3. Rassismus Und Rechtsextremismus in Der
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Diplomarbeit Titel der Diplomarbeit „Mehr Mut für unser ‚Wiener Blut’“ Rassismus und Rechtsextremismus in der FPÖ zu Beginn der 10er-Jahre des 21. Jahrhunderts Verfasser Thomas Murauer angestrebter akademischer Grad Magister der Philosophie (Mag. phil.) Wien, im Jänner 2012 Studienkennzahl lt. Studienblatt: A 300 Studienrichtung lt. Studienblatt: Politikwissenschaft Betreuerin / Betreuer: Univ.-Prof. Dr. Eva Kreisky Danksagung Mein besonderer Dank gilt meiner Diplomarbeitsbetreuerin Eva Kreisky, die sich selbst angesichts mangelnder organisatorischer und finanzieller Ressourcen an der Universität Wien und im Angesicht eines äußerst knapp bemessenen Zeitplans sehr engagiert und mitfühlend Zeit für ihre StudentInnen nimmt. Meinen Eltern und meiner Familie, deren Unterstützung beispiellos ist, die mich die Bedeutung von Prinzipien gelehrt und mir stets alle Möglichkeiten eröffnet haben. Christoph, der zur richtigen Zeit in gebotener Deutlichkeit die passenden Worte gefunden hat, und mir immer ein großartiger Freund und Gesprächspartner war. „Meinen LinzerInnen“ Stefan, Markus, Martina, Claudia und Harald – oft getrennt und doch seit so vielen Jahren immer bei mir. Barbara, für organisatorische und nicht zuletzt mentale Unterstützung. Und zu guter Letzt Judith, ohne die eine Fertigstellung dieser Arbeit völlig undenkbar gewesen wäre, die mir zur Seite steht und deren Rückhalt auch in schwierigen Zeiten niemals nachgelassen hat. 2 Inhaltsverzeichnis Einleitung ______________________________________________________________ 5 1. Begriffsdefinitionen ____________________________________________________ 8 1.1 Rassismus __________________________________________________________ 9 1.2 Rassismus - Xenophobie - Fremdenfeindlichkeit ___________________________ 16 1.3 Rechtsextremismus - Rechtsradikalismus - Rechtspopulismus _________________ 18 2. Historische Artikulationsformen des Rassismus ___________________________ 25 3. Rassismus und Rechtsextremismus in der FPÖ ____________________________ 45 3.1 Die FPÖ im Wandel der Zeit ________________________________________________ 45 3.2 Die FPÖ und ihr rassistisches und rechtsextremes Potential seit 2005 ________________ 70 4. Antiislamischer Rassismus und NS-Anleihen in der FPÖ anhand der „Wiener Sagen“ im Gemeinderatswahlkampf 2010 _________________________ 92 Conclusio ____________________________________________________________ 102 Literaturverzeichnis ___________________________________________________ 109 3 4 Einleitung „Mehr Mut für unser ‚Wiener Blut’“ „Zu viel Fremdes tut niemandem gut.“1 Dieser Text, entnommen einem FPÖ-Wahlplakat des Jahres 2010 und kontrovers diskutiert in österreichischen Medien 2 , versinnbildlicht auf anschauliche und drastische Weise die Verfasstheit des innenpolitischen Diskurses zu Themenbereichen wie Migration, AusländerInnen, Asyl et cetera. Darin lassen sich mehrere diskursive Konstruktionen erkennen. Zum einen wird insinuiert, es gäbe so etwas wie eine in sich konsistente Qualität dessen, was die FPÖ als „Wiener Blut“ tituliert. Daraus folgt der inzwischen sattsam bekannte und des Öfteren beschriebene Versuch einer Trennung der Gesellschaft in ein „Wir“ und ein „Nicht-Wir“, also alle anderen, wobei im Falle des besagten Plakats selbstverständlich unklar bleibt, wer denn nun eine Trägerin oder ein Träger des sogenannten „Wiener Blutes“ sei – also nur die gebürtigen WienerInnen, oder vielleicht auch der zum Studieren zugezogene Oberösterreicher oder eine die europäische Niederlassungsfreiheit nützende EU-Bürgerin. Ausgegangen werden darf freilich davon, dass der oder die VerfasserIn der betreffenden Wahlbotschaft eher nicht die tschetschenische Flüchtlingsfamilie meinte. Eine zweite Konstruktion ergibt sich aus der offensichtlichen Hierarchisierung zwischen dem guten „Wiener Blut“ und dem vermeintlich schlechten „Nicht-Wiener Blut“, das, der Diktion folgend, „niemandem gut“ tue, wobei mit „niemand“ hier eben nur das scheinbar bedrohte „Wiener Blut“ gemeint sein kann. Diese Wortwahl folgt offen und ohne Umschweife der hier noch zu erläuternden Definition des biologischen Rassismus, wonach eine Vermischung unterschiedlicher Volksgruppen zur Erhaltung eines „reinen Blutes“ vermieden werden solle, da eine bestimmte Ethnie schon aufgrund ihrer biologischen Charakteristika einer anderen Ethnie überlegen sei.3 Das ausgewählte Zitat stellt einen Extremfall dar, der leicht einer bestimmten Partei, der FPÖ, zugeordnet werden kann. Vorrangig liegt es aber nicht im Bestreben des Autors dieser Arbeit, der (partei-)politischen Elite Österreichs oder jeder/m einzelnen FPÖ-FunktionärIn zu 1 Zitat des Textes eines Wahlplakats der FPÖ, affichiert im Rahmen des Wahlkampfes für die Wiener Gemeinderatswahl 2010. 