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Rechtsgeschichte

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http://www.rg-rechtsgeschichte.de/rg9 Rg 9 2006 12 – 35 Zitiervorschlag: Rechtsgeschichte Rg 9 (2006) http://dx.doi.org/10.12946/rg09/012-035

Ursula Lehmkuhl Ein Kristallpalast für New York Kulturtransfer und nationale Identitätskonstruktion in den USA vor dem Bürgerkrieg

Dieser Beitrag steht unter einer Creative Commons cc-by-nc-nd 3.0 Abstract

On July 14, 1853 the second World Exhibition opened its gates in New York. Regarding architec- ture and themes a simple transfer of the London concept was intended. The shi from London to New York was based on a series of more or less successful translations and transfer-processes. The concept of World Exhibition had to be adapted according to organisation, administration, town planning and in general according to the social, economic and cultural settings of the young re- public of the USA. The essay analyzes how pro- cesses of adaptation worked, which essential chang- es they produced and how successful they were in the end. Therefore it works out the specific example of a European-American transfer-process in the 19th century and intends to underline the inherent laws and specific paths of development of such processes. □× 12

Ein Kristallpalast für New York Kulturtransfer und nationale Identitätskonstruktion in den USA vor dem Bürgerkrieg

Am 26. Dezember 1851, zwei Monate nach- amerikanischen Ausstellungsgegenstände, ange- dem der Kristallpalast in London, in dem die ers- kündigt, dass er einen Kristallpalast in New York te Weltausstellung stattfand, seine Tore schloss, bauen wolle.2 Viele Ausstellungsgegenstände fasste das Board of Alderman der City of New wurden deshalb erst gar nicht wieder in ihre York den Beschluss, eine Industrial Exhibition Herkunftsländer zurückgeführt, sondern blieben of all Nations in New York durchzuführen. Zu gut verpackt in London und warteten dort auf diesem Zweck sollte am Madison Square ein den Weitertransport nach New York. Die ge- Gebäude aus Stahl und Glas errichtet werden. plante Weltausstellung in den USA intendierte Das Gebäude sollte »good, strong and hand- keine inhaltliche Weiterentwicklung des Ausstel- some« sein und wie der Londoner Kristallpalast lungskonzeptes. Dies war auch angesichts der nach zwei Jahren wieder abgerissen werden. Die zeitlichen Nähe zwischen der Londoner und der New Yorker Kristallpalastausstellung wurde am New Yorker Ausstellung kaum zu erwarten.3 14. Juli 1853 vom amerikanischen Präsidenten Vielmehr sollten der amerikanischen Bevölke- Franklin Pierce mit großem Zeremoniell eröffnet rung die Errungenschaften des technischen Fort- und zählte rund 5000 Aussteller, von denen etwa schritts präsentiert werden. Trotz der für das die Hälfte aus den USA kamen. Jedoch blieben Jahr 1851 beeindruckenden Besucherzahl von die Besucherzahlen ebenso hinter den Erwartun- über sechs Millionen war die Londoner Aus- gen zurück wie die Einnahmen. Der Veranstal- stellung im Hinblick auf das Publikum doch tung gelang es nicht, eine ausreichende interna- letztlich eine europäische Veranstaltung geblie- tionale Beteiligung zu mobilisieren. Als die Schau ben. Reisen zwischen den Kontinenten waren um am 1. November 1854 ihre Pforten schloss, hatte die Jahrhundertmitte noch so beschwerlich und die von einem privaten Unternehmen organisier- kostspielig, dass sie prohibitiv auf die Teilnahme te und finanzierte Weltausstellung ein Defizit amerikanischer Besucher wirkten.4 von 300 000 Dollar erwirtschaftet.1 Den New Auch wenn im Hinblick auf Architektur Yorker Glaspalast ereilte dasselbe Schicksal, wie und Inhalt eine schlichte Übertragung – man es auch sein Londoner Vorbild ein dreiviertel könnte fast von Verpflanzung sprechen – der Jahrhundert später ereilen sollte: Anfang Okto- Londoner Ausstellung in die Neue Welt inten- ber 1858 zerstörte ein spektakuläres Feuer die diert war,5 basierte die Umsetzung des Unter- Eisen-Glas-Konstruktion. nehmens auf einer ganzen Reihe von mehr oder Bereits Ende August 1851, noch während weniger geglückten kulturellen Übersetzungs- der Londoner Weltausstellung, hatte Edward und Transferprozessen. Das Konzept ›Weltaus- Riddle, Kaufmann aus Boston und Beauftragter stellung‹ musste an die organisatorischen, ver- für die amerikanische Ausstellung in London, be- waltungsstrukturellen, städteplanerischen und eindruckt von dem überwältigenden Erfolg der allgemein an die sozialen, wirtschaftlichen und

1 300000 Dollar im Jahr 1854 ent- della relazione speciale anglo- dar, das wöchentlich mit einem sprechen ca. 7 Millionen Dollar americana (2004) 141–64. Umfang von acht vierspaltigen heute. 3 Vgl. hierzu auch die kritischen Seiten erschien. 2 Nicht nur in London, sondern Kommentare des Scientific Ameri- 4 Markus Günther, Auf dem Weg auch in New York wurde über- can, der aufgrund der zeitlichen indieNeueWelt(2005). schwänglich von der »superiority« Nähe zur Londoner Ausstellung 5 Ein zeitgenössischer Beobachter der jungen amerikanischen Nation und weil aus diesem Grund keine kommentierte: »The exhibition berichtet. C. T. Rodgers,Ameri- spektakulären Neuerungen zu er- does not … propose to be a rival, can Superiority at the World’s Fair, warten waren, die Organisation but a continuation of the former, Philadelphia 1852; Ursula einer Weltausstellung in New York and the glory which attached to Lehmkuhl, Una mietitrice come zunächst ablehnte. Der Scientific the one will be transferred to the catalizzatore. La American war 1845 gegründet other«, New York Daily Times, del 1851 e la costruzione sociale worden und stellte das erste ame- Jan. 31, 1852, 7. rikanische Wissenschaftsmagazin Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 13

kulturellen Rahmenbedingungen der jungen Re- weltgesellschaftlicher Beziehungen bei, und zwar publik angepasst werden. Wie diese Anpas- gerade auch deshalb, weil sie als Medium na- sungsprozesse abliefen, zu welchen inhaltlichen tionaler Selbstdarstellung und zur Projektion der Veränderungen sie führten und wie erfolgreich eigenen Macht und Größe nach außen dienten. sie letztlich waren, soll am Beispiel der New Weltausstellungen waren zweitens ein ur- Yorker Kristallpalastausstellung von 1853 vor- banes Phänomen, das eng an die Entwicklung gestellt werden. moderner Großstädte gekoppelt war. Weltaus- Die Analyse der Transferprozesse erfolgt stellungen schufen öffentliche Räume, die maß- entlang der drei zentralen Funktionen von Welt- geblichen Einfluss auf die sich im Verlaufe des ausstellungen im 19. Jahrhundert: Erstens und 19. Jahrhunderts herausbildende kommunika- vor allem waren Weltausstellungen im Zeitalter tive Interdependenz zwischen metropolitanem des aufkommenden Nationalismus trotz bzw. und globalem Raum nahmen. Weltausstellun- parallel zum völkerverbindenden Anspruch des genkonstituiertendamiteinPhänomen,das bürgerlichen Internationalismus ein Medium gewöhnlicherweise als Element des Globalisie- und Instrument staatlicher Prestigepolitik. In rungsprozesses des späten 20. Jahrhunderts he- kaum einem anderen Medium wird die für das rausgestellt wird: die »global city«.9 Im öffent- 19. Jahrhundert typische nationalistische Über- lichen Raum der Weltausstellung kommunizier- formung des Universalismus deutlicher.6 Welt- ten Besucher, Berichterstatter, gesellschaftliche ausstellungen sind letztlich »exercises in the Gruppen und Staaten miteinander, verhandel- imagery of nationalism«.7 Gleichzeitig sind Kon- ten dabei gemeinsame Entwicklungsfragen der zeption, Ziele und Format der Weltausstellungen Menschheit und artikulierten Zukunftsdiskurse. Ausdruck des nationenübergreifenden bürger- Auf engstem Raum wurden Politik und Wirt- lichen Zeitgeistes und der ihn prägenden philo- schaft, Wissenschaft und Technik, Bildung, sophischen Denkschulen, die letztlich im Inter- Kunst und Unterhaltung zu einem vielschich- nationalismus des 19. Jahrhunderts konvergier- tigen Beziehungsgeflecht vereint. Der Fortschritt ten: Kosmopolitismus, Pazifismus, Liberalismus der Menschheit sollte auf systematische und ver- und Utilitarismus bildeten die ideellen Folien gleichende Weise präsentiert und ein möglichst für die Weltausstellung. Der friedliche Wettbe- umfassendes Bild der zivilisatorisch-kulturellen werb der Nationen, der sich letztlich als Wett- Entwicklung gezeichnet werden.10 streit der Kulturen darstellte, sollte zum Wohle Drittens waren Weltausstellungen ein In- der ganzen Menschheit den zivilisatorischen strument der Bildung und des Fortschritts und Fortschritt befördern. In kaum einem anderen ein zentrales Symbol der Moderne, die sich in zeitgenössischen Medium findet man eine derart der Architektur u. a. in rationalen Konstruk- prononcierte internationalistische Überhöhung tionsprinzipien und serieller Produktion nieder- nationalistischer Ziele und Interessen. Weltaus- schlug.11 Das architektonische Konzept des stellungen lieferten als kommunikative Vermitt- Kristall- oder Industriepalastes, das bis zur Pa- lungsinstanzen einen Beitrag zur politischen In- riser Weltausstellung 1867 die Weltausstellungs- tegration im jeweiligen Gastgeberland, aber auch architektur dominierte und erst danach vom zwischen den beteiligten Nationen.8 Sie trugen Konzept des Ausstellungsparks abgelöst wurde, damit zur Strukturierung und Transformation visualisierte dabei nicht nur Modernität und

6Dieter Langewiesche,Nation, 8Wolfram Kaiser, Die Welt im All the world’s a fair (1993); Nationalismus, Nationalstaat in Dorf (2000) 3–10. ders., The Open (Laboratory) Deutschland und Europa (2000) 9Saskia Sassen, Cities in a world Door. Scientists and Mass Culture 35. economy (1994); dies., The global (1988) 61; Selim H. Peabody, 7Martin Wörner,DieWeltan city (2001); dies.,Globalnet- World’s fairs (1902). einem Ort (2000) 4; vgl. auch Utz works, linked cities (2002). Haltern, Die »Welt als Schau- 10 Winfried Kretschmer,Ge- stellung« (1973a) 1–40; Burton schichte der Weltausstellungen Benedict, International exhibi- (1999). tions and national identity (1991) 11 Roland Marchand, Corporate 5–9. Imagery and Popular Education (1991) 18; Robert W. Rydell, Debatte Ursula Lehmkuhl 14

