Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt. Jahresheft 2016 Naturschutz Sachsen-Anhal Im Land Landesamt fürUmweltschutz SACHSE La ndesa mt fü N- r Umwe ANHA 53. Jahrgang·Jahresheft2016 ltsc hu tz LT ISSN 0940-6638 t Oben: Die Blattstiele der Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes) haben schwammige Verdickungen. Foto: S. Nehring. Oben: Als geschickter Kletterer gefährdet der Waschbär (Procyon lotor) auch baumbrütende Vogelarten. Unten: Die Wärme liebende Wasserhyazinthe könnte vom Klimawandel profitieren. Foto: M. Deventer. Unten: Eine Einbringung des invasiven Grauhörnchens (Sciurus carolinensis) gilt es zu verhindern. Fotos: S. Nehring. Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt

53. Jahrgang • 2016 • ISSN 0940-6638

Inhaltsverzeichnis Seite Aufsätze Christoph Saure Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt und ihre Bedeutung für Bienen, Wespen und Schwebfliegen ( part.; Diptera: Syrphidae)...... 3 Astrid Thurow Zur Laufkäferfauna (Coleoptera: Carabidae) natürlicher Uferstrukturen der Unteren Mulde...... 55 Matthias Lehnert, Neue Erkenntnisse zum Goldenen Scheckenfalter (Euphydryas aurinia) Kerstin Rieche & und zur Pflege und Entwicklung seiner Habitate im ...... 64 Christoph Schönborn

Jens Peterson Neobiota und Naturschutz...... 74

Informationen Inge Haslbeck Übersicht der im Land Sachsen-Anhalt nach Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Objekte und Informationen zu im Jahr 2015 erfolgten Veränderungen ...... 106 Lutz Reichhoff „Wanderer achte Natur und Kunst und schone ihrer Werke“ Zur Interpretation der Inschrift auf dem Warnungsaltar in den Wörlitzer Anlagen...... 108 Markus Koch & Heldbock Cerambyx cerdo Linnaeus, 1758 (Coleoptera: Cerambycidae) im Volker Neumann FFH-Gebiet „Nienburger Auwald-Mosaik” (FFH0103LSA) ...... 110

Mitteilungen

Ehrungen Robert Schönbrodt zum 65. Geburtstag ...... 112

Bundesverdienstkreuz an Frank Meysel verliehen ...... 118

Schrifttum ...... 120

Impressum ...... 128 Schutz von Pflanzen, Tieren und Landschaften

Zu den Abbildungen der 2. und 3. Umschlagseite

Neobiota im Naturschutz Vorsorge und Früherkennung sind der beste Schutz „Stalins späte Rache“, „Killer-Shrimp hat heimische Krebse Ausgelöst durch Vorgaben aus der Biodiversitätskonvention auf dem Gewissen“… Die Liste aktueller Alarmmeldungen wurden seit 1992 in Deutschland Strategien zum Umgang mit über gebietsfremde Arten, oft auch als Neobiota bezeichnet, gebietsfremden Arten entwickelt und erste Festlegungen z. B. ließe sich weiter fortführen. Ganz anders klingen demgegen- im Bundesnaturschutzgesetz getroffen. Spezifische nationale über Schlagzeilen wie „Mitbürger Waschbär“ oder „Douglasie Regelungen sind wichtig, bedürfen aber auch eines übergeord- ist die Zukunft“. Wie in der Presse liegen auch im fachlichen neten Rahmens, der jetzt auf europäischer Ebene gefunden und behördlichen Umfeld die Einschätzungen und Haltun- wurde. gen weit auseinander, wie stark sich gebietsfremde Arten auf Seit dem 1. Januar 2015 ist die „Verordnung (EU) Nr. 1143/2014 die biologische Vielfalt, die Wirtschaft und die menschliche des Europäischen Parlaments und des Rates über die Präven- Gesundheit in Mitteleuropa und speziell in Deutschland aus- tion und das Management der Einbringung und Ausbreitung wirken. invasiver gebietsfremder Arten“ in Kraft. Das wichtigste Das Thema gebietsfremde Arten reflektiert zudem wie kaum Instrument ist eine „Liste invasiver gebietsfremder Arten von ein anderes die Wertvorstellungen im Naturschutz: Was ist unionsweiter Bedeutung“. Seit 3. August 2016 sind die ersten schützenswert, wie viel (menschengemachte) Veränderung 37 invasiven Pflanzen- und Tierarten festgelegt (siehe Beitrag soll zugelassen werden? Dadurch eignet sich dieses Thema von Peterson), für die insbesondere folgender dreistufiger auch in besonderem Maße für kontroverse, oftmals unsach- Ansatz zu erfüllen ist: liche oder gar polemische Beiträge bis hin zu der Frage, ob es Vorsorge: Für 13 Unionsliste-Arten sind bisher in Deutschland mit der political correctness vereinbar ist, gebietsfremde Arten, keine Funde in freier Natur bekannt. Damit das so bleibt, sind als Sinnbild für das Fremde, abzulehnen. Um die Diskussion die Verbote für Verkauf, Besitz etc. konsequent umzusetzen. zu versachlichen, sollten für den Umgang mit gebietsfremden Vorsorge statt teurer Nachsorge lautet die Maxime z. B. beim Arten differenzierte, handlungsorientierte Konzepte entwi- Grauhörnchen, das als Träger eines Pockenvirus maßgeblich ckelt werden, wie sie in anderen Bereichen des Naturschutzes zum Aussterben des Europäischen Eichhörnchens beitragen (z. B. Rote Listen, FFH-Richtlinie) seit längerem vorliegen. Es könnte. gilt, einen vernünftigen Mittelweg zwischen Aktionismus oder Früherkennung mit Sofortmaßnahmen: Die Erfahrung zeigt, Laissez faire zu finden und einen effektiven Einsatz der vor- dass invasive Arten überraschend neu auftauchen können. Mit handenen Instrumente und Ressourcen zur Minderung des schnellem und entschlossenem Handeln in der Frühphase der Gefährdungspotenzials durch gebietsfremde Arten zu errei- Invasion sollen Schäden nachhaltig abgewendet werden. Das chen. Hierbei sollte eine sachliche, nach Art, Gebiet und Ziel gilt auch für Arten der Unionsliste, die regional eigentlich eher differenzierte Betrachtungsweise im Vordergrund stehen, auf als unbedenklich gelten. Invasive Arten sind oft unberechen- deren Grundlage angemessene Maßnahmen ergriffen werden bar, wie der Fund tausender Wasserhyazinthen im August können. 2016 bei Magdeburg zeigte. Nach erfolgter Notifizierung in Sicherlich sind die Hauptgefährdungsfaktoren für einheimi- Brüssel soll jetzt eine festgelegte Überwachung sicherstellen, sche Arten in Deutschland weiterhin unmittelbare Einwir- dass die anhaltende Frostperiode im letzten Winter den Be- kungen wie die Umwandlung und Zerstörung von Standor- stand vollständig und dauerhaft beseitigt hat. ten, für die die Organismen grundsätzlich keine Anpassungs- Management: 16 Arten der Unionsliste gelten in Deutschland strategien entwickeln können, sowie die anhaltend hohen als weit verbreitet. Eine vollständige Beseitigung ist nicht mehr Nährstoffeinträge in unseren Landschaften. Aber durch die möglich. Managementpläne z. B. für den Waschbären sollen seit Ende des Zweiten Weltkrieges stark zunehmende Neu­ aber sicherstellen, dass zumindest negative Auswirkungen etablierung und Ausbreitung gebietsfremder und vor allem minimiert werden. invasiver Arten, die zudem überproportional vom Klimawan- Das Konzept der EU-Verordnung stimmt. Jetzt gilt es für den del profitieren werden, entsteht dennoch Handlungsbedarf Schutz der biologischen Vielfalt diesen neuen zentralen euro- im Naturschutz. päischen Rechtsakt gemeinsam zum Erfolg zu führen.

Stefan Nehring Bundesamt für Naturschutz (Bonn)

2 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 53. Jahrgang • 2016: 3–54 Streuobstwiesen in Sachsen-Anhalt und ihre Bedeutung für Bienen, Wespen und Schweb- fliegen (Hymenoptera part.; Diptera: Syrphidae) Christoph Saure

1 Einleitung besonders wichtige Rolle für die Erhaltung der biolo- gischen Vielfalt zu. Bienen sind Schlüsselakteure, die Extensiv bewirtschaftete Obstwiesen mit blütenreichen durch ihre Bestäubungsleistung die Fortpflanzung der Grünlandgesellschaften zählen überregional zu den ar- großen Mehrheit der Wild- und Kulturpflanzen ge- tenreichsten Lebensräumen (z. B. Mader 1982, Blab währleisten (Pfiffner & Müller 2016). Im Gegensatz 1993, Kornprobst 1994). Charakteristisch sind hoch- zu anderen artenreichen Insektengruppen sind Bienen stämmige und großkronige Obstbäume unterschiedli- unbedingt auf Blütenbesuche angewiesen, da sie sowohl chen Alters, die meist unregelmäßig in der Landschaft Nektar für den Eigenbedarf als auch Pollen zur Larven- verteilt („gestreut“) oder auch regelmäßig in Gruppen versorgung benötigen. Beim Besuch einer Blüte kommt oder Reihen gepflanzt sind. Im Gegensatz zu Obstplan- es oft, aber nicht immer, zur Bestäubung. tagen werden sie nicht intensiv nach Spritz-, Schnitt- Wildbienen gehören zusammen mit Wespen und Amei- und Düngeplänen bewirtschaftet. Als Rückzugsgebiet sen der Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) an, die für viele bedrohte Tier- und Pflanzenarten, aber auch in Deutschland mit rund 10.000 Arten vertreten ist (Da- als landschaftsprägendes Element der Kulturlandschaft the & Blank 2004). In der vorliegenden Studie wird und als Reservoir für alte, regionaltypische Obstsorten vor allem die Gruppe der Stechimmen bearbeitet, also sind Streuobstwiesen besonders erhaltens- und schüt- diejenigen Hautflügler, die im weiblichen Geschlecht zenswert. In Sachsen-Anhalt zählen Streuobstwiesen zu einen Wehrstachel besitzen. Dazu zählen u. a. Bienen, den gesetzlich geschützten Biotopen (NatSchG LSA, Grabwespen, Wegwespen und Faltenwespen. Die Mehr- § 22). heit der Arten lebt solitär und nistet artspezifisch im Mit dem Ziel, die Biodiversität der Streuobstwiesen Erdboden, in Käferfraßgängen in Totholz, in Fugen von zu dokumentieren, wurde im Jahr 2012 vom Landes- Trockenmauern, in dürren Pflanzenstängeln, in leeren amt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt als Beitrag zu Schneckengehäusen oder in anderen Strukturen. Die den Berichtspflichten der FFH-Richtlinie das Projekt Larvennahrung besteht bei den Wespen, im Unter- „Grunddatensatz Naturschutz: Untersuchungen zum schied zu den Bienen, aus tierischer Kost, bei Wegwes- Gesamtartengefüge“ initiiert. Die Untersuchungen pen immer aus Spinnen, bei Grab- und Faltenwespen wurden mit Mitteln des Europäischen Landwirt- (mit Ausnahme der Pollenwespe) aus unterschiedlichen schaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raums Beutegruppen. Einige Wespengruppen sind durch eine (ELER) gefördert (Förderkennzeichen 323011000051). parasitische Lebensweise gekennzeichnet (Goldwes- Auftragnehmer war der Förder- und Landschaftspfle- pen, Plattwespen, Widderkopfwespen, Zikadenwespen, geverein Biosphärenreservat „Mittelelbe“ e. V. (FÖLV), Keulenwespen, Rollwespen, Trugameisen, Dolchwes- der u. a. die Betreuung der am Projekt beteiligten Ex- pen). Aber auch bei den Bienen, Weg- und Grabwespen perten sowie die Ausbringung und Leerung von Fallen gibt es Arten, die sich als Parasitoide in den Nestern übernahm. Zu den bearbeiteten Organismengruppen anderer Arten derselben Gruppen entwickeln. Sowohl gehören auch die Bienen, Wespen und Schwebfliegen, die Prädatoren als auch die Parasitoide unter den Wes- die im Folgenden vorgestellt werden. pen fungieren als wichtige Gegenspieler von Schadin- sekten und übernehmen damit eine wichtige Funktion Den 582 Wildbienenarten Deutschlands (Scheuchl & im Naturhaushalt (z. B. Gauld & Bolton 1988, Blösch Schwenninger 2015) kommt im Naturhaushalt eine 2000, Witt 2009).