2 vgl. u.a. http://derstandard.at/1281829236346/Blog-Wiener-Wahlnotizen-Strache-will-das-Wiener-Blut- schuetzen?_blogGroup=1, Zugriff am 17. August 2011 3 vgl. Claussen (1994): S. 27ff. 5 unterstellen, allzu leichtfertig und derart uncamoufliert rassistische Ressentiments bedienen zu wollen oder tatsächlich mit Überzeugung zu vertreten. Dennoch bleibt ein schaler Nachgeschmack, wenn man bedenkt, dass zu Beginn der 10er-Jahre des 21. Jahrhunderts der Aufschrei über das titelspendende Plakat angesichts dessen offen rassistischer Konnotation doch verhältnismäßig überschaubar war, was die Vermutung nahe legt, dass sich innerhalb der österreichischen Bevölkerung inzwischen (oder schon längst) eine gewisse Verrohung oder Abgestumpftheit breit gemacht hat. Doch die sozialpsychologischen Ursachen hierfür sind nicht der Primärgegenstand der vorliegenden Arbeit und können maximal am Rande in die Analyse einfließen. Vielmehr gilt es die Verfasstheit jener politischen Kraft unter die Lupe zu nehmen, die für dieses Wahlplakat verantwortlich zeichnet und der unterstellt wird, kraft ihrer Politik das Erstarken von Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit in hohem Maße zu beeinflussen. Angesichts immer offener zutage tretender Rassismen vonseiten der Freiheitlichen Partei liegt dieser Arbeit nun der Anspruch zugrunde, zu erhellen, ob es legitim ist, die derzeit – Ende 2011/Anfang 2012 – mit steigender Tendenz drittstärkste politische Kraft des Landes als rassistische Partei zu bezeichnen. Außerdem sollen Kategorien erarbeitet werden, mit deren Hilfe es möglich ist, zu klären, ob die FPÖ als Ganzes als eine rechtsextreme Organisation angesehen werden muss, oder ob es vielmehr angemessener ist, sie lediglich als rechtsradikal oder überhaupt nur als rechtspopulistisch zu charakterisieren. Diese Einordnungen sind problematisch, da in der Alltagssprache keine saubere Trennung der Begriffe gegeben ist. Um dies also zu bewerkstelligen bedarf es unter anderem einer Definition der Begrifflichkeiten. So müssen Unschärfen in der Verwendung der Termini Rassismus beziehungsweise des Neologismus Neorassismus sowie eine Abgrenzung zu den häufig synonym verwendeten Bezeichnungen Xenophobie und Fremdenfeindlichkeit oder Fremdenangst herausgearbeitet werden. Des Weiteren gilt es zu ergründen, worin die qualitativen Unterschiede zwischen den als „rechts“ verallgemeinerten Abstufungen von Rechtsextremismus, -radikalismus und -populismus zu finden sind. Diese für die abschließende, in der Conclusio vorzunehmende Bewertung unerlässlichen Konkretisierungen werden gleich zu Beginn im nächsten Kapitel vorgenommen. Im darauf folgenden Abschnitt wird sich die Arbeit dem widmen, was vorerst stark verkürzt als „rassistische Ideologie“ bezeichnet wird, mit dem Ziel, ein konsistenteres Bild der 6 mutmaßlich erstarkenden Abwehrhaltung innerhalb der Bevölkerung gegen alles als „fremd“ stigmatisierte zu generieren. Um zu verstehen, warum trotz historisch überwältigender Ereignisse wie dem Holocaust, der speziell in Österreich einen prominenten Stellenwert zu haben hat, eine Geisteshaltung zum relevanten Faktor werden kann, deren Kernelement in der qualitativen Abwertung von vermeintlich „andersartigen“ Minderheiten liegt, scheint es unabdingbar, einen historischen Abriss über die Artikulationsformen des Rassismus in Europa beizufügen, der sich vom Beginn der Neuzeit bis zur Kulmination des ideologisch fundierten Rassegedankens im Nationalsozialismus spannt und in einem gewissen Umfang auch die ideengeschichtliche Komponente, die dazu geführt hat, umreißt. Verfolgt man letztlich das Ziel einer Bewertung und Kategorisierung kommt man auch hier nicht umhin, die Geschichte der FPÖ zu betrachten, die selbstverständlich ein konstitutives Element dessen darstellt, wie sich die Partei heute präsentiert. Im Anschluss daran wird dann exemplarisch anhand unterschiedlicher Quellen zu beleuchten sein, wie sehr führende ProtagonistInnen der Freiheitlichen im teils deklariert rechtsextremen (Korporierten-)Milieu verhaftet sind, ist es doch das so genannte Dritte Lager, das seit langem die Themenführerschaft im „Ausländerdiskurs“ übernommen hat. Konkretisiert wird die Auseinandersetzung schließlich mit einer eingehenderen Betrachtung der seit einigen Jahren seitens der FPÖ forcierten Konstruktion von Feindbildern antimuslimischer Prägung. Dies wird bewerkstelligt mittels einer Analyse des im Wiener Gemeinderatswahlkampfes 2010 in hoher Stückzahl verbreiteten Comic-Strips „Sagen aus Wien“, auch verkürzt als „Wiener Sagen“ bezeichnet, dessen verklausulierte Symbolik im Rahmen eines Kapitels diskutiert werden soll. Ist die FPÖ also eine rassistische Partei? Ist die These, sie sei darüber hinaus auch rechtsextrem, zu erhärten, abzuwandeln oder zu verwerfen? Und lässt sich aus der Politik der Freiheitlichen eine Gefahr für das etablierte,