IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht Hat Durch Die Richterin Dr
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Postadresse: Erdbergstraße 192 – 196 1030 Wien Tel: +43 1 601 49 – 0 Fax: +43 1 711 23 – 889 15 41 E-Mail: [email protected] www.bvwg.gv.at W204 2138973-1/36E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Dr. Esther SCHNEIDER über die Beschwerde von XXXX , geb. am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Dr. Mario Züger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.10.2016, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt: A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: I. Verfahrensgang: I.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein afghanischer Staatsbürger, Angehöriger der Volksgruppe der Paschtunen und sunnitischer Moslem, stellte am 12.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. I.2. Im Rahmen der am selben Tag vor der Landespolizeidirektion Niederösterreich erfolgten Erstbefragung gab der BF an, ledig und in Kabul geboren zu sein. Als Fluchtgrund führte er an, er habe für die US-Armee als Dolmetscher gearbeitet. Er sei daher von den Taliban bedroht worden, er solle seinen Job aufgeben, andernfalls werde er umgebracht. I.3. Am 23.05.2016 wurde der BF von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) in Anwesenheit einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu niederschriftlich einvernommen. Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der BF an, er habe als Dolmetscher für die Amerikaner gearbeitet. Er sei 2014 bei einem Einsatz in seinem Heimatdorf eingesetzt worden, als drei vermutliche Taliban festgenommen worden seien. Da er erkannt worden sei, hätten die Taliban seinem Vater gedroht, den BF umzubringen, sollte er noch einmal ins Dorf kommen. Auch 2011 habe es bereits telefonische Drohungen seitens der Taliban gegeben. Als Beilagen zum Protokoll der Einvernahme wurden diverse Integrationsunterlagen und Schreiben der amerikanischen Armee genommen. I.4. Am 04.10.2016 langte eine Stellungnahme des BF zu den ihm übermittelten Länderinformationen ein, in der er auf die schlechte Sicherheitslage verwies. Der Stellungnahme beigelegt waren die UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des 2 Internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.04.2016. I.5. Mit Bescheid des BFA vom 13.10.2016, dem BF am 18.10.2016 zugestellt, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt und gegen den BF eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Afghanistan zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.). Begründend wurde zu Spruchpunkt I. ausgeführt, dass das Vorbringen des BF nicht glaubhaft sei und es daher in Gesamtschau an einem in der Genfer Flüchtlingskonvention aufgezählten Fluchtgrund mangle. Dem BF drohe bei einer Rückkehr nach Afghanistan auch keine Verletzung seiner Rechte nach Art. 2, 3 EMRK, sodass ihm weder Asyl noch subsidiärer Schutz zuzuerkennen sei, zumal er jedenfalls über eine innerstaatliche Fluchtalternative in Kabul verfüge. Ein Aufenthaltstitel nach § 57 AsylG sei nicht zu erteilen, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen. Nach einer Interessensabwägung kam das BFA zum Schluss, dass die öffentlichen Interessen die privaten des BF überwiegen, weswegen eine Rückkehrentscheidung zulässig sei. I.6. Mit Verfahrensanordnung vom 17.10.2016 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt. I.7. Mit Schriftsatz vom 28.10.2016 erhob der BF Beschwerde gegen den oben genannten Bescheid des BFA im vollen Umfang wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften. Insbesondere wurden mangelhafte Länderfeststellungen und eine mangelhafte Beweiswürdigung beanstandet. Er beantragte, den angefochtenen Bescheid zu beheben und ihm den Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen; in eventu den angefochtenen Bescheid zu beheben und zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheids an das BFA zurückzuverweisen; in eventu dem BF den Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Staat Afghanistan zuzuerkennen; in eventu festzustellen, dass die Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei und ihm einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG zu erteilen und festzustellen, dass die Abschiebung nach Afghanistan unzulässig sei sowie jedenfalls eine mündliche Verhandlung durchzuführen. Der Beschwerde war ein Ausweis für Studierende der Universität XXXX und eine Bestätigung über den Besuch eines Sprachkurses Niveau A2 beigelegt. I.8. Die Beschwerde und der Bezug