3 Abb. 1: Lage der untersuchten Streuobstwiesen im Land Sachsen-Anhalt.

4 Neben den „Stechwespen“ werden im Folgenden auch Rückgänge von Arten- und Individuenzahlen bei drei Familien aus der Gruppe der Legimmen behan- Bienen und anderen Bestäuberinsekten sind weltweit delt, deren Vertreter allesamt parasitisch leben. Das zu beobachten, wie ein aktueller IPBES-Bericht zeigt sind die Orussidae (Parasitoide Holzwespen), die bei (Potts et al. 2016). In Deutschland gelten bereits Bockkäfern und Prachtkäfern schmarotzen, die Eva- 52,6 Prozent der Bienenarten als ausgestorben, be- niidae (Gichtwespen), die bei Schaben parasitieren und standsgefährdet oder extrem selten (Westrich et al. die Gasteruptiidae (Schmalbauchwespen), Schmarotzer 2011). Die Hauptursache für diese Entwicklung ist die von Wildbienen. Intensivierung der landwirtschaftlichen Anbaume- Zu den typischen Blütenbesuchern gehören neben Bie- thoden, die zur großräumigen Zerstörung von Nist- nen und Wespen auch Schwebfliegen. Aus Deutschland strukturen und Nahrungshabitaten führt (Schind- sind 463 Schwebfliegenarten bekannt Ssymank( et al. ler et al. 2013, Ollerton et al. 2014, Scheuchl & 2011). Die meisten dieser Insekten sind schwach skle- Schwenninger 2015, Pfiffner & Müller 2016, rotisiert, meiden die direkte Sonneneinstrahlung und Potts et al. 2016). Zur Bewahrung der biologischen fliegen daher bevorzugt in Wald- und Feuchtgebieten. Vielfalt ist es daher dringend erforderlich, ökologisch Einige Arten sind aber auch charakteristische Be- wertvolle Restflächen und Refugien in der Kulturland- wohner von trockenwarmen Offenlandlebensräumen. schaft zu erkennen, zu erhalten und zu entwickeln. Während sich die Imagines überwiegend von Nek- Dazu zählen auch die Streuobstwiesen. tar und Pollen ernähren, ist die Nahrung der Larven deutlich vielfältiger. Zoophage Larven ernähren sich räuberisch vor allem von Blattläusen (Aphidophagie) 2 Untersuchungsflächen und sind damit auch ökonomisch von Bedeutung. En- dophytophage Larven leben als Minierer in verschiede- Es wurden zehn über das Bundesland Sachsen-An- nen Teilen lebender Pflanzen. Die saprophagen Larven halt verteilte Streuobstwiesen (F1 bis F10) untersucht sind Fäulnisbewohner im weiteren Sinne. Sie fressen (Abb. 1). Sie gehören nicht nur verschiedenen Natur- zerfallendes Pflanzenmaterial, Dung, Holzmulm, oder räumen mit speziellen Klima- und Bodenverhältnissen leben als Filtrierer in fauligen Gewässern und Jauche an, sondern unterscheiden sich auch durch Größe und (z. B. Reemer et al. 2009, Bartsch et al. 2009a, 2009b). Bewirtschaftungsform.

F1: Schönhausen (Landkreis Stendal) (Abb. 2, Aufnahme 1. Mai 2013): Die kleine Streuobstwiese südlich von Schönhausen/Elbe besteht überwiegend aus älteren Apfelbäumen und einigen Birnen- und Pflaumenbäumen. Die Pflege erfolgt durch Mahd. Aufgrund des Elbehochwassers 2013 stand die Fläche etwa fünf Wochen un- ter Wasser.

5 F2: Kreuzhorst (Stadt Magde- burg) (Abb. 3, Aufnahme 10. Juli 2013): Die große Streuobstwiese befindet sich südlich der Ort- schaft Pechau im Auenwaldge- biet „Kreuzhorst“. Sie ist teilweise sehr lückig mit alten Obstbäumen bestanden, darunter auch viele abgängige und tote Bäume. Die Fläche wird bisher nicht gepflegt und weist dementsprechend einen dichten Unterwuchs auf. Obwohl hochwasser­beeinflusst war die Wiese während des Elbehochwas- sers nicht überflutet.

F3: Gutenswegen (Landkreis Börde) (Abb. 4, Aufnahme 1. Mai 2013): Die Streuobstwiese südlich von Gutenswegen ist gekennzeich- net durch einen überwiegend alten Bestand an Apfel-, Birnen- und Süßkirschbäumen in Hanglage. Das mesophile Grünland mit teils dichten Brennnesselbestän- den wird nur gelegentlich und abschnittweise gemäht bzw. mit Schafen und Ziegen beweidet.

F4: Athenstedt (Landkreis Harz) (Abb. 5, Aufnahme 6. Mai 2013): Nordöstlich von Athenstedt liegt am Südhang des Huy die unter- suchte Streuobstwiese. Sie ist über- wiegend mit alten Süßkirschen- bäumen, daneben mit einigen Ap- fel- und Birnenbäumen bestockt. Während der nördliche Teil durch eine starke Gehölzsukzession (Cor- nus sanguinea, Rubus caesius, Rosa canina) gekennzeichnet ist, konnte im südlichen Teil die Verbuschung durch eine wieder aufgenommene Weidenutzung (Schafe) zurückge- drängt werden.

6 F5: (Landkreis Harz) (Abb. 6, Aufnahme 6. Mai 2013): Die Streuobstwiese bei Heudeber befindet sich östlich des Ortsteils Mulmke im Bereich der „Schan- zenburg“. Die Fläche ist mit Süß- kirschen-, Apfel- und Birnen- bäumen bestockt. Am Nordhang erfolgt in den flacheren Bereichen Pflege durch Mahd, die steileren Lagen werden nicht gepflegt. Das sich anschließende Plateau wird zeitweise mit Pferden beweidet.

F6: Timmenrode (Landkreis Harz) (Abb. 7, Aufnahme 12. Juli 2013): Die Obstwiese befindet sich südöstlich der Ortschaft Timmen- rode. In südexponierter Hanglage sind im oberen Bereich vorwie- gend Birnenbäume und im tiefer gelegenen Bereich Apfelbäume anzutreffen. Die Bewirtschaftung erfolgt mit Schafen und Ziegen in Form einer kurzzeitigen Umtriebs- weide in mobiler Koppelhaltung (s. a. Titelfoto).

F7: Kühnau (Stadt Dessau) (Abb. 8, Aufnahme 8. Mai 2013): Die Streuobstwiese ist Teil des Landschaftsparks Großkühnau am Westrand von Dessau. Es überwie- gen Apfelbäume, daneben kom- men Birnen- und Pflaumenbäume vor. Neben älteren Bäumen gibt es auch einige jüngere Nachpflanzun- gen. Die Bewirtschaftungsform ist eine Mulchmahd. Während des Hochwassers im Juni 2013 war die Streuobstwiese überflutet.

7 F8: Wartenburg (Landkreis Wit- tenberg) (Abb. 9, Aufnahme 8. Mai 2013): Die größte der untersuchten Streuobstwiesen liegt westlich von Wartenburg im Überflutungsbe- reich der Elbe. Die Fläche ist mit Obstbäumen verschiedener Al- tersklassen bestockt und durch Abgänge sehr lückig. Neben Apfel- bäumen sind Birnen- und einzelne Pflaumenbäume vorhanden. Die Obstwiese wird überwiegend mit Rindern beweidet. Im Zeitraum des Elbehoch­wassers war sie überflutet.

F9: Friedeburg (Landkreis Mans- feld-Südharz) (Abb. 10, Aufnahme 15. Mai 2013): Die ebenfalls recht große Streuobstwiese befindet sich westlich von Friedeburg in südli- cher Hanglage. Die Fläche ist vor allem mit Süßkirschen bestanden und teils mit Weißdorn und Rose stark verbuscht. Eine Bewirtschaf- tung erfolgt durch zeitlich und räumlich alternierende Schafbe- weidung.

F10: Tröbsdorf (Burgenlandkreis) (Abb. 11, Aufnahme 15. Mai 2013): Die Streuobstwiese am östlichen Ortsrand von Tröbsdorf weist eine starke Hanglage auf. An dem recht schattigen Nordhang wachsen Ap- fel-, Birnen- und Kirschbäume, teils gibt es jüngere Nachpflanzun- gen. Die Fläche wird durch Mahd gepflegt.

Fotos: C. Saure.

