Originalveröffentlichung in: Museen : Geschichte und Zukunft, München 1994, S. 9-20

Michael F. Zimmermann

Einleitung

Museum und Forum, eine Berliner Tradition spitze „zu einer Freistätte der Künste und der Wissenschaf­ ten“ umzuschaffen, und Stüler neben dem Museum auch den Die Berliner Museumsgeschichte bedeutet für die heutigen Peripteros konzipieren ließ, der dann als Nationalgalerie Planungen eine Verpflichtung, die notwendige Zusammen­ gebaut und von weiten Kolonnadenstellungen umgeben führung der Sammlungen und die Pflege der ungenügend wurde (1865—1869). Auch Sempers Dresdener Gemäldega­ instandgesetzten Bauten bietet aber auch eine unwieder­ lerie (1847-1855), die den Zwinger nach Osten abschließt, bringliche Chance. In waren die Museen fast immer bindet die barocke Anlage Pöppelmanns in ein Forum ein, eingebunden in Foren, geplanten Ansammlungen von Bau­ bestehend aus Opernhaus (zuerst 1831-1841, dann ten und Monumenten im Dienste der Öffentlichkeit. Die 1869-1878) und aus Schinkels Altstädter Hauptwache Stadt war implizit auch das Thema von Museumsplanungen (1830-1832). Auf die Einbindung von Sempers und Carl des 19. Jahrhunderts, und das ist mehr als in jeder anderen von Hasenauers Kunsthistorischem Hofmuseum in Wien Metropole in Berlin auch nach 1945 so geblieben. (1872—1889) in die Ringstraßenplanung sei nur verwiesen. In Frankreich hatten moderne Museumstypen in der Akade­ Immer ging es darum, Öffentlichkeit durch Bauwerke zu mie und in den Entwürfen ihrer Wettbewerbe zuerst auf definieren. Daß dafür gerade in Deutschland Wissenschaft dem Papier Formen angenommen. Etienne-Louis Boullees und Kultur ausschließlich herhalten mußten, ist bei dem gigantische Entwürfe und die ebenfalls großdimensionierten weitgehenden Mangel an Parlamentsgebäuden und kurioser­ Utopien J.-N.-L. Durands in seinem Precis des leqons d’ar- weise bis nach der Reichsgründung auch an Rathäusern und chitecture donnees ä l’ecole polytechnique (1802-09) legen Justizpalästen neben den Fürstenresidenzen symptomatisch. davon beredtes Zeugnis ab. Die Gigantomanie macht deut­ Das Panorama der Residenzstädte wurde durch Inhalte bür­ lich, daß Museen wie auch Bibliotheken, Parlaments- und gerlicher Kultur und durch die Bauten, die dafür stehen, Regierungsgebäude oder Krankenhäuser und Gefängnisse statt durch Formen bürgerlicher Souveränität und ihre bauli­ als Gebäude der (und nicht nur für die) Öffentlichkeit aufge­ chen Symbole besetzt. faßt wurden. Schinkel realisierte als einer der ersten Archi­ Im 20. Jahrhundert hat sich dieser Forumsgedanke weitge­ tekten einen Kranz öffentlicher Gebäude in einem Entwurf hend im urbanen Gefüge multifunktionaler Städte verloren. für eine ideale Residenzstadt. Auf dem Gelände der heutigen Doch in Berlin wurde er in den 60er Jahren in einer Planung Museumsinsel lebten Handel und Kultur in guter Nachbar­ von einzigartiger Geschlossenheit und programmatischer schaft. Das Alte Museum (1823-1830) mit seiner weitge­ Dichte wieder aufgenommen. Als Bauwerk schlechthin, als spannten Stoa und der offenen , dem zum Lustgarten moderner Tempel wurde Ludwig Mies van der Rohes Neue hin offenen Treppenhaus, machte Öffentlichkeit zum Nationalgalerie am Kulturforum zwischen Landwehrkanal, Thema. In der vorausgegangenen Debatte hatte der Archäo­ Matthäi-Kirchplatz und Kemperplatz von 1962 bis 1968 loge Aloys Ludwig Hirt gefordert, die Meisterwerke der errichtet. Schon vorher wurde gegenüber am völlig ver­ Kunst dürften nicht die Kulisse für Fürsten abgeben, son­ schwundenen Kemperplatz Hans Scharouns großartige Phil­ dern müßten allen gehören. Zugleich akzentuierte das harmonie (1959-1963) angesiedelt, die man noch nach dem Museum die geschlossene Blockhaftigkeit des gegenüberlie­ Wettbewerb von 1956 hinter dem Joachimsthalschen Gym­ genden Schlosses wie auch des Zeughauses, denen sich später nasium an der Bundesallee verstecken wollte. Sie war Teil die Bauakademie (1831) hinzugesellen sollte, während das eines demokratischen Stadtforums ohne Platz für privile­ Schauspielhaus am (1818-1826) sich weit gierte Repräsentation, das durch die Staatsbibliothek (Wett­ und mit struktureller Durchsichtigkeit zur Stadt öffnet. bewerb 1964, Bau 1967—1978) und den 1987 unter Leitung Die urbanistische Einbindung von Museen und Museums­ von Edgar Wisniewski, vormals Leiter des Scharounschen projekten war etwa gleichzeitig auch für Leo von Klenze in Planungsbüros, fertiggestellten Kammermusiksaal konse­ München selbstverständlich. Zwar war seine Glyptothek quent vollendet werden konnte. Gewiß gehörte zu Scha­ (1815-1830) das erste wichtige Bauwerk am kurz zuvor rouns egalitärem Konzept der parkartigen Stadtlandschaft - erschlossenen Königsplatz, aber eine Nutzung des Platzes das Forum sollte gegenüber der Staatsbibliothek durch ein als Forum von Kulturbauten war von vornherein geplant - Bundesgästehaus zum „Tal“ ergänzt werden - implizit die ob man nun an ein innerstädtisches Kloster oder an die Vorstellung einer erlebnishaften Erschließung durch die gro­ Staatsbibliothek als Pendant dachte. Schließlich gehört auch ßen Verkehrsadern. Friedrich August Stülers Planung für das Berliner Neue Die aufgrund einer Entscheidung des Stiftungsrates vom Museum (1843-1846) in diese Reihe. Getrost darf man hier 28. September 1962 begonnenen Planungen zur Ansiedlung die abgedroschene Formulierung König Friedrich Wilhelms der in Dahlem untergebrachten Sammlungen der Stiftung III. zitieren, der beabsichtigte, das ganze Areal bis zur Insel­ Preußischer Kulturbesitz am Kemperplatz gehören in diesen IO Einleitung

konzeptuellen Horizont. Verkompliziert wird er durch die mentino (ca. 1773-1780) von Michelangelo Simonetti und Doppelgesichtigkeit eines ideologisch auf Gesamtberlin, Giuseppe Camporese ist Stirlings Bauten verwandt, über­ vom tatsächlichen politischen Erwartungshorizont aber auf setzt man einmal nach innen wirkende Hohlform in nach den Westteil der Stadt ausgerichteten Gesichtsfeldes. Wäh­ außen wirksame Raumkörper. Aus Holleins Planung wurde rend man von einem Kulturgürtel redete, der von der nach verquälten Diskussionen und sich stetig ändernden Museumsinsel über die Humboldt-Universität und die Planungsvorgaben, auf die der Architekt jeweils reagierte, Staatsbibliothek Ost bis zum Kemperplatz, weiter über den dann doch nichts; aber das Projekt steht noch so erratisch im Martin-Gropius-Bau, die Kunstbibliothek und die Techni­ Raum, daß man über erneute Planungen noch nicht ent­ sche Universität um den Ernst-Reuter-Platz bis nach Char- scheiden kann. lottenburg reichen sollte, meinte man doch offensichtlich ein Der Forumsgedanke im Zusammenhang mit Kulturbauten alternatives Forum zu der „Freistätte“ im östlichen Zen­ war in Berlin bis unmittelbar in die Zeit vor dem Fall der trum, wie man später durch Aldo Rossi auch ein alternatives Mauer höchst lebendig. Nach dem Mauerfall gewinnt er eine historisches Museum zu dem der DDR im Zeughaus bauen neue, gesteigerte Bedeutung. wollte. Rolf Gutbrod ist als Architekt der Museen am Kem­ Während bisher (mit Ausnahme der Wiener Ringstraße) von perplatz erst 1968 nach langen Diskussionen aus einer reinen Kulturforen die Rede war, soll nun der Blick auf unentschlossen ausgefallenen Wettbewerbsentscheidung einen weiteren urbanistischen Zusammenhang gewagt wer­ (1965) hervorgegangen. Wie in seinen glücklicheren Anla­ den. Was in Berlin an staatlichen Repräsentationsbauten, an gen, so den Kölner Universitätsgebäuden, ist er Scharoun Verwaltungs- und Wohngebäuden zu errichten ist, läuft auf auch in den Berliner Museen durch die Offenheit seiner die größte Neudefinition von Stadtgestalt unserer Zeit in Platz-, Eingangs- und Innenraumgestaltungen und durch Europa hinaus. Daß Architektur dabei ein Verständnis das bei ihm allerdings oft nicht mehr durchschaubare diago­ gesellschaftlicher Funktionen zugrundelegt und diese nale Liniengeschiebe verpflichtet. Zugleich bringt er Funk­ zugleich symbolisiert, zeigte die Diskussion um die Neuge­ tionales in der Formensprache des Brutalismus ein; Beton­ staltung des Epizentrums um den Leipziger und den Potsda­ massen türmen sich zu allzu engen funktionalen Korsetten, mer Platz. Es ging um die Scheidelinie zwischen der alten, die den Sammlungen und vor allem den Kunstwerken die bis zur ehemaligen Akzisenmauer am Leipziger Platz gehen­ Freiheit zum Atmen nehmen. Wenn wir