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1.Kammermusik f estival Hohenstaufen 29.9.–1.10.2006 Programmheft Film:Festival Programm 27.09.2006 17:51 Uhr Seite u2

1. Kammermusik festival Hohenstaufen 29. 9. – 1. 10. 2006 Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde der Kammermusik,

INHALT Kammerkonzerte in der schönen Umgebung des Hohenstau- fen sind nicht alltäglich. Um so mehr Dank und Anerkennung Grußworte Seite 1 verdient die Initiative engagierter Bürgerinnen und Bürger, die gemeinsam mit musikalischen Nachwuchskünstlern die Konzerteinführungen erste Konzertreihe ins Leben gerufen haben. Gerne überneh- Eröffnungskonzert 29. 9. • 20 Uhr Seite 3 me ich dafür die Schirmherrschaft. Matineekonzert 30. 9. • 11 Uhr Seite 9 Benefizkonzert 30. 9. • 20 Uhr Seite 15 Das musikalisch anspruchsvolle Programm, das hier Matineekonzert 1. 10. • 11 Uhr Seite 21 dargeboten wird, ist ein weiterer kultureller Höhepunkt im Abschlusskonzert 1. 10. • 20 Uhr Seite 27 Kreis Göppingen mit Ausstrahlung in die gesamte Region. Mitwirkende Seite 33 Dafür spreche ich den Initiatoren Gwendolyn Masin, Rahel Impressum Seite 48 Maria Rilling und Dr. Ulrich Grill meine Anerkennung aus. Den beteiligten Musikerinnen und Musikern danke ich für Ihre engagierte Mitwirkung.

DER EINTRITT IST FREI – Diesen Satz, liebe Besucherinnen und Besucher, haben Sie Dem kleinen aber feinen Festival an diesem geschichts träch- sicherlich mit Freude zur Kenntnis genommen – er gilt für tigen Ort, das sich nicht zuletzt durch eine ganz besondere alle 5 Konzerte unseres Festivals. Wir sind zuversichtlich, Atmosphäre auszeichnet, wünsche ich einen guten Start und diese Grundstimmung der Freude musikalisch befördern zu können und wünschen uns von Herzen, nach den Konzerten würde mich gemeinsam mit hoffentlich vielen begeisterten als Ausdruck Ihrer Freude reich gefüllte Schalen vorzufin- Konzertbesuchern über eine erfolgreiche Fortsetzung in der Mit freundlicher den. Denn erst mit Hilfe Ihrer finanziellen Unterstützung Zukunft freuen. Unterstützung von wird dies ein gelungenes, freudvolles Festival! • Ev. Kirchengemeinde Hohenstaufen Mit Dank und in Vorfreude auf das • Kreissparkasse nächste Festival im kommenden Jahr Göppingen Die 15 Musikerinnen und Musiker • Lions Club Göppingen und alle Festivalmitarbeiter Dr. Dietrich Birk MdL • Dr.med. Gerhard Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft, Müller-Schwefe Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg • Roland Schoetz • Fa. Leonhard Weiss GmbH & Co KG

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Eröffnungskonzert Freitag 29. September, 20 Uhr • Evangelische Kirche

Johannes Brahms (1833–1897) 2. Streichsextett G-Dur op. 36 An einem Winterabend sitzen zwei gute Allegro non troppo Freundinnen am Küchentisch, trinken Scherzo. Allegro non troppo – Presto giocoso Adagio zusammen Tee und sprechen darüber, Poco Allegro was sie an ihrer ganz persönlichen Welt des Musizierens am meisten fasziniert: Rahel Maria Rilling, Violine Daniel Garlitsky, Violine Isabel Charisius, Viola Danke an: „Stell’ dir ein Festival vor, das von jungen Musikern organisiert wird und bei dem Sara Maria Rilling, Viola Martina und Freunde zusammen spielen – die Konzerte Antoaneta Emanuilova, Violoncello Helmuth Rilling Christopher Jepson, Violoncello Maria Kelemen Masin und würden allen die Freude vermitteln, in einer Ronald Masin schönen Landschaft von guter Laune und Barbara und Ulrich Grill wundervoller Musik umgeben zu sein.“ PAUSE Holger Schneider Benjamin Fay Pjotr Iljitsch Tschaikowsky (1840–1893) Jürgen Hennig Elf Monate nach dem Entstehen unserer Renate Ziegler Vision freuen wir uns außerordentlich, „Souvenir de Florence” Streichsextett op. 70 Familie Schiessl-Maier Ihnen unseren wahr gewordenen Traum Allegro con spirito Autohaus Ratzel Zell Adagio cantabile e con moto Kelsang Wangmo präsentieren zu können. Allegretto moderato Kasia Ozmin Allegro vivace Caroline Scholz Martin Wagner Herzlich willkommen zum ersten Kammer - Gwendolyn Masin, Violine Franziska Friederich musikfestival Hohenstaufen. Wir wünschen Hovhannes Baghdasaryan, Violine Ihnen ein anregendes und genussreiches Aline Saniter, Viola Hörerlebnis! Jan Grüning, Viola Christopher Franzius, Violoncello Pavel Gomziakov, Violoncello

Gwendolyn und Rahel

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„das ist’s, Brahms’ 2. Streichsextett Übersendung und rühmt ganz besonders die Durchführun- was so warm gen: „ ... sie sind nicht wie bei anderen das Resultat geist- macht“ Dabei hatte doch alles so schön begonnen! Als es dann reicher Kombinationen, bei denen mehr oder weniger das allerdings ums Heiraten ging, machte Brahms einen Rück- eigentliche Empfinden in den Hintergrund gedrängt wird, zieher. Die Angebetete, Professorentochter Agathe von sondern es ist immer, als ob erst da bei Dir alle Motive zur Siebold, hatte er als 25jähriger in Göttingen kennengelernt, innersten wärmsten Aussprache kämen, und das ist dann war alsbald in Liebe entfacht und schrieb Briefe an seine so ganz entzückend.“ „Gathe“, die diese als „Quellen des tiefsten, reinsten Glücks“ empfand. Sein Freund Julius Otto Grimm drängte Hören wir auf die erste Geige im ersten Satz. Da erklingt, ihn zur offiziellen Erklärung, geriet jedoch damit bei Brahms klar und vernehmlich, die Tonfolge A-G-A-(D)-H-E mit dem D an den Falschen. Unmissverständlich seine Worte im Brief statt T in der zweiten Violine: AGATHE. Es sei dahingestellt, an Agathe: „Ich liebe Dich, ich muß Dich wiedersehen! Aber ob und inwieweit die Aussage gegenüber dem Sänger Fesseln tragen kann ich nicht! Schreibe mir, ob ich wieder- Joseph Gänsbacher: „Da habe ich mich von meiner letzten kommen soll, Dich in meine Arme schließen, Dich zu küs- Liebe frei gemacht“ als wahr gelten darf. Mit diesem schö- sen, Dir zu sagen, daß ich Dich liebe.“ – Johannes sah nen „soggeto cavato“ aber hat Brahms seine Beziehung zu Agathe niemals wieder. Agathe von Siebold auf immer verewigt. Und auch sie hat sich 50 Jahre später mit den Worten verabschiedet: „Besser, Sechs Jahre später, in Lichtenthal bei Baden-Baden, muss weit besser ist Verlieren als nie besessen zu haben!“ eine Reminiszenz dieser Liebe Brahms’ Innerstes bewegt haben. Er schrieb an seinem zweiten Streichsextett in Echte Verlierer waren die Herren Verleger: Sein damali- Johannes Brahms G-Dur, nach dem Opus 18 in B-Dur eine weitere Auseinan- ger Partner Rieter-Biedermann reagierte nicht einmal auf die 1864 dersetzung mit einer Gattung, die – von wenigen Ankündigung, deshalb bot Brahms das Manuskript Fritz Ausnahmen (bei Luigi Boccherini und Louis Simrock an, der bereits das erste Sextett verlegt hatte. Der Spohr) abgesehen – vor Brahms noch gar wiederum gab zu verstehen, dass er sich jederzeit über nicht existierte. Interessant ist auch, dass neue Werke von Brahms freue, die Herausgabe eines weite- sich die beiden Sextette zu einer ganzen ren Sextetts aber nicht riskieren wolle, da dergleichen wohl Reihe von Geschwister-Stücken in nicht gefragt sei. Brahms fühlte sich vor den Kopf gestoßen: Brahms’ Schaffen gesellen: die Serena- „Mag ich doch gestehen, daß es mir einigermaßen befrem- den-Schwestern, die zwei Klavierquar- dend, ja empfindlich war, von Ihnen ein neues Sextett nicht tette op. 25 und 26, der Quartett- angenommen zu sehen, hat sich doch das erste recht gut Doppelpack op. 51 und die beiden aufgeführt, und konnten Sie denken, ich werde Ihnen kein Sammlungen der Liebeslieder-Walzer ge- schwächeres nachschicken.“ Brahms wandte sich an Breit- hören dazu. Dabei ist das neue Sextett kopf & Härtel in Leipzig, die erfreut, wenngleich mit ähnli- durchaus ein Zwilling des früheren, ist es chen Bedenken, annahmen und die Hoffnung äußerten, doch von „demselben heiteren Charakter“, recht bald auch ein Klavierstück veröffentlichen zu dürfen. wie Brahms es einmal geschildert hat. Eine Woche später, als Folge einer kleinen Intrige, baten die Anfang 1865 waren die ersten drei Sätze voll- Verlagsherrn um Entbindung von der Verlagsübernahme und endet; Clara Schumann bedankt sich für deren Lösung des Vertrages – mit der Konsequenz, dass Brahms