8 3 Methodik Hautflügler Deutschlands Dathe( et al. 2001) zurück- gegriffen. Abweichungen davon gibt es insbesondere bei 3.1 Untersuchungszeitraum und Nachweis- folgenden Taxa: methoden • Gasteruption caucasicum (Guérin-Méneville, In den meisten Obstwiesen fanden von Anfang Mai bis 1844) Ende August 2013 vier Begehungen statt, nur die Flä- Nach Achterberg (2013) ist G. pedemontanum chen 1, 8 und 10 wurden dreimal aufgesucht (teils auf- (Tournier, 1877) ein jüngeres Synonym von G. cau- grund des Hochwassers). Auf Fläche 3 wurden dagegen casicum. Nach den Internationalen Nomenklatur- fünf Begehungen durchgeführt. regeln ist damit „caucasicum“ der gültige Artname. Zum Nachweis der Bienen und Wespen kam als Stan- • Chrysis ignita (Linnaeus, 1758), Chrysis terminata dardmethode der gezielte Sichtfang mit einem Insek- Dahlbom, 1854 tenkescher an Nist- und Nahrungsplätzen zum Einsatz Die Namensgebung der bisher als C. ignita A und (Schmid-Egger 1997, Weber 1999). Auch für Schweb- C. ignita B bezeichneten Goldwespenarten gilt als fliegen ist der Sicht- und Kescherfang die Standard- geklärt. Die Untersuchung des Typenmaterials ergab, Nachweismethode (Martin & Grell 1999). dass die Form B mit dem Taxon C. ignita sensu stricto übereinstimmt. Form A muss dagegen C. terminata Neben der Sichtfangmethode wurden auch Farb- Dahlbom, 1854 heißen (Paukkunen et al. 2014). schalen, Bodenfallen und Lufteklektoren eingesetzt. Als Fangflüssigkeit diente jeweils eine vierprozentige Darüber hinaus haben Lelej & Loktionov (2012) das Formalinlösung, der ein Detergenz zugesetzt wurde. Wegwespentaxon Deuteragenia vom Rang einer Un- Die Bodenfallen (in den Boden eingegrabene Becher tergattung wieder auf den Rang einer Gattung herauf- mit ebenerdigem Rand) wurden zum Fang von epi- gestuft. Die europäischen Arten der Gattung Dipogon gäischen Raubarthropoden ganzjährig betrieben, die (Untergattung Deuteragenia) gehören demnach der übrigen Fallen von Mai bis September (Farbschalen) Gattung Deuteragenia an, eine Änderung, die nicht bzw. Oktober (Eklektoren). Die Farbschalen (je Gebiet von allen Autoren geteilt wird. Die Namen Dipogon eine Gelb- und Blauschale, auf Fläche 9 zeitweise auch bifasciatus und D. subintermedius werden daher in der eine Weißschale) wurden zumeist einmal im Monat vorliegenden Studie beibehalten. geleert, allerdings gab es im Juni hochwasserbeein- flusste Ausfälle auf den Untersuchungsflächen 1, 2, 7 3.4 Nomenklatur Schwebfliegen und 8. Auf jeder Streuobstwiese wurde auch ein Luft- Die Nomenklatur folgt der aktuellen Gesamtarten- eklektor unterhalten. Diese Falle, aus zwei gekreuzten liste und Roten Liste der Schwebfliegen Deutschlands Plexiglasscheiben und einer darunter angebrachten (Ssymank et al. 2011). Davon abweichend wird der Fangdose bestehend, wird an einer Kordel im Bereich Name Pipiza notata Meigen, 1822 als Synonym von Pi- der Baumkrone aufgehängt. Fluginsekten, vor allem piza bimaculata Meigen, 1822 verwendet (nach Vujić Käfer, prallen gegen die Scheiben und fallen in die et al. 2013). Außerdem wird nach Vujić et al. (2013) das Fangflüssigkeit. Taxon Neocnemodon, das bisher zumeist als Untergat- Ein Teil der gefangenen Individuen wurde als Beleg- tung von Heringia betrachtet wurde, wieder als separate material aufgehoben und befindet sich in der Insekten- Gattung geführt (Speight 2015). sammlung des Verfassers.

3.2 Nomenklatur Bienen 4 Ergebnisse Bienen Bei den Bienen richtet sich die Nomenklatur nach Schwarz et al. (1996) und Michener (2007), ergänzt 4.1 Gesamtartenbestand durch die jüngeren Arbeiten von Scheuchl & Schwen- In zehn Streuobstwiesen wurden im Jahr 2013 genau ninger (2015) sowie Scheuchl & Willner (2016). 200 Wildbienenarten aus sechs Familien nachgewiesen. Die in Deutschland nur noch als domestizierte Art vor- 3.3 Nomenklatur Wespen kommende Honigbiene Apis mellifera Linnaeus, 1758 Bei den Grabwespen im weiteren Sinne (Spheciformes = wird hier nicht weiter berücksichtigt, obwohl sie auf Ampulicidae, Sphecidae und Crabronidae) richtet sich allen Untersuchungsflächen zu finden war. Die Anzahl die Nomenklatur nach Jacobs (2007). Bei den übrigen der erfassten Individuen beträgt 2.897, darunter 1.087 Wespenfamilien wird vor allem auf das Verzeichnis der männliche und 1.810 weibliche Wildbienen.

9 Ein Verzeichnis aller nachgewiesenen Arten mit Bezug Andrena ferox Smith, 1847 zu den einzelnen Fundorten ist im Anhang 1 aufgeführt. Fläche 6, Timmenrode: 28.05.−02.07.2013, 1♂, Blau- Saure & Stolle (2016) geben für Sachsen-Anhalt das schale, B. Krummhaar leg. Vorkommen von 417 Wildbienenarten an. In der vor- Die Eichen-Sandbiene A. ferox ist in Deutschland sehr liegenden Untersuchung wurde mit 48,0 Prozent fast selten und stark gefährdet (Westrich et al. 2011). In jede zweite aus dem Bundesland bekannte Art nachge- Sachsen-Anhalt galt die Art bisher als ausgestorben oder wiesen. Darunter sind auch zwei Wiederfunde und ein verschollen (aculeata.eu, HymIS). Das letzte Nachweis- Neufund für Sachsen-Anhalt (siehe außerdem die An- jahr wird von Burger & Ruhnke (2004) mit 1923 angege- merkung bei Halictus scabiosae). Diese wurden bereits ben (06.06.1923, Umgebung Halle, Petersberg nach Rapp in der aktualisierten Checkliste der Bienen Sachsen- 1938). Es handelt sich also bei dem aktuellen Fund um Anhalts berücksichtigt (Saure & Stolle 2016). einen Wiederfund für Sachsen-Anhalt nach 90 Jahren. Die aktuelle Anzahl der Wildbienen Deutschlands wird A. ferox bewohnt reich strukturierte Waldränder, mit 582 Arten angegeben (Scheuchl & Schwenninger offene Laubwälder und Heckenbiotope. Die Nester 2015). In den Streuobstwiesen kommt damit ein Drittel werden im Erdboden, vor allem am Südrand von des bundeweiten Artenbestandes vor (34,4 Prozent). Laubwäldern gegraben. Bis zu 80 Weibchen benutzen denselben Nesteingang, versorgen aber jeweils eigene 4.2 Seltene, gefährdete und naturschutzfachlich Brutzellen (kommunale Lebensweise). Die Art ist po- wertvolle Arten lylektisch (also nicht auf bestimmte Pflanzengattun- In der Artenliste (Anhang 1, Spalte „BS ST“) werden gen oder -familien als Pollenquelle spezialisiert) und Informationen zur Bestandssituation der Bienen Sach- vorwiegend an Bäumen (Quercus, Acer) und Sträu- sen-Anhalts aufgeführt. Demnach sind neun Arten chern (Crataegus) zu finden. Eichen dienen dabei als landesweit „sehr selten“ und 38 Arten „selten“, das sind Hauptpollenquellen. Die Art fliegt im Mai und Juni 23,5 Prozent der nachgewiesenen Arten. Weitere 82 Ar- in einer Generation (Westrich 1989, Scheuchl & ten gelten als „mäßig häufig“, 49 Arten als „häufig“ und Willner 2016). 22 Arten als „sehr häufig“. Die Spalten „RL ST“ und „RL D“ der Anhangstabelle Andrena hypopolia Schmiedeknecht, 1883 geben die Gefährdungsgrade der Arten in Sachsen- Fläche 9, Friedeburg: 16.08.2013, 2♀♀, Sichtfang, Anhalt (nach Burger & Ruhnke 2004) und Deutsch- C. Saure leg. land (nach Westrich et al. 2011) wieder. Die Ergebnisse Die Kressen-Sandbiene A. hypopolia ist in Deutschland sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Demnach gelten 83 extrem selten und stark gefährdet (Westrich et al. Arten in Sachsen-Anhalt und 43 Arten in Deutschland 2011). Aus Sachsen-Anhalt gibt es nur wenige aktuelle als mehr oder weniger stark gefährdet bzw. als verschol- Funde der bemerkenswerten Art. len. Darüber hinaus kommen auch einige Arten der A. hypopolia ist an trockenwarme Standorte gebunden. Vorwarnstufe und eine Art mit defizitärer Datenlage Nester werden im Boden angelegt, auch in vertikalen vor. Die Arten Andrena nigrospina, A. propinqua und Strukturen (Lehm- und Lösswände). Die Art ist ein- A. anthrisci werden in der Deutschlandliste nicht von geschränkt polylektisch und trägt Pollen von Brassi- ihren Zwillingsarten getrennt und daher nicht bewertet. caceae (vor allem die Frühjahrsgeneration) und Apia- Nach Anlage 1 der Bundesartenschutzverordnung ceae (vor allem die Sommergeneration) in die Nester gelten alle wildlebenden Bienenarten Deutschlands als ein. Die erste Generation fliegt im Mai und Juni, die besonders geschützt. Schutz nach FFH-Richtlinie be- zweite Generation im Juli und August (Westrich 1989, steht für Bienen (Apiformes) nicht. Scheuchl & Willner 2016). Im Anhang 1 (S. 36–44) sind 18 Bienenarten der Un- tersuchungsflächen als „naturschutzfachlich besonders Andrena polita Smith, 1847 wertvoll“ hervorgehoben (grün). Die Auswahlkriterien Fläche 6, Timmenrode: 12.07.2013, 1♀, 1♂, Sichtfang, sind dabei die Bestandssituation in Sachsen-Anhalt, die C. Saure leg. Roten Listen sowie Neu- und Wiederfunde. Neben den Die Polierte Sandbiene A. polita gilt in Deutschland als neun in Sachsen-Anhalt sehr selten vorkommenden stark gefährdet (Westrich et al. 2011). Dasselbe trifft Arten wurden neun zusätzliche Arten in die Auswahl für Sachsen-Anhalt zu (vgl. Burger & Ruhnke 2004, aufgenommen. Es gibt aber darüber hinaus noch wei- Saure & Stolle 2016). tere sehr bedeutsame Funde. Auf einige dieser Arten Lebensräume der Art sind trockenwarme Ruderal- wird nachfolgend näher eingegangen. flächen und Wiesen, Kiesgruben und Waldsäume.