Skepsis gegen die den Stadt und dem neuen, schon in der Kaiserzeit, dann autogerechte Landschaftsmalerei demokratischer „Park- mehr noch in den 20er Jahren kommerziell geprägten way“-Architektur am Kemperplatz haben, so bedeutet das Westen. Die Gewinner eines Wettbewerbs, über den nach auch, daß Scharouns zu Recht bewunderte Stadt-Utopie allzu kurzer Auslobung im Oktober 1991 entschieden heute dennoch nicht mehr verbindlich sein kann. wurde, waren Heinz Hilmer und Christoph Sattler. Sie Das zeigte sich bei dem Debakel um den 1983 ausgeschriebe­ haben die traditionelle Trennung von Stadtmitte und Westen nen und mit seltener Eindeutigkeit entschiedenen Architek­ in ihrem sicher nicht genialen Entwurf solide zum Ausdruck tenwettbewerb um die Gestaltung der Mitte des Kulturfo­ gebracht. Die Gebäude zweier der Investoren, Daimler- rums. Während die meisten Planer sich noch an Scharouns Benz und Sony, gruppieren sich mit expressiven Türmen um Bundesgästehaus und damit an das imaginierte „Tal“ anlehn­ den . Dort stand einst die schwungvolle Fas­ ten, ging der Gewinner Hans Hollein andere Wege. Er sade des Columbus-Hauses von Erich Mendelsohn, die in wollte den Platz mit piranesihaften Türmen in der Achse der ihrem zeichnerischen Duktus urbanen Verkehr und Matthäikirche und der Leipziger Straße besetzen, ihn mit Geschwindigkeit ausdrückte. Den Leipziger Platz rahmt ein einer ausschwingenden Kolonnade gegenüber der Staatsbi­ architektonischer Stehkragen, der das Oktogon diesmal nur bliothek und mit einem Kanal gegenüber dem Gutbrodschen zaghaft heraushebt: architecture parlante - sprechend jedoch Museum abschließen und so das Gegenüber von Mies van allenfalls vom einmal Dagewesenen, eine Geste uneingestan­ der Rohes in sich ruhendem Idealbau und Scharouns expres­ dener Sehnsucht. Entlang des freien Platzes um die verschol­ siver Stadtkultur-Architektur inszenieren. Die im Grunde lenen Geleise des Potsdamer Bahnhofes reihen die Architek­ unentschlossene Symbolik, die sich dennoch mit Entschie­ ten einen neuen Typus aufgesockelter, U-förmiger Blockge­ denheit äußert und Architekturutopien der frühen Moderne bäude aneinander, urban gebändigte, schlecht zu beleuch­ durch noch frühere Visionen konterkariert, ist im besseren tende Kraftprotze - zwar keine Gartenzwerge neben den Sinne postmodern. Die piranesiartigen Monumente, die zu Wolkenkratzern, aber doch Gnome, die von einem mitteleu­ romantisch und auch in der Funktion („Bibelturm“) zu ropäischen Mythos von Urbanität zeugen. Der Verzicht auf mythisch sehnsüchtig daherkommen, um von klassischer höhere Dachtraufen, auf technoide Triumphe, ist Bedingung Staatsverantwortung zu zeugen, empfand man ebenso wie dieser italianisierenden und doch berlinerischen Blockbe­ James Stirlings Wissenschaftszentrum als sinnlos babylo­ bauung und drückt sich auch ästhetisch aus. Die Mischung nisch. Dabei sammelt auch Stirling nur in programmatischer von historischem Zitat und träumerischer Innovation Ratlosigkeit Urformen von Architektur. Man sollte bei der konnte sich gegen intellektuell großzügigere Konkurrenz Wertung nicht vergessen, was der Klassizismus mit seiner durchsetzen, etwa gegen Oswald Mathias Ungers’ raffinierte Architektur öffentlicher Verantwortung für die aufgeklärten Überlagerung eines „westlichen“, aus der Miesschen Natio­ Monarchien piranesischen Phantasien verdankt. Die nalgalerie abgeleiteten Rasters, woraus gläserne Türme wie Ansammlung runder, polygonaler und rechteckiger Räume quadratische Stäbe emporwachsen, und eines etwas größeren bis zur Sala a croce greca im vatikanischen Museo Pio-Cle- und diagonal versetzten, östlichen, den Leipziger Platz und Einleitung I

die Achse der Wilhelmstraße aufnehmenden Rasters, um das Viertels, die Epoche vor der Ölkrise paßt, nicht aber in unser sich scheinbar unbeeindruckt durch die Türme Blockbebau­ skeptisch gewordenes Fin de siede. In der eleganten, detail­ ung arrangiert. Vor allem aber konnte sich die sensible juste- genauen Überarbeitung von Hilmer & Sattler, die die sechs­ mz7ze«-Architektur von Hilmer & Sattler gegen die mit gro­ eckigen Pfeiler - Gutbrods Hommage an die Philharmonie - ßem Aufwand von den Investoren unter unfairer Umgehung zu Pretiosen macht, kehrt sich die Scharounsche Offenheit des Wettbewerbs aufgebrachte Konkurrenz durchsetzen. vom demokratischen Prinzip zu gediegen-luxuriöser Platz­ Ein ausgefeilter Entwurf von Richard Rogers Partnership verschwendung um. Bourdieu hatte in den 60er Jahren die hätte das ganze Areal in eine unverbrüchlich modern arran­ soziale Hauptfunktion der Museen als Kultur der Distink­ gierte Kommerzarchitektur umgestaltet. Platzanlagen, die tion beschrieben: Die einen fühlten sich im erhebenden Sinn spitzwinklig dreieckige Grundrisse modulieren, sollten zwi­ als dazugehörig, die anderen als ausgeschlossen. Sind wir alle schen ansteigenden Bauten auf mittlere Wolkenkratzer als so gebildet geworden, daß wir über Einschüchterungsarchi­ Höhepunkte arrangiert werden. Jedes der unterschiedlich tektur nicht mehr nachdenken müssen? - Die palastartige, an angespitzten Tortenstücke mit Plätzen und Wolkenkratzern historisch Maßgebliches von Palladio über Klenze bis zu hätte einem der Investoren das bauliche Profil verliehen. Mies van der Rohe anschließende Gemäldegalerie von Hil­ Das Forum dahinter blieb ausgeschlossen, bis im Realisie­ mer & Sattler, die sich in einem markanten Bruch an die rungswettbewerb (September 1992) der Gewinner für das Eingangshalle anschließt, besticht zwar zunächst durch die Daimler-Benz-Projekt, Renzo Piano, auf die benachbarte Liebe zum Detail und die Sorgfalt der Motivgestaltung. Staatsbibliothek mit einem Kopfbau für die Alte Potsdamer Doch die unhektische, angenehme Ruhe, die aus der Pla­ Straße reagierte, der Scharounsche Formen aufnimmt. Aber nung spricht, kann nicht vergessen lassen, daß Museen nicht im ganzen liegt das Kulturforum eben „hinter“ der nur Refugien, Orte der Erbauung sind. Am Potsdamer Platz Abbruchkante der neugeplanten, großstädtischen Verdich­ die etwas zu schön gemalte Stadt, ein wenig aus einer moder­ tungsarchitektur. Der Versuch, das gewachsene und in vehe­ nen Mary-Poppins-Perspektive gesehen, hier das zum Stau­ menten Diskussionen weiter wachsende Kulturforum mit nen und zur Ruhe einladende Museum der Posthistoire. einer Vision zeitgenössischer Großstadt zusammenzubrin­ Selten finden museale und stadträumliche Träume so unmit­ gen, ist einstweilen gescheitert. Die Anballung monofunk­ telbar zusammen wie in den Projekten von Hilmer & Sattler tionaler Hochverdichtungsbauten, die sich nach Laden-, für die Gemäldegalerie und für die Stadtgestaltung im Süd­ Büro- und Museumsschluß wie das Zentrum von Chicago in westen der alten Innenstadt. Der forensische Gedanke der ein gefährliches soziales Niemandsland zu verwandeln dro­ Bauaufgabe Museum wird durch Gutbrods Öffnung wie hen, ist ein Rückschritt in der erfreulich multifunktionalen durch die Oasenbildung von Hilmer & Sattler fortgeführt, und dadurch trotz ihrer Häßlichkeit so bewohnbaren Stadt. wenn auch auf eine problematische Weise. Er hat in Berlin Bedingt wurde er durch den übereilten Verkauf des Gelän­ eine bis heute vielleicht unausweichliche Tradition. Diese des am Potsdamer Platz. Das Forum droht zum Kulturzen­ Forumstradition muß bei den auf der Spreeinsel anstehenden trum, zur Präsentationsmaschine von Kunst zu verkommen. Maßnahmen in zweifacher Hinsicht aufgenommen werden. Die Stiftung hätte an den Planungen wortführend teilneh­ Zum einen wollen die historischen Bauten als Zeugnisse men sollen und auf der vordringlichen Realisierung einer respektiert werden. Die in ihnen realisierten utopischen Gestaltung des Kemperplatzes bestehen müssen. Vorstellungen über die gesellschaftliche Rolle von Kultur Die Debatte um die Museen von Rolf Gutbrod am Kemper­ und Kunst sind dabei zugleich Herausforderungen für platz und um die Gestaltung der Mitte des Kulturforums unsere Zeit, die nach anderen Antworten auf die gleichen zeugt von der gleichen uneingestandenen Ratlosigkeit, die Fragen sucht. Zum anderen stehen die restauratorischen und auch die Debatte um das benachbarte Großstadtprojekt ergänzenden Eingriffe in engem Zusammenhang mit ande­ kennzeichnet. Man versucht, sich hinter £>ow-sews-Entschei- ren notwendigen restauratorischen und baulichen Maßnah­ dungen zu verbergen. Ein eingestandenes