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den „Feiglingen“ nie wieder ein Werk anbot. Sie hatten sich mierungen ihre rasenden Fans zu verzaubern. Auf einem der vom damaligen Gewandhauskapellmeister Carl Reinecke zahlreichen Höhepunkte des Abends schwebte (oder (der zeitlebens ausschließlich vom „Herrn Brahms“ sprach) schwob) die Fregatte als „Engel der Inspiration“ mit Schwin- und Selmar Bagge, Herausgeber der von B&H verlegten All- gen, in Flitter und Tüll gepackt, durch die riesigen Topfpal- gemeinen musikalischen Zeitung, einreden lassen, dass men auf den wehrlosen Flügel zu… das Werk für eine Ausgabe nicht tauglich sei. Schließlich erklärte Simrock sich doch noch bereit, das Sextett heraus- Bei Tschaikowskys „Souvenir de Florence“ handelt es zugeben und bezahlte Brahms das von ihm geforderte sich allerdings um seriöse Kunst, dabei geht es nicht einmal Honorar in Höhe von 20 Friedrichsdor (nach heutiger Kauf- um eine Frau, sondern um „ein Herz der Welt“ (José Sara- kraft etwa 4.000 €). mago), die Schöne, die Blühende, Wiege der Renaissance, Perle der Toskana, es geht um Florenz: „Da liegt es vor uns Die Uraufführung des vollständigen Werkes fand am 11. in dem sonnendurchfluteten Tal, durchflossen von dem sich Oktober 1866 in Boston statt, bevor es am 3. Februar 1867 dahinwindenden leuchtenden Band des Arno und einge- von Joseph Hellmesbergers erweitertem Quartett im Wiener schlossen von schwellenden Hügeln. Seine Kuppeln, Türme Musikvereinssaal und am 25. Februar desselben Jahres von und Paläste erheben sich aus der üppi- Joseph Joachim und dessen Musikerkollegen in London ge- gen Landschaft als eine riesige schim- spielt wurde. Der Rezensent Carl Grädener bewunderte die mernde Masse und glänzen in der „Fülle und Mannigfaltigkeit der Instrumentalwirkung“, wo- Sonne wie Gold.“ (Charles Dickens, bei nicht die einzelnen Momente, sondern „alles dieses zu- 1845) sammengenommen, wie es im steten Wechsel, bald kontrastirend, bald Bezug nehmend auf einander, sich ma- Zweimal hielt sich Tschaikowski in nifestirt, das ist’s, was so warm macht und so einnimmt, ja der Stadt auf: „Mir scheint, in Rom fast gefangen hält.“ könnte ich nicht für längere Zeit leben. Dort [...] gibt es keine Zeit zum Träu- men, sich zu versenken. Wenn ich die Wahl hätte, ich würde Florenz bevorzu- „Schrecklich, wie Tschaikowskys „Souvenir de Florence“ gen [...] Florenz ist netter, graziöser.“ zufrieden ich 1878 erlebte er hier – wie es die Biogra- Florenz 2005, über mich bin“ Dachten Sie nicht auch für einen Moment an die Grand phen apostrophierten – sein „Florentiner Idyll“ als Gast sei- Ausblick vom Dame des falschen Tons, an jene verwegene alte Tante, de- ner reichen Mäzenin und Brieffreundin Nadeshda von Meck. Giardino di Boboli ren wunderbar dreiste Auffassung von der Käuflichkeit der Der zweite Aufenthalt in Florenz im Winter und Frühling Kunst eine skurrile Kostbarkeit, ja eine Jahrhundert-Auf- 1890 sollte vor allem dazu dienen, die Komposition der nahme bewahrt hat? Gemeint ist Miss Florence Foster Jen- „Pique Dame“ ungestört und in angenehmerem Klima vor- kins mit ihren ebenso vergeblichen wie frenetisch gefeierten anzubringen. Dieser Aufenthalt gilt als Auslöser für Tschai- Bemühungen, so etwas wie Gesang hervorzubringen, die, kowskys Streichsextett, das im Juni in St. Petersburg von ihrer betörenden Stimme gleichwohl überzeugt, kurzer- begonnen wurde, und so heißt es denn etwa: „Da scheint er hand die Wochen vorher restlos ausverkaufte Carnegie Hall einmal glücklich gewesen zu sein, im sonnigen Italien“ – mietete, um daselbst unter etlichen aufwendigen Umkostü- was angesichts einiger recht derber Tagebucheintragungen

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vom Januar/Februar 1890 bezweifelt werden darf: „Ein Fett- Matineekonzert wanst. Zigarren. [...] Hundsfott von Dirigent. Grauenhafte Samstag 30. September, 11 Uhr • Barbarossa-Kirche Chöre. Überhaupt alles provinziell. [...] Chansonsängerin- nen. Langeweile. [...] Die abscheuliche Kälte dauert an. Noch nie ist mir Florenz während dieses Aufenthaltes so zu- Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) wider gewesen wie heute. [...] Wie mir die hiesige Küche Duo für Violine und Viola G-Dur KV 423 zum Halse heraushängt!“ Allegro Adagio Er erscheint als folgerichtig, Tschaikowskys „Souvenir“ Rondeau. Allegro nicht auf den Aufenthalt von 1890 festzulegen, sondern im mehrfachen Sinne zu verstehen: als Souvenir an den hüb- Rahel Maria Rilling, Violine schen Sänger, dem er in Florenz wieder und wieder lauschte Sara Maria Rilling, Viola oder als Erinnerung an die schönen Tage von 1878, als Frau von Meck in seiner Nähe war. So gehört, klingt der zweite Satz mit seiner mandolinenartigen pizzicato-Begleitung wie Johann Halvorsen (1864–1935) eine Opernszene mit Ständchen unterm Balkon, das in ein Passacaglia nach Georg Friedrich Händel Liebesduett mündet. Aber „Souvenir“ heißt auch, dass der für Violine und Viola Komponist in Florenz zuallererst an seine russische Heimat Largamente – Con agilità dachte; mit dem dritten Satz und einem Hauch Melancholie entführt er uns dorthin, bevor Tschaikowsky im Finale alle Gwendolyn Masin, Violine Erinnerungen in einen Rundtanz von Toskanern, Russen und Isabel Charisius, Viola sonstigem Volk zusammenzaubert.

Zu Beginn der Niederschrift schrieb er noch an seinen Wolfgang Amadeus Mozart Lieblingsbruder Modest: „Schreibe unter ungewöhnlichem Divertimento für Violine, Druck. Bin in Verlegenheit nicht wegen eines Mangels an Viola und Violoncello Es-Dur KV 563 Ideen, sondern infolge der mir neuen Form. Ich brauche Allegro sechs unabhängige und gleichzeitig ähnliche Stimmen. Das Adagio ist unglaublich schwierig.“ – Als das Sextett fertig war, be- Menuetto. Allegro – Trio kannte er, die Komposition sei ihm so leicht gefallen, dass Andante er sich gar keiner Anstrengung bewusst gewesen sei: Menuetto. Allegretto – Trio I – Trio II „Schrecklich, wie zufrieden ich über mich bin ... Ich werde Allegro immer mehr davon gefesselt und bin ziemlich abgekühlt ge- Anke Dill, Violine gen Pique Dame.“ Doch erst im Dezember 1892, wenige Isabel Charisius, Viola Monate vor seinem Tod, wurde Tschaikowskys „Souvenir de Christopher Franzius, Violoncello Florence“ nach erheblicher Umarbeitung durch die Gesell- schaft für Kammermusik St. Petersburg erstmals zum Besten gegeben.

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„vortrefflich Mozarts Duo für Violine und Viola In Mozarts G-Dur-Duo ist somit ein schönes Zeugnis gerathenes seiner schöpferischen Arbeit in jener Salzburger Zeit über- Liebeswerk“ Noch galten Streicherduette für Kenner und Liebhaber als liefert, in der bis auf einige Harmoniesätze zur Missa in c Rarität oder wurden eher mit didaktischem Hintergrund ge- nichts vollendet wurde. Mit der Ausarbeitung der Duette schrieben, üblicherweise in der Besetzung für 2 Violinen reflektiert Mozart die beiden fertigen Haydn-Quartette und bzw. Violine und Cello. Schon Vater Leopold hatte der fran- wirft gleichzeitig einen „chirurgischen“ Vorausblick auf die zösischen Ausgabe seiner Violinschule 12 Geigenduette noch kommenden. Dieser äußert sich in hohen technischen beigefügt. Mit einer Bratsche als Zweitstimme wurden die Anforderungen an die Spieler, insbesondere dann, wenn ein Duette der Haydn-Brüder bekannt, 6 von Joseph und 4 von Instrument die Linie des anderen nahtlos aufnehmen soll. Michael. Die Kompositionen Michael Haydns gelten auch Die Rilling-Schwestern werden beweisen, dass die Opera- als Auslöser für Mozarts Duette, wobei die Geschichte tion nicht weh tut... darum verdächtig nach „Verrührseligung“ klingt: Der böse Fürsterzbischof Colloredo hatte von Haydn sechs Duette ver- langt, die jener aber krankheitshalber nicht abschließen konnte. Damit nun dem armen Michael nicht das Gehalt ge- Johan Halvorsens Passacaglia „fritt etter kürzt würde, schrieb unser Wolferl in wenigen Tagen die Händel“ noch fehlenden Teile und wars zufrieden, dass das „vortreff- Warum schreibt eigentlich heutzu- lich gerathene Liebeswerk“ (laut Constanzes späterem tage niemand mehr eine Follia, Mann Georg Nikolaus Nissen) unter Haydns Namen abgelie- Foglia, Passacaglia? Wolle man der fert werden konnte. neu-ernsten Kammermusik eine Chance auf sicheren Erfolg einräu- Abgesehen davon, dass Colloredo musikalischen Spür- men, so läge sie doch hier – denn sinn genug hatte, um die stilistischen Brüche erkennen und allesamt sind sie Ohrwürmer, Bra- nachfragen zu müssen, abgesehen auch davon, dass vourstücke, je älter umso besser! Mozart durchaus auf sein „Urheberrecht“ verzichten konnte Man muss nur eine schöne Bass- Johan Halvorsen, (etwa als Ghostwriter galanter Lieder wie „Als Luise die Skala in acht Takten sauber abka- Foto von Nyblin, Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte“ KV 520 denzieren und darüber unter Bergen oder „Traumbild“ KV 530, auch mit dem Duett „Nun, liebes Verwendung von mehr oder weniger Noten möglichst ab- Weibchen, ziehst mit mir“ KV 625, bei dem das Weibchen wechslungsreiches Beiwerk aufs Papier werfen. Nein? Dann mit „Miau“ antwortet), bleiben die Fakten: Im Dezember hören Sie zu und staunen Sie, wie wunderbar skrupellos 1783 bat Mozart seinen Vater dringend um Zusendung man sich der alten Meister vor gut 100 Jahren anzunehmen seiner „2 Violin Duetten – und Seb: Bachs fugen“, die als wusste! Manuskripte wohl in Salzburg lagen und somit im Sommer 1783 dort geschrieben wurden. Die Ankündigung des Johan Halvorsen, im norwegischen Drammen als Sohn Kopien-Grossisten Traeg „Die 4 ersten sind von M. Haydn, eines Polizeibeamten geboren, ließ sich in Oslo als Militär- das 5te und 6te von Mozart“ deutet tatsächlich auf eine musiker ausbilden und studierte später in Stockholm Geige. Fortsetzungs-Arbeit hin, die beiden autographen Faszikeln Nach Tingeltangel als Violinist in Café- und Theaterkapellen Mozarts sind unbezeichnet.

