PU aktuell 10 Eine Information aus der Reihe »Politik und Unterricht« · März 1999

Wegweiser gesucht? Zeichnung: Löffler Zur Europawahl am 13. Juni 1999

INHALT 1. Einleitung...... 2 2. Die EU und wir...... 3 3. Die einflussreichsten Organe: Ministerrat und Kommission...... 5 4. Das Wahlverfahren zum Europäischen Parlament ...... 7 5. Wer vertritt uns heute in Straßburg? ...... 9 6. Parteien und Personen: Was steht zur Wahl? ...... 12 Landeszentrale 7. Die Rolle des Europäischen Parlaments ...... 13 8. Literaturhinweise ...... 15 für politische Bildung 9. Abschlusstest ...... 16 Baden-Württemberg Impressum ...... 16 2

Aufnahme bilateraler Besprechungen mit Polen, 1. Einleitung Tschechien, Ungarn, Slowenien, Estland und Zypern die erste Erweiterungsrunde eingeläutet. Die offiziel- len Verhandlungen mit diesen Staaten begannen am Im Juni 1999 sind die Bürger in den fünfzehn Staa- 10. November 1998. Wann die Verhandlungen mit ten der Europäischen Union aufgerufen, ihre ge- den fünf übrigen Kandidaten anfangen, steht noch meinsame Vertretung in Europa, das Europäische nicht fest. Parlament, direkt zu wählen. In der Bundesrepublik Deutschland findet die Wahl am Sonntag, 13. Juni Agenda 2000. Das so bezeichnete Programm der 1999, statt. Die Wahllokale sind – für deutsche Ver- Europäischen Union umfasst die Reform der Agrar- hältnisse ungewöhnlich – von 8.00 Uhr bis 21.00 und Strukturpolitik sowie der Finanzverfassung. Die Uhr geöffnet. Nach 21 Uhr werden dann in allen Mit- Agenda 2000 wird noch vor der Europawahl auf gliedstaaten die Stimmen ausgezählt. Das gilt auch einem Sondergipfel der fünfzehn Regierungschefs dort, wo schon an einem der drei vorausgehenden behandelt. Wie rasch und in welchen Themenberei- Tage gewählt wurde. In einigen europäischen Län- chen Einigungen möglich sind, bleibt abzuwarten. dern gehört es nämlich zur Tradition, dass Wahlen werktags sind. Die Integration strukturschwacher und landwirt- schaftlich geprägter Länder Mittel-, Ost- und Süd- Die Europawahl 1999 fällt in eine historisch bedeu- osteuropas in die Europäische Union wird zwar tende, aber auch kritische Phase der europäischen längerfristig die Stabilität und Sicherheit in Europa Integration. Zwei große, in einem Spannungsverhält- erhöhen, zunächst aber einige Probleme und Kon- nis stehende Herausforderungen hat die Europä- flikte mit sich bringen. Die Erweiterung setzt eine ische Union (EU) in den nächsten Jahren zu bewäl- tiefgreifende Reform der Institutionen und Entschei- tigen: die Vertiefung durch die Agenda 2000 und die dungsverfahren sowie der Landwirtschafts- und Erweiterung nach Osten und Süden. Strukturpolitik voraus. Vor allem die Ausgaben für die Gemeinsame Agrarpolitik, die in den letzten Jah- Die Währungsunion. Allen Unkenrufen zum Trotz ren jeweils etwa die Hälfte des gesamten Haushalts ist die Währungsunion am 1. Januar 1999 in Kraft der Union ausmachten, müssten entweder sprung- getreten, wie im Vertrag von Maastricht vereinbart. haft steigen oder die administrativ festgesetzten Er- Am 2. Mai 1998 hatten die Regierungschefs der zeugerpreise müssten sinken. Die Proteste der Bau- Europäischen Union in Brüssel den Teilnehmerkreis ern haben schon begonnen. Bei einer Erhöhung des für die Währungsunion festgelegt. Damit sind die Etats kämen auf die bisherigen „Nettozahler“ zu- Wechselkurse für die Währungen der elf Teilnehmer- sätzliche Belastungen zu, und manche Staaten staaten Belgien, Deutschland, Finnland, Frankreich, wären nicht mehr Empfänger-, sondern Geberlän- Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, der. Auf alle Fälle berührt die Erweiterung der EU Portugal und Spanien unwiderruflich fixiert: Ein Euro das eingespielte System des Gebens und Nehmens entspricht genau 1,95583 DM. Die gemeinsame zwischen den Mitgliedsländern. Die in der Agenda Währungseinheit dient seither als Buchgeld für 2000 enthaltenen Projekte lassen daher bei teilweise Bankgeschäfte. Auch Aktienkurse werden in Euro gegensätzlichen Interessen harte Verhandlungen er- notiert und wer will, kann sein Konto in Euro führen. warten. Für die Geldpolitik ist nun die im Frankfur- ter Euro-Tower ansässige Europäische Zentralbank zuständig. Die nationalen Banknoten und Münzen bleiben noch drei Jahre lang gültig, doch sind die nationa- len Währungen praktisch nur noch Platz- halter für die gemeinsame Währung. Vom 1. Januar 2002 an werden die neuen Euromünzen und -scheine in Umlauf ge- bracht; am 1. Juli desselben Jahres ver- lieren die elf nationalen Geldeinheiten ihre Gültigkeit als Zahlungsmittel.

Osterweiterung. Die Vorbereitungen für die Erweiterung der EU schreiten voran. So beschlossen die Regierungschefs der EU-Länder auf ihrem Gipfeltreffen am 12. und 13. Dezember 1997 in Luxem- burg, die Staaten Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei, Estland, Lettland, Litauen, Slowenien, Rumänien, Bulgarien und Zypern als Beitrittskandidaten zu be- trachten. Am 31. März 1998 wurde mit der 3

„Wenn die Neuen kommen, wird es noch abwechslungs- reicher!“ Zeichnung: Schoenfeld

Angesichts der kommenden Herausforderungen für die Europäische Union wird die europapolitische 2. Die EU und wir Diskussion im Vorfeld der Wahl noch einen Schub erhalten. Insofern könnte der Wahlkampf diesmal stärker als bei den bisherigen Europawahlen von ge- nuin europapolitischen Themen geprägt sein. Europa geht uns alle an, denn viele politische Ent- scheidungen, die für die Bürger der fünfzehn EU- Für den Unterricht bietet die Europawahl eine gute Staaten verbindlich sind, fallen nicht mehr in den Gelegenheit, über Wahlrecht und Wahlsystem hin- jeweiligen Hauptstädten, sondern in den europä- aus auch die politischen Entscheidungsprozesse ischen Gremien in Brüssel oder Straßburg. Bereits und Institutionen der EU, insbesondere das zwei Drittel der in Deutschland gültigen Rechts- Europäische Parlament, näher zu behandeln. Ferner normen gehen unmittelbar oder mittelbar auf empfiehlt es sich, auf die Bedeutung der Europä- Beschlüsse der EU zurück. Europa bestimmt unse- ischen Union für den Lebensalltag der Bürger und ren Alltag in hohem Maße. So sind etwa der Preis- auf ihr Demokratie- und Öffentlichkeitsdefizit einzu- rahmen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, die Ab- gehen. gasgrenzwerte für Kraftfahrzeuge, der zulässige Dieses Heft bietet dazu Informationen und Materia- Geräuschpegel von Rasenmähern oder Verbrau- lien. Es beruht – wenn nicht anders angegeben – auf cherschutzstandards von der EU vorgegeben. Ob dem am 2.10.1997 unterzeichneten Vertrag von Herstellung und Verkauf gentechnisch veränderter Amsterdam, der im wesentlichen die beiden euro- oder bestrahlter Lebensmittel erlaubt sein sollen päischen Hauptverträge, den Vertrag zur Gründung und ob solche Nahrungsmittel gekennzeichnet der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) und werden müssen, entscheiden letztlich die Organe den Vertrag über die Europäische Union (EU-Ver- der Europäischen Union. trag), ändert und ergänzt. Wenn im Jahr 2002 das neue Eurogeld in den Geld- beuteln sein wird, dann wird der Währungsum- tausch bei Reisen in eines der Teilnehmerländer der Vergangenheit angehören. Die Kontrollen an den Grenzen zwischen den meisten Mitgliedsländern sind weggefallen, die Bewegungsfreiheit in der Europäischen Union ist fast unbeschränkt, Reise- pässe und Führerscheine sind EU-einheitlich.

