Musik in Interreligiösen Begegnungen
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Musik in interreligiösen Begegnungen Beiträge zu einer Theologie der Religionen 14 Herausgegeben von Reinhold Bernhardt Eine Liste der bereits in der Reihe BThR erschienenen Titel findet sich am Ende dieses Bandes. Musik in interreligiösen Begegnungen herausgegeben von Reinhold Bernhardt und Verena Grüter Theologischer Verlag Zürich Die Druckvorstufe dieser Publikation wurde vom Schweizerischen Natio- nalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung unterstützt. Der Theologische Verlag Zürich wird vom Bundesamt für Kultur mit einem Strukturbeitrag für die Jahre 2019–2020 unterstützt. Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Umschlaggestaltung Simone Ackermann, Zürich Druck ROSCH-BUCH GmbH, Scheßlitz ISBN (Print): 978-3-290-18173-4 ISBN (PDF): 978-3-290-18276-2 DOI https://doi.org/10.34313/978-3-290-18276-2 © 2019 Theologischer Verlag Zürich www.tvz-verlag.ch Creative Commons 4.0 International Inhaltsverzeichnis Verena Grüter / Reinhold Bernhardt Einleitung .............................................................................................. 7 I. TEIL SICHTUNG DES THEMENFELDES Verena Grüter Musik in interreligiösen Begegnungen. Religionstheologie und ästhetische Wende ........................................... 13 Bettina Strübel / Rainer Kessler Hybride Formen – Das Tehillim-Psalmen-Projekt des Interreligiösen Chors Frankfurt ...................................................... 41 II. TEIL RELIGIONSWISSENSCHAFTLICHE PERSPEKTIVEN Isabel Laack Körperlichkeit und Identitätsbildung. Zur Bedeutung von Klang und Musik in interreligiösen Begegnungen ............................................................ 61 Bärbel Beinhauer-Köhler Klangkulturen und Soundscapes. «Musik» in religiös pluralen Räumen .................................................... 83 III. TEIL MUSIKWISSENSCHAFTLICHE PERSPEKTIVEN Britta Sweers Musik in interkulturellen und interreligiösen Begegnungsprozessen: Ethnomusikologische Perspektiven .................................................... 111 Barbara Alge Musik und religiöse Erfahrung: Musikethnologische Perspektiven ....................................................... 133 6 Inhaltsverzeichnis IV. TEIL THEOLOGISCHE, PHILOSOPHISCHE, MEDIENTHEORETISCHE REFLEXIONEN Ruth Illman Musik als interreligiöser Dialog: Ein nicht-binärer Ansatz .................................................................... 155 Stefan Berg Was kann man sich theologisch von Musik in interreligiösen Begegnungen erhoffen – und was nicht? ............................................. 173 Dieter Mersch Hören und Gehören. Improvisation und Alterität ................................................................ 189 Die Herausgeber/-innen und Autor/-innen ........................................ 209 Personenregister ................................................................................. 213 Verena Grüter / Reinhold Bernhardt Einleitung Interreligiöse Musikprojekte erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Seit den 1990er Jahren entstanden zahlreiche Projekte, die interreligiöse Be- gegnungen im Medium der Musik inszenieren. Dazu zählen groß ange- legte internationale Festivals mit Musik unterschiedlicher religiöser Tradi- tionen, aber auch Kompositionen, die sich musikalischer Klänge ver- schiedener kultureller und religiöser Herkunft bedienen, sowie interre- ligiöse Musikprojekte, die gezielt Angehörige verschiedener Religionen zu- sammenführen. Die bewusst und mit verschiedenen musikalischen Mit- teln erzeugte religiöse Vielstimmigkeit wird von den Veranstalterinnen und Veranstaltern, den Akteurinnen und Akteuren und vom Publikum gern mit dem Wunsch verbunden, zu einem friedlichen Zusammenleben von Angehörigen verschiedener religiöser Traditionen beizutragen. Musik wird der spirituellen Seite der Religionen zugerechnet und diese führt – so die Erwartung – in tiefere interreligiöse Begegnungen, als es die verbale Kommunikation vermöchte. Der Suche nach ästhetischer Erfahrung in interreligiösen Begegnun- gen entspricht eine ästhetische Wende auf wissenschaftlicher Ebene. «Aisthesis» als Wissenschaft von der Wahrnehmung im umfassenden Sinne, wie sie etwa Wolfgang Welsch vorschlägt, beinhaltet einen kriti- schen Impuls gegen die Vorherrschaft des kognitiven Paradigmas. Auch in der Religionstheologie, der Interkulturellen Theologie und der Religions- wissenschaft gewinnt die Einsicht zunehmend an Bedeutung, dass es für die Bearbeitung interreligiöser Begegnungserfahrungen und Verstehens- prozesse eines breiteren, über die Erschließung von Texten hinausgehen- den Methodenspektrums bedarf. Eine ästhetische Wende zeichnet sich da- her auch in diesen theologischen Disziplinen ab. Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen widmete sich die Jahres- tagung der Schweizerischen Theologischen Gesellschaft im September 2017 dem Thema «Musik in interreligiösen Begegnungen». Weil sich dieses Thema nur interdisziplinär bearbeiten lässt, wurden theologische, religionswissenschaftliche, musikethnologische und philosophische Per- spektiven miteinander ins Gespräch gebracht und darüber hinaus auch 8 Verena Grüter / Reinhold Bernhardt Musikbeispiele vorgestellt. Der vorliegende Band dokumentiert die Ta- gungsbeiträge und macht sie so einem breiteren Publikum zugänglich. Die Beiträge von Verena Grüter sowie Bettina Strübel und Rainer Kessler sichten in einem ersten Anlauf das Themenfeld aus religionstheo- logischer und kirchenmusikalischer Praxis. Auf der Grundlage von drei Fallanalysen zeigt Verena Grüter, mit wel- chen Stilmitteln und Aufführungstechniken bei diesen interreligiösen Mu- sikdialogen gearbeitet wird. Sie geht von der These aus, dass musikalische Klänge konstitutiv sind für die Hervorbringung religiöser Identitäten und zeigt, wie interreligiöse Musikprojekte es ermöglichen, diese Identitäten spielerisch zu erproben. So entstehen interreligiöse Dialoge sui generis. Bettina Strübel und Rainer Kessler geben einen Einblick in die Arbeit des Interreligiösen Chores Frankfurt. In den Psalmen-Projekten wurden zunächst jüdische und christliche Musiktraditionen zusammengeführt. Mit dem Einbezug muslimischer Sängerinnen und Sänger sah sich der Chor vor neue Herausforderungen gestellt. Sie führten zur Suche nach neuen, hybriden Musikformen. Die zweite Gruppe von Beiträgen befasst sich in religionswissenschaft- licher Perspektive mit der Bedeutung von Klängen in verschiedenen reli- giösen Traditionen. Isabel Laack erörtert diese Frage im Blick auf die Erfahrung von Kör- perlichkeit und die Ausbildung kollektiver religiöser Identitäten. Sie zeigt auf, wie akustische Reize – sowohl Klang als auch Stille – in religiösen Traditionen verwendet werden, um spezifische Sinnesprofile und Körper- techniken hervorzubringen, die identitätsbildend wirken. Ob es auf der Grundlage dieser Funktionen musikalischer Klänge eine traditionsüber- greifende Klangrezeption geben kann, muss aus religionswissenschaftlicher Perspektive offenbleiben. Bärbel Beinhauer-Köhler geht der Bedeutung des Raumes bei der Auf- führung sakraler Musik nach. Offensichtlich haben die Wahl des Raumes, die Konzeption, die der Raumgestaltung zugrunde liegt, und die Nutzung des Raumes einen erheblichen Einfluss auf die Rezeption der Musik, die darin aufgeführt wird. In ihrer Darstellung legt die Verfasserin einen Schwerpunkt auf die Untersuchung multireligiöser Räume. Aus spezifisch musikethnologischer Perspektive lenkt Britta Sweers den Blick auf interreligiöse und interkulturelle Integrationsprojekte, die sich der Musik als Medium bedienen. Sie fragt, ob Musik tatsächlich eine all- gemeinmenschliche und daher auch religionsverbindende «Sprache» ist. Einleitung 9 Dieser Auffassung setzt sie die Beobachtung entgegen, dass sich gerade an interkulturellen und interreligiösen Musikprojekten kulturell und religiös bedingte Konflikte entzünden. Barbara Alge stellt ihre musikethnologischen Studien zu dem katholi- schen Fest der folia auf den Azoren vor und geht dabei der Frage nach, was Musik zur religiösen Musik bzw. zum Gegenstand religiöser Erfahrung macht. Die religiöse Dimension der Musik – so ihre These – liegt nicht in dieser selbst, sondern im Kontext ihrer Aufführung und ihrer Rezeption. Das gilt selbst dann, wenn die Gesänge einer religiösen Tradition ent- stammen. Der interdisziplinäre Bogen schließt mit drei Beiträgen, die sich mit der theologischen und philosophischen Deutung von Musik in interreli- giösen Begegnungen befassen. Ruth Illman setzt den vorwiegend kognitiv und textbasiert geführten interreligiösen Dialogen die These entgegen, dass durch das Medium der Musik Kreativität und Imagination in interreligiöse Begegnungen einge- führt werden. Am Beispiel eines tunesischen Muezzins und Imams, der in Schweden im interreligiösen Dialog engagiert ist, geht sie der Frage nach, inwieweit Musik im interreligiösen Dialog dem Frieden dient. Stefan Berg nähert sich dem Thema aus systematisch-theologischer Per- spektive an und legt die hermeneutischen Grenzen eines theologischen Verstehens von Musik anderer religiöser Tradition dar. Der These, Musik im interreligiösen Dialog helfe, kognitiv Trennendes zu überwinden, hält er entgegen, dass Musik immer an bestimmte Religionstraditionen mit ih- ren jeweiligen «Grammatiken» gebunden sei und deshalb nur bedingt tra- ditionsverbindend wirken könne. Dieter Mersch schließlich setzt die Kunst der Improvisation – etwa im Jazz