Deutschland

29 Prozent, die Grün-Alternative-Liste Was die Ausstrahlung ihres Spitzenkan- (GAL) erreicht 14 Prozent, macht zusam- didaten angeht, wird die CDU von keiner- men 43 Prozent. Die CDU unter Führung lei Sorgen geplagt, ihr Programm reduziert Lebensstil mit des Ersten Bürgermeisters sich auf drei Buchstaben. Ole, sagt CDU- liegt bei 45 Prozent. Generalsekretär Laurenz Meyer bei einem Fraglich nur, ob die großen Lager den Besuch an der Alster, stehe einfach für drei Buchstaben Ausgang unter sich ausmachen können. Hamburg: „Er repräsentiert den Lebens- Entscheidend wird wohl das Abschneiden stil dieser Stadt, und er kümmert sich nicht Die Wahl in der Hansestadt der kleinen Parteien sein: ob die FDP die um jeden Scheißdreck selber.“ Fünf-Prozent-Hürde nimmt – und wie sich Absolut Ole, bloß keine Leihstimmen, lau- wird zum Stimmungstest für Berlin. Ex-Innensenator Ronald Schill schlägt. tet die Ein-Mann-Strategie der Union – zum Der Ausgang ist völlig offen, Der Polit-Populist will, knapp drei Verdruss der Liberalen, die sich laut Spit- sogar ein Comeback des Populisten Monate nach dem Ende der Mitte-Rechts- zenkandidat Reinhard Soltau „als einzigen Schill scheint möglich. Koalition, diesmal auf dem Ticket der verlässlichen Partner der CDU“ betrachten. Pro-DM-Partei des Multimillionärs Bolko Daher versuchen sie nun bei der CDU-Kli- s gibt kaum ein Gewerbe, das so Hoffmann, in die Bürgerschaft einziehen, entel zu wildern: „Olé, Olé – nur mit der brutal mit seinen Stars von gestern seine Chancen stehen gar nicht schlecht. FDP“ biedern sie sich auf Plakaten an. Eumspringt, wie der Politikbetrieb. Zwar kommt er derzeit nur auf 4 Prozent, Solche Formen der Selbstverleugnung Das musste der gescheiterte SPD-Gene- doch die Erfahrung lehrt, dass sich bei sind den Grünen fremd, sie könnten auf ein ralsekretär am vergange- Umfragen längst nicht alle Schill-Anhänger Rekordergebnis zusteuern. Ihr größtes Pro- nen Sonntag bitter erfahren. In seinem Hei- outen: Bei der Wahl im September 2001 blem ist die Schwäche ihres potenziellen matstadtteil Hamburg-Altona veran- erreichte die Schill-Partei 19,4 Prozent – Koalitionspartners. Auch deshalb halten staltete die Partei ein Kin- sich hartnäckig Spekulationen derfest, mit Clowns, Trickfil- 45% um eine schwarz-grüne Alter- men und Schokopops mit Milch. Auf der Bühne kün- digte Landesgeschäftsführer Patt im Norden Ties Rabe „zwei prominente Infratest-dimap-Umfrage Gäste“ an: SPD-Spitzenkan- 29% zur Bürgerschaftswahl didat Thomas Mirow und in Hamburg Franz Müntefering, den de- für den NDR und das signierten Chef der Bundes- „Hamburger Abendblatt“, partei. Dann begrüßte der 12. bis 16. Februar Wahlkampfmanager Britta 14% Ernst, die Ehefrau von Scholz, die zum Schatten- 4% 4% kabinett Mirows gehört. CDU SPD GAL FDP Scholz selbst, immerhin / DDP ROLAND MAGUNIA noch SPD-Landesvorsitzen- Wahlkämpfer Müntefering, Mirow: Geläuterte SPD der, stand daneben und war- native, kürzlich von der Bundes-Fraktions- tete vergebens darauf, dass chefin ins Spiel gebracht. sein Name genannt wurde. So sind nach der Wahl in Hamburg auch Jetzt ist Müntefering der ungewöhnliche Konstellationen durchaus Star, weitere zweimal wird er vorstellbar. Variante eins: Allein CDU, SPD die Hansestadt besuchen, be- und GAL kommen in die Bürgerschaft. vor die Hamburger am 29. Fe- Nur so ist die absolute Mehrheit für die bruar wählen. Nach dem CDU bisher realistisch, aber auch eine rot- Rücktritt Gerhard Schröders grüne Mehrheit möglich. als Parteichef verkörpert er Variante zwei: Die FDP zieht in die Bür- die geläuterte SPD, die Neu- gerschaft ein, Schill nicht. Schwarz-Gelb es und Altes zu versöhnen verfügte über eine klare Mehrheit. sucht. Die Auftritte im Nor- Variante drei: Beide Kleinparteien, FDP

den dienen deshalb gleichsam PRESS HANSEN / ACTION MARKUS und Schill, kommen in die Bürgerschaft. als Barometer, ob diese Stra- Bürgermeister Beust: Absolut Ole Bleibt die CDU so stark wie in den Um- tegie ankommt: „Wie Ham- fragen, reicht es knapp für Schwarz-Gelb. burg dasteht“, sagt Müntefering, „ist schon die Meinungsforscher hatten rund 5 Pro- Variante vier: Schill schafft fünf Prozent, ein Zeichen.“ zent weniger vorausgesagt. die FDP bleibt draußen. Die CDU benötig- Mit dem Wechsel an der SPD-Spitze ist Das Kalkül der SPD, Beust die Schuld te fast 50 Prozent der Stimmen, eine ge- die Abstimmung an der Elbe unversehens am Aufstieg Schills zuzuschieben, ist je- wagte Hoffnung. Für Rot-Grün würde es ins zentrale Blickfeld der Berliner Politik denfalls nicht aufgegangen. Stattdessen nicht reichen, und eine Große Koalition geraten. Nun gilt sie als Stimmungstest im muss sich Spitzenkandidat Thomas Mirow will derzeit noch keiner der Kandidaten. Superwahljahr, und deshalb strömt die an den Wahlständen mit Berliner Themen Sollte dieses – nicht abwegige – Szena- Bundesprominenz in die Hansestadt: Bun- wie Rentenreform, Praxisgebühr und Steu- rio eintreten, hat Politchaot Schill sich deskanzler Gerhard Schröder, Außenmi- erreform herumschlagen. Zumindest habe schon eine – ziemlich abwegige – Strategie nister Joschka Fischer, CDU-Chefin Ange- der Wechsel an der Parteispitze die Basis zurechtgelegt. Er werde dann mit der CDU la Merkel – alle versuchen noch Anhänger motiviert, berichten Genossen. Denn mit koalieren, die vorher eben mal den Bür- zu mobilisieren. dem hölzernen Mirow als alleinigem Zug- germeister rauswerfen sollte. Das wären Es dürfte sehr knapp werden: Nach der pferd sind ihnen nicht mal die Stamm- dann wieder Hamburger Verhältnisse. jüngsten Umfrage kommt die SPD auf wähler sicher. Cordula Meyer

44 9/2004