Bekenntnis zur men, durch die Berlin wieder in Stand gesetzt werden soll, Unmöglichkeit der Fortsetzung architektonisch-gesell­ Hauptstadt zu sein. Den Museen und der Stadt ist dabei schaftlicher Utopien der frühen Moderne bis in die 60er eines gemeinsam: Beide haben es nicht immer mit geliebten Jahre wäre Holleins Platzgestaltung, ein Triumph monu­ Traditionen zu tun. Messels Pergamon-Museum wurde von mentaler Sehnsucht. Die Kritik reagierte auf das Gutbrod- Gaehtgens kürzlich als Zeugnis des kaiserzeitlichen Kultur­ sche Kunstgewerbemuseum mit Entsetzen; es übertönt die imperialismus gedeutet. Aber auch der bildungsbürgerliche Kunstwerke und zwängt sie zugleich ein. Als auf Veranlas­ Kulturgedanke des Neuen Museums, das preußische Staats­ sung des Generaldirektors der Stiftung Preußischer Kultur­ macht durch Wissenschaft und Kunst, sogar durch Technik besitz, Prof. Wolf-Dieter Dube, erneut ein Wettbewerb für - kurz durch zivilisatorische Kompetenz ausdrückt und den die Gemäldegalerie am Kemperplatz ausgeschrieben wurde Bürger implizit dazu auffordert, sich allein in diesen Berei­ und die Gewinner, Hilmer und Sattler, die Planungen auf­ chen zu bilden, schließlich das in Kaulbachs Fresken ausge­ nehmen konnten, waren die Kunstbibliothek mit dem Kup­ drückte, auf die Reformation zuführende Geschichtsver­ ferstichkabinett und eine verbindende Eingangshalle zu weit ständnis sind uns nicht durchweg sympathisch. - Analog hat fortgeschritten, um noch umgeplant zu werden. Die Ein­ die Stadt es mit einem letztlich noch ständestaatlich aufge­ gangshalle hätte die Großzügigkeit der Scharounschen faßten Reichstagsgebäude, mit zahlreichen verrottenden Staatsbibliothek ins Brutalistische übersetzt - eine Großzü­ Fabrikgebäuden der Jahrhundertwende, mit mancher unge­ gigkeit, die in die 70er Jahre, in die Zeit des Märkischen liebten Nazi-Architektur wie dem Sagebielschen Reichsluft­ 12 Einleitung

fahrtministerium oder gar mit der „Topographie des Ter­ zum gesamtdeutschen Kulturanliegen. Berlin ist insofern vor rors“, schließlich mit dem Palast der Republik und den staat­ anderen Städten privilegiert. Schon diese einzigartige, in die­ lichen Repräsentationsgebäuden, aber auch mit liebloser sem Funktionswandel eher gewordene als konstitutionell Wohnarchitektur der DDR-Zeit zu tun. Die Stadt flüchtet gewollte Konstruktion erfordert demokratische Entschei­ sich auf der Suche nach positiven, nationalen Identifika­ dungskultur über Berlin hinaus und die Suche nach Kon­ tionssymbolen in die Vision eines Schlosses, das unter Aus­ sens. Die Sammlungen werden über einen langen Zeitraum blendung der über es hinweggegangenen politischen neu strukturiert; auch der Neubau oder die Neugestaltung Geschichte auf die kunsthistorische Bedeutung reduziert der Museumsbauwerke wird viel Zeit beanspruchen. Die wird. In einer Zeit, da der englische Thronfolger aus grund­ Museen werden daher nicht nur pragmatische Problemlö­ sätzlicher Opposition gegen moderne Architektur Kapital sungen sein, sondern von ihrer Geschichte zeugen, von der schlagen kann, läßt sich mit dem alten Neuen mehr Staat sie Spuren in sich aufnehmen werden. Sie werden von der machen als mit jedwedem wirklich Neuen. Die Stadt steht Kultur der Debatte und der Entscheidungsfindung zeugen, grundsätzlich vor der Alternative, zu ihrer Geschichte durch der sie ihre zukünftige Gestalt verdanken werden. Entschei­ behutsame Eingriffe und durch die Pflege des gewachsenen dungskultur jedoch verträgt Zeitdruck nur in Grenzen. Stadtbildes zu stehen und dabei auf architektonische Selbst­ Für die Museen am Kemperplatz wurde im November 1985 darstellung weitgehend zu verzichten, oder Spuren des nach der vehementen Kritik am Gutbrodschen Kunstgewer­ Nationalstaates zu setzen. So stehen auch die Museen vor bemuseums der Kurs korrigiert; im Juni 1986 wurde ein der Alternative einer großspurigen Gesamtplanung als sozu­ Wettbewerb für die Gemäldegalerie ausgelobt, über den im sagen natürlicher Folge der Wiedervereinigung oder eines Juli 1987 entschieden wurde. Man hatte also kurze Zeit vor zurückhaltenden Umgangs mit dem Überlieferten als Zeug­ dem Kollaps der DDR die Architekten und damit die ganze nis einer deutschen Geschichte, aus der es keinen neuen Auf­ Planungsgrundlage gewechselt, ohne daß der in Gang bruch geben kann. befindliche Bauprozeß und damit die einmal genehmigte Ideelle Distanzierung oder gar Diffamierung des Überliefer­ Finanzierung wesentlich unterbrochen wurden. Doch ver­ ten, die sich immer wieder in hämischen Bemerkungen über gingen von der Auslobung bis zur Bauausführung immerhin den bildungsbürgerlichen Geist des Neuen Museums oder fünf Jahre. Nach dem Mauerfall im Oktober 1989 wollte den „roten Plüsch“ Bodes äußert, muß zu einem völligen man nun nicht wieder alles in Frage stellen. In allzu kurzer Mißveständnis der Aufgabe führen. Nicht, daß an diesen Zeit wurde die Öffentlichkeit mit einem Planungskonzept Einschätzungen alles falsch wäre. Wofür oder wogegen wird für die Zukunft der wiedervereinigten Museen konfrontiert, jedoch solchermaßen argumentiert? Für Verarbeitung durch das bis heute die Grundlage aller Planungen ist. Während es Ersatz? Auch wenn historische Bauten künstlerisch nicht zu wohl vor allem um den ungestörten Baubeginn des gerade den allerersten Lösungen ihrer Zeit gehören, sind sie für uns einmal geplanten Baus von Hilmer & Sattler ging, waren nicht einfach verfügbar. Wenn die Bauten vom Selbstver­ bereits die drei großen Museen am Kupfergraben an die um ständnis einer Zeit sprechen, das wir uns nicht zu eigen die Charlottenburger Bestände erweiterten Antikensamm­ machen wollen, so dürfen sie dennoch nicht hinweggeplant lungen vergeben. Zum Nachdenken über die Tradition der werden. Geschichtsverdrängung kann sich keine bleibende­ Sammlungen und über den historischen Wert der Gebäude ren Mahnmale setzen als verplante Museen. Planer und scheint es erst später gekommen zu sein. Zwar ließ man sich Architekten sollten mit der Frage leben, ob ein zukünftiger das eiligst entwickelte Konzept von einer Korona internatio­ Besucher ihrer Sammlungen und Gebäude auf die Erklärung naler Museumsdirektoren absegnen, die vorher jedoch kaum „hier war einmal...“ angeregt oder entsetzt reagieren würde. gehört worden waren. Doch wurden keine Forschungen Das läßt auch die Chance einer hauptstädtischen Museums­ angeregt, man schaute nicht ins Land, wer über die kultur erahnen, die einer unprätentiösen, liberalen Haupt­ Geschichte der Berliner Museen etwas zu sagen hätte, orga­ stadtkultur der Bundesrepublik angemessen wäre. nisierte keine Symposien, die Historiker, Archäologen und Kunsthistoriker hätte zusammenbringen können, publi­ zierte keine Dokumente. Es soll hier gar nicht unterstellt Die Museen am Kemperplatz und auf der Spreeinsel werden, daß man einfach alles festzurren wollte, bevor das Palaver los geht. Mag sein, daß tatsächlich Finanzierungen in Angesichts des Berliner Planungsfiebers muß die Tragweite Frage standen, daß Berlin auf eine neue Unterbringung der der anstehenden Entscheidung immer wieder unterstrichen Gemälde hätte lange warten müssen, daß die damalige Situa­ werden, zumal die Voraussetzungen für eine Weichenstel­ tion von vielen Beteiligten zu Recht als Zwangslage empfun­ lung, die sich auf einen breiten Konsens stützen kann, nicht den wurde. Dann aber sollte jetzt Zeit sein, das Begonnene gut sind. In den Museen der Stiftung Preußischer Kulturbe­ unter Einbeziehung der inzwischen selbst zur Geschichte sitz bündelt eine Nation, die Kultur ansonsten in die Hoheit gewordenen Gemäldegalerie von Hilmer & Sattler zu über­ der Länder stellt, ihre finanziellen und geistigen Kräfte. Die denken. Stiftung wurde gegründet, um das kulturelle Überleben des Bei dieser Ausgangslage war es nicht verwunderlich, daß um preußischen Kulturerbes in Westberlin zum Anliegen der die Museen der Stiftung ein heftiger Streit entbrannte. ganzen Bundesrepublik zu machen. Die Vereinigung der Kurioserweise wird dessen Existenz übrigens von einigen beiden deutschen Staaten machte über Nacht einen Großteil der Direktoren immer noch geleugnet. Sie sehen Planung des kulturellen Lebens der designierten neuen Hauptstadt auch heute noch als zuvörderst Beamten-Auftrag an und Einleitung J3

i Museumsinsel, Luftbildaufnahme, vor 1939

