650 JAHRE MESSEN IN

650 JAHRE MESSEN IN HAMBURG Liebe Leserinnen

Zu diesem Buch und Leser,

650 Jahre Messen in Hamburg war für uns Anlass dieses Buch mit viel Freude zu verfassen. Anhand seit 650 Jahren besitzt die Stadt Hamburg das Recht, Messen und Märkte abzuhalten. Sie zählt damit von Beispielen, Anekdoten, Erinnerungen und vielen Bildern wirft es schlaglichtartig einen Blick zu den ältesten Messestädten Deutschlands. Als Kaiser Karl IV. am 29. Januar 1365 der Stadt Hamburg auf die wechselvolle Entwicklung des Messe- und Kongressgeschäftes in Hamburg, wobei die Stadt- in einem Freibrief das Messeprivileg verlieh, begann eine großartige und spannende Entwicklung geschichte ein treuer Begleiter ist. der Messen und Kongresse in unserer Stadt. Heute markieren hanseboot, INTERNORGA, SMM oder In mehreren Kapiteln haben wir die Entwicklung der Messen und Kongresse in der Hansestadt WindEnergy Hamburg wichtige Termine im Messekalender. nachgezeichnet. So erfahren Sie, warum Kaiser Karl IV. der Stadt 1365 das Messeprivileg verlieh Zusätzlich hat sich in den letzten Jahrzehnten national und international ein lebendiger und und warum die Hanseaten damit zunächst nichts anfangen konnten. Wir nehmen Sie mit in die Anfänge wachsender Tagungs- und Kongressmarkt entwickelt. Gemeinsam mit den gut besuchten der Industrialisierung, erzählen Ihnen, was der Zoologische Garten Hamburg mit der Messe zu tun hat Messetagen verdeutlicht das: direkte Kommunikation und persönliche Begegnung bleiben trotz der und warum ein junger Berliner Werbekaufmann Hamburgs erster Messe- wachsenden Nutzung von Internet und digitaler Kommunikation unverzichtbar. Messen, Tagungen und direktor wurde. Außerdem begleiten wir Sie zu den legendären Konzerten der 1950er Jahre in die Kongresse bringen globales Wissen in die Region, sie ziehen neue Talente sowie Investitionen an Ernst-Merck-Halle, lassen Sie teilhaben an den boomenden Messen der Wirtschaftswunderjahre, feiern und sind gleichsam Schaufenster der Region. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Expertinnen mit Ihnen das Richtfest des CCH und schließlich den Neubau der Hamburg Messe. und Experten, Profis wie auch interessierte Bürgerinnen und Bürger bauen dabei gute Netzwerke auf. Bei mehr als 2.500 Eigen- und Gastmessen mit über 50 Millionen Besuchern seit Ende des Deshalb ist das Messe- und Tagungsgeschäft seit langer Zeit ein relevanter Teil der hamburgischen Zweiten Weltkrieges und weiteren 15.000 Veranstaltungen mit mehr als 17 Millionen Besuchern im Standortpolitik. CCH erwartet sie keine lückenlose Dokumentation. Auf eine detaillierte Historie sämtlicher Eigen- Für Messen und Tagungen benötigt man nicht nur Platz, sondern auch die passende Infrastruktur. veranstaltungen haben wir ebenso verzichtet, wie auf die lange Liste der erfolgreich Von der Ernst-Merck-Halle im damaligen Zoologischen Garten, über die Messehallen in Planten akquirierten und für uns so wichtigen Gastveranstaltungen oder die Aufzählung der seit Jahrzehnten un Blomen bis hin zum ersten Kongresszentrum Europas, dem CCH: Die Messe- und Kongressstadt auf allen Kontinenten durch unsere Mitarbeiter organisierten Auslandsbeteiligungen. Hamburg modernisierte sich stets. Und so wird die Freie und Hansestadt Hamburg nach der Vielmehr möchten wir Sie mit großen und kleinen Geschichten auf eine stimmungsvolle, Revitalisierung des Kongresszentrums CCH auch künftig in der ersten Reihe der Messe und Kongress- bebilderte Reise durch die Zeit mitnehmen, die Ihnen unser spannendes, abwechslungsreiches und städte stehen. Diese Zukunft wird dann ebenfalls genug Stoff für eine neue Chronik liefern. oft sehr emotionales Geschäft ein wenig näher bringt. Den Autorinnen und Autoren, der Herausgeberin und dem Verlag danke ich für die engagierte Mitwirkung an diesem Buch und wünsche ihm viel Erfolg. Wir wünschen viel Spaß beim Blättern und Lesen.

Ihre Erster Bürgermeister Hamburg Messe und Congress GmbH Olaf Scholz INHALT

I. Einleitung Von Jahrmärkten zur modernen Messestadt 1365 verlieh Kaiser Karl IV. Hamburg das Messeprivileg. Die Entwicklung zu einem attraktiven Standort für Ausstellungen und Kongresse war eng verbunden mit dem Aufstieg der Stadt zur Handelsmetropole...... Seite XX

II. Die Messe als Motor der Wirtschaft 1. Von Fach- und Publikumsmessen Aus Jahrmärkten und Gewerbeausstellungen entstanden innovative Publikums- und Leitmessen für die Bereiche Luftfahrt, Medien, Schifffahrt, Gastronomie, oder Erneuerbare Energien...... Seite XX 2. Von militärischen Wallanlagen zu Hallen mit Skywalk Das Gelände um die Messehallen und das CCH liegt im Herzen der Stadt. Über Jahrhunderte befand es sich jedoch weit außerhalb Hamburgs...... Seite XX

III. Die Keimzelle der Hamburger Messe Die Historie von Planten un Blomen Der Park Planten un Blomen ist der Entstehungsort der Hamburg Messe und Congress GmbH. Einst beherbergte er einen Zoo und einen Botanischen Garten...... Seite XX

IV. Konzerte und Kongresse 1. Bühne für Gefühl und große Worte: Die Ernst-Merck-Halle Ob Bill Haley oder Konrad Adenauer – die Ernst-Merck-Halle war Hamburgs größter Saal für Veranstaltungen und Konzerte...... Seite XX 2. Das CCH – Hamburgs größter Gastgeber 1973 entstand mit dem CCH - Congress Center Hamburg das modernste Kongresszentrum Europas. Seit über 40 Jahren werden hier Maßstäbe gesetzt...... Seite XX

V. Der Weg in die Zukunft 1 Menschen wollen sich begegnen Mit der fortschreitenden Digitalisierung werden sich auch Messen und Kongresse wandeln. Nur wie?...... Seite XX 2. Interview mit der HMC-Geschäftsführung Die beiden Messechefs Bernd Aufderheide und Dr. Ulla Kopp standen Rede und Antwort zur Gegenwart und Zukunft der Hamburg Messe und Congress GmbH im Jubiläumsjahr..... Seite XX Einleitung

1365 verlieh Kaiser Karl IV. Hamburg das Messeprivileg. Die weitere Entwicklung des Messewesens blieb in den folgenden 650 Jahren eng mit der Stadtgeschichte verwoben.

Die Industrie- und Gewerbe- ausstellung 1889 fand auf 22.000 Quadratmetern überdachter Ausstellungsfläche statt. EINLEITUNG

me zusätzlich rund 700 Millionen Euro pro Jahr durch die Aussteller und Besucher der Hamburg Messe und Con­ ZEITSTRAHL gress GmbH umsetzen. HAMBURG MESSE Ihren Anfang nahm diese Entwicklung im Spätmit­ telalter, als Hamburg bereits eine Großstadt und ein be­ 8. JH deutender Handelsort war. Gut 5.000 Einwohner dräng­ Ende des 8. Jahrhun- ten sich um 1300 zwischen den Mauern der Stadt. Der derts entsteht Anschluss an die Hanse hatte die Basis für einen wirt­ auf Hamburger Gebiet eine sächsische schaftlichen Aufschwung gelegt, der zur Errichtung präch­ Burganlage. tiger Kirchen und einem stetigen Bevölkerungswachstum führte. Bis zum Ausbruch der Pest 1350 verdoppelte sich die Zahl der Einwohner auf 10.000 Männer, Frauen und Mit dieser Urkunde gestattete Karl IV. am 29. Januar 1365 1350 die Durchführung einer Pfingstmesse in Hamburg. Kinder, bevor der Schwarze Tod in der Stadt wütete und sechs von zehn Bewohnern das Leben kostete. Innerhalb weniger Monate wurde die Einwohnerzahl mehr als hal­ biert. Und es dauerte länger als ein Jahrzehnt, bis Ham­ burg sich von den wirtschaftlichen Folgen der Katastro­ Pest in Hamburg – 60 Prozent der phe erholte. Einwohner sterben. Von Jahrmärkten zur Der Handel mit Waren für den täglichen Bedarf er­ folgte zu dieser Zeit über regelmäßig stattfindende Märk­ modernen Messestadt te, auf denen Bauern aus den Vier- und Marschlanden Obst, Gemüse oder Brot und – für hohe Feiertage – Fleisch Vor 650 Jahren begann der Aufstieg Hamburgs zu einer der führenden anboten, das sich jedoch ein Großteil der Bevölkerung Messestädte der Bundesrepublik. Der Weg dorthin wurde immer wieder nicht leisten konnte. Rohstoffe, die es in der Stadt nicht 1365 durch Kriege und Katastrophen unterbrochen. gab, etwa Holz und Getreide, aber auch Werkzeuge oder Tuche, kauften die Handwerker auf den Jahrmärkten. Noch bedeutender waren jedoch Messen: Ihr Ange­ Mit ihren modernen Messehallen unter dem Fernsehturm sowie dem CCH – Congress Center Ham­ bot an Waren war noch größer als auf den Jahrmärkten,

burg zwischen Dammtorbahnhof und dem Park Planten un Blomen ist die Hamburg Messe und die gehandelten Güter noch exklusiver. Daher wurden Kaiser Karl IV. Congress GmbH (HMC) ein prägender Faktor im Stadtbild und wichtiger Wirtschaftstreiber in der Messen nur in großen Städten abgehalten, in denen sich verleiht Hamburg das Messeprivileg. Metropolregion. Gut 300 Messen, Kongresse sowie kulturelle und gastronomische Veranstaltungen die Verkehrswege des Fernhandels kreuzten – etwa in ziehen Jahr für Jahr mehr als eine Million Besucher aus aller Welt in die Hansestadt. Als internatio­ Frankfurt und in , zwei Städten, die das Messe­ naler Branchentreffpunkt stärken Leitmessen und hochkarätige Kongresse die von der Freien und privileg lange vor Hamburg erhielten. Verliehen wurden 1383 Hansestadt definierten Wirtschaftscluster und die Unternehmen der Region. In den Bereichen erneu­ die Messeprivilegien von den Fürsten oder vom Kaiser erbare Energien, maritime Industrie, IT und Medien, Medizintechnik oder Luftfahrt nehmen Hamburg persönlich. Erst als Hamburg 1365 in den Plänen des rö­ Der Rat der Stadt lässt die Pfingstmesse und das Umland heute weltweit eine Spitzenposition ein. Die Aktivitäten der HMC stärken zudem misch-deutschen Kaisers Karl IV. eine wichtige Rolle ein­ zum „Vorteil der Bürger“ den örtlichen Einzelhandel, die Hotellerie, Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe, die in der Sum­ nahm, erhielt auch die Hansestadt dieses Privileg. einschlafen.

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HAMBURG MESSE Die wirtschaftspolitischen Pläne Karls IV. und das Hamburger Messeprivileg Kaiser Karl IV. beabsichtigte damals, seine Residenzstadt Prag zum wirtschaftlichen Zentrum des Reiches auszu­ bauen. Sie sollte zum Mittelpunkt eines mächtigen Wirt­ 1618 schaftskreuzes werden, an dessen Enden die an den europäischen Meeren gelegenen Städte liegen sollten. Hamburg war einer dieser Endpunkte und spielte damit in Dreißigjähriger Krieg beginnt. Hamburg wird den Plänen des Kaisers eine herausragende Rolle. Die bes­ Finanzplatz und Verhandlungs- ten Importwaren sollten durch Prager Kaufleute aufgekauft ort der Kriegsparteien und dadurch vom Krieg verschont. und über die Elbe auf direktem Weg nach Prag gebracht und erst dort weitergehandelt werden. Handelsgüter von Das Gemälde von Hugo Vogel „Handel und Schiffahrt im Mittelalter“ hängt im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses. der Adria oder aus dem Orient sollten aus Prag kommend in Hamburg weiter nach Westen, Norden und Osten ver­ 1790 teilt werden. Die Importwaren aus Brügge und England, Der Grund: Einzig die Privilegien zum Schutz des Handels waren für die Stadt interessant. Die Messe Erstmals richtet Fisch aus dem Norden und die Exporte des Peterhofes aus als Handelsplatz hatte keine Bedeutung, da Hamburg sich im Verbund der Hanse bereits zur wichtigs­ die Patriotische Nowgorod sollten wiederum in Hamburg gesammelt, nach ten Hafenstadt im Reich und zum größten norddeutschen Zwischenhandelsplatz entwickelt hatte. Gesellschaft Ausstellungen aus. Prag verfrachtet und von dort weiter nach Osten und Sü­ Etwa 2.000 Schiffe liefen die Stadt um 1378 jährlich an, damals eine fast unvorstellbar hohe Zahl. den transportiert werden. Kurz: Hamburg stand eine golde­ Hamburg war zum Umschlagsort für den steigenden Außenhandel der Fürstentümer mit den großen ne Zeit des europäischen Fernhandels bevor. Nationen wie Frankreich, Großbritannien und Spanien geworden. Diese herausragende Position als europäische Hafenstadt baute Hamburg bis ins 17. Jahrhundert vor allem als wichtige Verbindung Der Handel von und nach Hamburg nach Westindien oder zu den europäischen Kolonien in Nordamerika weiter aus. 1811 Mit dem Messeprivileg verlieh der Kaiser der Stadt, ih­ ren Bewohnern und deren Hab und Gut seinen Schutz. Der Merkantilismus und seine Auswirkungen auf Handel und Messewesen Besetzung Durch das kaiserliche Privileg war eine störungsfreie Ab­ Die Hanse – der Kaufmannsbund des Mittelalters – wurde im 17. Jahrhundert durch die aufstre­ durch französische Truppen wicklung aller Handelsgeschäfte von der Elbmündung bis benden Fürstenstaaten abgelöst. Auf der Landkarte entstand ein „Flickenteppich“ aus vielen klei­ bis 1814. nach Hamburg gewährleistet. nen Reichen im Westen. Wirtschaftlich schotteten die Staaten sich gegeneinander ab. Es wurden Damit stellte Karl IV. Hamburg mit anderen Städten ausschließlich Rohstoffe importiert und Fertigwaren wie Textilien sowie Luxusgüter wie Porzellan, des Reiches wie Nürnberg, Frankfurt und Köln, die bereits Tapeten und Spielkarten exportiert. Die eigenen Manufakturen wurden durch hohe Zölle auf die weitreichende Handelsprivilegien erhalten hatten, gleich. Einfuhr auswärtiger Fertigwaren geschützt. Diese zahlreichen Länder- und Zollgrenzen erschwerten Diese neue Messe, die zu Pfingsten stattfand, stieß je­ den Binnenhandel erheblich. doch auf wenig Akzeptanz. Denn auch ohne die Investi­ Der Warenaustausch fand im 17. Jahrhundert daher nur an wenigen Orten im Reich statt. Die 1842 tionshilfe aus Prag hatte sich Hamburg aufgrund seiner Fernhändler, die sich im Binnenhandel auf Manufakturwaren spezialisiert hatten, trafen sich regel­ geographischen Lage bereits zu einem bedeutenden mäßig auf den großen Messen wie den Frühjahrs- und Herbstmessen in Leipzig. Neben bereits Hafen entwickelt. 1383, fünf Jahre nach dem Tod Kaiser etablierten Spezialveranstaltungen wie der Buchmesse in Frankfurt entwickelten sich beispielsweise Der Große Brand vernichtet einen Großteil Karls IV. im Jahr 1378, gab Hamburg daher die durch das Seiden- oder Juwelenmessen. Die Messen dieser Zeit wandelten sich damit in Handelsplätze für der Innenstadt. Privileg geschützte Messe zunächst wieder auf. Luxuswaren, wodurch die Zahl der wichtigen Messeplätze klein blieb.

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ckende französische Armee Hamburg. Im Gegensatz HAMBURG MESSE zu Messeplätzen wie Düsseldorf oder Leipzig mach­ te Hamburg nun wirtschaftlich äußerst harte Zeiten durch. Frankreich verhängte eine Kontinentalsperre ge­ gen britische Waren, die vor allem die hanseatischen 1863 Handelshäuser empfindlich traf. Die Stadt wurde zur Festung ausgebaut: Hamburger Bürger wurden zu Eröffnung des Zoolo- Schanzarbeiten zwangsverpflichtet, zahlreiche Gebäu­ gischen Gartens de der Vorstädte zur Verbesserung des Schussfeldes durch Ernst Freiherr von Merck. abgerissen. Der Sitz der Patriotischen Gesellschaft: Die Vereinigung steht bis heute für wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt der Stadt. Um die Hamburgische Wirtschaft nach der Befrei­ ung durch russische Truppen im Jahr 1814 wiederzube­ leben, veranstaltete die Patriotische Gesellschaft in den Hamburg litt unter dem Merkantilismus und der wirtschaftlichen Abschottung der Territorien. Nach folgenden Jahrzehnten erneut eine Reihe von Gewerbe­ dem Siebenjährigen Krieg, der auch den Außenhandel mit Nordamerika stark einschränkte, fiel die ausstellungen. Die Ausstellungen erbrachten zwar einen Stadt in den 1760er Jahren in eine tiefe Wirtschaftskrise, die allerdings durch das Engagement der wirtschaftlichen Erfolg, wurden aber aufgrund der äuße­ Bürger überwunden werden sollte. ren Umstände nicht wiederholt, und dem vorsichtigen Ab 1863 werden erste internationale Ausstel- Aufschwung der Hamburger Wirtschaft stand bereits die lungen und Messen in Gemeinsam statt gegeneinander – der Messegedanke lebt weiter nächste Katastrophe bevor. Hamburg abgehalten. Die bereits um 1700 aufkommenden neuen philosophischen Einflüsse in Europa führten zu einem veränderten Denken. Es bildeten sich Aufklärungsgesellschaften wie die Patriotische Gesellschaft Der Große Brand und die (Welt-)Wirtschaftskrise von 1765. Sie gründete sich als „Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der Künste und nützli­ Im Mai 1842 kam es mit dem Großen Brand zu einer der chen Gewerbe“, als Reformbewegung im Sinne der Aufklärung zur Lösung dringender sozialer, aber schlimmsten Feuerkatastrophen in einer europäischen auch wirtschaftlicher Probleme der Stadt. Und so lebte auch der Messegedanke wieder auf. Eine Stadt. Von der Deichstraße aus fraß sich der Großbrand 1869 gemeinsame Ausstellung, in der alle Gewerbe der Stadt unter einem Dach versammelt waren, sollte durch die Holzhäuser der Altstadt. Ein Viertel der gesam­ Wettbewerb und Konkurrenz – ganz im Sinne eines aufklärerischen Grundgedankens – ausschalten ten Stadt – 1.749 Häuser – brannte ab, außerdem die bei­

und vielmehr in neuer Gemeinsamkeit aller Lieferanten und Hersteller zur Steigerung der Qualität den Hauptkirchen St. Nikolai und St. Petri. Das alte Rat­ Erste internationale der handwerklichen Erzeugnisse führen. Die erste dieser Ausstellungen fand 1790 – und damit über haus an der Trostbrücke wurde aus Sicherheitsgründen Gartenbauausstellung findet im Alten Elbpark statt. 20 Jahre vor der ersten vergleichbaren Ausstellung in Düsseldorf – statt und umfasste 60 Aussteller gesprengt. 70.000 Einwohner flohen vor den Flammen, in 18 Gruppen. Gezeigt wurden Malereien, Baurisse und Handzeichnungen, 20.000 wurden obdachlos. Tischlerarbeiten und Gürtlerarbeiten. Diese Gewerbeausstellungen fanden Doch zum Glück für Hamburg fiel der einsetzende bis zur französischen Besatzung Hamburgs regelmäßig statt, danach wurden Wiederaufbau in eine Phase des wirtschaftlichen Auf­ 1765 sie eingestellt. schwungs. Wegfallende Hemmnisse im Überseehandel gründete sich ließen die Zahl der hamburgischen Schiffe und Reederei­ 1892 die Patriotische Die Zeit der französischen Besatzung en stetig steigen. Das Routennetz wurde immer dichter, Mit dem Ende des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation 1806 Hamburg avancierte erneut zum Versorgungshafen des Choleraepidemie Gesellschaft wurde Hamburg zunächst reichsfreie Stadt. 1811 besetzte die heranrü­ Reiches, insbesondere durch den Import von amerikani­ in der Stadt.

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HAMBURG MESSE schem Getreide. Die Hamburger Handelshäuser finan­ Die Industrialisierung Hamburgs – erneute Chance für das Messewesen zierten diese Geschäfte über Wechsel – ein Wertpapier, Im Gegensatz zu anderen Städten setzte die Industrialisierung in Hamburg verzögert ein, denn die das den Ausstellenden verpflichtete, dem Einlösenden Wirtschaft der Stadt war seit dem Mittelalter auf den Hafen und nicht auf den Handel über den Land­ den Wert zu erstatten. Aufgrund der guten Geschäfte weg ausgerichtet. Innovationen, die mit der Industrialisierung einhergingen – Dampfmaschine und wurden diese Wechsel jedoch nicht mehr nur zum No­ Eisenbahn –, kamen erst verspätet in Hamburg an. Während 1835 die erste Eisenbahn auf Reichs­ minalwert gehandelt, sondern mit einem immer weiter gebiet von Nürnberg nach Fürth unterwegs war, erhielt Hamburg erst 1842 die erste Strecke nach 1923 steigenden, aber letztlich nicht mehr gedeckten Kurswert Bergedorf, die fünf Jahre später nach verlängert wurde. Mit dem Anschluss an das reichsweite weiterverkauft. Eisenbahnnetz entwickelte sich Hamburg wieder zu einem Knotenpunkt. Der Handel auf dem Land­ Albert Lubisch wird Ham- burgs erster Messedirek- Mit dem Ende des Krimkrieges und einer guten weg gewann erstmals seit dem Mittelalter wieder an Bedeutung – und war ein erneuter Schritt in tor. 1933 wird er von den Weizenernte in Europa endete das Getreidegeschäft Richtung Messestadt. Nationalsozialisten abgesetzt, kommt 1949 wieder mit den USA abrupt, und der Kurswert der Wechsel fiel Begünstigt wurde dies durch den Wandel in der Gewerbestruktur der Stadt. Traditionelle Ge­ ins Amt und bleibt bis 1967. ins Bodenlose. Zehn der zwölf Hamburger Handelshäu­ werke wie Zuckersiedereien oder die Tuchfabrikation konnten mit der neuen internationalen Kon­ ser, die in das Geschäft maßgeblich verwickelt waren, kurrenz nicht mehr Schritt halten und wurden vor allem durch das metallverarbeitende Gewerbe standen plötzlich vor dem Konkurs. Mögliche Geschäfte abgelöst. Mit der Aufhebung des Zunftzwangs 1865 wurde der Grundstein für eine neue Art des konnten wegen der nun nicht mehr akzeptierten Wechsel Messewesens in der Stadt gelegt. Die bisherigen, eher in Richtung Kunstausstellung gehenden, nicht mehr abgeschlossen werden, so dass sich Waren in 1933 den Speichern der Kontore stapelten. Entlassungen und Lohnkürzungen trafen das Personal, so dass die Armut in Machtantritt der Stadt zunahm. der NSDAP.

Messen als ein Ausweg aus der Krise Von den Folgen dieser Krise konnte sich Hamburg erst in den 1860er Jahren erholen. Und dazu trug ganz wesent­ lich das neu aufkommende Ausstellungswesen bei, das 1943 entscheidende Impulse setzte. 1863 fanden zeitgleich die „Hamburger Gewerk-Ausstellung“ und die von Ernst Freiherr von Merck initiierte und von der Stadt großzügig Zerstörung weiter Teile unterstützte „Internationale Landwirtschaftliche Ausstel­ der Stadt durch alliierte Luftangriffe. lung“ statt. Die beiden Schauen waren so erfolgreich, dass sie den Startschuss für eine dauerhafte Etablierung des Ausstellungswesens in der Hansestadt markierten. Auch reichsweit befand sich das Messewesen in einer Zeit des Aufbruchs. Zahllose Ausstellungen fanden oft 1950 parallel zueinander statt: Inhaltlich hatten diese Messen wird mit der „Hotel-, allerdings keine ausgeprägten Konturen und lebten eher Gastwirts- und Kondi- torenschau“ Lubischs vom allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwung, der durch Tradition fortgesetzt. die Industrialisierung ausgelöst worden war. Die Internationale Landwirtschaftliche Ausstellung von 1863 mit 200.000 Besuchern wurde von Ernst Freiherr von Merck ins Leben gerufen.

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zwischen dem „Verein Deutscher Maschinenbau-Anstal­ HAMBURG MESSE ten“ und dem „Centralverband Deutscher Industrieller“ über die Gründung einer Ausstellungskommission, um über Messen den Austausch der Industrie untereinander zu fördern. Hieraus entstand 1907 die „Ständige Ausstel­ 1962 lungskommission für die deutsche Industrie“, der späte­ re „Ausstellungs- und Messe-Ausschuss der Deutschen Verheerende Wirtschaft“ (AUMA). Sturmflut, insbesondere Das Messewesen des Deutschen Kaiserreichs war in Wilhelmsburg. zudem auf eine starke Außenwirkung bedacht. Die jun­ Als Folge der Industrialisierung erhielt Hamburg neue Erholungsflächen, den Botanischen Garten und den ersten Zoologischen Garten. ge Nation nutzte Ausstellungen, um den wirtschaftlichen 1963 Aufschwung des Reiches nach außen zu demonstrieren. Erste Schiffbaumesse unter Diese internationale Phase endete jedoch abrupt mit dem dem Namen Ausstellung der Veranstaltungen wandelten sich in Gewerbeschauen, also in Ausstellungen, die vor allem vom auf­ Ausbruch des Ersten Weltkrieges im Juli 1914. Dieser Vereinigung der Schiffs-Inge- strebenden Metallgewerbe dominiert wurden. brachte nicht nur den Seehandel zum Erliegen, sondern nieure (VSIH), heute: SMM – the leading maritime trade fair. Diese Entwicklung vollzog sich mit zunehmender Geschwindigkeit: Gab es 1880 in der Stadt wirkte sich auch auf die vom Landhandel abhängigen 685 Gewerbebetriebe, stieg diese Zahl bis 1914 auf 6.715 Betriebe an. Messestädte wie Köln, Frankfurt oder Leipzig aus. Die internationalen Warenströme waren auch hier durch den Die Stadt verändert ihr Gesicht Krieg zerschnitten worden, so dass bis 1918 zunächst kei­ Das starke Wirtschaftswachstums wirkte sich auch auf die Bevölkerung in Hamburg aus. Alt- und ne Messen mehr im Deutschen Reich stattfanden. Neustadt verloren nach und nach ihre Einwohner, die in die aufstrebenden Vororte wie etwa Eims­ 1967 büttel zogen. Lebten 1880 noch 78.000 Menschen im Kerngebiet der Stadt, sank diese Zahl bis 1910 Messen als Mittel der Wirtschaftsförderung Hans-Joachim Hoerenz auf 29.000. Anstelle von Wohnhäusern wurden Kontore und Geschäftshäuser erbaut, auf dem Ge­ Die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg gilt bis heute als eine wird Geschäftsführer von biet der ehemaligen Stadtwälle entstanden weitreichende Park- und Erholungsflächen. Hier fanden der stürmischsten in der deutschen Geschichte: Kriegs­ Planten un Blomen Ausstel- lungspark, später leitet moderne Gartenbau- oder Gewerbeausstellungen ihre dringend benötigten Flächen. Zudem erhielt ende, Revolution, Ausrufung der Republik, Abdankung er die neugegründete HMC. Hamburg einen ersten Zoologischen und einen Botanischen Garten. Beide wurden ebenfalls in den des Kaisers und ein als ungerecht empfundener Friedens­ ehemaligen Wallanlagen angesiedelt. vertrag mit den Alliierten prägten das politische Klima der 1972 Weimarer Republik. Die Wirtschaft wurde immer wieder Messen im Kaiserreich als Ort moderner Technik und Zeichen des Fortschritts durch politische Aufstände und Generalstreiks zurückge­ Gründung der Hamburg Messe und Congress Im 19. Jahrhundert galten technische Neuerungen als sichtbares Zeichen des Fortschritts, so dass worfen. 1923 erschütterte eine Hyperinflation die Reichs­ GmbH und Einzug in das das Ausstellungswesen einen deutlichen Aufschwung erfuhr. Revolutionäre Neuerungen wie Dampf­ währung und vernichtete die Vermögen Tausender Bür­ Messehaus Jungiusstraße. maschinen, Transformatoren oder Elektromotoren konnten vorgeführt werden und übten eine starke ger. In diesen Zeiten galten Messen bei Wirtschafts- und Faszination auf das Publikum aus. Messen wurden zu Tempeln der Industriekultur. Dies schlug sich Stadtplanern als Elemente der regionalen Wirtschaftsför­ in der Zahl der Veranstaltungen nieder, von denen nur die wenigsten Messen für ein Fachpublikum derung, die auch in Krisenzeiten wirtschaftliche Impulse 1973 waren, sie sollten breite Kreise der Bevölkerung ansprechen. Doch die Großindustrie hielt wenig von für die Stadt setzen konnten. Die Folge war zunächst eine

großen Publikumsausstellungen und wollte lieber Messen, auf denen Geschäfte zwischen Anbie­ weitere Zersplitterung der Messelandschaft in Deutsch­ Eröffnung des Congress tern und Fachkunden angebahnt werden konnten. Aus diesem Grund kam es 1906 zu Gesprächen land: Immer mehr Städte versuchten, Messen zu eta­ Centrum Hamburg (CCH).