10 Tab. 1: Anzahl der in Sachsen-Anhalt und Deutschland gefährdeten Bienenarten.

Kategorie Rote Liste Sachsen-Anhalt Rote Liste Deutschland

Kategorie 0: Ausgestorben oder verschollen 2 – Kategorie 1: Vom Aussterben bedroht 12 1 Kategorie 2: Stark gefährdet 29 10 Kategorie 3: Gefährdet 35 26 Kategorie G: Gefährdung unbekannten Ausmaßes 4 6 Kategorie R: Extrem selten 1 – Kategorie V: Vorwarnstufe 18 17 Kategorie D: Daten defizitär 1 – Summe Rote Liste (ohne Kategorie V und D) 83 43

Die Nester werden im sandigen oder lehmigen Boden Das Pollensammelverhalten wurde erst im Jahr 2010 de- selbst gegraben. Die Art ist oligolektisch an Asteraceae. tailliert beschrieben (Westrich 2010). Demnach ist die Bevorzugte Pollenquellen sind Arten der Gattungen Art auf den Pollen von Ornithogalum spezialisiert. In Hieracium, Picris, Leontodon, Hypochaeris und Cicho- Ostdeutschland ist der Dolden-Milchstern Ornithoga- rium. Die Flugzeit erstreckt sich von Mai bis September lum umbellatum die Hauptpollenquelle. Diese Pflanze (Westrich­ 1989, Scheuchl & Willner 2016). ist auch auf der Streuobstwiese bei Wartenburg zu fin- den. Andrena potentillae Panzer, 1809 Fläche 5, Heudeber: 06.05.2013, 1♀, Sichtfang, C. Saure Halictus scabiosae (Rossi, 1790) leg. Fläche 6, Timmenrode: 24.08.2013, 1♂, Sichtfang, Die Rote Fingerkraut-Sandbiene A. potentillae ist in C. Saure leg.; 14.08.−11.09.2013, 1♀, Blauschale, Deutschland sehr selten und stark gefährdet (West- B. Krummhaar leg. rich et al. 2011). In Sachsen-Anhalt ist sie sogar vom Fläche 9, Friedeburg: 16.08.2013, 3♀♀, Sichtfang, Aussterben bedroht (Burger & Ruhnke 2004). C. Saure leg.; 28.05.−20.06.2013, 1♀, Blauschale, Die wärmeliebende Art besiedelt Magerrasen in san- B. Krummhaar leg. digen oder lehmigen Biotopen. Ausschlaggebend für Fläche 10, Tröbsdorf: 30.08.2013, 3♂♂, Sichtfang, das Vorkommen ist neben der Sonnenexposition des C. Saure leg. Nistplatzes das Vorhandensein von Fingerkraut als Die Gelbbindige Furchenbiene H. scabiosae wird von ausschließlicher Pollenquelle. Hauptpollenquelle ist Dorn & Ruhnke (1999) und Burger & Ruhnke (2004) das Frühlings-Fingerkraut (Potentilla neumanniana). noch nicht für Sachsen-Anhalt genannt. Die Art war vor Die rotschwarz gefärbte Biene fliegt in einer Genera- 1990 nur aus den süddeutschen Bundesländern bekannt tion von Anfang April bis Ende Mai (Westrich 1989, und hat sich seitdem nach Norden ausgebreitet. Nach Scheuchl & Willner 2016). Scheuchl & Schwenninger (2015) sowie Scheuchl & Willner (2016) kommt die Art mittlerweile auch in Nie- Andrena saxonica Stoeckhert, 1935 dersachsen und Thüringen vor. Nach Saure & Stolle Fläche 8, Wartenburg: 08.05.2013, 2♀♀, 1♂, Sichtfang, (2016) gelang der erste Nachweis in Sachsen-Anhalt C. Saure leg. durch T. Meitzel im Jahr 2008. Heutzutage dürfte die Die Sächsische Zwergsandbiene Andrena saxonica expansive Art überall in Sachsen-Anhalt an wärmebe- ist in Deutschland extrem selten und stark gefährdet günstigten Stellen zu finden sein. Die Areal­ausbreitung (Westrich et al. 2011). In Sachsen-Anhalt wird sie von hängt sehr wahrscheinlich mit der Zunahme der Jahres- Burger & Ruhnke (2004) als seltene Art mit geografi- durchschnittstemperaturen seit etwa 20 Jahren zusam- scher Restriktion eingestuft. men (vgl. Frommer & Flügel 2005). A. saxonica besiedelt magere Grünlandbiotope, z. B. H. scabiosae bewohnt unterschiedliche trockenwarme Hochwasserdämme entlang der Elbe. Sie nistet im Bo- Standorte. Die Nester werden im Sand oder Lösslehm den und fliegt in einer Generation von April bis Juni selbst gegraben. Eine Bindung an bestimmte Pollen- (Scheuchl & Willner 2016). quellen liegt nicht vor. Die Aktivitätszeit erstreckt sich

11 von April bis September in einer Generation (West- nur Kardengewächse (Dipsacaceae: Scabiosa, Succisa, rich 1989, Scheuchl & Willner 2016). Knautia) in Betracht. In Friedeburg flog die Art an der Gelben Skabiose (Scabiosa ochroleuca). Sie ist in einer Lasioglossum puncticolle (Morawitz, 1872) Generation von Juli bis September aktiv (Westrich Fläche 6, Timmenrode: 28.05.2013, 4♀♀, 07.06.2013, 1989, Scheuchl & Willner 2016). 2♀♀, 12.07.2013, 14♀♀, 24.08.2013, 3♀♀, 9♂♂, Sichtfang, C. Saure leg.; 28.05.2013, 1♀, 02.07.2013, 2♀♀, 14.08.2013, Heriades crenulatus Nylander, 1856 1♀, Sichtfang, K. Bäse leg.; 29.07.−13.09.2013, 2♂♂, Fläche 8, Wartenburg: 10.07.2013, 1♀, 22.08.2013, 1♀, Eklektor, V. Neumann leg.; 28.05.−02.07.2013, 37♀♀; Sichtfang, C. Saure leg. 02.07.−14.08.2013, 36♀♀, 14.08.−11.09.2013, 12♀♀, 10♂♂, Die Gekerbte Löcherbiene H. crenulatus wird von Blauschale, B. Krummhaar leg.; 28.05.−02.07.2013, 4♀♀; Dorn & Ruhnke (1999) und Burger & Ruhnke (2004) 02.07.−14.08.2013, 3♀♀, 14.08.−11.09.2013, 1♀, Gelb- nicht für Sachsen-Anhalt genannt. Auch Scheuchl & schale, B. Krummhaar leg.; 02.07.−14.08.2013, 2♀♀, 1♂, Schwenninger (2015) sowie Scheuchl & Willner 14.08.−11.09.2013, 1♀, 11.09.−25.09.2013, 3♀♀, 19♂♂, (2016) führen die Art nicht für Sachsen-Anhalt an. Die Bodenfalle, B. Krummhaar leg. Nachweise aus dem Jahr 2013 bei Wartenburg werden Der letzte Nachweis der Runzelwangigen Schmalbiene daher als Neufund für Sachsen-Anhalt gewertet (vgl. L. puncticolle in Sachsen-Anhalt wird in den Zeitraum aculeata.eu, HymIS, Saure & Stolle 2016). vor 1925 datiert (Blüthgen 1925, Burger & Ruhnke Die Art bewohnt sonnenexponierte Waldränder, He- 2004, vgl. auch aculeata.eu, HymIS). Auch bei dieser cken, Extensivgrünland und Brachflächen im Sied- Art liegt somit der letzte Fund rund 90 Jahre oder sogar lungsbereich. Sie nistet oberirdisch vor allem in Käfer- länger zurück. In Deutschland wird die seltene Art als fraßgängen im alten Holz. Als Pollenquellen werden gefährdet eingestuft (Westrich et al. 2011). nur Korbblütler (Asteraceae) genutzt. Die Art fliegt in Als Lebensraum der Bienenart werden Magerrasen, ex- einer Generation von Juni bis September (Westrich tensiv genutztes Grünland und Waldsäume angegeben. 1989, Scheuchl & Willner 2016). Die Nester werden im lehmigen Boden angelegt. Als Pollenquellen sind bisher neben Hahnenfuß (Ranun- Nomada femoralis Morawitz, 1869 culus) nur Korbblütler (Asteraceae) bekannt geworden. Fläche 3, Gutenswegen: 06.06.2013, 1♂, Sichtfang, Die vermutlich eusoziale Art fliegt von April bis in den C. Saure leg. Spätsommer hinein in einer Generation (Westrich Die Schenkel-Wespenbiene N. femoralis ist eine in 1989, Scheuchl & Willner 2016). Deutschland sehr seltene und stark gefährdete Art In der vorliegenden Untersuchung wurde die Runzel- (Westrich­ et al. 2011). In der Roten Liste Sachsen- wangige Schmalbiene nur in der Streuobstwiese bei Anhalt wird die Art noch nicht erwähnt (Burger & Timmenrode festgestellt. Dabei sind die enorm hohen Ruhnke 2004). Der Autor konnte sie im Jahr 2011 aber Individuenzahlen sehr auffällig. Offenbar werden die mehrfach bei Burg nachweisen (Saure 2011a). Lebensraumansprüche der Art hier in optimaler Weise Die Schenkel-Wespenbiene ist eine parasitische Art, erfüllt. Ein unbefestigter Feldweg und vegetationsarme die bei der Sandbiene Andrena humilis schmarotzt. Bodenstellen im südexponierten Grünland kommen als Möglicherweise gibt es neben diesem Hauptwirt noch Nistplatz der Biene in Betracht. andere Wirte, denn A. humilis wurde weder auf der Streuobstwiese bei Gutenswegen noch auf anderen Dasypoda argentata (Panzer, 1809) untersuchten Streuobstwiesen festgestellt. Die Wes- Fläche 9, Friedeburg: 16.08.2013, 2♀♀, 1♂, Sichtfang, penbiene kommt auf Magerrasen, in Streuobstwie- C. Saure leg. sen und an besonnten Waldrändern vor. Sie fliegt in Die Skabiosen-Hosenbiene D. argentata ist eine der be- einer Generation von April bis Juli (Westrich 1989, merkenswertesten Bienenarten Deutschlands. Sie ist in Scheuchl & Willner 2016). diesem Bezugsraum extrem selten und vom Ausster- ben bedroht (Westrich et al. 2011). Auch in Sachsen- Tetralonia malvae (Rossi, 1790) Anhalt wird sie von Burger & Ruhnke (2004) als vom Fläche 9, Friedeburg: 16.08.2013, 3♀♀, 2♂♂, Sichtfang, Aussterben bedroht eingestuft. C. Saure leg. Die wärmeliebende Art bewohnt Sand- und Lössge- Die Malven-Langhornbiene T. malvae ist in Deutsch- biete. Sie fliegt dort in steppenartigen Biotopen bzw. in land sehr selten und stark gefährdet (Westrich et al. Dünen oder Sandgruben. Als Pollenquellen kommen 2011, als Eucera macroglossa). Auch in der Roten Liste

