Syphilis Im Hamburg Der Nachkriegszeit.Anna Valentina Lahn
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Aus dem Institut für Geschichte und Ethik der Medizin des Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf (Direktor: Prof. Dr. Heinz-Peter Schmiedebach) Syphilis im Hamburg der Nachkriegszeit Dissertation zur Erlangung des Grades eines Doktors der Medizin dem Fachbereich Medizin der Universität Hamburg vorgelegt von Anna Valentina Lahn aus Preetz Hamburg 2009 Angenommen vom Fachbereich Medizin Der Universität Hamburg am: 15.9.2010 Veröffentlicht mit Genehmigung des Fachbereichs Medizin der Universität Hamburg Prüfungsausschuss, der/die Vorsitzende: Prof. Dr. H.- P. Schmiedebach Prüfungsausschuss, 2.Gutachter/in: Prof. Dr. Ingrid Moll Prüfungsausschuss, 3.Gutachter/in: Prof. Dr. Eva Brinkschulte 1. Einleitung 6 2. Syphilis: geschichtliche Einführung und Entwicklung der Diagnostik und Therapie 13 2.1. Geschichtliche Einführung 13 2.2 Entwicklung der Therapie 15 2.3 Entwicklung der Luesdiagnostik 22 3. Überwachung der Infizierten von der Weimarer Republik bis in die Gegenwart 25 3.1 Weimarer Republik 25 3.2 Im Nationalsozialismus 32 4. Die „Gesellschaft zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten“ 40 5. Syphilis in Zahlen 43 5.1 Auswertung der Statistischen Jahrbücher 1947 bis 1970 47 5.1.1 Die statistische Erfassung von Geschlechtskrankheiten 47 5.1.2 Neuerkrankungen an Geschlechtskrankheiten reichs- und bundesweit - dazu verschiedene Erklärungsmodelle 48 5.1.3 Anteil der Geschlechter an Neuerkrankungen von Geschlechtskrankheiten reichs- und bundesweit 51 5.1.4 Syphiliserkrankungen reichs- und bundesweit 52 5.1.5 Neuerkrankungen an Syphilis in deutschen Großstädten 53 5.2 Zahlen zu Syphilis in Hamburg 55 5.3 Weltweiter Anstieg der Geschlechtskrankheiten in den 1960er Jahren 58 6. Die Syphilisbekämpfung von 1945 bis 1953 63 6.1 Ursachen für den Anstieg von Syphilisfällen aus Sicht der Mediziner 63 6.2 Gesetzliche Regelungen zu Geschlechtskrankheiten 69 6.2.1 Geschlechtskrankheiten und Arbeitsrecht 70 6.2.2 Forderungen nach einem neuen Geschlechtskrankengesetz 70 6.2.3 Forderung nach einem Bewahrungsgesetz und das Ehegesundheitsgesetz 71 6.2.4 Diskussionen und Vorschläge zum neuen Bundesgesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten 73 6.3. Namentliche Meldung – Gewinn oder Verlust im Kampf gegen die Geschlechtskrankheiten 75 6.4 Therapie in der Phase von 1945 bis 1953 81 6.4.1 Das „Penicillin Problem“ 81 6.4.2 Die Therapie unmittelbar nach dem Krieg 82 6.4.3. Wie wurde die Therapie der Syphilis konkret durchgeführt? 85 6.4.4. Penicillin: Als Ersatz für die herkömmlichen Behandlungsverfahren? 86 6.4.5. Penicillin: Hilfe oder Hindernis bei der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten? 92 6.4.6. Beharrung auf früheren Behandlungsverfahren 94 6.4.7. Weitere Probleme der Syphilistherapie und Prävention 96 7. Die Syphilisbekämpfung von 1953 bis 1970 99 7.1 Unterschiede bei der Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten in Ost- und Westdeutschland 99 7.2 Überwachung der Prostitution in den 1950er Jahren in Westdeutschland 104 7.3 Die Aufklärungsarbeit und der erneute Anstieg der Geschlechtskrankheiten in den 1960er Jahren 105 7.4 Gesetzliche Regelungen zu Geschlechtskrankheiten 107 7.4.1 Das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten von 1953 107 7.4.2 Durchführungsverordnungen und Neuerungen zum Bundesgesetz von 1953 116 7.4.3 Resonanzen auf das Gesetz von 1953 117 7.4.4 Geschlechtskrankheiten als Wehrdienstbeschädigungen? 