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HAMBURG MESSE blieren, auch wenn viele schließlich nicht realisiert wer­ den konnten. Andere waren sehr erfolgreich. So fanden in Berlin die ersten, heute noch existierenden Leitmessen statt: 1924 die erste „Große Deutsche Funkausstellung“ 1974/ 76 – heute IFA – und 1928 die erste „Internationale Luftfahrt­ ausstellung“ (ILA). Köhlbrandbrücke und neuer Elbtunnel Startschuss des modernen Messewesens in Hamburg werden zu zentralen Verkehrsadern der Stadt. In Hamburg organisierte ein junger Werbefachmann aus dem pulsierenden Berlin, Albert Lubisch, im März 1921 erstmals eine Fachmesse. Die „Nordwestdeutsche Frühjahrsmesse für den gesamten Bedarf von Hotel-, Josef Ertl, Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, bei einer Veranstaltung des Hotel- und Gaststättenverbandes. Restaurations-, Café- und Großküchenbetrieben“ fand 1981 in der Ernst-Merck-Halle im Botanischen Garten statt.

Paul Busse wird Ge- Diese Gastronomie-Ausstellung war ein voller Erfolg: Die rung zurück. Für die Messen bedeutete dies weniger Veranstaltungen, weniger Besucher und damit schäftsführer, zuständig für Nachfolgeveranstaltung im Herbst des Jahres umfasste weniger Einnahmen, was zu einer Marktbereinigung führte und vor allem kleinere und neue Anbieter das CCH. bereits 180 Aussteller und erstreckte sich daher auf das in die Insolvenz trieb. Politisch führte die Wirtschaftskrise zu einer Radikalisierung, so dass Parteien gesamte Gelände des Zoologischen und Botanischen wie KPD und NSDAP deutlich an Macht gewannen. Gartens. Im Gleichschritt – Messen in der Zeit des Nationalsozialismus 1985 Architektonisches Großprojekt – ein neues Messe- Unmittelbar nach der Machtergreifung 1933 versuchten die Nationalsozialisten die Wirtschaftskri­ Franz Zeithammer wird haus für Hamburg se durch starke Eingriffe in die Privatwirtschaft zu überwinden. Außen- und Binnenhandel wurden Geschäftsführer, zuständig für Hier wurde erneut deutlich, dass Hamburg weiterhin verstaatlicht. Die zentrale Lenkung der nun genehmigungspflichtigen Messen erfolgte im „Reichs­ Messen und Ausstellungen. große Hallen fehlten. Dies nahm der Senat zum Anlass, ministerium für Volksaufklärung und Propaganda“ unter Joseph Goebbels. In der Folge wandelten weitreichende Planungen für ein neues Großprojekt an­ sich Messen von frei organisierten Gewerbeschauen zu staatlich organisierten, unterhaltenden „Kul­ zuschieben. Ein Messegebäude direkt am Hauptbahnhof tur- und Lehrschauen mit wirtschaftlichem Einschlag“ – technisch fortschrittlich umgesetzt. Reichs­ sollte alle Probleme auf einen Schlag lösen. Doch das ausstellungen wie „Schaffendes Volk“ 1937 in Düsseldorf zogen sechs Millionen Besucher in die Projekt kam nicht über ein Planungsstadium hinaus. Viel­ 42 Hallen, in denen die vermeintlichen Leistungen des Nationalsozialismus für das Deutsche Reich 1996 mehr geriet die Ausführungsgesellschaft schnell in eine oder auch der Siedlungsgedanke propagandistisch dargestellt wurden. Gleichzeitig boten die „Brau­ wirtschaftliche Notlage, so dass die Stadt am Ende zwar nen Messen“ die Möglichkeit, der Bevölkerung den sich aus Dietmar Aulich folgt als Geschäftsführer das Grundstück erwarb, jedoch nicht mehr die Mittel auf­ der Autarkiepolitik ergebenden Mangel an Konsumgütern oder auf Franz Zeithammer. bringen konnte, um das Gebäude zu bauen. Auslöser war Lebensmitteln zu „erklären“. In Hamburg fand in diesem Zu­ die Weltwirtschaftskrise, die bereits 1929 ihre Schatten sammenhang 1939 die Ausstellung „Segen des Meeres“ statt. 1935 vorauswarf und 1931 ihren Höhepunkt erreichte: Wegen Ähnliche Absichten wurden mit den Reichs- und Landes­ 2001 Eröffnung der „Nieder- der starken Orientierung auf den Handel wurde Hamburg gartenschauen verfolgt. Hamburg erhielt 1935 die „Niederdeut­ Spatenstich für den Bau der deutschen Gartenschau HafenCity auf dem Gebiet besonders von der Krise getroffen. Zugleich ging der Ver­ sche Gartenschau Planten un Blomen“. Nach der Gartenschau nicht benötigter Hafenspeicher. brauch an Konsumgütern in weiten Teilen der Bevölke­ wurde Planten un Blomen um eine Eisbahn, eine Leuchtfontäne Planten un Blomen“

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sowie ein „Aufmarschgelände“ an der Jungiusstraße erweitert. Dort entstand in den Jahren darauf Jahrzehnte des Aufschwungs HAMBURG MESSE ein Barackenlager für 1.000 Zwangsarbeiter. Als am 3. Mai 1945 britische Panzer über die Elbbrücken Die Phase von 1950 bis 1973 gilt als der Wettlauf zum wirt­ rollten, begann die zweite Besatzungszeit in der Geschichte der Hansestadt. schaftlichen Glück in einer bis dahin unbekannten langen Phase. Waren, die noch in den 1920er und 1930er Jahren 2004

Besatzungszeit und Wiederaufbau – Messen als Keimzelle der Wirtschaft als Luxusgüter galten – wie etwa Zigaretten, Bohnenkaf­ Grundsteinlegung zur Durch die angloamerikanische Wirtschaftsförderungspolitik und den Marshall-Plan wurde der Grund­ fee und Kaugummi, Fernsehgeräte, Kühlschränke und Erweiterung und stein für einen erfolgreichen Wiederaufbau gelegt. Messen fielen in dieser Zeit zwei Aufgaben zu. Da Waschmaschinen, Autos und Motorroller –, wurden nun er­ Modernisierung des Messegeländes. die Mobilität der Bevölkerung eingeschränkt war, sollten sie – wie bereits im Mittelalter – ein Ort für schwingliche Güter des täglichen Bedarfs. Der Wunsch nach die Präsentation und den Kauf von Waren sein, die am Ort normalerweise nicht zu erwerben waren. mehr Konsum, Freizeit und Luxus setzte große Kaufwellen Bernd Aufderheide wird Geschäftsführer. Seit 2007 Daneben sollten Messen dringend benötigte Devisen erwirtschaften – etwa auf der Exportschau frei: Die „Fresswelle“, die „Kleidungswelle“, die „Wohnungs­ ist er Vorsitzender der 1947 in Düsseldorf oder der Exportmesse im selben Jahr in Hannover. Nach der Währungsunion welle“, die „Urlaubswelle“ und die „Motorisierungswelle“. HMC-Geschäftsführung. 1948 erfolgte der Übergang zur freien Marktwirtschaft. Die industrielle Produktion stieg bis zum Jah­ Die Messegesellschaften nahmen diese Trends auf. resende um 50 Prozent und erreichte damit 80 Prozent der Produktion von 1936. Betrug der Durch­ In Hamburg entstanden die DU UND DEINE WELT, schnittslohn im Juni 1948 noch 48 Pfennig pro Stunde, so stieg er bis Ende 1950 auf 1,38 D-Mark die hanseboot oder auch die REISEN HAMBURG. Neben – das Wirtschaftswunder in der Bundesrepublik brach an. den Verbraucherausstellungen­ entwickelten sich interna­ tionale Industriemessen, auf denen moderne und quali­ tativ hochwertige Industrieprodukte präsentiert wurden.

2005 Dienstleistungen statt Industrie – tiefgreifender Erster Spatenstich der Wandel ab den 1960er Jahren CCH-Erweiterung. In den späten 1960er Jahren traten neben den USA neue Wirtschaftsmächte, vor allem aus Asien, in Erscheinung. Die reine Industrieproduktion wanderte aus den bisheri­ gen klassischen Industrienationen in die aufstrebenden Schwellenländer ab, und zahlreiche ausländische Veran­ 2007 stalter drängten auf den westdeutschen (Messe-)Markt. Konsumgüter verkauften sich nicht mehr wie von selbst, sondern blieben teilweise in den Regalen liegen. Dr. Ulla Kopp wird Geschäftsführerin. Die Messegesellschaften reagierten mit neuen Kon­ zepten. Veranstaltungen wie die erste Computermesse CeBIT 1970 in Hannover entstanden. Zeitgleich erhielten zahlreiche Messegelände umfassende Neubauten – etwa Düsseldorf und Nürnberg. Hamburg setzte hingegen mit 2008 dem Bau des CCH neue Maßstäbe: Nun konnten Messen nicht nur in neuen Hallen durchgeführt werden, sondern

durch zeitgleich stattfindende Kongresse im damals mo­ Fertigstellung der Neuen Die Messe REISEN HAMBURG (ehemals Reise, Sport und Wochenend) traf den Zeitgeist der Wiederaufbaujahre. dernsten Kongresszentrum Europas ergänzt werden. Messe Hamburg.

24 25 EINLEITUNG

HAMBURG MESSE Neben dem CCH investierte Hamburg wegweisend in seine Verkehrsinfrastruktur: Abgesehen vom neuen Elb­ tunnel und der Köhlbrandbrücke konnte ab 1976 über den Elbe-Seiten-Kanal die Anbindung an das 1945 verlo­ 2008 rengegangene Hinterland endlich geschlossen werden. In den frühen 1980er Jahren durchlebte das deutsche Messewesen eine Talsohle. Deutsche Messegesellschaf­ organisiert die HMC auf der EXPO in Saragossa ten reagierten, indem sie sich verstärkt im Ausland enga­ den deutschen Pavillon. gierten. Und so begann ab 1985 erneut eine zehnjährige starke Wachstumsphase. Gleichzeitig sorgte der Wettbe­ werb der Messegesellschaften untereinander für eine 2010 weitreichende Differenzierung des Angebots. Konkurren­ Auf der IVA 1979 wurde der Transrapid auf einer einen Kilometer langen Teststrecke präsentiert. ten waren nahezu ebenbürtig, so dass sich keiner der gro­

wird das „Hamburg House“ ßen Standorte als allgemeiner Marktführer positionieren auf der EXPO in Shanghai konnte. In der Gesamtheit blieb Deutschland weltweit Hanse oder als Zentrum des Schiffbaus vom späten 19. bis ins 20. Jahrhundert hinein betrachtet. von der HMC organisiert. aber das Messeland Nummer eins. Neu war mit Beginn des 21. Jahrhunderts die Bildung umfangreicher Wirtschaftscluster in den Be­ reichen maritime Industrie, Fernhandel und Logistik, Luftfahrt, Media, IT und Design, Medizin und 2011 Von der Wiedervereinigung zu erfolgreichen Life Sciences sowie erneuerbare Energien. Hier spielt die Hamburg Messe und Congress GmbH Hamburg wird Europas Wirtschaftsclustern als unterstützende und auch als treibende Kraft eine herausragende Rolle. Kongresse, eigene Umwelthauptstadt. Mit dem Fall der Mauer im Jahr 1989 und der folgenden HMC-Messen, aber besonders auch zahlreiche Gastveranstaltungen der genannten Branchen ma­ Wiedervereinigung Deutschlands begann für die Ham­ chen Hamburg zu einem bedeutenden internationalen Ort des Informationsaustausches. Die soge­ burg Messe und die Stadt gleichermaßen eine neue Zeit nannten Gastveranstaltungen sind Messen, die von externen Veranstaltern auf dem Gelände der der wirtschaftlichen Prosperität. Die plötzliche Nachfrage Hamburg Messe durchgeführt werden – manche einmalig, andere wiederkehrend, viele aber auch 2012 an Konsum- und Investitionsgütern in den neuen Bun­ regelmäßig über viele Jahre hinweg. Und so hat sich der Bereich Gastveranstaltungen mit jährlich desländern ließ die Produktionsraten anschwellen, und bis zu 40 Messen zu einer wichtigen und ertragreichen Säule im Angebot der Hamburg Messe und Verleihung des Gold Hamburg erlangte seine alte Funktion als Drehscheibe Congress GmbH entwickelt. Award auf der EXPO in Yeosu für die beste Um- des Ost-West-Handels wieder. Vor allem die Messen Die professionelle Durchführung, die modernen Hallen und der attraktive Standort Hamburg setzung des Messethemas zeigten sich als idealer Ort der Integration west- und haben zu einer stetig steigenden Nachfrage geführt. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch die ein­ im deutschen Pavillon, ostdeutscher Anbieter. Dabei erwies sich das Konzept malige Lage von CCH und Hamburg Messe im Herzen der Stadt. Während an anderen Standorten der erneut von der HMC betreut wurde. der Universalmesse zunehmend nicht mehr als zeit­ in Deutschland neue und große Messegelände weit außerhalb der gemäß. Vielmehr fand eine weitere Differenzierung in Innenstädte entstanden, entschloss man sich in der Hansestadt Spezialmessen statt. Mit dem Entwicklungskonzept Anfang der 2000er Jahre zur Erweiterung des innerstädtischen „Wachsende Stadt“ machte Hamburg den Schritt von der Geländes auf rund 87.000 Quadratmeter Hallenfläche. Hamburg 87.000 2014 klassischen, internationalen Handelsachse hin zu einer nimmt damit flächenmäßig einen Platz im Mittelfeld der größeren Quadratmeter „Economic Development Region“. Historisch betrachtet deutschen Messestädte ein, punktet aber weiterhin mit einer ho­ Hallenfläche bietet Die erste WindEnergy war dieser Wandel für Hamburg nichts Neues, wenn man hen Attraktivität bei internationalen Veranstaltern, Ausstellern und Hamburg findet statt. die herausragende Stellung der Stadt als Brauhaus der Besuchern. die Neue Messe

26 27 28 Wirtschaftsmotor derHansestadt. Hamburg MesseundCongressGmbHalswichtiger wie PlantenunBlomen,präsentiertsich die Mitten imZentrum, umgebenvon Parklandschaften Auf einenBlick EINLEITUNG 30 Kongresse, Symposien, Konzerte, Workshops, Meetings, Sehenswürdigkeiten lassensich von hierausbequem zu liegen nebeneinanderimHerzen derCity. DerHafen, die einem Kilometerstehenallein30 Hotelszur Verfügung. Zentraler als in jeder anderen Großstadt: DieHamburg Zentraler alsinjederanderenGroßstadt: Alster, dasRathaus, dieReeperbahn undvieleandere Besucher noch einmal7,60 EurofürDienst- Die HamburgMesseundCongresshatvielRaum für Pro EuroUmsatzderHamburgMesseund Umsatzplus von MillionenEuro biszu700 Einzelhandel aus.Dasergibteinjährliches die Zukunft: Jährlich begeisternrund Messen, 300 Messe unddasCCH–CongressCenterHamburg Feiern undsonstige Veranstaltungen in11 Hallen macht sichert dasUnternehmenindirekt4.093 und 23SälenmehralseineMillionBesucher. Die HamburgMesseisteinechter Jobmotor. Congress GmbHgeben Aussteller und Mit seiner Anziehungskraft und Wirtschafts- Fuß erreichen. IneinemUmkreisvon nur leistungen, Übernachtungen oderim

TOPvon Aktionärsversammlungen inDeutschland. Jahrzehnten zuden Top-3-Austragungsorten das CCH–CongressCenterHamburgseit börsennotierter UnternehmenproJahr gehört Mit durchschnittlich3 8Hauptversammlungen weitere Arbeitsplätze anderElbe. für Hamburgs Wirtschaft durch insgesamt 25Sprachen. derHMCsprechenDie Mitarbeiter Hote 4. 09 die GästederHMC. 3 ls +700 Mio. 29 Die Messe als Motor des Wirtschaftslebens

Von der Pfingstmesse im Mittelalter zu internationalen Ausstellungen mit Hightech-Produkten. Wie die Messen sich veränderten – und mit ihnen das Bild der Stadt.

1988 wurden die neuen Messe- hallen an der Jungiusstraße (später St. Petersburger Straße) eröffnet. ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN

Mit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich Hamburg zu einem bedeutenden Messeplatz in Deutsch- land und der Welt entwickelt. Neben Ausstellungen und zahlreichen regionalen und nationalen Mes- sen sind Leitmessen aus den Bereichen Luftfahrt, Medien, Schifffahrt, Gastronomie, Kreuzschifffahrt oder erneuerbare Energien regelmäßig internationaler Treffpunkt der Branchen-Experten. Am Anfang aber steht ein mit dem goldenen Majestätssiegel versehener Freibrief. Mit den Schriftstücken in deutscher und lateinischer Sprache verlieh Kaiser Karl IV. im Jahr 1365 der Stadt Hamburg das Recht, Handelsmessen von längerer Dauer zu veranstalten: vierzehn Tage vor Pfings- ten und eine Woche danach. Alle Freiheiten, die den Städten des Reichs für derlei Messen zugestan- den wurden, sollten fortan auch in Hamburg gelten.

Bier und Hering – Warenmessen im Mittelalter Die von Kaiser Karl IV. ins Leben gerufene Messe des Mittelalters war aus heutiger Sicht eine Ver- Auf Wochenmärkten wie dem Hopfenmarkt wurden Dinge des täglichen Bedarfs angeboten, 1830. anstaltung für das Fachpublikum – Händler und Handwerker. Denn hier konnten sie die Rohstoffe kaufen, die es in der Stadt nicht gab, die sie aber zur Herstellung ihrer Waren brauchten. Auch Lu- xuswaren wie edle Gewürze, Wein, Öle, Schmuck und Stoffe wurden angeboten. Die Stadt stieg zu einem europäischen Handelszentrum auf. Der Hamburger Hafen entwickelte sich zum wichtigen Von Fach- und Umschlagplatz für Getreide und Holz, für Heringe, Schmalz und Leinwand sowie Metalle wie Zinn, Kupfer und Blei. Elbaufwärts wurden vor allem Tuche aus Brügge oder Hering aus Norwegen ver- schifft. All diese Waren konnten auf der Messe getauscht und gehandelt werden. Publikumsmessen Obwohl Hamburg vom kaiserlichen Schutz des Handels durch das Messeprivileg stark profi- Aus Jahrmärkten und Gewerbeausstellungen entwickelten sich innovative tierte, hob der Rat der Stadt die Pfingstmesse 1383 auf. Man war der Meinung, der Handel könne Leitmessen. Sie sind ein bedeutender Wirtschaftsfaktor für Hamburg. auch auf den übrigen Jahrmärkten der Stadt abgehalten werden, so dass die günstigen Bestim- mungen wie der Schutz des Handels auf die schon bestehenden Jahrmärkte übertragen wurden. So blieb es jahrhundertelang. Erst als sich diese Märkte vom reinen Handelsort zu Schauplätzen Das Messewesen war und ist, wie die Weltwirtschaft, rasanten Veränderungen unterworfen. Ent- wandelten, an denen neuartige Produkte präsentiert wurden, entstanden auch in Hamburg ganz wicklungsgeschichtliche Meilensteine wie die Industrialisierung, der Siegeszug von Eisenbahn und neue Ausstellungen. Flugzeug oder zuletzt des Internets haben das Leben der Menschen und ihr Handeln über die Jahr- hunderte immer wieder grundlegend verändert. Aus den Verkaufsmessen des Mittelalters entwickel- Von künstlerischen Einzelstücken zum Warenmuster ten sich Kunst- und Mustermessen bis hin zu den ersten vielbestaunten Industrieschauen. Aus den Auf dem Höhepunkt der Aufklärung gründete sich in Hamburg die „Patriotische einstigen Jahrmärkten wurden riesige Verbraucherausstellungen mit Hunderttausenden Besuchern, Gesellschaft von 1765“ als „Hamburgische Gesellschaft zur Beförderung der die zum Beispiel nach dem Zweiten Weltkrieg die Sehnsucht der Menschen nach Zerstreuung und Künste und nützlichen Gewerbe“. „Patriot“ war damals eine gängige Bezeich- Konsum stillten. Das Neue zu entdecken, anzufassen, auszuprobieren macht bis heute den Reiz der nung für Männer, die sich uneigennützig für das Gemeinwesen und Publikumsmessen aus, auch wenn das Angebot im Gegensatz zu früheren Zeiten vielfach stark mit die Verbesserung der Lebensverhältnisse in der Stadt einsetzten. den großen Einkaufszentren und dem Internet konkurriert. Mit innovativen Konzepten glänzen die In der Patriotischen Gesellschaft kamen erstmals Angehörige aller großen Industrieschauen, die von regionalen und nationalen Leistungsschauen zu internationalen Stände und Berufe sowie aller Konfessionen der Stadt zum Dialog Hightech-Messen herangewachsen sind und Branchengrößen, kleine einfallsreiche Unternehmen zusammen und stießen dort wichtige Debatten zur Reform des Der Bienenkorb ist bis heute das Symbol der sowie die Zulieferbetriebe aus aller Welt an den Messeplätzen zusammenführen. Gemeinwesens an. Patriotischen Gesellschaft.

32 33 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN

Im Jahr 1790, mehr als 400 Jahre nach der Verleihung des Messeprivilegs, 1790 startete die Patriotische Gesellschaft in Hamburg nach englischem Vorbild eine Reihe von Ausstellungen im Großen Saal des damaligen Ratskellers. Hier soll- Kunst- und ten nicht nur Hersteller mit potenziellen Käufern zusammengeführt werden, Gewerbe- sondern im Sinne der Aufklärung der individuelle Konkurrenzgedanke umgan- ausstellungen gen werden – der gemeinsame Auftritt der Anbieter hatte das Gemeinwohl der Stadt und nicht das Wohl des einzelnen Herstellers zum Ziel. Die „Hamburger entstehen Gewerk-Ausstellung“ sollte daher eine Plattform sein, die einen Austausch zwischen den einzelnen Gewerken und den jeweiligen Herstellern ermöglich- te. Das Interesse hielt sich jedoch bei den Handwerkern in Grenzen, da diese für die Exponate in Vorleistung gehen mussten. So überwogen auf den ersten Ausstellungen eher künstlerische Berufe wie Maler, Zeichner und Architekten, die es gewohnt waren, das Risiko einer Vorleistung einzuge- hen. Folglich entstand ein Überhang an künstlerischen Exponaten, der 1817 schließlich zur Gründung des Hamburger Kunstvereins führte. Hamburg war in dieser Frühphase seines eher künstlerischen Auf der Internationalen Landwirtschaftlichen Ausstellung wurden 1863 anstatt von Zelten erstmals feste Bauten errichtet. Ausstellungswesens trotz aller Hürden Vorreiter und damit Ausgangspunkt für das bürgerliche und gewerbliche Ausstellungswesen in ganz Deutschland geworden. Von der Kunst- zur Gewerbeausstellung Von Künstlern, Handwerkern und unterschiedlichen Interessen Erst 25 Jahre nach der letzten Gewerbeausstellung Hamburger Kunst- und Industriearbeiten fand Mit dem beginnenden 19. Jahrhundert veränderte sich der Charakter der Messen. Auf den Gewer- 1863 wieder eine wegweisende Ausstellung in Hamburg statt: die „Internationale Landwirtschaftli- beausstellungen wurden zunehmend reproduzierbare Muster statt kunstvoll gefertigter Einzelstücke che Ausstellung“ auf dem Heiligengeistfeld. Diese wurde vom Hamburger Kaufmann Ernst Freiherr präsentiert – zum Beispiel einfache Tische statt Oberflächen mit filigranen Intarsienarbeiten. Oder von Merck, dessen Handelshaus sich im Tuch- und Getreidehandel sowie als Bankhaus einen Namen grob zusammengezimmerte Schränke statt aufwendig ziselierter Sekretäre. Mit dieser Entwicklung gemacht hatte, initiiert und vom Senat finanziell unterstützt. Auch das Ausstellungsgelände wurde von der Waren- zur Mustermesse traten auch immer mehr Fabrikanten und Verleger – Händler, die von der Stadt Hamburg zur Verfügung gestellt. Die zehntägige Veranstaltung war mit etwa 200.000 mit Rohstoffen und Fertigwaren gleichermaßen handelten – als Aussteller neben den immer noch Besuchern und Ausstellern aus insgesamt 14 Ländern äußerst erfolgreich. Der Schriftsteller Theodor zahlreich vertretenen Kunsthandwerkern wie Eisengießern und Goldschmieden auf. Fontane, der für die „Neue Preußische Zeitung“ berichtete, lobte die große Vielfalt an Exponaten, Als neuer Ausstellungsort diente nun der Konzertsaal des damaligen Stadt-Theaters, auf des- die Tierschauen und die Vorführung dampfbetriebener Traktoren, mit denen man Probefahrten auf sen Gelände nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg das Gebäude der Hamburger Staatsoper dem Gelände unternehmen konnte. Auch bei den Bauten, die der junge Hamburger Architekt Martin errichtet wurde. Die drei Gewerbeausstellungen Hamburger Kunst- und Industriearbeiten 1832, 1834 Haller eigens für die Ausstellung entworfen hatte, sparte Fontane nicht mit Lob und beschrieb sie und 1838 verliefen insgesamt sehr erfolgreich und konnten aufgrund des großen Interesses bei den als „einfach, praktisch und geschmackvoll“. Die ganze Ausstellung sei ein „großartiger Markt“. Als Hamburgern allesamt einen stattlichen Überschuss ausweisen. Nach diesen Erfolgen gab es Ende erste internationale Ausstellung in Hamburg und als erste ihrer Art in Deutschland brachte sie zudem der 1830er Jahre erste Pläne, eine gewerbliche Dauerausstellung zu gründen. Doch alle Vorschläge einen erheblichen Überschuss von rund 80.000 Kurantmark ein. Das Geld wurde einige Jahre später dazu wurden von der Patriotischen Gesellschaft zurückgewiesen, da sie eine Konkurrenz für die von vom damaligen Bürgermeister Gustav Heinrich Kirchenpauer in einen Fonds zur Finanzierung eines ihr geplanten einzelnen Ausstellungen befürchtete und auch das finanzielle Risiko einer Daueraus- Ausstellungsgebäudes eingezahlt, der späteren Moorweidenhalle. stellung nicht tragen wollte. Zudem verhinderte der Hamburger Brand von 1842, der weite Teile der Altstadt zerstörte, eine neue Ausstellung. Dazu kamen noch Streitigkeiten über die Organisation. Zwei erfolgreiche parallele Ausstellungen in einer Stadt In der Folge verlor die Patriotische Gesellschaft immer mehr die Rolle als alleiniger Organisator und In der Hoffnung, dass der internationale Erfolg der Landwirtschaftsmesse auf die lokale „Hamburger Veranstalter der gewerblichen Ausstellungen. Gewerk-Ausstellung“ abfärben würde, wurde diese 1863 in deren direkte Nachbarschaft verlegt: in

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die großen Industrien wie Schiffbau und Zigarrenmacher auf. So wurde diese Ausstellung mit etwa 80.000 Besuchern und der doppelten Anzahl an Ausstellern gegenüber 1869 die bis dahin größte Industrieausstellung in Hamburg und dauerte mit fast sechs Wochen länger als alle Ausstellungen zuvor. Die hohe Zahl an Besuchern führte zu einem Überschuss von 26.522 Mark bei lediglich 16.946 Mark Kosten und brachte dem Gewerbeverein als Initiator dieses Erfolges etliche neue Mitglieder ein.