Die Unionsbürgerschaft. Seit dem Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags 1993 sind die Bürger der Mitgliedsstaaten zusätzlich Bürger der EU. Die Uni- onsbürgerschaft (Art. 17 EG-Vertrag) als Ergänzung zur nationalen Staatsbürgerschaft garantiert das Recht, sich in jedem EU-Land aufzuhalten, dort zu arbeiten oder zu studieren (Art. 18 EG-Vertrag). Uni- onsbürger, die sich in einem Staat außerhalb der EU befinden, in dem ihr Heimatstaat keine Botschaften 4

oder Konsulate unterhält, können den diplomati- rende technischer Fächer die Möglichkeit, Praktika schen oder konsularischen Schutz jedes anderen in ausländischen Unternehmen zu machen. EU-Landes, das dort vertreten ist, in Anspruch neh- Das Programm „Erasmus“ gibt Studierenden die men (Art. 20 EG-Vertrag). Chance, mit finanzieller Unterstützung drei bis zwölf Alle Bürger der Union können an ihrem Wohnsitz an Monate lang eine Universität im europäischen Aus- den Wahlen zum Europäischen Parlament und zu land zu besuchen. Sie brauchen an dieser Hoch- den kommunalen Vertretungen teilnehmen (Art. 19 schule keine Studiengebühren zu bezahlen; die dort EG-Vertrag). Dabei können sie sowohl wählen (akti- erworbenen „Scheine“ werden im Heimatland aner- ves Wahlrecht) als auch gewählt werden (passives kannt. Wahlrecht). Jeder Unionsbürger ist zudem berech- • Näheres sowie Kontaktadressen im Informations- tigt, allein oder zusammen mit anderen eine Eingabe heft „Europa für junge Leute. Tips zu Beruf und (Petition) an das Europäische Parlament in Angele- Ausbildung“: Presse- und Informationsamt der genheiten, für welche die Gemeinschaft zuständig Bundesregierung, 53105 Bonn, Telefon: (0228) ist und die ihn unmittelbar betreffen, einzureichen 208-0. (Art. 194 EG-Vertrag). Die EU und ihre Bürger: ein schwieriges Verhält- Der Bürgerbeauftragte. Der Vertrag von Amster- nis. Grenzüberschreitende politische Probleme wie dam verankerte das Recht auf Zugang zu den Doku- Umweltbelastungen, Arbeitslosigkeit oder Krisen an menten von Europäischem Parlament, Rat und den Finanzmärkten sind nicht mehr im nationalen Kommission im EG-Vertrag (Art. 255). Bereits im Rahmen lösbar, sondern bedürfen europäischer Jahre 1993 wurde das Amt des Europäischen Antworten. Die EU ist wegen der engen Integration Bürgerbeauftragten eingeführt (Art. 195 EG-Vertrag). ihrer Mitgliedsstaaten dazu prädestiniert, diese Pro- Dieser „Ombudsmann“ wird vom Europäischen Par- bleme anzugehen. Trotzdem ist die Zustimmung der lament für die Dauer von fünf Jahren gewählt. Bei Deutschen zur Europäischen Union und zu einer ihm können sich alle Unionsbürger beschweren, Weiterentwicklung der Integration seit 1991 konti- wenn sie meinen, „Missstände bei der Tätigkeit der nuierlich gesunken. Im Frühjahr 1997 hielten nur Organe oder Institutionen der Gemeinschaft“ er- noch 36 Prozent die EU-Mitgliedschaft für „eine kannt zu haben. Ausgenommen hiervon ist lediglich gute Sache“, während es in der gesamten EU die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs durchschnittlich 46 Prozent waren. und des Gerichts erster Instanz. Beispiele für solche Missstände sind Unregelmäßigkeiten in der EU-Ver- Neueren Umfrageergebnissen von 1998 zufolge waltung, Benachteiligung von Angehörigen be- steigen die Zustimmungswerte auch bei den Deut- stimmter Personengruppen, Machtmissbrauch schen wieder. Dennoch bleiben hierzulande die durch EU-Mitarbeiter, das Verweigern von Informa- Skeptiker in der Mehrheit. Die reservierte Haltung tionen oder unnötiges Hinauszögern von Antworten. der Deutschen mag auch mit dem Euro zusammen- Das Recht auf Beschwerde beim Bürgerbeauftrag- hängen. Schließlich verlieren die Deutschen mit der ten sowie das Petitions- und das Akteneinsichts- D-Mark nicht nur ein Zahlungsmittel, sondern ein recht gelten auch für Bürger von Nicht-EU-Staaten Symbol für den wirtschaftlichen Aufstieg in der mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat und für rechts- Nachkriegszeit. Hinzu kommt das Unbehagen über fähige Organisationen mit satzungsmäßigem Sitz in die vermeintliche oder tatsächliche „Brüsseler Re- einem EU-Land. gelungswut“ und die aufgeblähte EU-Bürokratie.

Jugend und Bildung. Speziell für Jugendliche und junge Erwachsene hat die Europäische Union einiges zu bieten. Mit dem Aktionspro- gramm „Jugend für Europa“ fördert die Union den internationalen Jugendaustausch. Das Pro- gramm ermöglicht Begegnungen junger Men- schen von 15 bis 25 Jahren mit Wohnsitz in der EU, und zwar unabhängig von Schule, Studium, Ausbildung oder Beruf. Seit 1997 können Männer und Frauen zwischen 18 und 25 Jahren einen sechs- bis zwölfmonatigen „EU-Freiwilligendienst“ in gemeinnützigen Pro- jekten im Sozial- und Umweltbereich leisten. Hier kommen vor allem sozial Benachteiligte zum Zuge. Im Rahmen des Leonardo-Programms können Auszubildende einen Teil ihrer Lehre im EU-Aus- land absolvieren. Zudem haben 18- bis 27- jährige mit abgeschlossener Berufsausbildung (oder längerer Berufserfahrung) sowie Studie- 5

3. Die einflussreichsten Organe: Ministerrat und Kommission

Neben dem Ministerrat (offiziell: Rat der Europä- ischen Union), der Europäischen Kommission und dem Europäischen Parlament gibt es noch die fol- genden Organe: Europäischer Gerichtshof (EuGH), Europäischer Rechnungshof (EuRH), Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA), Ausschuss der Regio- nen (AdR) und autonome Einrichtungen der Union wie die Europäische Zentralbank (EZB) oder das Europäische Polizeiamt (Europol).