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ging er ans Leipziger Konservatorium bei Aber das Entstehungsjahr 1788! Wir lesen in Constanzes Adolph Brodsky in die Lehre und arbeitete Tagebuch vom Frühjahr: „Wer will noch über unsere nach Beendigung seiner Laufbahn als Gei- Schwelle treten [...] Ja, doch, ein paar Freimaurerbrüder. Die genvirtuose als Kapellmeister in Bergen meiden unsere Wohnung nicht. Aber ihr anderen alle, die und Kristiana. Neben dem Reißer „Einzugs- ihr Mozarts Musik so liebtet, wo seid ihr jetzt“ — „Wir haben marsch der Bojaren“ bekannt geworden ist tausend Gulden vom Bruder Puchberg geliehen. Gott segne seine 1894 entstandene Bearbeitung der diesen heiligen Mann, der sich unseres Unglücks anzuneh- Passacaglia („frei nach Händel“) aus der siebenten Cemba- men weiß!“ — „Ich bete jeden Tag darum, daß meinen Mann losuite in g-Moll – ein herrliches Virtuosenstück, das vor niemals die Inspiration verlassen möge, daß die Subskri- Pizzicato, Ricochet, Spiccato, Martelé und sonstigen benten in Scharen herbeiströmen mögen und daß die Zeit Finessen nur so überschäumt und dem dicken Sachsen mit der Zunge in Soße, des Maronenkonfekts und der bitteren Sicherheit gefallen hätte. Schokolade, der Seidenstoffe und der Kerzenleuchter im Garten wiederkehren möge...“ — Töchterchen Theresia stirbt am 29. Juni 1788: „Trauern wir, mein Liebster, aber hoffen

„Mein Mozarts Divertimento Teuerster schreibt ohne Vor kurzer Zeit erst fanden die Mozartforscher heraus, dass Unterlaß“ sich all die schönen Briefstellen, in denen von einem für den Logenbruder Puchberg geschriebenen Trio die Rede ist, nicht – wie weiterhin hartnäckig behauptet – auf unser Trio KV 563 beziehen, sondern auf ein Klaviertrio (vermutlich KV 542). Auch bei der „kleinen Musik“ am 13. April 1789 bei seinem Aufenthalt in Dresden im dortigen Hotel de Pologne hat Mozart nicht etwa Bratsche gespielt, sondern mit Anton Teyber an der Geige und Anton Kraft am Cello den Klavier- part übernommen. Leider sieht es nun so aus, dass ledig- lich der Eintrag in Mozarts Werkkatalog vom 27. September 1788: „Ein Divertimento à 1 violino, 1 viola, e violoncello; di sei pezzi“, nicht aber der kleinste Hinweis auf einen Entste- hungsanlass oder eine Aufführung existiert. Dabei hätten Erstdruck zu wir gar zu gern gewusst, welcher Cellist damals die aberwit- KV 563 zig hohen Passagen in Imitation der Geige zu spielen im- stande gewesen ist. Das Autograf bleibt verschwunden, die einzige Quelle ist ein posthum erschienener Stich Artarias, der das Werk 1792 als „Gran Trio“ herausgab und als noto- risch unzuverlässige Quelle gilt.

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wir auch.“ — Sommer 1788: „Mein Teuerster schreibt ohne Benefizkonzert Unterlaß, aber was nützt es, wenn niemand mehr die Noten- Samstag 30. September, 20 Uhr • Evangelische Kirche blätter kauft und auch nicht die Subskriptionsbillets?“ Zugunsten von Es ist eine schwer nachvollziehbare Tatsache, dass Mozart in dieser Situation Musik schreiben konnte, die nach unserem Ermessen gänzlich losgelöst scheint von all den Maurice Ravel (1875–1937) Schicksalsschlägen und alltäglichen Sorgen. Nun ist das Trio Streichquartett F-Dur kein Gelegenheitsstück unterhaltender Gesellschaftskunst, Allegro moderato – Très doux wie man aus der Wahl des Namens Divertimento hätte Assez vif. Très rythmé schließen können, sondern eine exzellente Studie des drei- Très lent stimmigen Satzes mit seiner glasklaren Durchhörbarkeit, Vif et agité gleichzeitig an die Grenzen des Machbaren gehend – eine Hovhannes Baghdasaryan, Violine gute Dreiviertelstunde, bei der sich keines der drei Instru- Yun-Jin Cho, Violine mente auch nur für einen Augenblick ausruhen darf! Das hat mit „Zerstreuung“ nichts mehr zu tun, aber es ist Jan Grüning, Viola wunderbar. Christopher Jepson, Violoncello

PAUSE

Franz Schubert (1797–1828) Streichquintett C-Dur D 956 op. post. 163 Allegro ma non troppo Adagio Presto – Trio. Andante sostenuto Allegretto Daniel Garlitsky, Violine Barbara Gruszczynska, Violine Aline Saniter, Viola Pavel Gomziakov, Violoncello Abendständchen Antoaneta Emanuilova, Violoncello im Freien, Anfang des 19. Jahrhun- derts. Grafitzeich- nung von Franz Gerhard von Kügelgen (Kupferstichkabi- nett Dresden)

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„Tasten Sie Ravels Streichquartett Nichtsdestotrotz: Ravel widmete seinem Lehrer neben keine seinem berühmten Klavierstück „Jeu d’eau“ auch sein einzi- einzige Note Längst hatte sich Maurice Ravel einen Namen als Komponist ges Streichquartett („à mon cher maître Gabriel Fauré“) – er mehr an!“ gemacht, da ging er im Oktober 1896 nochmals als Schüler selbst empfand das Werk als Abschluss seiner Studienzeit. ans Conservatoire de Paris. Gabriel Fauré war dem aus Die ersten beiden Sätze waren im Dezember 1902, die bei- Altersgründen zurückgetretenen Massenet als Kompositi- den anderen im April 1903 vollendet. Roland-Manuel, belgi- onslehrer gefolgt. Doch war es letztlich nicht Fauré, sondern scher Musikwissenschaftler, Schüler und enger Freund André Gédalge, bei dem Ravel wirklich etwas dazulernen Ravels, beschreibt das Werk auch im Bezug auf Äußerungen konnte. „In diesen Tagen hatten wir Fortschritte gemacht“, Ravels, nach denen dieser daran zweifelte, dass ihm das so resümierte Ravels Freund Georges Enescu die Zeit bei Experiment wirklich geglückt sei, folgendermaßen scharf- Fauré einigermaßen sarkastisch; Gédalge aber galt unser sinnig: „Diese ernste und zugleich jugendliche Musik er- seinen Schülern als Koryphäe in Sachen Kontrapunkt und scheint in ihrer eindringlichen Lieblichkeit als die spontan- Orchestrierung (Enescu widmete ihm sein Oktett – vgl. Text ste, die Ravel je geschaffen hat. Die mächtigen lyrischen zum Abschlusskonzert). Ravel schrieb 1928 in seiner Es- Aufwallungen durchbrechen aber den unverrückbar klassi- quisse biographique: „Ich bin glücklich zu sagen, daß ich zistischen Rahmen nicht; sie bewegen sich dennoch mit die kostbarsten Elemente meines Metiers André Gédalge einer so großen Freiheit, daß der Komponist mitunter an verdanke.“ – und Fauré?: „Er erschien in der Klasse mit Drei- dem Gelingen des Werkes zweifelte. Je stärker ihn diese ver- viertelstunden Verspätung, und er wußte nicht recht, was er borgenen Kräfte, die ihn unbewußt beherrschten, anzogen, seinen Jüngern erzählen sollte“, so überliefert es uns eine desto mehr mißtraute er ihnen.“ mündliche Äußerung eines einstigen Schülers. Die Uraufführung durch das Heyman-Quartett (Heyman, De Bruyne, Marchet, De Bruyn) fand in einem Konzert der Pariser Societé Nationale im Saal der Schola Cantorum am 5. März 1904 statt. Die Klassizisten, die den Rom-Preis zu vergeben hatten (Ravel hatte sich mehrfach vergeblich um die attraktive Auszeichnung bemüht), konnten gar nichts damit anfangen, der Widmungsträger Fauré „sparte nicht mit Kritik. Er hielt den vierten Satz für verkümmert, unausge- wogen – kurz, für mißlungen. Schließlich wurde Debussy um seine Meinung gebeten. Er beruhigte und beglück- wünschte den Jüngeren und schrieb ihm feierlich beschwö- rend: »Im Namen der Götter der Musik und in dem meinigen, tasten Sie keine einzige Note, die Sie in diesem Maurice Ravel am Quartett geschrieben haben, mehr an!«“ (Roland-Manuel) Ufer der Nivelle in den Pyrenäen, Fotografie um 1901 (Paris, Bibliothèque Nationale)

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Ganz im Sinne Debussys schrieb der Musikwissenschaft- ler Armand Machabey zu Ravels Quartett: „Was an diesem Werk besticht, ist nicht die Originalität der Form, sondern die vollendete Ausführung: da stört keine Banalität, da gibt es keinen Leerlauf; vielmehr herrscht überall Phantasie und Ideenreichtum, vollendete Ausgewogenheit der Proportio- nen und dazu eine solche reine und transparente Klanglich- keit, die Ravel nur mehr in seinem Klavierwerk Jeux d’eau erreicht hat.“

„Es ist rätsel- Schuberts Streichquintett haft, und es ist vollendet“ Es ist sein einziges Streichquintett und sein letztes Kammer- musikwerk... Was haben wir bei Franz Schubert nicht alles schon gehört und gelesen von „Reife“ und „Vollendung“ un- ter den Rubriken „Spätwerk“ und „Todesahnung“ – was bei einem gerade Dreißigjährigen ohnehin fragwürdig erscheint. Hätte er denn danach nichts mehr geschrieben, aber vor allem: mit welchen Begriffen würden wir sein Werk neu zu Die vier Sätze des Quintetts „verjüngen“ sich nach hin- Schubert als kategorisieren suchen? Letztlich sind wir es, die diese ten in ihrer Dauer; das abschließende Allegretto ist der Zuhörer bei einer ebenso bedeutungsschweren wie selten der Musik selbst kürzeste Satz und wirkt – etwa im Vergleich zum erschüt- Quartettauf- führung im Musik- innewohnenden Stigmata offenbar benötigen, um halbwegs tern den Ausbruch des halbtönig verschobenen Adagio-Mit- salon von Johann sicher durch die Musik aus längst vergangenen Zeiten zu telteils – zunächst unproblematisch und heiter. Doch in Steiger von navigieren. Schuberts Quintett ist ein Solitär insofern, als diesem Satz, der in einer „leeren“ Oktave ausklingt, wird Arnstein, man ihm beinahe die Rolle eines ästhetischen Experiments nochmals die ganze Fülle der zuvor verwendeten Ausdrucks- Bleistiftskizze von Friedrich zuschreiben möchte, bei dem Schubert die Entwicklungsli- möglichkeiten konzentriert und reflektiert, zwar im Gewand Gauermann nien seiner Kammermusik gebündelt und weitergeführt hat. eines „normalen“ Rondos, aber nicht als unbekümmert- (Linz, Oberösterr. Besonders auffällig erscheint der bereits im Kopfsatz auftre- fröhlicher Kehraus. Andererseits können wir uns aber ge- Landesmusem) tende „Schlüsselakkord“, ein aus der Tonika hervortreten- trost an der heiteren Anmutung des Werkes, am Tänzeri- der und wieder in sie „zusammenfallender“ verminderter schen, an den Melodien erfreuen, ohne sogleich an die Septakkord, dem man auch im Streichquartett d-Moll und in posthum verliehene Etikette „Todesahnungen“ erinnert wer- zwei Heine-Vertonungen Schuberts etwa aus derselben Zeit den zu müssen – oder doch nicht? wiederbegegnet. Mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit entstand das Werk im September 1828 in Wien. Dem Kunsthändler „Probst Wohlgeboren in Leipzig“ kündigt er das Quintett neben an-