Die Suche nach einem Standort Während der Planung der Hamburgischen Industrie- und Gewerbe-Ausstellung von 1889 offenbarte sich schließlich ein zentrales Problem der Stadt Hamburg: das Fehlen eines eigenen Messegeländes. Als mögliche Orte kamen die Wallanlagen, das Heiligengeistfeld, die Moorweide und der Stern- schanzenpark in Betracht. Schließlich entschieden sich die Veranstalter für das 140.000 Quadrat- Die Internationale Gartenbauausstellung fand 1869 auf dem Gelände des Alten Elbparks statt, da ein eigenes Messegelände fehlte. meter große Gelände der ehemaligen Wallanlagen zwischen Holstenwall und Glacischaussee, das inzwischen in eine Parkanlage umgebaut worden war. Das dort neu errichtete Hauptgebäude besaß bereits eine Ausstellungsfläche von 8.000 Quadratmetern. Die zahlreichen Nebengebäude wurden die 2.000 Quadratmeter große Exercierhalle am Holstentor. Dort dauerte sie 17 Tage und präsentierte mit beflaggten Türmchen versehen, die Massivbauten vortäuschen sollten. Für die auf etwa 22.000 doppelt so viele Exponate wie in früheren Jahren, deren Wert sich im Vergleich sogar verdreifacht Quadratmetern stattfindende Ausstellung wurde in bis dahin nicht gekannten Dimensionen die Wer- hatte. Mit einem Drittel stellte die Möbelindustrie, die in Hamburg damals stark vertreten war, die betrommel gerührt. Von Skandinavien bis Österreich-Ungarn wurden Plakate aufgehängt, Zeitungs- größte Ausstellergruppe. Neu war auch, dass die Aussteller in den zuständigen Gremien über den beilagen erstellt und weit über die Grenzen der Stadt verteilt. Von der Ausstellungs- Ablauf der Ausstellung und die Zulassung der Exponate mitentscheiden durften sowie am Gewinn be- zeitung, die während der Ausstellung erschien, wurden täglich zwischen 5.000 teiligt waren. Die Rechnung der Veranstalter ging auf, die Besucher bescherten den Ausstellern einen wund 7.000 Exemplare verkauft. Logo der ordentlichen Gewinn, so dass die 11. Hamburger Gewerk-Ausstellung die bis dahin erfolgreichste war. Darüber hinaus gab es ein vielschichtiges Rahmenprogramm, das Garten- bauaus- von Mai bis Oktober insgesamt zwei Millionen Besucher anlockte. Neben stellung Das industrielle Zeitalter ergreift auch das Messewesen aufwendigen Illuminationen und einem abwechs- Die Umbenennung der bisherigen Hamburger Gewerk-Ausstellung 1869 in Hamburgische Industrie- lungsreichen gastronomischen Angebot konnten und Gewerbe-Ausstellung markiert die Zeitenwende: Erstmals wurde eine Ausstellung federführend die Gäste an Verlosungen teilnehmen, mit einer vom zwei Jahre zuvor gegründeten Hamburger Gewerbeverein organisiert und nicht mehr von der Bergbahn fahren oder ein Konzert besuchen, Patriotischen Gesellschaft. Neu war auch die Umsiedlung in die Börsenarkaden, die heute noch von sogar an einen Bootsverleih hatte man gedacht. der Hamburger Handelskammer als Veranstaltungsort genutzt werden. Wie schon 1863 bildete die Trotz ihrer Größe war auch diese Ausstellung ein Möbelindustrie die größte Ausstellergruppe, wobei Mechaniker, Maschinenbauer und auch Schlos- voller Erfolg und konnte mit einem Überschuss ser ebenfalls stark vertreten waren und so die Entwicklung der Ausstellung von einer halben Million Mark abgeschlossen zu einer Industrieausstellung vorantrieben. Künstler waren so gut wie nicht werden. Das extra für die Ausstellung aufwendig mehr beteiligt, ihre Arbeiten zeigten sie fortan in der ebenfalls 1869 eröffneten gestaltete Gelände wurde für die „Allgemeine 1869 Kunsthalle. Gartenbauausstellung“ von 1897 genutzt und Erste Ausstellung Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 und der danach ein- musste daher nicht zurückgebaut werden. Al- setzenden wirtschaftlichen Stagnation sollte die Hamburgische Industrie- lerdings ist heute wegen der Zerstörungen im des Hamburger und Gewerbe-Ausstellung von 1889 ganz gezielt die Industrie der Stadt anspre- Zweiten Weltkrieg von der damaligen Gestaltung Die Allgemeine Gartenbauausstellung fand 1897 in den ehemaligen Gewerbevereins chen. Neben den traditionellen handwerklichen Gewerken traten nun erstmals nichts mehr zu sehen. Wallanlagen statt.

36 37 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN

Mit der Messen als erfolgreicher Wirtschaftsfaktor Versammlung der Naturfor- Anfang des 20. Jahrhunderts geriet der auf dem Gebiet von Plan- scher förderte Lubisch auch ten un Blomen gelegene Zoologische Garten von 1863 in wirt- das Kongress- schaftliche Schwierigkeiten. Grund war der attraktive Tierpark von wesen. Carl Hagenbeck in Stellingen, der die Besuchermassen anlockte. Da sich mit Ausstellungen in Hamburg Gewinne generieren lie- ßen, erweiterte der Zoo zu Beginn der 1920er Jahre sein Angebot kultureller Veranstaltungen um Messen. Bereits die erste war der Auftakt einer bis heute anhalten- den Erfolgsgeschichte: Der aus Berlin stammende Redakteur der „Deutschen Gastwirtszeitung“ Albert Lubisch organisierte 1921 in der Ernst-Merck-Halle des Zoologischen Gartens die „Nordwest- deutsche Frühjahrsmesse für den gesamten Bedarf von Hotel-, Restaurations-, Café- und Großkü- chenbetrieben“. Sie zeigte technische und kulinarische Innovationen und traf genau den Zeitgeist der von wirtschaftlichen und politischen Krisen geschüttelten Weimarer Republik. Die Resonanz war Der „Beauftragte für den Vierjahresplan“, Hermann Göring, besuchte 1939 die Ausstellung „Segen des Meeres“. so stark, dass bereits für den Herbst desselben Jahres eine Folgeveranstaltung geplant wurde. Zu der meldeten sich so viele Aussteller an, dass Teile der Ausstellung in Pavillons im Zoologischen Garten oder in umliegende Restaurants ausgelagert werden mussten. Die heutige INTERNORGA ist ein direkter Nachfolger dieser von Lubisch erfundenen Gastro-Messe. Lubisch wurde 1923 Direktor der neugegründeten „Zoo-Ausstellungs-Hallen AG“ und damit erster Messedirektor der Hansestadt. Das neue Ziel lautete nun, den gesamten Etat der Stadt durch regelmäßige, gutfrequentierte Mes- sen und die damit verbundenen Einnahmen finanziell zu sanieren. Doch es fehlten geeignete Hallen, Der „Gründer der Hamburg Messe“: Albert Lubisch die Pläne für den Bau eines Messehauses am Hauptbahnhof scheiterten. Gleichwohl konnte mit der Hamburger Textil-Mustermesse oder der Kolonialwaren- und Lebensmittelausstellung ein regelmäßi- Ein ehemaliger Redakteur wurde der erste Messedirektor der Hansestadt. ger Messebetrieb in der Ernst-Merck-Halle im Zoologischen Garten aufrechterhalten werden. Im pulsierenden Berlin der 1920er Jahre organisierte der 1898 in Nürnberg geborene Werbefachmann Albert Lubisch eine Gastwirts- messe. Der Erfolg war so groß, dass er sie 1921 in Hamburg mit der noch umfassenderen „Nordwestdeutschen Frühjahrsmesse für Messewesen im Gleichschritt – die NS-Zeit den gesamten Bedarf von Hotel-, Restaurations-, Café- und Großküchenbetrieben“ wiederholte. Dabei erhielt Lubisch (stehend, 2. v. r.) Unterstützung aus der Hamburger Wirtschaft und Politik. Zwei Jahre später wurde Lubisch Direktor der neugegründeten „Zoo-Aus- Die Verstaatlichung der deutschen Wirtschaft nach 1933 führte für das Messe- und Ausstellungswe- stellungs-Hallen AG“ und damit der erste Messedirektor sen zu einer direkten Kontrolle durch den „Werberat der deutschen Wirtschaft“, eine Institution des der Hansestadt. 1933 wurde er von den Nationalsozialisten abgesetzt. Nach dem Krieg arbeitete der ehemalige Re- „Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda“. Damit änderte sich auch die inhaltliche dakteur einer Gastwirtszeitung zunächst als erster Verlags- Ausrichtung der Messen. Sie wandelten sich von frei organisierten Gewerbeschauen zu staatlich or- leiter der Zeitung „Die Welt“, ehe er im Januar 1949 erneut ganisierten, unterhaltenden „Kultur- und Lehrschauen mit wirtschaftlichem Einschlag“ – eingebettet zum Direktor der Messe berufen wurde, die nun „Ausstel- lungspark der Freien und Hansestadt Hamburg“ hieß. 1950 in die NS-Propaganda und fortschrittlich umgesetzt. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung der modernen griff Lubisch die Tradition der 1920er Jahre mit der „Gastwirts-, Medien Film und Rundfunk, wie etwa bei der „Hamburger Funkausstellung“ 1934: Ausschließlich Hotel- und Konditorenschau“ in Planten un Blomen erneut auf. Als das deutsche Messewesen in den Wirtschaftswunder- „arische“ Firmen präsentierten technische Neuerungen nicht nur für das Fachpublikum, sondern jahren einen rasanten Aufschwung erlebte, sorgte Lubisch für auch für breite Schichten der Bevölkerung. den zügigen Ausbau des Hamburger Messegeländes an der Die Ausstellung „Segen des Meeres” 1939 war eingebettet in die NS-Propaganda der „Autar- Jungiusstraße. In dieser Zeit entstanden innovative Messen wie die hanseboot, DU UND DEINE WELT oder die spätere kiepolitik“, die das Deutsche Reich unabhängig von Importen aus dem Ausland machen sollte. Sie fand SMM. 1967 schied Lubisch aus der Leitung der Messe aus. ihren Niederschlag unter anderem in einer „Reichsschau“, die in verschiedenen Städten, darunter Ham- burg, gezeigt wurde. Themen waren neben der Hochsee- und Küstenfischerei die Fischverarbeitung

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Trotz der Zerstörungen durch die Bombardierung der Stadt konnten schon von 1950 an wieder Ausstellun- gen und Veranstaltungen in Planten un Blomen eta- bliert werden. Zahlreiche Ausstellungen, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg stattfanden, kehrten zurück. Als die 1921 von Albert Lubisch ins Leben gerufene Gastronomie-Ausstellung nach mehr als zehnjähriger Pause 1950 ihre Pforten als „Gast- wirts-, Hotel- und Konditorenschau“ öffnete, präsen- tierten sich auf 15.000 Quadratmetern Ausstellungs- fläche 250 Aussteller, die zum Teil in provisorischen Ausstellungshallen wie dem Sommerrestaurant des Botanischen Gartens oder in Tütjens Restaurant im Va- lentinskamp untergebracht werden mussten. Neue Formate trafen genau den Geschmack Bundespräsident Theodor Heuss (Mitte, mit Hut und Zigarre) eröffnete die IGA 1953. des Publikums. Nach Krieg und Hungerjahren herrschte in der Bevölkerung ein großes Verlangen nach Konsum- und Investitionsgütern: Vom eigenen und der Walfang, der zu diesem Zeitpunkt großzügig gefördert wurde. Die Ausstellung „Wehr und Auto bis zur Technik im Haushalt oder gar einem Sieg“ zeigte 1941 Waffen und Kriegstrophäen. In der Schau „Das Sowjet-Paradies“ wurden 1942 ka- eigenen Fernseher. 1950 fand erstmals die Sonder- tastrophale Lebensbedingungen in der UdSSR suggeriert. Durch diesen inhaltlichen Wandel des Aus- ausstellung „Schau für die Frau“ im Rahmen der stellungswesens wurde der Fokus weg vom Fachbesucher auf breite Teile der Bevölkerung gerichtet. „Lebensmittel-Fachausstellung“ (LEFA) statt, die vor

allem die neuen Möglichkeiten der Technisierung des Die von der „Lebensmittel-Fachausstellung“ aus- Neustart in Zeiten des Wiederaufbaus Haushaltes darstellte. Aus ihr entwickelte sich fünf gegliederte „Schau für die Frau“ war der Vorläufer der Verbrauchermesse DU UND DEINE WELT. Nach der deutschen Kapitulation im Mai 1945 wurde das gesamte Ausmaß der Kriegsschäden auch Jahre später eine der bekanntesten Hamburger Mes- in Hamburg erst nach und nach deutlich. Der Wiederaufbau konzentrierte sich in der Stadt zunächst sen, die „Du und Deine Welt. Ausstellung für die Frau“. Die Ausrichtung der Messe wandelte sich auf den Bau von Wohnungen und den Hafen, um die Versorgung der durch die neuen Bereiche Lebensberatung und Familieninformation von der reinen Hausarbeit hin Bevölkerung sicherzustellen. Die Veranstaltung von Messen hatte kei- zur gesamten Familie. Treibende Kraft war dabei die 1949 wiedergegründete Arbeitsgemeinschaft ne Priorität. Dennoch begannen 1949 bereits Planungen für eine große Hamburger Frauenorganisationen. Mit ihrem immer größer werdenden Sortiment an Dingen des Internationale Gartenbauausstellung (IGA) im Jahr 1953. Während Teile täglichen Bedarfs, wurde die DU UND DEINE WELT (DDW), wie sie schließlich hieß, über Jahrzehn- der Öffentlichkeit diese eher als wirtschaftlich unnötiges Prestigeprojekt te zu einer erfolgreichen Verkaufsmesse. Mit dem Entstehen der großen Einkaufszentren und dem brandmarkten, konnten sich die Befürworter durchsetzen. Ihr zentrales Boom des Internets ließ das Aussteller- und Besucherinteresse an der Messe jedoch nach. Im Jahr Argument war der internationale Charakter der Ausstellung: Nach den 2014 wurde der einstige Publikumsmagnet zum letzten Mal durchgeführt. Aber auch Ausstellungen,

Mit der IGA Jahren der NS-Terrorherrschaft würde eine internationale Ausstellung die sich vornehmlich an ein Fachpublikum richteten, wurden in den Jahren des Wirtschaftswunders 1953 kehrte die Messe auf den Willen der Deutschen zum politisch-moralischen Neuanfang de- zu Publikumsmagneten – von der Landesschau des Hamburger Verbandes der Kaninchenzüchter die interna- monstrieren. Die Realisierung der IGA lag jedoch wie bereits 1935 in über die Bundes-Mastvieh-Ausstellung bis zur Bäckerei-Fachausstellung „Unser Brot“. Sie alle sorg- tio­nale Bühne zurück. den Händen von Karl Plomin – ein für diese Zeit typischer Neuanfang. ten regelmäßig für volle Hallen.

40 41 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN

Die Ausdifferenzierung des Messewesens drei Hallen auf dem Messegelände stattfand. Aufgrund 1960er In den beginnenden 1960er Jahren erlebte das Messewesen dann einen regel- des Erfolges beschloss der VSIH, die Schau nunmehr alle rechten Boom. Neben Fach- und Publikumsmessen entstanden auch Misch- zwei Jahre stattfinden zu lassen und die Hamburger Mes- Jahre: Start in formen, die sich an Fachbesucher sowie Interessierte gleichermaßen richteten segesellschaft – damals noch „Ausstellungspark Planten eine neue Ära – etwa die 1973 etablierte „Reise, Sport und Wochenend“, die heutige REISEN un Blomen“ unter der Leitung von Albert Lubisch – als HAMBURG. Parallel dazu wurde die Infrastruktur auf dem Messegelände des Partner zu gewinnen. Um den internationalen Charak- Botanischen Gartens mit den Jahren immer weiter ausgebaut und umfasste ter des Themas herauszustreichen, firmierte die rasch schließlich neben Messebüro und Restaurant ein Postamt, einen Leseraum, ein Reisebüro sowie wachsende Weltleitmesse der maritimen Branche 1974 eine Theaterkasse. Das Messegelände wurde Schritt für Schritt erweitert, da die Anforderungen der erstmals unter dem Namen „Schiff, Maschine, Mee- einzelnen Messen immer mehr zunahmen. restechnik International“, wurde dann zur „SMM – ship- Viele Veranstaltungen, die in dieser Zeit entstanden, entwickelten sich in den folgenden Jahr- building, machinery and marine technology“ und ab 2014 zehnten zu wahren Erfolgsmessen: 1963 fand in der Halle B in Planten un Blomen erstmals die Aus- zur „SMM, the leading international maritime trade fair stellung der „Vereinigung der Schiffs-Ingenieure zu Hamburg“ (VSIH) statt. 35 deutsche Aussteller hamburg“. Bereits 1982 wurde die Marke von 30.000 präsentierten Neuerungen rund um den Schiffbau. Diese Ausstellung traf den Nerv ihrer Zeit, so dass Fachbesuchern überschritten, die sich bei 500 Ausstellern sie beim zweiten Mal 1966 bereits die Zahl der Aussteller und Besucher verdoppeln konnte und in auf nunmehr 45.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche umfassend informierten. Im Jahr 2014 nahmen mehr als 2.100 Aussteller aus 67 Ländern teil und präsentierten sich in den elf Hallen der Hamburg Messe und auf dem Freigelände. Aufgrund des großen Erfolges der Messe entstanden 2009 gemeinsam mit lokalen Partnern vor Ort zwei Auslandsveranstaltungen: die SMM Istanbul und die SMM India. Zwei Jahre vor der SMM feierte 1961 die „1. Bundes- Neueste maritime Technik stellt die Messe „SMM, the leading international maritime trade fair hamburg“ vor. Fachausstellung – das Sport- und Gebrauchsboot“ Premie- re, auf der 65 Aussteller 5.000 Interessierten die Neuerun- gen aus dem Bereich Bootsbau und Wassersport vorführ- ten. Auch diese Veranstaltung übertraf die Erwartungen und fand in der Folge regelmäßig statt. Trotz des Neubaus der Hallen 1 und 2 reichte 1971 der Platz nicht mehr aus: 1.200 Boote und Yachten von 600 Ausstellern aus 28 Län- dern füllten die Messehallen, das war ein Zuwachs von einem Drittel im Vergleich zum Vorjahr. Die Messe traf den Geist des Wirtschaftswunders, zu dem die Suche nach Romantik und der Besitz von Statussymbolen gehörten. 1985 erhielt die Messe den Namen „hanseboot“, sechs Jahre später wurde sie durch eine In-Water-Ausstellung im Die Schiffbaumesse entwickelte sich zum Treffpunkt der Schiff- Sehnsucht nach fernen Ländern: Aus „Reise, Sport und Wochenend“ wurde die REISEN HAMBURG. City Sportboothafen am Baumwall in der Nähe der Ham- bauingenieure, Reeder und Schiffsmakler aus aller Welt.

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burger Landungsbrücken ergänzt. Und seit 2011 richtet die seits auch die deutsche Wirtschaft zu präsentieren. Das HMC jedes Jahr im Mai mit der „hanseboot ancora boat NOK war begeistert, so dass die Hamburg Messe und show“ in Neustadt an der Ostsee den Saisonauftakt aus. Congress GmbH bei den Olympischen Sommerspielen 1988 das „Deutsche Haus“ betreiben konnte. Von Hamburg in die Welt Mit großem Erfolg hat sich die HMC heute auch In den 1980er Jahren schließlich vollzog die Messe eine als Durchführungsgesellschaft bei Weltausstellungen Zeitenwende: Die Hamburg Messe und Congress GmbH eta­bliert. Dreimal hintereinander wurden die von ihr be- nahm das internationale Messegeschäft in den Fokus. treuten Pavillons auf den EXPOs mit höchsten Auszeich- Das führte dazu, dass Partnerländer nicht nur am Stand- nungen prämiert. Bei der Weltausstellung 2008 im spani- ort, sondern auch im Ausland für Großveranstaltungen schen Saragossa der deutsche Pavillon, 2010 in Shanghai gewonnen wurden, aber auch ausländische Standorte das „Hamburg House“ und 2012 im südkoreanischen für deutsche Hersteller und Händler erschlossen werden Yeosu erneut der deutsche Pavillon. konnten. Dabei verzichtete die HMC auf die Gründung Diese Vielseitigkeit macht die HMC auch für auslän- von Auslandsgesellschaften und konzentrierte sich auf dische Anbieter zu einem interessanten Partner. So konn- das Geschäft mit Beteiligungen an internationalen Fach- te 2001 die europäische Kongressmesse der Kreuzfahrt­ und Industriemessen. Dabei werden in Eigenregie oder industrie – die „Seatrade Europe Cruise & Rivercruise im Auftrag unterschiedlicher Bundesministerien deut- Convention“ – nach Hamburg geholt werden, zu einem In der Halle 8 finden selbst aufgetakelte Yachten Platz. sche Aussteller auf Messen in aller Welt begleitet. Im Zeitpunkt, als der weltweite Kreuzfahrtmarkt begann, Jahr 2014 zum Beispiel betreuten die HMC-Mitarbeiter sich zu einem Wachstumsmarkt zu entwickeln. Seit 2005 640 Unternehmen auf 16 Messen zwischen Australien ist die HMC Kooperationspartner der erfolgreichen Ver- Menschen, Tiere, und Brasilien, Vietnam und den USA, den Vereinigten anstaltung, die 2015 erstmals parallel zu den „Hamburg Sensationen Arabischen Emiraten und Europa. Für die meist mittel- Cruise Days“ stattfinden wird, deren Höhepunkt – die Die „Internationale Fachmesse für Freizeit- ständischen Unternehmen ist das eine immense Er- Auslaufparade zahlreicher Kreuzfahrtschiffe – regelmäßig parks, Amusement und Schausteller – Interschau 1994“ lockte mit Dinosauriern. leichterung, da die Teilnahme an einer Auslandsmesse bis zu 500.000 Zuschauer anlockt. Ein gutes Beispiel da- für viele von ihnen allein organisatorisch nur schwer zu für, wie sich Wachstumsmärkte in der Stadt für alle sinn- Die gemeinsam mit dem Deutschen Schausteller- realisieren wäre. voll mit Messen und Kongressen verbinden lassen. bund e.V. (DSB) ausgerichtete Interschau 1994 bot den 23.000 Besuchern auf 30.000 Quadratmetern Aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung wird die HMC Doch Hamburg ist nicht nur einer der wichtigsten technische Innovationen rund um den Jahrmarkt. Aus- von unterschiedlichen Organisationen und Ministerien Kreuzfahrtstandorte in Europa: 2003 gelang es, die welt- steller aus der Bundesrepublik, Neuseeland, Kuweit, immer wieder auch mit der Durchführung von Großveran- weit führende Messe für Flugzeuginterieur – die „Aircraft Japan und den USA zeigten Highlights wie bewegliche Dinosaurierfiguren oder den „Jahrmarkt der Jahr- staltungen im Ausland betraut: Den Startschuss gab die Interiors Expo“ – als sogenannte Gastveranstaltung in hundertwende“ – bestehend aus Dampfkarussells, Etablierung des „Deutschen Hauses“, des internationalen die Hansestadt zu holen und damit Hamburgs Position restaurierten Orgeln oder Oldtimer-Zugmaschinen. Ein Erfolg für die Veranstalter war der Verkauf einer Kommunikationszentrums der deutschen Mannschaft als drittgrößter Standort der zivilen Luftfahrt nach Seattle Achterbahn aus Schweizer Fertigung für die Rekord- während der Olympischen Spiele 1988 im koreanischen und Toulouse zu untermauern. Der bisherige Messeort summe von 15 Millionen Deutsche-Mark. Seoul. 1987 stellte man erstmals das Konzept dem Natio- in Cannes war für die steigende Zahl an Ausstellern zu Abgerundet wurde die Messe durch den 45. Dele- giertentag des DSB in Hamburg, der mit einer nalen Olympischen Komitee (NOK) in vor, einer- klein geworden. In Hamburg konnte innerhalb von drei Ausstellung zur Geschichte des Hamburger Schaustel- seits Sportler, Funktionäre, Journalisten und Sponsoren Jahren die Zahl der Aussteller auf mehr als 670 verdop- lerverbandes einherging. Auch in der Sportschifffahrt nimmt Elektronik einen immer größeren Raum ein. an einem zentralen Ort zusammenzubringen, anderer- pelt werden. Bereits 2007 drängten 13.000 Fachbesu-

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cher in die damaligen Hallen 6 bis 12, in denen sich alles um die Gestaltung Ein A380- der Inneneinrichtung von Flugzeugen – von der Technik über die Sitze bis hin zur sanitären Ausstattung an Bord – drehte. Das Highlight war ein begeh- Rumpfmodell bares Rumpfmodell des neuen Airbus A380 in Originalgröße – mit einem in Originalgröße Durchmesser von acht Metern –, das einen Einblick in die doppelstöckige bei der Aircraft Kabine gab. Bis heute ist die jährlich stattfindende Aircraft Interiors Expo eine der wichtigsten unter den rund 40 Gastveranstaltungen, die sich pro Jahr in Interiors Expo Hamburg präsentieren. Doch es war vor allem der Erfolg der großen Eigenveranstaltungen INTERNORGA und SMM, der es Anfang der 2000er Jahre notwendig machte, das Messegelände deutlich zu erweitern. Die Hamburg Messe startete daher ein umfangreiches Bauprogramm, das einerseits den Standort in der Mitte der Stadt beibehielt, andererseits mit den gestiegenen Anfor- derungen der Veranstaltungen Schritt halten konnte. Mit den 2008 fertiggestellten Hallen blieb Ham- burg einer der attraktivsten Messestandorte Deutschlands. Zukunftstechnologien wie Windenergie sind ein Aushängeschild der HMC. Hier die Nabe einer Windkraftanlage auf der WindEnergy. Als neue große Messe konnte zuletzt 2014 die WindEnergy Hamburg, die internationale Leit- messe der Windenergie, auf dem Messegelände Premiere feiern. Dem Umzug der 1989 in Husum ins Leben gerufenen Erfolgsmesse der Windbranche nach Hamburg war ein anderthalbjähriges Tau- ziehen vorausgegangen, ein Konflikt, in den sich zwischenzeitlich die Landesregierungen aus Ham- burg und Schleswig-Holstein einschalteten. Während große Teile der Industrie die für eine Weltleit- messe nicht zufriedenstellende Infrastruktur in der nordfriesischen Stadt bemängelten und deutlich machten, sie würden dort künftig nicht mehr ausstellen, plädierten einige Branchengrößen klar für Husum, wo nach ihrer Ansicht die „Wiege der Windenergie“ stand. Ein nicht ungefährlicher Kon- flikt, der auf seinem Höhepunkt dazu hätte führen können, dass die Windmesse dauerhaft für Nord- deutschland verlorengegangen wäre. Andere attraktive europäische Messestädte, die wie Hamburg über genügend Hotelkapazitäten und eine gute Verkehrsanbindung verfügten, standen bereit, die lukrative Messe auszurichten. Am 29. April 2013 unterzeichneten Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch, Schleswig-Hol- steins Wirtschaftsminister Reinhard Meyer sowie die Geschäftsführer der Messegesellschaften aus Hamburg und Husum, Bernd Aufderheide und Peter Becker, eine Absichtserklärung, wonach die Wind­Energy ab 2014 in enger Kooperation der beiden Messegesellschaften in Hamburg durchge- führt werden sollte. Anfang 2014 wurden die Verträge unterschrieben, und schon im Herbst wurde eine sehr erfolgreiche WindEnergy Hamburg durchgeführt. Ein weiterer Gewinn für die gesamte Me- tropolregion, die in hohem Maße von der Durchführung der hochspezialisierten Fachmessen aus den Branchen, die Hamburg und seine Umland prägen, profitiert: Schifffahrt, Luftfahrt und Logistik, Me- dizintechnik, erneuerbare Energien, Gastronomie, Medien, Life Science und Kreativwirtschaft sind Zukunftsfelder, die für viele tausend Arbeitsplätze stehen. Die HMC führt Aussteller und Besucher Mit der Neuen Messe beginnt ein neuer Abschnitt im Hamburger Messewesen. dort zusammen, wo zahlreiche Branchengrößen bereits ihren Sitz haben.

46 47 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN „Still, Kind, der Führer spricht!“ Unter der NS-Diktatur mutierten Messen zu reinen Propaganda-Schauen. Das Regime setzte dabei frühzeitig auf moderne Medien wie Kino und Rund- funk. Zu Messen wie der „Hamburger Funkaus- stellung“ von 1934 waren ausschließlich „arische“ Firmen zugelassen.

Erste Messen im 20. Jahrhundert Die Hotel- u. Gastwirts-Messe Hamburg, der Vorläufer der INTERNORGA, war 1921 die erste Messe der Neuzeit. Diese frühen Messen fanden bis zum Bau erster Messehallen auf dem Gelände des Zoologischen Gartens, dem späteren Planten un Blomen, statt.

48 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Textilausstellung in der „Halle der Nationen“ Die „Hamburger Textil-Mustermesse“, neben der INTERNORGA eine der ältesten Ordermessen der Stadt, erlebte nach 1945 einen Boom. Jedes Jahr im Frühjahr und Herbst zeigten Hersteller einem Fachpublikum ihre neuesten Kollektionen. 1953 konnte die Messe erstmals in den neu erbauten Hallen stattfinden.

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Eine Messe für alles Aus einer kleinen Sonderschau am Rande der „Lebensmittelfachausstellung“ (Bild oben) entwickelte Sonne, Strand und sich 1955 DU UND DEINE WELT. Hier wurden nicht nur technische Neuerungen gezeigt, über Jahrzehnte ferne Länder wurde das Themenspektrum auf alle Lebensbereiche Aus der ehemaligen „Reise, Sport und Wochenend“ erweitert. Mit dem Bau großer Einkaufszentren wurde die REISEN HAMBURG, auf der all- und der Erfindung des Internets bekam die DDW jährlich Zehntausende urlaubshungrige Besucher jedoch starke Konkurrenz. neue Reiseziele entdecken.

52 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Highlight der IVA 1979 Auf der Internationalen Verkehrsausstellung IVA 1979 wurde das damals modernste Fahrzeug der Welt – der 1 Transrapid – gezeigt. Die Magnetschwebebahn, an deren Entwicklung der Thyssen-Konzern beteiligt war, wurde in Deutschland nie in Betrieb genommen. Das Bild zeigt Thyssen-Chef Dieter Spethmann mit Ehefrau und Loki Schmidt.

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Vielfalt der Mobilität 1 Großer Vogel ganz klein: Boeing Dreamliner auf der Modellbauwelt 2005. 2 Fortbewegung der Zukunft: Elektroauto auf der Nord Elektro 2004. 3 Hightech am Fuß: Schuhauswahl auf der 3 Marathon & Running 2003.

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Die InternorGa 1 International: Auf den Ständen der Partner- Vom Koch serviert länder konnten immer wieder neue Spezialitäten Kostproben kulinarischer Köstlichkeiten prägen seit jeher entdeckt werden – hier aus Dänemark. das Bild der InternorGa. Viele innovative Gerichte 2 Prominente Gesichter: Boxlegende Max Schmeling werden hier das erste Mal dem Fachpublikum vorgestellt. auf einem Promotionstand von Coca-Cola. In den 1970er Jahren begannen italienische Nudel- 3 Konditorenhandwerk: Kinder präsentieren gerichte so ihren Siegeszug durch die Bundesrepublik. einen Baum aus Baumkuchen.

