klar: um faul sein zu können, muss es eine ein Jahrzehnte währender Monsun von Ge- Aufgabe geben, die man dann gemeinsam und räuschen aus erst 6, dann später 5 Mündern, mit dem denkbar geringsten eigenen Aufwand erzeugt mit der Absicht, das Herauskristallisie- bewerkstelligt. Diese Aufgabe muss aber wiede- ren von konkreten Ergebnissen zu absolut un- rum so anspruchsvoll sein, dass das Faulenzen gewollt erscheinenden Ereignissen zu machen, zu einem interessanten Unterfangen wird: die die unmöglich einer Einzelperson zuzuordnen Anstrengung, die ja besonders auch im Fau- sind. Die Werke der AGZ sind wie rare Kerne lenzen liegt – man fährt innerlich gewisserma- in einer riesigen weichen Frucht aus Gespro- ßen mit angezogener Handbremse, hält sich chenem. zurück, gibt weniger als man könnte – diese Anstrengung des Faulenzens muss einerseits Thorsten Ebeling 29.10.2009 geeignet sein, die noch größere Anstrengung der Erledigung der anstehenden Aufgabe gu- oder haben wir eine gemeinsame Schuhgröße? ten Gewissens unbedingt vermeiden zu wollen. (Schule des Scheiterns) Andererseits soll das Ergebnis des Faulenzens Ottto Müller wahrnehmbar sein: es soll ja nicht nichts dabei herauskommen. Idealerweise ist das Ergebnis des Faulenzens sogar geeignet, das mögliche Er- Wikipedia: gebnis der Aufgabe, die zu erledigen man sich Der Begriff Soziales Faulenzen (engl.: Social erfolgreich gedrückt hat, zu toppen. Loafing) beschreibt ein sozialpsychologisch re- levantes Motivationsphänomen in einer Grup- Aber wie entsteht bei den einzelnen AGZ-Mit- pe. Sobald Individuen im Kollektiv mit anderen gliedern nun die Gewissheit, auch wirklich das auf ein gemeinsames Ziel hinarbeiten, redu- jeweils bestmögliche Faulenzen zu praktizie- zieren sich demnach sowohl ihre Motivation ren? Das ist eine sehr wichtige Frage, denn die als auch ihre Anstrengung zur Zielerreichung. Gefahr, dass plötzlich einer ohne jede Absicht Dies habe zur Folge, dass das Endprodukt in der und einfach so im Schwung der gemeinsamen Gruppe nicht größer sei als die Summe seiner Faulenzens (z.B. an einem Film) dann doch Teile, sondern im Gegenteil kleiner als die po- nach vorne prescht, ist groß – und schon gibt tenziell mögliche Summe der Einzelleistungen. es Hierarchien, „meins“ und „deins“, verletzte Social Loafing tritt bei allen Arten von Aufga- Eitelkeiten usw usw. Die Antwort liegt in einer ben auf, allerdings nur dann, wenn die persön- klug gewählten Methode des Zusammenarbei- liche Leistung der Teilnehmer nicht sichtbar ist. tens: alle Projekte, die man gemeinsam in An- Z. B. gibt es Soziales Faulenzen bei Ruderern, griff nimmt, werden so lange in einem virtuel- nicht aber bei Schwimmstaffeln, denn dort sind len Raum gehalten, wie es irgend möglich ist. die Zeiten der einzelnen Schwimmer immer Und erst dann, wenn sich praktische Handlun- noch sichtbar. Eine Reihe von Faktoren kann gen schlichtweg nicht mehr vermeiden lassen, Soziales Faulenzen verstärken oder hemmen. werden sie von demjenigen Gruppenmitglied ausgeführt, das im konkreten Moment dem ganz offensichtlichen Druck des Faktischen nicht mehr standhalten kann. Ein spannendes Spiel, denn die aktuelle Porösität des Einzelnen gegenüber dem, was nun gerade wirklich un- bedingt getan werden muss, ist ja absolut wan- delbar – und unterliegt in einer Gruppe, deren Mitglieder sich lange kennen, in sehr hohem Maße der Manipulation durch die anderen.