Fortschritt, sondern zugleich die Aufhebung der lung in Paris auszurichten und zu diesem Zweck Grenzen zwischen innen und außen, zwischen einen Kristallpalast zu errichten, ein knappes lokaler Präsentation und globaler Repräsen- dreiviertel Jahr später fiel als die der Amerika- tation. Glasarchitektur bedeutete Leichtigkeit, ner und auch die Ausstellung selbst erst zwei Durchsichtigkeit und gewagte Strukturen. Sie Jahre nach der Weltausstellung in New York war die architektonische Übersetzung sozialer stattfand. Aus der Feder amerikanischer Histo- Utopien und rettete – jedenfalls in der europä- riker liegen einige wenige Aufsätze15 und ein ischen Tradition des Kristallpalastes – den Geist Eintrag im Historical Dictionary of World’s der Romantik in die Moderne hinüber. Neben Fairs and Expositions16 vor, die allerdings, im der Visualisierung und Inszenierung des Fort- Falle von Hirschfelds und Steens Beiträgen aus schrittsdiskurses lieferte die frühe Weltausstel- den Jahren 1957 und 1963, aus der teleologi- lungsarchitektur in der Form des Kristallpalastes schen Perspektive des master narrative der die metaphorische Grundlage für die Kommuni- 1950er Jahre – Aufstieg der USA zur Weltmacht kation eines breiten Spektrums von Themen, die – geschrieben sind, während Post vor allem die in der europäischen Tradition mit der kristalli- technikgeschichtlichen Aspekte abdeckt. Sowohl nen Form assoziiert bzw. in dieser erblickt wur- im Hinblick auf die vergleichend angelegte den.12 monographische Literatur als auch hinsichtlich Diese drei im europäischen Kontext gewach- transfergeschichtlicher Fragestellungen bleibt die senen Funktionen von Industrie- und Weltaus- Weltausstellung 1853 ein blinder Fleck. Für die stellungen sollen als zentrale Hintergrundbedin- Zeitgenossen war sie allerdings ein großes Er- gungen die Analyse der ersten amerikanischen eignis. In zahlreichen Abhandlungen und Remi- Weltausstellung von 1853 leiten. Empirisch be- niszenzen wird über sie berichtet.17 Die Weltaus- tritt die Untersuchung damit in mindestens zwei- stellung in New York galt als Auftakt zu einer erlei Hinsicht Neuland.13 Zum einen hat sich »important era in the history of manufacturing weder die amerikanische noch die europäische and producing industry in the United States«.18 Forschung bislang intensiver mit der ersten Welt- Der Impuls, der von der Ausstellung für den ausstellung in den USA beschäftigt. Für Winfried »mechanical and artistic genius of the country« Kretschmer etwa wird die Geschichte der Kris- ausging, sei allerdings – so die New York Times – tallpaläste mit den beiden Daten 1851: London verglichen mit der »moral power which it may und 1855: Paris markiert.14 UndauchfürIlja exert over the fortunes of our happy Union« eher Mieck figuriert die Weltausstellung von 1855 »insignificant« gewesen.19 als die »zweite Weltausstellung«, obwohl die Zum zweiten hat die transfergeschichtliche Entscheidung der Franzosen, eine Weltausstel- Forschung bislang die Analyse von Austausch-

12 Zur Kristall-Metapher vgl. Klaus C. T. Geppert, London vs. Paris 17 P.T. Barnum, The life of P.T. Bar- Hammer, Bohemien, Astralhumo- (2004); Ilja Mieck, Deutschland num (1855); ders.,P.T.Barnum rist, Katerpoetiker, Architektur- und die Pariser Weltausstellung and George S. Bryan, Struggles phantast und Geschichten-Erfin- (1998). and triumphs: or, The life of der Paul Scheerbart – ein Utopist 15 DanB.Fleming,Jr.,AWest P.T. Barnum (1927); J. Bryan, der Jahrhundertwende (2000) 1–6. Virginia Boy at the New York The world’s greatest showman: 13 Die folgende Analyse basiert auf World’s Fair (2004) 10; Charles the life of P.T. Barnum (1956); der Auswertung der zeitgenössi- Hirschfeld, America on Exhibi- Benjamin Jr. Silliman u. schen amerikanischen Bericht- tion (1957) 101–116; Linda C. R. Goodrich,TheWorldof erstattung sowie des Quellenmate- Hyman, Crystal Palace (1974); Science Art and Industry Illus- rials in der Library of Congress, Robert C. Post, Reflections of trated from Examples in the der New York Public Library und American Science and Technology New-York Exhibition 1853–1854 der New York Historical Society. at the New York Crystal Palace (1854); Georg Carstensen u. 14 Haltern, Die »Welt als Schau- Exhibition of 1853 (1983) 337– Karl Gildemeister,NewYork stellung« (1973a); Martin Wör- 356; Ivan D. Steen, America’s Crystal Palace (1854). ner, Vergnügung und Belehrung. First World’s Fair (1963) 256– 18 New York Daily Times, 17. Juli Volkskultur auf den Weltaus- 280. 1852, 2. stellungen 1851–1900 (1999). 16 Ivan Steen, New York 1853 19 New York Times, 18. Juni 1853. Gleiches gilt für Ilja Mieck und (1999) 12. Alexander Geppert. Alexander Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 15

prozessen zwischen der Alten und der Neuen Mit dem folgenden Beitrag soll das Bewusst- Welt ausgeklammert, wenngleich unter einer sein für die Spezifik europäisch-amerikanischer eher beziehungsgeschichtlichen Perspektive eine Transferprozesse im 19. Jahrhundert, die in ei- Reihe von Arbeiten vorliegt, die durchaus in nem Kontext regionaler historischer Eigengesetz- diesen Kontext einzuordnen wären.20 Empirisch lichkeiten und spezifischer Entwicklungspfade gründete die programmatische Entwicklung der stattfanden, geschärft werden. Die sozialhisto- transfergeschichtlichen Perspektive in der Ana- risch zentralen Prozesse des 18. und 19. Jahr- lyse deutsch-französischer Austauschprozesse.21 hunderts verliefen nicht nur in den USA häufig Mit den Arbeiten von Johannes Paulmann und historisch asynchron zu den entsprechenden Ent- Willibald Steinmetz wurde diese um den deutsch- wicklungen in Europa. Bereits während der britischen Kontext ergänzt.22 Beeinflusst durch Kolonialzeit entwickelten sich in Nordamerika die Rezeption post-kolonialer Ansätze und die aufgrund der recht unterschiedlichen lokalen Debatte um Globalgeschichte entwickelte sich Gegebenheiten politische, religiöse und kultu- der Transferansatz weiter zu einem Untersu- relle Formen, die als Ergebnis von kulturellen chungsinstrument für die vielfältigen Austausch- Transfers und Adaptionsprozessen verstanden prozesse zwischen Europa und der »nicht-west- werden müssen und nicht als einfache Übertra- lichen« Welt.23 Dabeimusstesichauchdie gung europäischer Konzepte und Entwicklungen Transferforschung mit der Kritik der postcolo- interpretiert werden dürfen.25 So ist die amerika- nial studies auseinandersetzen, dass ihr im Grun- nische Tradition des limited government,die de ein unhintergehbarer Eurozentrismus inne- im 19. Jahrhundert in den USA die Entwicklung wohne.24 Möglicherweise ist es genau diese des nationalstaatlichen Prinzips im europäischen eurozentrische Perspektive, die der Betrachtung Sinne bremste, ebenso als Abwehr autoritärer der Geschichte der USA, Kanadas, Australiens und zentralistischer Ausprägungen moderner und Neuseelands als räumliche Erweiterung der Staatlichkeit wie als Zurückweisen des aristo- europäischen Sozial-, Wirtschafts- und Kultur- kratischen Prinzips, das die Entstehung des mo- geschichte Vorschub leistete. Zusammen mit dernen Staates in Europa begleitet hatte, zu ver- Australien und Neuseeland gelten die USA und stehen. Demokratie und Republikanismus waren Kanada als »neo-europäische« Gesellschaften, Instrumente des Volkes zur Eindämmung des die nicht nur durch europäische Siedler erschlos- »Staates«. Die Zurückweisung des europäischen sen wurden, sondern die sich im Sinne des Staatsprinzips hatte jedenfalls im Hinblick auf französischen Konzeptes des Territoire d’Outre die zentralen historischen Prozesse des 19. Jahr- Mer als europäische Außenposten jenseits des hunderts – Revolution und Staatsgründung, Atlantiks entwickelt hätten. Europäische Ideen Westexpansion, Masseneinwanderung, Industri- und europäische Institutionen seien die Grund- alisierung und Urbanisierung – einen enormen lage für die gesellschaftlichen und politischen Einfluss auf die Herausbildung eigener Tradi- Modernisierungsprozesse, die diese Gesellschaf- tionen und spezifischer Strukturprobleme. Diese ten im 19. und frühen 20. Jahrhundert durch- gilt es mit Hilfe des Transferansatzes zu erschlie- liefen. ßen. Publikationen mit so programmatischen

20 Vgl. hierzu insbesondere die mitt- 22 Johannes Paulmann, Interkultu- senschaft jenseitsdesNational- lerweile recht umfangreiche Lite- reller Transfer zwischen Deutsch- staats (2001). ratur zur europäischen Einwan- land und Großbritannien (1998) 24 Sebastian Conrad u. Shalini derung und zur Integration und 21–43; Johannes Paulmann, Randeria, Geteilte Geschichten – Akkulturation der europäischen Internationaler Vergleich und Europa in einer postkolonialen Einwanderer. Für einen Überblick interkultureller Transfer (1998) Welt (2002) 9–49. zum Forschungsstand vgl. Dirk 649–685. 25 Vgl. hierzu das Forschungsprojekt Hoerder, Cultures in contact 23 Jürgen Osterhammel,Transfer- »Colonial Governance und Mikro- (2002). analyse und Vergleich im Fern- techniken der Macht in englischen 21 Michel Espagne, Kulturtransfer verhältnis (2003) 439–468; und französischen Kolonialbesit- und Fachgeschichte der Geistes- Sebastian Conrad u. Jürgen zungen Nordamerikas, 1680– wissenschaft (2000) 42–61; ders., Osterhammel, Das Kaiserreich 1760« im Rahmen des SFB 700 Les tranferts culturels franco-alle- transnational (2004); Jürgen »Governance in Räumen begrenz- mands (1999). Osterhammel, Geschichtswis- ter Staatlichkeit«. Debatte Ursula Lehmkuhl 16

Titeln wie »Der fremde Freund«26 weisen auf Visualisierung und Präsentation des Nationalen das eigentümliche Spannungsverhältnis von Nä- hinausgehend, dienten Weltausstellungen gegen he und Fremdheit hin, das die Beziehungen zwi- Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr auch schen Europa und Amerika prägt. Der transfer- der Ausstellung des Fremden, das zugleich im geschichtliche Ansatz, der unser Augenmerk auf Zuge der Entstehung und Konsolidierung gro- genau die Aneignungs- und Abwehrprozesse ßer Überseeimperien zum Eigenen wurde.29 »Vi- lenkt, die zu den »feinen Unterschieden« (Bour- sions of Empire« sei – so Robert Rydell – der dieu) in den europäischen und amerikanischen dominante Tenor amerikanischer Weltausstel- Gesellschaftssystemen geführt haben, hilft uns, lungen seit 1876 gewesen.30 Weltausstellungen Gemeinsamkeiten und Unterschiede – auch im reflektieren damit auch den bekannten Zusam- Sinne der Akzeptanz von Eigenentwicklung – menhang von Nationalismus und Imperialismus. historisch einzubetten, und sorgt damit nicht zu- Die Kristallpalastausstellung 1851 in Lon- letzt auch für ein besseres Verständnis gegenwär- don war der Auftakt zu einer in immer kürzerer tiger Spannungslagen. Abfolge stattfindenden Veranstaltungsreihe,31 die nicht allein der Präsentation des technischen Fortschritts gewidmet war, sondern vor allem 1. Imagining the Nation: auch der Darstellung des Wertebewusstseins DieWeltausstellungvon1853als der bürgerlichen Klasse. (Wirtschafts-)Nationa- Instrument nationaler Prestigepolitik lismus, der nicht an den territorialen Grenzen Die Forschungsliteratur zu Weltausstellun- des eigenen Staates Halt machte, sondern im gen im 19. und frühen 20. Jahrhundert weist fast Rahmen des Kolonialismus zu einem Instrument stereotyp auf ihre Bedeutung als Projektionsflä- der Universalisierung westlicher Werte wurde, che für den sich entwickelnden Nationalstaat gehörte zum ideellen Rahmen der Industrialisie- und für die Visualisierung der Idee des Nationa- rung und diente der Legitimierung des Aufbaus len hin. Wie oben bereits erwähnt, waren Welt- eines den westlichen Kapitalismus fördernden ausstellungen letztlich »exercises in the imagery internationalen Handelssystems.32 Als Medium of nationalism«.27 Die Weltausstellungseuphorie und Instrument des friedlichen Wettbewerbs verläuft zeitlich parallel zur Entwicklung und zwischen den Nationen versuchte jede Ausstel- Etablierung des modernen, territorial definierten lung größer, sensationeller und spektakulärer als Nationalstaats und damit zu einem historischen die vorherige zu sein und entwickelte dabei eine Prozess, der nach Langewiesche zu den »erstaun- spezifische Ausstellungskultur, die sich signifi- lichsten Entwicklungen [gehört], die seit dem kant in der Ausstellungsarchitektur und der Ent- späten 18. Jahrhundert Politik und Gesellschaft wicklung einer modernen Stadtplanung nieder- überall fundamental umgestalten«.28 Über die schlug (vgl. unten 2.).