„Viele haben sogar Angst vor mir, und ich weiß nicht, warum!“ Zeichnung: Rolf Henn

Das Demokratiedefizit. Vielfach werden auch das Demokratiedefizit der europäischen Institutionen, ihre Kompliziertheit und die Undurchschaubarkeit der Entscheidungsprozesse beklagt. Die Befugnisse des Europäischen Parlaments sind zwar durch die Einheitliche Europäische Akte (1986) sowie durch die Verträge von Maastricht (1992) und Amsterdam (1997) erheblich erweitert worden. Nach wie vor sind sie aber viel geringer als jene des Deutschen Bundestags und der anderen nationalen Parlamente. Obwohl das Straßburger Parlament seit 1979 alle fünf Jahre direkt gewählt wird, wissen die meisten Bürger wenig über seine Aufgaben und Zuständig- keiten. Die offiziellen Veröffentlichungen erreichen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung; für die Mas- senmedien hat das Europäische Parlament wenig Nachrichtenwert, weil publikumswirksame Kontro- versen dort eher selten sind. Auch die elf baden- württembergischen Abgeordneten in Straßburg sind weniger bekannt als die Bundestags- oder Land- tagsabgeordneten. Bei einer repräsentativen Infas- Umfrage von 1991 hielten 47 % der Westdeutschen und gar 60 % der Ostdeutschen die Europawahl für „weniger wichtig“ oder „unwichtig“. Dementspre- chend liegt die durchschnittliche Beteiligung bei Europawahlen in Deutschland bisher bei etwa 61 Prozent, während sie bei Landtagswahlen über 70 und bei Bundestagswahlen regelmäßig über Der Ministerrat (Rat der Europäischen Union). 80 Prozent liegt. Neben der Kommission ist der Rat das eigentliche Vermeintliche oder tatsächliche Fehlentwicklungen Machtzentrum der Europäischen Union. Er ist in wie das Verhalten der EU beim Konflikt im ehemali- allen Politikbereichen, manchmal gemeinsam mit gen Jugoslawien zeigen, dass sich die EU schwer dem Parlament, zur Rechtssetzung befugt. Er fasst tut, eine gemeinsame europäische Außenpolitik zu die Beschlüsse, an die alle Mitgliedsländer gebun- entwickeln. Das Europäische Parlament trägt daran den sind. jedoch keine Schuld, denn verantwortlich für die Im Rat haben alle Mitgliedsstaaten einen Sitz. Bei Außenpolitik sind die nationalen Regierungen, die im Beschlüssen verfügen sie jedoch über unterschied- Ministerrat (dem „Rat der Europäischen Union“) die lich viele Stimmen. Je nach den Sachthemen, die wichtigsten Entscheidungen treffen. behandelt werden, treffen sich die jeweils zuständi- 6

Obwohl sie keine echte Regierung ist, nimmt die Kommission die Aufgaben einer Regierung wahr: Sie ist für die Durchführung des Gemeinschafts- rechts zuständig. Als “Hüterin der Ver- träge” hat sie darauf zu achten, dass die Bestimmungen des EG- und des EU-Vertrags sowie die Beschlüsse der EU-Organe eingehalten werden. Hat die Kommission den Verdacht, dass ein Mitgliedsstaat seine Verpflichtun- gen verletzt, kann sie ihn auffordern, Stellung zu nehmen und für Abhilfe zu sorgen. Kommt der Staat dieser Auf- forderung innerhalb eines bestimmten Zeitraums nicht nach, kann die Kom- mission ihn beim Europäischen Ge- richtshof verklagen. Die Kommission stellt den Haushalts- entwurf auf, verwaltet die Fonds und Programme der EU, vertritt die Interes- sen der Union in den internationalen Organisationen und gegenüber ande- ren Staaten, verhandelt mit beitrittswilligen Ländern, ist die Unterhändlerin der Europäischen Union bei der Welthandelsorganisation (WTO) und schließt gen Minister, beispielsweise als „Rat der Agrarmini- Handelsabkommen mit Nicht-EU-Staaten. Der Prä- ster“ oder „Rat der Verkehrsminister“. Obwohl er ein sident der Kommission vertritt die Union nach Organ ist, gibt es den Rat also in rund zwanzig Ver- außen. sionen. Die starke Stellung der Kommission beruht auf Wenn der Rat über einen Sachgegenstand ab- ihrem Initiativmonopol. Nur sie kann Rechtsset- stimmt, geschieht dies entweder mit einfacher zungsvorschläge ausarbeiten. Ministerrat und Parla- Mehrheit (relativ selten), qualifizierter Mehrheit (62 ment können erst tätig werden, wenn die Kommis- von 87 Stimmen) oder – in wichtigen, für die Mit- sion ihnen einen Entwurf zur Beratung zugeleitet gliedsstaaten sensiblen Bereichen – einstimmig. Bei hat. Beide können die Kommission lediglich auf- Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit werden die fordern, Vorschläge zu bestimmten Themen vorzu- Stimmen je nach Bevölkerungsgröße der Staaten legen. Hier liegt ein weiterer Aspekt des Demokra- gewichtet – allerdings nur ungenau (siehe obiges tiedefizits der Europäischen Union: In allen Mit- Schaubild). Der EG- und der EU-Vertrag regeln, in gliedsstaaten ist es selbstverständlich, dass (neben welchen Fällen welches Abstimmungsverfahren an- der Regierung) das Parlament Initiativen zur Gesetz- zuwenden ist. gebung ergreifen kann. Auf europäischer Ebene liegt Das Letztentscheidungsrecht des Rats in allen Be- das ausschließliche Initiativrecht bei einem demo- reichen der EU-Politik ist ein Demokratieproblem, kratisch nur indirekt legitimierten Organ. weil der Rat ein Organ der nationalen Regierungen ist. Diese sind zwar demokratisch legitimiert, weil sie aus direkt vom Volk gewählten Parlamenten her- vorgegangen sind. In allen EU-Staaten liegt das Ge- setzgebungsrecht aber bei den Parlamenten selbst. Sie haben auch das Recht, die Regierungen zu kon- trollieren. Bei der EU wird dieses Prinzip umgekehrt: Hier verwandeln sich die nationalen Regierungen als „Rat der Europäischen Union“ in europäische Ge- setzgeber. Dies wäre annehmbar, wenn das EP bei der europäischen Rechtssetzung immer volle Mit- entscheidungsrechte hätte, was bisher nicht der Fall ist.

Die Europäische Kommission. Sie ist im Gegen- satz zum Rat ein überstaatliches Organ. Ihre Mit- glieder, die Kommissare, sind von den nationalen Regierungen unabhängig, obwohl sie von diesen entsandt werden. Zeichnung: Mester 7