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Rund um die Messe 1 Fachkongress: Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Hamburg Messe und Congress Bernd Aufderheide DIE INTERNORGA beim Internationalen foodservice-Forum der INTERNORGA 2013. Aus InternorGa wurde Anfang der 2000er Jahre 2 COTECA: 2010 ging aus der INTERNORGA die COTECA Coffee, INTERNORGA. Zuletzt präsentierten auf der ältesten Tea and Cocoa Global Industry Expo hervor. Messe Hamburgs 1.200 Aussteller aus 27 Nationen 3 Kaffee und Kunst: Ein Bild gestaltet mit Kaffeebechern. ihre Produkte. Für viele Entscheider aus Gastronomie, 4 Die FH Nord: Die Fachausstellung für das Fleischerhand- Hotellerie, Gemeinschaftsverpflegung, Bäckereien werk feiert 2015 Premiere. Auch sie ist ein 4 und Konditoreien ist die INTERNORGA ein fester Termin. Ableger der INTERNORGA.

59 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Maritimes Flair Die hanseboot ist das Eldorado für Freizeitkapitäne und eine der traditionsreichsten Messen in Hamburg. 2014 begeisterte die bereits 55. hanseboot neun Tage lang Wassersportler aus ganz Nordeuropa. Während der 52. hanseboot war das Regattaschiff Tutima ein Blick- fang vor dem Messegelände.

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Großes Revier der hanseboot „Der Norden in seinem 1 Die hanseboot ancora boat show in Neustadt in Holstein präsentiert Boote in ihrem Element. Element“ 2 art maritim: Die von Peter Tamm, dem Unter diesem Motto fand 2014 die 55. hanseboot statt. Gründer des Maritimen Museums, ins Leben gerufene Mehr als 550 Aussteller präsentierten neue Boote „art maritim“ zeigt Kunst rund um das Schiff. und Yachten. Weitere neue und gebrauchte Boote lagen 3 City Sporthafen: Die hanseboot machte den City auf der Alster und im City Sporthafen. Sporthafen zu einem Anziehungspunkt.

62 63 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Ein Leben für die Schrift – die Schriftenmaler der Hamburg Messe Vom Verkehrsschild bis zur Veranstaltungsankündigung – alle Schilder entstanden einmal in der unternehmenseigenen Malerei.

„Jede Schrift freihändig Ein heute längst vergessenes Gewerk war über Jahrzehnte für die Messe unverzichtbar: die Schrif- gezeichnet.“ tenmalerei. In der Werkstatt am Nordende des Geländes an der Jungiusstraße produzierten vier Maler sämtliche Außenbeschilderungen. Heiner Mardfeld war einer von ihnen. Der Arbeitsgang, erzählt der inzwischen grauhaarige Mann, „war dabei stets derselbe: Auf einer großen Spanplatte wurden die Konturen und die Größe grob vorgezeichnet, dann folgten die Schriftzeichen komplett freihändig. Je nach Typographie ging es mal schnell, mal dauerte es länger, bei Fehlern ging es wieder komplett von vorne los – vor Messen meist am Wochenende und bis spät in die Nacht.“ Mit dem Handwagen waren die Schriftenmaler dann auf dem Messegelände und in Planten un Blomen unterwegs, um auf den Werbeflächen des Parks Plakate aufzuhängen. Die komplette Parkbeschilderung wurde im Februar aufgehängt, im November wieder eingesammelt und im Win- ter restauriert. Große Werbetafeln – etwa für die Delphinshow 1970/71 im Aquarium in Planten un Blomen – entstanden ebenso in der kleinen Werkstatt. Auch die Verkehrsbeschilderung an den Einfallstraßen gehörte zum Aufgabenfeld der Male- rei: Nachdem die Holzpfeile gemalt waren, fuhren drei Mann an zwei Abenden durch die Stadt, um die Schilder selber an den Laternenmasten der großen Ausfallstraßen zum Messegelände aufzuhängen. Im Januar ging es los, von Mai bis September folgte das Restaurieren in der Werk- statt, um im Oktober die Schilder erneut aufzuhän- gen. Erst in den 1980er Jahren wurde von Seiten der Stadt Hamburg eine dauerhafte Beschilderung eingerichtet. Revolutionär war die Einführung des Compu- ters: Nun konnte Klebefolie mit einer Breite von da- mals sagenhaften 50 Zentimetern ausgedruckt wer- den. Die damit beklebten Kunststoffplatten konnten im Gegensatz zu den Holzplatten wiederverwendet werden, was die Arbeitsprozesse enorm beschleu- nigte, aber auch am Ende die Schließung der Male- reiwerkstatt zur Folge hatte. Der letzte Schriftenmaler, Heiner Mardfeld, Auch große Werbetafeln wurden in der kleinen Malereiwerkstatt ging 2009 in Rente. angefertigt und von den Mitarbeitern aufgestellt.

64 65 ENTWICKLUNG DER MESSEN Blickfang vor den FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Messehallen Der auf der SMM 2014 vorgestellte Schiffspropeller von MMG aus Waren an der Müritz wiegt über 80 Tonnen und hat einen Durchmesser von mehr als neun Metern. Kons- truiert wurde der energiesparende Propeller für die größ- ten Containerschiffe eines Hamburger Reedereikonzerns.

Maritimer Treffpunkt 1963 fand erstmals die Ausstellung der Vereinigung der Schiffs-Ingenieure zu Hamburg (VSIH) statt. 1974 firmierte sie als Schiff, Marine, Meerestechnik International, später als SMM – shipbuilding, machinery and marine technology. 2014 erhielt sie ihren heutigen Namen SMM, the leading inter- national maritime trade fair hamburg.

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Die HMC auf den Gold für den deutschen Weltausstellungen Pavillon 1. EXPO in Shanghai (China, 2010): das von der HMC Auf der EXPO 2012 in Yeosu (Südkorea) wurde die HMC betreute „Hamburg House“. für die beste Umsetzung des Ausstellungsthemas 2. EXPO in Saragossa (Spanien, 2008): Die HMC „Der lebende Ozean und seine Küste“ mit dem „Gold organisiert den deutschen Pavillon. Award“ ausgezeichnet. Besuchermagnet war ein Film 3. EXPO in Yeosu (Südkorea, 2012): der deutsche Pavillon. über die Tiefsee als Lebensraum und Rohstoffreservoir.

68 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Synergien nutzen Die GET Nord ist die einzige gemeinsame Fachmesse für Elektro, Sanitär, Heizung und Klima im Norden. Der 1 Leitgedanke „Vernetzen Sie Ihren Erfolg“ steht für ein wegweisendes Messekonzept: Verschiedene Gewerke ermöglichen in der Kombination intelligente und energie- effiziente Gebäude. Die GET Nord entstand 2008 aus der shk (Sanitär, Heizung und Klima) und NORD ELEKTRO.

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International und regional 1 Die INMX SMM India gilt als größte Fachmesse für die Schiffbauindustrie auf dem indischen Subkontinent. 2 Die SMM Istanbul ist neben der SMM India die zweite Auslandstochter der Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft SMM. 3 Technik hautnah: NORTEC ist die Fachmesse für Produktion im Norden und Treffpunkt für Maschinen- und Anlagenbauer.

70 71 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Akrobatik und große Emotionen 1 Das Pferd als Partner des Menschen steht im Mittelpunkt der HansePferd. Publikums- magnet ist die stimmungsvolle GalaShow, bei der atemberaubende Akrobatik und das Mit- einander von Mensch und Tier immer wieder für Staunen und große Emotionen sorgen.

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Publikumslieblinge 1 HansePferd: Alle zwei Jahre lockt Nordeuropas größte Pferdemesse Reitsportbegeisterte nach Hamburg. 2 MINERALIEN HAMBURG ist die viertgrößte Mineralien- und Fossilienbörse weltweit. 3 Edelsteine begeistern: Händler aus aller Welt präsentieren ihre Kostbarkeiten auf der MINERALIEN HAMBURG.

72 ENTWICKLUNG DER MESSEN Ort der Begegnung FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Der persönliche Kontakt zwischen Ausstellern und Kunden ist ein zentrales Element des Mediums Messe. Es ermöglicht nicht nur das Fachgespräch über neueste Entwicklungen in der Branche, sondern auch das Kennen- lernen der Geschäftspartner und regelmäßige Treffen.

Frischer Wind Mit der Ausrichtung der WindEnergy Hamburg findet in Hamburg die internationale Leitmesse der Windenergie statt. Die HMC führt die Schlüsselmesse der Branche in Kooperation mit der Messe Husum durch. Messechef Bernd Aufderheide (links) begrüßte zur WindEnergy Hamburg 2014 Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (Mitte). Rechts daneben ist Steve Sawyer, Secretary General of Global Wind Energy Council (GWEC), zu sehen.

75 ENTWICKLUNG DER MESSEN FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN Die Eigenveranstaltungen Die Hamburg Messe und Congress GmbH veränderte ihr Messe-Programm am Puls der Zeit. Heute hat die HMC 16 Eigenveranstaltungen.

Aktuelle Messen seit 1921 INTERNORGA Internationale Fachmesse für Hotellerie, Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, Bäckereien und Konditoreien seit 1961 hanseboot Internationale Bootsmesse Hamburg seit 1963 SMM the leading international maritime trade fair hamburg seit 1978 MINERALIEN HAMBURG Mineralien, Fossilien, Edelsteine, Schmuck seit 1978 REISEN HAMBURG Die Messe für Urlaub, Caravaning, Outdoor & Rad seit 1987 HansePferd Hamburg Das Messe-Erlebnis rund ums Pferd seit 1988 NORTEC Die Fachmesse für Produktion im Norden seit 2001 hanseboot ancora boat show* Deutschlands größte Bootsmesse im Wasser seit 2001 H2Expo e-mobility, fuel cells, hydrogen & storage solutions seit 2001 Seatrade Europe Cruise and Rivercruise Convention seit 2008 GET Nord Fachmesse Elektro, Sanitär, Heizung, Klima seit 2009 INMEX SMM India** South Asia’s largest maritime exhibition & conference seit 2009 SMM Istanbul the international maritime conference and exhibition istanbul seit 2010 COTECA Coffee, Tea, Cocoa Global Industry Expo seit 2014 WindEnergy Hamburg The global on- & offshore expo seit 2015 FH Nord Die Messe für das Fleischerhandwerk im Norden Aufgeführt ist jeweils der aktuelle Name der Eigenveranstaltung * HMC erst ab 2011 Veranstalter ** Erste Durchführung als INMEX SMM India ab 2015

Ehemalige Messen – Auswahl 1955–2014 DU UND DEINE WELT Das große Shoppingevent 1961–1993 NORDBÜRO Büroausstattung 1978–2008 shk Sanitär Heizung Klima – ab 2008 Zusammenlegung mit NORD ELEKTRO zu GET Nord 1983–1994 ELECTROTEC Elektrotechnik – ab 1994 in NORD ELEKTRO integriert 1986–2009 Marathon and Running Laufen 1987–1987 Internationale Konditoren-Fachmesse 1987–1992 Musica Musikinstrumente, Musikelektronik, Festival 1987–1994 NORD ELEKTRO Elektrotechnik – ab 2008 Zusammenlegung mit shk zu GET Nord 1988–1994 ART HAMBURG Kunst 1988–1988 CHIP Computer 1989–1992 WEIN 1991–1995 ASIA EXPO Asiatische Konsumgüter 1992–1996 Handwerk 1992–2005 HANSE GOLF Sportart Golf – ab 2005 Gastveranstaltung 1993–2008 MODELLBAUWELT Bis 2001 Modellbautage COFFEE . TEA . COCOA GLOBAL INDUSTRY EXPO 2007–2009 CAR style Auto-Tuning Cruise & River Cruise Convention 2011–2011 goodgoods Nachhaltige Konsumgüter

76 ENTWICKLUNG DER MESSEN Abschlussfeuerwerk auf FACH- UND PUBLIKUMSMESSEN dem Hafengeburtstag Seit 1994 organisiert die HMC den traditionellen Hamburger Hafengeburtstag im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg. Jedes Jahr im Mai verwandelt sich der gesamte Hafenrand in eine bunte Festmeile und lockt Jahr für Jahr Hunderttausende Besucher in die Stadt.

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Von militärischen Wallanlagen zu Hallen mit Skywalk Das Gelände um die Messehallen, mit Planten un Blomen, Fernsehturm und CCH – Congress Center Hamburg liegt im Herzen von Hamburg. Jahrhunder- telang befand es sich jedoch weit außerhalb der Stadt, die sich im Mittelalter auf das Gebiet der heutigen Stadtteile Neustadt und Altstadt beschränkte.

Anfang des 17. Jahrhunderts beauftragte die Stadt Hamburg den niederländischen Festungsbauer Johan van Falckenburg mit dem Bau einer neuen Befestigungsanlage. Sie war nötig, weil in den Kriegen immer öfter Kanonen eingesetzt wurden, deren Geschosse mühelos die mittelalterlichen Stadtmauern durchschlugen. Zwischen 1616 und 1624 entstand daher in Hamburg eine moderne Wallanlage aus 22 Bastionen und 17 Vorwerken. Eines der Vorwerke lag weit vor dem nördlichen Stadttor, dem Dammtor: die sogenannte Sternschanze – eine sternförmig angelegte Anlage, die mit der Stadt nur durch einen schmalen Laufgraben verbunden war. Jeder Bürger der Stadt Hamburg war verpflichtet, einmal die Woche Schanzarbeiten zu verrichten. Täglich außer sonntags waren bis zu 1.000 Mann damit beschäftigt. Dank der modernen Wallanlage blieb Hamburg verschont, als der Dreißigjährige Krieg (1618– 1648) Europa verheerte. Die Stadt entwickelte sich stattdessen zu einem internationalen Drehkreuz: Hier fanden diplomatische Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien statt, hier wurden Gelder Eine gläserne Fußgängerbrücke, der sogenannte Skywalk, verbindet heute die beiden Teile des neuen Messegeländes. zur Finanzierung der Heere akquiriert, und im Gegensatz zu anderen Hansestädten wie Stade oder Lüneburg konnte Hamburg eine europäische Handelsmetropole bleiben. Die nicht mehr benötigten Wallanlagen wurden daher von 1820 bis 1837 in öffentliche Grünanlagen Vom Ort der Stadtverteidigung zum Ort der Erholung umgewandelt. Federführend war der Bremer Landschaftsarchitekt Isaak Altmann, der sich stark am Die mächtigen Wälle hielten bis zu den napoleonischen Befreiungskriegen. Nachdem sie während Vorbild englischer Gärten orientierte, die dem Anschein nach eine natürlich gewachsene Landschaft der französischen Besatzung ab 1811 noch einmal verstärkt worden waren, wurden sie nach der mit Wasserläufen und künstlichen Ruinen waren. Befreiung 1814 geschleift, denn das Gelände wurde dringend gebraucht. Der Die Parkbewegung des 19. Jahrhunderts hatte damit auch Hamburg erreicht. Als fortschrittlich innere Teil der Stadt war für die stetig gewachsene Bevölkerung längst zu klein und modern galten nun Anlagen, welche die romantischen Naturideale mit dem technischen Fort- geworden. Während sich südlich der Sternschanze die Vorstadt St. Pauli immer schritt verknüpften: Unter der Prämisse, der Mensch könne in die Umwelt eingreifen und Missstände 1814 dichter an das preußische Altona heranschob, wurde das Gelände östlich der in der Natur korrigieren, sollte die ausufernde Industrialisierung mit ihren rauchenden Schloten und endet die Sternschanze bis an die alten Wälle als neuer Friedhof der großen Kirchspie- den engen, dichtbevölkerten Wohnvierteln ohne fließendes Wasser in geordnete Bahnen gelenkt le geweiht. Auch die Kirchen benötigten dringend neuen Raum, da die Toten werden. Erholung sollte dabei auch für die Teile der Bevölkerung gelten, die sich keine eigenen Gär- französische im Laufe der Jahrhunderte in den Gruften unter den Kirchenschiffen schon in ten leisten konnten. Parks dieser Art boten ein hohes Prestige für Städte des 19. Jahrhunderts. Sie Besatzungszeit mehreren Schichten bestattet werden mussten. waren ein Zeichen für Fortschrittlichkeit, effiziente Verwaltung und finanzielles Potenzial der Stadt.

80 81 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE

te am 17. Mai 1863 der von 800 Aktionären privat finanzier- te Zoologische Garten Hamburg seine Pforten öffnen. Auf 141.000 Quadratmetern, in direktem Anschluss zum Botanischen Garten, erstreckten sich Tiergehege, Wasserläufe und Grotten zwischen der T(h)iergartenstra- ße und dem Weg Bei den Kirchhöfen. Die architektoni- schen Planungen lagen bei dem ersten Direktor Alfred Brehm, der hier große Teile seines berühmten Werkes „Brehms Tierleben“ schrieb. Die Ausführung übernahm der bekannte Architekt Martin Haller. In der Mitte des Eine versteckte Zoologischen Gartens erhob sich ein großes, doppelge- Erinnerung schossiges Gebäude mit Restaurant und Saal. Nach dem An der St. Petersburger Straße, gegenüber Tod von Ernst Merck im Juli 1863 wurde es in Ernst- der Messehalle B4, findet sich in Planten un Blomen ein steinerner Sarkophag. Im Jahr 1863 wurde auf dem späteren Gelände von Planten un Blomen der erste Hamburger Zoo eröffnet. Merck-Halle umbenannt, aber erst 1868 von Kaiser Wil- Ein Relikt der Franzosenzeit in Hamburg. helm I. feierlich eröffnet. Mit der Einrichtung des Zoologischen Gartens nörd- Die Besatzung durch napoleonische Truppen von 1811 bis 1814 gilt als traumatische Erfahrung der Vom Ort der Ruhe zum Ort der Wissenschaft lich der Friedhöfe wurden Forderungen nach der Verle- Stadt: Nachdem alliierte, vor allem russische Zur Umgestaltung der Hamburger Wallanlagen im Jahr 1821 stellte der Rat der Stadt dem Professor für gung der Grabstätten immer lauter, zumal der Platz für Truppen, am 6. Dezember 1813 mit der Belagerung Physik und Naturgeschichte am Akademischen Gymnasium Johann Georg Christian Lehmann ein Ge- neue Grabstätten ständig schrumpfte. Nach der Weihung Hamburgs begannen, ließ der französische Kom- mandant, Marschall Louis-Nicolas Davout, zu Weih- lände südlich der Straße Bei den Kirchhöfen zur Verfügung. Hier sollte zu wissenschaftlichen Zwecken des Ohlsdorfer Friedhofs 1877 wurden die alten Begräb- nachten 1813 30.000 Männer, Frauen und Kinder, ein neuer Botanischer Garten angelegt werden, nachdem sein Vorgänger während der französischen nisplätze der Kirchspiele geräumt und die Gebeine bis die nicht genug Proviant nachweisen konnten, aus der Stadt treiben. Die meisten fanden im Umland Besatzung den Schanzarbeiten weichen musste. Am 8. August 1821 pflanzte Lehmann die erste Pla- zum Anfang des 20. Jahrhunderts exhumiert und umge- Unterschlupf. Doch 1.138 kamen ums Leben und tane, die noch heute in den Wallanlagen steht. Im Laufe der folgenden Jahre wurden auf dem Gelände bettet. Bei jedem Neubau auf dem Gelände der Messe- wurden zunächst in einem Massengrab bestattet. zahlreiche Gewächshäuser für seltene, exotische Pflanzen errich- hallen und des Kongresszentrums an der Jungiusstraße Nach der Befreiung der Stadt wurde 1815 ein Gedenkstein in Form eines Sarkophags in Ottensen tet. 1833 erfolgte dann die Anerkennung des Botanischen Gar- wurden allerdings in den folgenden Jahrzehnten noch errichtet. Seine Inschrift lautet: „Friede den Ent- tens als „Staatliches wissenschaftliches Institut“. Der Park durfte sterbliche Überreste gefunden. schlafenen! An dieser Stätte ruhen die Gebeine von elfhundertachtunddreißig Hamburgern, die mit vielen allerdings weiter als Erholungsort genutzt werden. Tausend ihrer Mitbürger von dem französischen Neben dem Botanischen Garten eröffnete 1863 der erste Kultur im Grünen Marshall Davout im härtesten Winter 1813/1814 aus Zoologische Garten Hamburgs. Auch dieser folgte den Prämissen Bis zur Wende zum 20. Jahrhundert wuchs die Vorstadt dem belagerten Hamburg vertrieben, mit menschen- freundlicher Milde in Altona aufgenommen, von der Parkbewegung und fügte die Tiergehege in eine scheinbar St. Pauli immer weiter an die ehemaligen Begräbnisfelder dessen edlen Einwohnern, sowie von ihren früher wild gewachsene Landschaft ein. Dazu gehörten auch nachge- heran, und die ehemaligen, weit vor der Stadt gelegenen ausgewanderten Landsleuten in ihrem Elende unter- stützt und verpflegt, demungeachtet aber Opfer baute Ruinen wie etwa der „Eulenturm“. Initiator des ersten Ham- Brachflächen hatten sich zu einem beliebten Erholungs- ihres Kummers und ansteckender Seuchen wurden. burger Zoos war Ernst Freiherr von Merck. Unermüdlich hatte er ort innerhalb der Stadt entwickelt. Auch der Zoologische Dieses Denkmal errichteten Hamburgs trauernde Bürger ihren entschlafenen Mitbürgern im Jahre 1815.“ Die erste das nötige Kapital, immerhin 250.000 Mark Banco, eine damals Garten war ein voller Erfolg: In den ersten fünf Monaten Platane des 1841 wurde der Sarkophag mit den Gebeinen Botanischen unfassbar hohe Summe, gesammelt. Und auch die im November des Jahres 1863 kamen 212.000 Besucher und bestaun- auf den Kirchhof überführt, der später ein Teil von Gartens 1862 platzierten Anleihen im Wert von 100.000 Mark Banco wa- ten die Zurschaustellung fremdartiger Tiere und Pflanzen. Planten un Blomen wurde. steht noch heute. ren bereits 24 Stunden nach ihrer Emission verkauft. Damit konn- Doch in den Folgejahren gingen die Besucherzahlen deut-

82 83 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE

lich zurück. Mit einem Ausbau des Kulturprogramms – Konzerte, Theateraufführungen und Ausstel- lungen – sollte dem Einhalt geboten und der Zoologische Garten in eine Ausstellungsfläche umge- wandelt werden. So fanden 1884 eine Walfischausstellung in der Ernst-Merck-Halle und 1887 die „Rosen- und Blumenausstellung“ statt, die den Zoologischen Garten erstmals in ein Blütenmeer verwandelte. Der 1907 neueröffnete Tierpark von Carl Hagenbeck in Stellingen stahl dem Zoologischen Gar- ten in der Innenstadt jedoch schnell die Schau: Mit den innovativen Konzepten Hagenbecks – Tier­ gehege ohne Gitter und „Völkerschauen“ – konnte der Zoologische Garten nicht mithalten, immer mehr Besucher blieben fern. Der Besucherrückgang führte zu hohen wirtschaftlichen Verlusten. Die Parkleitung versuchte diese durch den Ausbau des Ausstellungswesens aufzuhalten und eröffnete 1921 in der Ernst-Merck-Halle die erste „Nordwestdeutsche Frühjahrsmesse für den gesamten Be- darf von Hotel-, Restaurations-, Café- und Großküchenbetrieben“. Die von dem Berliner Werbefach- mann und späteren Hamburger Messedirektor Albert Lubisch konzipierte Ausstellung war der Start- 1.800 Arbeitslose bauten 1934/35 das Gelände für die Niederdeutsche Gartenbauausstellung Planten un Blomen um. schuss für Messen auf dem Gelände der ehemaligen Wallanlagen. Gleichwohl ging die „Zoologische Gesellschaft A.-G.“ 1930 in Insolvenz. Die Stadt Hamburg übernahm 51 Prozent des Kapitals in Höhe von 100.000 Reichsmark und wurde damit Eigentümer des Geländes. hallen immer wieder bemerkbar. Die großen Veranstaltungen der NSDAP und ihrer Gliederungen mussten an vielen und vor allem meist wenig zentralen Orten des Stadtgebiets stattfinden. Daher Planten un Blomen im Dritten Reich ordnete der Senat 1938 die Schaffung eines „Aufmarschgeländes“ für Parteiveranstaltungen an. Die Im Oktober 1934 erfolgte dann die Umgestaltung des zwischenzeitlich als Vogelpark genutzten Ge- Wahl fiel dabei auf das Gelände der ehemaligen Friedhöfe in direkter Nachbarschaft zu Planten un ländes. Anlass hierfür war die der Stadt Hamburg zugewiesene „Niederdeutsche Gartenbauausstel- Blomen. Die Verwaltung lag bei der „Hamburgischen Ausstellungs-Gesellschaft mbH“, die auch die lung Planten un Blomen“: 1.800 Langzeitarbeitslose rissen die künstliche Landschaft aus Hügeln, Ausstellungen in Planten un Blomen organisierte. Damit wurde das Gelände an der Jungiusstraße Schluchten, Grotten und Teichen ab. Unter der Leitung von Hans Meding, Karl Plomin und Konstanty Teil des hamburgischen Ausstellungswesens. Gutschow dauerten die Arbeiten bis ins Frühjahr 1935, als die Schau für fünf Monate eröffnet wurde. Von Juli 1941 an entstand auf dem „Aufmarschgelände“ ein Barackenlager für Zwangsarbeiter, Vor dem Dammtorbahnhof erstreckten sich zunächst eine Frühjahrs- und eine Sommerblumen- das bis zum Mai 1945 kontinuierlich bis auf 24 Baracken ausgebaut wurde. Über 930 Zwangsarbeiter schau, an die sich 180 Meter lange, geschwungene Kakteenhäuser anschlossen. Es folgte eine neue waren hier für die Firmen Blohm + Voss sowie die Hamburgischen Electricitäts-Werke untergebracht. Ausstellungshalle für Sonderschauen, umgeben von einem Musikpavillon, einem Kinderspielplatz Als eines der letzten Relikte dieses Lagers findet sich noch heute eine Luftschutzstollenanlage im und einer Gaststätte. Zu sehen waren auch Musterbeispiele für Klein-, Siedler-, Wohn- und Wochen- Hang der Alten Wallanlagen. endgärten nach den Vorstellungen des NS-Siedlungsgedankens. Der Architekt Konstanty Gutschow, der auch das Profil Hamburgs als „Führerstadt“ schärfen Vom „Aufmarschgelände“ zum Messegelände sollte und die damit verbundene Umgestaltung des Elbufers entwickelte, hatte die im Sinne der Mit der Planung der ersten IGA in Planten un Blomen begann 1953 der Abriss der Bauwerke auf NS-Propaganda „deutsche Architektur“ entworfen: Klinkerbauten, die sich stark am Stil niederdeut- dem „Aufmarschgelände“. An ihre Stelle trat die zeitgenössische Glas- und Beton-Architektur, wie sie scher Bauernhäuser orientierten, und Siedlungen, die sich um einen Dorf(auf- auch in den Grindelhochhäusern zum Ausdruck kam. Neben der neuen Ernst-Merck-Halle entstanden marsch)platz gruppierten. Die Besonderheit der „Reichsheimstätten“ lag in der an der Jungiusstraße, der heutigen St. Petersburger Straße, vier neue Messehallen – die Hallen C 1934 Größe des Grundstücks, das die Zucht des Eigenbedarfs an Obst und Gemüse und D mit dem „Blauen Saal“ und der „Festhalle“ sowie die trapezförmige, bereits 1953 errichtete ermöglichen sollte und somit der „Autarkiepolitik“ des NS-Regimes entsprach. „Halle der Nationen“ und der „Pavillon des Ostens“. In Letzterem informierte eine Ausstellung über entstand Planten Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten machte sich zudem Geschichte, Landwirtschaft und Industrie der DDR und der ehemaligen deutschen Ostgebiete. Ab- un Blomen das Fehlen eines zentralen Veranstaltungsgeländes mit großen Mehrzweck- gerundet wurde das Ensemble von einem neuen Tropenhaus, in dem die damals höchst seltenen

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– des Heinrich-Hertz-Turms – am heutigen Messeplatz beteiligt. Nach siebenjähriger Planungsphase erfolgte am 25. August 1965 die Grund-

steinlegung, am 1. Mai 1968 die Inbetriebnahme. Mit einer Gesamthöhe IGA 1963: Medaillen von 279 Metern ist der Funkturm bis heute das höchste Gebäude der Stadt. wurden Als besondere Attraktion galten die Aussichtsterrasse in 128 Metern sowie das dreh- für besondere gärtnerische Leis- bare Restaurant in 132 Metern Höhe. Anfang 2001 musste der Turm wegen Asbestfunden tungen verliehen. und ungenügendem Brandschutzes für die Öffentlichkeit geschlossen werden. Benannt ist der Turm nach dem Hamburger Physiker Heinrich Rudolf Hertz (1857–1894), der erstmals elektromagnetische Wellen nachweisen konnte. Parallel zu den Bauplanungen des Fernsehturms und des heutigen CCH erfuhr ein Vorschlag besondere Beachtung: Nach dem Vorbild der Great Central City in New York sollte ein neues „Damm- tor-Centrum“ entstehen. Die Idee war, den Dammtorbahnhof mit einer Kongresshalle, einem Hotel, Büros und Ladenpassagen zu überbauen. Der Bahnhofsvorplatz sollte „in den ersten Stock“ verlegt werden, um so ein „Air-Terminal“ auf der Moorweide anschließen zu können. Die „Halle der Nationen“ sollte auf der IGA 1953 die Öffnung der Bundesrepublik für Europa symbolisieren.