26 Wolfgang Bergsdorf et al., 1876 Philadelphia, 1878, 1889 Momentum und trotz der großen Amerika, fremder Freund (2003); und 1890 abermals Paris, 1884 Depression beteiligten sich auch Klaus Harpprecht, Der fremde New Orleans, 1888 Glasgow, die USA mit Ausstellungen in Freund (1982). 1893 Chicago, 1894 San Francis- Chicago (1933–34), Dallas 27 Wörner, Die Welt an einem Ort co, 1895 Atlanta, 1898 Omaha (1937), New York (1939–40) und (2000)4;vgl.auchHaltern,Die (Nebraska), 1901 Buffalo (NY), San Francisco (1939–40) wieder »Welt als Schaustellung« (1973a); 1901–02 Charleston (South Ca- an den internationalen Projekten. Benedict, International exhibi- rolina), 1904 St. Louis (Missouri), 32 Vgl. hierzu die Debatten um den tions and national identity (1991). 1905 Portland (Oregon), 1907 Freihandel, die im Kontext von 28 Langewiesche, Nation, Nationa- Jamestown (Virginia), 1909 Seat- Weltausstellungen immer wieder lismus, Nationalstaat in Deutsch- tle (Washington), 1915 San Fran- politisch aktiviert wurden. Vgl. land und Europa (2000) 42. cisco, 1915–16 San Diego Kaiser, Die Welt im Dorf (2000); 29 Peter H. Hoffenberg,Anem- (California). Der Erste Weltkrieg Ursula Lehmkuhl,Creating pire on display (2001). und die Folgen führten in den Anglo-American Friendship 30 Robert Rydell, Visions of Em- 1920er Jahren zunächst zu einer (2005) 27–51. pire (1983) 37. Pause im internationalen Ausstel- 31 1853 New York, 1855 Paris, 1862 lungswesen. In den 1930er Jahren London, 1867 Paris, 1873 Wien, gewann die Idee jedoch wieder an Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 17

Der universalistische und kosmopolitische New York Crystal Palace Exhibition failed.«35 Charakter von Weltausstellungen stieß in den Wenn wir uns den historischen Kontext sowie USA im Grunde auf einen sehr empfänglichen die Umstände der Organisation der Ausstellung, ideellen Resonanzboden. Angesichts der nicht die beteiligten Akteure und auch die Ausstel- vorhandenen »gemeinsamen« Geschichte oder lungsgegenstände insbesondere im symbolträch- ethnonational zu begründender Traditionen ba- tigen Bereich von ›Kultur‹ anschauen, wird sierte das amerikanische Selbstverständnis auf schnell deutlich warum. universalistischen Ideen und Idealen. Der univer- In Europa wurde das Bekenntnis zur Nation salistische und kosmopolitische Anspruch der seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert mit Hilfe Weltausstellung bediente die ideelle Basis der einer national orientierten symbolischen Politik jungen amerikanischen Demokratie wie kaum oder über die politisch motivierte Förderung ein anderes Medium des 19. Jahrhunderts. Welt- einer nationalen Erinnerungs- und Gedenkkultur ausstellungen schienen geradezu ein Symbol des in den »Lebenswelten, den Leitbildern und Ver- Americanism zu sein. Mit der Weltausstellung haltensnormen der Menschen selber«36 veran- von 1853 hätten die Amerikaner – so Hirschfeld kert.37 Der Prozess der Nationsbildung wurde so – ein Bild von sich selbst geschaffen. »The Crys- von der Nationalisierung von Werten und Nor- tal Palace was truly a symbol of the country, with men begleitet. Diese für die europäische Ge- all its promises and failures, its glories and schichte typische symbolische und lebenswelt- meannesses.«33 liche Verankerung der Idee der Nation fehlte im »Like America, like its great poet Whitman, amerikanischen Kontext. Nach Revolution und it [die Weltausstellung, U. L.] was ›a divided, Staatsgründung blieb die relative Unabhängig- multiple personality‹, compounded of boundless keit der Einzelstaaten oberstes politisches Ziel. hopes and dark fears, of daring and caution, of Die Form und Reichweite des amerikanischen boasts never quite realized. The Exhibition flung Föderalismus bestimmte den politischen Diskurs a challenge to aristocratic Europe even as it nicht nur der Gründerväter, sondern auch der deferred to Old World tradition. It bespoke a nachfolgenden Politikergeneration der frühen radical utopian vision as well as hard-driven Republik. Die mit der Verfassung von 1787 ge- deals, a universal human fellowship and the pet- gründete Republik verstand sich als »Union«, als ty calculations of merchants. It stood for the »a compact of many independent powers« (Jef- union of the states in face of the issues that were ferson 1825)38 und nicht als »Nation«. Eine tearing it apart. It was American ›Reaching out- »Nation« im ethnonationalen Sinne, verstanden ward‹, slowly turning from its dream of isolated als Abstammungsgemeinschaft mit historischem splendour in the garden continent of the west.«34 Territorium und demokratischer Verfassungs- Und doch kommt Robert Rydell in seiner ordnung als Kernelementen, existierte Mitte des Analyse der New Yorker Weltausstellung zu dem 19. Jahrhunderts in den USA nicht.39 unausweichlichen Schluss: »As an effort to in- Erst nach dem Bürgerkrieg setzte ein vor- spire Americans with a sense of nationalism, the sichtiger, ja fast verhaltener Prozess der Natio-

33 Hirschfeld, America on Exhibi- 37 Zum Komplex »symbolische Poli- »Nation« vorgestellten Kriterien: tion (1957) 101. tik«, »figurative Politik« oder 1. ein historisches Territorium, 34 Ibid., 101. »performative Politik« vgl. das 2. gemeinsame Mythen und histo- 35 Robert W. Rydell, John E. Forschungsprogramm des SFB rische Erinnerungen, 3. eine ge- Findling u. Kimberly D. Pelle, 584: »Das Politische als Kommu- meinsame Massenkultur, 4. ge- Fair America: World’s Fairs in the nikationsraum in der Geschichte« meinsame gesetzliche Rechte und United States (2000) 17. sowie Ute Frevert u. Heinz- Pflichten für alle Mitglieder der 36 Langewiesche, Nation, Natio- Gerhard Haupt, Neue Politik- Nation, 5. eine gemeinsame Öko- nalismus, Nationalstaat (2000) geschichte (2005). nomie mit territorialer Freizügig- 42.Vgl.auchPierre Nora, 38 Jefferson, Letter to Edward Li- keit für alle Angehörigen der Les lieux de mémoire (1984); vingston, March 25, 1825, in: Nation. Anthony D. Smith,The Etienne François u. Hagen Thomas Jefferson (1984) 16, ethnic origins of nations (1987); Schulze, Deutsche Erinnerungs- 113. Anthony D. Smith, Nationalism orte (2001). 39 Vgl. hierzu die von Anthony D. (2001); ders., Theories of nation- Smith zur Charakterisierung der alism (1983). Debatte Ursula Lehmkuhl 18

nalstaatsbildung ein, ohne dass der ›Staat‹ im lich der Sklaverei von jeher zwischen Norden amerikanischen politischen System jemals die und Süden bestanden. Nach 1820 mit der nun institutionelle Macht und die politischen Steue- forciert einsetzenden Erschließung des amerika- rungskompetenzen seiner europäischen Äquiva- nischen Westens bemühten sich die Gegner, das lente erreichte. Auch im gesellschaftlichen Be- weitere Vordringen der peculiar institution in die wusstsein spielt der ›Staat‹ allenfalls als negative Westgebiete zu verhindern. Die Probleme, die Projektionsfläche für Warnungen vor politi- sich aus dem Zusammenhang von territorialer schem Machtmissbrauch und der Einschrän- Expansion und Sklaverei für den Bestand der kung individueller Freiheitsrechte eine Rolle. In Union ergaben, traten seit den 1840er Jahren vielerlei Hinsicht waren und blieben die USA immer deutlicher zu Tage.41 eine Nation ohne Nationalstaat. Lebenswelten, Gleichzeitigsetztejedochnach1815mitder Leitbilder und Verhaltensnormen waren im Jahr- Demokratisierung, der territorialen Expansion hundert der Masseneinwanderung nur in be- und der Verbreitung marktwirtschaftlicher Prin- dingtem Maße an das Bekenntnis zur Nation zipien ein Transformationsprozess ein, dessen rückgebunden. Wichtiger waren die religiösen wirtschaftliche und gesellschaftliche Dynamik und politischen Gründungsmythen, die im Kon- kaum überschätzt werden kann. Die Entstehung text des amerikanischen Puritanismus formuliert eines nationalen Marktes und der Übergang vom worden waren und sich in Kombination mit den Agrar- und Handelskapitalismus zur Industriali- demokratischen Prinzipien zur viel beschriebe- sierung gingen einher mit der Etablierung eines nen civil religion als ideologische Grundlage der auf das private Interesse ausgerichteten Indivi- jungen Republik verdichteten. So überrascht es dualismus, der zusammen mit dem durch ihn nicht, dass die erste nativistische Bewegung, die entfesselten Wettbewerb zum Kern einer neuen, in den 1850er Jahren in den USA aufkam und die »liberalen« amerikanischen Identität wurde. man als negativen Ausdruck eines sich entwi- Ökonomisches Wachstum und technische Neue- ckelnden Nationalbewusstseins nennen kann, rungen resultierten in tiefgreifenden Verän- eine religiöse Stoßrichtung hatte. Sie richtete sich derungen im Denken und in den sozialen Be- gegen den Katholizismus und die ihn repräsen- ziehungen, und sie vergrößerten zudem die tierenden Einwanderergruppen, die Iren und die wirtschaftlichen und kulturellen Unterschiede Deutschen.40 zwischen den Nord- und Südstaaten. Die para- Die Union war in religiöser, ethnischer, wirt- doxe Folge war, dass die Einbindung immer schaftlicher und sozialer Hinsicht ein äußerst weiterer Bevölkerungskreise in eine nationale heterogenes Konstrukt. Politisch war sie gespal- Marktwirtschaft die sozialen und regionalen Ge- ten. Der Süden hielt weiterhin an der Sklaverei gensätze verschärfte und damit die Gefahr des als Grundlage der Plantagenwirtschaft fest, u. a. Zerfalls der Union vergrößerte.42 um die mit der Industrialisierung Englands ein- Insbesondere die traditionelle Ostküstenelite hergehende gesteigerte Nachfrage nach Baum- der Großhändler und Kaufleute und die sich um wolle in Europa befriedigen zu können. Unab- die Mitte des 19. Jahrhunderts sozial etablieren- hängigkeitskrieg und Revolution hatten dazu de und an wirtschaftlicher und politischer Be- beigetragen, die demographischen und ideologi- deutung gewinnende neue Schicht der Fabri- schen Unterschiede zu verschärfen, die hinsicht- kanten hatten die Notwendigkeit erkannt, zur