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deren Werken am 2. Oktober an und „Vor Franz Schuberts Matineekonzert ergänzt: „das Quintett aber wird dieser Streichquintett in C- Sonntag 1. Oktober, 11 Uhr • Barbarossa-Kirche Dur verneigen sich Tage erst probirt. Wenn Ihnen vielleicht alle Menschen, de- etwas von diesen Compositionen con- nen Musik, Kammer- Ludwig van Beethoven (1770–1827) veniert, so lassen es wissen“. Die Erst- musik gar, etwas be- Trio für Violine, Viola und Violoncello c-Moll op. 9 Nr. 3 deutet, glücklich be- augabe erschien erst 25 Jahre später Allegro con spirito wundernd – oder sie bei C. A. Spina in Wien als „Grand Adagio con espressione schwärmen. [...] Scherzo. Allegro molto e vivace Quintour (en Ut) pour Deux Violons, Es ist rätselhaft, und Finale. Presto Alto et 2 Violoncelles par François es ist vollendet [...] Schubert Oeuvre 163.“ Autograf: ver- Mit Worten kann kein Yun-Jin Cho, Violine schollen... Mensch das tönende Mysterium dieses Jan Grüning, Viola Werkes völlig enträt- Christopher Jepson, Violoncello Eine Aufführung auch nur im priva- seln oder auf Begriffe ten Kreise ist zu Schuberts Lebzeiten bringen.“ Zoltán Kodály (1882–1967) nicht nachzuweisen. Die erste öffent - liche Aufführung fand am 17. Novem- (Joachim Kaiser) Duo für Violine und Violoncello op. 7 ber 1850 im Wiener Musikverein statt, Allegro serioso, non troppo es spielte das Quartett Josef Hellmesbergers mit Josef Stran- Adagio Maestoso e largamente, ma non troppo lento sky am Cello. Die Musikerinnen und Musiker des Kammer- musikfestivals mögen es mir nicht verübeln, wenn ich eine Daniel Garlitsky, Violine Aufnahme aus dem mittlerweile vergangenen Jahrhundert Pavel Gomziakov, Violoncello erwähne: 1952 spielten Isaac Stern, Alexander Schneider, Milton Katims, Paul Tortelier und Pablo Casals das Quintett Antonín Dvorˇák (1841–1904) in Prades ein – eine Jahrhundertinterpretation! „Amerikanisches” Streichquartett F-Dur op. 96 (B 179) Allegro ma non troppo Lento Molto vivace Finale. Vivace ma non troppo Anonyme Karikatur Anke Dill, Violine in den Münchener Neuesten Nachrich- Barbara Gruszczynska, Violine ten 1928, Sara Maria Rilling, Viola angeblich nach Christopher Franzius, Violoncello einer Skizze von Moritz von Schwind

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„Ich Beethovens Trio c-Moll stik der Londoner „Mondy Popular Concerts“ Endesgefertigter 1859 bis 1896, wonach 16 Aufführungen des bekenne Das ist erstaunlich: Bereits Ende der 1790er Jahre schien Trios op. 9 Nr. 3 (Nr. 2 erklang nur einmal, Nr. 1 hiermit...“ Beethovens Ruf als Komponist so gefestigt, dass sein Verle- hingegen 20mal) verzeichnet wurden. Bis ger Traeg ihm schon vor Beginn der Komposition der Trios heute und wohl noch für eine weitere geraume Opus 9 die stolze Summe von 50 Dukaten als Honorar zusi- Weile zählen sie – gemeinsam mit Mozarts Di- cherte. Die heute lächerlich dünkende Summe als „bedun- vertimento – zum Kernbestand des Repertoires genes Honorarium“ entsprach immerhin dem Wert eines für Streichtrio. anständigen Flügels! Der Verlagsvertrag wurde am 16. März Anstelle einer Werk-Beschreibung* sei auf 1798 unterzeichnet: „Ich Endesgefertigter bekenne hiermit, eine Eigenart des markanten Viertonmotivs des dass ich Herrn Johann Traeg, privilegirten Kunst- und Musi- ersten Satzes hingewiesen, das versteckt am Quittung Beethovens kalien-Händler, die von mir verfertigten und Herrn Grafen Ende des Werks zurückkehrt. Dieses Motiv hat Beethoven in über den Erhalt von 50 Browne, Brigadier im Dienste seiner Kays. Mays. aller Reus- einem seiner komplexesten späten Quartette zitiert, was Dukaten für die Übertra- sen decidirten 3 Trios für eine Violin, Alto und Violonzello erst dann als bemerkenswert erscheint, wenn wir es als In- gung des Verlagsrechts [...] zu dem Ende verhandelt und gänzlich als sein Eigent- diz dafür werten können, dass er die Komposition dieses der 3 Streichtrios op. 9 an den Wiener Verleger hum überlassen habe, dass er sie für seine Rechnung und Trios als wertvoll genug erachtete, im Finale des berühmten Jean Træg (Kungl. Musi- Vortheil stechen lassen und auf was sonst immer für eine Opus 131 in cis-Moll als Erinnerung an das Frühwerk zu er- kaliska Akademiens Bi- ihm beliebige Weise benutzen möge [...]“ Auf einem Zusatz scheinen. bliotek Stockholm) unterschrieb er: „Mit grossen Vergnügen Ludwig van Beet- hoven“ – die Dukaten klingelten schon erreichbar nah... Widmungsträger war Reichsgraf Johann Georg von Browne-Camus, bei dem Beethoven in dieser Zeit regelmä- Kodálys Duo für Violine und Violoncello „Da kam mir * Der Autor ist der Meinung, dass sie ßig als Pianist auftrat. Der Graf hatte zwar den Rang eines urplötzlich die a) meist zu kompli- hohen russischen Offiziers, lebte aber in Wien und war „Ich bin überzeugt, dass ich nicht so weit in der Musik ge- Vision“ ziert ausfällt, um sich mehr an schönen Künsten denn militärischem Gehabe inter- kommen wäre, wie ich es bin, wenn nicht mein Vater gerade alles merken zu kön- essiert. Ein Zeitgenosse beschreibt ihn als einen „der son- die neun Monate vor meiner Geburt regelmäßig Quartett ge- nen und beim Hören derbarsten Menschen, voll trefflicher Anlagen und schöner spielt hätte in seinem Haus in Kecskemét und meine Mutter das Gelesene be- stenfalls wohlwol- Eigenschaften auf der einen, voll Schwächen und Verderbt- das also täglich gehört hat.“ – Wo gibt es das noch? Ein lend zu bestätigen; heit auf der anderen Seite.“ Seine Großzügigkeit, die Beet- Bahnhofsvorsteher (Frigyes Kodály), der sich täglich Zeit b) zu klein abge- hoven in der Widmung blumig hervorhebt, hatte sich nimmt, nicht zum Karten- sondern zum Quartettspiel, wäh- druckt ist, um wäh- allerdings bald in einer Verschwendungssucht forciert, die rend seine schwangere Frau (Paulina Jaloveczky) zuhört... rend des Hörens das Geschriebene im ihm 1805 für einige Tage „Sicherheitsverwahrung“ ein- Und der dankbare Sohn schreibt später alles auf, so dass Dunkeln mitzuverfol- brachte. man ihm gern auch weiterhin das Wort überlässt: „Nun, und gen, welches wieder- Erste Aufführungen der Trios fanden bei Privatsoireen dann haben wir aus den Noten meines Vaters Quartette ge- um des Wiener Adels mit Mitgliedern des Lichnowsky-Quartetts spielt. Ich hatte zwar vom zehnten Jahr an etwas Violine ge- c) zu trocken verfasst statt, dessen Mitglied damals auch Beethovens Freund lernt, musste dann aber zum Cello greifen, weil kein anderer ist, um daraus direkt Töne entnehmen zu Ignaz Schuppanzigh war. Dass sich die Stücke anhaltend für das Cello da war, und zum Quartett gehört doch ein können. großer Beliebtheit erfreuten, zeigt beispielsweise die Stati- Cello. Von den Quartettstimmen, die noch mein Vater be-