Orchideen gezeigt wurden. In der direkten Nachbarschaft befand sich das „Orchideencafé“, das durch seine legendären Tanzveranstaltungen landläufig den Namen „Verlobungscafé Orchi“ erhielt. Mitten im Park lagen zudem die Wohnhäuser der Parkleitung. Dieses von Fritz Trautmann geschaffene Areal war das hamburgische Symbol der internationalen Moderne und eines neuen Bauens nach dem Zweiten Weltkrieg. Doch auch dieses neue Messegelände genügte schon bald nicht mehr den Anforderungen der Veranstaltungen: Immer häufiger übertrafen die Besucher- und Ausstellerzahlen die Erwartungen der Veranstalter, so dass Messestände in Zelten auf dem Gelände in Planten un Blomen untergebracht werden mussten. Dies führte dazu, dass die Messe und Planten un Blomen immer mehr als Einheit gesehen wurden. Der IGA 1963 gelang schließlich der Brückenschlag: Das 76 Hektar große Gelände, das sich über die Wallanlagen, den Botanischen Garten, Planten un Blomen und das Messegelände erstreckte, wurde nicht nur durch eine Seilbahn, sondern auch durch Brücken und Überführungen zu einer Einheit verbunden.

Bauliche Pläne und Phantasien Vom Jahr 1965 an wurden auf dem Messegelände an der Jungiusstraße wei- 52.500 tere dringend benötigte Hallen gebaut. Bis 1971 wuchs die Ausstellungsfläche Quadratmeter hier auf 52.500 Quadratmeter und genügte damit erstmals den Anforderun- gen der aktuellen Veranstaltungen. Der ausführende Architekt Fritz Trautmann Ausstellungsfläche war zudem maßgeblich an Planung und Bau des Hamburger Fernsehturms Eine Gondelbahn verband auf der IGA 1963 Planten un Blomen, die Wallanlagen und das Heiligengeistfeld.

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Erst ein 1966 erstelltes Gutachten, das besagte, dass das Gelände zwischen Jungiusstraße und Bei den Kirchhöfen für den Bau eines Kongresszentrums besser geeignet sei, beendete die großen Pläne.

Die Verbindung zwischen CCH, Messe und Planten un Blomen Anstelle des „Dammtor-Zentrums“ wurde 1973 das neue Congress Centrum Hamburg (CCH) fer- tiggestellt. Es ersetzte nicht nur einen Teil der alten Gebäude in Planten un Blomen, sondern setzte auch neue internationale Maßstäbe. Messen konnten nun um Kongresse oder Fachveranstaltungen in modernster Umgebung ergänzt werden. Die im selben Jahr erneut in Planten un Blomen stattfindende IGA bekam von der Stadt zwei Aufgaben zugewiesen: das neue CCH zu integrieren und mit den neuen Messehallen zu verbinden sowie die Wallanlagen zum Spiel- und Freizeitzentrum für breite Teile der Bevölkerung umzugestal- ten. Möglich wurde dies auch durch die Umgestaltung des Botanischen Gartens und die Verlegung Mit der Eröffnung des CCH 1973 erhielt Hamburg das modernste Kongresszentrum Europas. des wissenschaftlichen Teils nach Klein Flottbek. Der ehemalige Botanische Garten wurde in Neue Wallanlagen umbenannt und bildete nun das Scharnier zwischen den Alten Wallanlagen, dem CCH und Planten un Blomen. Die für die IGA 1973 Nach der IGA wurde der Bau neuer Messehallen fortgesetzt, so dass 1986 die Ernst-Merck-Halle ab- erfolgten baulichen Neugestaltungen zogen sich bis an das Messegelände an der Jungiusstraße gerissen werden konnte. Das Messegelände erstreckte sich von 1988 an mit einer Größe von 62.500 und verknüpften somit die Teile des Geländes. Ein 300 Meter langer überdachter Gang verbindet bis Quadratmeter Ausstellungsfläche bis an die Karolinenstraße. heute das Messegelände mit dem Congress Center Hamburg. Die Verbindung fand auch organisatorisch ihren Ausdruck in der Verschmelzung der einzelnen Der Sprung über die Straßen – die Neue Messe Hamburg Gesellschaften – CCH, Planten un Blomen und Hamburg Messe – zu einem Unternehmen, der Ham- Um die Jahrtausendwende machten vor allem die erfolgreichen internationalen Fachmessen IN- burg Messe und Congress GmbH, die im November 1972 gegründet wurde. TERNORGA und SMM eine erneute Erweiterung des Ausstellungsgeländes notwendig. Mit der Grundsteinlegung am 3. Juni 2004 entstand die vom Düsseldorfer Architekten Christoph Ingenho- ven geschaffene Neue Messe Hamburg – ein attraktives und hochflexibles Messegelände mit über 30 Prozent mehr Ausstellungsfläche als bisher. In etwas mehr als vier Jahren wurden acht der ehe- Das nie gebaute Messe-Haus am Hauptbahnhof mals zwölf Messehallen – ein buntes Sammelsurium aus verschiedenen Epochen – auf dem alten Messegelände abgerissen und durch drei moderne, große Hallen ersetzt. Zeitgleich wurden nördlich Ständige Ausstellung scheitert an baulicher Umsetzung. der Karolinenstraße, unterhalb des Fernsehturms, vier neue Hightech-Messehallen, die sogenann- In den 1920er Jahren traf der Senat der Hansestadt die Entscheidung zum Bau einer ständigen Messeausstellung in Hamburg. In einem ten A-Hallen, mit rund 30.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche gebaut. Ein denkmalgeschütztes neuen Messehaus am Hauptbahnhof sollten 100.000 Quadratmeter Ausstellungsflächen, 75.000 Quadratmeter Büroflächen sowie ein Saal ehemaliges Elektrizitätswerk an der Karolinenstraße wurde in den Baukörper integriert und schlägt für 5.000 Personen zur Verfügung stehen. Mehr als 200 Architekten bewarben sich 1925 in einem internationalen Wettbewerb, den ein gemeinsamer Entwurf von Karl und Paul damit auch optisch eine Brücke zwischen der modernen Messe und der baulichen Vergangenheit Bonatz (Stuttgart) sowie Hermann Distel (Hamburg) gewann. Doch wie viele Großbauprojekte erwies sich auch dieses als zu optimistisch des Stadtteils. Zusammen bieten die beiden Geländeteile A und B der Hamburg Messe heute eine geplant: Die Ausführungsgesellschaft bekam bereits wenige Monate nach dem Beschluss der Bürgerschaft wirtschaftliche Probleme, so dass ein Großteil des eingesetzten Stammkapitals bereits vor Baubeginn aufgebraucht war. Die Stadt versuchte zu retten, was zu retten Ausstellungsfläche von rund 87.000 Quadratmetern. Verbunden sind sie durch den Skywalk – eine war, und kaufte das 18.000 Quadratmeter große Grundstück zwischen Klosterwall und Steintorwall von der Messehaus-Kommanditgesell- überdachte Brücke über die Karolinenstraße –, der schon kurz nach der Einweihung zu einem belieb- schaft a. A. wieder zurück. Aufgrund der inzwischen überwundenen Inflation hatte sich jedoch der Grundstückspreis von anfänglichen 142.000 ten Fotomotiv bei Hamburg-Besuchern wurde. Mark auf 2,4 Millionen Mark erhöht. Das meiste Geld floss an die Realisierungsgesellschaft – wurde jedoch nie wieder gesehen. Damit hatte sich das Projekt des Neubaus der Messehallen zerschlagen, und die Veranstaltungen fanden weiterhin provisorisch in den Gebäuden Während andere Messezentren in den vergangenen Jahrzehnten weitab der Stadtzentren ent- auf dem Gelände des Zoologischen und Botanischen Gartens statt. Heute steht an der Stelle des geplanten Neubaus das Bezirksamt Mitte. standen sind, konnte die Hamburg Messe im Herzen der Stadt wachsen und zu einem unverkennba- ren Teil des Stadtbildes werden.

88 89 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE Erholung in der Stadt So wie in vielen anderen modernen Städten Europas entstand auch in Hamburg im 19. Jahrhundert eine Parklandschaft. Als Gegenpunkt zur Industrialisierung wurde aus der militärischen Befestigung ein Erholungsort für die Bürger der Stadt geschaffen. Der historische Druck von 1830 zeigt den Blick aus dem Botanischen Garten auf Alster und Esplanade.

90 91 ENTWICKLUNG DER MESSEN Reminiszenz an den Zoo BAUGESCHICHTE Auf den Internationalen Gartenbauausstellungen erinnerte die Parklandschaft wieder an den früheren Zoologischen Garten. Auf einer künstlichen Insel lebten Pinguine unter einer Strohdachhütte.

Blumenmeere und Wasserspiele Das Zusammenspiel von großen Wasserflächen und farbenprächtigen Blumenarrangements lud zum Flanieren und Verweilen ein. Bilder von der IGA 1953 waren beliebte Motive kolorierter Postkarten.

93 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE Attraktion der Nacht Die Palmeninsel bot den Blick auf den Philipsturm. Der von der Firma Philips anlässlich der IGA 1953 gestiftete Aussichtsturm mit gläsernem Fahrstuhl wurde von eintausend Leuchtstoffröhren illuminiert. 1971 wurde er abgerissen.

Wasser und Licht Wasserspiele, Wasserlichtorgel und Fontänen auf dem Gelände von Planten un Blomen symbolisieren die Verbindung Hamburgs mit dem Wasser seit fast 80 Jahren. Bereits 1938 wurde die erste Wasserfontäne installiert.

94 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE Art Hamburg Der berühmte Bildhauer Otto Herbert Hajek (1927–2005) unterstützte die HMC bei der Umset- zung der ersten Internationalen Kunstmesse Art Hamburg 1990 als Berater. Anlässlich dieser Eigenveranstaltung schuf Hajek diese Skulptur – ein sogenanntes Stadtzeichen.

Plastik im Freien Bereits bei der IGA 1953 begann die Kunst im Außenraum. In Planten un Blomen und im Alstervorland wurden während der Ausstellung 50 Skulpturen zeitgenössi- scher Künstler gezeigt.

96 97 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE Neubau im Park Der stetig wachsende Bedarf an Ausstellungsfläche führte dazu, dass die Halle 8 auf dem ehemaligen Jungiusrund gebaut wurde. So wandelte sich der Park- charakter immer mehr zu einem reinen Messegelände. Die neue Halle 8 war die höchste Halle auf dem Messegelände. Während der hanseboot fanden hier selbst aufgetakelte Yachten Platz.

Hallen im Wandel der Zeit Die Messehallen wurden seit den 1950er Jahren ständig erweitert und erneuert. Seit dem letzten Umbau ab 2004 prägen große Glasflächen die Architektur der Hamburg Messe.

98 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE

Bauboom Gegen Ende der 1980er Jahre wuchs die Hallenfläche von 52.500 auf 62.500 Quadratmeter. Die neue Halle 10 vereinte die ehemaligen Hallen 10 und 11 und schuf somit eine durchgehende Hallenfläche auf der gesamten Länge der Jungiusstraße, heute St. Petersburger Straße. Die Halle 8 im Foto wurde kurz darauf zur Halle 9. Im Hintergrund rechts – vor dem Wasserturm – befindet sich heute die Neue Messe mit dem neuen Haupteingang.

100 101 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE

Gelungenes Ensemble 2 1 Architektenmodell: Neubau Messehaus. 2 Jungiusstraße: Neue Hallen. 3 Feierliche Eröffnung durch Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (links) und Bundesminister Hans-Dietrich Genscher.

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Blick in die alte Halle 8 Die gläsernen Dächer der neuen Hallen spiegeln den architektonischen Stil der 1980er Jahre. 3

102 103 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE Rettung vor der Abrissbirne Ein Teil des Kraftwerks Karoline konnte erhalten werden, weil es in die Architektur der neuen Messehallen integriert wurde.

Es wirkt wie der Einbruch des Alten in die Moderne. Mitten unter dem ausschwingenden Dach der neuen Messehallen stößt die verglaste Front auf eine altmodische Ziegelfassade mit neugotischen Fensterbögen: die Überreste des ersten Kraftwerks der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW). Der einst mächtige Bau im Stil der Hannoverschen Schule und deren Rückbesinnung auf roten Ziegel wurde 1894/95 von Albert Winkler entworfen, der viele Gebäude in Hamburg nach diesem Muster errichtete. Zunächst unter anderem für die Straßenbahn als Elektrizitätswerk genutzt, folgte 1924 ein Umbau zum Fernwärmekraftwerk. Die „Karoline“ – wie sie auch genannt wird – wurde zum Knoten- punkt der Hamburger Wärmeversorgung: Eine Leitung kam direkt aus dem Kraftwerk Wedel, eine andere führte in die Innenstadt bis zum Kraftwerk An der Stadtwassermühle und versorgte dabei die Musikhalle und die Gerichtsgebäude. Bis 1935 war das Kraftwerk auf dem Gelände des ehemaligen Lagers des Zollvereins Ecke Karolinenstraße/Grabenstraße (ehemals Kamp-Straße) auch eine der vier Hamburger Schaltstellen für die noch mit Gas betriebene Straßenbeleuchtung. 1937 folgte ein weiterer Ausbau des Kessel- hauses und der Kohlenbunker. Die zur Stromerzeugung nötigen Kohlen kamen mit einem eigenen Zug aus Wedel über Altona und die Verbindungsbahn. In Wedel unterhielt die HEW die zentrale Ladestelle, wo die Kohle per Schiff angelandet und dann per Bahn oder Binnenschiff weitertrans- portiert wurde. Das Kraftwerk war bis 1988 in Betrieb und wurde dann aufgrund der veralteten Technik abgeschaltet und zu einer Steuerungszentrale der Fern- wärme umgebaut. Dafür wurden die charakteristischen drei Schornsteine ebenso abgerissen wie die Gleisanla- gen zum Güterbahnhof Sternschanze. Auf dem Gelände verblieben noch die alten Kesselhäuser, Reste der Dampf- speicher und das Verwaltungsgebäude der „Karoline“. Mit der Erweiterung des Messe- geländes ab 2004 wurde ein Teil des Verwaltungsgebäudes in die Architek- tur der Neuen Messe integriert, so dass ein wichtiges Kapitel der Ham- burger Baugeschichte erhalten werden Die historische Fassade aus rotem Klinker duckt sich unter das geschwungene konnte. Dach der neuen Hallen.

105 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE Versorgung von unten Der Aufbau und Abbau von Messen erfordert den 1 Transport großer Materialmengen, lange Lkw- Kolonnen sind die Folge. Der zweispurige Tunnel, durch den auch Lkw fahren können, entlastet das Straßennetz rund um die Messe.

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Vorstoß in den Untergrund 1 Blick vom Fernsehturm: Links die Einmündung in die St. Petersburger Straße. 2 Karolinenstraße: Hier wurde der Tunnel in offener Bauweise errichtet. 3 A-Hallen: Die erste Wand wird hochgezogen.

106 107 ENTWICKLUNG DER MESSEN Der Messeplatz entsteht BAUGESCHICHTE Mit der Fertigstellung der Neuen Messe wurde der Ab- schnitt Karolinenstraße/Rentzelstraße umbenannt in Messeplatz. Am 29. August 2008 enthüllten Messechef 1 Bernd Aufderheide und Geschäftsführerin Dr. Ulla Kopp gemeinsam mit Markus Schreiber, Leiter des Bezirks- amts Hamburg-Mitte, und Hamburgs Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (v. l.) das neue Straßenschild.

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Von der Grundsteinlegung zur Fertigstellung 1 Grundsteinlegung der Neuen Messe am 3. Juni 2004 mit Dietmar Aulich, Geschäftsführer Hamburg Messe und Congress GmbH, Architekt Christoph Ingenhoven, Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust und Burkhard Schmidt, Mitglied des Vorstands der STRABAG AG (v. l.). 2 Alle packen an: Enthüllung des neuen Straßenschildes. 3 3 Messeplatz 1: die Straßenfront der Neuen Messe.

109 ENTWICKLUNG DER MESSEN BAUGESCHICHTE Neue Dimension Mit der Inbetriebnahme der Neuen Messe wuchs die Ausstellungsfläche auf 87.000 Quadratmeter. Die von dem Architekten Ingenhoven entworfenen High- tech-Hallen vereinen Funktionalität und Raum.

Moderne Architektur Die neuen Hallen setzen nicht nur im Hinblick auf moderne Messen ein Zeichen, sie gehören auch zu den architektonischen Landmarken der Stadt.

110 Die Keimzelle der Hamburger Messe

Das Gelände rund um den Park Planten un Blomen ist die Keimzelle der Hamburg Messe und Congress GmbH. Das Messewesen prägt dieses Gebiet im Herzen von Hamburg seit Jahrhunderten. Blick auf das Gesellschaftsgebäude im Zoologischen Garten, 1907. Ernst-Merck-Halle 1 1 2 Ernst- Merck-Halle 2 Wallanlagen 6 7 „Aufmarschgelände“

1 ERNST-MERCK-HALLE 1: Platane 8 6 WALLANLAGEN Das große, doppelgeschossige Gebäude mit Saal und Restaurant, Von 1616 bis 1627 ließ der niederländische Festungbauer Johan das auch für Ausstellungen genutzt werden konnte, wurde nach dem Tod van Falckenburg eine moderne Stadtbefestigung errichten, die Hamburg Ernst Mercks 1863 nach ihm benannt. vor den Zerstörungen des Dreissigjährigen Krieges bewahrte. 2 ERNST- MERCK-HALLE 2: 7 „AUFMARSCHGELÄNDE“ 1951 wurde die offizielle Halle 13 eröffnet. Im Parkett und auf der Empore Auf dem „Aufmarschgelände“ an der Jungiusstraße wurde ab 1941 bot sie 6000 Besuchern Platz. Bis zu ihrem Abriss 1986 fanden hier ein Barackenlager für Zwangsarbeiter eingerichtet. Ihr Einsatz erfolgte vor allem zahllose Veranstaltungen statt – Parteitage und Wahlkampfveranstaltungen, bei Blohm & Voss sowie den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW). Eisrevuen und Boxen sowie legendäre Konzerte. 8 PLATANE 3 HAUPTEINGANG ZUM ZOOLOGISCHEN GARTEN Die vom Gründungsdirektor des Botanischen Gartens, Johan G.C. Lehmann, im An dieser Stelle öffnete 1863 der erste Zoologische Garten Hamburgs seine Pforten. Jahr 1821 gepflanzte Platane steht noch heute an dieser Stelle. Dieser Abschnitt 1921 fiel auf diesem Gelände der Startschuss für das Hamburger Messewesen. des Parks ist heute der Alte Botanische Garten und Teil Planten un Blomens. 4 ORCHIDEENCAFE: 9 PHILIPPSTURM Das im Volksmund „Verlobungscafé Orchi“ genannte Restaurant nahe der 1971 verschwand eines der architektonischen Wahrzeichen Karolinenstraße war ein beliebter Treffpunkt der Jugend. der IGA 1953 aus Planten un Blomen: der 1953 von Bernhard Hermkes und nach seinem Sponsor benannte Philips-Turm. 5 MESSEHAUS: Das zehnstöckige Messehaus beherbergte von den 1970er Jahren 10 HALLE DER NATIONEN bis in die 2000er Jahre die Messe-Verwaltung. 2012 wurde es abgerissen. In der Halle der Nationen fanden auf der IGA 1953 vor allem Sondernschauen Heute steht an dieser Stelle ein Hotel. 3 Zoologischer Garten statt. Später folgten die 27. Hotelmesse oder Ausstellungen Hamburger Künstler.

Orchideencafe 4 5 Messehaus Philippsturm 9 10 Halle der Nationen 4 1

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Das Bild zeigt das Messegelände rund um Planten un Blomen in einer aktuellen Luftaufnahme.

Konzerte und Kongresse

Nach dem Krieg wurde die Ernst-Merck-Halle neu aufgebaut und war bis Anfang der 1970er Jahre Hamburgs zentraler Veranstaltungsort. Mit dem CCH wurde Hamburg zum Gastgeber von Weltkongressen.

1973 erhielt Hamburg mit dem CCH das modernste Kongresszentrum Europas. KONZERTE UND KONGRESSE ERNST-MERCK-HALLE

bau von Wohnungen und des Hafens stand für viele Politiker im Vordergrund. Im zerstörten Hamburg fanden die ersten kulturellen Veranstaltungen daher 1950 auch in Schulaulen wie der Emilie-Wüstenfeld- oder der Helene-Lange-Schule in Eimsbüttel statt oder in den Sälen des Besenbinderhofs. Für Konzerte gab war Baubeginn es die Musikhalle, für Catchen den Saal der (heutigen Roten) Flora. der 2. Ernst- Nach der Kapitulation wurden der staunenden deutschen Öffentlichkeit Merck-Halle zwar Militärkapellen vorgeführt, doch spielten die nicht die seit Kaisers Zeiten bekannten preußischen Märsche, sondern revolutionäre Musik wie Swing, Boogie-Woogie und Jazz. Diese Rhythmen wurden zum Sound einer neuen Zeit, zum Signal des Aufbruchs. Jedoch fehlte Hamburg eine Halle für Jazzkonzerte, Unterhaltungsmusik und Sport – eine Mehrzweckhalle, in der auch Messen stattfinden konnten. So begannen 1950 die Bauarbeiten an der offiziellen Halle 13, die ein Jahr später abgeschlos- sen werden konnten. Mit einer Grundfläche von 6.400 Quadratmetern war sie ein wenig kleiner als In der Ernst-Merck-Halle wurde die atomare Wiederbewaffnung der Bundesrepublik in den 1950er Jahren kontrovers diskutiert. die Ausstellungshallen in Planten un Blomen, zu denen sie eine Ergänzung bilden sollte. Mit einer Reihenbestuhlung in Parkett und Empore fanden bis zu 6.000 Besucher Platz. Republikweit bekannt wurde die Ernst-Merck-Halle spätestens 1953, als das deutsche Fernsehen ein eineinhalbstündiges Bühne für Gefühl und große Turnier von Boogie-Woogie-Bands live übertrug. Studenten, Rocker und Rabauken – legendäre Konzerte Worte: die Ernst-Merck-Halle Die Ernst-Merck-Halle wurde fortan ein Mekka der neuen Musik: Klangvolle Namen wie Oscar Pe- terson oder Sidney Bechet waren schon früh auf den Plakaten vor der Halle zu finden. Unvergesslich Ob Bill Haley oder Konrad Adenauer – die Ernst-Merck-Halle war wurden viele der Konzerte jedoch durch eine neue Jugendbewegung, die über die Musik aus dem Hamburgs größter Saal für Veranstaltungen und Konzerte. Gelegentlich engen gesellschaftlichen Korsett der bundesrepu- ging schon mal das Mobiliar zu Bruch. blikanischen Nachkriegszeit ausbrechen konnte. So wurde nach dem Konzert von Louis Armstrong im Herbst 1955 erstmals die komplette Bestuh- Es war stets dieselbe, lang eingeübte Choreographie: Im vollbesetzten Saal warteten 6.000 begeis- lung zerstört, die Halle verwüstet. Vor der Halle terte Fans, das Licht ging aus, der Jubel setzte ein und steigerte sich zum frenetischen Orkan, als kippten Randalierer Autos um. Die Polizei antwor- die Scheinwerfer die Bühne erhellten und die erwarteten Helden ins Rampenlicht treten ließen. Aber tete mit einer starken Präsenz. Bei sogenannten was war das Besondere an dieser Halle? Für Konzerte war sie eigentlich wegen der umlaufenden, einschlägigen Konzerten wurden in der Folge offenen Balustrade nicht geeignet – die Akustik war schlecht, die von der Decke hängenden Stoffbah- ganze Einsatzhundertschaften „dezent hinter Vor- nen verschlechterten eher die Sicht, als dass sie die Akustik verbesserten. Strenggenommen war die hängen“ postiert. Etwa beim Konzert von Lionel Halle eher eine Messehalle als ein Konzertsaal. Hampton 1956. Auf der Eintrittskarte fand sich Errichtet wurde die zweite Ernst-Merck-Halle auch nicht wie ihre Vorgängerin auf dem Gelände zudem auf der Rückseite auch der Hinweis, dass des einstigen Zoologischen Gartens, sondern neben Planten un Blomen an der Jungiusstraße auf das Gestühl nur als Sitzplatz zu verwenden sei dem ehemaligen „Aufmarschgelände“ von 1938. Geboren wurde sie aus der politischen Debatte in und der Besucher für verursachte Schäden aus Die Ernst-Merck-Halle lag im neuen Messegelände an der Jungiusstraße. Hamburg, ob eine neue Messehalle nach dem Zweiten Weltkrieg überhaupt nötig sei. Der Wiederauf- „anderweitiger Benutzung“ aufzukommen habe. Links die Halle der Nationen, in der Mitte das Jungiusrund.

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100.000 D-Mark kassierten die vier „Pilzköpfe“ nun am Abend, reis- Der Eintritt für ein Beatles- ten im Sonderzug der Bundesbahn mit Speise- und Aussichtswagen Konzert kostete 1966 zwischen an und hielten Hof: Zwei Konzerte, die je eine halbe Stunde dauerten, 10 und 20 D-Mark. spielten sie am 26. Juni 1966 in der restlos ausverkauften Ernst-Merck- Halle. Jeweils 5.700 glückliche Zuschauer hatten Karten erworben, die offiziell zwischen 10 und 20 D-Mark kosteten, auf dem Schwarz- markt jedoch für 80 bis 100 D-Mark gehandelt wurden – eine Flasche Coca-Cola kostete damals etwa 30 Pfennig. Sämtliche Zuwege zur Halle waren restlos mit Fans Auch ein Bill-Haley-Konzert 1958 endete in wilden Auseinandersetzungen zwischen Zuschauern und der Polizei. verstopft. Die einen, die Karten besaßen, die anderen, die hofften, ihre Idole wenigstens einmal von weitem zu sehen. Aus der Ferne – so die Legende – versuchte auch der Gründer des Star-Clubs, „seine“ Entdeckung wiederzusehen. Er saß im nahegelegenen Untersuchungsgefängnis, freute sich Doch die Befürchtungen waren übertrieben. Zeitungen beschrieben die Konzertbesucher als jung und aber umso mehr, als John Lennon ihn von der Bühne aus grüßte. gesittet, wenn auch modisch nach Art der 1950er Jahre gekleidet – enge Hosen, übergroße Pullover Während des ersten Konzerts steigerte sich der Jubel der Fans zu einem ekstatischen Orkan, und kurze Kapuzenmäntel. Im Laufe der meist nur 30 Minuten langen Konzerte sprangen die Besu- so dass auch bald die Musik davon übertönt wurde. Dennoch gab es in der Halle keine Szenen wie cher oft von ihren Sitzen auf und fingen an, auf den Stühlen oder zwischen den Reihen zu tanzen. Und noch acht Jahre zuvor. Vielmehr setzte die Lautstärke die Massen vor der Halle in Bewegung, die da dort wenig Platz war, drängten immer mehr vor die Bühne, um sich dort völlig verzückt der Musik nun ebenfalls versuchten, in die Halle zu kommen. Die Polizei setzte neben der Reiterstaffel und hinzugeben. Aber nach dem Ende des Konzerts gingen die Fans müde und begeistert nach Hause. einem Großaufgebot an Beamten schließlich Wasserwerfer ein, um die Menge von der Halle in den Nur manchmal war es anders: Der legendäre Auftritt von Bill Haley begann genauso wie der von Dammtorbahnhof zu drängen. Lionel Hampton. Als 100 Jugendliche vor der Bühne anfingen zu tanzen, versuchten die Saalordner, sie zurückzudrängen. Die Auseinandersetzung überlagerte die Musik, erste Stühle flogen, die Band verließ die Bühne. Die Schuld dafür gaben die Fans eindeutig den Ordnern, so dass eine Saalschlacht ausbrach, bei der Halle und Gestühl zertrümmert wurden. Die Polizei griff mit Schlagstöcken ein und räumte das Gebäude. Doch vor der Ernst-Merck-Halle gingen die Krawalle enttäuschter Fans weiter, die Polizei versuchte mit drei Hundertschaften und der Reiterstaffel die Jugendlichen zu zerstreuen. Dies führte jedoch nur zu weiteren Auseinandersetzungen, die sich bis zum Dammtorbahnhof hin- zogen, den die Polizei erst nach Mitternacht unter Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Tränengas – zum Unmut vieler Fahrgäste, wie es in den Zeitungen hieß – räumen konnte. Der Ge- samtschaden belief sich auf etwa 20.000 D-Mark. Viel wichtiger war aber die politische Diskussion: Aufgrund der wiederholten Ausschreitungen war Beat-Musik in Hamburg nicht mehr erwünscht, und die Stadt wollte die Ernst-Merck-Halle nicht mehr zur Verfügung stellen. Als Folge gründete sich 1962 der legendäre Star-Club auf der Reeperbahn, in dem vor allem vier junge Musiker aus Liverpool den Grundstein für ihre Weltkarriere 20.000 legten – die Beatles. D-Mark Scha- Als die Beatles nach ihren US-Tourneen wieder nach Hamburg kommen wollten, war der Star-Club längst zu klein, um die riesige Nachfrage der Fans den in der Ernst- zu stillen. So buchte die „Bravo“ – die vom späteren Regierungssprecher Pe- Merck-Halle ter Boenisch entwickelte Jugendillustrierte – erneut die Ernst-Merck-Halle. Die „Fab Four“ 1966 in der Ernst-Merck-Halle. Der Star-Club, in dem alles begann, war längst zu klein geworden.