Es geht ja darum, über eine möglichst große Unempfindlichkeit gegenüber den lauten For- 47 22:30 In der Gummizelle wird mit Ton gespielt!

Eumig, Würker und Bauer

Für mich war das Arbeiten mit Film in den 80ern „experimentieren im Keller“ mit Super-8-Film OHNE Ton weil preiswerter und beim Schnitt unkomplizierter (weil der Ton versetzt auf der Magnetspur war). Also mit einer z.B. EUMIG Kamera mit 18B/s oder 24 B/s oder Einzelbild (Traffer) zunächst möglichst ohne Verschnitt (weil Material teuer und kurz, 3 min auf einer Rolle) die Idee im Kopf in Bilder umsetzen, dann mit einer überschaubaren Menge von entwickeltem Mate- rial (Umkehrfilm kam eine Woche später zurück - also nicht wie heute direkt alles bearbeitbar un Unmengen Material), auf dem Tisch zum Film zusammengeklebt (WÜRKER), mit Super 8 Pro- jektor (BAUER) auf Leinwand betrachtet, dann die passende Musik dazu ausgewählt, die aus dem Stummfilm - und den gab es auch, wenn das Bild ohne Ton auskam - einen Tonfilm machte. Der Ton als Begleitung, Verstärkung des BILDES, also originär Ton zum BILD Verfahren.

Es gab nur wenig Ansätze umgekehrt auf Film: bei mir war es: „Verfilmung einer alten Messe: MISSA TOURNAI“ - dazu gibt es ein „Kyrie“ und „Gloria“-Filmteil, überwiegend aus Schwarz-Film bestehend. Die AGZ hat mal „Rock Lobster“ von B52 auf Schwarz Weiss Super 8 verfilmt, eine kurze Szene davon als Doppelprojektion.

Sozusagen das Gegenteil waren meine „Home- made Video Playbacks“ : Hier galt es, ein Musik- stück, das ich toll fand UND es auch selber singen konnte, per Video - die neue Technik nach Super 8 - zu bebildern. Die technische Einfachheit forder- te, dass ohne einen Schnitt gedreht werden musste. (Ton von Kassettenrecorder direkt aufs Videoband während des Drehs). Das macht die Clips aus, die ich in zwei „Zeemann-Club Magazinen“ (je ca 25 min) verwendete, neben dokumentarisch skuril- lem Material von mir, z.B. Franz Beckenbauer sig- niert meine laufende VHS-Kamera bei einer Auto- grammstunde im Horten, Muhamed Ali bekommt einen Teller überreicht, der fast runterfällt...)

Die Idee, geistliche Musik zu verfilmen, fasziniert mich weiterhin: Ein Entwurf für ein Karfreitags- programm steht von der Musik her, jetzt fehlen noch die Bilder... (Uli Sappok)

48 MIT BLICK AUF DEN TON

Staltbahn West Der schwarze Film Deutschlandreise 1 AGZ Otto Müller Uli Sappok 6:39 1982 4:23 1981 2:00 1983 ... führte bei den INTERFILM Kurzfilmtagen in Die Montage und der Schnitt sind in der Su- Mauricio Kagels „Marsch, um den Sieg zu verfeh- Berlin zu Tumulten, weil die linke Szene extra per8-Kamera entstanden. Der Soundtrack len“ half mir, die Idee auf den Punkt zu bringen. für den Film angereist war, um danach Tem- zum Film „Der schwarze Film„ ist mit einem pelhof zu stürmen... wir hatten auf einer In- UHER 4-Spur-Stereotonbandgerät entstanden. dustriebrache in Neuss ohne Plan gedreht, mit Ich habe über Jahre Töne, Klänge, Musik und ein paar Deko-Utensilien im Koffer, das dann Geräusche gesammelt. Dies ist das Ausgangs- zusammengeschnitten, die Endvariante mit der material. Das Material habe ich auf einen Kas- aufgelegten Musik war von Bertram; und ir- settenrecorder überspielt, indem ich die Ton- gendwie dachten wir, StaRtbahn West wäre ein bandspule mit der Hand drehte und dabei die guter Titel, haben dann aber einen Druckfeh- Geschwindigkeit veränderte (auch rubbeln= ler eingebaut: StaLtbahn West... das rettete uns vor und rückwärts), dann wieder zurück auf dann auch im Kino (was nach einem von uns das Tonband. Diesen Vorgang wiederholte ich performten Laubfeuer mit Bertram als Tarzan mehrmals. Um die Lautstärke und den Klang- eh nicht mehr zu benutzen war) umfang zu manipulieren habe ich den Lösch- kopf des Stereotonbandgerätes mit mehren La- gen Papier bedeckt.