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Die letzten nutzte, waren aber eben die Cellostimmen Dvorˇáks ‚Amerikanisches’ Streichquartett „Gott sei Dank. Friedenstage 1914 bei den vielen Umzügen verloren gegan- Ich bin im schweizeri- gen. Und das waren nun meine ersten Ver- Ein Ausruf der Erleichterung, notiert nach der letzten Seite zufrieden. Es schen Gland suche, diese Cellostimmen zu ersetzen. der Skizze zu seinem zwölften Streichquartett: Nur drei Tage ging schnell...“ Ich legte die drei anderen Stimmen vor brauchte Dvorˇák für den Entwurf aller 4 Sätze (8.-10. Juni „Beethoven… Es gibt mich hin und versuchte, dazu eine Cello- 1893). Und es ging rekordverdächtig weiter, die fertige Par- wohl kaum einen an- stimme zu schreiben. Es ging eine Weile, titur entstand ohne Unterbrechung bis zum 23. Juni. Ur- deren Komponisten, aber dann habe ich doch das Original er- sprünglich hatten die Dvorˇáks vor, ihre Sommerferien 1893 in dessen gesamtem werben können, und ich habe durch den im Familienkreis in Böhmen zu verbringen, entschieden sich Lebenswerk der Pro- test gegen die Tyran- Vergleich viel gelernt.“ dann allerdings für die „Neue Welt“ und ließen die vier Kin- nei, die Sehnsucht Schweiz, im Juli 1914. Auf die Nach- der aus Prag nachkommen. Sie reisten ins 1300 Meilen von nach der Weltfreiheit richt von der Kriegserklärung unterbricht das Ehepaar Ko- New York entfernte Dorf Spillville im Staat Iowa, in dem und der Brüderlich- dály seine Schweizer Wanderschaft und begibt sich auf den tschechische Einwanderer lebten. „Lehrer und Pfarrer, alles keit so gewaltig zum Heimweg. Über die Reise und die Entstehung seines Duos ist tschechisch und so werde ich unter den Meinen sein [...] Ausdruck kommt.“ (Zoltán Kodály, für Violine und Violoncello schreibt Kodály später (um 1922) Ich werde dort sogar Tauben haben und vielleicht werden An Beethovens an Jen Léner, den Primgeiger des berühmten Streichquar- wir auch Darda [tschech. Kartenspiel] spielen. Welch ein Ver- Todestag, Eröff- tetts, und seine Frau: „Den letzten Abschnitt unseres Weges gnügen wird das sein!“ (Dvorˇák an Emil Kozánek, 12. April nungsrede zum Fest- bis zur Grenze hier mussten wir per Lastkraftwagen zurück- 1893) konzert an der Budapester Musik- legen, denn auch in der Schweiz wurde bereits mobilge- Tatsächlich herrschte in der kleinen tschechischen En- akademie, 1952) macht. Tagelang saßen wir in einem entlegenen Tiroler klave eine Unbeschwertheit, die die Familie wie das „Erwa- Grenzort. Da kam mir urplötzlich die Vision dieses Duos. chen heiterer Gefühle bei der Ankunft auf dem Lande“ in Antonin Dvorˇák Es war mir zuvor nie eingefallen, für eine solche Besetzung Beethovens „Pastorale“ aufsog. Der Jubel in Dvorˇáks Quar- 1901, Kohle-/Kreide- schreiben zu wollen... Notenpapier gab es in Feldkirch kei- tett beginnt nicht zufällig mit seinem eigenen Instrument, zeichnung von Max nes zu kaufen, somit brachte ich den ersten Satz, den ich der Bratsche; bei den ersten Aufführungen in Spillville Svabinský, Maler und Grafiker in Prag gleich an Ort und Stelle schrieb, fast vom An- führte der Komponist hingegen das Dorfquartett als Prima- fang bis zum Ende auf den Seiten eines Noten- rius an. „Als ich dieses Quartett [...] schrieb, wollte ich ein- schulheftes heim. So war der Boden, dem mal etwas ganz Melodisches und Einfaches niederschreiben, dieses Duo entwuchs, bestellt. Ob mir nun je- und immerfort hatte ich Väterchen Haydn vor Augen, und mand einst aus diesem Stück etwas von den deshalb ist es im Geist so einheitlich, wie aus einer Seele unheimlichen Dimensionen jener wunderbaren ausgefallen.“ (Brief vom März 1895) Ist also das ‚Amerikani- Bergriesen oder den düsteren Ahnungen eines sche’ Streichquartett ein Werk für den Hausgebrauch, quasi so jäh über uns hereingebrochenen Krieges zur Entspannung? Es sieht ganz danach aus – und auch der nachempfinden wird, diese gewaltige Frage Höreindruck spricht nicht dagegen. bleibt wohl offen.“ Aber wie ‚amerikanisch’ ist nun die Musik (eine Frage übrigens, die nicht unbedingt unter den Nägeln brennt)? Dvorˇáks Sohn Otakar erzählte später, sein Vater sei mit In- dianern in Kontakt gekommen, die im Dorf Kräuter verkauf- Feldkirch 1914, mit der kleinen Adelheid aus dem Dorf ten und auf seine Bitte hin gemäß ihrer Stammesbräuche

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musizierten und tanzten. Aber bei allen Bemühungen um Abschlusskonzert das Aufdecken verborgener multikultureller Einflüsse hören Sonntag 1. Oktober, 20 Uhr • Evangelische Kirche wir etwas spezifisch ‚Indianisches’ aus dem F-Dur-Quartett nicht wirklich heraus. Freilich: die Pentatonik als Gouver- George Enescu (1881–1955) nante für jedwede Art von Folklore spielt eine zentrale Rolle, Oktett C-Dur op. 7 Dvorˇák spielt in aber die Pastoral-Tonart F-Dur und die bukolische Stimmung Très modéré der Dorfkirche von des Sommers deuten vielmehr auf die Natur als Quelle der Très fougoueux Spillville Orgel, Lentement Abbildung im New Themen. Mouvement de valse bien rhythmée York Herald, „Früh stand er um vier auf [!] und ging spazieren – zum 19.11.1893 Bach oder zum Fluß – und um fünf kehrte er zurück. Nach Gwendolyn Masin, Violine dem Spaziergang arbeitete er, um sieben saß Yun-Jin Cho, Violine er in der Kirche bei der Orgel, dann plauderte Daniel Garlitsky, Violine er ein wenig, kehrte heim, arbeitete [...], Hovhannes Baghdasaryan, Violine dann ging er wieder spazieren.“ Auf die Frage Isabel Charisius, Viola seiner Hauswirtin, was geschehen sei, dass er so zeitig schon aus den Federn kam, ant- Jan Grüning, Viola wortete er: „Aber nichts ist geschehen – und Pavel Gomziakov, Violoncello doch recht viel. Stellen Sie sich vor, ich ging Christopher Jepson, Violoncello dort im Wald den Bach entlang und habe nach acht Monaten die Vögel wieder singen PAUSE gehört! Und hier gibt es andere Vögel als bei uns, sie haben viel bunteres Gefieder und singen auch an- Felix Mendelssohn Bartholdy (1809–1847) ders!“ (Josef Jan Kovarˇík, Erinnerungen) Oktett Es-Dur op. 20 Tatsächlich: Ein Motiv im Scherzo, das Dvorˇák „auf seinem Allegro moderato ma con fuoco Spaziergang durch die Umgebung von Spillville dem Zwit- Andante schern eines ganz merkwürdigen Vögleins“ ablauschte, ent- Scherzo. Allegro leggierissimo spricht ziemlich genau demjenigen, das von Kovarˇík aus der Presto Original-Vogelmelodie, die Dvorˇák ihm vorsang oder –pfiff, Rahel Maria Rilling, Violine transkribiert wurde. Daraus wiederum konnte der Dvorˇák- Anke Dill, Violine Forscher John Clapham mittels ornithologischen Seiten- Barbara Gruszczynska, Violine sprungs eindeutig die Scharlachrote Prachtmeise (scarlet tanager) identifizieren, die just in Nordost-Iowa heimisch Hovhannes Baghdasaryan, Violine ist! – Musikwissenschaft kann richtig Spaß machen. Drum Aline Saniter, Viola sei nur noch die Uraufführung vor großem Publikum er- Sara Maria Rilling, Viola wähnt: Neujahr 1894 in Boston mit dem Kneisel-Quartett Christopher Franzius, Violoncello scarlet tanager (Frank Kneisel, Otto Roth, Louis Sveˇcenski, Alwin Schroeder), Antoaneta Emanuilova, Violoncello in derselben Besetzung am 12. Januar in der New Yorker Carnegie Hall.

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„gemacht aus George Enescus Oktett C-Dur am Horizont und den zwischen Weiden Himmel und und Birken verlorenen alten Dörfern“. Unendlichkeit“ Um eine mitunter aufkommende kleine Verwirrung zu besei- (Enescu in einem Interview) tigen: auch „Enesco“ wäre richtig, denn der im rumänischen Liveni (heute Enescu!) geborene George nannte sich aus Nach einem Fragment gebliebenen phonetisch naheliegenden Gründen in Paris nicht mehr ori- Versuch in D-Dur von 1898 entstand ginal „Enescu“ („Enescü“), ein Name, der „Sohn des Enea“ 1899/1900 in Paris und Moldavien sein bedeutete (ein Vorfahre Enescus hieß so), sondern änderte Oktett, von dem er erklärte, er habe da- ihn durch Austausch des Endbuchstabens. mit weniger die Persönlichkeit des Stils, als mehr das „Gleichgewicht der Archi- Erste musikalische Eindrücke erhielt er im Elternhaus; tektur“ im Blick gehabt, für die er eine Georg Enescu, 1903 der Vater spielte Geige, die Mutter Gitarre. Abends lauschte durchaus neuartige Lösung fand: „Vier (Musica, Januar er den Gesängen der Dorfmusikanten, die ihn so aufregten, miteinander verbundene Sätze, die einen 1904) dass er sich aus einem Holzstück und einem Faden eine einzigen großen, extrem ausgeweiteten Sonatensatz bilden, Geige baute. George war damals 3 Jahre alt. Die Geige, die aber gleichzeitig die Autonomie jedes Teiles respektieren.“ man ihm daraufhin schenkte, hatte nur drei Saiten – er warf Damit wird das Oktett zum Urbild für spätere Formgebungen sie beleidigt ins Feuer. Als Vierjähriger, mittlerweile im Be- Enescus, wo sich aus kleinen Intervall-Zellen durch Variation sitz einer „richtigen“ Geige, konnte er die Melodien bereits und Kombination größere bilden und daraus die Thematik erstaunlich genau nachspielen. 1888 spielte er einem Pro- des ganzen Werkes erwächst. Die Chromatik jener Zeit fessor vor, der dem Vater riet, den Jungen zur Ausbildung scheint im Oktett vorzuherrschen, aber sie wird nicht „per nach Wien zu schicken. Beim ersten Auftritt vor Bukarester se“ als stilistisches Mittel verwendet, sondern bildet sich Publikum spielte er unter anderem Mendelssohns Violin- aus mobilen Stufen diatonischer Skalen, bei denen sich ei- konzert... nige Töne „statisch-konform“ verhalten, während andere den melodischen Ausweg suchen. Manch eine harmonische Es folgten Studien in Paris. Als Virtuose, mit Beethovens Wendungen erinnert an Schönbergs „Verklärte Nacht“, ein Violinkonzert 1900 in Paris berühmt geworden, ist er bald darauf in allen europäischen Konzertsälen zu hören. 1902 „Gewisse Personen haben sich beun ruhigt und gelangweilt gezeigt, weil sie mich nicht in ge- Gründung eines Trios (mit Alfredo Casella und Louis Four- wöhnlicher Art katalogisieren und klassifizieren nier), zwei Jahre später des „Enescu-Quartetts“ (mit Henri konnten. Casadesus, Louis Fournier, Fritz Schneider), Erfolge als Kom- Das wäre keine französische Musik in der Art ponist, Tourneen... Schließlich wird George Enescu als Kom- Debussys, das wäre auch keine deutsche Mu- ponist, als Dirigent und große musikalische Persönlichkeit sik, die ich schriebe, erklärten sie. Kurz, ohne fremd zu erscheinen, ähnelte sie kaum einer in ganz Europa, besonders aber in seinem Heimatland ver- bekannten Sache, aber gerade das langweilt ehrt. Bei allem Erfolg verließ ihn nie die etwas wehmütige die Leute, wenn sie einen nicht klassifizieren Erinnerung an glückliche Kindertage „im Norden der Mol- können.“ dau, dort, wo sich die endlosen Auen des Siret bis zu den sanften Anhöhen am Fuße der Karpaten erstrecken, mit ih- ren wogenden Gerste- und Maisfeldern, ihren alten Wäldern