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Ähnliche Szenen spielten sich auch während und nach den Konzerten der Rolling Stones 1965 und 1967 rund um die Ernst-Merck-Halle ab. In den 1970er Jahren kochte die Stimmung dann nicht mehr so hoch. Zwar stieg hier eines der ersten Pop-&-Blues-Festivals in der Bundesrepublik, an dem Ostern 1970 drei Tage lang ununter- brochen Bands spielten – darunter Black Sabbath und eine junge Hamburger Rockgruppe namens Frumpy, die für einen ausgefallenen Act nachgebucht worden war –, doch die Fans erweiterten den Hörgenuss um bewusstseinserweiternde Substanzen, so dass die von der Polizei befürchteten Kra- walle in der Folgezeit selbst bei Größen wie The Who oder Bob Marley ausblieben. Vielmehr befan- den viele Besucher: „Schön, dass die mal in Hamburg waren, aber die Stimmung in der tristen Halle war nicht so. Und der Sound war auch nix.“

Eisrevuen standen in den 1950er und 1960er Jahren in der Gunst der Besucher ganz weit oben. Die US-Show „Holiday on Ice“ Von Pirouetten und Kostümen, Olympia-Helden und Eismaschinen Die Ernst-Merck-Halle war eben gastierte bis 1985 insgesamt 23-mal in der Ernst-Merck-Halle. keine reine Musikhalle. Sie bot sich auch für andere Veranstaltungen an, die in der Gunst des Publi- kums ganz oben standen. Dazu gehörten die während der 1940er Jahre in den USA und Österreich entstandenen Eisrevuen. Während klassischer Eistanz nach olympischen Standards gerade einmal dem hochkarätig besetzt: Die beiden Goldmedaillengewinner im Paarlauf Maxi Herber und Ernst 50 Zuschauer in die Hallen zog, schafften es die ausgefeilten Shows mit garantiertem Happy-End, Baier gastierten regelmäßig mit ihrer Revue in der Ernst-Merck-Halle. Ebenso die „Wiener Eisrevue“, mehrere tausend Zuschauer zu wahren Begeisterungsstürmen hinzureißen. Die Revuen waren zu- die sich auf Eis-Operetten spezialisiert hatte: Ein Live-Orchester spielte zu einer komponierten Hand- lung, die aber den Darstellern Freiräume zur individuellen Umsetzung bot. Aufwendige Kostüme und viele Landes- und Europameister schufen somit einen gelungenen Unterhaltungsabend und eine Auszeit vom harten Nachkriegsalltag. Der Vater des Hamburger Messewesens: Den Stern am Himmel der Eisrevuen bildete jedoch stets „Holiday on Ice“. Die 1943 in den USA erfundene Show kombinierte Eistanz nicht nur mit den in Europa längst bekannten Show­elementen, Ernst Freiherr von Merck sondern zog sämtliche Register der Broadway-Musicals, um das Publikum mitzureißen. Die ameri- Ein genialer Kaufmann gründete den Hamburger Zoo und ermöglichte den Bau der Halle, die später seinen kanischen Eisläufer gastierten insgesamt 23-mal in Hamburg. „Holiday on Ice“ war zudem die letzte Namen trug. Veranstaltung vor dem Abriss der Ernst-Merck-Halle im Jahr 1986. Der am 20. November 1811 geborene Ernst Merck war Sohn einer Hamburger Kaufmannsdynastie. Das väterliche Unternehmen H. J. Merck & Co hatte sich vor allem durch den Handel mit Tuchen und Getreide einen Namen ge- macht und war auch auf der Leipziger Messe vertreten. Während der Franzosenzeit in Hamburg war die Firma vor Lange Gerade und kurze Haken – Boxen in der Ernst-Merck-Halle allem in den Schmuggel von englischen Waren involviert und daher von lebenswichtiger Bedeutung für die Stadt. Im Deutschen Kaiserreich war Boxsport verboten – nur nicht in den Hansestädten. Hier gründeten Ernst Merck trat 1840 nach einer Lehrzeit im Ausland in das Unternehmen ein und erwies sich schon bald als sich in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg daher eine Vielzahl kleiner Vereine, die in den Sälen des ein Mann mit Visionen: 1847 leitete er die Gründungsversammlung der HAPAG – der später größten Reederei der Welt –, 1848 war er einer der drei bürgerlich-liberalen Abgeordneten Hamburgs in der Nationalversammlung Curio-Hauses die Deutsche Meisterschaft austrugen. In den 1920er Jahren wuchs und professio- in der Frankfurter Paulskirche. 1853 wurde er zum österreichischen Generalkonsul gewählt und konnte so der nalisierte sich die Szene, um in den 1930er Jahren – auch durch die legendären Kämpfe von Idolen 1857 durch die Wirtschaftskrise notleidenden Stadt Geldmittel in Form österreichischer Staatsanleihen besorgen. 1860 wurde Ernst Merck für seine Verdienste für das österreichisch-ungarische Reich in den Adelsstand erhoben. wie Max Schmeling in den USA – eine kurze Blütezeit zu erleben. Nach Kriegsende knüpften viele 1863 initiierte er die „Internationale Landwirtschaftliche Ausstellung“ und ermöglichte der Stadt den Bau des ersten Zoologischen Hamburger Boxställe an die Erfolgszeit an, und mit der Ernst-Merck-Halle stand ihnen nun auch eine Gartens, den Merck über Aktien finanzierte. Zwei Monate nach der Eröffnung starb Ernst Freiherr von Merck im Alter von 52 Jahren. geeignete Arena zur Verfügung. Promoter wie Hein ten Hoff, Gerhard Hecht, Willy Höppner holten Ihm zu Ehren wurde das große, doppelstöckige Gebäude des Zoos, in dem sich der große Saal und ein Restaurant befanden, in „Ernst- Merck-Halle“ umbenannt. Dieses Gebäude war die spätere bauliche Keimzelle der Hamburger Messen. Auch die 1950 gebaute neue lokale Helden wie Hans Werner „Buttje“ Wohlers und Gustav „Bubi“ Scholz im Mittelgewicht oder Ausstellungshalle wurde „Ernst-Merck-Halle“ genannt. Carl „Kuddl“ Schmidt für das Halbschwergewicht in den Ring. Unvergessen auch der Kampf des Ahrensburgers Albert Westphal gegen Hans Kalbfell am 30. Mai 1958 vor 6.000 begeisterten Zu-

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schauern, in dem er den Titel als Deutscher Meister im Schwergewicht errin- gegen Wiederaufrüstung und atomare Bewaffnung der 1958 gen konnte. Damals wie heute war Boxen eine Show: Das Publikum liebte und Bundeswehr auf die Straße. goutierte wilde Grimassen, Schattenboxen vor dem ersten Gong und kerni- Nicht weniger politisch ging es bei der Eröffnung Albert Westphal ge Sprüche. Zu den nationalen und internationalen „Boxgroßkampftagen“ der der IGA 1963 zu, als Bundespräsident Heinrich Lübke wird Deutscher 1950er und 1960er Jahre, die viel Programm am Ring, viele Kämpfe und am erstmals Themen wie Naturentfremdung und Umweltzer- Meister im Boxen Ende gar einen Titelkampf versprachen, waren die Tickets stets in kürzester störung aufgriff. Und ein Spiegel ihrer Zeit war auch eine Zeit ausverkauft. SPD-Wahlveranstaltung für Jungwähler 1965: Die Rede des Hamburger Innensenators Helmut Schmidt – damals Legendäre Worte und leichte Unterhaltung – Wahlkampf im Wandel der Zeit auch designierter Verteidigungsminister im Schatten- Neben Konzerten, Eislauf und Boxkämpfen wurde die Ernst-Merck-Halle auch für zahllose politi- kabinett Willy Brandts – unterbrach nur kurz das abend- sche Veranstaltungen gebucht. So hielt der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer auf dem füllende Programm: „Musikalisches Feuerwerk und 10 Hamburger CDU-Parteitag im Februar 1957 eine legendäre Rede, in der er die Westbindung der Minuten Politik mit Senator Helmut Schmidt“. Das „Feu- Bundesrepublik verteidigte und seinen Gegnern vorhielt, durch den Verzicht auf eine Wiederauf- erwerk“ bestand aus Alfred Hause und dem Hamburger Messefußball auf rüstung die Freiheit und Sicherheit der Bundesrepublik zu gefährden. Die CDU/CSU gewann die Studio-Orchester, dem Medium-Terzett, den Rattles, Billy hohem Niveau anschließende Wahl zum 3. Deutschen Bundestag deutlich, auch dank des Slogans „Keine Ex- Mo, Will Brandes und Peter Frankenfeld. Der Messestädte-Pokal von 1955 war perimente!“, mit dem sie den Wunsch der Bevölkerung nach Sicherheit und Konsolidierung des Die Ernst-Merck-Halle erlebte auch Kirchentage und der Vorläufer des UEFA Cup, der heutigen UEFA Europa League. Ein Turnier der neuen Wohlstandes auf den Punkt brachte. In Hamburg gingen allerdings über 100.000 Menschen die Zeugen Jehovas, war Spielfeld der Basketball-Künst- Betriebssportmannschaften der Messe- ler Harlem Globetrotters und Bühne der Misswahlen der städte gibt es noch heute. 1950er Jahre. Für bundesweites Aufsehen sorgte der Nur die wenigsten Fußball-Fans werden es wissen: 1951 von 1.400 Teilnehmern besuchte Reklamekongress, Was heute die UEFA Europa League ist, war bei dem erstmals der Zusammenhang zwischen Reklame früher der Messestädte-Pokal. Bei den Spielen zu dem am 18. April 1955 in Basel gegründeten und Psychologie aufgezeigt wurde. Über 34 Jahre war sie Messestädte-Pokal traten Profi-Mannschaften oder Standort der Hotelmesse. Ob Musik, Sport oder Politik, Städteteams europäischer Messestädte gegenein- ander an. Internationale Handelsmessen die Ernst-Merck-Halle war bis zum Bau des CCH das Ver- sollten so europaweit bekannter gemacht werden. anstaltungszentrum der Stadt Hamburg. Die ersten beiden Runden zogen sich über drei Jahre hin, von der Saison 1960/1961 an wurde der Wettbewerb gestrafft und jährlich eine 1985 verschwindet ein Stück Tradition Siegerstadt ermittelt. Deutsche Mannschaften Als am 3. Juni 1980 die Entscheidung des Senats zum schafften es jedoch in all den Jahren nicht in die Endrunde. 1971 ging der Wettbewerb dann im Ausbau des Messegeländes im Dreieck zwischen der UEFA-Cup auf, da die ursprüngliche Werbe- Jungiusstraße, Bei den Kirchhöfen und der Karolinenstra- absicht für Messen immer mehr hinter den sportli- ße fällt und die ersten Hallenneubauten entstehen, sind chen Aspekten der Profi-Mannschaften zurücktrat. Erst von da an war die UEFA der Veranstalter. die Tage der altehrwürdigen Ernst-Merck-Halle gezählt. Ein Turnier der Betriebssportmannschaften der 1986 wird sie schließlich abgerissen, auf dem Gelände Messestädte gibt es allerdings bis heute. Im Jahr 2013 war Hamburg Gastgeber dieses Turniers, entsteht die neue Halle 12. Nicht einmal mehr der alte das vor allem den Austausch und die Begegnung Name Festhalle oder Halle 13 bleibt bestehen, da im in- der Mitarbeiter europäischer Messestädte ternationalen Kontext in Hotels, in Flugzeugen oder auf fördern soll. Bundeskanzler Konrad Adenauer bei einem Wahlkampfauftritt in den 1950er Jahren in der Ernst-Merck-Halle. Schiffen die Zahl 13 nicht vergeben wird.

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Sport, Konzerte, Politik Die 1950 gebaute neue Ernst-Merck-Halle war mit 6.000 Plätzen die größte und modernste Veranstaltungs- halle Norddeutschlands. Kontroverse politische Debatten, sportliche Highlights und legendäre Konzerte begeisterten die Zuschauer. Das Bild zeigt die Halle von der Jungiusstraße aus.

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Auftritt der Stars Heiße Rhythmen Die Ernst-Merck-Halle mit ihren 6.000 Plätzen war der 1 Ella Fitzgerald, die legendäre Jazz-Sängerin, 1954. Treffpunkt der internationalen Musikszene in Hamburg. 2 Peter Kraus feixt mit den bei solchen Konzerten Alle Größen des Jazz, Blues, Rock ’n’ Roll, Folk und stets anwesenden Polizisten, 1959. Pop gaben sich die Ehre. Hier zu sehen: Billie Holiday 3 Sandie Shaw in klassischer Pose, 1967. bei einem Auftritt 1953.

126 KONZERTE UND KONGRESSE Die Beatles vor ERNST-MERCK-HALLE ausverkauftem Haus Auf der Bravo-Blitztournee 1966 spielten die Beatles am 26. Juni zwei Konzerte an einem Tag. Sie dauerten jeweils nur 30 Minuten, lösten jedoch beim Publikum wahre Begeisterungsstürme aus.

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Beatlemania 1 Helmut Schmidt, damaliger stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD im deutschen Bundestag, und seine Frau Loki waren unter den Gästen. 2 Bandausstattung: Die Instrumente, auf denen weltberühmte Melodien entstanden. 3 Im Gespräch: Die Beatles auf der Pressekonferenz, die zwischen den Konzerten stattfand.

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Euphorie und Ekstase Wohl kaum eine andere Band versetzte die Zuschauer derart in Ekstase wie die Beatles. Auf den frühen Konzerten übertönte der Lärm begeisterter Zuschauer oftmals die Musik. Die Tontechniker reagierten, indem sie den Pegel höherdrehten, woraufhin das Publikum oft noch lauter wurde. „Der Lärm war ohrenbetäubend“, erinnerte sich ein Techniker später, „am Dammtor-Bahn- hof, da ging’s dann langsam wieder.“ 3

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On the Eighth Day God Created Rock ’n’ Roll Altmeister des Rock ’n’ Roll Auch die Rolling Stones traten auf ihren Europa- und Welt- 1 AC/DC rockt die Bühne bei einem Konzert, 1986. tourneen regelmäßig in der Ernst-Merck-Halle auf. Die 2 James Last (2. von links) war ein Meister Veranstalter zogen die Konsequenzen aus den Erfahrungen der Unterhaltungskonzerte. Er geht bis heute auf Tour. mit den Beatles-Konzerten und den Zuschaueraus- 3 Die Band Queen lebte von ihrem Frontman schreitungen auf der Berliner Waldbühne und ließen Kon- Freddie Mercury, 1978. zerte fortan ohne Bestuhlung im Innenraum stattfinden.

132 KONZERTE UND KONGRESSE ERNST-MERCK-HALLE Einschusslöcher im Palmenblatt Die Gärtner in Planten un Blomen hatten einen aufregenden Job. Mal blühten die Blumen zu früh, mal drohte ein Fischsterben in den Aquarien.

Als Carsten Ehlers 1960 in Planten un Blomen seine Stelle als Gärtner antrat, war der Park in drei Reviere aufgeteilt, denen jeweils ein Meister vorstand. Ehlers arbeitete im Tropenhaus, einem Rundbau der 1950er Jahre, voller exotischer Gewächse: „Da gab’s auch viele Orchideen. Die waren noch so selten, dass wir abends immer abgeschlossen haben“, erinnert sich der gelernte Garten- meister. Doch der Schutz vor Diebstahl war nicht das einzige Problem. Vor allem die Internationa- len Gartenschauen (IGA) waren für die Gärtner eine Herausforderung. „Wir mussten Tausende Primeln, Stiefmütterchen oder Tulpen pflanzen, alle farblich abgestimmt. Und eine Woche später mussten wir dann wieder ran und die Fehlfarben raussuchen.“ Vor der IGA 1963 sorgte der Wetter- gott für zusätzlichen Stress. Der Frühling war so warm, dass die Blumen noch vor der Eröffnung verblüht gewesen wären. Doch die Gärtner wussten sich zu helfen: „Da haben wir jeden Morgen Eiswürfel zwischen die Pflanzen gestreut, damit die nicht weiterblühen.“ Langweilig war es in Planten un Blomen nie. Vor allem in der Ernst-Merck-Halle war immer etwas los: „Viele Boxkämpfe, aber das war teuer. Da hat uns dann immer ein Schriftenmaler reinge- bracht. Wie, weiß ich nicht, aber es hat immer geklappt. Und einmal war so ein Bill-Haley-Konzert. Da ging der Krawall los, und die Leute haben alles kurz und klein geschlagen. Die Polizei hat dann eine Kette gebildet und alle rausgedrängt, da kam aber schon die Reiterstaffel an. Und ich hatte das erste Mal meinen neuen Roller mit! Da bin ich durch die Büsche zum Dammtor, wo der Roller „Irgendwie wollte stand, und dann nix wie weg. Das war schon ’ne wilde Zeit damals.“ die Muräne nur Nicht nur für die Gärtner. „Eines Tages“, erinnert Ehlers sich, „kam ein damals sehr bekannter von mir gefüttert Konsul, über den häufig in den Klatschspalten berichtet wurde, mit einem Fotografen bei uns rein. Ob er sich mal in den Bachlauf stellen dürfte. Ja, warum nicht? Und ob man da ein paar Löcher in werden, alle anderen die Palmenblätter machen könnte. Eine Woche später finde ich dann das Foto in einer Illustrierten: hat sie angegriffen.“ ‚Konsul unter Lebensgefahr im Kongo‘ lautete die Schlagzeile. Der Fluss voller Krokodile und die Palmen mit den Einschusslöchern – das war bei uns im Gewächshaus!“ Neben den Pflanzen beherbergte das Gewächshaus auch acht Aquarien mit 1.000 bis 1.500 Litern Fassungsvermögen. „Einmal“, so Ehlers, „haben wir aus Israel zwei Muränen geschenkt be- kommen. Die eine ist gleich gestorben, und die andere wollte nicht fressen, die mussten wir von Hand füttern. Das aber war gefährlich, da diese Fische giftig sind. Wir sollten daher innerhalb von drei Stunden ein Gegengift einnehmen, das vom Robert-Koch-Institut geliefert wurde. Doch keiner hatte nun mehr Lust, in das Aquarium zu steigen. Das hab ich dann gemacht. Und irgendwie wollte die Muräne dann nur noch von mir gefüttert werden, alle anderen hat sie angegriffen. Tja, und dann hatte ich mal drei Wochen Urlaub, und da ist sie uns dann doch verhungert.“

134 KONZERTE UND KONGRESSE ERNST-MERCK-HALLE Ringrichter Schmeling Eines der größten Idole des deutschen Boxsports, Max Schmeling, trat nach dem Ende seiner Karriere gern und oft als Ringrichter in der Ernst-Merck-Halle auf. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wäre die Halle jedoch viel zu klein gewesen: Seinen WM-Sieg im Schwergewicht 1930 gegen Jack Sharkey und den Kampf gegen Joe Louis 1936 in den USA sahen jeweils 80.000 Zuschauer. Das Bild zeigt Schmeling als Ringrichter in Frankfurt/Main knapp 20 Jahre später bei einem Mittelgewichtskampf.

Schönheit im Wettbewerb 1953 veranstaltete die „Hamburger Morgenpost“ in der Ernst-Merck-Halle erstmals die Wahl zur „Miss Germany 1953/54“. Die damals 21-jährige Heidi Krüger gewann die Wahl in Hamburg, konkurrierte aber um den Titel mit Christel Schaack, die auf der Miss-Wahl eines anderen Veranstalters in Baden-Baden gewonnen hatte. Im selben Jahr nahm Krüger an der Wahl zur „Miss World“ in London und 1954 zur Wahl der „Miss Europe“ teil. Sie ging jedoch in beiden Wettbewerben leer aus.

137 KONZERTE UND KONGRESSE ERNST-MERCK-HALLE Halle der großen Worte Als größte Veranstaltungshalle der Hansestadt war die Ernst-Merck-Halle Schauplatz zahlreicher politischer 1 Veranstaltungen. Hier eine Kundgebung der SPD im Jahr 1951.

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Die Politik auf der Bühne 1 Kanzlerkandidat Franz Josef Strauß lässt sich von den Anwesenden feiern, 1980. 2 Bundeskanzler Konrad Adenauer während einer Diskussion um die Pariser Verträge, 1955. 3 Erich Ollenhauer, SPD-Vorsitzender, bei einer Rede auf derselben Veranstaltung, 1955.

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Das CCH – Hamburgs größter Gastgeber 1973 entstand mit dem CCH – Congress Center Hamburg das modernste Kon- gresszentrum Europas. Seit über 40 Jahren werden hier Maßstäbe gesetzt.

1973 war es so weit: Nach nur dreijähriger Bauzeit hatte Hamburg ein neues architektonisches Wahr- zeichen erhalten. Zwischen Dammtorbahnhof und Planten un Blomen erhob sich das modernste Kon- gresszentrum Europas, deutlich sichtbar durch den angrenzenden 108 Meter hohen Hotelkomplex. Zehn Jahre hatte es vom Beginn der Planungen bis zur Eröffnung gedauert. Diskutiert wur- den kleine und große Lösungen: vom einfachen Ersatz der alten Ernst-Merck-Halle als Sport- und Kongresshalle bis zu einem Megakomplex, mit dem der Dammtorbahnhof überbaut werden sollte. Vom Schanzenpark im Karolinenviertel, von den Wallanlagen an der Glacischaussee bis hin in die Optimale Lage: Das CCH verfügt über ein Hotel und einen Fernbahnhof in unmittelbarer Nähe, 1970er Jahre. neue City Nord – all diese Varianten hatten die Planer durchgespielt, ehe sie sich am Ende für den heutigen Standort in Planten un Blomen entschieden. Zwar wurde hier ein Teil des Parks überbaut, aber bei anderen Lösungen, insbesondere im Karolinenviertel, hätten bis zu 1.000 Wohnungen wei- burg (CCH) im Saal 1. Neben viel Prominenz waren auch 1.400 zufällig ausgewählte Hamburger im chen müssen. 1968 stimmte der Hamburger Senat dem Bau in der Nähe des Dammtorbahnhofs zu. Saal, die ein umfangreiches Show-Programm mit Udo Jürgens, dem Medium Terzett, Freddy Quinn Der Architekt Jost Schramm entwarf ein fünfstöckiges Kongresszentrum mit einer doppelstöcki- und Katja Ebstein erlebten. gen Tiefgarage. Über 260 Handwerker und mehr als 50 Bauingenieure verbauten zwischen dem ersten Spatenstich am 21. November 1969 und dem 19. De- Investition in die Zukunft zember 1972, dem Tag der Schlüsselübergabe, 38.000 Hamburg ging mit dem Bau des Kongresszentrums ein hohes Risiko ein. Denn die Hansestadt war Kubikmeter Beton und 4.800 Tonnen Stahl. Allein für auf der Landkarte der weltweiten Kongresse bis dahin nicht vertreten. Mit dem CCH, so lautete das die Telekommunikationskabel mussten 100.000 Verbin- Kalkül, könnte der Einstieg in das profitable Kongressgeschäft gelingen. In den 1970er Jahren galt dungsstellen von Hand gelötet werden. Die Länge der die Kongressbranche weltweit als Wachstumsmarkt, der Kongressteilnehmer als beliebtester Tou- Leitungen würde von Hamburg bis nach Madrid reichen. rist. Mit 120 D-Mark pro Tag gab ein Kongressbesucher mehr aus als der typische Städtebesucher, 10.000 Plätze in 17 Sälen – vom Konferenzzimmer für zudem blieb er länger, reiste selten früher ab und hatte abends viel Zeit für Kultur, Restaurants und 25 Personen bis zum großen Saal mit 3.000 Plätzen – Bars. Wichtige Kongresse bringen zudem nicht nur die Delegierten, sondern auch Begleiter, Presse boten Platz für die erwarteten Kongresse. 146 Millio- und Unternehmensvertreter in die Stadt, die ebenfalls nach Beendigung des Tagesprogramms Geld nen D-Mark, eine damals unglaublich hohe Summe, ausgeben. Zudem lag – und liegt bis heute – die „Kongresssaison“ nicht in der Hauptferienzeit, so kostete der Bau einschließlich der überdachten Vor- dass die Hotellerie auch außerhalb der Hochsaison ihre Betten auslasten kann. fahrt in der neuen Marseiller Straße – ehemals Bei den Ein Kopenhagener Tourismus-Forscher sah die Zahl der internationalen Kongresse zwischen Kirchhöfen. 1970 und 1975 auf etwa 10.000, bis 1985 auf rund 20.000 ansteigen. Mit dem modernsten Kon- Am 14. April 1973 eröffnete Bundespräsident gresszentrum Europas hatte Hamburg damit die einmalige Chance, an dieser Entwicklung teilzuha- Udo Jürgens beim Konzert im CCH. Gustav Heinemann das neue Congress Centrum Ham- ben. Mitbewerber wie Berlin oder gar Paris begannen erst, ihre Kongressinfrastruktur auszubauen.

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war auch führend bei der Inklusion: Für das gesamte Haus existierte eine Karte in Blindenschrift, sämtliche Fahrstuhlknöpfe waren bereits in Braille-Schrift beschriftet – heute selbstverständlich, in den 1970er Jahren ein absolutes Novum! Neben der Durchführung kann das CCH vor allem mit seiner Lage im Herzen der Stadt punk- ten. Während viele große Kongresszentren weitab der Innenstädte liegen, bietet die Hansestadt modernste Ausstattung in zentraler Lage, verkehrstechnisch erschlossen und mitten in einer Park- landschaft. Gleichzeitig verfügt Hamburg als großer europäischer Wirtschaftsstandort, Welthandels-, Hafen-, Konsular- und Universitätsstadt über alle erdenklichen Vorzüge für die Veranstaltung renom- mierter Kongresse. Hinzu kommt mit dem modernen, weitläufigen Messegelände die Möglichkeit, Messen und Kongresse zu Kongressmessen zu verbinden.

Gleichauf mit internationaler Konkurrenz Viele Kritiker sahen das CCH dennoch als eine Art Silvesterrakete – im ersten Moment hübsch an- Die technische Ausstattung des CCH erlaubte die Übertragung wichtiger Veranstaltungen in Rundfunk und Fernsehen. zuschauen, doch dann schnell verglüht. Insbesondere durch die große Zahl weltweit entstehender Kongresszentren wurde das Schreckgespenst eines unnützen Prestigebaus an die Wand gemalt, der am Ende des Tages den Steuerzahler nur viel Geld kosten würde. Doch dank seiner dynamischen Die Bundesrepublik spielte in dieser Zeit auf dem Kongressmarkt keine große Rolle: Zwar waren Akquise und Werbestrategie konnte sich das CCH nicht nur gegenüber nationalen Konkurrenten wie landesweit 248 Tagungsorte einschlägig verzeichnet, aber oft standen nur ein biederer Festsaal, dem ICC in Berlin, sondern auch gegenüber internationalen Schwergewichten wie Montreal oder eine veraltete Aula oder eine marode Stadthalle zur Verfügung. 1972 fanden daher nur wenige Yokohama behaupten. Schon nach vier Jahren konn- internationale Kongresse in der Bundesrepublik statt. Im Jahr 2013 hingegen war die Zahl auf 722 te der damalige Geschäftsführer Hans-Joachim Hoe- internationale und viele tausend kleinere Kongresse gestiegen, Deutschland hielt nun den zweiten renz vermelden, Hamburg habe sich auf dem Markt Platz hinter den USA. etablieren können. Mit einem Schlag habe man sich von einem unbekannten Ort zur größten und mo- Professionelle Kongressorganisation dernsten Tagungs- und Kongressanlage entwickelt. Der Einstieg in den hart umkämpften Markt war allerdings nicht leicht. In den 1970er Jahren kam es Das CCH bot den Teilnehmern der Kongresse nicht zunächst darauf an, den Standort Hamburg bekannt zu machen. Ein Stab von sechs Akquisiteuren nur Sitzplätze, sondern auf Fluren und in weitläufigen war daher ständig auf Promotion-Tour im Ausland unterwegs. Organisatoren großer Kongresse, Rei- Foyers viel Platz für einen entspannten und effekti- sebüros oder Fluggesellschaften mussten angesprochen und von den Vorzügen der Kongressabwick- ven Kongressablauf. lung in Hamburg überzeugt werden. Hinter einem Kongress steht eine komplexe Logistik: Organisa- Den Auftakt zu dem bis heute andauernden tion, Veranstaltungstechnik und Catering. „Full-Service“ lautete daher das Zauberwort: In Hamburg Kongress-Marathon bildeten 1973 das Deutsche konnte der Kunde das gesamte Management für einen Kongress in profes- Werbefilmforum mit 500 Teilnehmern und der Deut- sionelle Hände abgeben, ein „Rundum-sorglos-Paket“, dessen Vorzüge sich sche Sparkassentag, der erstmals 3.000 Delegierte schnell herumsprachen: Vom Komplett- oder Teilangebot inklusive Finanzie- in den Sälen des CCH versammelte. Von 1973 an 7.500 rung, Buchhaltung, Werbung und Öffentlichkeitsarbeit, Planung, Registrierung, erarbeitete sich das CCH einen Platz an der Spitze Hotelreservierungen – alles konnte dem CCH überlassen werden. Modernste der weltweiten Kongress-Veranstaltungsorte. 2013 Plätze bietet das Kongresstechnik wie Dolmetscher- und Diskussionssysteme, Projektions-, fanden im CCH 128 Tagungen und Kongresse sowie Internationale Ausrichtung: Mehrsprachige Kongresse sind CCH in 16 Sälen Bühnen- und Beleuchtungstechnik waren selbstverständlich. Aber das CCH 113 weitere Veranstaltungen statt. seit den Anfängen Standard im CCH.