40 Vgl. David Harry Bennett,The http://www.ny.frb.org/research/ party of fear (1995); John Hig- staffreports/sr35.html, Ronald E. ham, Strangers in the land (2002); Seavoy,Aneconomichistoryof Dale T. Knobel,Americaforthe the United States (2006). Americans (1996). 41 Vgl. Michael Burgan,Achang- ing nation (2006); George D. Harmon, Aspects of slavery and expansion (1929). 42 Vgl. Donald R. Davis,Thehome market, trade, and industrial structure (1997), available from Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 19

Sicherung des eigenen wirtschaftlichen Wohls 1851 mehr als 6 Millionen Besucher anlockte, der zunehmenden sozialen, politischen und wirt- anknüpfen. Es gelang ihm, eine politisch und schaftlichen Spaltung der Nation entgegenzu- wirtschaftlich recht einflussreiche Gruppe gleich- wirken. Die amerikanische Beteiligung an der gesinnter Geschäftsleute und Bankiers zur Finan- Weltausstellung in London hatte gezeigt, dass zierung und Durchführung der ersten Weltaus- die Vereinigten Staaten ganz offensichtlich nicht stellung auf amerikanischem Boden zusammen- nur »moralisch« im Sinne der civil religion den zustellen, die sich in der Association for the europäischen Nationen mit ihren aristokrati- Exhibition of the Industry of All Nations,ei- schen Traditionen überlegen waren, sondern in ner vom Staat New York zugelassenen privaten vielerlei Hinsicht auch technologisch. Die De- Handelsgesellschaft, zusammenschlossen.45 Wie monstration der »American superiority«43 im sich jedoch recht bald herausstellte, konnte eine Rahmen einer Weltausstellung in der Neuen Weltausstellung nicht ganz ohne staatliche Hilfe Welt sollte deshalb als einigendes Band die vor- durchgeführt werden. Vom Konzept her waren handenen politischen Gräben überspannen und Weltausstellungen öffentliche Veranstaltungen, zur Zementierung der Einheit der Nation bei- die nur mit finanzieller und materieller, aber tragen. So jedenfalls beschrieben die Organisato- auch mit der notwendigen symbolischen Unter- ren der Ausstellung die politischen Ziele, die sie stützung von Seiten der Politik erfolgreich sein mit der Durchführung einer Weltausstellung in konnten. den USA verbanden.44 Von politischer Seite er- Zwar gelang es den Organisatoren, eine ge- hielten sie dabei jedoch keine Unterstützung. Wie wisse politische Unterstützung sicherzustellen. zuvor bei der Organisation der amerikanischen So erklärte das Finanzministerium das Ausstel- Beteiligung an der Weltausstellung in London lungsgebäude zum Zollspeicher, um die Einfuhr hielt sich die amerikanische Bundesregierung der Ausstellungsgegenstände zu erleichtern.46 zurück. Die Organisation und Durchführung Der Secretary of State Webster verschickte Rund- der Weltausstellung in New York war das Werk briefe an die amerikanischen Konsulate, in denen privater Akteure, deren primäres Motiv natür- er die offiziellen Vertreter der USA im Ausland lich nicht politisch, sondern kommerziell war. aufforderte, die Requirierung und Einwerbung Die New Yorker Weltausstellung war das von ausländischen Ausstellungsteilnehmern mit ideelle Kind eines Geschäftsmannes aus Boston, allen Kräften zu unterstützen.47 Weitere finan- Edward Riddle, der als amerikanischer Commis- zielle oder materielle Unterstützung aus Wash- sioner die Weltausstellung in London begleitet ington gab es jedoch nicht, wenngleich die of- und den Transport der amerikanischen Ausstel- fizielle Eröffnung der Ausstellung durch den lungsgegenstände organisiert hatte. Beeindruckt Präsidenten als Ausdruck einer breiten politi- von dem enormen wirtschaftlichen Erfolg der schen Unterstützung öffentlich vermarktet wur- Londoner Ausstellung – sie hatte einen Gewinn de. Angesichts der sich verschärfenden sektiona- von 150000 Pfund erwirtschaftet – wollte er eine len Krisen misstraute die Bundesregierung den vergleichbare Veranstaltung in New York durch- von den Organisatoren betonten »nation-build- führen und damit an den kommerziellen und den ing«-Potentialen der geplanten Ausstellung. Die Publikumserfolg der Londoner Ausstellung, die politische Seite wurde nicht müde, den privaten

43 Rodgers, American Superiority the world what stuff they are made Alexander Hamilton, Jr., William at the World’s Fair (1852). of and what strides they have tak- Cullen Bryant, Edward K. Collins 44 Vgl. hierzu auch die Berichterstat- en in the arts of business of life … und Mitglieder der Familien tung in der New York Times, die the impulse which this exhibition Schuylers und der Livingstons. nicht müde wurde auf das dop- will give to the mechanical and Somit bestand die Association aus pelte Ziel der Weltausstellung artistic glories of this country is New Yorkern, die einen festen hinzuweisen: »Our advances in insignificant when compared with Hintergrund und enge Beziehun- the study of nature should stand the moral power which it may gen zur Wall Street, nach Wash- forth in the niches of the temple exert over the fortunes of our ington und London hatten. and embody the progress of the happy union.« New York Times, 46 Steen, America’s First World’s American mind. Let the great West 18. Juni 1853. Fair (1963) 12–13. and the great South roll their voi- 45 Zu den Mitgliedern der Associa- 47 Hirschfeld, America on Exhibi- ces along the Palace aisles, and tell tion gehörten August Belmont, tion (1957) 104. Debatte Ursula Lehmkuhl 20

Charakter des Unternehmens zu betonen, wohl eine vornehmlich agrarisch strukturierte Gesell- auch, um sich von den Fehlplanungen zu distan- schaft. Der Industrialisierungsprozess hatte noch zieren, die von Seiten der europäischen Teilneh- nicht in einem mit Europa vergleichbaren Maße mer öffentlich kritisiert wurden.48 Damit ver- eingesetzt. Dies führte, zusammen mit der politi- kannte die amerikanische Bundesregierung die schen Spaltung der Nation, dazu, dass auch die große politische Chance, die die Weltausstellung einsetzende wirtschaftsnationale Dynamik poli- einerseits als Instrument der Machtprojektion tisch nicht genutzt wurde. Die Weltausstellung nach außen, andererseits für die Identitätsbil- von 1853 markiert allerdings den historischen dungsprozesse im Innern bot. Ein mangelndes Moment, in dem sich Wissenschaft und Tech- nationalstaatliches Bewusstsein und die Tradi- nologie von einem eher sekundären zum zen- tion des limited government, die sich u. a. in tralen Schlüssel der amerikanischen Geschichte der sich zu dieser Zeit fast ausschließlich auf im 19. Jahrhundert entwickelten.50 den Eisenbahnbau konzentrierenden wirtschaft- lichen Entwicklungspolitik und dem Fehlen einer 2. The World in the City: wirtschaftspolitischen Gesamtstrategie nieder- Weltausstellungen schlugen, trugen nicht unerheblich zum Scheitern als globale öffentliche Räume des Experiments ›Weltausstellung‹ bei.49 Die Institution ›Weltausstellung‹ traf Mitte Der fehlende ›nationale‹ Kontext hatte un- des 19. Jahrhunderts in den USA auf wirtschaft- mittelbare Auswirkungen auf die Übertragung liche und politische Rahmenbedingungen, die der zweiten zentralen Funktion von Weltausstel- eine Umsetzung im Sinne der europäischen Tra- lungen: die Schaffung öffentlicher Räume, die dition erschwerten, wenn nicht gar unmöglich ein Forum für die unterschiedlichen Vertreter aus machten. Zunächst ist dabei die fehlende lebens- den Bereichen Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, weltliche Verankerung der nationalen Idee als Technik, Bildung, Kunst und Unterhaltung bo- eine der Ursachen für das Scheitern zu nennen. ten – ein Forum, das im 19. Jahrhundert für die Obwohl ideengeschichtlich die zentralen Kon- Netzwerkbildung und die gemeinsame Diskus- zepte der Weltausstellung – Universalismus und sion von Zukunftsstrategien zentral war. Öffent- Kosmopolitismus – in der amerikanischen Tradi- liche Räume im Sinne der griechischen agora tion einen idealen Resonanzboden fanden, konn- stellen ein zentrales Element städtischen Lebens te das Konzept ›Weltausstellung‹ 1853 nicht als dar. Die Entstehung globaler öffentlicher Räume Instrument nationaler Politik fungieren. Es fehlte im 19. Jahrhundert verlief räumlich und zeitlich dazu nicht nur das Interesse von Seiten der parallel zur Entwicklung von Metropolen, die als Bundesregierung, sondern vor allem auch der Laboratorium des beginnenden Globalisierungs- ideelle Rahmen – die Idee der Nation –, die die prozesses fungierten. Weltausstellungen brach- europäischen Nationalstaaten zum friedlichen ten die Welt an einem Ort zusammen und bo- Wettbewerb anspornte und Weltausstellungen ten einen Kommunikationsraum für entstehende als Medium nationaler Prestigepolitik wirksam transnationale Netzwerke. werden ließ. Darüber hinaus waren die USA um New York war in der Mitte des 19. Jahr- 1850 – im Unterschied zu Großbritannien und hunderts ein Ort, der die Heterogenität, aber in gewisser Weise auch zu Frankreich – noch auch die enorme Entwicklungsdynamik der Ver-