12 0 50 100 150 200 250 300 colle: 167 Exemplare = 5,8 Prozent; Bombus terrestris:

Osmia brevicornis 164 Exemplare = 5,7 Prozent; Lasioglossum pauxillum: 106 Exemplare = 3,7 Prozent; Andrena cineraria: 102 Lasioglossum puncticolle Exemplare = 3,5 Prozent). Alle übrigen 195 Wildbie- Bombus terrestris nenarten zählen zu den so genannten Begleitarten mit Lasioglossum pauxillum Dominanzwerten unter 3,2 Prozent. Andrena cineraria Die Auflistung der individuenreich nachgewiesenen Osmia bicolor Arten ist überraschend, da neben den erwarteten an- spruchslosen „Allerweltsarten“ Bombus terrestris, La- Lasioglossum morio sioglossum pauxillum, L. morio, L. calceatum, L. mala- Lasioglossum calceatum churum, Andrena cineraria, A. flavipes und A. nigro­ Osmia aurulenta aenea auch einige anspruchsvolle Arten enthalten Dasypoda hirtipes sind. Das betrifft vor allem die beiden Arten mit den Andrena avipes höchsten Individuenzahlen, Osmia brevicornis und Lasioglossum puncticolle. Auf letztere wurde bereits Andrena nigroaenea oben näher eingegangen. Die Schöterich-Mauerbiene Lasioglossum malachurum Osmia brevicornis, die bundesweit als selten und ge- 0 50 100 150 200 250 300 fährdet (Kategorie G) eingestuft wird (Westrich et al. Anzahl Individuen 2011), ist in Sachsen-Anhalt offenbar noch regelmä- ßiger anzutreffen als in anderen Bundesländern. Die Abb. 12: Wildbienenarten mit den höchsten Indivi­ stark spezialisierte Art benötigt Totholzstrukturen als duenzahlen (Summe aller Untersuchungsflächen). Nistplätze und großblütige Brassicaceae (z. B. Sisym- brium-Arten) als Pollenquellen. Sie kommt daher nur an Orten vor, an denen ausreichende Kreuzblütler- Sachsen-Anhalt wird sie als stark gefährdet eingestuft bestände und Totholzelemente vorhanden sind. Alte (Burger & Ruhnke 2004). Streuobstbestände sind optimale Lebensräume für Die Art bewohnt trockenwarme Biotope wie Brach- und diese Art, worauf schon Westrich (1989) hinwies. In Ruderalflächen, Sand- und Lehmgruben sowie Wein- der vorliegenden Studie wurde sie auf acht Streuobst- berge. Die Nester werden im ebenen Boden oder auch in wiesen festgestellt (Abb. 13). Steilwänden angelegt. Die Art ist oligolektisch und auf Aus einem Vergleich der Individuenzahlen je Probe- Malvengewächse (Malvaceae) spezialisiert. Sie fliegt in fläche wird deutlich, dass oftmals in einer Streuobst- einer Generation von Juni bis August (Westrich 1989, wiese eine Bienenart in besonders vielen Exemplaren Scheuchl & Willner 2016). erfasst wurde. Von den in Abbildung 12 gezeigten individuenreichen Arten konnten zwei Arten sogar 4.3 Dominanzverteilung nur an einem Standort festgestellt werden (Lasio- Trotz umfangreicher Handaufsammlungen und des glossum puncticolle bei Timmenrode, Lasioglossum Einsatzes verschiedener Fallentypen wurden die meisten malachurum bei Friedeburg). Andere Arten sind auf Bienenarten nur in sehr kleinen Individuenzahlen nach- bestimmten Flächen deutlich häufiger zu finden als gewiesen (vgl. Anh. 1). Von nahezu der Hälfte aller Arten auf anderen Flächen, z. B. die Hauptarten Osmia bre- (94 Arten) wurden maximal drei Individuen gefangen, vicornis (Friedeburg), Bombus terrestris (Heudeber), darunter 45 Arten in nur jeweils einem Exemplar. Lasioglossum pauxillum (Timmenrode) und Andrena Abbildung 12 zeigt diejenigen Bienenarten mit den cineraria (Gutenswegen). höchsten Individuenzahlen. Dargestellt sind alle Arten, von denen mindestens 50 Exemplare erfasst wurden. 4.4 Biotopbindung Nach der logarithmischen Staffelung der Dominanzin- Zur naturschutzfachlichen Bewertung der Flächen dices (Engelmann in Mühlenberg 1993) ergibt sich spielen neben den gefährdeten Arten auch ökologisch folgende Verteilung: Die Arten Osmia brevicornis bis anspruchsvolle Arten eine wichtige Rolle. Darunter Andrena cineraria zählen mit Dominanzindizes von werden Arten verstanden, die eine enge Bindung an 3,2 Prozent oder mehr zu den Hauptarten, und zwar bestimmte Habitate bzw. Habitatstrukturen aufweisen. zu den subdominanten Arten (Osmia brevicornis: Solche stenöken Arten reagieren besonders empfindlich 282 Exemplare = 9,7 Prozent; Lasioglossum puncti- auf Veränderungen in ihrer Umwelt.

13 Abb. 13: Weibchen der auf Kreuzblütler als Pollen­ Abb. 14: Männchen der Luzerne-Sägehornbiene Me- quellen spezialisierten Schöterich-Mauerbiene Osmia litta leporina. Der deutsche Name weist auf die Haupt- brevicornis. Die Art ist die am häufigsten nachge­wiesene pollenquelle hin sowie auf die leicht „gesägten“ Fühler Wildbiene im Projekt. Foto: S. Kühne. des Männchens. Foto: S. Kühne.

Arten mit Pollenspezialisierung In den untersuchten Streuobstwiesen machen die Eine enge Bindung an die Ressource „Pollenquelle“ oligolektischen Arten jedoch annähernd 30 Prozent weisen die oligolektischen Bienen auf. Diese sammeln der nestbauenden Arten aus. Viele dieser Arten sind in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet auch beim Vor- typische Bewohner von blütenreichen Grünlandbio- kommen anderer Pflanzen nur an bestimmten Pflan- topen (von Magerrasen bis Frischwiesen) und damit zengattungen oder Pflanzenfamilien Blütenpollen zur Charakterarten für den untersuchten Habitatkomplex Versorgung ihrer Brut. Das Ausweichen auf andere Pol- „Streuobstwiese“. Einer dieser Nahrungsspezialisten lenquellen ist, wenn überhaupt, nur sehr eingeschränkt ist die Luzerne-Sägehornbiene Melitta leporina, die möglich (Westrich 1989). Die im Untersuchungsgebiet ausschließlich an Schmetterlingsblütlern Pollen sam- festgestellten oligolektischen Bienen und ihre Pollen- melt (Abb. 14). quellen sind in Anhang 1 (S. 36ff., Spalte „OB“, gelb) Scheuchl & Willner (2016) zählen die frühjahrs- aufgeführt. aktive Seidenbiene Colletes cunicularius nicht mehr Von den 200 im Projekt nachgewiesenen Wildbienen- zu den oligolektischen Arten. Die Art sammelt nicht arten leben 47 Arten als „Kuckucksbienen“ parasitisch, nur Salix-Pollen, sondern zu großen Teilen (abhängig d. h. sie legen ihre Eier in den Nestern anderer Bienen vom Angebot an blühenden Weiden) auch Fremdpol- ab. Die übrigen 153 Arten bauen und verproviantieren len, überwiegend von Baumblüten wie Prunus, Pyrus, jeweils eigene Nester. Davon sind 45 Arten oligolek- Sorbus, Acer oder Quercus. Auf dieses Sammelverhalten tisch (oder sehr wahrscheinlich oligolektisch), nahezu wies schon Bischoff (2000) hin. Die Art muss demnach die Hälfte davon sogar auf einzelne Pflanzengattun- als eingeschränkt polylektisch oder mesolektisch gel- gen wie Campanula, Echium, Lysimachia, Lythrum, ten. Das trifft auch auf andere Bienenarten zu, z. B. An­ Odontites, Ornithogalum, Potentilla, Ranunculus, drena hypopolia (Pollenquellen: Brassicaceae und Apia- Reseda oder Veronica. Der Anteil von oligolektischen ceae) und Anthidium manicatum (Fabaceae, Lamiaceae, Bienenarten an der Gesamtzahl der Nester bauenden Scrophulariaceae). In Anhang 1 (S. 36ff.) werden die Arten beträgt in Deutschland 30 Prozent (Westrich oligolektischen, nur auf bestimmte Pflanzengattungen 1989). In räumlich oder strukturell begrenzten Ge- oder auf eine Pflanzenfamilie spezialisierte Arten gelb bieten wird dieser Wert in der Regel nicht erreicht. hervorgehoben.