4. Das Wahlverfahren zum Europäischen Parlament

Europäisches Recht Bereits 1957 wurde festgelegt, dass das künftige Europäische Parlament (EP) nach einem einheit- lichen Verfahren direkt von den Bürgern gewählt werden solle. Aber erst im Dezember 1974 erklärten sich die Regierungschefs der damals neun EG- Staaten zu allgemeinen und unmittelbaren Wahlen bereit. Viereinhalb Jahre später, im Juni 1979, fand der erste Urnengang statt. Seitdem ist das EP das einzige direkt von den Bürgern der Mitgliedsstaaten gewählte europäische Organ. Zeichnung: Löffler Ein einheitliches Wahlsystem für das Europäische Parlament gibt es bis heute nicht. Das EP hat zwar Seit der Einführung der Unionsbürgerschaft „besitzt gemäß Artikel 190 Abs. 4 des EG-Vertrags den Ent- jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitglieds- wurf eines Wahlverfahrens, das „im Einklang mit den staat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in allen Mitgliedsstaaten gemeinsamen Grundsätzen“ dem Mitgliedsstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, steht, ausgearbeitet und im Juli 1998 gebilligt. Der das aktive und passive Wahlrecht“ (Art. 19 Absatz 2 Rat muss das Regelwerk aber einstimmig be- EG-Vertrag). Dabei gelten für ihn dieselben Bedin- schließen, und das ist bisher nicht geschehen. Die gungen wie für die Angehörigen des betreffenden bisherigen Grundlagen gelten daher weiterhin. Mitgliedsstaats. Diese Regelung gibt allen Bürgerin- nen und Bürgern der EU unabhängig davon, in wel- Grundsätze. Am 20. September 1976 erließ der Rat chem Land der Union sie wohnen, das Recht, bei einen Rechtsakt „zur Einführung allgemeiner unmit- den Wahlen zum EP zu wählen und gewählt zu wer- telbarer Wahlen der Abgeordneten des Europäi- den. Sie können ihr Wahlrecht also entweder im schen Parlaments“. Er enthält zentrale Bestimmun- Wohnsitz- oder im Herkunftsland ausüben, müssen gen zum Wahlrecht, aber auch zu den Rechten und sich aber für eine der beiden Möglichkeiten ent- Pflichten der Parlamentarier. Damit bildet er neben scheiden. Wenn sie an ihrem Wohnsitz wählen dem EG-Vertrag die bedeutendste rechtliche wollen, müssen sie ausdrücklich die Aufnahme ins Grundlage für die Wahlen zum EP. dortige Wählerverzeichnis beantragen und erklären, Die wichtigsten Regelungen im Einzelnen: dass sie nur dort wählen oder kandidieren wollen. • Bis zur Einführung eines gemeinsamen Wahlver- Bei den Europawahlen gilt, nachdem das britische fahrens wird nach den jeweiligen nationalen Vor- Parlament im Januar 1999 das Verfahren für Eng- schriften gewählt. land, Schottland und Wales gebilligt hat, überall in • Die Abgeordneten werden auf fünf Jahre gewählt. der EU das Verhältniswahlrecht. Zwischen den ein- zelnen Verhältniswahlsystemen gibt es jedoch • Die Wahlperiode beginnt mit der Eröffnung der Unterschiede. ersten Sitzung nach einer Wahl. • Für die Wahl wird ein Zeitraum zwischen Don- Geplante Änderungen. Der Entwurf eines neuen nerstag und dem unmittelbar folgenden Sonntag Europawahl-Rechtsaktes schreibt für die EP- festgelegt. Jeder Mitgliedsstaat muss die Wahl an Wahlen das Verhältniswahlrecht auf der Grundlage einem dieser vier Tage durchführen. von Listen verbindlich vor. Darüber hinaus wird er, • Die Stimmen dürfen in allen Staaten erst ausge- wenn der Rat ihn erläßt, folgende Neuerungen brin- zählt werden, wenn am Abend des letzten Wahl- gen: tags die Wahllokale geschlossen haben. • Die Grundsätze der allgemeinen, unmittelbaren, • Bei der Wahl zum EP darf jeder Wähler nur einmal freien, gleichen und geheimen Wahl, die wir von wählen. Grundgesetz und den deutschen Wahlgesetzen • Die Abgeordneten verfügen über ein freies Man- kennen, werden formell ins europäische Wahl- dat; sie sind nicht an Aufträge und Weisungen ge- recht übernommen. Im EU-Recht waren bisher bunden. nur die beiden ersten Prinzipien verankert. • EP-Abgeordnete dürfen gleichzeitig dem Parla- • Mitgliedsstaaten über 20 Millionen Einwohnern ment eines EU-Staates angehören. Sie dürfen je- müssen, Staaten bis zu 20 Millionen können doch nicht Mitglied einer nationalen Regierung, Wahlkreise für die EP-Wahlen einrichten. Diese der Kommission, des Europäischen Gerichtshofs, Regelung soll ab der Wahl 2004 gelten. des Europäischen Rechnungshofs, des Wirt- • Für die Verteilung der EP-Mandate auf die einzel- schafts- und Sozialausschusses oder der EU- nen Listen kann jedes EU-Land eine Sperrklausel Verwaltung sein. festlegen, die jedoch nicht höher als fünf Prozent 8

der landesweit abgegebenen gültigen Stimmen Die Europawahl in Deutschland liegen darf. • EP-Abgeordnete dürfen nicht mehr gleichzeitig Für die Wahl der deutschen Abgeordneten des EP dem Parlament eines EU-Staates angehören. gilt das Europawahlgesetz (EuWG) vom 16. Juni 1978, zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. März Auch der neue Rechtsakt wird kein einheitliches 1994. Wahlverfahren bringen, sondern nur eine Anglei- chung der 15 nationalen Wahlsysteme. Er schafft ei- Wer darf wählen? Die Bundesrepublik Deutschland nen für alle Mitgliedsstaaten verbindlichen Rahmen, hat rund 82 Millionen Einwohner. Von ihnen sind der auch in Zukunft gewisse Abweichungen ermög- nach Schätzungen des Statistischen Bundesamts licht. Die nationalen Europawahlgesetze werden etwa 60,8 Millionen volljährige Männer und Frauen also in geänderter Fassung bestehen bleiben. mit deutscher Staatsbürgerschaft wahlberechtigt. Wählen dürfen auch mindestens 18 Jahre alte Uni- Wichtige Begriffe zur Europawahl onsbürger, die ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und in das Wählerverzeichnis Verhältniswahlsystem: Jede Partei erhält so viele Man- eingetragen sind. date, wie es ihrem prozentualen Anteil an den abgege- benen gültigen Stimmen entspricht. Wenn es keine Listen. Die Bundesrepublik Deutschland stellt 99 Sperrklausel gibt, gleicht die Zusammensetzung des Abgeordnete im Europäischen Parlament. Sie wer- Parlaments also genau der Verteilung der Stimmen auf den nach der Verhältniswahl auf der Grundlage von die Parteien, die zur Wahl angetreten sind. Auf diese Listen gewählt. Jede Partei, die zur Wahl antritt, Weise kommt der Wählerwille am ehesten zur Geltung. kann nach § 2 Absatz 1 des Europawahlgesetzes entweder „Listen für ein Land“ (Landeslisten) oder Listen: Bei den Europawahlen werden alle Abgeordne- eine „Gemeinsame Liste für alle Länder“ (Bundes- ten über Listen gewählt. Diese sind die Wahlvorschläge der Parteien. Die Kandidaten und Kandidatinnen sind in einer eindeutigen Reihenfolge genannt, in der ihnen die auf die Liste entfallenden Mandate zustehen. Die Listen umfassen entweder das gesamte Wahlgebiet oder einen Teil desselben. Nach dem deutschen Europawahlgesetz kann jede Partei entweder „Listen für ein Land“ (Landeslisten) oder eine „Gemeinsame Liste für alle Länder“ (Bundesliste) aufstellen.

Sperrklausel: Bei der Verteilung der Mandate werden nur diejenigen Parteien berücksichtigt, die einen be- stimmten Prozentsatz der abgegebenen gültigen Stim- men erreicht haben. Sperrklauseln sollen verhindern, dass – wie in der Weimarer Republik – viele kleine Split- terparteien ins Parlament gelangen und die Bildung sta- biler, regierungsfähiger Mehrheiten erschweren. Das deutsche Europawahlgesetz enthält eine Sperrklausel von fünf Prozent.

Wahlgrundsätze: Die deutschen EP-Abgeordneten werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt (§ 1 Abs. 1 Europawahlgesetz). Allgemein bedeutet, dass grundsätzlich alle volljährigen deutschen Staatsbürger sowie Unionsbürger, die in der Bundesrepublik wohnen und in das Wählerverzeichnis eingetragen sind, unabhängig von politischer und welt- anschaulicher Überzeugung, Geschlecht, Rasse, Spra- che, Religion oder Abstammung wählen und gewählt werden können. Unmittelbar ist die Wahl deshalb, weil die Abgeordneten direkt gewählt werden und nicht über eine zwischengeschaltete Instanz wie z. B. ein Wahl- männergremium. Frei ist eine Wahl, wenn die Stimme ohne Zwang oder Druck abgegeben werden kann und es keine Wahlpflicht gibt, die Wähler also auch die Frei- heit haben, nicht zu wählen. Die Wahl ist gleich, wenn jede Stimme gleich viel zählt, unabhängig von Bildung, Einkommen oder Vermögensverhältnissen des Wählers. Die Wahl findet geheim statt, wenn nicht feststellbar ist, wie der einzelne gewählt hat; Wahlkabine, Wahlurne und Stimmzettel im Umschlag gewährleisten das Wahlge- heimnis. Bei der Europawahl 1994 enthielt der Stimmzettel in Baden- Württemberg 24 Wahlvorschläge 9

liste) aufstellen. Von der ersten Möglichkeit machen nur CDU und CSU Gebrauch.