wollen die Verantwortung allein tragen. Da die Debatte stellt, gezeigt werden. Dabei ist die dort geplante Gemälde­ überwiegend von Kunsthistorikern geführt wurde, wohl galerie zu klein für die Gesamtbestände! Man hat dem abge­ auch deswegen, weil die Kunstgeschichte als größere Diszi­ holfen, indem man eine Raumfolge in der südlichen Flucht plin früher das Bedürfnis nach einer engagierten Fachöffent- des Sockelgeschosses, die ursprünglich für Restaurierungs­ lichkeit empfindet als die kleineren archäologischen Fächer, werkstätten und die Büros der Kuratoren bestimmt war, zur stehen die kunsthistorischen Museen im Vordergrund der Studiensammlung umwidmete. Dort sollen dicht gedrängt öffentlichen Diskussion. Auch in diesem Buch wird die Pro­ Gemälde gezeigt werden, die in den großen Oberlichtsälen blematik der archäologischen Sammlungen nur gestreift, des Hauptgeschosses keinen Platz finden. Das Bode- muß jedoch angesprochen werden, da die museologische Museum auf der Museumsinsel soll nach Plänen der Stiftung Neukonzeption einen Eingriff in Bauwerke bedeutet, für die vorerst die Skulpturensammlung aufnehmen. Kunsthistoriker Verantwortung tragen oder sich verant­ Der immer noch geplante Neubau der Skulpturensammlung wortlich fühlen müssen. soll vielleicht nördlich der Gemäldegalerie auf dem Gelände Nach dem Mauerfall wurde die zumindest nach politischer westlich des Kunstgewerbemuseums am Kemperplatz ent­ Rhetorik immer angestrebte Zusammenführung der Berliner stehen. Die bereits fertiggestellte Gutbrodsche Eingangs­ Sammlungsbestände möglich. Will man die Planungen zur halle sollte zugleich der Zugang zur Skulpturensammlung konkreten Vereinigung kurz umreißen, muß man zunächst sein. Nach dieser ursprünglichen, vor der Einheit datieren­ wieder mit dem Kemperplatz anfangen, da er tatsächlich lei­ den Planung wären alle kunsthistorischen Sammlungen mit der zuerst im Mittelpunkt des Interesses stand. Der derzeit Ausnahme derer zur deutschen Kunst des 19. Jahrhunderts im Bau befindliche Galeriebau auf dem Kulturforum am am Kemperplatz beieinander. Das Resultat ist Konzeptions­ Kemperplatz soll die Gemälde aus Ost und West aufneh­ losigkeit besonders für das Bode-Museum, Berlins tradi­ men. Dort sollen also auch die wertvollsten Gemälde, der­ tionsreiches kunsthistorisches Museum für Skulpturen und zeit noch im Bode-Museum auf der Museumsinsel ausge­ Gemälde. Einstweilen muß es die Skulpturensammlung M Einleitung

beherbergen, denn diese Abteilung soll bereits in kurzer Zeit gegenwärtig in der Galerie der Romantiker in Charlotten- aus Berlin-Dahlem ausziehen, um dort den völkerkundli­ burg ausgestellte Malerei, gezeigt werden. Dadurch und chen und den ostasiatischen Sammlungen Platz zu machen. durch den Abzug wichtiger Hauptwerke nach Potsdam Nach der Einbeziehung ungeahnter, in Leipzig aufbewahr­ ergibt sich für Charlottenburg die Notwendigkeit eines ter Bestände wird in Dahlem tatsächlich eine weltweit ein­ neuen museologischen Zukunftskonzepts. Helmut Börsch- zigartige ethnologische Sammlung zusammengebracht wer­ Supan stellt ein solches in diesem Buch vor. - Die National­ den können - vielleicht die stärkste Seite der gegenwärtigen galerie kann die anvisierte Funktion nur nach baulicher Ansätze. Umgestaltung übernehmen. Zwei zentrale, doppelgeschos­ Seitens der Stiftung wurde darüber nachgedacht, ob das sige Räume bilden sozusagen die Cella dieses Peripteros; der Bode-Museum nach einem zweiten Umzug der fragilen zweite endet mit einer am Außenbau ausschwingenden Bildwerke in ein neues Skulpturenmuseum nicht in einer Apsis. Dort sollte nach den Plänen der Erbauer das normge­ integrierenden Ausstellung von Malerei, Skulptur und bende Werk von Peter Cornelius, des deutschen Raffael, Kunstgewerbe einen stimmungsvollen Gesamtüberblick gefeiert werden. In den 30er Jahren wurden diese Säle durch über die Kunstgeschichte geben sollte - ein schwacher Abge­ eine tiefere Decke abgehängt. Die Korrespondenz von sang für die Präsentation der gesamten mittelmeerischen Innen- und Außenarchitektur und der Sinn der Treppenan­ Zivilisation, wie sie von Schinkels Altem Museum über die lage wurden dadurch verunklärt. Um ein zweites Ausstel­ Pläne Friedrich Wilhelms III. für die ganze Insel bis zum lungsgeschoß zu gewinnen, soll die hängende Decke nun Pergamon-Museum Berliner Tradition war. Es scheint frag­ durch eine feste Zwischendecke ersetzt werden. Es bleibt zu lich, ob eine solche Sammlung neben den erstrangigen hoffen, daß es dem Architekten gelingt, die ursprüngliche Museen für Gemälde, Skulpturen und für Kunstgewerbe Gestalt der Säle, die er horizontal zu teilen hat, sichtbar zu bestehen könnte. machen. Konkrete Pläne für die fernere Zukunft des Bode-Museums Die Frage, ob in der Nationalgalerie ausschließlich deutsche gibt es bis heute nicht. Die Neubaupläne der Skulpturen­ Kunst des 19. Jahrhunderts oder auch Werke der französi­ sammlung wurden unlängst, wie man hört, „zurückgestellt“: schen Impressionisten ausgestellt werden sollen, ist zugun­ Die Sanierung der Bauten auf der Spreeinsel verschlingt die sten der letzteren entschieden worden. Wenn man den nach Summen, die dafür benötigt würden. Wenn die Skulpturen­ der Walhalla Leo von Klenzes zweiten im 19. Jahrhundert galerie ins Bode-Museum einziehen wird, so darf man sich realisierten Peripteros allein der deutschen Kunst gewidmet also auf eine dauerhafte Unterbringung gefaßt machen. Die hätte, so hätte man eine dumpfe Tradition evoziert, die Stiftung sieht diesen Umzug im Prinzip noch als Proviso­ selbst der konservativen Weitsicht der Hirt, Waagen, rium an. Dies ist wohl ein wichtiger Grund dafür, daß sie Rumohr und Bode widersprochen hätte, und wäre hinter die Experimente mit einer Präsentation zuläßt, die Skulpturen, Errungenschaften des legendären Direktors Hugo von Malerei und Kunstgewerbe zusammenbringt. Zudem ist der Tschudi zurückgegangen. Der nationale Aspekt innerhalb Neubau der Gemäldegalerie am Kemperplatz so klein, daß der Geschichte der Nationalgalerie sowie die Sammlung auch bessere Gemälde, würden sie nicht im Bode-Museum französischer Impressionisten sind Gegenstand der beiden präsentiert, in den Magazinen verbleiben müßten. So wird Beiträge von Frangoise Forster-Hahn und Barbara Paul. im Bode-Museum derzeit eine behutsam integrierende Aus­ Sammlungen kann man mit einem Umzugsunternehmen stellung in einer Sammlung vorbereitet, die vorrangig Skulp­ umkonzipieren, zerstörte Bauwerke sind für immer verlo­ turenmuseum bleiben soll. Strittig scheint wohl vor allem die ren. Die einzelnen Bauwerke auf der Insel stellen jedes für Anzahl und die Qualität der Gemälde zu sein, die zusammen sich Mindestanforderungen für ihre weitere Verwendung, mit den Skulpturen gezeigt werden sollen. Nach Lage der bei deren Mißachtung die Alarmglocken klingeln sollten. Dinge ist wohl überhaupt nur eine übereilte Planung mög­ Besonders Schinkels Altes Museum, das Neue Museum Stü- lich. Doch ergeben sich durch ein Anknüpfen nicht nur an lers, das Bode-Museum und Messels Pergamon-Museum Bodes Präsentation, sondern auch an die Geschichte der werfen geschichtliche und denkmalpflegerische Fragestel­ Sammlung in Dahlem positive Ansätze. Daher wird in die­ lungen auf, die kontrovers diskutiert werden. sem Buch aus der Dahlemer Ausstellungsgeschichte die An dieser Stelle kann an die Probleme der archäologischen Skulpturengalerie exemplarisch herausgegriffen. Die Kura­ Sammlungen nur erinnert, der museologische Aspekt der toren der Skulpturengalerie wissen nicht, ob sie eine Skulp­ Planungen für die Antikensammlungen nur angerissen wer­ turensammlung, die auf Dauer im Bode-Museum verbleibt, den. Sattsam bekannt sind die Kritiken an Schnelldurchgän­ oder ein kurzfristiges museales Experiment gestalten, das gen („Besucher-Rennbahn“), und man kann sich des Ein­ man seitens der Direktion womöglich sogar zitieren wird, drucks nicht erwehren, daß der Besucher durch einen Über­ um das Scheitern integrierender Ausstellungskonzepte zu hang an interpretierender Museumspädagogik gegängelt verkünden. werden soll. In Zukunft soll das Alte Museum insgesamt der Die Museumsinsel, die sozusagen zur Dispositionsmasse griechischen und römischen Antike gewidmet sein. Das dazugetreten ist, würde nach dem derzeitigen, doch für die schwer zerstörte Bauwerk wurde von 1958 bis 1966 restau­ Skulpturengalerie anscheinend ins Wanken geratenen Kon­ riert, die Säle im Inneren wurden neu gestaltet, wobei vor zept der Stiftung nur noch eine erstrangige kunsthistorische allem die doppelten Säulenstellungen in den Erdgeschoßsä- Sammlung beherbergen: In der 1876 eröffneten alten Natio­ len wegfielen. Der tektonische Charakter der Schinkelschen nalgalerie soll die Kunst des 19. Jahrhunderts, also auch die Architektur kann nun von innen nicht mehr nachvollzogen Einleitung U