14 Arten mit Bindung an Holz

Prägende Strukturelemente einer Streuobstwiese sind 0 20 40 60 80 100 120 ältere Obstbäume mit knorriger Borke und abgestorbe- Schönhausen (F1) nem, morschem oder anbrüchigem Holz. Diese Struk- turen sind Nisthabitate für einige Wildbienenarten. Kreuzhorst (F2) 38 Arten nisten in Holzstrukturen oder sind durch ihre Wirte an Holz gebunden (hier Arten der Gattungen Gutenswegen (F3) Coelioxys und Stelis) (s. Anh. 1, Spalte „HZ“, orange). Athenstedt (F4) Somit kann fast jede fünfte Art Holz als Teillebensraum nutzen, wobei einige dieser Arten auch andere ober- Heudeber (F5) irdische Strukturen wie dürre Pflanzenstängel besie- deln können. Der Anteil der Arten mit Holzbindung Timmenrode (F6) ist somit bei den Bienen geringer als bei den Wespen Kühnau (F7) (vgl. Kapitel 5.4). Umgekehrt nisten viele Bienenarten in selbst gegrabenen Hohlräumen im Erdboden, z. B. Wartenburg (F8) alle Sandbienenarten der Gattung Andrena, von denen Friedeburg (F9) allein 45 Arten in den Streuobstwiesen nachgewiesen wurden. Tröbsdorf (F10)

4.5 Vergleich der einzelnen Untersuchungs- 0 20 40 60 80 100 120 flächen Anzahl Arten In sieben Streuobstwiesen wurden mittlere Werte zwi- schen 48 und 76 Wildbienenarten festgestellt. Fläche 1 Abb. 15: Anzahl der Bienenarten in den Streuobst­ (Schönhausen) liegt mit 16 Arten deutlich darunter. Die wiesen (rot = Arten der Roten Liste Sachsen-Anhalt Flächen 9 (Friedeburg) und 6 (Timmenrode) besitzen inkl. Kategorie V und D). mit 105 respektive 103 Arten dagegen eine deutlich hö- here Biodiversität (Abb. 15). In den Streuobstwiesen bei Friedeburg und Timmen- rode kommen mit 43 bzw. 44 Arten auch die meisten und am Standort Timmenrode 24 Prozent aller Indivi- Rote Liste-Arten Sachsen-Anhalts vor (inklusive Kate- duen zur Art Lasioglossum puncticolle zählen (167 von gorie V und D). An dritter Stelle folgt Fläche 3 (Gutens- 699 Exemplaren) (siehe Kapitel 4.3). wegen) mit „nur“ 22 Rote Liste-Arten. 4.6 Methodenvergleich Aus Anhang 1 ist auch die Verteilung der naturschutz- Als Nachweismethode für Bienen sind Bodenfallen und fachlich besonders wertvollen Arten auf die einzelnen Lufteklektoren kaum geeignet. Nur die auf der Fläche Streuobstwiesen abzulesen (Zeilen in grün markiert). bei Timmenrode recht häufige Art Lasioglossum puncti- Auch hier schneiden die Flächen bei Timmenrode mit colle fand sich vereinzelt auch in diesen Fallentypen. Als fünf und Friedeburg mit sieben dieser Arten am besten deutlich effektiver erwiesen sich die Farbschalen, die auf ab. In fünf Gebieten wurden nur eine oder zwei und in Wildbienen wie überdimensionierte Blüten wirken und drei Gebieten (F1, F7 und F10) keine der bemerkenswer- diese anlocken (vgl. Saure et al. 2013). Anspruchsvolle ten Arten festgestellt. und seltene Arten wurden jedoch nur vereinzelt in den Die Gesamtzahl der erfassten Wildbienen beträgt 2.897 Farbschalen gefangen. Hervorzuheben ist hier beson- Individuen. Ihre Verteilung auf die einzelnen Streu- ders der Fund von Andrena ferox in der Blauschale am obstwiesen ist in Anhang 1 (letzte Zeile) aufgelistet. Standort Timmenrode. Die individuenreichsten Obstwiesen sind somit auch Die effektivste Nachweismethode ist der gezielte Sicht- die Gebiete mit den meisten Arten. Das gilt insbeson- fang, der zum Nachweis von anspruchsvollen Arten dere für die Flächen 6 und 9 (Timmenrode und Friede- unerlässlich ist. Von den 18 besonders wertvollen burg), aber auch für die Flächen 3 und 4 (Gutenswegen Arten (s. Anh. 1) wurden 17 durch Beobachtung und und Athenstedt). Dabei ist zu beachten, dass am Stand- anschließendem Kescherfang nachgewiesen, davon 15 ort Friedeburg fast 30 Prozent aller Individuen zur Art ausschließlich auf diese Weise (Lasioglossum majus Osmia brevicornis gehören (234 von 795 Exemplaren) auch in einer Blauschale; L. puncticolle in Gelb- und

15 Blauschale). Voraussetzung für die Sichtfangmethode landes- und bundesweite Einstufung der Bestands- ist aber eine gute Kenntnis der Lebensweisen, Habitat­ situation und für die Orussidae existiert eine solche ansprüche und Flugzeiten der Arten (Schwenninger nur für Deutschland. Demnach ist die Art Pseudorys- 1994, Schindler et al. 2013). sus henschii bundesweit extrem selten (Liston et al. Der Einsatz der unterschiedlichen Fallentypen konnte 2011). das Arteninventar nur ergänzen. Die Wirkung der Nach Stolle & Saure (2016) sind die aculeaten Wespen Farbschalen hätte aber deutlicher ausfallen können. (ohne Bethylidae und Dryinidae) in Sachsen-Anhalt mit Die Kunststoffwannen wurden an einigen Standorten 442 Arten vertreten. Davon wurden in den Streuobst- regelrecht in der langgrasigen und schattigen Vegeta- wiesen 108 Arten nachgewiesen, das sind 24,4 Prozent tion versteckt und lockten daher nur wenige Bienen an. der aus Sachsen-Anhalt bekannten Arten. Bundesweit Hinzu kamen Fallenverluste, beispielsweise durch das wird der Bestand an aculeaten Wespen (ohne Bethyli- Hochwasser im Juni 2013. dae und Dryinidae) mit 561 Arten angegeben (Schmid- Egger 2011). Demnach sind auf den Untersuchungsflä- chen 19,3 Prozent der deutschen Arten vertreten. 5 Ergebnisse Wespen Unter den nachgewiesenen Wespen sind auch sechs Neu- und vier Wiederfunde für Sachsen-Anhalt. Diese 5.1 Gesamtartenbestand werden, abgesehen von Bethylidae und Dryinidae, in Im Jahr 2013 wurden in allen Streuobstwiesen zusam- der Checkliste der aculeaten Wespen Sachsen-Anhalts men 121 Wespenarten aus 14 Familien in 798 Individuen berücksichtigt (Stolle & Saure 2016). (366 Männchen und 432 Weibchen) nachgewiesen. Ein Verzeichnis der nachgewiesenen Arten mit Bezug zu 5.2 Seltene, gefährdete und naturschutzfachlich den einzelnen Fundorten befindet sich im Anhang 2. wertvolle Arten 115 Wespenarten gehören zu den Stechimmen (Acu- Das Verzeichnis der Wespen (Anhang 2, Spalte „BS leata), die mit den drei Überfamilien Chrysidoidea, ST“) geht auf die aktuelle Bestandssituation der Wes- und Apoidea vertreten sind. Zu den Chry- penarten Sachsen-Anhalts ein (Stolle & Saure 2016). sidoidea gehören 17 Arten [Chrysididae = Goldwes- Danach gelten sieben Arten landesweit als „sehr sel- pen mit zehn Arten, Dryinidae = Zikadenwespen mit ten“ und acht Arten als „selten“. 29 Arten sind „mäßig sechs Arten, Bethylidae = Plattwespen mit einer Art]. häufig“, 25 Arten „häufig“ und 39 Arten „sehr häufig“. Zur Gruppe Vespoidea zählen 41 Arten [Pompilidae = Einige artenarme Familien mit zusammen 13 Arten Wegwespen mit 22 Arten, Vespidae = Faltenwespen mit wurden nicht eingestuft. Mit 36,1 Prozent ist etwa jede 15 Arten, Sapygidae = Keulenwespen mit zwei Arten, dritte eingestufte Art in Sachsen-Anhalt „sehr häufig“. Tiphiidae = Rollwespen und Mutillidae = Trugameisen In zwei weiteren Spalten der Anhangstabelle wird auf mit jeweils einer Art]. Die Ameisen (Formicidae), die die landesweite (Taeger 2004, Stolle & Burger 2004, ebenfalls zu den Vespoidea gehören, wurden nicht be- Stolle et al. 2004, Stolle & Saure 2016) und bun- arbeitet. desweite (Liston et al. 2011, Schmid-Egger 2011) Ge- Die Apoidea sind in den Obstwiesen mit 57 Arten ver- fährdung der Wespen eingegangen. Für die Familien treten [Crabronidae = Grabwespen mit 55 Arten, Sphe- Bethylidae, Dryinidae, Evaniidae und Gasteruptiidae cidae = Sandwespen und Ampulicidae = Schabenjäger (d. h. für 12 Arten) existiert weder für Sachsen-Anhalt mit jeweils einer Art]. Die ebenfalls zu den Apoidea ge- noch für Deutschland eine Rote Liste-Einstufung. hörenden Bienen wurden in Kapitel 4 behandelt. Die Auswertung nach Roten Listen ist in Tabelle 2 zu- Außerdem werden in die Auswertung sechs weitere sammengefasst. Demnach sind 26 Arten in Sachsen- Wespenarten aufgenommen, und zwar aus den Grup- Anhalt und 12 Arten in Deutschland als verschollen pen der Pflanzenwespen [Orussidae = parasitoide Holz- oder als mehr oder weniger stark gefährdet eingestuft. wespen mit einer Art] und Legimmen [Evaniidae = Weitere Arten werden den Kategorien V und D zuge- Gichtwespen mit einer Art, Gasteruptiidae = Schmal- ordnet. Eine in Sachsen-Anhalt gefährdete Wespe ist die bauchwespen mit vier Arten]. Grabwespe Cerceris quadricincta (Abb. 16). Die Familien Bethylidae und Dryinidae wurden in den Eine der nachgewiesenen Wespenarten gilt nach An- Checklisten für Sachsen-Anhalt und für Deutschland lage 1 der Bundesartenschutzverordnung als be- aufgrund des geringen Kenntnisstandes nicht bearbei- sonders geschützt, nämlich die Hornisse Vespa crabro. tet (Stolle & Saure 2016, Schmid-Egger 2011). Auch Die Ordnung der Hautflügler (Hymenoptera) unterliegt für die Evaniidae und Gasteruptiidae gibt es keine keinem Schutz durch die FFH-Richtlinie.