Nach dem Krieg fuhr Johnny nach Wien Stefan Ettlinger 1:37 1983 World (aus „Zeemann-Club Magazin 1“) Wie der Film gemacht worden ist, muss man Uli Sappok dem Zuschauer nicht groß erklären. Halt im- 3:57 1986 mer das Spielzeugpanzerchen in der Tasche, Videoplayback des gleichnamigen Bee Gees die Kamera dabei, ab und zu ein paar Frames Songs, am Rheinufer, sozusagen vor der Haus- geschossen... Zwischendurch auch in Wien ge- tür gedreht. Es gab nur EINE Möglichkeit des wesen, deshalb der Titel. Drehs, da der Mann mit Hund mein Vater ist, der sozusagen live in den Dreh eingebaut wurde auf seiner üblichen Mittagsrunde. Die Kamera bediente meine Schwester (das erste mal), mehr gabs nicht an Mitwirkung, Die Musik hörte ich von einem Kassettenrekorder, von dem das Tonkabel direkt in die Kamera ging. „Das „Zee- mann-Club-Magazin“ ist ein privates, nicht kommerzieles (tatsächlich?) Unterhaltungsma- gazin, gemütlich moderiert, nicht zu lang, mit Beiträgen sozusagen direkt vor der Haustür“ (aus Katalog 1.Marler Kunstvideopreis)

49 23:30 Finale

Turning Point Hirnwesche Begegnungen mit der Stadtmaus Andreas Techler / Martch Norika Nienstedt, Michael Jonas Ursula Stroebele 7:36 2009 4:22 2009 10:00 2008/9 Ein Mann hat während der letzten paar Jah- Musik: Pondskater, In über fünfzig Kurzfilmen Wir teilen die Stadt mit unsichtbaren Wesen, die re viel Cidre (4%) getrunken und die grünen haben Norika Nienstedt und Michael Jonas mit sie mit uns teilen. Die Filme machen sichtbar, dass Kronkorken in einer Tüte gesammelt. Diese der Verschmelzung von Dokumentation, Nar- die Stadtmaus ihren festen Platz in unseren Städten kippt er auf dem Hof aus. Etwa die Hälfte liegt ration und Improvisation seit 1993 experimen- hat. Sie zeigt verschiedene Reaktionen auf das von so rum, die andere so! Er dreht minutenlang alle tiert. Immer sind Stofftiere die Handlungsträger ihr beobachtete menschliche Verhalten, stellt aber auf die glänzende Seite. Es entsteht ein Teich. im vorgefundenen Set. Der Filmton, die Atmo weder Nähe noch Verbindung zu den Menschen Kamera: Martin Gazdovicz, Dreher: Andreas und die Dialoge werden mit dem Kamerami- her. Proberaum: Schwarzmaus singt in Unterfüh- Techler (2009) *Düsseldorf krofon live aufgenommen. Auf Ausleuchtung rung mit George - gleichzeitige Übertragung ins und Nachbearbeitung wird weitgehend verzich- Glashaus. Münchnerin: Film über Gesang von tet. Der Schnitt erfolgt beim Aufnehmen in der Stadtmaus in Unterführung + Kommentare Besu- Kamera. Die geplante Verwendung der Musik cher. Gleichzeitige Anwesenheit der Stadtmaus auf von Axel Ganz (Pondskater) - häufig für die Worringer Platz. Ärgerliche Begegnung: Leute in Filme komponiert, und ebenfalls experimen- Unterführung ärgern die Stadtmaus. Schlüsselklau: tell - trägt wesentlich zur Qualität der Filme bei. Grünmaus klaut Schlüssel, um Radio zu hören und Der Zuschauer nimmt teil am Ereignis, das die zu singen. Am Ebertplatz in Köln mit Herbert. Konstellation dieser Parameter hervorbringt. *Düsseldorf *Düsseldorf