werden. Unklar ist, ob man an die Schinkelsche Saalgestal­ abgenommenen - Fragmenten erhaltene Freskenprogramm tung in irgendeiner Weise wieder anknüpfen soll, oder ob einen enzyklopädischen Überblick zur Weltgeschichte. Wil­ man sie im Gegenteil durch die Aufstellung von Großplastik helm von Kaulbachs Darstellung der gesamten „Culturent- auch im oberen Stockwerk zusätzlich negiert. Da der histo­ wicklung aller Völker und Zeiten in ihren geschichtlichen rische Verbindungsgang zum Stülerschen Neuen Museum Hauptphasen“ spitzte die Idee des Museums zu, das in sei­ rekonstruiert werden soll, wird ein Treppenhaus aus der ner Architektursprache und seiner Dekoration insgesamt DDR-Zeit in der Mitte des hinteren Traktes abgerissen wer­ dieses bildungsbürgerliche Konzept zur Schau stellte. Nach den müssen. Das wirft die Frage nach dem Umgang mit der dem Verlust der berühmtesten malerischen Ausstattungen Innenausstattung aus DDR-Zeiten auf. Vor allem wegen des von Museen des 19. Jahrhunderts in Deutschland, des Schin- Wegfalls dieses Treppenhauses erscheint die Verglasung des kelschen Prinz-Albrecht-Palais mit seinem gußeisernen nunmehr allein nutzbaren Treppenhauses an der Fassaden­ Tragwerk im Treppenhaus sowie der Bauakademie besitzt seite als unerläßlich, denkt man nicht an eine bauliche Alter­ das teilzerstörte Neue Museum als beschädigtes Gesamt­ native eventuell in einem der Höfe. Im Herbst 1992 war für kunstwerk und wertvolles Zeugnis historistischen Kunstver­ eine Rembrandt-Ausstellung Schinkels offenes Treppenhaus ständnisses einen besonderen Rang. Keineswegs darf der durch eine Glaswand zwischen den Säulen der Treppenhalle Bau durch einen Nordwestflügel in falsch verstandener Ori­ in der Flucht der Wand zum Lustgarten geschlossen wor­ ginalität dezimiert oder durch ein auswucherndes, postmo­ den. Dies war aus klimatechnischen Gründen notwendig dernes Schatzhaus für die Nofretete entstellt werden. und wird, so sagt man, auch in Zukunft unerläßlich sein. Absurd wäre auch die aufwendige Restauration eines histo­ Daher soll die arg provisorisch wirkende Verglasung durch rischen Baus in der Absicht, dort ein Dunkelmuseum einzu­ eine aufwendigere Konstruktion ersetzt werden. Diese Glas­ richten. Die Bestandsaufnahme und Bewahrung des Erhalte­ wand wandelt die Mauern der Stoa zu einer durchgehenden nen sind ein besonderes Anliegen auch dieses Buches. Wand; die offene Mitte unter der geschlossenen Masse der Das von Ernst Eberhard von Ihne geplante, von 1898 bis Kuppel ist nicht mehr auf Anhieb kenntlich. Da auch die 1904 errichtete Kaiser Friedrich-Museum, heute zu Recht Kuppel nur wenig über den Außenbau hinausragt, wird mit nach Wilhelm von Bode benannt, spielt mit Formen eines der leeren Mitte das plastische Zentrum verunklärt. Aber rationalistisch bereinigten, sich an preußische Traditionen nicht nur die Struktur, sondern auch der urbanistische Aus­ anlehnenden Neubarocks. Es feiert dadurch die Tradition sagewert des Baus wird erheblich beeinträchtigt: Öffentlich­ des preußischen Mäzenatentums. Vor dem Denkmal Kaiser keit war mit der einzigartigen architektonischen Offenheit Friedrichs III., der schon als Kronprinz Protektor der das Thema von Schinkels Architektur. Das Eindringen von Museen war, auf der Inselspitze liegt die Eingangshalle, in Platz-Raum in das Museumsbauwerk, das man solcherart in der auf dem originalen Sockel eine Kopie von Schlüters allen Etagen in Ausgehkleidung betritt, die Funktion der Denkmal des Großen Kurfürsten aufgestellt ist. Ihr Formen­ oberen Plattform auch als Aussichtspunkt zum Genuß der repertoire orientiert sich vor allem am Schlüterschen Hoch­ Platzgestalt, die komplexe Schinkelsche Dialektik von Innen barock. Das hintere Treppenhaus repetiert friderizianisches und Außen, von offener und geschlossener Form, all dies Rokoko mit den Skulpturen der Diana und des Merkur von geht durch die Glaswand verloren. Der Ausblick aus dem Jean-Baptiste Pigalle aus dem Park von Sanssouci. Treppenhaus auf den Platz darf kein Fensterblick werden. Aber staatliche Repräsentation ist nicht allein das Anliegen Im Neuen Museum sollen die Sammlungen der Ägyptischen dieser Architektur. Zwischen beiden Treppenhäusern liegt Kunst gezeigt werden. Bereits 1943 wurde es durch Luftan­ etwa die große Halle der sogenannten Basilika, die sich in griffe schwer zerstört, so daß noch vor wenigen Jahren ein den Formen an die frühe Hochrenaissance Italiens anlehnt. Abriß der „Ruinen“ erwogen werden konnte. Der zerstörte Die Kunst der vor allem als vorbildlich geltenden Epochen, nordwestliche Flügel am Kupfergraben soll, in welcher der italienischen Renaissance und des niederländischen Form auch immer, wiederhergestellt werden. Auch wird ein 17. Jahrhunderts, wurde überall in passend gestalteten Erweiterungsbau auf dem Gelände vor dem Kupfergraben Ambientes präsentiert. Die Architektur trägt dem viel­ benötigt. Eine betont fachgerechte Bauaufnahme gibt es schichtigen Repräsentationsbedürfnis und den unterschiedli­ noch nicht. Es gilt, den nach Plänen von Friedrich August chen ästhetischen Kontexten im Inneren subtiler als am Stüler im wesentlichen von 1843 bis 1846 errichteten Bau Außenbau Rechnung. Die das Bauwerk umziehende Kolos­ behutsam zu restaurieren und zu ergänzen. Immer noch salordnung kann wahlweise an Schlüters Berliner Stadt­ scheint sich nicht herumgesprochen zu haben, daß dieser schloß, an Michelangelos Paläste auf dem Kapitol in Rom u. historistische Bau ein Denkmal erster Ordnung ist, selbst ä. erinnern; ähnlich wie die „Basilika“ kann sie auf verschie­ wenn der Architekt nicht das Niveau Karl Friedrich Schin­ dene Weise „gelesen“ werden und somit Kontext für Barock kels erreichte. Stüler gelang keine derart wirksame Synthese wie für Renaissance schaffen. Die Ausstattung und Gestal­ unterschiedlicher historischer Anregungen wie seinem Leh­ tung der Räume ähnelte den repräsentativen Ambientes zeit­ rer. Doch er bot in dem nach außen bescheidenen Bau ein genössischer Privatsammlungen. Es ging aber vor allem einzigartiges Repertoire stilistischer und technischer Mög­ darum, ein Gefühl für den ästhetischen Zusammenhang der lichkeiten seiner Zeit. Stüler griff Schinkels Ansinnen auf, verschiedenen Kunstgattungen zu vermitteln und in allen englische Industriearchitektur ästhetisch zu nobilitieren. Gattungen aussagekräftige Geschichtszeugnisse zusammen­ Während die Architektur wie ein gebauter Traktat einen zubringen. Vor dem Hintergrund der Burckhardtschen umfänglichen Formenkanon vorführt, bot das in - teilweise Renaissance-Forschung sollte eine Kultur in allen ihren 16 Einleitung

Erzeugnissen präsentiert werden. Dieser Aspekt ist anders mindernder Weise gebändigt wurde. Messel hat durch eine als der zuerst genannte der Repräsentation heute tragfähiger ins Elementare rückinterpretierte Formensprache den denn je. Widerspruch zu den Architekturen von Olympia oder zum Der riesige Bau des Pergamon-Museums, der von Alfred hellenistischen Hauptwerk und das Skurrile des Museums Messel bis zu seinem Tod im Jahre 1909 geplant wurde und als Architektur um Weltarchitektur herausgestellt. Dadurch dessen Fertigstellung sich bis in die 30er Jahre hinzog, ist als fand er eine nicht verlogene Sprache für die Verpflanzung Architektur, die um Architekturen gebaut wurde, ein Uni­ von klassischer Kultur, für die Kultur der Macht. So über­ kum. In ihm sollten die Kunstwerke untergebracht werden, nahm er z.B. den Rhythmus der Giebel vom ehemaligen die vor allem durch das Engagement des Kaiserreichs im Kaiser Friedrich-Museum und ging insofern auf den neo­ osmanischen Reich nach Berlin gelangen konnten. Insofern barocken Nachbarbau ein. Aber er monumentalisierte die­ zeugt er von der imperialistischen Politik des späten 19. und sen Rhythmus auch und machte ihn zugleich konsequent, frühen 20. Jahrhunderts. Den Pergamonaltar hatte der Stra­ indem die Giebel, die beim Kaiser Friedrich-Museum reiner ßenbauingenieur Carl Humann entdeckt und seit 1878 