16 Diese parasitoide Holzwespe ist eine der in Deutsch- land am seltensten nachgewiesenen Wespenarten. Sie wird von Liston et al. (2011) bundesweit als extrem selten eingestuft. In der Bearbeitung der Orussidae Europas nennt Kraus (1998) nur zwei Vorkommen in Deutschland, nämlich in Sachsen-Anhalt, Naumburg/ Saale (15.07.1936, 1♀, Maertens leg.) und in Baden- Württemberg, Tübingen (Juli 1996, 2♀♀, Rose leg.). In den Jahren 2008/09 wurde die Art auch in Thüringen bei Körner (östlich von Mühlhausen) in Gelbschalen nachgewiesen (15.07.2008, 1♀, ZALF leg.; 09.07.2009, 1♀, ZALF leg.; beide in coll. C. Saure). Der letzte Nach- weis der Art in Sachsen-Anhalt reicht bis zum Jahr 1936 zurück, d. h. der aktuelle Fund ist ein Wiederfund nach 77 Jahren. P. henschii parasitiert an den in Holz lebenden Larven von Bockkäfern oder Prachtkäfern. Die Wespe wurde bisher immer am Holz nachgewiesen, z. B. an dürren Abb. 16: Ein Weibchen der Knotenwespe Cerceris Birnen- und Apfelzweigen (Kraus 1998). quadricincta trägt im Flug einen kleinen Rüsselkäfer als Beutetier zum Nest. Foto: W. Rutkies. Epyris bilineatus Thomson, 1862 Fläche 9, Friedeburg: 28.05.−20.06.2013, 1♀, Blauschale, B. Krummhaar leg.; 16.08.2013, 1♂, Sichtfang, C. Saure leg. Anhang 2 (S. 45–50) benennt 15 besonders wertvolle E. bilineatus ist ein Vertreter der artenarmen Familie Wespenarten der untersuchten Streuobstwiesen (grün Bethylidae (Plattwespen). Nach Rond (2001) und Bur- markiert). Die Auswahlkriterien sind neben der Be- ger & Rond (2008) ist sie in Deutschland aus den Län- standssituation und den Roten Listen auch Neufunde dern Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfa- und Wiederfunde, deren Anzahl mit sechs bzw. vier len, Baden-Württemberg und Thüringen bekannt. Aus Arten erstaunlich groß ist. Auf einige herausragende Berlin und Brandenburg liegen zahlreiche jüngere, teils Artnachweise wird nachfolgend näher eingegangen. publizierte Nachweise vor (Saure 2010, 2011b, 2015). Für Sachsen-Anhalt ist die Art neu (aculeata.eu). Die Pseudoryssus henschii (Mocsáry, 1910) in ganz Europa verbreitete Art entwickelt sich vermut- Fläche 8, Wartenburg: 24.06.−30.08.2013, 1♀, Eklektor, lich wie andere Plattwespenarten an Schmetterlingsrau- V. Neumann leg. pen oder Käferlarven (vgl. Peeters et al. 2004).

Tab. 2: Anzahl der in Sachsen-Anhalt und Deutschland gefährdeten Wespenarten.

Kategorie Rote Liste Sachsen-Anhalt Rote Liste Deutschland

Kategorie 0: Ausgestorben oder verschollen 2 − Kategorie 1: Vom Aussterben bedroht 3 − Kategorie 2: Stark gefährdet 9 1 Kategorie 3: Gefährdet 10 9 Kategorie G: Gefährdung unbekannten Ausmaßes 2 1 Kategorie R: Extrem selten − 1 Kategorie V: Vorwarnstufe − 5 Kategorie D: Daten defizitär 2 − Summe Rote Liste (ohne Kategorie V und D) 26 12

17 Chrysis longula Abeille de Perrin, 1879 Fläche 10, Tröbsdorf: 28.05.−19.06.2013, 1♀, Blauschale, Fläche 5, Heudeber: 07.06.2013, 1♂, Sichtfang, C. Saure B. Krummhaar leg. leg. Olmi & Rond (2001) geben A. tripartitum für Schles- Diese Goldwespenart galt bisher im Land als verschollen. wig-Holstein, Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Baden- Sie wurde zuletzt im Jahr 1969 bei Dessau nachgewiesen Württemberg und Bayern an. Aus Thüringen ist die Art (E. Stolle in litt.). Somit gilt der Nachweis bei Heudeber nicht bekannt (Burger & Rond 2008), dagegen wurde als Wiederfund für Sachsen-Anhalt (vgl. aculeata.eu). sie jüngst aus Berlin gemeldet (Saure 2015). Für Sach- Weitere aktuelle Funde sind nicht bekannt. sen-Anhalt ist die Art neu (vgl. aculeata.eu, HymIS). C. longula parasitiert bei oberirdisch z. B. in Holz nis- Nach Peeters et al. (2004) kommt die Art in den Nie- tenden Faltenwespen. Als Wirte werden u. a. Ancistroce- derlanden, Ungarn, Rumänien und Russland bis nach rus parietinus und Euodynerus quadrifasciatus genannt Sibirien vor. Die Autoren geben Moore und Auenwälder (Kunz 1994). Diese beiden Faltenwespen wurden in der als Lebensraum der Art an. Nach Olmi (1994) und Pee- aktuellen Studie auch in Streuobstwiesen gefunden, al- ters et al. (2004) parasitiert die Wespe bei Zwergzika- lerdings nicht bei Heudeber (vgl. Anh. 2). Das Vorkom- den (Cicadellidae: Deltocephalinae). men zumindest von einer dieser Faltenwespenarten in Heudeber ist aber sehr wahrscheinlich. Gonatopus bicolor (Haliday, 1828) Fläche 9, Friedeburg: 01.05.−12.05.2013, 1♂, Blauschale, Anteon japonicum Olmi, 1984 A. Stark leg. Fläche 2, Kreuzhorst: 23.04.−29.05.2013, 1♂, Blauschale In der Streuobstwiese bei Friedeburg wurden zwei Ar- und 2♂♂, Gelbschale, 29.05.−03.07.2015, 1♂, Gelb- ten der Gattung Gonatopus nachgewiesen. G. bicolor schale, B. Krummhaar leg. wird von Olmi & Rond (2001) nicht für Sachsen-Anhalt Fläche 5, Heudeber: 05.05.−22.05.2013, 1♂, Gelbschale, genannt und ist für dieses Bundesland neu (vgl. acu- 22.05.−02.07.2013, 1♂, Blauschale, B. Krummhaar leg. leata.eu, HymIS). Nach Peeters et al. (2004) kommt Fläche 9, Friedeburg: 01.05.−28.05.2013, 1♂, Weiß- die Wespe von Westeuropa bis zur Mongolei vor und schale, B. Krummhaar leg. wurde in den Niederlanden in trockenen Heideland- In den untersuchten Streuobstwiesen wurden insgesamt schaften gefunden. Olmi (1994) gibt Weiden und Felder sechs Arten der Zikadenwespen nachgewiesen, darun- als Fundorte an. Die Art parasitiert bei Spornzikaden ter drei Arten der Gattung Anteon. Die bemerkenswer- (Delphacidae) (Olmi 1994, Peeters et al. 2004). teste Art ist A. japonicum, die hier mit konkreten Fund- daten nicht nur erstmalig für Sachsen-Anhalt, sondern Gonatopus striatus Kieffer, 1905 auch für Deutschland aufgeführt wird (aculeata.eu, Fläche 9, Friedeburg: 22.04.−28.05.2013, 1♀, Bodenfalle, HymIS). Olmi (1984) beschrieb die Art nach einem B. Krummhaar leg. Männchen aus Tokio, Weibchen lagen ihm nicht vor. Die zweite Gonatopus-Art wird von Olmi & Rond Seitdem sind weitere Vorkommen bekannt geworden, (2001) für Nordrhein-Westfalen, Hessen, Baden-Würt- z. B. aus Tunesien, Armenien und den Niederlanden temberg und Thüringen aufgeführt. Der Erstfund für (Peeters et al. 2004). In der Bearbeitung von Peeters den Großraum Berlin-Brandenburg wurde jüngst von et al. (2004) wird auch ein Vorkommen „an einem Ort in Saure (2015) publiziert. Für Sachsen-Anhalt ist auch Deutschland“ ohne genauere Angaben zum Fund und diese Art neu (vgl. aculeata.eu, HymIS). Nach Olmi zur Quelle erwähnt. Daher sind die aktuellen Funde in (1994) und Peeters et al. (2004) ist sie in Europa und Sachsen-Anhalt sehr wahrscheinlich auch die ersten für Asien (bis in die Mongolei) verbreitet, aber selten. Als Deutschland publizierten Funde. Wirte kommen Zwergzikaden (Cicadellidae: Aphrodi- Zur Biologie der Art ist kaum etwas bekannt. Die bisher nae) in Betracht. bekannten Fundplätze sind hügelig, warm und trocken. Die Wirte sind vermutlich Zwergzikaden (Cicadellidae) Aporus unicolor Spinola, 1808 (Peeters et al. 2004). Fläche 4, Athenstedt: 20.07.2013, 1♀, Sichtfang, C. Saure leg. Anteon tripartitum Kieffer, 1905 Diese Art, die wie alle nestbauenden Wegwespen Spin- Fläche 2, Kreuzhorst: 23.04.−29.05.2013, 1♀, 1♂, Blau- nen einträgt, lebt in unterschiedlichen wärmebegüns- schale und 1♂, Gelbschale, B. Krummhaar leg. tigten Offenlandhabitaten, beispielsweise auf Halbtro- Fläche 9, Friedeburg: 01.05.−12.05.2013, 1♂, Blauschale, ckenrasen oder in historischen Weinbergen (Schmid- A. Stark leg. Egger & Wolf 1992). Die Wespe ist in Süddeutschland