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Werk, das Enescu nicht gekannt haben kann, da es zur sel- Felix Mendelssohn Bartholdys Oktett Es-Dur „alles ist neu, ben Zeit anderswo entstand. Die Liste der Techniken, die fremd und doch der junge Komponist in diesem für ihn wegweisenden Früh- Am 6. November 1825 schreibt Carl Friedrich Zelter, der sei- so anspre- werk anwendet, ließe sich fortsetzen. Dabei ist Enescu we- nen Kompositionsschüler im Jahr zuvor „im Namen Mozarts, chend“ niger Dramatiker als Epiker, er liebt, wie er selbst sagte, im Namen Haydns und im Namen des alten Bach“ zum Ge- „weit ausgedehnte Werke, in denen der Geist sich ein fernes sellen ernannt hatte, an Johann Wolfgang von Goethe, dass Ziel steckt, [...] Werke im Ausmaß der Landschaften »von da der junge Mendelssohn, an dessen Entwicklung der Ge- unten« [Moldavien], gemacht aus Himmel und Unendlich- heime Rat in Weimar seit dessen erstem Besuch 1821 regen keit.“ Anteil nimmt, gerade ein Oktett vollendet habe, „das Hand und Fuß hat.“ Bei diesem außergewöhnlichen Werk (bereits Das Oktett ist Enescus Lehrer André Gédalge gewidmet in seiner Besetzung: kein antiphonal angelegtes Doppel- (Gédalge wiederum veröffentlichte einige Monate später quartett wie etwa zur gleichen Zeit bei Louis Spohr, sondern eine Violinsonate mit Widmung an Enescu!), der „seine mit der Achtstimmigkeit als Ausgangspunkt für immer neue Schüler auf ihre geheimsten Tendenzen [stieß]. Aber vor al- Klangkonstellationen), noch vor der Ouvertüre zum „Som- lem lehrte er sie die Musik“ (Darius Milhaud, Revue Musi- mernachtstraum“ abgeschlossen, können wir getrost von cale, 1926). In den Gesprächen mit Bernard Gavoty der ersten Genietat des 16jährigen Mendelssohn sprechen; bekannte Enescu, dass er Gédalges Schüler war, ist und im- selbst Mozart komponierte in diesem Alter nichts Vergleich- mer bleiben werde; er habe ihn auf den Weg gebracht, seine bares. eigenen musikalischen Bestrebungen zu erkennen und zu Ölgemälde 1829, verschollen entwickeln. Bereits 1905 gedruckt, fand die Premiere erst Komponiert zum 23. Geburtstag seines Freundes Eduard (Foto: Courtauld am 18. Dezember 1909 in Paris in der Reihe „Soirées d’art“ Rietz, Geiger und Bruder des später berühmten Dirigenten Institute London) der Concerts-Barrau in der Salle des Agriculteurs statt. Es Julius Rietz, laut Manuskript beendet am musizierten die Quartette Geloso (mit dessen Leiter Pierre 15. Oktober 1825, wurde das Oktett erstmals Monteux) und Marcel Chailley (mit Louis Gavrand, Philippe im privaten Kreise im Oktober 1825 in Men- Jurgensen und René Schidenhelm). delssohns Elternhaus aufgeführt; weitere Kon- zerte vor geladenen Gästen folgten 1832 in Paris (u.a. während einer Gedenkfeier für Beethoven); erste öffentliche Aufführung am 30. Januar 1836 im Leipziger Gewandhaus (mit Mendelssohn an der zweiten Viola), am selben Ort am 18. November 1843 in folgen - der Besetzung: Ferdinand David, Moritz Gott- hold Klengel, Thomaskantor Moritz Hauptmann, Theater-Musikdirektor Carl Bach (Violine); Mendelssohn und Niels Wilhelm Gade (Viola); Friedrich Wilhelm Grenser, Carl Wittmann (Violoncello).

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Zum Scherzo des Oktetts – als „kleinem Bruder“ der Mendelssohnschen Elfenmusik – hatte die große Schwester Fanny eine besonders enge Beziehung. Sie berichtet, Felix seien dabei die Schlussverse aus Goethes Walpurgisnacht durch den Kopf geschossen: „Wolkenflug und Nebelflor / Er- hellen sich von oben. Luft im Laub und Wind im Rohr / Und Hovhannes Baghdasaryan Alles ist zerstoben.“ ist 1980 in Eriwan (Armenien) gebo- Fanny an Felix, Berlin, 4. Juni 1829: „Ja, Du bist der ren. Von 1996 bis 2001 studierte er Klügste, ich setzte mich nämlich ans Klavier, u. spielte das Violine in der Klasse von S. Hacknasa- Ottettscherzo durch, u. ver- ryan am Komitas-Staatskonservato- suchte mir vorzustellen, wo wol rium in Eriwan. Seit 2001 studiert er „Dieses Oktett muß von allen an der Musikhochschule Lübeck in der die luftigen u. Trompeten kom- Instrumenten im Style eines Klasse von Prof. Maria Egelhof. symphonischen Orchesterwer- men möchten, oh erzähle uns Hovhannes Baghdasaryan hat zahl reiche Konzerte mit verschiedenen noch etwas vom lieben Scherzo, kes gespielt werden. Pianos und Fortes müssen genau ein- Orchestern und Kammer orchestern, aber auch Solokonzerte gespielt. u. wie Du’s ausgeputzt hast?“ gehalten und schärfer betont Von 2000 bis 2003 war er Mitglied des internationalen Festspiel orche- Und in ihr Tagebuch notiert sie werden, als gewöhnlich in Wer- sters von Verbier (Schweiz). liebevoll: „Mir allein sagt er, was ken dieses Charakters.“ (An- Hovhannes hat an verschiedenen Meisterkursen teilgenommen, ihm vorgeschwebt. Das ganze weisung Mendelssohns im darunter bei Tibor Varga (Schweiz), dem Oberlin Trio (USA), Vladimir Manuskript) Stück wird in staccato und pia- Spivakov (Russland) und anderen. nissimo vorgetragen, die einzel- Seit Oktober 2004 hat er einen Lehrauftrag in der Klasse von Prof. nen Tremolando-Schauer, die leicht aufblitzenden Prall triller; Egelhof an der Musikhochschule Lübeck. In der Saison 2004/05 war er Praktikant im Orchester der Deutschen Oper Berlin. Seit 2005 ist er alles ist neu, fremd und doch so ansprechend, so befreun- Praktikant im Orchester des NDR Hamburg. det, man fühlt sich so nahe der Geisterwelt, so leicht in die Seit 2006 studiert Hovhannes als Mitglied des Bonnard Trios Lüfte gehoben, ja man möchte selbst einen Besenstiel zur Kammermusik beim Alban-Berg-Quartett in Köln. Er ist Stipendiat der Hand nehmen, der luftigen Schar besser zu folgen. Am Vladimir Spivakov-Stiftung, der Marie-Luise Imbusch-Stiftung sowie Schlusse flattert die erste Geige federleicht auf – und alles des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) und Preis- ist zerstoben.“ träger nationaler und internationaler Wettbewerbe, darunter der 3. Preis des 8. Internationalen Yfrah-Neaman-Wettbewerbs in Mainz 2001 sowie die Sonderauszeichnung beim Internationalen Georg- Kulenkampff-Wettbewerb in Köln 2003.

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Yun-Jin Cho

geboren 1983 in Seoul, Korea, erhielt ab dem 6. Lebensjahr Geigen un- terricht. Von 1998 bis 2001 studierte sie bei Lee Mi-Kyung, Professor an der Münchner Musikhochschule. Seit 2001 wird sie an der Hanns Eisler Hochschule für Musik von Prof. Ulf Wallin unterrichtet, wo sie ab 2006 ein Zusatzstudium zum Konzertexamen absolviert. Von ihrem 9. Lebensjahr an gewann Yun-Jin Cho in Korea und Europa zahlreiche 1. Preise und Sonderpreise, darunter Preise der Seoul Isabel Charisius Monthly Magazin Competition, Seoul Sae Kye Ilbo Music Competition, Seoul Junior Competition und der Rodolfo Lipizer Com- studierte Violine in Karlsruhe und Tel Aviv. Durch ein DAAD-Stipendium petition in Italien. Ab Herbst 2006 ist sie Ferenc-Friscay-Stipendiatin kam sie nach Wien. Dort entdeckte sie durch ihren Meister, Thomas beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin. Sie konzertiert als Kakuska, die Liebe zur Viola. Solistin mit verschiedenen Orchestern wie New Seoul Philharmonie Als Solobratschistin war sie engagiert beim Wiener Kammerorche- Orchester, Seoul National Orchester, Seoul Art Orchester, Seoul Yewon ster, dem Radiosinfonieorchester Wien und bei den Münchner Philhar- Junior Orchester, Neubrandenburger Philharmonie, Brandenburger monikern. Symphoniker und Echo Ensemble für Neue Musik Berlin unter der Lei- Nachdem sie in verschiedenen Ensembles kammermusikalisch tung von Prof. Konstantia Gourzi. tätig war, ist sie nun Mitglied des Alban Berg Quartetts. Von 2000 bis 2006 trat Yun-Jin Cho als Kammermusikpartnerin von Isabel Charisius unterrichtet Kammermusik an der Musikhoch- Alexander Baillie, Robert Cohen und Friedemann Weigle (Petersen Quar- schule Köln und gibt Meisterkurse an Hochschulen sowie bei Festivals. tett) auf. Cho spielt als Solistin und Kammermusikerin u.a. in der Sommerakademie Mozarteum Salzburg, beim Schleswig-Holstein Musik Festival, beim Kuhmo Kammermusik Festival in Finnland, beim Hadan- ger Music Festival in Norwegen, beim Gotland Kammermusik Festival in Schweden und an der Komischen Oper Berlin. Sie war als Konzertmeisterin und Stimmführerin im Yewon Junior Orchester in Korea sowie im Hochschulorchester Hanns Eisler Berlin unter der Leitung von Nikolaus Harnoncourt, Seiji Ozawa und Christian Thielemann aktiv. Yun-Jin Cho belegte Meisterkurse bei Raphael Oleg, Pavel Vernikov, Igor Oistrakh, Ana Chumachenko, András Schiff und Gidon Kremer.