aus­ Zierrat waren, nun zum versteifenden Abschluß von Nord- gegraben. Verträge mit dem Sultan machten den Abtrans­ und Südflügel werden. port nach Berlin möglich, wo das spektakuläre Unterneh­ Das Pergamon-Museum soll in Zukunft in seinem Nordflü­ men zunächst geheimgehalten wurde. Der Altar löste eine gel, dem ehemaligen Deutschen Museum, die islamischen Neubewertung der hellenistischen Plastik aus und machte Sammlungen aufnehmen. Die fest im Obergeschoß des Süd­ Berlin zu einer Kunstmetropole, die ebenso wie London mit flügels eingebaute Mschatta-Fassade soll trotz der damit ver­ dem Parthenonfries im British Museum das internationale bundenen Gefahr für das schöne omaijadische Wüsten­ Publikum anzog. schloß in das Erdgeschoß des Nordflügels verbracht werden. Zunächst war für den Pergamonaltar von 1897 bis 1899 ein Der geplante Durchbruch eines neuen Eingangs in der Mitte von Fritz Wolff geplantes kleines Gebäude errichtet worden, dieses Traktes und die Erhöhung der Säle im Untergeschoß das sich schon bald als Provisorium erwies. Der Archäologe kämen einer Zerstörung gleich. Noch kann man an den Theodor Wiegand, der mit Unterstützung des Kaiserhauses Wänden des Erdgeschosses im Nordflügel ablesen, wie vor die Ausgrabungen in Milet leitete, gab die Anregung für die dem Krieg die Bildwerke deutscher und nordeuropäischer Schaffung eines Museums für Architekturen. Er war Schwie­ Skulptur hier aufgestellt waren. Dem optischen Genuß der gersohn von Georg von Siemens, des Direktors der Deut­ antiken Statuen tut das keinen Abbruch. Die frühchristli­ schen Bank, die entscheidenden Anteil an der Finanzierung chen Sammlungen sollen im Obergeschoß des Südflügels der türkischen Eisenbahn hatte. Auf seine Initiative wurde untergebracht werden, und ein vierter Flügel um den dreisei­ 1906 die Überführung des Markttors von Milet nach Berlin tig umbauten Hof soll einen geschlossenen Rundgang genehmigt. Die Fassade des unvollendet gebliebenen, wohl ermöglichen. Die Überdachung des Hofes der Dreiflügelan­ im 7. Jahrhundert errichteten Wüstenschlosses Mschatta, lage mit einem Glasdach („Louvre-Pyramide“) und die das man damals jedoch für sassanidisch hielt, gelangte 1904 Schließung der Dreiflügelanlage durch einen Flügel zum als Geschenk nach Berlin. Das Bauwerk mußte der Bahnlinie Kupfergraben, womöglich in Dachtraufenhöhe, würden den von Damaskus nach Mekka weichen. Es wurde zunächst im Charakter des Baus völlig verändern. Messels Architektur Erdgeschoß des Kaiser Friedrich-Museums untergebracht. droht als Rohbau-Substanz für etwas Neues ausgeschlachtet Ausgrabungen in Mesopotamien, die Entdeckung Ninives zu werden. und Babylons durch deutsche Missionen machten schließ­ Dieses gigantische Museum für originale Architekturen ist lich riesige Säle für die bombastische Inszenierung des Isch- ein einzigartiges Dokument der konservativen Baugesin­ tar-Tores und der babylonischen Prozessionsstraße erfor­ nung vom späten Kaiserreich bis zur Weimarer Zeit. Als derlich. Bauwerk wie als Raum für museale Präsentation ist es eine Schließlich wurde auch nach einer neuen Unterbringung der Herausforderung an moderne Museologie und Museums­ Sammlungen zur Kunst des Reichs im Mittelalter gesucht. architektur. So wurde im Nordflügel des Neubaus ein „Deutsches Museum“ angelegt, das bis zu den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg bestand. Das Ziel des Generaldirektors Wilhelm Urbanistische und politische Aspekte von Bode war die Förderung des öffentlichen Interesses der Museumsplanungen in Berlin sowie der Erforschung und Publikation deutscher Kunst. Es sollte aber auch „zur Läuterung und Förderung unserer Die architektonische Neugestaltung der Bauten auf der modernen Kunst beitragen, sie anregen und veredeln helfen“ Museumsinsel sollte, faßt man die Aufgabe nicht zu pragma­ - eine deutliche Spitze gegen die künstlerischen Tendenzen tisch oder provinziell auf, zwei Grundforderungen gerecht der frühen Moderne und gegen das umstrittene Interesse für werden: Mit dem Blick nach außen müssen die wiederherge­ den französischen Impressionismus. stellten und ergänzten Gebäude architektonisch und funk­ Man macht Messels Architektur bereitwillig schlecht. Zu tional zu Berlin als neuer Hauptstadt passen. Die Ergänzun­ Recht weist Goerd Peschken in diesem Band darauf hin, daß gen werden die vorhandenen Bauten neu interpretieren und in der Verteilung der Bauvolumen Großes geleistet wurde. gewichten. Dabei sollte eine Bejahung der Tradition und ein Zugleich betont er, daß das Idiom für die Architekturglieder vorsichtiger, aber nicht zaghafter Umgang damit zugleich durch Ludwig Hoffmann, der den Bau leitete, in qualitäts­ praktiziert und vorgeführt werden. Trotz aller gebotenen Einleitung *7

Zurückhaltung kann sich dabei eine zeitgemäße Interpreta­ genden Museumsneubauten sollten in den Hintergrund tre­ tion des Forumsgedankens und damit eine Vision der Rolle ten. Eine Kultur der Bescheidenheit wird auch nicht allein von Kultur und Öffentlichkeit im geeinten Deutschland aus­ im Geiste einer antiquarischen, moralisierenden Denkmal­ drücken, vor allem, wenn den notwendigen Ergänzungen pflege um jeden Preis gefordert. Die Aufforderung zum eine wiedererkennbare, einheitliche Detailstruktur zugrun­ Respekt, nicht zur Unterwerfung gegenüber der Vergangen­ deliegt. Ohnehin wird man die Baumaßnahmen als Zeugnis heit, zur Auseinandersetzung, aber gleichermaßen zur gegenwärtiger Bau- und Planungsgesinnung interpretieren. bewahrenden Distanznahme von der Tradition ergibt sich Daher kann der politisch-zeitgeschichtliche Kontext für die auch aus den heutigen Umständen in Berlin. Auftrump­ gegenwärtigen Planungen und ihre Beurteilung gar nicht fende, auf lange Sicht nicht zu ändernde Maßnahmen vertra­ weit genug gefaßt werden. gen sich nicht mit der Identitätskrise eines Landes, das sich Eine zweite Grundforderung ergibt sich, richtet man den bisher weder mit seiner alt-neuen Hauptstadt abgefunden Blick nach innen. Kunstwerke sind nicht der Besitz der noch sich in seiner neuen Rolle als souveräner Nationalstaat Kunstgeschichte, aber ihre Präsentation soll dem Stand der eingerichtet hat, und das zugleich wirtschaftlich um eine Fragestellungen dieser Disziplin Rechnung tragen. Vielfach neue Rolle neben den Ländern des Ostens und um neuen wird bezweifelt, ob das „gattungsreine“ Museum (ein Neo­ inneren Konsens ringt. Den selbstbewußten Visionen der logismus des erneut entbrannten Museumsstreits), das trotz bestehenden Bauten kann man heute vielleicht keine Utopie des Bodeschen Vorbilds den Planungen der Stiftung zugrun­ von gleicher Entschlossenheit entgegenstellen. Die neue deliegt, der aktuellen kunsthistorischen Debatte und ihren Architektur kann dennoch mehr erreichen, wenn sie für vielfältigen Fragestellungen noch entspricht. zukünftige Museologie flexibel bleibt, statt ein derzeitiges Sicher sehen wir Museen weniger als alle vorherigen Genera­ Konzept allzu deutlich auszudrücken, wenn sie zudem den tionen von Schinkel bis Scharoun als Orte einer sich kultisch architektonischen Rahmen für eine museologische Kultur im Zentrum der Städte feiernden Öffentlichkeit an. Den­ des Experimentes und der Auseinandersetzung abgibt. Heu­ noch strahlt Museumsarchitektur auf das ästhetische Gefüge tige Museumsarchitektur kann ein wirklich offenes Forum der Städte aus. Es sei an Hans Magnus Enzensbergers Auf­ statt eines allzu deutlich vorgeprägten realisieren. Damit ist forderung erinnert, daß Deutschland, nachdem es schlechter nicht nur der klassische Forumsgedanke von Schinkel bis als die anderen war, nun nicht in allem besser, moralischer, Heinrich Strack gemeint, sondern auch der kaiserliche sondern eben einfach nur genauso gut werde. In Berlin wird Museumspalast auf der Inselspitze, gefüllt mit wissenschaft­ an einer entsprechenden Identität nur durch eine allerdings lich durchdrungenen Kulturschätzen abendländischer Form­ nicht zaghafte Rhetorik der Bescheidenheit, der Weltoffen­ gesinnung, auch das Pergamon-Museum und seine überwäl­ heit, der Internationalität gebaut werden können. Kultur soll tigenden Bauvolumen. Mangelnder Respekt vor den Bauten nicht in Schatzkammern präsentiert werden, nicht mit dem zerstört deren utopische Kraft, ihre Fähigkeit, ästhetische Anspruch, vor allen ihren vermeintlichen oder tatsächlichen und gesellschaftliche Visionen der Vergangenheit