habende Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 07.11.2016 vorgelegt. I.9. Am 16.01.2017 langten weitere Integrationsnachweise und Unterstützungsschreiben ein. 3 I.10. Der Verwaltungsakt wurde der erkennenden Gerichtsabteilung mit 17.01.2017 zugewiesen. I.11. Am 26.09.2017 langte ein weiteres Unterstützungsschreiben der Freundin des BF ein, dem ein Schreiben eines ehemaligen Vorgesetzten beigelegt war. I.12. Am 20.12.2017 teilte die Arge Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst die Auflösung der Vollmacht mit. I.13. Das Bundesverwaltungsgericht führte am 21.12.2017 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, an der der BF sowie der im Spruch genannte neu bevollmächtigte Rechtsvertreter teilnahmen. Das BFA verzichtete mit Schreiben vom 30.10.2017 auf die Teilnahme an der Verhandlung. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung wurde der BF im Beisein einer Dolmetscherin für die Sprache Paschtu u.a. zu seiner Identität und Herkunft, zu den persönlichen Lebensumständen, zu seinem Gesundheitszustand, seinen Familienangehörigen, seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen sowie zu seinem Privat- und Familienleben in Österreich befragt. Der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers beantragte eine Frist von vier Wochen, um Beweismittel über die Arbeitstätigkeit des Beschwerdeführers, wie Kontoauszüge, aus dem Heimatland zu besorgen, die diesem gewährt wurde. Als Beilagen zum Protokoll der mündlichen Verhandlung wurden Fotos, die den BF in Uniform zeigen, eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan vom 25.03.2015, die UNHCR-Richtlinien vom 19.04.2016, der EASO-Länderbericht von Dezember 2017 und eine ACCORD-Anfragebeantwortung zu Afghanistan, Provinz Laghman, vom 05.09.2017 genommen. I.14. Am 19.01.2018, am 22.01.2018, am 25.01.2018, am 29.01.2018, am 30.01.2018, am 02.02.2018 und am 05.02.2018 langten beim Bundesverwaltungsgericht Schreiben ehemaliger Arbeitskollegen des BF ein, wonach dieser bis 2014 als Dolmetscher tätig gewesen sei. I.15. Nach erneuter Fristverlängerung legte der BF mit Stellungnahme vom 16.02.2018 die oben genannten Schreiben auch gesammelt vor. Der Stellungnahme beigelegt war weiter ein Schreiben des Dorfvorstehers. Außerdem wurden die zeugenschaftliche Einvernahme eines früheren Kollegen des BF, eine Anfrage an das Red Cross Afghanistan in der Provinz Laghman und eine Vor-Ort-Recherche im Heimatort des BF beantragt. I.16. Am 21.07.2018 nahm der BF zu dem ihm zuvor übermittelten aktuellen Länderinformationsblatt Stellung und führte dazu aus, dass aus diesem klar zum Ausdruck komme, dass eine innerstaatliche Fluchtalternative für den BF nicht in Frage komme. Selbst für Personen ohne spezifisches Gefährdungsprofil stelle Kabul aufgrund der Sicherheits- und Versorgungslage keine zumutbare Ausweichalternative dar. Dazu legte der BF ein Gutachten aus einem deutschen Verfahren vor. Zudem wurde zur privaten Situation des BF ausgeführt, dass der BF eine 4 österreichische Staatsbürgerin heiraten werde. Es sei daher von einem Überwiegen der privaten Interessen auszugehen, zumal der BF aufgrund der Unterhaltspflicht seiner - baldigen - Ehefrau keine Belastung für den öffentlichen Haushalt darstelle. Zudem bestehe eine mündliche Einstellungszusage. Die Rückkehrentscheidung sei daher auf Dauer für unzulässig zu erklären und dem BF ein Aufenthaltstitel zu erteilen. Zum Beweis für dieses Vorbringen wurden mehrere Unterlagen vorgelegt. I.17. Am 17.10.2018 legte der BF die Heiratsurkunde, Fotos der Eheschließung und einen Mietvertrag über die Anmietung eines Zimmers und Mitbenützung der zum gemeinsamen Gebrauch der Mieter bestimmten Einrichtungen der Wohnung, WC und Dusche vor und führte aus, aufgrund seiner privaten Situation sei eine Rückkehrentscheidung unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: Zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch: -Einsicht in den dem Bundesverwaltungsgericht vorliegenden Verwaltungsakt des BFA betreffend den BF; insbesondere in die Befragungsprotokolle; -Befragung des BF im Rahmen der öffentlichen mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am 21.12.2017; -Einsicht in die im Rahmen des Verfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegten Unterlagen; -Einsicht in die in das Verfahren eingeführten Länderberichte zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat; -Einsicht in das Strafregister, in das Grundversorgungssystem und in das Zentrale Melderegister. II.1. Sachverhaltsfeststellungen: II.1.1. Zum BF: Der