Ersatzbewerber. Auf den Listen der Parteien kann zu jedem Kandidaten ein Ersatzbewerber aufgeführt werden. Scheidet ein Abgeordneter während einer Wahlperiode aus dem EP aus, erhält der Ersatz- bewerber das Mandat. Steht kein Ersatzbewerber zur Verfügung, rückt derjenige Kandidat ins EP nach, der als erster nach den bereits gewählten Ab- geordneten der Partei auf der Liste folgt.

Stimmabgabe. Jeder Wähler hat nur eine Stimme, die er für die Liste einer Partei abgibt. Die Stimmab- gabe erfolgt persönlich, und zwar in dem auf der Wahlbenachrichtigung genannten Wahllokal. Wer ei- nen Wahlschein hat, kann auch durch Briefwahl oder in einem beliebigen Wahlbezirk des Stadt- oder Landkreises, in dem der Schein ausgestellt wurde, wählen.

Mandatsverteilung. Die Mandate werden wie bei Die baden-württembergischen Abgeordneten im der Bundestagswahl nach dem Hare-Niemeyer-Ver- Europäischen Parlament (Stand: März 1999) fahren auf die Parteien verteilt, wobei eine Sperr- klausel von fünf Prozent der abgegebenen gültigen CDU Stimmen gilt. Im Gegensatz zu dem in einigen EU- Honor Funk, Siechberg 2, 88416 Ochsenhausen Staaten angewandten Höchstzahlverfahren nach Telefon: (07352) 932 31, Fax: (07352) 932 33 d’Hondt ermöglicht das Hare-Niemeyer-Verfahren Dr. Renate Heinisch, Kurpfalzstraße 37, 97944 Boxberg eine genauere Übertragung des Stimmenverhältnis- Telefon: (07930) 88 51, Fax: (07930) 88 52 ses auf das Verhältnis der Sitze. Es ist für kleinere Parteien günstiger. Winfried Menrad, Sudetenweg 55, 74523 Schwäb. Hall Telefon: (0791) 520 30, Fax: (0791) 520 21 Dr. Konrad Schwaiger, Stadtgrabenstraße 25, 76646 Bruchsal Telefon: (07251) 121 75, Fax: (07251) 862 75 Diemut R. Theato, Wiesenweg 21, 69151 Neckargemünd-Waldhilsbach 5. Wer vertritt uns heute in Straßburg? Telefon: (06223) 34 77, Fax: (06223) 732 40 , Weilimdorfer Straße 74, 70839 Gerlingen In der vierten Wahlperiode des EP von 1994 bis Telefon: (07156) 92 53 20, Fax: (07156) 92 53 92 1999 stellt die Bundesrepublik Deutschland 99 Ab- Dr. , Leo-Wohleb-Straße 6, geordnete. Davon gehören 47 der CDU/CSU an, 40 79098 Freiburg der SPD und 12 kommen von Bündnis 90/Die Grü- Telefon: (0761) 218 08 41, Fax: (0761) 218 08 71 nen. Aus Baden-Württemberg sitzen elf Abgeord- nete im EP: sieben von der CDU, drei von der SPD SPD und einer von Bündnis 90/Die Grünen. Dietrich Elchlepp, Adlerstraße 19, 79098 Freiburg Insgesamt 626 Abgeordnete gehören zur Zeit dem Telefon: (0761) 28 80 45, Fax: (0761) 28 80 46 EP an. Das größte Kontingent stellt die Bundes- , Lehmgrubengasse 1, republik Deutschland mit 99 Sitzen, das kleinste 74653 Künzelsau Luxemburg mit sechs. Schon diese beiden Zahlen Telefon: (07940) 591 22, Fax: (07940) 591 44 verdeutlichen, dass der Schlüssel für die Verteilung Dr. Rolf Linkohr, Wilhelmsplatz 10, 70182 Stuttgart der Mandate zwischen den 15 Mitgliedsstaaten de- Telefon: (0711) 23 24 65, Fax: (0711) 23 66 178 ren Bevölkerungssumme nicht genau berücksich- tigt. Während deutsche Abgeordnete durchschnitt- Bündnis 90 / Die Grünen lich 821000 Einwohner vertreten, sind es bei den Wilfried Telkämper, Habsburgerstraße 9, Parlamentariern aus Luxemburg nur 67 000. Eine 79104 Freiburg Vertretung streng nach dem Verhältnis der Bevölke- Telefon: (0761) 579 80, Fax: (0761) 525 18 rungsgrößen ist aber wegen der großen Unter- schiede zwischen den Staaten gar nicht möglich. Die FDP verfügte im Europäischen Parlament bis 1984 Die kleineren Länder würden sonst im Parlament be- und von 1989 bis 1994 über Mandate, die Republikaner von 1989 bis 1994. deutungslos. Der Amsterdamer Vertrag schiebt dem 10

Die europäischen Parteienbündnisse verfügen allerdings nicht über eine den nationalen Parteien vergleichbare Or- ganisationsstruktur. Ihr wichtigstes Ziel ist es, gemeinsame Programme oder zumindest Wahlplattformen für Europawahlen zu entwerfen. Daneben dienen sie als Bindeglied zwischen den entsprechenden EP-Fraktionen und den nationalen Parteien. Eine echte europäische Identität hat sich im EP bisher nicht durchgesetzt: eine EU- weite politische Infrastruktur gibt es noch nicht. Das kann an der Sprach- barriere liegen oder am Unwillen der nationalen Parteiführungen, ihre Macht an europäische Leitungsgre- mien abzutreten.

weiteren Anwachsen des EP beim Beitritt weiterer Ergebnisse der Europawahlen in Baden-Würt- Staaten einen Riegel vor. Er beschränkt die Zahl der temberg (in Prozent) Mandate auf höchstens 700, egal wie viele Länder 1979 1984 1989 1994 künftig aufgenommen werden. CDU 52,3 50,9 39,3 42,0 Die Fraktionen SPD 34,3 27,3 29,1 26,6 GRÜNE 4,5 10,1 10,0 13,2 Mit Ausnahme von 37 Fraktionslosen gehören alle FDP 8,1 7,1 7,2 5,2 Abgeordneten des EP einer von insgesamt acht REP 8,7 5,9 Fraktionen an. Diese richten sich nicht nach dem PDS 0,5 Herkunftsland der Parlamentarier, sondern nach de- Sonstige 0,7 4,6 5,8 6,7 ren Zugehörigkeit zu politischen Richtungen, sind also supranational angelegt. Die Größe der Fraktio- nen ist deshalb für die Politik des EP wichtiger als die Verteilung der Mandate auf die 15 Mitgliedsstaa- ten. Da es allerdings keine vom Parlament gewählte EU-Regierung gibt, kennt das EP den Gegensatz von Mehrheits- und Oppositionsfraktionen, der bei- spielsweise den Deutschen Bundestag prägt, nicht. Meist bilden sich im EP unterschiedliche Koalitionen nach bestimmten Sachthemen. So bestehen Inte- ressengemeinschaften quer durch die Fraktionen ebenso wie gemeinsame nationale Positionen von Abgeordneten verschiedener Parteien in bestimm- ten Fragen. Nationale Loyalitäten spielen z. B. eine Rolle, wenn es um finanzielle Fragen oder um den Sitz einer EU-Institution geht. Bereits Mitte der siebziger Jahre, im Vorfeld der er- sten Europawahl, schlossen sich die drei großen Parteienfamilien der westeuropäischen Demokratien zu Parteienbündnissen zusammen, die im EP als Fraktionen bestehen. Ihre heutigen Namen lauten: • Sozialdemokratische Partei Europas (SPE), • Europäische Volkspartei – Christdemokraten (EVP-CD) sowie • Liberale und Demokratische Partei Europas (LIBE). Im Laufe der Zeit entstanden neue Bündnisse, so 1993 die „Europäische Föderation Grüner Parteien“ (GRÜNE). 11