Detmold - handrails working as sonic interfaces Jörg Steinmann 2:02 2007 „Detmold“ versucht zu ergründen, wie Ton so- ziales Verhalten generiert. Die Geländer einer frei zugänglichen Treppe wurden mit Mikrofo- nen präpariert, sodaß jede Berührung verstärkt werden konnte und einen Ton erzeugte. Die Ge- länder wurden dadurch zu Klang-Werkzeugen, Die ewige Heimat mit denen die TreppenbenutzerInnen unterei- Mirror Konrad Bohley nander Kontakt aufnehmen konnten. Der Ton Jason Dee 7:48 2009 wurde zum Medium, frei zu kommunizieren 1:08 2000 Also er sucht ja in der Sprache, ich seh das schon und einen gemeinsamen Körper zu bilden. Spe- Mirror is from a series of 4 films collectively so, dass er in der Sprache, er sucht nach ner Hei- cial über das 3.Int. Shortfilm Festival Detmold / called “transitions”. Microphones, normally mat. European Media Art Fesival EMAF Hanno- Kino Black Box Düsseldorf *Düsseldorf hidden behind scenes now take a central role, ver / „Bunter Hund“ Internationales Kurzfilmfesti- imposing their physical presence to transform val München *Köln flat white screens, to physical spaces, to flat black screens. This work explores the relation- ship between film’s illusory and material quali- ties and the role of sound in this process. The use of a mirror in this work highlights the rela- tionship between surface and depth, object and illusion. (Bio notes s.S.8) *Glasgow