48 Zur Kritik an der Planung des Republik 20000. 23 Jahre später, Patente in einem einzigen Jahr Baus sowie der Organisation der während der Centennial Exposi- ausgegeben, als 1853 insgesamt Ausstellung selbst vgl. insbeson- tion in Philadelphia, hatte sich die vorhanden waren. Vgl. Robert dere die Berichterstattung im Anzahl verzehnfacht und betrug C. Post, ›Liberalizers‹ versus Scientific American,z.B.inder 200000. Der Commissioner of ›Scientific Men‹ in the Antebellum Nummer 38 v. 4. Juni 1853. Patents unterzeichnete während Patent Office (1976) 24–54. 49 Vgl. Andreas Etges,Wirt- der Centennial Exposition routi- schaftsnationalismus (1999). nemäßig über 1000 Patente pro 50 Dies lässt sich sehr schön an der Monat. Vier Jahrzehnte nach der Anzahl der zugelassenen Patente New Yorker Weltausstellung, belegen. 1853 betrug die Gesamt- 1893 während der Chicagoer zahl der Patente in der jungen Weltausstellung, wurden mehr Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 21

einigten Staaten gleichsam in einem Mikrokos- bebaut war, mit einem Straßennetz überzogen, mos abbildete. Bereits 1683, als die erste Stadt- das in ein Rechteckraster einteilte, urkunde für New York ausgestellt wurde, lebten bestehend aus 30 Meter breiten Avenues in nord- auf der Insel Manhattan fast 4000 Menschen. südlicher Richtung und 18 Meter breiten durch- Eine für die damalige Zeit in Nordamerika nummerierten Querstraßen in ost-westlicher enorm große Zahl, die sich allerdings verglichen Richtung. Die einzige Ausnahme war und ist mit London, das zu Beginn des 18. Jahrhunderts bis heute der Broadway. John Randalls Plan schon etwa 600000 Einwohner zählte, eher be- sah bereits eine Bebauung bis zur 155. Straße scheiden ausnimmt. Bis zum Beginn des 19. Jahr- vor (vgl. Abb. 1). Diese wird aber erst Ende hunderts war New York auf 35 000 Einwohner des 19. Jahrhunderts erreicht. Erst dann, 1898, angewachsen. Zu dieser Zeit war London mit wurden auch die heutigen Stadtteile Manhattan, über 1,2 Millionen Einwohnern bereits die größ- ,BronxundStatenIslandzuGreater te Stadt der Welt. Für beide Städte gilt, dass die New York zusammengefasst. Mit seinen nun- erste Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Periode mehr 4,2 Millionen Einwohnern gehörte New beschleunigten Wachstums darstellte. Während York am Ende des 19. Jahrhunderts zusammen London bis 1850 seine Einwohnerzahl verdop- mit London und Paris zu den drei größten Städ- pelte, vergrößerte sich New York um das zehn- ten der Welt.53 fache auf 312 000 Einwohner im Jahr 1840.51 Bereits Anfang des 19. Jahrhunderts stand Im Falle New Yorks hatten vor allem zwei zen- New York als Symbol für Wohlstand und außer- trale Faktoren zu dieser rapiden Entwicklung gewöhnlichen Reichtum.54 Die äußerst günstige der Stadt beigetragen: die Börsengründung in Lage am Hafen förderte die Güterproduktion. der Wall Street im Jahr 1792, durch die New Die Wohnbezirke der bürgerlichen Oberschicht, York zum amerikanischen Finanzzentrum auf- der American Bourgeoisie,55 die sich aus Kauf- stieg, und die Fertigstellung des Eriekanals 1825. leuten, Bankiers, Fabrikanten, Notaren, Ärzten Durch ihn wurde eine Verbindung zwischen und anderen Freiberuflern zusammensetzte, New York, den Großen Seen und dem Mittleren breiteten sich in den Norden und in die Rand- Westen geschaffen. Über Nacht wurde die Stadt bezirke aus. Ähnlich wie in London, das mit der zum größten Warenumschlagsplatz an der ame- Herausbildung von Westend und Eastend eine rikanischen Ostküste und damit zu einem wirt- sozialgeographische Teilung der Stadt erlebte, schaftlichen Konkurrenten für Boston, das bis entwickelte sich in der ersten Hälfte des 19. Jahr- dahin das Wirtschafts- und Handelszentrum dar- hunderts eine soziale Topographie, die den Cha- stellte. Bereits 1830 wurden fast 40 Prozent des rakter New Yorks bis Mitte des 20. Jahrhunderts internationalen Handels über New York abge- bestimmen sollte. Während im Süden und Süd- wickelt.52 osten der Stadt, insbesondere in der zwischen Die dynamische Entwicklung der Stadt in dem Chatham Square North und der E.4th Street den folgenden 90 Jahren vorwegnehmend, be- gelegenen Bowery und dem angrenzenden Vier- gann in den 1810er Jahren eine systematische tel Five Points, dort wo sich die Fabriken und Stadtplanung. Nach einem 1811 von John Ran- die Hafenanlagen und damit die Wohnviertel dall vorgelegten Plan wurde die gesamte Insel der Arbeiter und Immigranten befanden, Armut, Manhattan, von der bis dahin nur die Südspitze Elend und Gewalt herrschten,56 entstanden im

51 Vgl. Felix Driver u. David Lars Magnusson, Free trade: persönlichen Besitz von mehr als Gilbert, Imperial cities (1999); 1793–1886 (1996). 10 000 Dollar verfügten, die Do- Hermione Hobhouse,Thomas 53 Tertius Chandler, Four thou- minanz des Handels (40%) und Cubitt: master builder (1971); sand years of urban growth des herstellenden Gewerbes (20%) Celina Fox, London – World (1987). herausgearbeitet. Sven Beckert, City, 1800–1840 (1992); Asa 54 Sven Beckert hat in seiner Stadt- The Monied Metropolis (2001) Briggs, Victorian Cities (1968). geschichte New Yorks, die den 21. 52 Mona Domosh, Invented cities treffenden Titel »Monied Metro- 55 Ibid. (1996) 7–34; vgl. auch Charles polis« trägt, auf der Grundlage 56 Vgl. Clint Willis,Crimesof A. Jones, International business in einer aus dem Jahr 1855 stam- New York (2003). the nineteenth century (1987); menden Selbsteinschätzung von 324 New Yorkern, die über einen Debatte Ursula Lehmkuhl 22

Nordwesten und den westlichen Randbezirken, errichtete eine eigene, sozial exklusive Welt, in die sich die wohlhabende Schicht zunehmend mit Riten und symbolischen Handlungen, die zurückzog, die ersten Prachtbauten. Der Madi- der Netzwerkbildung und der Stabilisierung so- son Square und die entwickelten zialer Beziehungen dienten und einen ausgespro- sichinden1840erJahrenzudenbevorzugten chen selbstreferentiellen Charakter hatte.57 Die Wohngebieten der American Bourgeoisie.Diese so entstandene, über ›Kultur‹ definierte Gruppe

Abb. 1: Map of in 1859. Q: Harvard Map Collection. Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 23

schirmte sich zunehmend von der Armut und es keine öffentlich oder staatlich organisierte dem Elend, die das städtische Leben außerhalb Förderung und Begleitung der Stadtentwicklung ihrer eigenen Welt bestimmten, ab. im europäischen Sinne gab,60 war die Einrich- Bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebte tung solcher Räume der privaten Initiative über- jeder siebte New Yorker in Slums. Aufgrund des lassen. Während in Großbritannien, Frankreich Schmutzes und des Abfalls in den Straßen, feh- und Deutschland seit dem Ende des 18. Jahr- lender Kanalisation, mangelhafter Trinkwasser- hunderts staatlich geförderte Architektenwett- versorgung und einer extremen Wohndichte bewerbe zum Bau von Museen, Theatern oder breiteten sich Infektionskrankheiten wie Chole- Opernhäusern und damit zur Ausbildung öffent- ra, Typhus und Diphtherie enorm schnell aus. In licher Räume beitrugen,61 konzentrierte sich in New York gab es im 19. und frühen 20. Jahr- den USA Stadtplanung noch auf die Grundvo- hundert allein vier Choleraepidemien. 1849 star- raussetzungen von Stadtentwicklung wie das ben dabei mehr als 5000 Einwohner. 1881 und Anlegen von Straßen und Wohndistrikten. Die 1887 wurde die Stadt von Diphtherieepidemien New Yorker Elite hatte ihrerseits kaum in öffent- heimgesucht, die eine ebenso große Zahl von liche Räume investiert und kämpfte um die Toten nach sich zog, während 1864 und 1865 Kontrolle über die wenigen kulturellen Einrich- Tausende an Typhus starben. Die unhygieni- tungen, die es gab.62 Erst im Verlauf der 1850er schen Lebensbedingungen in New York beding- Jahre entwickelte sich vom Madison Square aus- ten auch die enorm hohe Säuglingssterblichkeit. gehend ein Theater- und Museumsdistrikt.63 1840 starben ca. 190 von 1000 Neugeborenen Eine zentrale Rolle spielte dabei der 1854 be- im ersten Lebensjahr.58 Außerdem wurde New gonnene und 1858 vollendete Bau des berühm- York in regelmäßigen Abständen von Großbrän- ten Fifth Avenue Hotel. 1854 wurde auch die den heimgesucht, die teilweise ganze Viertel ver- Academy of Music eröffnet, ein Opernhaus nach nichteten.59 europäischem Vorbild an der Nordseite der Doch nicht nur die scharf getrennten sozia- 14. Strasse und östlich von Irving Place.64 Vier len Welten und die große Armut kennzeichneten Jahre später entstand am Madison Square das New York. Im Unterschied zu den europäischen Fifth Avenue Opera House, das sich in den Metropolen Paris und London fehlte der Stadt 1860er Jahren zum Ort der Massenunterhaltung zur Jahrhundertmitte trotz ihrer Größe im Hin- entwickelte: Die populären Christy Minstrel blick auf Bevölkerungszahl und im deutlichen Shows und leichte Komödien dominierten das Kontrast zu ihrem Reichtum immer noch ein Programm.65 zentrales Element städtischen Lebens: öffent- In diesem Klima städtischer Entwicklung liche Räume und kulturelle Einrichtungen. Da beantragte Edward Riddle zusammen mit seiner

57 Beckert, Monied Metropolis zum politischen Arm der demo- 64 Boyer, Manhattan Manners (2001) 45. kratischen Partei entwickelte. Als (1985) 69. 58 Vgl. Evelynn Maxine Ham- solcher prägte sie die New Yorker 65 Vgl. Ly n n A b b o t t u. Doug Se- monds, Childhood’s Deadly Kommunalpolitik maßgeblich. roff, Ragged but right (2007); Scourge (1999); Judith Walzer Vgl. Jerome Mushkat,There- Annemarie Bean, James Vernon Leavitt, Typhoid Mary (1996); construction of the New York Hatch u. Brooks McNamara, Naomi Rogers,DirtandDesease democracy, 1861–1874 (1981); Inside the minstrel mask (1996); (1992). ders., Tammany: the evolution of Sarah Meer,UncleTommania 59 Vgl. Stephen F. Ginsberg, a political machine, 1789–1865 (2005); Mark E. Neely,The The Police and Fire Protection in (1971); Warren Sloat, A battle boundaries of American political New York City (1971) 133–150; for the soul of New York (2002). culture in the Civil War era Donald James Cannon,TheFire 61 Tony Bennett, The Exhibitionary (2005); Thomas Laurence Riis Department of the City of New Complex (1988) 81. u. a., Brookly College (1992); York (1976). 62 Sven Beckert, Monied Metropo- Robert C. Toll, Blacking up: 60 In New York dominierte seit den lis (2002) 46. the minstrel show in nineteenth 1790er Jahren die Tammany So- 63 M. Christine Boyer, Manhattan century America (1974); David ciety, die als private Wohlfahrts- Manners (1985); Eric Homber- Van Veersbilck, u. a. The Early organisation gegründet worden ger, The historical atlas of New minstrel show (1985). war und sich in der ersten Hälfte York City (1994). des 19. Jahrhunderts immer mehr Debatte Ursula Lehmkuhl 24