Blitzlichter aus dem Europa-Wahlkampf von 1994

Bilder: dpa/AP 12

6. Parteien und Personen: Warum Wählen sinnvoll ist Von Gerhart Maier Das geringe Interesse und die niedrige Beteiligung an Was steht zur Wahl? den Wahlen zum Europäischen Parlament steht im Wi- derspruch zu der Bedeutung, die diese Wahlen für jeden einzelnen Unionsbürger haben. Mit Recht rufen deshalb Nur die CDU hat eine Liste für Baden-Württemberg in Deutschland die politischen Parteien, die Verbände aufgestellt. Die anderen Parteien ziehen mit und zahlreiche andere Institutionen alle Wahlberechtig- Bundeslisten in die Europawahl. Im Folgenden wer- ten dazu auf, am 13. Juni 1999 von ihrem Stimmrecht den Auszüge aus den Listen veröffentlicht. Genannt Gebrauch zu machen. Aus der Vielzahl von Gründen für sind hier Spitzenplätze sowie die ersten Plätze für eine Beteiligung an den Europawahlen werden hier Bewerber aus Baden-Württemberg. Soweit vorhan- einige genannt: den, werden auch Ersatzkandidaten angegeben, • Die Europäische Union braucht die demokratische weil sie beim Ausscheiden eines gewählten Abge- Legitimierung. Demokratie legitimiert sich im Parla- ordneten nachrücken. ment. Dazu sind demokratische Wahlen unabdingbar. Das Parlament hat als einzige europäische Institution Listen zur Europawahl 1999 eine vom Bürger unmittelbar verliehene Autorität; wel- ches Gewicht sie hat, hängt entscheidend von der Die Landesliste der CDU Baden-Württemberg Zahl der Wählerinnen und Wähler ab. • Die Verlagerung von Politikbereichen von der ein- Platz Kandidat/in Ersatzbewerber/in zelstaatlichen auf die europäische Ebene ist seit der Gründung der EWG im Jahre 1957 spürbar vorange- 1 Rainer Wieland Christian von Stetten schritten. Immer mehr praktische Politik wird von der 2 Diemut R. Theato Elke Schröder Europäischen Union gemacht. Die nationalen Parla- 3 Dr. Karl von Wogau Wolfgang Dietz mente haben darauf wenig Einfluß. Wichtige Ent- 4 Elisabeth Jeggle Udo Glatthaar scheidungen fallen mehr und mehr in Brüssel oder in 5 Winfried Menrad Andreas Zwickl Straßburg. Ob wir dies in jedem Fall merken oder 6 Dr. Konrad Schwaiger Carsten Striebich nicht – in vielen Fällen wird unsere tägliche Lebens- 7 Dr. Renate Heinisch Christina Metke wirklichkeit durch die EU bestimmt. 8 Franz Josef Müller Dr. Inge Kley • Das Europäische Parlament ist längst nicht mehr der 9 Dr. Jens Müller Dr. Karin Graf „Papiertiger“ aus den Anfangsjahren der Europäi- 10 Petra Kunz Konrad Epple schen Gemeinschaft; es hat sich vielmehr im Laufe 11 Eyke Peveling Brigitte Steinle der Zeit wichtige Mitentscheidungs- und Mitsprache- 12 Kirsten Alber Markus Scheu rechte erkämpft. Es kann daher den Bürgern nicht 13 Marion Gentges Michael Hilser gleichgültig sein, welche Parteien und Personen im 14 Anton Maurer Klaus May Europäischen Parlament Entscheidungen treffen, 15 Dr. Martine Schöppner Thorsten Faulhaber von denen sie unmittelbar betroffen sind. • Das Europäische Parlament ist bestrebt, das Demo- Die Bundesliste der SPD kratiedefizit zu verringern, das in der EU immer noch besteht. Es hat sich einen deutlichen Zuwachs an Platz Kandidat/in Ersatzbewerber/in Mitwirkungsrechten erstritten. Die Wähler können die Abgeordneten in Straßburg darin unterstützen, 1 Klaus Hänsch Brigitte Wucherpfennig indem sie an der Europawahl teilnehmen und so ihr 2 Magdalene Hoff Birgit Sippel Interesse an der Demokratisierung in Europa be- 3 Willi Görlach Gernot Grumbach kunden. 4 Karin Junker Harald Schrapers 5 Christa Randzio-Plath Knut Fleckenstein • Die Straßburger Parlamentarier spielen eine wichtige Rolle bei der Verabschiedung des Haushalts der EU. 6 Gerhard Schmid Werner Schieder Gerade weil Deutschland den größten Anteil zu 7 Konstanze Krehl Margit Weihnert diesem Haushalt beisteuert, müsste das den Deut- 8 Wilfried Kuckelkorn Walter Ludwigs schen ein Ansporn sein, durch ihre Richtungsent- 9 Johannes Emmerich scheidung bei der Wahl die Haushaltsentscheidun- 10 Rolf Linkohr* Horst Metzler* gen ihrem Interesse entsprechend zu beeinflussen. 27 Evelyne Gebhardt* Ruth Weckenmann* • Das EP ist berechtigt, die Arbeit der Kommission zu 38 Dietrich Elchlepp* Janine Millington-Hermann* kontrollieren und diese gegebenenfalls durch ein * aus Baden-Württemberg Mißtrauensvotum zum Rücktritt zu zwingen. Durch ihr Wahlverhalten entscheiden die Wählerinnen und Spitzenplätze bei den kleinen Parteien Wähler darüber, wer zum Kontrolleur bestellt wird und wie wirkungsvoll diese Kontrolle ausgeübt werden Grüne Heide Rühle* kann. Wilfried Telkämper* (Platz 14) • Das EP hat in der Vergangenheit immer wieder wich- FDP Dr. Helmut Haussmann* tige Impulse für die Weiterentwicklung der Europä- PDS Sylvia-Yvonne Kaufmann ischen Union gegeben. Das betraf vor allem die REP (wählen am 28.3.1999) Durchsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Verbesserung des Umweltschutzes, die Si- * aus Baden-Württemberg 13