Das MacDonald-McGurk-Experiment Jan Philip Müller 00:41 2009 This video presents a specific audio-visual effect, discovered in the 1970s by British psychologists.* Its presentation can be seen as a reenactment of a perception that has not been recorded, but so- mehow takes place while the video is actually shown. But then all audiovisual media do that all the time in a way. Still, I could not resist inserting 50 the intertitle »based on actual events«. *Weimar Weltmeisterschaft der Religionen putting yourself out there Mother Of All Funk Chords halfpastselberschuld Clint Enns Kutiman 5:13 2009 2:05 3:37 2009 *Düsseldorf Music by Nick Krgovich. A voyeuristic interventi- Thru–You: Kutiman Mixes YouTube – Out on into the lives of chat addicted users. This video Now! Hailed as the “psychedelic funk architect” is a commentary on the parasocial relationships Kutiman unveils his new groundbreaking pro- often formed through internet communication. ject through which he redefines music produc- 5th Annual 48 Hour Film Festival Winnipeg, CA tion and brings UGC (Users Generated Cntent) / Intervention, Screengrab, Townsville, Australia / to the next level. Needless to say, there hasn‘t YOVEO International Video Festival NY /Sydney been an Internet phenomenon quite like You- Underground Film Festival / *Winnipeg / Ca Tube, the web‘s largest video platform where users broadcast themselves. Set in his bedroom studio, Kutiman sought, watched and sorted thousands of music videos uploaded to YouTu- be by mostly anonymous users. Kutiman chosed Clothes come down around a 100 of these videos - made by users John Dunn from all around the world, of all age, size and co- 3:54 2007 lor - videos featuring both musical instruments, John Dunn mobilisiert Textilien gegen das Un- vocals, toys and other surprising artifacts, and rechtsregime in Burma zu Zittermusik. *Berlin fused them together into „Thru-You“. This In- / Düsseldorf novative project features 7 music videos, each in a different genre – R&B, Funk, Reggae, Jun- gle, Afro, Jazz – all carrying Kutiman‘s unique Walzerkönig sound. Using only materials found on YouTube, Adnan Popović not playing a single note himself, „Thru-You“ 5:00 2008 is a 21st century version of Found Art. „Thru- Ein animiertes Musikvideo zu dem Lied „Walzer- You“ foregrounds the users who perform in könig“ von der Einmannband „Laokoongruppe“. the videos, anonymous musicians, singers, and Ein Angestellter einer Buchhaltungsfirma hört das music-lovers playing numerous instruments, Lied und versinkt in Tagträumerei, welche auf sei- some conventional, others not so much. Gui- nem Schreibtisch durch analoge Projektion sicht- tars, pianos, bass, drums, strings, harp, cym- bar werden. Er unterteilt den Tisch in vier Displays: Sieben bis Zehn Millionen bals, wind-bells, brass, percussion, synthesizer, Ein Text LED Display, ein LED Equalizer, ein Split Stefan Panhans bouzouki, you can even find an old cash register Screen mit Video Visuals. Alle diese Komponenten 5:30 2005 and other weird, funky objects on which music sind aus einfachen Büromaterialien nachgeahmt. Das Gesicht eines Mannes mit orange-rot- is played. This project is also revolutionary in Vorwiegend wurden die Techniken der 2D traditi- geflecktem Hip-Hop-Camouflage-Cap und the way it involves the users - it is THEIR pro- onellen Animation und 3D gegenständlichen Stop dicker, pelzbesetzter Kapuze fixiert uns mit ject, featuring THEIR work. in that sense Kuti- Motion Animation verwendet. Fantoche, CH / VIS stechend blauen Augen und 3-Tage Bart - fron- man is really a new kind of a „system architect“ Wien / Soundframe Festival Wien *Wien tal, unablässig, nahezu agressiv. Er erzählt uns - taking „everybody‘s“ input and constructing schwitzend, in einer Art hysterischem Stakkato something totally new from given materials. und in einem eher aus Musikvideos bekannten, The users who play and sing in the videos are coolen Slanggemisch über seine Vorgehenswei- going to be surprised themselves: singers such se beim Einkauf einer nicht näher bestimmten as Lesley, a gifted vocalist from Washington DC, High-Tech hardware. Er spricht in fast sektie- may soon discover herself performing the lead rerisch predigender Eindringlichkeit von der vocal in „I am New,“ a song, or rather a music zehrenden ’Konsumarbeit’, von der alltäglichen video, she never heard of. Same for Kirbmaster, Verwirrung und von paranoischen Momenten or the violinist from Taiwan, who will soon find in den heutigen Konsumtempeln. Er steigert out that they are part of this new venture. In sich über eine akribische, besessene, alptraum- that sense this is no conventional mesh-up but hafte Produktsuche bis zu dem Versuch, der a unique web creation compiled of and for the Kaufentscheidungsfindung etwas Mystisches, Schöner Straßenbahn fahren mit den Happy users. Check out Kutiman‘s mixes of YouTube fast Pseudoreligöses zuzuschreiben. Aus Kata- Gangstas: Minor Swing - Thru-You is available only on the net - www. log: »Happy Believers«, 7 Werkleitz Biennale, Max Hoffs Thru-You.com. Halle, 2006 Art cologne, Köln, Galerie Olaf 3:53 2009 Kutiman released his highly acclaimed debut album Stüber / Transmediale 06, Berlin / 7.European Was machen diese Männer mit den Hüten in der Stra- late 2007 early 2008 on Melting Pot Music from Ger- Media Art Festival, Osnabrück / Kunstverien ßenbahn? Sind es Kontrolleure auf der Suche nach many. The album received great reviews and support Heidelberg / u.v.m.*Hamburg Schwarzfahrern? Oder sind es Schwarzfahrer, die Aus- from diverse magazines such as Pitchfork, The Fader, schau nach Kontrolleuren halten? Nein, es sind die Exclaim, XLR8R, Wax Poetics, Straight No Chaser, Happy Gangstas, die mit ihrer Musik die triste Stra- and DJs such as Mark Ronson, Gilles Peterson and ßenbahnfahrt durch die Düsseldorfer City zu einem Jazzanova, to name but a few. Erlebnis werden lassen, das Spaß macht. *Düsseldorf 51 52 Vielen Dank an: alle beteiligten KünstlerInnen! Mina Bellack, Frauke Tomczak, Doris Krystof, Anja Vormann, Katharina Kiebacher, Heike Sperling, Axel Ganz, Romano Granderath, Denis Rosen, Birgit Jensen, Neringa Naujokaite, John Calcutt, Thorsten Ebeling, Robert Hartmann, Karin Rauers, Heinz Holzapfel, René Hamacher, Volker Schraeger-Enkirch, Jörg Schlürscheidt, Marc Matter, Simone Letto, Andreas Techler, Myriam Thyes, Saskia Zeller, Nicola Schrudde, You Jin Chang, Fabian Greb, Renate Buschmann, Annika Tannert, inter media art institute, Lisa Kuschmann, Lars Klostermann, Florian Kuhlmann, Boaz Murad, Rieke Schillmöller;