119 7.5 Therapie in der Phase von 1953 bis 1970 120 7.5.1 Unsicherheiten bei der Dosierung des Wundermittels 127 8. Syphilis im Hamburg der Nachkriegszeit 129 8.1 Zur Behandlung Geschlechtskranker in Großbritannien 129 8.2 Nachkriegszeit und frühe Bundesrepublik: Hamburg nach 1945 131 8.2.1 Das Hamburgische Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten von 1949 133 8.2.2 Bekanntmachungen betr. das Gesetz zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten vom 1. Februar 1949 und die mangelnde Meldung der Geschlechtskrankheiten in Hamburg 135 8.3 Hamburger Behörden und britische Besatzung 138 8.4 „Gefährliches Schweigen“– Aufklärung in der Nachkriegszeit 150 8.5 Die „Zentrale Beratungsstelle Hamburg“ 154 9. Zusammenfassung und Fazit 158 10. Anhang 164 10.1 Gesetze zu Geschlechtskrankheiten im Überblick: 1927-1969 164 10.2 Kurzbiographien 164 Paul Ehrlich (1854-1915) 164 Albert Neisser (1855-1916) 165 Alfred Blaschko (1858-1922) 165 August Paul von Wassermann (1866-1925) 166 Karl Herxheimer (1861-1942) 166 Julius Wagner von Jauregg (1857-1940) 166 Sir Alexander Fleming (1881-1955) 167 Käthe Petersen (1903-1981) 167 11. Literaturverzeichnis 168 12. Danksagung 193 13. Lebenslauf 194 14. Eidesstattliche Erklärung 196 1. Einleitung In den 1970er Jahren hielt man in Deutschland Geschlechtskrankheiten wie Syphilis und Gonorrhoe für besiegt. Mit dem Auftauchen der Infektionskrankheit AIDS in den 1980er Jahren und der Tatsache, dass die Syphilis auch im Jahre 2000 noch immer eine beträchtliche Rolle unter den Infektionskrankheiten spielte, musste man feststellen, dass dies ein Trugschluss gewesen war. Die Syphilis wird heute wegen der ernsten Spätfolgen zu den gefährlichen Sexually Transmitted Diseases (STD) gezählt und ist global gesehen nach wie vor von großer Bedeutung. Die jährliche Inzidenz wird auf 12 Mio. Erkrankungsfälle weltweit geschätzt. Syphilis gilt als behandelbare bakterielle Infektionskrankheit, verursacht durch das Bakterium Treponema pallidum. Betroffen sind vor allem junge Erwachsene in Entwicklungsländern, besonders in großstädtischen Ballungsräumen. Zwei Drittel der Betroffenen sind Männer im Alter zwischen 25 und 30 Jahren. 1 In Deutschland wurden von 1995 bis 2000 jährlich circa 1.150 Fälle registriert. Ab 2001 stiegen die Meldungen wieder an, was sich nur zum Teil auf das geänderte Meldeverfahren zurückführen lässt. Im Jahr 2003 nahm die Zahl der neu diagnostizierten Syphilis-Fälle um 20 % gegenüber dem Vorjahr zu. Und 2004 stieg die Anzahl der Meldungen um weitere 14 % auf 3.350 Fälle an. 2005 wurden 3.210 Fälle an das Robert Koch-Institut gemeldet. 2 In STD-Ambulanzen macht die Syphilis gegenwärtig 7-10 % aller diagnostizierten STD aus und betrifft 1 % aller Behandlungen. 