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Anke Dill Antoaneta Emanuilova

in Stuttgart geboren, studierte bei Nora Chastain, wurde 1980 in Sofia in Bulgarien , Yair Kless und Donald Weilerstein. geboren und begann im Alter von Als Mitglied des Barrault Quartetts erhielt sie Kammer- fünf Jahren mit dem Klavierspiel. musikunterricht von Walter Levin (LaSalle Quartett), 1987 zog sie nach Stuttgart um, Mitgliedern des Alban Berg-Quartetts und anderen und wo sie mit zehn Jahren ihren er- nahm am Center for Advanced Quartet Studies des sten Cellounterricht bei Pilvi Aspen Music Festivals teil. Heinonen erhielt. Die Geigerin konzertiert als Solistin und Kammermu- 1992 bis 1996 war Antoaneta sikerin in ganz Europa, Japan und Amerika. So ist sie auf Emanuilova Vorstudentin an der Festivals wie dem Schleswig-Holstein Festival, dem Musikhochschule Stuttgart bei Brahms Festival, den Salzburger Festspielen und in den Prof. Peter Buck und wurde in USA z. B. beim Aspen Music Festival in Colorado sowie in dieser Zeit dreifache erste Bun- großen Konzertsälen wie der Hamburger Musikhalle despreisträgerin bei „Jugend oder der Liederhalle Stuttgart zu Gast. musiziert“. Konzerte mit namhaften Solisten wie Shmuel Ashkenasi, Nora Von 1996 bis zu ihrem Abitur 1999 war sie Schülerin von Wen-Sinn Chastain, Adrian Cox und Barbara Westphal, um nur einige zu nennen, Yang. Sie besuchte zahlreiche Meisterkurse (u. a. bei Frans Helmerson, Auftritte mit dem Stuttgarter Kammerorchester oder den Winterthur- Boris Pergamenschikow, Martin Ostertag und Hans-Christian Schwei- Solisten sowie CD-Produktionen mit den Violinkonzerten von Beethoven ker). Außerdem trat Antoaneta Emanuilova oft solistisch auf, u. a. mit und Brahms, den Kontrasten von Bartók, Mozarts Sinfonia Concertante den Baden-Badener Philharmonikern, den Sofioter Solisten und der u.a. dokumentieren ihre künstlerische Vielseitigkeit. Sinfonietta Sofia. Mit Jacob Leuschner spielte Anke Dill die Zyklen sämtlicher Mozart- 1999 begann sie ihr Studium bei Prof. Wolfgang Boettcher an der und Beethovensonaten für Klavier und Violine und gewann den Wettbe- UdK Berlin, wo sie 2001 einen ersten Preis beim Domenico-Gabrielli- werb um den Possehl-Musikpreis 2000. Zudem erhielt sie Preise von der Cellowettbewerb gewann. Seit 2002 ist Antoaneta Emanuilova Stipen- Hermann-Ehlers-Akademie (Kiel) und dem Lions Club Lübeck Liubice. diatin der „Villa Musica“. Nach ihrer ersten Japanreise 2005 folgen 2006 Auftritte mit dem 2003/2004 studierte sie für ein Jahr an der Juilliard School in New Stuttgarter Kammerorchester sowie Einspielungen für /ZDF, SWR York bei Prof. Joel Krosnick und Prof. Bonnie Hampton, dort erhielt sie und eine Konzertreise nach Taiwan und Hongkong, wo sie auch Meister- das Graduate Diploma. In Verbindung mit diesem Auslandsstudium kurse geben wird. wurde sie Stipendiatin der ZEIT-Stiftung in der Deutschen Stiftung Ihre Lehrtätigkeit begann Anke Dill 2001 an der Musikhochschule Musikleben und der Selbach-Stiftung. Lübeck. Seitdem unterrichtet sie auch als Dozentin bei den Meisterkur- Seit Herbst 2004 studierte Antoaneta Emanuilova bei Prof. Jens sen der Internationalen Sommerakademie in Lenk (Schweiz) und seit Peter Maintz an der UdK Berlin, wo sie im Februar 2006 ihr Diplom 2004 bei Meisterkursen in Murrhardt. erhielt. Seitdem studiert sie dort im Konzertexamen. 2004 wurde sie auf eine Professur für Violine an die Staatliche Hoch- Im April 2005 gewann sie den Grand Prix des internationalen Wett- schule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart berufen. 2006 wird bewerbs „Musik und Erde“ in Sofia, Bulgarien. Im Januar 2007 wird sie erstmals in Belgien an den Internationalen Meisterkursen von Brügge Antoaneta Emanuilova die Stelle als Solocellistin im Gürzenich-Orche- unterrichten. ster Köln antreten.

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Christopher Franzius Daniel Garlitsky

begann seine musikalische Ausbildung mit fünf Jahren, studierte an der wurde 1982 in Moskau geboren und steht in dritter Generation einer bekann- Hochschule für Musik und Theater in Hannover bei Prof. Klaus Storck ten Familie von Geigern und Musikpädagogen. sowie beim russischen Cellisten Daniel Chafran, Moskau. In internatio- Seinen ersten Geigenunterricht erhielt er an der Moskauer Gnessin- nalen Meisterkursen lernte er großartige Solisten wie Radu Aldulescu, Musikakademie in der Klasse seines Vaters Boris Garlitsky. Nach seinem Heinrich Schiff und David Geringas kennen. Umzug nach Frankreich setzte er seine Ausbildung am Konservatorium in Christopher Franzius gewann zahlreiche Preise bei renommierten Lyon sowie in verschiedenen Musikakademien und Meisterkursen fort. Wettbewerben und erhielt sein erstes Engagement als Solocellist an der Am Conservatoire National Supérieur de Musique in Paris studierte Deutschen Oper am Rhein. Später spielte er beim Radiosinfonieorches- Daniel Garlitsky Violine bei Boris Garlitsky und Igor Volochine sowie Kammer- ter des WDR () in Köln und war Mitglied des musik bei Pierre Laurent Aimard. Nach drei Jahren Studium erhielt er einen Bayreuther Festspielorchesters. ersten Preis sowie einen Sonderpreis. Er konzertierte unter berühmten Dirigenten wie Daniel Barenboim, Daniel Garlitsky absolvierte Solo- und Kammermusikauftritte in Europa , James Levine, Christoph Eschenbach, Esa Pekka und Asien. Als Gast bei zahlreichen renommierten Festivals (Radio France – Salonen und Christoph von Dohnányi. Montpellier, Folle Journée de Nantes, Estate Musicale a Portogruaro) trat er Neben seiner Tätigkeit als Kammer- und Solomusiker ist Franzius zusammen mit bekannten Künstlern wie Augustin Dumay, Bruno Giuranna, als Komponist aktiv. Seine Diskografie umfasst, unter anderem, 5 Werke Charles Neidich und Oleg Maisenberg auf. für Solocello und wurde bei Wega veröffentlicht. Seit 2005 ist er Solocel- 2003 wurde er von Gidon Kremer zum 22. Lockenhaus-Festival (Öster- list des international bekannten Radiosinfonieorchesters des NDR reich) eingeladen. Daniel Garlitsky ist als Solist mit bekannten Orchestern in (Norddeutscher Rundfunk) in Hamburg. Europa und Japan, u.a. unter der Leitung von Michiyoshi Inoue und Vladimir Er spielt auf einem 1701 in Mailand gebauten Instrument des alten Jurowski aktiv. Kürzlich debütierte er in London mit dem of the Age italienischen Meisters Giovanni Grancino. of Enlightenment. Zusammen mit dem Pianisten Jong Hwa Park bereitet Daniel Garlitsky derzeit die Aufnahme von französischer Musik aus dem 20. Jahrhundert vor. Dafür möchte er unter anderem die Originalfassung von Ravels Tzigane für Violine und Luthéal auf dem einzigen Exemplar dieses Instrumententyps auf- nehmen.

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Jan Grüning

wurde 1984 in München geboren und erhielt seinen ersten Geigenunter- richt im Alter von 6 Jahren bei Gerd Michael Herbig an der örtlichen Musikschule. 1997 wechselte er zur Viola. Er ist mehrfacher erster Preisträger des Jugendwettbewerbes „Jugend musiziert“ in den Kategorien Violine solo, Viola solo und Pavel Gomziakov Streichquartett. 2001 wurde er Mitglied im Bundesjugendorchester und nahm an wurde 1975 in Tschaikowsky (Russland) geboren. Seine musikalische Arbeitsphasen bis 2003 teil. Ebenfalls 2001 wechselte er zu Prof. Jürgen Laufbahn begann, als er im Alter von neun Jahren von Elena Kopilova un- Weber von der Hochschule für Musik in München. terrichtet wurde. Mit dreizehn Jahren gewann er den großen Preis des 2003 folgte eine Einladung zum Bowdoin Summer Musical Festival, russischen Nationalwettbewerbes für musikalisch begabte Kinder. 1990 außerdem war er Teilnehmer an Meisterkursen von Prof. Conrad von der trat er in die Gnessin Musikschule in Moskau ein, wo er bei Prof. David Goltz, Prof. Friedemann Berger, Helena Bondarenko, Prof. Emile Cantor, Grigoryan studierte. Ab 1995 studierte er am Moskauer Staatskonserva- Prof. Jean Sulem und Prof. Barbara Westphal, bei der er seit September torium bei Prof. Dmitry Miller, wo er 2000 den Abschluss seines Cello- 2003 an der Musikhochschule Lübeck studiert. Mit ihr trat er auch als Masterstudiums mit Auszeichnung feierte. Derzeit setzt er sein Studium Duo beim Oberstdorfer Musiksommer und beim Bratschenfest in Lübeck am Conservatoire National de Paris bei Prof. Phillipe Muller fort. auf. Darüber hinaus hat er Meisterklassen bei David Geringas, Boris Die Teilnahme an Projekten des „Klangforum Mitte Europa” führte Pergamenschikov, Lynn Harrell, Frans Helmerson and Natalia Gutman ihn unter anderem auf eine ausführliche Japan-Tournee mit Konzerten in besucht. allen wichtigen Konzerthäusern wie z. B. der Suntory Hall in Tokyo. 2005 Pavel konzertiert regelmäßig als Solist und als Kammermusiker. wurde Jan Grüning ein Förderpreis der Marie-Luise-Imbusch-Stiftung zu- Als Solist hat er mit dem Orchester des Staatskonservatoriums Moskau erkannt. Er spielt auf dem Original-Nachbau eines Gasparo-da-Salo- und dem Reina Sofia Kammerorchester unter Dirigenten wie Leonid Instruments aus dem Ende des sechzehnten Jahrhunderts. Nikolajew, Jesús Lópes Cobos und Antoni Ros Marba gespielt. Mit dem Reina Sofia Kammerorchester hat er Einspielungen des Cellokonzerts von Schumann sowie Beethovens Tripelkonzert vorgenommen. Seine Kammermusikpartner sind neben anderen bekannten Künstlern , Gérard Caussé, José Luis García-Asensio and Eldar Nebolsin. Pavel Gomziakov ist bei verschiedenen internationalen Cello-Wett- bewerben mit Preisen ausgezeichnet worden. 2001 gewann er den Jean-Nicola-Fermenich Preis des renommierten internationalen Festivals in Verbier (Schweiz). Im darauf folgenden Jahr erhielt er den Sonderpreis beim internationalen Tschaikowsky Wettbewerb in Moskau. Im Jahre 2003 gewann er den ersten Preis beim internationalen Wettbewerb Julia Cardona in Portugal. In der Saison 2003/04 hatte er Gastverträge als Solocellist im Teatro Real in Madrid und am Theater La Monnaie Brüssel.

