Deutscher Drucksache 19/24619

19. Wahlperiode 24.11.2020

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (19. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. , Hansjörg Müller, , weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/17525 –

Entwicklungszusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen konzipieren – Rohstoffversorgung der deutschen Industrie sicherstellen

A. Problem Die Antragsteller verweisen darauf, dass sich deutsche Unternehmen den Großteil ihrer benötigten Rohstoffe selbständig am Weltmarkt beschaffen müssten. Seit einem global erstarkenden Protektionismus wäre dies zunehmend schwieriger, und deswegen wäre ein strategisches Konzept zur Sicherung der Rohstoffversor- gung Deutschlands vonnöten. Nach Auffassung der Antragsteller würde die deut- sche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) ihre Leistungen oftmals jedoch einset- zen, um in Partnerländern ideologische Ziele umzusetzen, anstatt konkreten öko- nomischen, geostrategischen und kulturellen Notwendigkeiten gerecht zu werden. Im Gegensatz dazu sei die chinesische Außenwirtschaftspolitik ein positives Bei- spiel, denn sie orientiere sich strikt an den ökonomischen Interessen Chinas, und dabei sei sie zumeist auch für das wirtschaftliche Fortkommen der Zielländer hilf- reich.

B. Lösung Ablehnung des Antrags mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der AfD.

C. Alternativen Keine.

D. Kosten Wurden nicht erörtert Drucksache 19/24619 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen, den Antrag auf Drucksache 19/17525 abzulehnen.

Berlin, den 18. November 2020

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Dr. Vorsitzender

Stefan Sauer Dr. Markus Frohnmaier Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter

Olaf in der Beek Eva-Maria Schreiber Berichterstatter Berichterstatterin Berichterstatter Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/24619

Bericht der Abgeordneten , Dr. Sascha Raabe, Markus Frohnmaier, Olaf in der Beek, Eva-Maria Schreiber und Uwe Kekeritz

I. Überweisung

Der Deutsche Bundestag hat die Vorlage auf Drucksache 19/17525 in seiner 149. Sitzung am 5. März 2020 beraten und an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zur federführenden Beratung und an den Auswärtigen Ausschuss und den Ausschuss für Wirtschaft und Energie zur Mitberatung überwiesen.

II. Wesentlicher Inhalt der Vorlage

Die Bundesregierung wird von den Antragstellern aufgefordert, einen Bundesbeauftragten für Rohstoffpolitik zu ernennen, dessen Aufgabe darin bestehen solle, die nationalen Bemühungen zur Sicherung der deutschen Roh- stoffversorgung zu bündeln und zu lenken. Die Antragsteller fordern, diejenigen Rohstoffe zu identifizieren, die für die deutsche Industrie perspektivisch von strategischer Wichtigkeit sein würden. Dazu müssten geeignete Fördergebiete in Entwicklungs- und Schwellen- ländern ausgemacht, die mögliche jährliche Importmenge (Abbau und Logistik) sowie der realistische Anteil am Gesamtvolumen der Lagerstätte bewertet werden. Die Bundesregierung wird ferner aufgefordert, die Gründung einer deutschen Rohstoffgesellschaft aus einem Zu- sammenschluss privater Unternehmen wohlwollend zu begleiten. Schließlich wird von den Antragstellern gefordert, dass die Öffentliche Hand sich nur beim Aufbau der zum wirtschaftlichen Erfolg notwendigen Infrastruktur wie Straßen, Eisenbahnen, Häfen sowie Zufahrtswege zu wei- terarbeitenden Industrien beteilige. Das dafür notwendige Kapital müsse aus dem Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aufgebracht und dem Zielland ausschließlich als Kredit zur Verfügung gestellt werden. Die Gewinne sollten dann entsprechend reinvestiert werden.

III. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse

Der Auswärtige Ausschuss hat die Vorlage auf Drucksache 19/17525 in seiner 68. Sitzung am 18. November 2020 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der AfD die Ablehnung des Antrags. Der Ausschuss für Wirtschaft und Energie hat die Vorlage auf Drucksache 19/17525 in seiner 97. Sitzung am 18. November 2020 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der AfD die Ablehnung des Antrags.