Investorengruppe im Herbst 1851 in einer Peti- trächtigen könnte und dass der zu erwartende tion an das Board of Alderman der City of New Verkehr zu einer erheblichen Belästigung der York, »to erect on Madison Square a building of Anwohner führen werde.68 iron and glass, 600 feet long and 200 feet wide, Während in London die Standortfrage mit for an Industrial Exhibition of all Nations«.66 der gesamten politischen Macht der Royal Com- Der Ort war unter dem Gesichtspunkt der Stadt- mission und ihres Vorsitzenden Prinz Albert in entwicklung klug gewählt, wenngleich ihm der der entscheidenden Debatte im britischen Parla- Charme und die Weite, aber auch die symbo- ment am 4. Juni 1850 letztlich erfolgreich im lische Bedeutung, die Hyde Park Mitte des Sinne der Royal Commission gelöst werden 19. Jahrhunderts besaß, noch fehlte. Zeitlich konnte, war es der privaten Association nicht kam der Antrag aber mindestens drei Jahre zu möglich, ihren Vorschlag durchzusetzen, den früh. Im Herbst 1851 lag die große Cholera- Kristallpalast im damaligen kulturellen Herzen Epidemie gerade einmal zwei Jahre zurück. Die der Stadt, am Madison Square, zu errichten. Der in der Regel durch eine public private partner- Chief Justice von New York, der aufgrund der ship geförderte Entwicklung öffentlicher Kultur- Anwohnerproteste die Petition erneut verhandel- einrichtungen sollte erst drei Jahre später ein- te, nahm letztlich die Entscheidung des Board of setzen. Riddle war insofern deutlich ein Mann Alderman zurück und gestattete stattdessen die vor seiner Zeit. Die öffentliche Reaktion auf Nutzung des Reservoir Square an der 42. Straße, seine Petition, die vom Board of Alderman zu- zwischen der Fifth Avenue und der heutigen nächst positiv beschieden wurde, macht dies sehr Avenue of the Americas.69 Die Ausstellung war deutlich. damit gezwungen an den noch kaum besiedelten Wie üblich wurden die Entscheidungen der Nordrand von Manhattan zu ziehen und das Stadtverwaltung in der lokalen Presse veröffent- Weltausstellungsgebäude am Reservoir Square, licht. Nach der Bekanntgabe der Bewilligung des dem heutigen und Standort der Baus eines Glas-Eisen-Gebäudes am Madison New York Public Library, zu errichten. Dies Square regte sich, nicht zuletzt wegen der man- war in verschiedener Hinsicht eine proble- gelnden öffentlichen Information über die ge- matische Entscheidung. Zunächst musste das plante Weltausstellung, massiver Protest von geplante Bauwerk, das im Falle der Londoner Seiten der Anwohner. Durchaus vergleichbar Weltausstellung nicht unerheblich zur Attrak- mit den Kommentaren einiger konservativer Ver- tivität der Veranstaltung beigetragen hatte und treter im britischen Oberhaus, wie etwa des sich selbst zu einem Publikumsmagneten ent- konservativen MP Col. Charles de Laet Waldo wickelte, im Reservoir Square mit dem massiven Sibthorpe, der die Londoner Ausstellung als »the Bauwerk des Croton Reservoir, dem zentralen greatest trash, the greatest fraud, and the greatest Trinkwasserreservoir New Yorks, konkurrieren imposition ever attempted to be palmed upon the (vgl. Abb. 2). people of this country« bezeichnete und davor Das geplante Ausstellungsgebäude, das wie warnte, dass sie die Pest nach London bringen der Londoner Kristallpalast nicht nur einen glo- könnte,67 fürchtete die am Madison Square balen öffentlichen Raum konstituieren, sondern wohnende New Yorker Elite, dass der geplante auch architektonisch ein Zeichen des Fortschritts Kristallpalast die Ästhetik des Platzes beein- setzen sollte, wurde damit räumlich marginali-

66 New York Times, 26. Dezember 1851. 67 Zit. n. http://www.learningcurve. gov.uk/victorianbritain/lawless/ [8.5.2006]. 68 Vgl. New York Daily Times, 31. Januar 1852. 69 Reservoir Square wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in Bryant Park umbenannt. Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 25

siert und im Hinblick auf seine symbolischen 14000 Ausstellern, die mehr als 100000 Aus- Leistungen entwertet. Weitere Konkurrenz gab stellungsstücke im Londoner Kristallpalast zur es durch die zeitgleich erfolgte Eröffnung des Schau gestellt hatten,71 wirkt die Beteiligung berühmten Hippodromes von Franconi – ein allerdings eher bescheiden. Wie in London wur- zweistöckiges Zirkuszelt, das 10000 Besucher den jene Ausstellungsstücke prämiert, die sich fasste. Zwei Jahre lang, praktisch zeitlich paral- durch besondere Innovation und einen beson- lel zur Weltausstellung, bot es ausgerechnet am deren Beitrag zum technischen Fortschritt aus- Madison Square, dem von den Organisatoren zeichneten. Nicht zuletzt aufgrund der numeri- der Weltausstellung präferierten Ort, Unterhal- schen Dominanz amerikanischer Ausstellungs- tung für ein Massenpublikum: Wagenrennen, gegenstände schnitten auch diesmal die amerika- tanzende Pferde und die berühmte Course des nischen Aussteller wieder sehr gut ab. Amerika- Singes, ein Ponyrennen mit Affen als Jockeys. nische Firmen wie Singer, die mit ihren Näh- Trotz der ungünstigen Ausgangsbedingun- maschinen einen Publikumserfolg erzielten, oder gen beteiligten sich 5272 Aussteller an der Welt- Erfinder wie Samuel Morse, der seinen Telegra- ausstellung, von denen etwa die Hälfte aus phen ausstellte, erhielten Auszeichnungen und dem Ausland kamen.70 Verglichen mit den fast Preise.72

Abb. 2: Croton Reservoir und Kristallpalast. Q: Central building, paintings, N.Y. in 1855 from Latting Tower by B. F. Smith: New York from the Latting Observatory, showing reservoir and Crystal Palace, New York Public Library.

70 Der Katalog zur Weltausstellung 71 Hermione Hobhouse,The in New York listet 1467 amerika- Crystal Palace and the Great Ex- nische Aussteller, 581 britische, hibition (2004) 66. 639 deutsche, 418 französische, 72 Für eine Beschreibung ausgewähl- 106 Schweizer, 101 holländische, ter neuer Erfindungen vgl. Scien- 270 österreichische, 107 italieni- tific American, 17. September sche und weitere 98 Aussteller aus 1853; The New England Farmer, den britischen Kolonien auf. Offi- September 1853, 5, 9. cial catalogue of the New York exhibition of the industry of all nations, New York 1853. Debatte Ursula Lehmkuhl 26

Im Unterschied zur Londoner Ausstellung Organisatoren gezwungen, den für Mai 1853 wurde in New York auch Kunst präsentiert. Es geplanten Eröffnungstermin immer weiter in gab eine umfangreiche Ausstellung zeitgenössi- denSommerhineinzuverschieben.Auchnach scher Malerei, die die Ausstellung von Skulptu- der Eröffnung wiesen die großzügig bemessenen ren ergänzte und von den zeitgenössischen Be- Ausstellungshallen wochenlang große Lücken obachtern als zentraler Beitrag zur kulturellen auf, weil noch nicht alle Ausstellungsstücke in Entwicklung der Vereinigten Staaten herausge- New York angekommen und aufgestellt waren. stellt wurde.73 Darüber hinaus bot die Weltaus- Schließlich warnten lokale Zeitungen im Süden stellung in den weitgehend leeren Seitenflügeln und Nordwesten der USA ihre Leser davor, vor- des Ausstellungsgebäudes side shows:Arenen eilig nach New York zu fahren. Sie empfahlen zu für Hahnenkämpfe, Wettbuden, Getränkestän- warten, bis die Ausstellung komplettiert worden de, sogenannte grog shops, die alkoholische Ge- sei. So vergingen die Sommermonate und der tränke anboten. Die Seitenflügel dienten darüber erwartete Besucherstrom sowie die kalkulierten hinaus als Ausstellungsfläche für Kuriositäten Einnahmen blieben aus. Weniger als ein Jahr und Exotismen: Zweiköpfige Kälber, tanzende nach der feierlichen Eröffnung am 14. Juli 1853 Bären, Zwerge, Riesen, Klapperschlangen und trat Thomas Sedgwick als Präsident der Welt- was sonst noch zum Repertoire zeitgenössischer ausstellungsgesellschaft mit über 100 000 Dollar Kuriositätenkabinette gehörte, wurden hier prä- unbezahlter Rechnungen in der Tasche zurück. sentiert. Die populären Elemente der Weltaus- Die Association versuchte das Unternehmen wie- stellung irritierten den respectable citizen und derzubeleben, indem sie dem erfolgreichen Un- standen in einem eigentümlichen Kontrast zu ternehmer und amerikanischen Zirkuspionier den Bildergalerien und Skulpturenausstellungen, P.T. Barnum die Präsidentschaft in der Asso- mit denen die Organisatoren den zivilisatorisch- ciation anbot.75 Barnum verzichtete aber ange- kulturellen Fortschritt der jungen Nation zur sichts des überwältigenden Schuldenberges auf Schau stellen wollten. In Europa wurden Unter- die ehrenvolle Aufgabe. Am 1. November 1854 haltungselemente für das Massenpublikum erst schloss die Weltausstellung mit einem Defizit gegen Ende des 19. Jahrhunderts in die Weltaus- von insgesamt 300 000 Dollar. Das Gebäude stellungen integriert, als auch Paris, London oder blieb zunächst stehen und wurde zur Durchfüh- Wien auf die Bedürfnisse und Wünsche des rung größerer Veranstaltungen vermietet, bis es Massenpublikums reagierten und ihren Besu- schließlich im Oktober 1857, während der Jah- chern ein Angebot aus »Vergnügung und Beleh- resausstellung des American Institute,nieder- rung« offerierten.74 brannte. Trotz des breiten Unterhaltungsangebots entwickelte sich die Weltausstellung nicht, wie 3. The Crystal Palace: von den privaten Investoren erhofft, zu einem Ausstellungsarchitektur als Zeichen Publikumsmagneten. Der gewünschte wirt- von Fortschritt und Modernität schaftliche Erfolg blieb aus. Schuld daran waren nicht nur die bereits genannten strukturellen Die Organisatoren der New Yorker Welt- Probleme, sondern auch ganz konkrete bauliche ausstellung versuchten mit ihrem Ausstellungs- und organisatorische Mängel. Letztere hatten die konzept eine merkwürdige und aus europäischer

73 New York Daily Times, 30. Juni Mulcahey Fleming, P. T. Bar- 1853; The Literary World, vol. num (1993); Joe Vitale,There’s 17. Dezember 1853, 13, 19; a customer born every minute Godey’s Lady’s Book, Vol. 47, (2006). Oktober 1853, 3778; Forrester’s Boys’ and Girls’ Magazine and Fireside Companion, 1. Oktober 1853, 124. 74 Vgl. Wörner, Vergnügung und Belehrung (1999). 75 Vgl. Catherine M. Andronik, Prince of Humbug (1994); Alice Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 27