sinnfällig Besitz zu demonstrieren. Wie Achim Preiß in seinem Beitrag zu halten, damit man sich heute und in Zukunft daran reiben zu diesem Buch zeigt, haben die Nazis den Gedanken der und messen muß. Der ursprüngliche städtebauliche Impuls, Kultur als Beute auf die Spitze getrieben und dadurch für der von den Bauten ausging und auf ihre Umgebung aus­ immer ad absurdum geführt. Dennoch wird er im Perga­ strahlte, ihr zugleich Maßstäbe setzte, muß sinnfällig mon-Museum anschaulich bleiben müssen, will man das bleiben. historische Monument nicht als gigantischen Rohbau für Souveränität durch kulissenhafte, große Werke oder durch eine Neuinszenierung von Antike unter pädagogischen klassizistische Monumente zu evozieren, wäre verfehlt. Sie Schlagwortthemen mißbrauchen. Die Überlieferung durch piranesihafte Architekturzitate für immer nur als ver­ erscheint eben auch als Bürde, als unausweichliches Erbe, als krampften Wunsch vor Augen zu halten, wäre im Kontext eine Vergangenheit, vor der man nicht in Traumwelten der historischen Bauten verantwortungslos. Man wünscht flüchten kann. sich eine unprätentiöse architektonische Form, die offen ist, Die Museen werden in der Debatte um die städtebauliche vielfältige Museumskonzepte zuläßt, vielschichtig erlebt und Philosophie für das neue Berlin unweigerlich ein Thema gedeutet werden kann, Verzicht auf designerhafte Mode, sein. Die Diskussion über die Neugestaltung des Kemper­ saubere Funktionalität, damit das einmal Gebaute überdau­ platzes und das Scheitern des Hollein-Projekts haben ert, vielleicht ein vorsichtiges, dekonstruktivistisches Spiel gezeigt, daß es einen Konsens darüber nicht gibt. Man wird mit idiomatischen Grundformeln der historischen Archi­ eine urbanistische Gesinnung dem Projekt also implizit able­ tektur. sen. Die guten Lösungen werden immer überraschen. Doch Was sowohl das museologische Gesamtkonzept der Stiftung sollten sie als urbanistische Geste der zeitgeschichtlichen als auch die architektonischen Gehäuse angeht, so sollte man Situation des neuen Gesamtdeutschlands Rechnung tragen. aus dem gegenwärtigen Zustand des Forums am Kemper­ Vorbei scheinen die Zeiten weitläufiger Eingangshallen in platz Lehren ziehen. Zwar gilt es, die Gemäldegalerie als Teil elegantem Outfit. Die Bauten müssen wieder einer knappe­ einer immer schneller zur Historie vergehenden Gegenwart ren Verfügbarkeit abgerungen werden, der sparsame zu akzeptieren. Keineswegs sollte sie Maßstäbe für die Insel Umgang mit Ressourcen sollte aus der Architektur auch setzen. Nachdem die Experimentierphase der Avantgarde sprechen. Die Vergangenheit ist die wertvollste dieser Res­ sozusagen vorbei ist, ist man in den 8oer Jahren zur Norma­ sourcen. Utopische Forderungen nach milliardenverschlin­ lität eklektisch-ästhetischer Spiele zurückgekehrt. Aus dieser Einleitung herbeigesehnten Normalität sollten uns die Ereignisse des von keiner Seite überzeugend beantwortet wird; die Stiftung Oktobers 1989 aufgerüttelt haben. scheint die integrierende Ausstellung nur halbherzig zu för­ Blickt man auf die Museen im alten Ostteil wie im vormali­ dern, hatte sie doch am Kemperplatz ein reines Skulpturen­ gen Westen der Stadt, so erscheint die West-Berliner Ideolo­ museum vorgesehen. Ihre Kritiker, teils Mitarbeiter der gie einer Kulturschiene, die sich von der Museumsinsel über Skulpturengalerie, argumentieren mit Hinblick auf die den Reuterplatz bis nach Charlottenburg erstrecken sollte, bewahrenswerte Tradition und den ästhetischen Charakter durchaus als verpflichtend - jetzt, da sie überhaupt erst in der Säle, denen sie die Bildwerke nun einfügen müssen. die Tat umgesetzt werden kann. Man wird diese Idee nicht Damit scheint das Bauwerk im Vergleich zu den viel höher­ dadurch austrocknen dürfen, daß die wesentlichen kunsthi­ rangigen Kunstwerken, die es aufnehmen soll, überbewertet. storischen Sammlungen am Kemperplatz konzentriert wer­ Zu wenig Gewicht erhält in pragmatischen, allein vom Cha­ den und die Sammlungen des Schlosses Charlottenburg kon­ rakter des Bauwerks und vom Überlieferten ausgehenden zeptionslos ein Schattendasein führen. Zugleich wird man Argumentationen die Frage, wie nach modernen museologi- eben auch zeigen müssen, daß dieser Traum einer sozusagen schen Gesichtspunkten eine integrierende Aufstellung in den Westen nur erweiterten Kulturschiene in Gesamtber- unterschiedlicher Kunstgattungen gestaltet werden kann. lin zunächst eine ideologische Fiktion des Westens war. Daß Anhaltspunkte könnten etwa die Präsentationsformen des man nach der Einigung an den Plänen für das Kulturforum Musee d'Orsay geben, das zumindest in der vormaligen gro­ ohne Abstriche festhielt, ja durch die Vergrößerung der ßen Halle des Bahnhofs Werke der Malerei, Skulptur und Gemäldegalerie um die östlichen Bestände nur noch mehr des Kunstgewerbes nach einem durchaus nicht verwirrenden Kunstbesitz am Kulturforum konzentrierte als dies Konzept zusammenbringt. Die jeweilige Entwicklung der ursprünglich geplant war, bestätigt eindrucksvoll diese Ein­ einzelnen Gattung bleibt erkennbar. Schließlich ist man schätzung. längst von einer Kunstgeschichte abgerückt, die Architektur, Das Konzept für die Zukunft der Sammlungen und die Malerei und Skulptur jeweils nach autonomen, vorwiegend Architektur müssen aber auch mit dem Blick nach innen, auf stilgeschichtlichen Entwicklungslinien arrangiert. Der die Situation der Kunstgeschichte, wirklich zeitgemäß sein. Zusammenhang eines Kunstwerks mit der Lebenswelt, sein Hier hat sich durch das Ende einer linear aufgefaßten Gebrauch im täglichen, sozialen Leben oder sein Wert als Moderne Grundsätzliches getan, es sind keineswegs nur Selbstaussage sind schon seit langem in den Vordergrund des einige neue Akzente hinzugekommen. Wir fassen die Ver­ Interesses gerückt. Auch interessiert die Disziplin sich wie­ gangenheit als einen radikal für alle Fragestellungen offenen der mehr für historische Sammlungs- und Ausstellungsarten Überlieferungsschatz auf, anstatt sie als Entwicklung zu wie die Kunstkammer und Frühformen der Bildergalerie. Einfachheit, zur Abstraktion oder zu konsequenter, elemen­ Ferner werden Fragen von Kunst und Medien zu einem tarer Form zu verstehen - die einer elementaren, durch wichtigen kunsthistorischen Anliegen. Technik zu sich selbst befreiten Zivilisation entsprechen Die Verflechtung der historischen Wirklichkeit kann im würde. Das Ende der ästhetischen wie der gesellschaftlichen Museum nicht oder nur selten rekonstruiert werden. Aber Utopien bewirkt einen unsicheren, vorsichtigeren, tastende- eine behutsam integrierende Ausstellung kann zeitgemäße ren Umgang mit der Überlieferung, die ihren natürlichen Fragen zum geschichtlichen Zusammenhang unterschiedli­ Platz nicht mehr in den Gerüsten historischer Interpretatio­ cher Kunstwerke eher aufwerfen als die reine Bilder- oder nen findet. So würden wir ein 19. Jahrhundert, dessen gesell­ Skulpturenschau. Horst Bredekamp hat unlängst die Kunst­ schaftliche wie ästhetische Ideale wir oft ablehnen, nicht kammer als spielerische Erschließung von Welt dargestellt mehr so bedenkenlos der Abbruchbirne und dem Tiefschlaf und aus dem voraufklärerischen, magischen Verhältnis zu in Museumsmagazinen preisgeben, wie dies die 50er und einer offen bleibenden Welt Anregungen für unser nachauf­ 60er Jahre getan haben. Wenn wir Kunstwerke ausstellen, so klärerisches, skeptisches Weltbild bezogen. Man mag seine müssen sie für viele Befragungen offen sein. Und sie müssen Deutung als Appell für ein offenes, die Gattungsgrenzen für zukünftige, heute noch gar nicht vorhersehbare Befra­ überschreitendes, grundsätzlich pluralistisches museologi- gungen offen sein. Der Kunsthistoriker ist zum cultural sches Konzept zweckentfremden. environmentalist geworden, dessen Arbeit der des ökologi­ schen environmentalist verwandt ist. Das museologische Hauptproblem der Berliner Museen Vorschläge — Plädoyer für eine offene Debatte scheint ein Konzept für das Bode-Museum zu sein, das der Tradition dieser Einrichtung gerecht wird, ohne ihr skla­ Wie aber könnte man sich einer modernen, die Gattungs­ visch verhaftet zu bleiben. Nur eine Nutzung des Bode- grenzen überschreitenden, experimentierfreudigen Museo- Museums für erstrangige Werke entspricht der Tradition des logie mit den Berliner Bauten und Sammlungen nähern und, Baus wie der Sammlung. Denn