Überlegungen Zu Masaurhisas, Einem König Aus Tabal, Und Der Herrscherliste Von Tuwana
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ANATOLICA XXXIX, 2013 ÜBERLEGUNGEN ZU MASAURHISAS, EINEM KÖNIG AUS TABAL, UND DER HERRSCHERLISTE VON TUWANA Zsolt Simon* Abstract This paper discusses the identity of King Masaurhisas known from the PORSUK Hieroglyphic Luwian inscription and the related geographical and chronological problems. It will be argued that Masaurhisas was a king of Tuwana and a renewed palaeographic, iconographic, and chronological analysis of the Tuwana inscriptions confirms the traditional sequencing of the Tuwana kings (Muwaharanis I > Warpalawas > Muwaharanis II) and suggests a dating of Masaurhisas after Muwaharanis II, i.e. to the beginning of the 7th c. BC. A discussion of various connected toponyms confirms the necessity of distinguishing between Atuna/Tunna to be located in the vicinity of Bohca and Dunna/Tynna/Zeyve Höyük, where also an explanation will be offered to the hitherto unexplained alternation of Atuna/Tunna. It will be furthermore suggested that the latter one is to be identified with the settlement of Tuna of the KULULU lead strip No. 1. 1. WO HERRSCHTE MASAURHISAS? Parhwiras, der Befehlshaber des Heeres (EXERCITUS-la/i/u-na-sa8 MAGNUS+ ra/i-za-sa), gedenkt in seiner Inschrift von PORSUK, dass ihm der König Masaurhisas – wörtlich – „wohl ging“ (§4 |wa/i-mu-ta […] ma-sa-MAGNUS+ra/i-hi-sà-sá |REX-ti-sa |wa/i-su |“PES”-wa/i+ra/i): „1Ich bin Parhwiras, der Sohn von Atis, der Enkel von Nunas. Wohl …te (“PES”(-)wa/i-ma-ta) mir mein Herr, der Gott Sarruma, wohl …ten (“PES”(- )u-za-ma-ta) mir die Könige, wohl ging mir Masaurhisas, der König. Ich selbst war der Befehlshaber des Heeres. […]? 2[…]? (fragmentarisch)“ (vgl. Hawkins 2000: 527-528). Dieser Ausdruck ist aus anderen Texten (für ihre Liste s. Hawkins 2000: 444) wohlbekannt und bedeutet ‚jemandem gewogen sein‘. Obwohl dies aus der Inschrift nicht explizit hervorgeht, ist es doch logisch anzunehmen, dass Masaurhisas der Oberherr von Parhwiras war (so auch Aro 1998: 123 Anm. 758). Der Text sagt leider nicht, wo dieser König herrschte. Da die Inschrift aus Zeyve Höyük (Porsuk) stammt, herrschte er also zumindest in der Umgebung von Zeyve Höyük – aber wieso kann man ihn in die Welt der luwischen (späthethitischen) Königtümer einfügen? Drei Hypothesen wurden bisher in der Forschung vorgeschlagen:1 * Dieser Aufsatz ist im Rahmen meiner durch ein TÜBITAK-Stipendium geförderten Forschungen an der Koç Universität, Istanbul zustande gekommen, zwei Institutionen, denen ich ebenso wie Bärbel Ruhl, die das Deutsch dieses Beitrags verbessert hat, sehr dankbar bin. 1 Aro 1998: 123 bezeichnet sowohl seinen Status als auch seine zeitliche Einordnung als „problematisch“. Ohne Argumente datiert Lebrun 2007: 459 Anm. 1, 463 die Inschrift in das 9. Jh. Aus unbekannten Gründen lässt das Handbuch von Bryce 2012 Masaurhisas vollkommen außer Acht. 278 Z. SIMON Hawkins 2000: 432 schlägt vor, ihn als einen Vorläufer oder Nachfolger des Tarhunazas der BULGARMADEN-Inschrift zu sehen. Dieser Vorschlag wurde nicht näher begründet, obwohl er problematisch ist: Tarhunazas war laut seiner eigenen Inschrift (§1)2 ein sog. Tarwanis und zwar ein dem König Warpalawas von Tuwana unterstellter Tarwanis (ähnlich formuliert Pelon 2004: 198, der Masaurhisas als einen wahrscheinlichen Vasall von Warpalawas