53 54 AUSBLICK AUF 2010

Un..schärfen des Dokumentarischen In nächsten Jahr suchen wir nach Videos und Filmen, die einen Bezug zum Dokumentarischen suchen und diesen frei und künstlerisch auffassen. Hier können fiktive, strukturelle, animierte, sowie musikalische Elemente in der Auseinandersetzung mit Dokumentarismen eine Rolle spielen. Es interessieren Äußerungen zur gesellschaftlichen Lage, Szenarien der Realität, aber auch Details des alltäglichen Lebens, gefundene Situationen und Objekte, Reflektionen auf das Genre selbst oder eine Auseinandersetzung mit den medialen Darstellungsformen der Informationsgesellschaft. Das Dokumentarische bezieht sich rein auf die Möglichkeit des Dokumentarischen, wobei jeder Zweifel daran, ob das Reale, die Wahrheit, das Tatsächliche überhaupt darstellbar sind, in die Auseinandersetzung mit eingebunden sein kann: Schaffen dokumentarische Bilder, die geschnitten und montiert, gekoppelt mit Tönen und Worten, sprachlichen Deutungen und Rhythmen, neue Fiktionen, sind sie Entwürfe einer Realität? Sind sie Abbilder oder Appelle, Vorschläge, Anweisungen zur Betrachtung der Welt? Wie zeigt sich Dokumentarisches in der Kunst?

“Die ständige Unsicherheit darüber, ob dokumentarische Wahrheit möglich ist…, der ständige Zweifel, ob das, was wir sehen, auch mit der Wirklich- keit übereinstimmt, stellen keinen Mangel dar, der verleugnet werden muss, sondern im Gegenteil das entscheidende Charakteristikum dokumentari- scher Formen.“ „Das Leben kann nicht so, “wie es ist”, ins Bild eingehen. In dem Moment, indem es Bild wird, hat es sich entäußert und ist zu seinem Anderen geworden. Es ist sein eigener Doppelgänger, gleichzeitig echt und unheimlich, Original und Kopie, real und surreal. Das dokumentarische Leben, wie es ist, kann alles sein, nur nicht es selbst...” *)

Wir freuen uns für den nächsten Kunstfilmtag auf eine vielfältige Auseinandersetzung mit dem Dokumentarischen in Videokunst und Künstlerfilm.

Un..sharpness of the documentary This year we are looking for videos and films which approach their subjects using documentary methods, where the relationship to the documentary can be perceived very freely and artistically. Even fictional, structural, animated, musical elements are possible in the analysis of the documentary. We are interested in commentaries on the state of society, in scenarios of reality, but also in details of day-to-day life, in encountered situations and objects, reflections on the genre itself or an analysis of the media forms of expression of the information society. The documentary purely refers to the possibility of the documentary, where every doubt whether the real, the truth, the factual can truly be portrayed, can be integrated into the discussion. Do documentary pictures, cropped and mounted, coupled with sounds and words, linguistic interpretations and rhythms create new fictions, are they sketches of a reality? Are they reflections or appeals, suggestions, instructions on a view of the world? How do these pictures stand in the context of their distribution or presentation and in the context of their creation? How does the documentary manifest itself in art?

“The constant uncertainty over whether documental truth is possible…, the constant doubts about whether what we see even corresponds with reality do not portray a shortcoming which has to be denied, but rather, on the contrary, the one key feature of the forms of documentary.“ “Life cannot be put into picture “as it is”. At that moment in which it becomes a picture, it has relinquished itself and become something else. It is its own doppelganger, simultaneously real and strangely artificial, an original and a replica, real and surreal. The documentary life as it is can be everything, except itself....” *) We look forward to the next art film day, to a diverse analysis of the documentary forms in video art und artistic film.