nicht die Architektur macht statt eines Korsetts, Platz für Entwicklung und Begegnung das Ensemble in erster Linie interessant, sondern vor allem schaffen? Wenn teils realistische, teils phantastische Anre­ das einzigartige Zusammenspiel des architektonischen gungen und Vorschläge dargestellt werden, so soll damit Ambientes mit der von Bode selbst erheblich erweiterten natürlich kein neues Konzept auf den Tisch gelegt werden; Sammlung. ein solches kann nur aus jahrelanger Diskussionskultur her­ Warum man sich an Bodes gemeinsame Präsentation von vorgehen. Alternativen zu den verhärteten Standpunkten Skulpturen und Kunstgewerbe anlehnt, ist eine Frage, die werden allseits eher zaghaft angesprochen. So wenig durch­ Einleitung 19 dacht sie im einzelnen sein mögen, könnten sie die Diskus­ akzeptabel gehalten: Der Neubau der Gemäldegalerie von sion entkrampfen und wieder in Gang bringen. Die Beden­ Hilmer & Sattler sollte die Gemälde des 20. Jahrhunderts ken gegen die Planungen der Stiftung führten zu der Option, seit der Klassischen Moderne aufnehmen. Die Nationalgale­ auf dem Kasernengelände in unmittelbarer Nähe des Bode- rie von Mies van der Rohe am Kemperplatz könnte dann Museums einen Erweiterungsbau für die kunsthistorischen ausschließlich als Halle für Wechselausstellungen genutzt Sammlungen und damit Platz für die integrierende Ausstel­ werden - eine seit Jahren immer wieder erprobte und lung der gesamten, wiedervereinigten Bestände zu schaffen. bewährte Nutzung. Diese Bedenken gingen zunächst von dem architektonischen Gegen diese Vorstellungen spricht zunächst, daß ein Milliar­ Charakter des Bode-Museums und von dem ursprünglichen den teurer Museumsneubau zur Zeit schwer zu ermöglichen Gepräge seiner Sammlungen aus. Oberlichtsäle, wie sie das wäre; schon im Bereich der Museen sind Anliegen der Bode-Museum in seinem Obergeschoß vereinigt, seien auf­ Bestandssicherung und Sanierung vordringlicher. Nicht grund des diffusen Lichtes für die Präsentation von Skulptu­ durchdacht ist diese Forderung aber auch an einem anderen ren weniger geeignet als für die von Gemälden. Vor allem Punkt: Der Museumsneubau von Hilmer & Sattler scheint aber wollte man an Bodes integrierende Ausstellung von zwar zunächst architektonisch durchaus qualitätvoll. Aber Skulptur, Malerei und Kunstgewerbe anknüpfen. Schließlich für eine Sammlung moderner Kunst scheint ein Bauwerk, sah man auch die Berliner Sammlungen in ihrer Gesamtheit das im Grundriß wie im Außenbau alle Register palastarti­ als gewachsene Ganzheit an, die auf der Insel wieder zusam­ ger, klassischer Disposition zieht, nur bedingt geeignet. mengebracht werden sollte. Für das Bode-Museum ergab Für die kunsthistorischen Bestände, die Skulpturen und die sich zunächst die Forderung, nicht nur Skulpturen, sondern Malerei stehen mit dem Bode-Museum und der neuen auch Malerei und Kunstgewerbe hier zu zeigen. Dabei Gemäldegalerie am Kemperplatz zwei Bauten zur Verfü­ lehnte man sich in gewisser Weise an Bodes Vorstellungen gung, deren Rahmenbedingungen für die Präsentation von an. Strittig scheint wohl vor allem die Anzahl und die Quali­ Kunstwerken erstaunlich verwandt sind. In beiden wird eine tät der Gemälde zu sein, die den Beständen der Skulpturen­ Folge großer Oberlichtsäle von kleineren Kabinetten beglei­ galerie integriert werden sollen. Die meisten Autoren, die tet. Was spräche dagegen, daß es in Berlin zwei kunsthistori­ sich anfangs kritisch zu den Planungen der Stiftung geäußert sche Sammlungen gäbe, die beide im Bereich der Skulptur haben, halten den inhaltlichen und historischen Zusammen­ und der Malerei das Beste zeigten, was die Berliner Samm­ hang der gesamten Sammlung so hoch, daß sie daraus die lungen zu bieten haben, ein Museum auf der Insel, eines am Notwendigkeit einer auch räumlich eng zusammengehöri­ Forum? Warum soll der Bau von Hilmer & Sattler von vorn­ gen Unterbringung ableiten. herein auf die starre Bestimmung als Gemäldegalerie fixiert Das sogenannte Kasernengelände über dem westlichen Ufer werden? Trotz des vielen Oberlichts scheint seine Nutzung des Kupfergrabens scheint nach den gegenwärtigen politi­ genau betrachtet sogar noch weniger festzuliegen als die des schen Absichten für Einrichtungen der Humboldt-Universi­ Bode-Museums mit seinen fest eingebauten Türrahmen der tät, etwa für die Bibliothek vorgesehen. Offenbar sollen Renaissance etc. Im Bode-Museum plant man die Aufstel­ unter demselben Dach auch Forschungs-, Lehr- und Plan­ lung von Skulpturen in Oberlichtsälen. Was spricht dagegen, ungseinrichtungen der benachbarten kulturellen Institutio­ dies auch für den Bau von Hilmer & Sattler in Erwägung zu nen wie des Historischen Museums, der Staatlichen Museen ziehen? selbst oder der Universitäten Platz finden. Dabei könnte es Schmerzhaft ist jedoch auch die derzeit geplante räumliche zu einer durchaus interessanten Begegnung verschiedener Trennung von Gemälde- und Skulpturengalerie. Für eine geisteswissenschaftlicher Disziplinen einerseits, von Theorie konkrete Option soll hier nicht Partei ergriffen werden; aber und Praxis andererseits kommen. Die Begegnung universitä­ man könnte durchaus über eine Einteilung in nordeuropä­ rer und musealer Kunstgeschichte hat in Berlin durch die ische Kunst am Kemperplatz, südeuropäische auf der Insel Kunstgeschichtliche Gesellschaft Tradition. Die Fortfüh­ nachdenken. Bode hatte, noch bevor er 1890 Direktor der rung der engen Zusammenarbeit wäre eine Voraussetzung Gemäldegalerie wurde, geplant, ein Museum auf der Insel­ für die oben skizzierte experimentierende Museologie. Die spitze der Renaissance zu widmen. Die große Bedeutung der Kritiker der Planungen der Staatlichen Museen aber fordern, italienischen Kunst für Bodes Kennerschaft und für die von daß das Kasernengelände für einen später zu errichtenden ihm geleiteten Sammlungen spräche dafür, daß diese ihren Museumsbau freigehalten wird. Denn als Gelände für einen Platz auf der Museumsinsel fände. Neubau kommt ansonsten nur das des nicht mehr vorhande­ Ein Vorschlag in diesem oder einem ähnlichen Sinne hätte nen Schlosses Monbijou am östlichen Spreeufer, heute ein auch für die archäologischen Sammlungen Konsequenzen. Stadtpark, in Frage. Den Stadtpark an dieser Stelle will nie­ Würde die frühchristliche Sammlung im Nordflügel des mand ernsthaft zur Disposition stellen. So bleibt die Forde­ Messel-Baus untergebracht, so geriete sie in sinnvolle Nach­ rung, das Kasernengelände freizuhalten, damit die Berliner barschaft zu den mittelalterlichen Werken im benachbarten Museen wenigstens im Bereich der Kunstgeschichte, am Bode-Museum, ob es nun um Skulpturen der einstweilen besten aber unter Einbeziehung der Archäologie wieder dort geparkten Sammlung oder um Werke der Plastik, der einen geschichtlichen Totalüberblick bieten können, wie ihn Malerei und des Kunstgewerbes in einem Museum der ansonsten nur der Louvre oder das Metropolitan Museum in Renaissance geht. Die islamische Sammlung samt Mschatta- New York ermöglichen. Das 20. Jahrhundert außen vor zu Fassade sollte man dort belassen, wo sie ist: in konsequenter lassen, wird von den Anhängern dieses Vorschlages für Nachbarschaft zu den altorientalischen Monumenten. 20 Einleitung

Abschließend muß ein unbequemes Thema angesprochen Seit Herbst 1993 ist durch nicht immer ganz durchschau­ werden: die Kunst der Nazi-Zeit und die der DDR, die wir bare Querelen um das museale Konzept zum 20. Jahr­ allzu gern in historische Museen verweisen würden. In den hundert im ehemaligen Hamburger Bahnhof Unruhe auch Planungen der Staatlichen Museen ist dafür bisher nichts in diesem Problemkreis aufgekommen. Nun soll die vorgesehen; die DDR-Kunst zog ohne Diskussion aus dem Sammlung Erich Marx, zu deren Glanzstücken Klassiker Obergeschoß des Alten Museums aus. Gegenwärtig wird sie westdeutscher Kunst nach 1945 zählen, in das schöne, fast überall in Ostdeutschland aus den Museen verdrängt. eigenwillige Bauwerk einziehen. Die Debatte zur Präsen­ Das gilt auch für Berlin. Könnte ein improvisiertes Contai­ tation der deutschen und internationalen Kunst unseres ner-Museum für deutsche Kunst auf dem Gelände, das am Jahrhunderts in Berlin hat noch nicht angefangen, doch Kemperplatz immer noch für die Skulpturengalerie vorgese­ wieder einmal wurden offensichtlich die Weichen bereits hen ist, nicht ein lohnendes Experiment sein? gestellt.