betrachtet). Masaurhisas ist dagegen ein König, und obwohl einige Könige in Tabal auch Tarwanis sind (z.B. Warpalawas selbst, s. oben), kann ein Tarwanis in Tabal nicht als König bestimmt werden, solange dieser Rang nicht schriftlich belegt ist, weil diese Tarwanis in Tabal den Königen untergeordnet waren (z.B. auch der Tarwanis Ruwas aus KULULU 4 dem Großkönig Tuwatis, da er wahrscheinlich identisch mit Ruwas, dem Diener von Tuwatis aus KULULU 1 ist). Mit anderen Worten bedeutet die Inschrift von PORSUK, dass Masaurhisas mit den Königen von Tuwana gleichrangig ist. D’Alfonso 2012a: 96 hat beobachtet, dass Masaurhisas in Anbetracht der bekannten Könige von Tuwana aus dem 8. Jh. entweder in das 7. Jh. oder vor das 8. Jh. datiert werden kann. Da er meint, das 7. Jh. sei „a very late and thus unlikely date for any hieroglyphic inscription“, entscheidet er sich für die Periode vor dem 8. Jh. und zwar für eine Periode vor der Etablierung des Königtums von Tuwana und knüpft daher Masaurhisas aus paläographischen Gründen mit Kilikien zusammen. Die auf der runden Form der ursprünglichen Vierecke der <wa/i>-Zeichen der PORSUK-Inschrift beruhende Zusammenknüpfung mit Kilikien ist aber nicht zwingend, weil solche Zeichen auch aus Tuwana bekannt sind (İVRİZ Frag. 3, vgl. auch d’Alfonso 2012a: 94, Table 1). Die kilikischen Zeichen (der Inschriften von ÇİNEKÖY und KARATEPE) zeigen sogar den mittleren Strich des <wa/i> mit einem schrägen Ablauf bzw. mit einem Haken auf dem oberen Ende (dem Zeichen von İVRİZ Frag. 3 entsprechend), dem einfach vertikalen Strich der Zeichen von PORSUK entgegen, die also keine kilikischen Zeichen darstellen. Obwohl die Rundung der Vierecke selbst als kilikischer orthographischer Einfluss erklärt werden darf (wie auch d’Alfonso überlegt), reicht sie also nicht aus, Masaurhisas in politischem Sinne mit Kilikien in Zusammenhang zu bringen. Die Fragen, ob das 7. Jh. in der Tat zu spät für eine hieroglyphen-luwische Inschrift ist und man daher Masaurhisas von Tuwana trennen muss, werden unten (§3) ausführlich erörtert. Auch der dritte Vorschlag geht auf Hawkins zurück. Er hat noch früher vorgeschlagen, dass Masaurhisas ein König von (A)tuna/Tynna sein könnte, wenn (A)tuna/Tynna mit Zeyve Höyük zu identifizieren ist (Hawkins 1969: 108-109; seine beiden Vorschläge schließen einander natürlich nicht aus). Diesen Vorschlag hat Jasink 1995: 145, 147 übernommen, die Masaurhisas als den Vorläufer von Kurtis und 2 á-mu-wa/i-mi-i |TONITRUS-hu-na-(LITUUS)á-za-sá-’ |IUDEX-ni-sa |TONITRUS-hu-wa/i+ra/i-*273-sa |(INFANS)ni-mu-wa/i-za-sá |wa/i+ra/i-pa-la-wa/i-si-sa |REX-ti-sa |HEROS-ti-i-sá IUDEX-ni-sa SERVUS-la/i-sa ‚Ich bin Tarhunazas, der Tarwanis, Sohn von Tarhuwara/i-*273, der Diener von Warpalawas, dem König, dem Helden, dem Tarwanis‘ (Umschrift nach Hawkins 2000: 522, aber mit <la/i> statt <ta4> Rieken – Yakubovich 2010 folgend und mit <-i> in wortschließender Position). Nach der Orthographie muss der Name wahrscheinlich als Tarhunna-azas gelesen werden, d.h. mit der hethitischen Form des Wettergottes (vgl. Kloekhorst 2008: 835-836), aber als luwisches Kompositum mit der Bedeutung „Geliebter des Wettergottes“, für letztere s. Gérard 2004: 311-312; der Lautwert des Zeichens <á> war zu dieser Zeit nicht mehr verschieden von <a> (Melchert 2010). ANATOLICA XXXIX, 2013 279 Ashwi(si)s der BOHÇA-Inschrift, den mutmaßlichen Königen von Atuna bestimmt hat (auch in Jasink 1998: 350, schon ohne Einschränkungen). Um diesen Vorschlag zu beurteilen, muss man die Frage der Identifizierung von (A)tuna besprechen. 