IV. Beratungsverlauf und Beratungsergebnisse im federführenden Ausschuss

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat die Vorlage in seiner 64. Sitzung am 18. November 2020 beraten und empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen CDU/CSU, SPD, FDP, DIE LINKE. und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der AfD die Ablehnung des Antrags. Die Fraktion der AfD hebt hervor, dass immer mehr deutsche Unternehmen große Schwierigkeiten hätten, ihre Versorgung mit Rohstoffen, die sie für die Zukunftstechnologien brauchten, sicherzustellen. Deshalb fordere die Fraktion der AfD einen Bundesbeauftragten für Rohstoffpolitik, der die nationalen Bemühungen zur Rohstoffver- sorgung unterstützen und bündeln solle und sich einen Überblick über die aktuelle Situation verschaffen müsse. Außerdem wolle man, dass sich die öffentliche Hand gewinnbringend beteilige. Einen derartigen Ansatz verfolge Drucksache 19/24619 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode

beispielsweise die chinesische Seite. Die Fraktion der AfD sei überzeugt, dass so die deutschen außenwirtschaft- lichen Interessen in Zusammenarbeit mit der Entwicklungspolitik gewährleistet werden könnten. Die Fraktion der CDU/CSU hält dagegen, dass es bedauerlich sei, dass die Antragsteller die Auffassung vertre- ten würden, dass mit der EZ nur ideologische Ziele verfolgt würden. Dabei gehe es um Klima, Ernährung, Ge- sundheit, Bildung, Stärkung der Frau und Demokratieverständnis, und an diesen Themen arbeite man gemeinsam mit den Menschen vor Ort. Diese Arbeit werde heruntergespielt, und stattdessen werde China erwähnt. Die Frak- tion der CDU/CSU halte China für kein gutes Beispiel, da dieses Land eine Form des Kolonialismus betreibe, die man nicht mittragen würde. Die im Antrag enthaltenen Informationen des Bundesverbandes der Deutschen In- dustrie (BDI) seien im Übrigen vom Juli 2018 und somit veraltet. In der aktuellen Rohstoffstrategie seien diese Punkte weitgehend aufgenommen. Natürlich müsse man eine ausreichende Versorgung mit Rohstoffen haben, aber hierfür seien in erster Linie die Unternehmen selbst verantwortlich; die Bundesregierung sei lediglich flan- kierend gefragt und aktiv. Ziel des Antrages sei offensichtlich eine weitere Verschuldung der Entwicklungsländer, und das eigene Interesse an Rohstoffen stehe über allem. Infrastruktur solle nur dann ausgebaut werden, wenn es dem Transport der Rohstoffe dienen würde. Wenn andere es mitnutzen würden, sei es noch vertretbar. Aberwitzig sei es hingegen, zu glauben, damit Gewinne erzielen zu können, die man reinvestieren könnte. Man müsse bei der ganzen Thematik auch Umwelt- und Sozialstandards einfordern, um eine Ausbeutung zu verhindern. Die Fraktion der SPD führt aus, dass China kein Vorbild sei, das man anstrebe, denn das wäre purer Kolonialis- mus. Die Fraktion der AfD wolle ausschließlich Rohstoffe für Deutschland sichern, und dabei frage sie nicht nach den Konsequenzen für die Menschen oder nach den ökologischen und sozialen Folgen der Ausbeutung der Roh- stoffe. Es gebe auch keine Überlegungen, welche Gebühren, Lizenzen und Steuern vor Ort bleiben sollten, damit es den Menschen besser gehen würde. Den Antragstellern gehe es ausschließlich darum, für Deutschland Roh- stoffe zu sichern im kolonialen Stil. Man bediene wieder einmal die eigene Zielgruppe und verbreite die nationa- listische, im Prinzip auch rassistische, Grundhaltung. Die Ankündigung, die EZ-Mittel um die Hälfte zu kürzen, zeige die grundsätzliche Verächtlichmachung von Entwicklungsprojekten. Beim Thema Rohstoffe wolle man da- rauf hinweisen, dass man mit einem Lieferkettengesetz die Rohstoffproblematik deutlich verbessern könnte. Es sei deshalb