*) from Hito Steyerl: „Die Farbe der Wahrheit - Über Dokumentarismen im Kunstfeld“, Verlag Turia und Kant, 2008 The image shows policemen filming demonstrants during a demonstartion against the german nationalist party on 04-01-2006 / source: public domain

55 INDEX

Alberti 36 Hoitz 30 Samen 44 Antlfinger 11 Hoyme 42 Sander 19 Armaniaco 37 Horndasch 44 Sappok 9,48,49 Arndt 37 Hugin 37 Schäfer 35 Baek 32,33,44 Hübner 45 Schaufelberger 16,19 Bang 11 Hummel 21 Schmacke 42 Barenbrock 27 Huth 23,24,25 Scholz 42 Bellack 31 Ikonomeas 11 Schreiner 8 Bergeron 20 Jesdinsky 46 Schrudde 43 Bergmann 13,19 Jonas 15,50 Schülke 9 Bohley 50 Kaasinen 20 Schultze 19 Bohlin 35 Karakaya 11 Schurer 31,33 Boix-Vives 44 Kemsa 27 Segler 44 Boje 26 Kiebacher 9,26,33 Seidl 8 Borsch 13,16 Klepsch 9 Shniderman 28 Bourouliti 35 Klostermann 5 Sich 25 Bowinkel 35 Kohl 23,25 Simon, Benjamin 16 Brand 10 Kohlmann 17 Simon, Peter 31 Braun, Alexander 30 Koolwijk 36 Sperling 12ff Braun, Maurice 14,16,21 König 25 Spielhoff 43 Buchholz 20 Kötter 8 Steinmann 50 Buob 37 K-soul 27 Stepanian 42 Burke 20 Kühhirt 23,25 Stevens 37 Calcutt 32ff Kutiman 51 Stroebele 50 Chan 30 Lan 34 Suda 28,33 Chang, Jen-Kuang 29 Krämer 43 Sworn 10,33 Chang, You-Jin 12ff,19 Lachenmann 28 Taubert 24 Cherubini 37 Larson 37 Techler 50 Chiang 23,25 Leneweit 27 Teich 9 Cremer 19 Lichtfaktor 25 Texier 19 Daemgen 23,25 Lössl 34 Thompson 15,30 Daniel 34,37 Lorenz 26 Thyes 11 Dee 8,33,44,50 Lux 26 Tomczak 38ff Denda 9 Mantione 42 Vardar 26 Dunn 51 Marget 16,17 Vedder 8 Ebeling 47 Martch 50 Verbeek 11 Ebertbrothers 36 Matter 43 Vogel 19 Economou 20 Mattheß 23,24 Vormann 22ff Eggener 17 Mayrhofer 11 Voth 16 Enns 51 McCue 34 Walther 42 Epe 17 McElwee 21 Warrass 31 Erbacher 45 Mercer 18 Werth 16 Eßer 16,17 Mielke 18 Wiersbinski 45 Ettlinger 46,49 Mußinghoff 30 Willgren 20 Fasbender 12ff,29 Müller, Jan Philip 50 Winarni 9 Fitz 8 Müller, Otto 46,49 Wissmann 36 Flachsenberg 23,24 Naujokaite 34 Wolf 25 Fleisch 43 Nettell 21 Yanagisawa 21 Flory 36 Nothnagel 43 Zeller 21 Fragstein 13,16,17 Nienstedt 15,50 Franco 36 Orr 19 Frentzen 17 Oschmann 18 Ganz 12ff,50 O‘Sullivan 43 Ghattas 45 Panhans 51 Greb 12ff,17 Pasalk 25 Gwinner 9 Paskali 21 Hadler 43 Pecho 28 Hagemann 45 Pondskater 15,50 Hauf 29 Polzin 13,18 Halfpastselberschuld 51 Popovic 51 Hattenberger 42 Pürschler 30 Haugen 29 Puller 44 Hauschka 23,25 Rae 35 Hausmann 46 Ramani 34 Heidebrecht 16 Ratzke 45 Henson 33,35 Reeh 37 Hochstatter 45 Reich 24 Hofmann 31 Rodríquez 27 Hörner 11 Roscoe 36 Hoffs 51 Rosenberger 28