2. DAS PROBLEM VON (A)TUNA Das Problem von (A)tuna besteht in dem eventuellen Zusammenhang, bzw. in der Identifizierung der folgenden geographischen Einheiten: 1. Das „Silbergebirge“ Tunni und das „Alabastergebirge“ Mulî, die beide in dem zusammenfassenden Bericht von Salmanassar III. über seinen Feldzug in Tabal (836) erscheinen (RIMA 3, A.0.102.40 iii 2-6) und die in dem ausführlichen Bericht entlang der Route Melid – Timur-Gebirge – Artulu, Hauptstadt von Tuwatti – Tunni-Gebirge – Hubišna – Mulî erwähnt werden (RIMA 3, A.0.102.16 172’b-181’a). Dies wird noch durch die Information über den Stein des Tunu-Gebirges (Alabaster) aus der gleichen Zeit ergänzt (RIMA 3, A.0.102.62). 2. Das Kleinkönigtum Atuna / Tun(n)a, das zur Zeit des Tiglatpileser III. und Sargon II. erwähnt wird, und zwar in beiden Formen in den gleichen Texten und zu der Zeit beider Herrscher: als Tributzahler zu der Zeit von Tiglatpileser III (Tuna in RINAP 1.15 Z. 1; 1.27 Z. 5-6; 1.32 Z. 6; 1.47 Rs. 9‘, aber Atuna in RINAP 1.35 iii 11) und zu der Zeit von Sargon II., als dieser Herrscher 718 Šinuhtu dem Kurti von (A)tuna gegeben hat (erwähnt auch 713, für eine vollständige Liste der Belege s. Bagg 2007: 35-36) und als Atuna zusammen mit Istuanda die Städte von Bit-Paruta erobert hat (SAA 1.1 Rs. 43-45) 3. Die Stadt Dunna der hethitischen Texte (RGTC 6/1: 439, RGTC 6/2: 173). 4. Die Stadt Tynna von Ptolemaios (V.6.22), die auch aus der Inschrift CIL VI 5076 bekannt ist. 5. Die Stadt Tuna, bzw. Obertuna und Untertuna des KULULU Bleistreifens Nr. 1 (Tuna: §3.11, §6.37, §9.49,53,55,56,57,60; Obertuna: §3.7, §9.63; Untertuna §4.15, §7.38; Hawkins 2000: 503-509, 512). 6. Das Königtum eines gewissen Kurtis, des Inschriftenherren von BOHÇA (Hawkins 2000: 478-480). Der eventuelle Zusammenhang dieser Einheiten wird in der Forschung bisher folgendermaßen rekonstruiert (abgesehen von der Frage nach dem Tuna des KULULU- Bleistreifens, dazu s. anschließend): Dunna wurde schon von Mayer 1923: 12 mit Tynna von Ptolemaios identifiziert, zu dem Forrer 1920: 72, 1926: 35 das assyrische Tun(n)a (vgl. aber schon Maspero 1900: 239 Anm. 2 und Winckler „1907“ [s. dazu Otten 1957: 30]) und später auch das Tynna der Inschrift CIL VI 5076 (das anhand des in der Inschrift erhaltenen Itinerars genau und zwar in der Nähe von Faustinopolis lokalisiert werden kann, vgl. aber schon Ramsay 1890: 68) hinzugefügt und die Siedlung mit Zeyve Höyük identifiziert hat (1937: 146- 280 Z. SIMON 149), eine Auffassung, die seitdem allgemein akzeptiert worden ist.3 Weippert 1973: 50 wollte diese Auffassung noch durch die Behauptung untermauern, dass die Texte von Tiglatpileser III. nach geographischen Gesichtspunkten geordnet sind (vgl. implizit schon Hulin 1963: 67) und Atuna/Tun(n)a deshalb zwischen Tabal und Tyana zu suchen ist.4 Andererseits hat Gurney 1979 gerade aufgrund der gleichen Texte (und der Beobachtung Weipperts) das Kleinkönigtum Atuna/Tun(n)a von den weiteren Toponymen getrennt, weil es laut ihm zwischen Tabal (bei ihm Kayseri) und Tuwana (bei ihm Niğde) zu lokalisieren wäre, wobei eine Lokalisierung in Bohça vollkommen plausibel sei (ähnlich Galil 1992: 56, aber ohne Argumente), und daher die Ähnlichkeit mit dem Stadtnamen Dunna/Tynna (bzw.