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Von Symposien, Weltkongressen und Parteitagen Kongress in Hamburg wurden die Beförderungsgebühren 40 Tage Große Weltkongresse und kleine Spezialveranstaltungen prägen den Veran- weltweit neu verhandelt. 16 Sprachen wurden dabei si- staltungskalender bis heute. So die UN, die schon 1982 mit einer UNCI­TRAL- multan übersetzt und aus Protokollgründen komplett mit- dauerte der längste Tagung das Thema „Seerecht“ und „Gütertransport auf See“ bearbeitete, geschnitten. Kongress – der oder die 5. UNESCO-Weltkonferenz über Erwachsenenbildung (CONFINTEA). Einer der größten Erfolge war die Durchführung des Weltpostkongress Auf dem nur alle 12 bis 13 Jahre stattfindenden CONFINTEA-Kongress, bei 15. Welt-Krebskongresses 1990. Wissenschaftler und dem 1.500 Delegierte aus 160 Ländern ins CCH gekommen waren, wurden Ärzte aus der ganzen Welt debattierten die Neuerungen 1997 zwei grundlegende Dokumente verabschiedet: Die „Hamburger Dekla- in der Krebsbehandlung in rund 5.000 wissenschaftlichen ration“ und die „Agenda für die Zukunft“, die sich mit dem hohen Stellenwert der Erwachsenenbildung Vorträgen und Veranstaltungen. Messestand der Deutschen Bundespost auf dem Weltpost- und des lebenslangen Lernens beschäftigen. Denn nur Bildung ermögliche die Lösung der Heraus- Eine ähnliche Dimension hatte auch die 96. Lions kongress, 1984. forderungen des 21. Jahrhunderts. Club International Convention 2013. Der vier Tage dau- Ein ähnliche Reichweite hatte auch der 19. Weltpostkongress, dessen Teilnehmer aus 156 Na- ernde Kongress mit 23.000 Teilnehmern hatte einen tionen im Sommer 1984 das gesamte CCH bevölkerten. Auf dem mit 40 Tagen bis heute längsten Vorlauf von sechs Jahren. Nach 1978 und 1989 fand er erst zum dritten Mal in Europa statt. Am Jungfernstieg entstand der „Lions-Markt“ mit 30 Ständen, im CCH fan- den zahlreiche Seminare sowie die Vorbereitungen der District-Governor-Wahlen 2013/2014 und das traditionelle Bankett für die Melvin Jones Fellows statt. Rund 1.000 „Volunteers“ (Freiwillige) waren zur Betreuung der inter- nationalen Gäste im Einsatz. Und auch für den 34. Deutschen Evangelischen Kirchentag 2013 diente das CCH als zentraler Veranstal- tungsort: Knapp 120.000 Gäste füllten die insgesamt 2.500 Veranstaltungen, die sich über das gesamte Stadt- gebiet verteilten. In den großen Sälen des CCH und in den Messehallen fanden prominent besetzte Vorträge und Diskussionen zu den Themen Wirtschaft, Interreligiö­ ser Dialog und Inklusion statt. Legendär, wenn auch auf einer anderen Ebene, ist der Jahreskongress des Chaos Computer Clubs. Der 29. Chaos Communication Congress (29C3) kehrte 2012 aus Berlin wieder nach Hamburg zurück. Grund hierfür war die stetig und rasant wachsende Zahl an Teilnehmern. Im Jahr 2013 besuchten bereits 9.500 Computerspezialisten aus aller Welt das Treffen. Seit 1984 versammeln sie sich zwischen Weihnachten und Silvester zu der viertägigen „Meet friends in Hamburg“ hieß das Motto der 96. Lions Club Selbst die Vereinten Nationen nutzten in den 1980er Jahren das CCH für ihre Veranstaltungen. Konferenz. International Convention, 2013.

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bis zu 4.500 Aktionäre strömten am Tag der Hauptversammlung in die Säle. 2014 belegte das CCH nach einer Auswertung des „HV-Magazins für Hauptversammlungen“ unter den Kongresszentren in Deutschland erneut den ersten Platz bei der Ausrichtung von Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen. Neben der Technik und der Organisation schätzen die Veranstalter vor allem die Möglichkeit, umfangreiche kongressbegleitende Ausstellungen durchführen zu können.

3.100 Kilogramm Eisbein und 1.100 Gläser Senf Das CCH ist aber nicht nur Gastgeber von Kongressen und Konzernveranstaltungen, sondern bie- tet Jahr für Jahr eine große Bandbreite an Veranstaltungen jeglicher Art. Etwa das traditionelle Eis- bein-Essen der Vereinigung Hamburger Schiffsmakler und Schiffsagenten e.V. Die Wurzeln dieser Traditionsveranstaltung liegen im Jahr 1948, als erstmals 110 Teilnehmer zusammenkamen, um über den Wiederaufbau des Hamburger Hafens und der Hamburger Schifffahrt zu beraten. In den folgen- Das CCH ist ein wichtiger Veranstaltungsort für medizinische Kongresse. Ein fester Partner ist dabei das UKE. den Jahrzehnten wuchs diese kleine Schar – auch durch das immense Wachstum der internationalen Seeschifffahrt – immer weiter an, so dass sie seit 1973 gerngesehener Gast im CCH ist. Heute fol- gen mehr als 5.000 Gäste aus dem In- und Ausland der Einladung der Hamburger Schiffsmakler. An Neben den großen Veranstaltungen ist das CCH als Austragungsort vor allem für Fachkongresse solch einem Abend verarbeiten 48 Köche 3.100 Kilogramm Eisbein, 810 Kilogramm Sauerkraut und erste Wahl, die einen direkten Bezug zur Hamburger Wirtschafts- und Forschungslandschaft haben. Etwa Spezialkongresse aus dem maritimen Bereich wie die Internationale Konferenz über Marine-In- genieurwesen, die Europäische Konferenz für Meeresforschung und Ozeantechnologie oder die 2010 etablierte „Internationale Konferenz für Umweltschutz in den Weltmeeren“ (global maritime Lötarbeiten vorm Konzert – das Leben als environmental congress – gmec) am Rande der Fachmesse SMM. Eine enge Verflechtung zwischen dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Tontechniker im CCH dem CCH sorgt für die zahlreichen nationalen und internationalen medizinischen Kongresse, von de- Die Männer hinter den Mischpulten im CCH treffen immer den richtigen Ton. Das war schon 1973 so, als Dierk Schmude als einer der ersten Tontechniker dort anfing. nen der alle zwei Jahre tagende „Deutsche Interdisziplinäre Kongress für Intensiv- und Notfallmedi- zin“ mit 5.000 Teilnehmern die größte Veranstaltung darstellt. Kleinere Kongresse wie die Versamm- Als Dierk Schmude 1973 im CCH anfing, betraten er und seine Kollegen technisches Neuland. Man hatte zwar ein Kongresszentrum geplant, aber nicht daran gedacht, dass Kongress- lung der Deutschen Gesellschaft für Wundheilung, der „Europäische Kongress Impotenzforschung“ technik spezielle Kenntnisse erfordert. „Ton ist kein Beruf, den man von jetzt auf gleich ma- oder der seit 2011 in Hamburg stattfindende Deutsche Röntgenkongress versammeln regelmäßig chen kann. Jazz wird anders gemischt als ein Streichquartett.“ Schmude und seine Kollegen zwischen 2.500 und 3.000 renommierte Experten in den Sälen des CCH. mussten lernen: „Der Kunde sagte, was er wollte, und das haben wir gemacht.“ Daraus entstand über die Jahre nicht nur eine europaweit führende technische Abwicklung von Kongressen, Konzerten, Parteitagen und Jahreshauptversammlungen, sondern auch der Beliebter Ort für Jahreshauptversammlungen Beruf des Veranstaltungstechnikers. „Wir hatten immer drei Lehrlinge. Also haben wir uns darum gekümmert, dass die bei uns etwas lernen.“ Ob die Bedienung der großen Kino- Gefragt ist das CCH auch als Austragungsort für Jahreshauptversammlungen. Klanghafte Namen der lichtmaschinen, der damals revolutionären und sündhaft teuren Überblendtechnik aus der deutschen Wirtschaft wie Beiersdorf, Lufthansa, Jungheinrich, die Vereins- und Westbank und com- Schweiz oder der 24-Kanal-Mischpulte – das CCH verfügte über die modernste Technik. Trotzdem war oft genug Improvisationstalent ge- direct bank, Holsten, Intershop, MobilCom und die Norddeutsche Affinerie (heute Aurubis) haben im fragt: Bei der Welttournee von Harry Belafonte 1976/1977 blieb das Mischpult wegen fehlender Papiere beim dänischen Zoll hängen. „Die kamen um 17 Uhr, drei Stunden später sollte es losgehen.“ Das Problem: Die Stecker des Band-Equipments passten nicht zur CCH- CCH ihre Jahreshauptversammlungen abgehalten. Technik. „Wir sind dann alle in die Werkstatt und haben Stecker gelötet, was das Zeug hielt“, erinnert sich Schmude. Am Ende waren Den Anfang machte die Volkswagen AG, deren Hauptversammlung von 1993 bis 2012 insge- Band und Zuschauer von dem gelungenen Abend begeistert, den es ohne die „unsichtbaren“ Männer aus der Technik nicht gegeben hätte. samt 20-mal in Hamburg stattfand. Der Wolfsburger Automobilkonzern buchte das gesamte CCH,

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800 Kilogramm Erbsenpüree sowie 1.100 Gläser Senf. 180 Kellner sorgen für eine reibungslose und schnelle Verteilung der Portionen im Saal.

Beschwingt vom Takt der Musik Der Saal 3 des CCH ist Hamburgs größter Tanzsaal. Zwar sind inzwischen die beliebte Empore mit 500 Plätzen und die roten Wände verschwunden, die den Saal in ein plüschiges Licht tauchten, doch der Begeisterung für den Tanzsport tat dies keinen Abbruch. Viele rauschende Ballnächte dauerten bis in die frühen Morgenstunden. Bereits 1974 fand im CCH der „Internationale Tanzlehrerkongress“ INTAKO mit 2.000 Teilnehmern statt. Seitdem feiern nicht nur viele Hamburger Tanzschulen ihre Ab- tanzbälle in den Räumen des CCH, auch internationale Tanzveranstaltungen locken immer wieder zahlreiche Besucher zu den Ausscheidungswettkämpfen. Obwohl es in Hamburg auch andere belieb- Ein sogenannter Straßenfeger war das TV-Format „Allein gegen alle“, das mit Hans Rosenthal zu Gast im CCH war. te Säle gibt, ist das CCH Jahr für Jahr Gastgeber für eine Vielzahl von traditionsreichen Bällen: 30-mal tanzte hier der ADAC, der Hamburger Theaterball fand sogar 35-mal im CCH statt. Und von 1974 bis 1994 feierte die Stiftung der Hamburger Presse den Hamburger Presseball – eher eine Mediengala Seit den 1980er Jahren feiern auch Schüler, Eltern, Lehrer und Ehemalige der Seit 1986 findet als ein traditioneller Presseball – mit bis zu 3.000 Gästen im CCH. drei Hamburger katholischen Gymnasien Sankt-Ansgar-Schule, Sophie-Ba- rat-Schule und Niels-Stensen-Gymnasium in den Sälen des CCH. Begonnen der Hamburger hatte dieser Ball, der inzwischen zu einem der größten und traditionsreichs- Frauenball statt ten Bälle der Hansestadt gehört, im Curio-Haus an der Rothenbaumchaussee. Doch die dortigen Räume reichten schon bald nicht mehr aus, so dass sich die Veranstalter nach einer neuen Möglichkeit umsahen und diese im CCH fanden. In den früheren Jahr- zehnten diente der Ball vor allem dazu, die Schüler des Mädchen-Gymnasiums Sophie-Barat-Schule und des Jungen-Gymnasiums Sankt-Ansgar-Schule zusammenzubringen – natürlich nur zu einem rei- nen Austausch über Glaubensfragen. Nach der Aufhebung der Geschlechtertrennung an den Schulen hat der Ball heute noch einen Bezug zur Religion, hält doch traditionell der Hamburger Erzbischof die Begrüßungsansprache. Jeden Herbst sind die Säle des CCH Gastgeber für den seit 1986 stattfindenden großen Ham- burger Frauenball, eine bis heute in Europa einmalige Veranstaltung. Prominente Frauen wie Hella von Sinnen oder Mirjam Müntefering führen ihr Publikum, das aus ganz Deutschland und Europa angereist ist, durch den Abend. Zum Programm gehören auch Gastauftritte berühmter Musikerinnen wie Gitte Hænning oder auch Inga Rumpf, die mit ihrer Band Frumpy 1970 „nebenan“ in der Ernst- Merck-Halle einen ihrer ersten großen Auftritte hatte.

„Allein gegen alle“ im CCH Eine der großen Fernsehshows der ARD in den 1960er und 1970er Jahren war ebenfalls Gast im CCH: Hans Rosenthals Klassiker „Allein gegen alle“ gastierte am 15. Februar 1975 in der Hansestadt. Bei dieser beliebten Sendung trat ein Hörer in einem Frage-Antwort-Spiel gegen eine ganze Stadt an. Der Saal 3 im CCH ist seit der Eröffnung 1973 einer der beliebtesten Ballsäle Hamburgs. Bei einer richtigen Antwort ertönte ein Gong, bei einer falschen entschieden die drei Schiedsrichter

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Neben großen Galaveranstaltungen ist das CCH auch ein „Pflichttermin“ großer Künstler auf ihren Tourneen. Das musikalische Repertoire reicht dabei „Fritze Hitler wird von der „Andrew Lloyd Webber Musical Gala“ oder er nicht geheißen „Schwanensee“ des Russischen Staatsballetts über die Harlem Gospel Singers, Harry Belafonte, Udo Jür- haben.“ – Kultsatire gens, Roger Whittaker, Howard Carpendale oder die „Schtonk!“ im CCH Dubliners. Allein Herman van Veen spielte von 1973 Die legendäre Komödie des deutschen Kinos mit Uwe Ochsenknecht und Götz bis 1998 93-mal im ausverkauften CCH. George spielte in Teilen im CCH.

Sanierung und Ausbau zum „Neuen CCH“ Am 25. April 1983 präsentierte das Wochenmagazin „Stern“ die angeblichen Tagebücher Adolf Hitlers – Trotz international starken Wettbewerbsdrucks konnte die „Sensation“ wurde am Ende zu einem der größten Fünf Jahre lang waren die Stars der Musikszene Stargäste auf den jährlichen Verleihungen des ECHO im CCH. das CCH seine Spitzenposition in Deutschland über Presseskandale der Bundesrepublik Deutschland. vier Jahrzehnte behaupten. Um den wachsenden Die Redaktion hatte 62 Bände aus der Feder des Malers Konrad Kujau für über neun Millionen D-Mark Flächenbedarf der Kongressveranstalter decken zu erworben. Fachleute hatten zunächst die Echtheit sich für Vogelgesang. Zu den eigentlichen Fragen stellte Rosenthal der Stadt Sonderaufgaben, die an können, ist es im Jahr 2007 um einen Konferenztrakt bestätigt, eine Papieranalyse des BKA entlarvte jedoch die Fälschung, die sich allerdings schon im einem prominenten Ort stattfanden und von dort übertragen wurden. Da es sich um eine Live-Sen- mit sechs Konferenzsälen, einen Bankettsaal und eine Vorfeld an zahlreichen falschen Details abgezeichnet dung handelte, fungierte das CCH mit seiner modernen Konferenztechnik als Schnittstelle. Vom Saal 7.000 Quadratmeter große Ausstellungshalle erwei- hatte. Einem ehemaligen General war zum Beispiel ging ein Kanal zu den Ü-Wagen, von dort aus wiederum zu den weiteren Außenstellen. 1975 waren tert worden. Vor allem die Halle wurde dringend benö- aufgefallen, dass auf einem Einband die Initialen „FH“ statt „AH“ angebracht waren: „Fritze Hitler wird das die Schiffsbegrüßungsanlage in Wedel und der Jungfernstieg, wo verschiedene Chöre der Han- tigt, weil internationale Kongresse zunehmend durch er nicht geheißen haben“, bemerkte dazu ein SS- sestadt sangen. begleitende Ausstellungen ergänzt werden. General-Darsteller in der Kultsatire „Schtonk!“. Unter diesem Titel hatte Helmut Dietl 1992 den Skandal Videotechnik und Power-Point-Präsentation gab es in den 1970er Jahren noch nicht. Stattdes- Mehr als 40 Jahre nach seiner Eröffnung soll mit Uwe Ochsenknecht als Fälscher und Götz George sen waren die Säle 1 bis 4 mit klassischen Kinolichtmaschinen 35/70 Millimeter bzw. 16 Millimeter nun der Altbau des CCH für 194 Millionen Euro um- als Reporter der Illustrierten „HHPress“ verfilmt. ausgerüstet. Damit war das CCH vor der Zeit der heutigen Großkinos und Kinokomplexe auch Ham- fangreich saniert und die räumlichen Strukturen an die Die zentrale Szene der Pressekonferenz, auf der die angeblichen Tagebücher der staunenden Öffentlich- burgs größter Kinosaal. Uraufführungen heutiger Filmklassiker wie „Der Mann mit dem goldenen Anforderungen angepasst werden, die heute an mo- keit vorgestellt wurden, entstand in den Räumen des Colt“, „Der Spion, der mich liebte“ oder „Moonraker“ lockten regelmäßig Tausende begeisterte Kino- derne Kongresszentren gestellt werden. Im Mai 2014 CCH, das angebliche Verlagshaus war eine Montage des Messehauses und von Gebäuden an der Alster. fans in die Säle am Dammtor. gewann die Hamburger Arbeitsgemeinschaft agn Leusmann/Tim Hupe Architekten in einem internatio­ Sagenhafte Musiknächte im CCH nalen Wettbewerb die Ausschreibung um den Bau Von 1996 bis zum Jahr 2000 wurde der renommierte deutsche Musikpreis ECHO auf einer Gala im des „Neuen CCH“. Zwischen 2017 und 2019 sollen un- CCH überreicht, die auch im Fernsehen live übertragen wurde. Die Hamburger Premiere begann ter anderem der CCH-Vorplatz neu gestaltet und ein mit einem Novum: Erstmals wurden zusätzlich zu den 1.400 geladenen Gästen auch 1.500 Karten barrierefreier Zugang vom „Messebahnhof“ Damm- in den freien Verkauf gegeben. Sie waren bereits nach acht Minuten restlos ausverkauft. Der in tor sowie eine großzügige, lichtdurchflutete Eingangs- 21 Kategorien vergebene Preis holte nationale und internationale Stars wie Tina Turner, Pur und die halle gebaut werden. Im Inneren sieht der Entwurf für Fantastischen Vier, Alanis Morissette und Eros Ramazzotti, Jon Bon Jovi und Marius Müller-Western- das „Neue CCH“ insgesamt 36.000 Quadratmeter hagen sowie den Buena Vista Social Club auf die Bühne. Einer der bewegendsten Auftritte war die Nutzfläche vor. In bis zu 40 Räumen können dann bis Verleihung des Preises für das Lebenswerk an Hildegard Knef am 9. März 2000. zu 12.000 Sitzplätze angeboten werden.

150 151 KONZERTE UND KONGRESSE Architektonische CCH - CONGRESS CENTER HAMBURG Landmarken Das CCH prägt seit 1973 das Stadtbild. Gemeinsam mit Planten un Blomen und dem 1968 fertiggestellten Fern- sehturm ist es aus dem Herzen der Stadt nicht wegzu- denken. Der Haupteingang ist hier 1985 vom ehemaligen Botanischen Garten aus zu sehen.

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Blick ins CCH Treffpunkt Foyer Wie schon die Fassade setzte auch die Im Gegensatz zu anderen Kongresszentren bestach Innenarchitektur auf modernes Design. Für das CCH in den 1970er Jahren durch seine Weitläufigkeit. die unterschiedlichen Veranstaltungsarten Das großzügige Foyer bot den Teilnehmern unter- bot das CCH neben den großen Sälen auch schiedlicher Kongresse die Möglichkeit zum Austausch kleinere Konferenzräume. jenseits der Säle.

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Stars im CCH 1 ABBA prägte die Musik die 1970er Jahre und durfte daher im CCH nicht fehlen. 2 Herman van Veen war einer der Dauergäste im CCH. 3 „A Chorus Line“, eines der erfolgreichsten Broadway-Musicals, feierte 1975 Premiere und begeisterte auch das Publikum im CCH.

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Klassische Klänge Der berühmte griechische Komponist Mikis Theodorakis machte auf einer seiner zahlrei- chen Welttourneen 1975 auch Station im CCH. 3

156 157 KONZERTE UND KONGRESSE CCH - CONGRESS CENTER HAMBURG Wegweisende Technik Auf dem 19. Weltpostkongress 1984 in Hamburg präsentierte die Deutsche Bundespost eine moderne Sortieranlage zur Vorbereitung des Paket- transports per Bahn.

Sichtbar in der Stadt Messeplakate werben bis heute an vielen Stellen der Stadt für die Veranstaltungen im CCH. Die Gestaltung der Plakate spiegelt den Geschmack der jeweiligen Zeit wider.

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Fachkongresse 1 Kommunikationstag 1982: Ein Roboter symbolisierte, wie die Technik der Zukunft aussehen könnte. 2 WPA 1993: Auf dem Weltpsychiatriekongress konnten Fachartikel per Computer recherchiert werden. 3 COSPAR 1994: Eine originale Weltraumkapsel war das Highlight auf dem Weltraumkongress.

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Lichtspiele Der Saal 3 wird mit über 1.200 mehrfarbigen Beleuchtungskörpern zum Strahlen gebracht. Die unterschiedlichsten Lichtspiele entstehen durch magnetische Farbwechsel und Filter aus Glas und Cinemoid. 3

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Das vielseitige CCH

1 Neue Ausstellungshalle: Auf der Jahreshaupt- versammlung der Volkswagen AG zeigt Mitten im Umbau das Unternehmen die neuesten Modelle. Nach der Jahrtausendwende begannen umfassende 2 Große Kunst: 2008 fand im CCH die größte Umbauten am CCH – Congress Centrum Hamburg. Jörg-Immendorff-Ausstellung statt. Eine große neue Ausstellungshalle und ein neuer Kon- 3 Nach der Erweiterung: Fassade des 3 ferenztrakt machten das CCH noch attraktiver. Beides neuen Konferenztraktes. wurde 2007 eingeweiht.

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Platz für große Events Der Saal 1 ist der größte Saal im CCH. Als er 1973 eröff- net wurde, war er mit drei Filmrollenformaten ausge- stattet: 70, 35 und 16 Millimeter. Heute verfügt der Saal über eine hochmoderne multifunktionale Audiotechnik, die mit dem Sinus – Systems Integration Award ausge- zeichnet wurde. Dieser Preis wird an Projekte vergeben, die sich durch den kreativen Einsatz von Medientechnik und Systemintegration ausgezeichnet haben.

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Große Verleihungen 1 Women’s World Awards: Ankunft von Whitney Houston Live on Stage am presseumlagerten Haupteingang, 2004. Tina Turner war einer der Stargäste der ECHO-Verleihung 2 ECHO 2000: Die Boxweltmeister Vitali und 2000. Neben der Sängerin aus Tennessee standen Wladimir Klitschko. auch internationale Musiker wie Ricky Martin, Buena Vista 3 Women’s World Awards: 2004 fand die Verleihung an 3 Social Club oder Tom Jones an diesem Abend auf der Waris Dirie im CCH statt. Bühne im CCH.

166 KONZERTE UND KONGRESSE CCH - CONGRESS CENTER HAMBURG Ein gerngesehener Gast – der Dalai Lama im CCH 20.000 Zuschauer füllen die Säle, wenn das politische und geistige Oberhaupt der Tibeter Frieden und Mitgefühl predigt.

1991 besuchte der 14. Dalai Lama erstmals das CCH. Und weil das seit 1959 im indischen Exil leben- de politische und religiöse Oberhaupt der Tibeter mehr Publikum anzieht, als die meisten Säle fassen können, trat der inzwischen 79-Jährige auch im August 2014 wieder im CCH auf. Seinem Eröffnungsvortrag über allgemeingültige menschliche Werte und interreligiösen Dialog folgten über 5.000 Zuhörer, wobei der Friedensnobelpreisträger auch immer wieder das Gespräch mit den Anwesenden suchte. Vier Tage lang besuchten rund 20.000 Menschen ein umfangreiches Vortragsprogramm, das neben spirituellen und ethischen Themen auch politische Fragen aufgriff – wie aktuelle Konflikte oder die Zukunft der bislang nicht gelösten Tibetfrage. Einen Höhepunkt bildete die vierstündige Medita­ tion mit 5.500 Gläubigen zum Abschluss des Besuches. Das große Interesse an der charismatischen Person ist auch mit den Besonderheiten des Bud- dhismus zu erklären: Der Junge Lhamo Dondrub wurde am 6. Juli 1935 als eines von sieben Kindern einer Bauernfamilie in Nordosttibet geboren. Im Alter von zwei Jahren wurde er von aus der fernen Hauptstadt Lhasa angereisten Mönchen als Reinkarnation des vier Jahre zuvor verstorbenen 13. Dalai Lama erkannt und 1940 als Seine Heiligkeit Tendzin Gyatsho inthronisiert. In seiner Heimat wird der Dalai Lama, übersetzt etwa „Gottkönig“ oder „Ozean der Weisheit“, wie Buddha verehrt. Gleichzeitig steht der Dalai Lama für einen friedlichen Freiheitskampf Tibets: Nach der chinesi- schen Invasion 1950 und dem erfolglosen Tibetaufstand floh er im selben Jahr ins indische Exil, von wo aus er einen gewaltlosen Widerstand gegen China predigt. 1989 wurde er für sein Engage- ment mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Da die Volksrepublik China Tibet als abtrün- „Frieden fällt nicht nige Provinz betrachtet, führen politische Gesten vom Himmel.“ – etwa der Empfang des Dalai Lama durch Bun- deskanzlerin Merkel – immer wieder zu scharfen chinesischen Protesten und diplomatischen Span- nungen. 2011 bat der Dalai Lama um die Entbin- dung von seinen politischen Ämtern, um sich voll auf die religiöse Führung des tibetischen Volkes konzentrieren zu können. In seinen Reden und Schriften setzt er sich für Gewaltlosigkeit, bud- dhistische Philosophie und Lebenspraxis sowie für Frieden und Mitgefühl ein. Der Dalai Lama während einem seiner Vorträge im CCH, 2014.

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Politische Legenden im CCH Frisch gewählt 1 Michail Gorbatschow wird vor dem CCH von Bernd Aufderheide begrüßt, 2004. Einen ihrer ersten Auftritte nach ihrem Amtsantritt hatte die Bundeskanzlerin Angela Merkel 2005 im CCH. 2 Willy Brandt: der damalige Bundeskanzler und Bürger- Sie hielt eine Rede zu den Koalitionsverhandlungen meister Hans-Ulrich Klose im Saal 3 in den 1970er Jahren. auf der Tagung der Kommunalpolitischen Vereinigung der 3 Helmut Schmidt: der Altkanzler beim SPD- 3 CDU und CSU. Bundesparteitag 2007.

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Chaos im CCH Für jede Veranstaltung 2012 kehrte der Chaos Computer Club mit seinem Chaos Communication Congress – 29C3 – nach Hamburg zurück. bestens ausgestattet Der Grund: Der bisherige Veranstaltungsort in Berlin war zu klein geworden. Das CCH bot Platz für die über 1 Medizin: 93. Deutscher Röntgenkongress, 2012. 9.000 Teilnehmer, die die verschiedenen Veranstaltun­gen 2 Politik: Wahlmedienzentrum im CCH, 2011. besuchten. Die dreifüßige Rakete „Fairydust“ ist das 3 Wirtschaft: Hauptversammlung Aurubis AG, 2012. Erkennungszeichen der Hacker-Vereinigung.

172 Die HMC ist mit moderner Archi- tektur und sehr guter Infrastruktur bestes für die Zukunft aufgestellt.

Der Weg in die Zukunft

Messen und Kongresse sind ein Spiegel der Märkte. Über die Jahrhundertehaben sie sich immer wieder verändert. Ein Rück- und Ausblick. AUSBLICK

Deutsche Messegesellschaften haben Trends gesetzt Der Handel und damit das Messewesen hat mehr als jede Diplomatie Grenzen überwunden, hat Wohlstand geschaffen und zu immer neuen Ideen angespornt. Mit der Verleihung von Messeprivile- gien wurde schon im Mittelalter Standortpolitik betrieben. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Deutschland gilt dank der meisten Weltleitmessen, zahlreicher erfolgreicher Messegesellschaften und modernster Ausstellungsflächen weltweit als Messeland Nummer Eins. Nicht zuletzt deshalb, weil es deutsche Messegesellschaften waren, die Trends nicht nur erkannt, sondern gesetzt haben.