gut, dass die Bundesminister Müller und Heil zusammen engagiert diese Initiative der Fraktion der SPD umsetzen wollten und es wäre wichtig, dass die Kollegen der Fraktion der CDU/CSU mithelfen würden, die Blockade von Wirtschaftsminister Altmaier in dieser Frage zu überwinden. Mit einem Lieferkettengesetz könne man den Menschen vor Ort konkret helfen, und die Rohstoffe würden unter fairen Bedingungen gefördert und exportiert; dadurch entstehe eine Win-Win-Situation. Die Fraktion der FDP stellt klar, dass man nicht wie China sein wolle, wie in dem Antrag gefordert werde. Die Fraktion der FDP habe selber zur Rohstoffproblematik einen Antrag gestellt, indem der Abbau von Rohstoffen unter menschenwürdigen, ökologischen und fairen Bedingungen gefordert werde. Genauso sollte „Markt“ sein, nämlich fair und transparent. Die Forderungen der Fraktion der AfD würden das alles nicht berücksichtigen. Diese protektionistische Politik lehne man ebenso wie den vorliegenden Antrag ab. Die Fraktion DIE LINKE. wendet ein, dass die Antragsteller das Ziel verfolgten, dass sich an der Rohstoffsi- cherung für Deutschland jegliches legislative Handeln zu orientieren habe; das wäre eine Rückkehr zu klassischer Kolonialpolitik. Die Feststellung, dass die EZ der letzten 50 Jahre nicht dazu geführt hätte, die strukturellen und wirtschaftlichen Probleme der Partnerländer nachhaltig zu lösen, sei richtig. Diese strukturellen Probleme wären jedoch allesamt erst in der Kolonialzeit entstanden. Die Fraktion der AfD fordere aber eine Wiederherstellung eben dieser Kolonialinstitutionen. Deutschland werde demnach verpflichtet, die wirtschaftlichen Interessen und Profite seiner Großindustrie abzusichern, und die Länder des Südens sollten perfider Weise für die errichtete Infrastruktur zum Rohstoffabbau selber bezahlen, indem sie sich durch Kreditaufnahmen verschuldeten. Die Kri- tik an der EZ sei zwar legitim, aber die Schlussfolgerung könne nach Auffassung der Fraktion DIE LINKE. nur sein, die Entwicklungspolitik in allen Bereichen zu stärken. Auch die Rohstoffpolitik müsse sich an menschen- rechtlichen und entwicklungspolitischen Zielen der Partnerländer orientieren, und dazu gehöre eine gerechte Han- delspolitik, die es den Ländern des Südens ermögliche, eigene Industrialisierungsstrategien zu verfolgen. Man brauche eine solidarische Zusammenarbeit, die diesen Namen verdiene. Den vorliegenden Antrag lehne man mit Nachdruck ab. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN unterstreicht, dass die Realität auch in diesem Antrag der Fraktion der AfD der eigenen Ideologie angepasst werde. Die Antragsteller behaupteten zu Unrecht, dass es der deutschen Wirtschaft schlecht gehe. De facto sei Deutschland nämlich das einzige Land weltweit, das Staatsanleihen mit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/24619

negativem Zins vergebe. Es werde also noch dafür bezahlt, wenn man Deutschland einen Kredit gebe. Einerseits würden die Antragssteller China kritisieren, da es eine große Bedrohung im Hinblick auf die eigene Rohstoffver- sorgung darstelle, andererseits wolle man so werden wie China; das sei widersprüchlich und nicht nachvollzieh- bar. Es gebe eine Reihe neokolonialer und geschichtsvergessener Argumente der Fraktion der AfD. Die Forderung nach einem Manager für Rohstoffpartnerschaften zeige, dass man nicht wisse, was die Wirtschaft wolle, denn diese organisiere bereits selber ihre Interessen.

Berlin, den 18. November 2020

Stefan Sauer Dr. Sascha Raabe Markus Frohnmaier Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter

Olaf in der Beek Eva-Maria Schreiber Uwe Kekeritz Berichterstatter Berichterstatterin Berichterstatter

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