3 Vermutungen legen nahe, dass nur jeder 6. Fall gemeldet wird. Bis zum 31. Dezember 2000 wurden Geschlechtskrankheiten in Deutschland immer noch durch ein spezielles Gesetz geregelt: Das Gesetz zur Bekämpfung von Geschlechtskrankheiten (GeschlKrG) von 1953. Ziel meiner Nachforschungen sind die historische Entwicklung der Therapie, der Meldepflicht und der Gesetzgebung zum Thema Syphilis in der Nachkriegszeit in Hamburg. Anhand dieser drei Themenbereiche soll herausgearbeitet werden, wie sich Moralvorstellungen und medizinische Argumente bei der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten ergänzten oder auch widersprachen. Dieser Themenkomplex wurde in der Art bisher nicht bearbeitet. Der hier untersuchte Komplex schließt an die Frage an, ob strenge Reglementierung oder Aufklärung sinnvoller bei der Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten sind, was auch heute wieder oder immer noch zu erörtern ist. 1 Adam (2001), S.12 2 Robert- Koch- Institut: http://www.rki.de/cln_048/nn_196668/DE/Content/InfAZ/S/Syphilis/Syphilis__1971__2005/Syphilis__1971__2 005.html Stand 24.2.2008 3 Adam (2001), S.12 6 Ich behandele vor allem den Zeitraum der Nachkriegszeit bis 1970, da sich in dieser Zeit bei der Therapie der Syphilis, in der Gesetzgebung und auch bei der Meldepflicht große Veränderungen ergaben. Das Hamburg der Nachkriegszeit war geprägt durch die Einflüsse der britischen Besatzung, durch die Besonderheiten als Hafenstadt und Zentrum des Handels, sowie durch zahlreiche Vergnügungslokale, aber auch durch heftige Diskussionen innerhalb der Ärzteschaft, was den Umgang mit Geschlechtskranken betraf. Ein herausragender Verfechter eines liberaleren Umgangs mit diesen Patienten war der Hamburger Arzt Gustav Hopf. Wie in der Untersuchung ersichtlich wird, hatte er die Ärzteschaft immer wieder dazu aufgerufen die Geschlechtskrankheiten mit Menschlichkeit und nicht mit Härte zu bekämpfen. Es sei nicht effektiv mit Strafen zu drohen, da so noch weniger Patienten einen Arzt aufsuchen würden. Im Bereich der Therapie der Syphilis war schon recht früh klar, dass das Penicillin das beste Medikament war. Aber die Therapie war nun im Vergleich mit dem Salvarsankurschema so einfach geworden, dass man befürchtete, damit unmoralischen Lebenswandel zu unterstützen. In meiner Arbeit versuche ich Schritt für Schritt und Jahr für Jahr, den langen Weg von 1945 bis 1970 wiederzugeben, der beschritten werden musste, damit sich in Deutschland die Monotherapie mit Penicillin bei Syphilis durchsetzte. Ich stelle die sich verändernden Meinungsbilder in der deutschen Ärzteschaft von dem Beginn der Penicillinproduktion nach dem Zweiten Weltkrieg und der Medikamentenknappheit über die verschiedenen Kombinationsschemata bis hin zur alleinigen Penicillintherapie dar. So wie man am Anfang des 20. Jahrhunderts dem Salvarsan gegenüber sehr kritisch war, so war man es circa fünfzig Jahre später auch dem Penicillin gegenüber. Zunächst galt das Salvarsan als das Wundermittel gegen die Syphilis, dann wurde es in Kombination verwendet, um schließlich 1965 die Therapie damit als „Kunstfehler“ zu bezeichnen. Auch die Frage, ob diese einfache Therapie mit dem Penicillin nicht die Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten behindere, als Ausdruck für die Beurteilung von Geschlechtskranken im Wandel der Jahre, wird in meiner Arbeit diskutiert. Des Weiteren gehe ich auf die Hamburger Geschlechtskrankenstatistik ein und versuche die Schwankungen zu begründen. Auch bemühe ich mich, einen Vergleich zwischen West- und