Perspektive sicherlich ungewöhnliche Quadratur Architektur als Symbol für Modernisierung und des Kreises: Mit der Ausstellung und dem Aus- Fortschritt stand und damit die für Weltausstel- stellungsgebäude sollte ein Symbol des Fort- lungen typische Symbiose und auch Dialektik schritts und der Modernität nach New York von Innen und Außen, von Präsentation und geholt werden. Die Organisatoren knüpften da- Repräsentation verkörperte, verhielten sich die bei an symbolische Traditionen an, die einen amerikanischen Organisatoren im Hinblick auf großen Teil der Faszination des Kristallpalastes die Repräsentationsfunktion der gewählten Aus- erklären. In der europäischen Romantik hatte stellungsarchitektur eher konservativ. Zwar soll- der Kristall als Bild der Perfektion die Land- te ein Gebäude errichtet werden, das in Größe schaftswahrnehmung und -beschreibung maß- und im Hinblick auf die architektonische Leis- geblich geprägt. Diese kristalline Tradition findet tung und Modernität dem Londoner Kristall- Eingang in die Architektur, insbesondere in die palast gleich kam. Dennoch entschied man sich Glasarchitektur als Verkörperung des Utopi- für einen wenig spektakulären Architektenent- schen.76 Sie wirkt damit als Brückenelement, wurf. mit dem romantische Vorstellungen in die Mo- An dem Architektenwettbewerb, der im derne hinübergerettet werden. Die Bezeichnung Frühjahr 1852 ausgeschrieben wurde, beteilig- des Londoner Glashauses als »Kristallpalast« ist ten sich u. a. Joseph Paxton, der den Londoner Ausdruck dieser Brückenfunktion des Kristall- Kristallpalast entworfen hatte und James Bogar- motivs. Es versöhnt das Bekannte mit dem dus, ein zeitgenössischer Pionier der Glas-Eisen- Neuen und verleiht dem Neuen zugleich ein Konstruktion. Bogardus hatte einen besonders flexibles Symbol für die Kommunikation seiner innovativen und wagemutigen Vorschlag erar- zentralen Pfeiler: Modernität und Fortschritt. Es beitet – eine dem Kolosseum ähnliche Konstruk- ist diese kristalline Tradition der europäischen tion, die zergliedert werden konnte und mit Romantik, die den Londoner Kristallpalast zu einem Hängedach versehen war. Der Scientific einem europäischen lieu de mémoire werden American favorisierte diesen Vorschlag und be- ließ. Eine solche kristalline Tradition fehlt in der zeichnete ihn als »the best in every respect – in amerikanischen Romantik. Das Motiv taucht beauty, grandeur, originality, strength, simplicity, erst im Gilded Age in den überladenen viktoria- and economy«.78 Bogardus kam leider dennoch nischen Innendekorationen auf, dann allerdings nicht zum Zuge. Sein Entwurf wurde vom zu- ohne den magischen und utopischen Bezug, in ständigen Auswahlgremium als »untried experi- einer eher domestizierten Form.77 So trug nicht ment« abgelehnt. Ausgewählt wurde schließlich nur der Ort, an dem der New Yorker Kristall- der Vorschlag zweier relativ unbekannter New palast gebaut wurde, zur symbolischen Entwer- Yorker Architekten, George Carstensen, der den tung der Ausstellungsarchitektur bei. Vielmehr Tivoli Garten in Kopenhagen entworfen hatte, erwies sich die Metapher im amerikanischen und Charles Gildemeister, die der Auswahlkom- Kontext als dysfunktional, fehlte ihr doch der mission zufolge die Kriterien »safety, simplicity kulturelle Resonanzboden, der den geplanten and economy of construction; convenience of Kristallpalast als Symbol für den Anbruch eines the visitors; a minimum of 150 000 square feet neuen Zeitalters ins kollektive Bewusstsein hätte of exhibition space, and finally ›architectural heben können. Während in London bereits die effect‹«79 am besten erfüllten. Carstensens Ent-

76 Hammer, Bohemien (2000). 79 Report of the Committee on Plans, Association, No. 53, in: American 77 Vgl. Peter Bailey, Popular cult- 25. August 1852, Crystal Palace Phrenological Journal, 17.1.1853. ure and performance in the Victo- Mss, Holdings of the New York rian city (1998); Jenni Calder, Historical Society. Das Gebäude The Victorian home (1977); umfasste dann tatsächlich eine Carol T. Christ u. John O. Ausstellungsfläche von insgesamt Jordan, Victorian literature and 173,000 square feet, oder the Victorian visual imagination 16 074 m2. Davon entfielen (1995). 10 315 m2 auf das Erdgeschoss 78 Scientific American 7, 31 Juli und 5759 m2 auf die Galerien. 1852, 361. Vgl. Bericht des Office of the Debatte Ursula Lehmkuhl 28

wurf orientierte sich sehr stark am Londoner des Londoner Kristallpalastes an, sondern auch Vorbild. Er war im Grunde genommen eine an eine bestimmte Repräsentationsform dieser Replik des Londoner Kristallpalastes in der Architektur, die die bukolische Idylle mit der Form eines griechischen Kreuzes, ergänzt um baulichen Utopie in Einklang brachte und damit die obligatorische amerikanische Kuppel.80 die soziokulturellen Spannungen des Stadt- Nach Auffassung des Architekturhistorikers Land-Gegensatzes symbolisch aufhob. Dies wird Siegfried Giedion war das Gebäude »mediocre« insbesondere an den zeitgenössischen Lithogra- und von keinerlei architekturhistorischer Bedeu- phien deutlich, die den New Yorker Kristall- tung.81 palast in einer Weise darstellten, die eine ver- Bedeutsam war das Design jedoch unter blüffende Ähnlichkeit zu den Darstellungen des transfergeschichtlichen Gesichtspunkten. In der Londoner Kristallpalastes aufweist und kaum Architektur des Londoner Kristallpalastes wur- Referenzen zum New Yorker Standort und den dendieGegensätzevonStadtundLand,von dort vorhandenen Gebäuden enthält (vgl. Fortschritt und Modernität einerseits und agra- Abb. 4 und 5). rischer Tradition andererseits, versöhnt, wenn Die Glas-Eisen-Konstruktion stellte bereits nicht gar überwunden. Insofern schlossen die für die britischen Konstrukteure eine große tech- Organisatoren der New Yorker Ausstellung nische Herausforderung dar. Der Londoner Kris- nicht nur an die symbolträchtige Architektur tallpalast bestand aus Fertigteilen, die vor Ort miteinander verbunden wurden. Obwohl Groß- britannien Mitte des 19. Jahrhunderts zu den Eisen exportierenden Ländern zählte, gab es Engpässe bei der Lieferung der erforderlichen Baumaterialien. Angesichts veralteter Produk- tionsbedingungen und einer insgesamt nicht sehr bedeutenden Eisenproduktion muss der Bau des Kristallpalastes in New York nicht nur als Mei- lenstein in der amerikanischen Geschichte mo- dernen Bauens und der Nutzung moderner Ma- terialien herausgestellt werden, sondern auch als eine enorme materielle Leistung.82 Die New York Times apostrophierte den Bau der Aus- stellungshalle deshalb auch als Ausdruck des Fortschrittsgeistes, der die amerikanische Gesell- schaft erfasst habe und beherrsche: »The build- ing now in course of construction in Reservoir- Square has been conceived on a scale, and is Abb. 3: Grundriss des New Yorker »Kristallpalastes«. being forwarded with a dispatch and steadiness, Q: Guide to the Revised Official Catalogue of the Exhibi- commensurate with the great importance of the tion of the Industries of All Nations. The map was prepar- ed by Henri C. Stuart and published by G. P. Putnam and object and the spirit of progress, of which our 83 Co. for the use of visitors to the New York Crystal Palace. country’s name forms a synonyme.«

80 Für eine detaillierte zeitgenössi- 83NewYorkTimes,5.Oktober FünftelgrößerseialsdasWelt- sche Beschreibung des Bauwerks 1852; vgl. auch The National ausstellungsgebäude. vgl. The National Magazine 2, Magazine, Vol. 2, No. 1, January No.1,January1853,80. 1853, das den amerikanischen 81 Siegfried Giedion, Space, Time, Kristallpalast mit St. Paul’s Ca- and Architecture (1954). thedral in London und dem Pe- 82 Es wurden insgesamt 1 250 Ton- tersdom in Rom vergleicht und nen Eisen und 3624 m2 Glas ver- dabei dem Leser erläutert, dass baut.Vgl.Merry’sMuseumand St. Paul’s deutlich kleiner ist als Parley’s Magazine 1, January der New Yorker Kristallpalast und 1853, 63. der Petersdom immerhin nur ein Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 29

Noch 1860 dominierte die baumwollverar- beitende Industrie mit insgesamt 114 955 Be- schäftigten den amerikanischen Industriesektor. In der Eisen- und Stahlproduktion waren dem- gegenüber lediglich 48 975 Arbeiter beschäf- tigt.84 Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Holz der primäre Baustoff. Eisen wurde bis zum Bürgerkrieg überwiegend aus Großbritannien importiert. Vor allem Eisenbahnschienen stamm- ten aus britischer Produktion.85 Erst in den späten 1850er Jahren hatte die einheimische Eisenproduktion ein Volumen erreicht, das den Abb. 5: Der Crystal Palace in London. Ersatz der Importe durch heimische Produkte Q: R. Ackermann, Lithographie, in: The Park and Crystal erlaubte. Die moderne Hochofentechnik auf Palace, London 1851; Library of Congress prints. der Basis des Bessemer-Verfahrens, das 1855 patentiert worden war und die Eisenproduktion revolutionierte, wurde allerdings erst nach dem Befestigung der 38 Meter hohen Kuppel, die Bürgerkrieg eingeführt.86 Für den Bau des New einen Durchmesser von 30 Metern hatte, erfor- Yorker Kristallpalastes wurden 190 achteckige derte Eisenpfeiler in einer Länge von 21 Me- Eisenpfeiler in einer Länge von 6,4 Metern im tern.87 Dieses Material wurde aus allen Teilen Erdgeschoss und 140 Eisenpfeiler in etwa der des Landes zusammengetragen. Obwohl die gleichen Größe im ersten Stock benötigt. Die USA ein politisch und wirtschaftlich fragmen- tiertes Gebilde waren, demonstrierten sie mit dem Bau des Kristallpalastes, dass sie durchaus zu Leistungen imstande waren, die nur in einer nationalen Anstrengung, durch die Überwin- dung regionaler Gegensätze und regionalen Kon- kurrenzdenkens, bewerkstelligt werden konnten. In dieser Hinsicht entfaltete die Weltausstellung in New York nationale Selbstverständigungs- prozesse, deren Bedeutung für die wirtschaftliche und industrielle Entwicklung der USA kaum überschätzt werden können. Dazu gehörte auch ein sich im Zusam- menhang mit der Ausstellungsarchitektur ent- wickelnder politischer Diskurs, der auf zentrale Abb. 4: Der New Yorker Kristallpalast. Elemente amerikanischer Selbstbeschreibungs- Q: Carl Emil Doepler, Lithographie, in: New York Crystal Palace for the exhibition of the industry of all nations, modelle des 19. Jahrhunderts zurückgreift. Dem designed by Carstensen & Gildemeister N.Y. 1852; Libra- demokratischen Ideal der jungen Republik fol- ry of Congress, Washington. gend und in Abgrenzung von der aristokrati-