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Barbara Grusczcynska

wurde 1978 in Bydgoszcz in Polen geboren. Ihren ersten Geigenunter- richt erhielt sie im Alter von 6 Jahren. Christopher Jepson Nach ihrer Ausbildung an der Musikhochschule in Bydgoszcz beendete sie ihr Studium an der Hochschule für Musik „Carl Maria von wurde 1982 in Guildford, England, geboren und begann im Alter von Weber“ in Dresden bei Prof. Heinz Rudolf und Jörg Fassmann. zehn Jahren mit dem Cellounterricht. Innerhalb von vier Jahren nach Sie war Mitglied der Jungen Österreichischen Philharmonie und Beginn seines Unterrichts erhielt er ein Stipendium für ein Studium bei des Gustav-Mahler-Jugendorchesters. Weitere Orchestererfahrung Leonid Gorokhov am Royal College of Music in London. Später setzte er gewann sie in der Sächsischen Staatskapelle Dresden und der Dresdner seine Studien als Student des Royal College of Music bei Alexander Philharmonie. Boyarsky fort, wo er seine Ausbildung mit Auszeichnung abschloss. Sie war Stipendiatin der Gustav-Mahler-Akadmie in Bozen (Italien) Christopher setzte anschließend sein Studium bei Hans-Jakob Eschen - und nahm an diversen Meisterkursen bei Antje Weithaas, Tomasz burg an der Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin fort. Tomaszewski, Andrzej Grudzien und Antonello Manacorda teil. Er spielte nicht nur als Solocellist in den Orchestern des Royal Barbara Grusczcynska ist Preisträgerin verschiedener Kammer- College of Music, sondern auch als Stellvertretender Solocellist im musikwettbewerbe in Polen und gab einen Meisterkurs in Havanna in Festivalensemble der Bachakademie Stuttgart der Jahre 2002/03, beim Kuba. Europäischen Musikfestival und in Konzerten in ganz Deutschland. Der- Solo- und Kammermusikkonzerte führten sie nach Polen, Frank- zeit spielt er für das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. Er hat an reich, Israel, Libanon und nach Kuba. Seit August 2005 spielt Barbara Meisterklassen von Yfrah Neaman, Yehudi Menuhin, David Geringas und erste Violine im Symphonieorchester des NDR in Hamburg. Natalia Gutman teilgenommen. Christopher ist mit dem Moskauer Virtuosi Ensemble aufgetreten und hat Konzerte in Spanien, Kroatien und Großbritannien gegeben. Zusammen mit dem Guildford Symphony Orchestra spielte er vor kur- zem das Cellokonzert von Dvorˇák, mit dem Woking Symphony Orchestra das Doppelkonzert von Brahms. Christopher ist derzeit sowohl im London Symphony Orchestra im Probejahr als auch im Londoner Philharmonia Orchestra, hier allerdings als Stellvertretender Solocellist.

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Gwendolyn Masin

wurde vor 27 Jahren in geboren und erhielt ihren ersten Geigenunterricht mit fünf Jahren. Bereits ein Jahr später gab sie ihr erstes Konzert an der Ferenc-Liszt-Akademie in . Im Alter von 11 Jahren trat sie in der Late Late Show in Irland auf und ist seitdem regelmäßig in Fernseh- und Radiosendungen in verschiedenen Ländern zu Gast. Rahel Maria Rilling Gwendolyn Masin erhielt ihre Ausbildung in den Klassen ihrer Mutter Maria Kelemen, ihres Vaters Ronald Masin, sowie bei , wurde in Stuttgart geboren und erhielt ihren ersten Igor Ozim, Ana Chumachenco, Zakhar Bron und Shmuel Ashkenasi. Unterricht mit 4 Jahren. Eine Unterrichtsmöglichkeit Sie gewann bei zahlreichen Wettbewerben in Südafrika, den Nieder- bei Yair Kless führte sie für einige Monate nach Tel Aviv. landen, Irland und der Schweiz erste Preise, sowohl als Solistin wie auch Sie studierte in Berlin und Zürich bei Michael Mücke als Kammermusikerin und wurde für Auszeichnungen wie den TOYP und Nora Chastain. Zusätzliche musikalische Impulse (The Outstanding Young Persons Award) der Schweiz nominiert. erhielt sie bei Meisterkursen u. a. von Zakhar Bron, Gwendolyn Masin ist in Europa und Südafrika künstlerisch sehr Joseph Silverstein, Mauritio Fuks und Christoph aktiv und trat als Solistin unter anderm mit Orchestern wie dem Berner Poppen. Symphonieorchester, dem National Symphony Orchestra of Ireland, Stipendien führten sie zu Kammermusikfestivals in die USA und dem Sankt-Petersburg-Akademie-Symphonieorchester, dem Musica quer durch Europa, wo sie u.a. zusammen mit Radovan Vlatkovic, Nora Viva Kammerorchester Moskau oder dem ungarischen Savaria-Orches- Chastain, und Allan Vogel konzertierte. Darüber hinaus gibt ter auf. sie regelmäßig Meisterklassen in Venezuela. Sie war auf Festivals wie z. B. dem West Cork International Chamber Sie spielte im Gustav Mahler Jugendorchester, im Festivalensemble Music Festival in Irland, dem Prussia Cove Festival in England oder dem der Inter nationalen Bachakademie Stuttgart und war Konzertmeisterin Schiermonnikoog-Festival in den Niederlanden zu Gast. beim RIAS-Jugendorchester Berlin. Als Konzertmeisterin ist sie ebenfalls Gwendolyn Masin hat sich der Darbietung zeitgenössischer Musik beim Oregon Bach Festival sowie im Bach-Collegium Stuttgart tätig. verschrieben und mehrere Werke uraufgeführt. 2007 wird sie ein Violin- Sie wird regelmäßig eingeladen, bei den Berliner Philharmonikern zu konzert von John Buckley erstmals zu Gehör bringen. spielen, und ist stellvertretende Stimmführerin der 2. Violinen beim NDR Darüber hinaus ist sie Initiatorin und künstlerische Leiterin des in- Hamburg. terdisziplinären Festivals „In Search of Lost Time“ sowie Mitbegründerin Solistische wie kammermusikalische Auftritte führen sie ins In- und und künstlerische Leiterin des Kammermusikfestivals Hohenstaufen bei Ausland. Rahel ist Mitbegründerin und künstlerische Leiterin des Kam- Stuttgart. mermusikfestivals Hohenstaufen bei Stuttgart. Das erste Buch von Gwendolyn Masin trägt den Titel „Michaela’s Music House“ und wird von Müller und Schade und der European String Teachers Association mit herausgegeben. Ab 2007 wird es in Europa und den USA erhältlich sein.

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Sara Maria Rilling

wurde in Stuttgart geboren. Ihre erste musikalische Ausbildung erhielt sie auf dem Klavier. Während der Schul- zeit bekam sie Bratschenunterricht bei Friedrich Rüstig und Enrique San- Aline Saniter tiago an der Hochschule in Stuttgart. Sara studierte in Salzburg bei 1978 geboren, studierte Viola an der Robert-Schumann-Hochschule Jürgen Geise, später in Berlin bei Erich Krüger und Stefan Düsseldorf bei Prof. Jürgen Kussmaul. Fehlandt. Ihr Studium schloss sie mit Diplom in der Klasse von Zwischen 2000–2004 war sie Solobratschistin beim Gustav-Mahler- Erich Krüger in Weimar ab. Jugendorchester, mit dem sie unter Leitung von , Seiji Weitere musikalische Impulse erhielt sie in Meisterklassen Ozawa, Pierre Boulez, Mariss Jansons und Franz Welser-Möst konzertierte. mit Hariolf Schlichtig, Jürgen Kussmaul, Paul Coletti und Thomas Zu ihren Auszeichnungen gehören der 1.Preis beim „Internationalen Kakuska. Wettbewerb junger Bratschisten“ in Slowenien, der Förderpreis beim Seit vielen Jahren ist sie Mitglied im Bach-Collegium Stuttgart Felix-Mendelssohn Bartholdy Wettbewerb in Berlin sowie ein Preis beim unter Helmuth Rilling, gründete das Robert Kahn Trio und musi- Wettbewerb der Deutschen Violagesellschaft Trossingen. ziert mit dem Orpheus Chamber Ensemble. Aline Saniter erhielt ein Stipendium für das Sarasota Music Festival Sie konzertierte im Israel Philharmonic Orchestra und spielte in Florida, USA, und für die Gustav-Mahler Akademie in Bolzano, Italien. unter Dirigenten wie Claudio Abbado, Krzysztof Penderecki, Außerdem ist sie seit Februar 2003 Stipendiatin der Stiftung Villa Musica. Gustavo Dudamel und Zubin Mehta. Neben ihrer Tätigkeit als Bratschistin im NDR-Sinfonieorchester Seit ein paar Jahren ist sie vermehrt im Ausland tätig, unter- Hamburg, dem sie seit August 2004 angehört, konzertiert Aline Saniter richtet Kinder aus den Slums in Venezuela und spielt dort im als Solistin und Kammermusikerin im In- und Ausland. Orchester, als Kammermusikerin und als Solistin. Solistische Auf- tritte führten sie auch nach Kolumbien, Israel und die Vereinigten Staaten.

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IMPRESSUM

Programmheft zum 1. Kammermusikfestival Hohenstaufen Leitung: Gwendolyn Masin, Rahel Maria Rilling Inhalt, Gestaltung, Redaktion Holger Schneider, Gwendolyn Masin, Rahel Maria Rilling Textnachweis Einführungstexte: Holger Schneider (Originalbeiträge, © beim Autor) Biografien: redaktionell überarbeitet von Gwendolyn Masin Layout, Herstellung Werner Böttler – Grafik Satz Bild Druck

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2.Kammermusik f estival Hohenstaufen 27.–30. 9.2007

Wir freuen uns, Ihnen schon einen kleinen Ausblick auf das kommende Jahr geben zu dürfen.

Als Erweiterung werden neben den Streichern dann auch Pianisten vertreten sein.

Geplanter Termin ist Donnerstag 27. bis Sonntag 30. September 2007

Sehr gerne würden wir Sie wieder als Zuhörer begrüßen!

www.hohenstaufen-festival.com Programmheft Film:Festival Programm 27.09.2006 17:54 Uhr Seite u4

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