Schritt in die Internationalisierung Immer wieder gab es Zäsuren wie die Wandlung der Messen von reinen Verkaufsveranstaltungen im Mittelalter hin zu Mustermessen, auf denen ab dem 18. Jahrhundert unverkäufliche Exponate gezeigt wurden, die vom Kunden bestellt werden konnten. Im Messewesen wurde zunehmend un- terschieden zwischen Veranstaltungen, die sich an ein Fachpublikum oder eine breite Öffentlichkeit richten. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts begannen dann erste deutsche Messegesellschaften damit, ihren Fokus auch auf die Durchführung eigener Messen im Ausland zu richten. Diese Internationali- sierung stieß angesichts der teuren heimischen Messegelände auf viel Unverständnis, war aber im Messen und Kongresse bieten Platz für die persönliche Begegnung - auch im digitalen Zeitalter. Zuge der Globalisierung ein wichtiger Schritt, eigene Aussteller auf neue Märkte zu begleiten und da- mit am heimischen Standort zu halten. Darüber hinaus konnten ausländische Aussteller für Messen in Deutschland gewonnen werden. Vorreiter waren die deutschen Messegesellschaften auch bei der Zusammenführung des Mes- Menschen wollen sich se- und Kongressgeschäftes. So entstand 1973 in Hamburg mit dem CCH – Congress Center Ham- burg Europas erstes reines Kongresszentrum, das es aufgrund der räumlichen Nähe zur Hamburg begegnen Messe erstmals ermöglichte, Messe und Kongresse als ergänzende Veranstaltungen zu kombinieren. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und Globalisierung werden Vorschneller Abgesang auf Messen und Kongresse sich auch Messen und Kongresse wandeln. Nur wie? Doch trotz dieser Innovationskraft sahen viele Experten mit dem Beginn der Digitalisierung und dem Siegeszug des Internets um die Jahrtausendwende das Ende des Messe- und Kongress- geschäftes gekommen. Warum, so die zentrale Frage, sollten Besucher und Unternehmen den Messen und Kongresse – der Wandel in die Zukunft großen Aufwand für Messe- und Kongressbesuche noch auf sich nehmen, wenn sich künftig al- Messen und Kongresse sind so alt, wie die Menschheit selbst. Das Lagerfeuer war für unsere Vor- les virtuell darstellen lassen würde? Warum lange, kostenintensi- fahren der Ort, sich auszutauschen und Kontakte zu pflegen. In sicheren Höhlen wurden ersten ve Anreise in Kauf nehmen, wenn der Austausch über Kontinente Kongresse abgehalten, Entscheidungen getroffen und Wissen weitergegeben. Aus der Erfindung hinweg in Echtzeit erfolgen kann? Welchen Nutzen haben wenige des Tauschhandels entwickelte sich später über Jahrtausende das moderne Messewesen. Bereits Tage dauernde Messen oder Kongresse, wenn sie doch ganzjäh- Digitale in der Antike entstanden an den Kreuzungen der großen Handelsstraßen, an denen die Karawanen rig im Worldwide-Web (www) stattfinden können? Und: Wird nicht Welten ersetzen aufeinander trafen, kleine Marktplätze. Aus einfachen Verkaufsständen wurden fliegende Bauten spätestens der demografische Wandel mit Generationen, die mit und schließlich moderne Messegelände, von denen bis heute einige die einstmals wichtigsten Ver- und „in“ der virtuellen Welt aufwachsen, zu einem Messe- und den persönlichen kehrsknotenpunkte markieren. Kongresssterben führen? Austauch nicht

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Hier passt der Satz, der wahlweise dem Physiknobelpreisträger Niels Bohr, dem englischen Pre- mier Winston Churchill, dem Kabarettisten Karl Valentin oder diversen Schriftstellern zugeschrieben wird: „Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen.“ Wirtschaftswissen- schaftler, Ökonomen und Branchenexperten versuchen seit Jahren mit Hochdruck die Entwicklung des Messe – und Kongresswesens zu antizipieren. Doch wie in allen Bereichen der Weltwirtschaft werfen die zunehmende Globalisierung und die rasant voranschreitende Digitalisierung mehr Fra- gen auf, als Antworten gegeben werden können. Szenarien, die eben noch die Zukunft spiegelten, sind wenige Jahre später Makulatur – ja man erinnert sich kaum noch an sie.

Keine Macht den Avataren So galten virtuelle Welten wie „Second Life“, in denen sogenannte Avatare als grafische Stellvertreter realer Personen agieren, noch in Zukunftsstudien des Jahres 2007 als große Bedrohung, wenn nicht als „Totengräber“ des analogen Messe- und Kongressgeschäftes. Pessimisten sahen die großen Messe- und Kongressgelände schon als Bauruinen. Aber nur sieben Jahre später gilt diese Sichtweise als weitgehend überholt. An vielen deut- schen Messe- und Kongressplätzen wird gebaut oder umfassend modernisiert. Es wäre allerdings falsch, daraus den Schluss zu ziehen, im Messe- und Kongressgeschäft hätte sich durch die Digi- talisierung nichts verändert. Nur: Die Veränderungen sind häufig anderer Natur, als zunächst ange- nommen.

Die digitale Welt trifft sich persönlich Die Messehallen und Kongressräume müssen zu den Besucherzielgruppen passen. Beinahe kurios ist, dass gerade Veranstaltungen, die eine direkte Verbindung zur digitalen Welt ha- ben, große Besucherzuwächse verzeichnen können. Beispielsweise der Bereich der Computerspie- le, der hunderttausende Besucher zu entsprechenden Messen lockt. Aber auch eine Veranstaltung Eine Bündelung von Special-Interest-Messen kann laut einer AUMA-Studie nur dann attraktivitäts- wie der Chaos Communication Congress, ein Treffen von Computerexperten, das jährlich im CCH steigernd sein, wenn alle Segmente „zum Lebensstil der Besucherzielgruppen passen und neue stattfindet, konnte die Teilnehmerzahl zuletzt innerhalb eines Jahres um 50 Prozent steigern. interessante Berührungsmöglichkeiten mit Produkten und Dienstleistungen eröffnen“. Eine beliebige Umgekehrt gibt es jedoch auch negative Einflüsse der Digitalisierung. Indirekt führt die Nutzung Messebündelung berge dagegen erhebliche Risiken. Besucher könnten ein in weiten Teilen uninte- neuer Medien beispielsweise im Zeitschriften- und Zeitungsbereich zu sinkenden Auflagen, was sich ressantes Angebot befürchten und ausbleiben, Aussteller könnten zu viele Besucher antreffen, die in der Konsequenz auch auf Zulieferindustrien und entsprechende nicht zu ihrer Zielgruppe gehören. Fachmessen auswirkt. Und im Bereich der Publikumsmessen sind Erfolg und Misserfolg zunehmend abhängig von der Intensität des Es geht um das Erlebnis 50% Internethandels mit den entsprechenden Produkten. Einig sind sich nahezu alle Studien in dem Ergebnis, dass es die größte aktuelle Herausforderung für mehr Teilnehmer Für die Messegesellschaften bedeutet das, sie müssen die Messe- und Kongressgesellschaften ist, das junge, wenig messeaffine Publikum zu erreichen. Um beim Chaos Profile ihrer Publikumsmessen schärfen. Statt im Sinne eines Markt- diese Generationen, die in unterschiedlicher Intensität mit Computern, Internet und digitalen Ange- platzes nahezu alles anzubieten, wird es in Zukunft darum gehen, boten aufgewachsen sind, für Messen zu gewinnen, reicht es nicht aus, nur Produkte auszustellen. Communication einzelne Segmente noch trennschärfer, umfassender und spannen- Es muss ein Erlebnisraum Messe mit Events und der Möglichkeit sich aktiv zu beteiligen geschaffen Congress der darzustellen. werden – auch außerhalb der Messehallen und der eigentlichen Messezeiten.

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HMC – starker Partner der Metropolregion Im analogen Messe- und Kongressgeschäft wird die Zukunftsstrategie der Gesellschaften abhängig von Standort und Portfolio jedoch sehr unterschiedlich ausfallen. Die Hamburg Messe und Con- gress GmbH setzt im Bereich der Fachmessen neben den Themenfeldern Gastronomie, Handwerk und Technologie besonders auf die Inhalte der Hamburg Cluster „Maritime Wirtschaft“, „Erneuerbare Energien“, „Luftfahrt“ und „Health und Pharma“. Die enge Zusammenarbeit mit den starken Bran- chen der Metropolregion wird zum gegenseitigen Nutzen und zur Stärkung des Standortes weiter intensiviert. Parallel zur weiteren Internationalisierung vorhandener Leitmessen, werden neue Veranstal- tungen entwickelt, das Profil der Publikumsmessen geschärft und das sehr erfolgreiche Gastveran- staltungsgeschäft erweitert. Mit ihrer Auslandsabteilung wird sich die HMC weiterhin besonders um die Durchführung deutscher Auslandsbeteiligung bewerben, die einen direkten thematischen Bezug zu eigenen Messen oder wichtigen Branchen in Hamburg haben. Ein weiterer Fokus wird auf dem Ausbau des Kongressgeschäftes in einem modernisierten CCH – Congress Center Hamburg liegen. Nach der Bauphase wird es ab dem Jahr 2019 darum gehen, die Spitzenposition, die das CCH 40 Jahre lang inne hat, wieder einzunehmen und zu be- haupten. In modernen, zeitgemäßen Räumlichkeiten, unterstützt durch die Möglichkeiten der neuen Medien und Technologie, werden hochwertige Kongresse, Tagungen und andere Veranstaltungen am attraktiven Standort Hamburg auf dem hohen Niveau durchgeführt, das die Kunden seit Jahrzehnten Dieser Entwurf zur Revitalisierung des CCH gewann den Fassadenwettbewerb. Der Umbau startet 2017. gewohnt sind. Dabei werden Erlebnischarakter und Emotionalisierung der Veranstaltungen eine tra- gende Rolle spielen.

Das gilt für Publikumsmessen ebenso wie für Fachmessen. Denn in allen Branchen übernehmen Begegnung gestalten zunehmend Führungskräfte die Verantwortung, die mit den neuen Medien aufgewachsen sind. Nur Globalisierung und Digitalisierung haben nach wenigen Jahren ihren Schrecken für das analoge Messe- durch die Integration virtueller Medien in den gesamten Messeprozess können Veranstalter die ho- und Kongressgeschäft verloren. Stattdessen geht es nun darum, die neuen Möglichkeiten zu nutzen. hen Ansprüche dieser Zielgruppe an Informationsdichte, Zielgruppengenauigkeit und Geschwindig- Angst davor, dass die Veranstaltungen in großer Zahl in virtuelle Welten abwandern könnten, hat in keit decken. Die digitale und die analoge Messewelt werden im Jahr 2014 von Experten als gleichbe- Hamburg, wie in der ganzen Branche niemand mehr. Viele Umfragen belegen, dass die direkte Begeg- rechtigte, sich sinnvoll ergänzende Partner betrachtet. nung bei allen technischen Möglichkeiten durch nichts zu ersetzen ist. Menschen möchten sich auch im vermeintlich sachlichen Geschäftsleben persönlich begegnen, möchten einen gegenseitigen Eindruck Messen dauern das ganze Jahr gewinnen und miteinander sprechen. Künftig könnte die wenige Tage dauernde „physische“ Messe zum Höhepunkt einer im Netz ganz- In einer Zeit, in der Informationen überall und immer verfüg- jährig verlängerten Veranstaltung werden. Die Möglichkeiten des Matchmaking und permanenten bar sind, wird es für die Messe- und Kongressgesellschaften künftig Informationsflusses stärken die Veranstalter der Fachmessen als diejenigen, die die Branchen zu- also weniger darum gehen, Inhalte zu gestalten. Vielmehr werden 2019 sammenbringen. Analog zur Ausweitung des Geschäftes durch Auslandsmessen im 20. Jahrhundert sie ihren Fokus darauf legen, die Begegnungen zu gestalten. Und wird die Revitalisie- werden Messegesellschaft künftig ihre Kunden noch weit stärker im Netz suchen und ansprechen, so bleibt bei aller Unsicherheit über viele Entwicklungen im Messe- um den heimischen Messeplatz zu stärken. Dieses Vorgehen dürfte in Zukunft allen Messegesell- und Kongressgeschäftes eines wohl sicher: Die Lagerfeuer werden rung des CCH schaften gemein sein. weiter brennen. abgeschlossen sein

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Interview mit der HMC-Geschäftsführung Bernd Aufderheide ist seit 2004 Geschäftsführer der Hamburg Messe und Congress GmbH und seit 2007 Vorsitzender der Geschäftsführung. Dr. Ulla Kopp wurde 2007 Geschäftsführerin und war damit eine der ersten Frauen in der Geschäftsführung einer deutschen Messegesellschaft.

650 Jahre Messen in Hamburg. Welche Bedeutung hat das für die Stadt? Bernd Aufderheide: Das Jubiläum unterstreicht Hamburgs Tradition als starker Handelsplatz. Es zeigt, dass Hamburg mehr ist als der Hafen, der natürlich ein wesentlicher Grundpfeiler des Wohl- standes der Stadt ist. Aber Hamburg ist auch ein Medienplatz, Kreativstandort und international führend in der Luftfahrttechnik. Hinzu kommen starke Wirtschaftszweige wie Erneuerbare Energi- en, Medizintechnik und die maritime Branche. Diese Stärken bildet die Hamburg Messe und Con- gress GmbH mit ihren internationalen Veranstaltungen ab und trägt durch die enge Verzahnung maßgeblich zur internationalen Positionierung des Standortes bei. Dr. Ulla Kopp: Wir sind als Hamburg Messe und Congress GmbH zu einem wichtigen Partner der Ziehen seit 2007 an einem Strang: Dr. Ulla Kopp und Bernd Aufderheide. Stadt und ihrer Wirtschaft herangewachsen. Jährlich besuchen mehr als einer Million Menschen aus aller Welt unser Fach- und Publikumsmessen oder Veranstaltungen im CCH. Großveranstal- tungen wie der Deutsche Evangelische Kirchentag oder die Lions Clubs International Convention Bauprojekte an. Im Juni des Jahres wurde der Grundstein für den Bau der Neuen Messe gelegt im Jahr 2013 finden hauptsächlich auf unseren Geländen statt und werden von uns in Teilen oder – neben der HafenCity, der Elbphilharmonie und der Flughafen-S-Bahn eines der großen Projekte vollständig organisiert. Das gilt auch für den Hafengeburtstag, den wir seit 1994 im Auftrag der der Stadt. Gleichzeitig hatte sich die Debatte um eine dringend benötigte Erweiterung des CCH Stadt organisieren. festgefahren. Die Pläne, eine Ausstellungshalle auf dem Gelände des Rosengartens in Planten Bernd Aufderheide: Die HMC ist Wirtschaftsförderer, Unternehmer und durch die Aktivitäten auf un Blomen zu bauen, stießen auf heftige Kritik in der Bevölkerung und in der Politik. Mir war Weltausstellungen und Auslandsmessen auch ein wichtiger Imageträger der Stadt. Praktisch be- klar, wir mussten eine Alternative entwickeln. Das ist dann sehr schnell gelungen. Mit dem Bau deutet das, dass unsere Veranstaltungen heute für rund eine Million zusätzliche Übernachtungen der heutigen Halle H am CCH konnten wir nicht nur die Wege zwischen Konferenzräumen und pro Jahr sorgen. Und unsere Kunden geben außerhalb der HMC Ausstellungen deutlich verkürzen, die Integration der Halle in den Park hat diesen weitgehend bis zu 700 Millionen Euro in der Stadt aus. Das schafft und sichert unberührt gelassen. einige tausend Arbeitsplätze im Einzelhandel, der Hotellerie und Dr. Ulla Kopp: 2007 haben wir eine Neustrukturierung vollzogen. Die beiden Geschäftsbereiche 700 Mio. im Dienstleistungsgewerbe. Hamburg Messe und CCH, die bislang von jeweils einem Geschäftsführer verhältnismäßig unab- geben unsere Kunden hängig voneinander geleitet wurden, wurden miteinander verzahnt. Das hatte eine grundlegende Was waren die wichtigsten Themen bei Ihrem Amtsantritt? Neuordnung der Arbeitsaufteilung im Unternehmen zur Folge. Diese funktionale Ordnung zu eta- in der Stadt aus Bernd Aufderheide: Rückblickend ging es gleich richtig los. Als ich blieren und damit innerhalb der Organisation die Voraussetzung für das erreichte Wachstum zu Bernd Aufderheide 2004 als Geschäftsführer der HMC begann, standen zwei große schaffen, war für mich das wichtigste Thema.

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Was waren die größten Herausforderungen? sind jedoch wie bei den Gastveranstaltungen Dr. Ulla Kopp: Wenn Sie nach mehr als 30 Jahren die Organisationsstrukturen eines Unter- und unseren eigenen Messen deutlich gestie- nehmens verändern und neue Prozesse einführen, kann das nur gelingen, wenn die Mitar- gen. Wir haben in allen Bereichen ein erfreuli- beiter diese Veränderungen mittragen. Natürlich knirschte es da auch mal an der einen oder ches Wachstum zu verzeichnen. anderen Stelle. Heute bin ich sehr froh und auch ein wenig stolz, weil ich glaube, dass uns Dr. Ulla Kopp: Wachstum ist ein Stichwort. In dieser Change-Prozess sehr gut gelungen ist. den Jahren 2004/2005 hat die Hamburg Messe Bernd Aufderheide: Das kann ich nur unterstreichen. Zu den Herausforderungen bei den und Congress sich zum Ziel gesetzt, den Um- Bauprojekten gehörte es vor allem, eine hohe Akzeptanz und ein Verständnis für die Not- satz von damals rund 50 Millionen Euro bis zum wendigkeit in der Bevölkerung zu schaffen. Die Jahr 2016 zu verdoppeln. Das wird uns gelin- Lösung zur CCH-Erweiterung wurde letztlich gen. Bereits 2014 haben wir rund 98 Millionen schnell angenommen. Bei der Messeerweite- Euro umgesetzt. rung haben wir in einem engen Austausch mit den Bewohnern des Karoviertels und dem be- Was ist das Besondere am Messe- und Kon- nachbarten Fleischgroßmarkt gebaut. Das ist gressgeschäft? über die Jahre zu einer wirklich fruchtbaren Part- Bernd Aufderheide: Es ist vor allem vielfältig.

nerschaft geworden. Wir haben im Vergleich zu anderen Wirtschafts- Bernd Aufderheide leitet die HMC schon seit über zehn Jah- unternehmen ein breites Themenspektrum und ren. Während dieser Zeit hat sich der Umsatz fast verdoppelt. Was hat sich seitdem verändert? eine Fülle an Zielgruppen mit ganz unterschied- Bernd Aufderheide: Rein optisch ist das neue lichen Erwartungen. Da sind in erster Linie die Aussteller und Besucher, die vom Konzept einer Messegelände mit seinen Glasfassaden und Messe oder den Vorteilen eines Kongressstandortes überzeugt werden müssen. Sie haben mit dem Skywalk zwischen den beiden Geländetei- Handwerks- und Industrieverbänden, weltweit agierenden Konzernen, internationalen Delegatio- len zu einem markanten Punkt – ja einem Wahr- nen oder stark spezialisierten Branchen zu tun. Und im Hintergrund spielen die Interessen von zeichen – in der Stadt geworden. Viele Touristen Lobbyisten, der Politik und starken Wirtschaftszweigen eine Rolle. fotografieren den Übergang zusammen mit dem Dr. Ulla Kopp: … und die sind selten deckungsgleich. Dazu kommt, dass wir – wie alle deutschen Fernsehturm. Wichtig sind aber die wirtschaftli- Messegesellschaften – ein Unternehmen der öffentlichen Hand sind, von dem erwartet wird, chen Erfolge, die wir dank der Erweiterung er- dass seine Tätigkeit über ein positives Geschäftsergebnis hinaus einen Mehrwert für die Stadt zielen konnten. Unsere Leitmessen INTERNOR- erzielt. Wie schon angesprochen, ist eine wesentliche Erwartung, dass wir mit unseren Veranstal- GA und SMM belegen jeden Quadratmeter des tungen auch dafür sorgen, dass internationale Besucher nach Hamburg kommen. Geländes und für Gastveranstalter, die bei uns Flächen und Services mieten beziehungsweise Was sind für Sie die wichtigsten Ereignisse der vergangenen Jahre? kaufen, um hier eigene Messen durchzuführen, Bernd Aufderheide: Wenn man zehn Jahre zurückblickt, sind das natürlich eine ganze Menge. Ich sind die neuen Hallen hochattraktiv. Im Kon- möchte vier herausgreifen: Da ist zunächst die erfolgreiche Etablierung unserer SMM-Töchter im gressbereich haben wir uns in den zurückliegen- indischen Mumbai und in Istanbul. Außerdem drei sehr anspruchsvolle Auftritte auf den Weltaus- den Jahren noch stärker auf mittlere und große stellungen 2008, 2010 und 2012. Herausragend war aber mit Sicherheit der Gewinn der Weltleit- Fachkongresse und -veranstaltungen fokussiert. messe WindEnergy für Hamburg. Und ich freue mich sehr, dass es uns unter äußerst schwierigen In der Summe haben wir dadurch etwas weni- Umständen gelungen ist, gemeinsam mit der Messe Frankfurt aus dem Stand mit der nordstil Dr. Ulla Kopp ist überzeugt: Der Change-Prozess ab 2007 konnte nur im Einklang mit den Mitarbeitern gelingen. ger Veranstaltungen im CCH, Umsatz und Ertrag eine bedeutende Ordermesse in Hamburg zu etablieren.

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Dr. Ulla Kopp: Das internationale Wettbewerbsumfeld ist härter geworden, die Märkte werden sich weiter segmentieren. In einer Zeit, in der Informationen jederzeit und überall abgerufen wer- den können, wird es noch viel stärker darum gehen, Aussteller und Besucher durch klug konzi- pierte Angebote zusammen zu bringen – das heißt, Begegnungen attraktiv und mit einem hohen Nutzwert zu gestalten.

Was plant die HMC? Bernd Aufderheide: Unsere Strategie für die Zukunft sieht vor allem eine Annährung des Umsat- zes der weniger starken ungeraden Jahre an die starken geraden Jahre vor. Das bedeutet für uns, das Wachstum aus bestehenden Messen weiter auszubauen. Beispiele sind die COTECA oder die Fleischerfachmesse, die beide aus der INTERNORGA heraus entwickelt wurden. Außerdem sehen wir großes, zusätzliches Potential im Gastveranstaltungsgeschäft. Darüber hinaus werden wir Ko- operationen intensivieren und neue eingehen, um Synergien mit externen Partnern oder der Stadt noch stärker zu nutzen. Beispiel: Kreuzschifffahrt. Und wir erwarten ein qualitativ und quantitativ deutlich erweitertes Kongressgeschäft in einem modernen CCH ab 2019. Dr. Ulla Kopp: Ziel ist es, bis 2024/25 trotz der sehr hohen Infrastrukturaufwendungen ein über zwei Jahre ausgeglichenes Geschäftsergebnis zu erwirtschaften. Im Personalbereich müssen wir uns dem demografischen Wandel stellen und dafür sorgen, dass uns weiterhin sehr gute Fach- kräfte zur Verfügung stehen. Einer der Zukunftswünsche von Dr. Ulla Kopp und Bernd Aufderheide: Hamburg muss mehr als Messestadt sichtbar sein. Was wünschen Sie sich für die Zukunft? Dr. Ulla Kopp: Dass wir unseren Ruf als guter Arbeitgeber weiter ausbauen. Dass wir in ungera- Dr. Ulla Kopp: Mir ist wichtig, dass die HMC sich als attraktiver Arbeitgeber profiliert hat. Wir den Jahren neue, große Messen etablieren können, idealerweise innerhalb der Wirtschaftscluster haben sehr viele Mitarbeiter, die sich weit über ihr direktes Aufgabengebiet hinaus Gedanken der Freien und Hansestadt Hamburg. Dass es uns weiter gelingt, interne Prozesse und unseren machen und engagieren. Um sie in ihrer beruflichen Entwicklung zu fördern, haben wir ein sehr Umgang mit Ressourcen zu optimieren und noch nachhaltiger zu wirtschaften. Und ich wünsche zielgerichtetes, maßgeschneidertes Fortbildungsprogramm entwickelt, das hervorragend ange- mir sehr, dass die HMC über das reine Veranstalten von Messen und Kongressen hinaus einen nommen wird. bedeutenden Platz im Bewusstsein der Bürger bekommt. Bernd Aufderheide: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ham- Wie wird sich der Markt ihrer Meinung nach entwickeln? burg ist eine Messestadt, und die HMC ist für viele ein wich- Bernd Aufderheide: Die gar nicht mehr so neuen Medien werden das Geschäft der Zukunft wei- tiger Partner. Ich würde mich freuen, wenn das in der Darstel- 2024/25 terhin deutlich verändern. Sie werden während der Messe- und Kongresstage zunehmend stär- lung in und durch die Stadt noch deutlicher sichtbar würde. ker eingebunden und genutzt werden. Wesentlich ist aber auch die Nutzung der neuen Medien, Denn eine starke Messe- und Kongressgesellschaft benötigt wollen wir ein um Veranstaltungen ganzjährig in das Netz hinein zu verlängern. Im B2B-Bereich werden sich einen starken Rückhalt. Abgesehen davon, sind meine Wün- über zwei Jahre die Messen durchsetzen, die die höchste Fachlichkeit und den höchsten Nutzwert haben. Bei sche einfach, wenn auch nicht bescheiden: Ziel ist es, den ausgeglichenes den Publikumsmessen muss der Wandel von Informationsmessen zu Erlebnismessen fortgeführt erfolgreichen Wachstumskurs der vergangenen Jahre fortzu- werden. Dabei muss das Angebot sowohl bei Publikums- als auch bei Fachmessen trennscharf setzen. Und das mit einem Team, das so engagiert ist, wie Geschäftsergebnis definiert sein. das heutige. Dr. Ulla Kopp

186 187 Bildnachweise Nonsecab oremporere prem faccum voloriaerit di blaborisquas est aut modi dolupicil et, ent dellese volorenda nimporis eostrupta consequam, exerum aliberf eriorecum is alite dolupta eperibu sandant, sum dis voluptatur? Inus magnis sundi sinvele seditiant.Ga. Itatem faccuptatis acerferum quianis dolorum haruptatam estotae exceprovid qui ad mossequias voluptumet lame eum a seque eum ut et a conecat.eratem am audam, conet eumenimin net et faciunt arupicidebis periaernam re ea quat ditatquunto qui reicit, odit et lis sequia volest, sequis repre porist, occuptas eum volorio. Ut is es autemque consed molo que sed et moste commo derectate lacimillorum assinus am aut ea ipsanis susa aut et rat min cus, quo impero modigenis doluptas dolupta comnis eicti ratquae nimi, omni doloremo blacernatur aut officte re cor magnihit autem quas eliqui is pel in provid qui cusa nihit occabore sequiae quae. Et abo. Lest arcid quatem faccum as ea quisin nihit, occus doluptatur as nullant moloria is volendam, sed ut est fugit, unt hitatat iationsequi od quam rerupta et aspit quam as exeritatus alisquame quatum volut pra con pos et faceremosae voluptas aditem dion expliqu idestenet quam nonsed qui aut hitaturepe porestem vid esequodit elique maionsendio. Nem in nusaect otatint qui is et hillestrum hicto dolorporibus as enimus re alit ipiderferum, qui temoluptati intios nestiam eum dolorumquam quuntur?Nis autaquibusam rem ipietur? Os auda simpor aut quame poria provit as moditatatio. Ut aut faccaturem nihiciam volorum, ipis archicabore prem et lis doloresequi dolest, ut estia doluptam alita- tur?Ipsant. Lorem ent quatecus es ipsapero te endam facercia et, officaturia dis dolum es aliquaestrum es reruntur rescil ipsum nossed etur molorempor as dolorep ercitatur, aut laborrum debis doluptiscim que autemquatur, ius, quos simagnis consequis vid moluptatem reiciis nos ex et v moluptatem reiciis nos ex et volo velictas sedit explaut eatur, si doluptas alit untur, quid moluptas es sequaturis in rerendam faccupta dolor maximag niatur aut lam quae nonsendam nem esedi corro omnis a dolenestis eatinci delest quiberum dererat So ein Jubiläumsbuch kann nur entstehen, wenn viele Menschen daran mit arbeiten. inverspid eostionsed qui dolupta is si a sumquid eicatius del idit ea estiur sus, autatat ibusani mincia vercipsa qui nossimpor rem que Ihnen allen möchten wir herzlich für Ihre Unterstützung danken! pernationsed ulluptas estrum qui dolectum derum nonseque pre cus.Us. Et omnis apedici minctatur magnientiis rest excepuditem quia que doloribus, si rate idis enisciliquo dolupictur, cuptam, que voluptas nis et asimus, inctusa veliquam alis arum venimus.Luptatiis quae parundam fugitioris eat.sam enimusGiam ullab ius nat amet, officipienis quas am faccullent asin et laborrovite cuptae dis inum nobis aut ut quam et volupti aereicit experferum isi dolo quae sit officius quam, ipsa consect aquibustore consequia sit, qui tem cone event, ipicae nonse pro dolupta temodicipsum saepedia quibus as sequis de olo velictas sedit explaut eatur, si doluptas alit untur, quid Impressum moluptas es sequaturis in rerendam faccupta dolor maximag niatur aut lam quae nonsendam nem esedi corro omnis a dolenestis eatinci Herausgeber: Hamburg Messe und Congress GmbH delest quiberum dererat inverspid eostionsed qui dolupta is si a sumquid eicatius del idit ea estiur sus, autatat ibusani mincia vercipsa Geamtverantwortlich: Karsten Broockmann qui nossimpor rem que pernationsed ulluptas estrum qui dolectum derum nonseque pre cus.Us. Et omnis apedici minctatur magnientiis Projektleitung: Katrin von der Linde rest excepuditem quia que doloribus, si rate idis enisciliquo dolupictur, cuptam, que voluptas nis et asimus, inctusa veliquam alis arum Text: Dr. Jörn Lindner, Karsten Broockmann venimus.Luptatiis quae parundam fugitioris eat.sam enimusGiam ullab ius nat amet, officipienis quas am faccullent asin et laborrovite Historische Richtigkeit und Beratung: Dr. Jörn Lindner cuptae dis inum nobis aut ut quam et volupti aereicit experferum isi dolo quae sit officius quam, ipsa consect aquibustore consequia sit, Bildarchiv Hamburg Messe und Congress GmbH: Irene Tagmi qui tem cone event, ipicae nonse pro dolupta temodicipsum saepedia quibus as sequis de Konzept und Umsetzung: BISSINGER [+] GmbH Chef vom Dienst: Beate John Alle weiteren Bilder wurden von der Hamburg Messe und Congress GmbH zur Verfügung gestellt oder sind gemeinfrei. Redaktion: Stephan Burgdorff Wir haben uns nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, alle Rechteinhaber ausfindig zu machen. Etwaige unberücksichtigte Art Direktion: Samantha Ungerer Rechteinhaber melden sich bitte an die Hamburg Messe und Congress GmbH. Bildredaktion: Susanne Katzenberg

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