84 Robert Christian Puth,Ameri- can economic history (1993) 217. 85 Ibid., 216. 86 Ibid., 219. 87 Vgl. Godey’ Lady’s Book, Februar 1853, 108. Umrechnung der Län- gen- und Raummaße erfolgt nach den US survey measures: 1 foot = 0,3048 Meter. Debatte Ursula Lehmkuhl 30

schen Tradition des Londoner Kristallpalastes Während die Repräsentation des demokrati- sollte der New Yorker Kristallpalast ein »Palace schen Ideals in Form von side shows vom New of the People«88 werden. Um dies sicherzu- Yorker ›Bürgertum‹, das seine eigenen quasi- stellen, hatte bereits das Board of Alderman in aristokratischen Traditionen entwickelt hatte, seiner Bewilligung des Baus festgelegt, dass der abgelehnt wurde, kritisierten die intellektuellen Eintrittspreis für Einzelbesucher zu keiner Zeit ›Demokraten‹ die Übernahme aristokratischen den Betrag von 50 Cents überschreiten dürfe.89 Verhaltens. So kommentierte der Scientific Ame- Mehr als sein Londoner Vorbild sollte der New rican das Eröffnungszeremoniell, mit dem die Yorker Kristallpalast die Menschen aller Klassen Mitglieder der Association sowie die geladenen und auch aller (amerikanischen) Regionen zu- Vertreter aus der Politik durch die Übertragung sammenbringen. So erläuterte etwa ein Beobach- des Protokolls der Londoner Eröffnungsfeier ter im DeBow’s Review of the Southern and ganz offensichtlich das Ziel verfolgten, sich über Western States im Dezember 1852: Performanz zu nobilitieren,92 mit der bitteren »The enterprise proposes to bring together Aussage: »Our country is not yet republican in the men of all these regions into one great spirit.« Und der Kommentar ergänzte: »it is only conclave; side by side the woodcutter of Maine so in name, and the opening of the Crystal Palace and the miner of the Sacramento; the hardy afforded full proof of the truth of what we say. whaleman of Nantucket, and the stout boatman It is a political aristocracy: petty squires, second- of the Illinois; the caravan driver of Santa Fe, and rate lawyers, caponlined Aldermen, hairy-faced the frontier man of Nebraska; the manufacturer men with epauletts [sic] on their shoulders, and of Lowell; the tobacco grower of the Roanoke, such-like characters, were treated with ›come up and the hemp and wheat sower of Missouri and here, there are chief seats for you‹. Distinguished the lakes; the merchant princes of New York; the inventors, artists, engineers, and mechanicians, polished and wealthy planters of the Ashepoo, the men who should have been most prominent – the Alabama, the Lafourche, and the Attakapas; were treated with ›sit down there – see there are the brave and sturdy hunters of Texas and some footstools for you‹.«93 Arkansas.«90 Der Kristallpalast entwickelte sich in der 4. Schlussbetrachtung zeitgenössischen Berichterstattung zum Symbol einer demokratischen Kultur der »unbegrenzten Das Scheitern der Weltausstellung von 1853 Möglichkeiten«. Was jedoch diese demokrati- ist ein Beispiel für Dysfunktionalitäten, die sich sche Kultur im Einzelnen ausmachte und be- bei kulturellen Transfers aufgrund von asyn- inhaltete,darüberwarmansichinderMitte chronen historischen Kontextbedingungen erge- des 19. Jahrhunderts noch keineswegs einig. ben. Die Übertragung des europäischen Konzep- Humbug und Kuriositäten, Wettbuden und tes ›Weltausstellung‹ erfolgte zu früh. Die junge Hahnenkämpfe zählten jedenfalls ganz offen- Republik war kulturell, infrastrukturell und im sichtlich ebenso dazu wie Gemälde, Skulpturen Hinblick auf die Organisation des politischen und technische Attraktionen.91 Der New Yorker Prozesses sowie des Prozesses der Nationen- Kristallpalast steht deshalb auch als Metapher bildung noch nicht bereit, eine derartige Veran- für kulturelle Ambivalenzen und Unsicherheit. staltung auszurichten. Während in Europa mit

88 New York Times, 20. Mai, Weltausstellungen vgl. Paul 93 Scientific American III, No. 45, 23 20. Juni 1853; Horace Greeley Greenhalgh, Ephemeral vistas July 1853. (Hg.), Art and Industry (1853) 30. (1988) 5, 19–21; Timothy Mit- 89 New York Daily Times, 26. De- chell, The World as Exhibition zember 1851. 50 Cents im Jahr (1989) 217–236. 1853 entsprechen einer heutigen 92 Zum Begriff der perfomativen Kaufkraft von ca. 12 Dollar. Politik vgl. Rahmenantrag des 90 DeBow’s Review of the Southern SFB 584 sowie Jan Andres u. andWesternStates,Vol.I,No.6 Matthias Schwengelbeck,Das (Dec. 1852) 637. Zeremoniell als politischer Kom- 91 Zum Zusammenhang von Educa- munikationsraum (2005) 27–81. tion und Entertainment auf den Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 31

den großen Ausstellungen in London (1862) und zum 20. Jahrhundert immer stärker abzeich- Paris (1855 und 1867) das Ausstellungswesen nende Entwicklung des amerikanischen Aus- florierte und in zunehmendem Maße die natio- stellungswesens hin zu einer Mischung aus nalistischen Aspirationen und die wirtschaftli- education und entertainment im Sinne des mo- che Entwicklung der Gastgeber widerspiegelte, dernen Edutainment-Konzeptes begrifflich vor- kämpften die Amerikaner im Bürgerkrieg und wegnahm. Seinen Anfang nahm dieser Prozess in versuchten anschließend ihre Nation wieder auf- New York 1853, in den Seitenflügeln des Kris- zubauen. Erst jetzt, Ende der 1860er und zu tallpalastes. Bereits die zweite Weltausstellung Beginn der 1870er Jahre und damit 20 bis 30 auf amerikanischem Boden, die 1876 in Phila- Jahre später als in Europa, waren die Anfänge delphia stattfand, muss in diesem Sinne als ›ame- der industriellen Revolution in den USA spürbar rikanische‹ Ausstellung bezeichnet werden. Die und begann man das wirtschaftliche, soziale und Columbian Exposition schließlich, die 1893 zum kulturelle Ausmaß dieses zentralen Prozesses des Gedenken an die Entdeckung Amerikas durch 19. Jahrhunderts zu erahnen. Im Innern wurde Kolumbus in Chicago durchgeführt wurde,95 die Industrie zum beherrschenden Sektor, und im ließ im Vergleich zu den großen europäischen Weltzusammenhang rückten die USA von der Ausstellungen nichts an nationaler Rhetorik und Peripherie des kapitalistischen Systems allmäh- Symbolik vermissen. Sie bediente den Fort- lich näher zum Zentrum. Durch den Bevölke- schrittsdiskurs ebenso wie das Bedürfnis nach rungszuwachs und die verkehrsmäßige Erschlie- Massenunterhaltung. Der neue Reichtum der ßung des Kontinents kam nun erst die Tatsache Unternehmer und Wirtschaftsmagnaten wurde voll zum Tragen, dass die USA über einen riesi- zur Schau gestellt, und zwar »conspicuously«, gen Binnenmarkt verfügten, der – anders als in wie Thorsten Veblen es nannte.96 Der Prestige- Europa – nicht durch politische Grenzen und konsum des viktorianischen Zeitalters – so das Zollschranken behindert wurde. Argument von Rydell – bildete die Basis für »the Das ursprünglich in Frankreich Ende des Victorian era’s most extravagant exhibitionary 18. Jahrhunderts entstandene Konzept der In- form – the world’s fair«.97 dustrieausstellung entwickelte sich deshalb erst Einleitend ist bereits auf die Notwendigkeit im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts, im Gild- hingewiesen worden, die Geschichte der euro- ed Age und der Victorian Era, durchaus in päisch-amerikanischen Beziehungen als Ge- Konkurrenz zu den großen europäischen Aus- schichte des kulturellen Transfers mit ganz eige- stellungsnationen – Großbritannien und Frank- nen Aneignungs- und Abwehrprozessen zu reich – zu einer amerikanischen Institution.94 In schreiben. Der hier präsentierte Versuch einer einem engen transatlantischen Dialog vollzog empirischen Umsetzung dieser Perspektive hat sich dabei ein konzeptioneller Wandel in der indes ein zweites Desiderat deutlich gemacht, Ausstellungsidee, der sich nicht zuletzt seman- das in der bisherigen Methodendebatte zu wenig tisch niederschlug: Weltausstellungen hießen in Beachtung gefunden hat. Das Aufspüren und die Großbritannien World exhibitions, während das Erfassung der sich über kulturelle Transfers französische Äquivalent exposition universelle herausbildenden ›feinen Unterschiede‹ erfordert lautete. In den USA nannte man sie World’s fairs eine gründliche Kenntnis nicht nur der kulturel- – eine Bezeichnung, die die sich seit der Wende len und politischen Traditionen der Ursprungs-

94 Rydell, Findling u. Pelle,Fair America (2000) 1. 95 Robert W. Rydell,Allthe world’s a fair (1984); Rydell, Findling u. Pelle,FairAmerica (2000). 96 Thorstein Veblen,TheTheory of the Leisure Class (1899). 97 Rydell, Findling u. Pelle,Fair America (2000) 19. Debatte Ursula Lehmkuhl 32

gesellschaften, sondern auch der Geschichte der turelle Unterschiede und Asynchronizitäten aus- Empfängergesellschaften. Aus diesem Grund ist zublenden. Dies verstellt den Blick für Dysfunk- Regionalkompetenz eine unhintergehbare Vo- tionalitäten, die beim Versuch der Übernahme raussetzung für seriöse Transfergeschichte. Da- europäischer Institutionen im amerikanischen bei fällt auf, dass in der gegenwärtigen Debatte Kontext erzeugt werden. Solche Dysfunktionali- um die Wiederbelebung der Regionalstudien täten sind aber häufig Ausgangspunkt von his- »Amerika« (d. h. die Vereinigten Staaten und torischen Eigenentwicklungen, die es aufzuspü- Kanada) systematisch ausgeblendet wird.98 Die ren gilt. Das Scheitern der ›Weltausstellung‹ in Debatte bezieht sich allein auf »exotische« Re- New York 1853 und die Amerikanisierung der gionen: den Nahen und Mittleren Osten, Afrika, Institution ›Weltausstellung‹ im späten 19. und Asien und auch Lateinamerika. Die Beschäfti- frühen 20. Jahrhundert sind prägnante Beispiele gung mit den Inhalten und Kompetenzen, die ein dafür. Bereits 1853 wurden vor dem Hinter- Area-Spezialist besitzen muss, blendet dabei aus, grund sich deutlich von Europa unterscheiden- dass Fremdheit nicht allein über fremde Spra- der historischer Kontextbedingungen neue Mus- chen konstituiert wird. ter generiert, die dann ihrerseits, im Sinne der Die Ausblendung »neo-europäischer« Ge- histoire croisée,99 auf die Ausgangskulturen zu- sellschaften aus der gegenwärtigen Debatte um rückwirkten. Scheitern – dies hat die vorliegende die Revitalisierung der Regionalstudien zeugt Analyse gezeigt – ist insofern aus der Perspektive von einer eurozentrischen Perspektive, durch der Transferforschung und der histoire croisée die insbesondere die Kulturgeschichte »Ame- eine zentrale historische Kategorie. rikas« unter die europäische oder besser abend- ländische Tradition subsumiert wird. Diese Subsumption fördert die Tendenz, politisch-kul- Ursula Lehmkuhl

98 Vgl. hierzu die Positionspapiere zept und Vorträge der vom Wis- ders. Revitalizing Area Studies«, des Wissenschaftsrats, z. B. das senschaftskolleg im Rahmen des 1999. »Freiburger Memorandum zur Forschungsschwerpunktes »Wege 99 Michael Werner u. Bénédicte Zukunft der Regionalstudien in des Wissens« organisierten Kon- Zimmermann, Vergleich, Trans- Deutschland unter besonderer ferenz »Zukunft der Regional- fer, Verflechtung (2002). Berücksichtigung Asiens, Afrikas, studien« vom Juli 2005 (http:// Lateinamerikas und des Nahen www.wiko-berlin.de/kolleg/ Ostens« vom November 2005 projekte/wegedw/wdwarbeit (http://www.daad.de/de/download/ ber?hpl=1). Das gleiche gilt auch hochschulen/veranstaltungen/ für die amerikanische Diskussion. kulturwissenschaften2005 Vgl. hierzu das Programm der memorandum.pdf); sowie Kon- Ford Foundation »Crossing Bor- Rg9/2006 Ein Kristallpalast für New York 33

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