cherung der Menschenrechte und der sozialen Entscheidungsverfahren der Europäischen Rechte. Es ist wichtig, welcher politischen Richtung Union der Ausbau Europas anvertraut wird; auch hier Das Mitentscheidungsverfahren. können die Wahlberechtigten Weichen für die Zu- • Es wurde 1993 durch den Vertrag von Maastricht in den EG-Vertrag aufgenom- kunft stellen. men (Art. 251 der Amsterdamer Fassung von 1997). Nach • Die gewählten Europaabgeordneten betreuen jeweils dem Vertragstext sind Rat und EP im Mitentscheidungs- eine bestimmte Region in Deutschland; sie sind der verfahren vollständig gleichberechtigt. Dies kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass – im Gegensatz zu den unmittelbare und wichtigste Ansprechpartner für die übrigen Verfahren – beide Organe die Rechtsakte formell Menschen in der Region in allen Fragen der Europa- erlassen und nicht nur der Rat allein. Das EP kann auf ver- politik; die Bürgerinnen und Bürger haben es in der schiedenen Stufen des Verfahrens einen Rechtssetzungs- Hand, durch ihr Votum zu entscheiden, welcher politi- vorschlag ablehnen und damit endgültig scheitern lassen. schen Partei ihr jeweiliger Ansprechpartner angehört. Der Amsterdamer Vertrag hat den Anwendungsbereich des Mitentscheidungsverfahrens erheblich erweitert. • Die Anhänger radikaler und extremistischer Parteien • Das Verfahren der Zusammenarbeit. Es wurde 1987 ein- auf der rechten oder linken Seite des Parteienspek- geführt (Art. 252 des EG-Vertrags in der Amsterdamer trums sind in hohem Maße bereit, zur Wahl zu gehen. Fassung von 1997) und ermöglicht dem EP einen auf- Eine niedrige Wahlbeteiligung stärkt daher die Posi- schiebenden Einspruch. Der Vertrag von Amsterdam über- tion der Extremen im EP. Eine hohe Wahlbeteiligung führt seine Anwendungsbereiche fast vollständig in das bei der Europawahl relativiert die Wirksamkeit radika- Verfahren der Mitentscheidung, so dass das Verfahren der Zusammenarbeit künftig nur noch bei Bestimmungen über ler oder extremistischer Stimmen oder führt dazu, die Wirtschafts- und Währungsunion angewandt wird. dass diese Parteien an der Fünf-Prozent-Klausel Das Zustimmungsverfahren. scheitern. Wer wählen geht, stärkt die Demokratie. • Bestimmte Abkommen und Beschlüsse können nur in Kraft treten, wenn das EP ihnen mit der absoluten Mehrheit seiner Mitglieder zustimmt. Eine neuberufene Kommission muss sich vor dem Beginn ihrer fünfjährigen Amtszeit als Kollegium dem Votum des EP stellen; nach dem Inkrafttreten des Amsterdamer Ver- trags ist überdies die gesonderte Zustimmung des Parla- ments zur Ernennung des Präsidenten erforderlich. Völkerrechtliche Verträge sowie Abkommen über den Bei- tritt oder die Assoziierung von Staaten zur Union können nur in Kraft treten, wenn das Parlament sie mit der Mehr- heit seiner Mitglieder billigt. • Das Anhörungsverfahren: Hier kann das EP Stellung- nahmen und Änderungsanträge zu Vorschlägen der Kom- mission formulieren. Der Rat muss sie aber nicht berück- sichtigen, sondern entscheidet allein. Bis in die siebziger Jahre hinein galt dieses Verfahren generell. Inzwischen ist sein Anwendungsfeld stark geschrumpft, umfasst aber immer noch wichtige Bereiche wie Steuern, Wettbewerbs- regeln und Änderungen des EG- und des EU-Vertrags. • Das Haushaltsverfahren. Das EP teilt sich mit dem Rat das Recht, über den jährlichen Haushaltsplan der EU zu entscheiden. Bei Ausgaben, die sich nicht unmittelbar aus dem EG-Vertrag ergeben, darf das EP mit der Mehrheit sei- Italien. Wahlplakate zu den Europawahlen 1989. ner Mitglieder Änderungen beschließen. Außerdem kann das Parlament den Entwurf als Ganzes ablehnen und den Bild: Gerhart Maier Rat auffordern, einen neuen vorzulegen, was bisher zwei- mal – 1979 und 1985 – vorgekommen ist. In diesem Fall sind zwei Drittel der abgegebenen Stimmen und die Mehr- heit der EP-Mitglieder erforderlich. 7. Die Rolle des Europäischen Parlaments

Das Europäische Parlament wirkt bei der Rechtsset- zung der Europäischen Union mit, billigt bestimmte Abkommen und Beschlüsse (oder lehnt sie ab), ent- scheidet in Haushaltsfragen mit und kontrolliert die anderen EU-Organe, insbesondere die Kommission.

Rechtssetzung. Insgesamt fünf verschiedene Ent- scheidungsverfahren sind im EG-Vertrag vorge- sehen. Er regelt im einzelnen, welches Verfahren in welchen Politikbereichen anzuwenden ist. Die Ver- fahren unterscheiden sich im wesentlichen darin, wie stark das EP an den Beschlüssen des Rats be- teiligt wird. 14

Gegenüber dem Rat, dessen Mitglieder in erster Linie den nationalen Parlamenten verantwortlich sind, hat das EP kein direktes Kontrollrecht, wohl aber das Recht auf Information und Anhörung. Zu Beginn ihrer Amtszeit erläutert jede Ratspräsident- schaft ihr Programm dem EP und erstattet ihm nach Ablauf der Amtsperiode Bericht über die Tätigkeit.

Vorschläge zur Weiterentwicklung der Rolle des Europaparlaments In den Jahren 1996 und 1997 fand die Regierungs- konferenz zur Vertiefung der europäischen Integra- tion und zur Erweiterung der Europäischen Union um Malta und einige osteuropäische Staaten statt (Maastricht II). Die Beratungen während dieser Kon- Zeichnung: Mester ferenz führten zum Vertrag von Amsterdam, der am 2. Oktober 1997 von den Staats- und Regierungs- Kontrollrechte des Parlaments chefs der EU unterzeichnet worden ist. gegenüber anderen EU-Organen Zu der Konferenz lagen zahlreiche Vorschläge zur Gegenüber der Kommission hat das EP ein direktes Verbesserung der Zusammenarbeit der EU-Institu- Kontrollrecht. So muss es die Umsetzung des Haus- tionen vor. Hier interessieren vor allem Anregungen, haltsplans durch die Kommission überprüfen, insbe- welche vom Europäischen Parlament und seinen sondere die tatsächliche Höhe der Ausgaben. Mit Ausschüssen eingebracht worden sind. Die bishe- einem Misstrauensvotum kann es sogar das ganze rige Integrationsgeschichte lehrt, dass es dem Gremium (nicht aber einzelne Kommissare) zum Parlament – meistens in einem mühsamen und lang- Rücktritt zwingen. Hierfür sind zwei Drittel der abge- wierigen Prozess – oft gelungen ist, seine Forderun- gebenen Stimmen und die Mehrheit der EP-Mitglie- gen nach dem Ausbau seiner Kompetenzen zu ver- der nötig. In jüngster Zeit hat das Parlament von die- wirklichen. Dahinter steckt die Erfahrung, dass es sen Rechten in ungewohnt spektakulärer Weise sich bei der europäischen Einigung nicht um ein fer- Gebrauch gemacht. Zunächst verweigerte es der tiges Gebilde handelt, sondern um einen Prozess, Kommission am 17. Dezember 1998 wegen ver- dessen Ende bisher keineswegs in allen Einzelheiten schiedener Betrugs- und Korruptionsaffären die feststeht. Entlastung für die Haushaltsführung im Jahr 1996. Ein anschließend eingebrachter Misstrauensantrag scheiterte jedoch am 14. Januar 1999 nach einigen Vorschläge zur Aufwertung des Europäischen Parla- politischen Zugeständnissen des Kommissionsprä- ments sidenten Jacques Santer mit 232 von 552 abgege- • volle Mitentscheidung des Parlaments bei allen Akti- benen Stimmen. Einen Tag nach Vorlage eines Aus- vitäten und Gesetzgebungsakten der Gemeinschaft, schussberichtes trat die gesamte EU-Kommission d.h. Gleichberechtigung mit dem Ministerrat am 16.3.1999 zurück. • volles Haushaltsrecht, d. h. Mitentscheidung auch Die Abgeordneten können schriftliche Anfragen an beim Agrarhaushalt der EU (fast die Hälfte aller Aus- die Kommission oder den Rat richten, die diese be- gaben) und Mitsprache auf der Einnahmenseite antworten müssen. Bei jeder Sitzung des Europä- • uneingeschränktes Recht auf Mitentscheidung bei ischen Parlaments findet eine Fragestunde statt, in Vertragsänderungen (Zustimmung oder Ablehnung) der Mitglieder der Kommission und der amtierende • Initiativrecht des Parlaments: Einbringung von Geset- Ratspräsident Rede und Antwort stehen müssen. zesvorschlägen in den Entscheidungsprozess Das Parlament kann auf Antrag eines Viertels seiner • Ergänzung des Vetorechts des Parlaments durch ein Mitglieder einen Untersuchungsausschuss einset- „positives Mitwirkungsrecht“ am Gesetzgebungsver- zen, der „behauptete Verstöße gegen das Gemein- fahren in allen seinen Stadien schaftsrecht oder Missstände bei der Anwendung desselben prüft“ (Art. 193 EG-Vertrag). Ein Beispiel • Begrenzung der Zahl der Mitglieder des Europäischen hierfür sind zwei Untersuchungsausschüsse zur Parlaments auf höchstens 700 Abgeordnete – auch Rinderseuche BSE, die 1996/97 arbeiteten. Außer- nach dem Beitritt weiterer Staaten (im Vertrag von Amsterdam festgeschrieben) dem kann das EP beim Europäischen Gerichtshof eine Untätigkeitsklage gegen Kommission oder • direkte Wahl des Kommissionspräsidenten durch das Rat einreichen, falls diese in bestimmten Bereichen Parlament nicht tätig werden, obwohl die Verträge es vor- • Einführung des individuellen Misstrauensvotums schreiben. Den Gerichtshof kann das EP auch an- gegen einzelne Mitglieder der EU-Kommission. rufen, wenn es der Überzeugung ist, dass andere Zusammenstellung: Gerhart Maier Organe die Rechte des Parlaments missachten. 15

Die Europäische Strukturkommission, die sich aus Welche Reformen sollen sein? Politikern und Wissenschaftlern zusammensetzt, stellt zu den Forderungen des Europaparlaments Entscheiden Sie selbst! Kreuzen Sie an, was Sie für fest: „Die Union ist ... zu einem Zwei-Kammer- richtig halten und begründen Sie Ihre Entscheidung. System weiterzuentwickeln, bei dem die eine Denken Sie dabei an den Ausbau der Demokratie in Kammer aus dem Europäischen Parlament und die Europa, an die Folgen für die Entscheidungsverfah- andere aus dem Rat der Union als europäische ren auf europäischer Ebene und den Fortgang der Staatenkammer gebildet wird. Indem alle wesentli- europäischen Einigung. Konzeption: Gerhart Maier chen Entscheidungen der Union gleichberechtigt von diesen beiden Kammern getroffen werden, kön- Dafür Da- Keine nen das demokratische und das föderale Prinzip gegen Meinung miteinander verbunden werden.“ (Europäische Strukturkommission: Europa ’96. Reformprogramm 1. Die Europawahlen sollen für die Europäische Union, in: Weidenfeld, Werner nicht alle fünf, sondern wie (Hrsg.): Reform der Europäischen Union, Gütersloh die Bundestagswahlen alle 1995, S. 40) vier Jahre stattfinden.

2. Für die Europawahlen soll in allen Mitgliedstaaten ein ein- heitliches Verfahren gelten.

3. Der Termin der Europawah- len soll nicht mit dem Termin anderer Wahlen zusammen- fallen.

4. Die Mitglieder des Europa- parlaments sollen nicht direkt gewählt, sondern aus den nationalen Parlamenten entsandt werden.

Konsens-Destillation zu Brüssel Zeichnung: Mester 5. Für die Europawahlen soll Wahlpflicht für alle Wahlbe- rechtigten eingeführt wer- den.

8. Literaturhinweise 6. Das Europaparlament soll nicht mehr als 500 Mitglie- der haben. Bergmann, Jan / Lenz, Christofer (Hrsg.): Der Amsterdamer Vertrag. Eine Kommentierung der Neuerungen des EU- 7. Das EP hat genügend Mit- und EG-Vertrages. Köln: Omnia-Verlag, 1998 wirkungsrechte; sie sollen Fritzler, Marc / Unser, Günther: Die Europäische Union. Bonn: nicht erweitert werden. Bundeszentrale für politische Bildung, 1998 Jachtenfuchs, Markus / Kohler-Koch, Beate (Hrsg.): Europä- 8. Die Mitgliedstaaten sollen ische Integration. Opladen: Leske + Budrich, 1996 ihrer Bevölkerungszahl ent- sprechend im EP vertreten Korte, Karl-Rudolf: Wahlen in der Bundesrepublik Deutsch- sein. land. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 1998 Maurer, Andreas: Regieren nach Maastricht: Die Bilanz 9. Jeder Mitgliedstaat sollte des Europäischen Parlaments; in: integration 1998/4, mindestens sechs Abgeord- S. 212–224 nete in das EP entsenden dürfen. Mickel, Wolfgang W. (Hrsg.): Handlexikon der Europäischen Union. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage, Köln: Omnia-Verlag, 1998 10. Abgeordnete, die Mitglied in einem nationalen Parlament Pfetsch, Frank R.: Die Europäische Union. Geschichte, Insti- sind, sollten nicht auch noch tutionen, Prozesse. München: Wilhelm Fink Verlag, 1997 für das EP kandidieren dür- Thiel, Elke: Die Europäische Union. 5., völlig neugestaltete fen. Auflage, München: Bayerische Landeszentrale für politi- sche Bildungsarbeit, 1997 11. Das EP soll gleichberechtigt mit dem Ministerrat der EU Weidenfeld, Werner / Wessels, Wolfgang (Hrsg.): Europa von an allen Entscheidungen be- A–Z. Taschenbuch der europäischen Integration. 6. Auf- teiligt werden. lage, Bonn: Europa Union Verlag, 1997 16

9. Abschlusstest

Was stimmt? Kreuzen Sie bitte jeweils eine der drei Spalten an. Richtig Falsch Weiß nicht 5 1. Der EU gehören zwölf eu- 4 ropäische Staaten an. 2. Die Europawahl 1999 findet in allen Mitgliedstaaten am 3 Sonntag, 13. Juni, statt. 1 3. Schon 1957 gab es die erste 2 13 Direktwahl zum Europä- 12 15 ischen Parlament. 14 4. Die Wahlen zum EP finden alle fünf Jahre statt. 6 5. Die Wahlberechtigten dürfen 11 ihre Stimme bei den EP- Wahlen nur in ihrem Heimat- land abgeben. 9 8 6. Die Europawahlen werden in 10 Deutschland nach dem Ver- 7 hältniswahlrecht durchge- führt. 7. Dem EP gehören zur Zeit 700 Abgeordnete an. 8. Jeder Mitgliedstaat hat die Nr. Staat Hauptstadt gleiche Zahl von Abgeord- 1 neten im EP. 2 9. Im EP schließen sich die Ab- 3 geordneten in länderüber- 4 greifenden Fraktionen zu- sammen. 5 6 10. Das EP ist der eigentliche Gesetzgeber der Europä- 7 ischen Union. 8 11. Das EP kann der Kommis- 9 sion das Misstrauensvotum 10 aussprechen. 11 12. Das EP kann keine Ge- 12 setzesinitiativen in den EU- Entscheidungsprozess ein- 13 bringen. 14 Gerhart Maier 15

Impressum »PU aktuell« wird von der Landeszentrale für politische Bildung (LpB) herausgegeben und erscheint in unregelmäßiger Reihen- folge als Beilage der Zeitschrift »Politik und Unterricht«. Direktor der Landeszentrale: Siegfried Schiele Redaktion: Otto Bauschert, Anschrift: LpB Baden-Württemberg, Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart, Telefax (0711) 23 71 496 Manuskript: Andreas Knoll. Weitere Mitarbeit: Gerhart Maier und Sylvia Rösch

Bestellungen weiterer Exemplare bitte nur schriftlich an die LpB Baden-Württemberg, Frau Sylvia Rösch, Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart, Telefax (0711) 23 71 496. Die Hefte werden innerhalb von Baden-Württemberg kostenlos abgegeben. Andere Interessenten wenden sich bitte direkt an: Neckar-Verlag GmbH, Postfach 18 20, 78008 Villingen-Schwenningen, Telefax (07721) 89 87 50