18 in geeigneten Habitaten nicht selten, nimmt aber nach Wespenart nicht in Pflanzenstängeln oder im Holz, Norden in ihrer Häufigkeit stark ab. In Sachsen-Anhalt sondern in Böschungen, Abbruchkanten und lehmver- gilt sie als vom Aussterben bedroht (Stolle et al. 2004). fugten Mauern. Als Larvennahrung werden Blattläuse Der Fund bei Athenstedt ist der erste Nachweis in Sach- eingetragen (Blösch 2000). sen-Anhalt nach 1998 (E. Stolle in litt.). Pemphredon clypealis Thomson, 1870 Crossocerus vagabundus (Panzer, 1798) Fläche 9, Friedeburg: 16.08.2013, 1♀, Sichtfang, C. Saure Fläche 1, Schönhausen: 06.06.2013, 1♂, Sichtfang, leg. C. Saure leg. Da diese Grabwespenart lange Zeit mit der Zwillings- Diese Grabwespenart ist aus allen deutschen Bundes- art Pemphredon morio Vander Linden, 1829 vermengt ländern bekannt (Ohl 2001). In der Roten Liste Sach- wurde, ist über die Verbreitung der Art wenig bekannt. sen-Anhalt wird sie noch in die Kategorie 0 eingestuft Sie scheint aber in Deutschland in vielen Bundeslän- (Stolle et al. 2004), konnte aber seit 2004 vereinzelt im dern vorzukommen, wenn auch nur lokal und selten Land nachgewiesen werden. Diese Funde (z. B. Aken/ (Burger 2005, Saure 2006, Tischendorf et al. 2011, Elbe, 10.06.2011, 1♀, Saure leg. und coll.) wurden bisher Scholz & Liebig 2013). Auch aus Sachsen-Anhalt ist nicht publiziert, weshalb der aktuelle Nachweis als Wie- die Art bekannt, allerdings galt bislang ein weit zurück- derfund für Sachsen-Anhalt eingestuft wird. liegender Nachweis bei Roßbach aus dem Jahr 1948 als C. vagabundus ist eine wenig anspruchsvolle, aber den- letzter Fund (Stolle et al. 2004). Der aktuelle Nachweis noch selten gefundene Art, die sowohl an trockenen bei Friedeburg wird als Wiederfund für Sachsen-Anhalt Waldrändern als auch in Auwäldern und Parks vor- nach 65 Jahren gewertet. kommt. Sie nistet in altem Holz und trägt Schnaken Die bekannten Fundstellen lassen darauf schließen, (Tipulidae) und andere größere Fliegen und Mücken dass P. clypealis eine Art mit hohem Wärmebedürfnis zur Brutversorgung ein (Blösch 2000). ist. Sie fliegt an sonnigen Waldrändern und im Sied- lungsbereich in naturnahen Gärten und Parks. Tisch- Nitela fallax Kohl, 1884 endorf et al. (2011) melden die Art auch von einer Fläche 9, Friedeburg: 16.08.2013, 1♀, Sichtfang, C. Saure Streuobstwiese. Wie andere Pemphredon-Arten werden leg. Käferfraßgänge in Totholz, z. B. in alten Apfelbäumen N. fallax ist eine überregional sehr selten nachgewie- als Nistplätze genutzt und Blattläuse als Larvennahrung sene und stark gefährdete Grabwespenart mit hohem eingetragen (Blösch 2000). Wärmebedürfnis. Der Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland liegt in den südlichen Bundesländern 5.3 Dominanzverteilung (Ohl 2001). Die Art wurde bereits für Sachsen-Anhalt Die meisten Wespenarten wurden trotz des permanen- als neu gemeldet, und zwar von Theunert (2013) für ten Einsatzes verschiedener Fallentypen nur in sehr die Colbitz-Letzlinger Heide (ohne Funddatum). kleinen Individuenzahlen nachgewiesen (Anh. 2). Bei Die winzige Wespe legt ihre Nester in Käferbohrlöchern 90 von 121 Arten wurden fünf oder weniger Individuen im toten Holz an, gern im Holz von Obstbäumen. Sie gezählt und mehr als jede dritte Art (42 Arten) wurde bewohnt warme Waldränder und lichte Gehölzinseln. sogar nur in einem einzigen Individuum festgestellt. Die Beutetiere sind nicht bekannt, vermutlich kommen wie bei anderen Nitela-Arten Staubläuse, Blattläuse und Abbildung 17 zeigt diejenigen Wespenarten mit den Blattflöhe in Betracht Blösch( 2000). höchsten Individuenzahlen (18 oder mehr Individuen). Nach der logarithmischen Staffelung der Dominanzin- Passaloecus pictus Ribaut, 1952 dices (Engelmann in Mühlenberg 1993) ergibt sich Fläche 9, Friedeburg: 12.06.2013, 1♂; 08.07.2013, 1♀, folgende Verteilung: perturbator ist mit 112 beide Sichtfang, C. Saure leg. Individuen und einem Dominanzwert von 14,0 Prozent Die Grabwespe P. pictus ist in Deutschland weit verbrei- die einzige dominante Art. Die folgenden sieben Ar- tet (z. B. Ohl 2001, Burger 2005, Tischendorf et al. ten (Cryptocheilus versicolor bis Ectemnius lapidarius) 2011, Scholz & Liebig 2013). Aus Sachsen-Anhalt lagen werden mit Individuenzahlen von 54 bis 27 und Domi- aber bisher noch keine Meldungen vor (aculeata.eu, nanzwerten von 6,8 bis 3,4 Prozent als subdominant HymIS). Die Funde aus Friedeburg sind damit die ersten eingestuft. Die übrigen in Abbildung 17 gezeigten und Nachweise der Art in diesem Bundesland. Im Gegen- alle weiteren Wespenarten haben einen Dominanzin- satz zu anderen Passaloecus-Arten nistet diese kleine dex von meist deutlich unter 3,2 Prozent und gehören

19

0 20 40 60 80 100 120 Priocnemis perturbator

Cryptocheilus versicolor

Arachnospila spissa

Trypoxylon minus

Trypoxylon attenuatum

Priocnemis hyalinata

Trypoxylon medium

Ectemnius lapidarius

Priocnemis fennica

Priocnemis coriacea

Arachnospila anceps

Agenioideus cinctellus

0 20 40 60 80 100 120 Anzahl Individuen

Abb. 17: Wespenarten mit den höchsten Individuen- Abb. 18: Weibchen der Faltenwespe Ancistrocerus ni- zahlen (Summe aller Untersuchungsflächen). gricornis. Foto: S. Kühne.

damit in die Gruppe der „Begleitarten“. Insgesamt zeigt spruchslos und landesweit häufig bis sehr häufig, nur die Dominanzkurve mit einer dominanten Art einen Priocnemis fennica wird für Sachsen-Anhalt als mäßig steilen Verlauf. häufig eingestuft. Ein Vergleich der Individuenzahlen je Probefläche lässt erkennen, dass oftmals in einer Streuobstwiese eine 5.4 Biotopbindung bestimmte Wespenart in besonders vielen Exemplaren Mit 53 Arten (43,8 Prozent) nistet fast jede zweite nach- nachgewiesen wurde. Das trifft bei den acht Hauptar- gewiesene Wespenart in Löchern im Holz oder in an- ten auf sieben Arten zu. Priocnemis perturbator wurde deren oberirdischen Hohlräumen oder parasitiert bei besonders häufig auf Fläche 2 (Kreuzhorst), Ectemnius solchen Holznistern. Viele dieser Arten nutzen das lapidarius auf Fläche 5 (Heudeber), Arachnospila spissa abgestorbene oder anbrüchige Holz der Obstbäume als und Trypoxylon medium auf Fläche 9 (Friedeburg) und Nistplatz (s. Anh. 2: Spalten unter „HZ …“, gelb, orange Priocnemis hyalinata sowie Trypoxylon minus auf Flä- und blau). che 10 (Tröbsdorf) nachgewiesen. Cryptocheilus versi- Einige der nestbauenden Wespen nutzen ausschließ- color wurde mit 54 Individuen sogar ausschließlich auf lich kleine Hohlräume im Holz, z. B. die Fraßgänge Fläche 6 (Timmenrode) festgestellt. Nur bei Trypoxylon von Käfern. Andere mit größerem Platzbedarf, wie die attenuatum sind die Individuen recht gleichmäßig auf Hornisse, besiedeln Baumhöhlen. Wiederum andere mehrere Obstwiesen verteilt. nagen ihre Nester im morschen Holz selbst. Die meisten Bei der Betrachtung der systematischen Gruppen fällt oberirdisch nistenden Wespenarten sind in der Lage, auf, dass sich unter den 12 häufigsten Arten acht Weg- auch Hohlräume in Pflanzenstängeln, Schilfhalmen, wespenarten befinden (Abb. 17). Die übrigen vier Ar- Steilwänden oder lehmverfugten Mauern zu besiedeln. ten (drei Trypoxylon-Arten und Ectemnius lapidarius) Dazu gehört auch die solitäre Faltenwespe Ancistrocerus gehören zu den Grabwespen. Fast alle Arten sind an- nigricornis (Abb. 18).

20 5.5 Vergleich der einzelnen Untersuchungs- flächen 0 10 20 30 40 50 60 70 80 In sieben Streuobstwiesen wurden mittlere Artenzah- Schönhausen (F1) len zwischen 17 und 32 festgestellt. Ein Gebiet (Schön- hausen) liegt mit 12 Arten darunter, zwei Gebiete wei- Kreuzhorst (F2) sen dagegen deutlich mehr Arten auf. Dabei handelt Gutenswegen (F3) es sich um die Streuobstwiesen bei Timmenrode mit 40 Arten und Friedeburg mit 67 Arten (Anh. 2, letzte Athenstedt (F4) Zeilen). Bei Friedeburg wird damit eine besonders hohe Artendiversität erreicht (Abb. 19). Heudeber (F5) Bei Friedeburg wurden auch, zusammen mit der Flä- Timmenrode (F6) che bei Wartenburg, die meisten Arten der Roten Liste Sachsen-Anhalt gefunden, nämlich jeweils acht Arten Kühnau (F7) (inklusive Kategorie D). An dritter Stelle folgt die Streu- obstwiese bei Kühnau mit fünf gefährdeten Wespen- Wartenburg (F8) arten. Friedeburg (F9) Abbildung 19 zeigt neben der Anzahl von Rote Liste- Arten und der Anzahl ungefährdeter Arten auch die Tröbsdorf (F10) Anzahl von Arten, für die in Sachsen-Anhalt bisher 0 10 20 30 40 50 60 70 80 keine Einstufung erfolgte (gelbe Balken). Für diese Ar- ten reichen die Kenntnisse für eine Gefährdungsein- Anzahl Arten stufung noch nicht aus, möglicherweise wird aber in Zukunft die eine oder andere Art als bestandsgefährdet Abb. 19: Anzahl der Wespenarten in den Streuobstwie- gelten. Mit sieben Arten ist diese Gruppe bei Friedeburg sen (rot = Arten der Roten Liste Sachsen-Anhalt inkl. besonders artenreich. Kategorie D; gelb = nicht bewertete Arten nach der Im Anhang 2 wird die große Bedeutung von Fläche 9 Roten Liste Sachsen-Anhalt; blau = in Sachsen-Anhalt (Friedeburg) für die naturschutzfachlich besonders ungefährdete Arten). wertvollen Arten (grün) erkennbar. Hier wurden acht der 15 besonders wertvollen Arten gefunden, während auf den übrigen Flächen maximal drei dieser Arten nachzuweisen waren. wie Gonatopus bicolor und Lestiphorus bicinctus (Blau- In den Streuobstwiesen wurden insgesamt 798 Wes- schale), Microdynerus exilis (Gelbschale), Anteon tripar- penindividuen festgestellt. Die individuenreichsten titum (Gelb-, Blauschale) und Anteon japonicum (Gelb-, Streuobstwiesen sind auch die artenreichsten Flächen Blau-, Weißschale). Die Kunststoffwannen wurden, um (F9, Friedeburg und F6, Timmenrode) (s. Anh. 2, letzte Vandalismus zu verhindern, in der langgrasigen und Zeilen). In den anderen Obstwiesen wurden vergleichs- halbschattigen Vegetation versteckt. Die Fallenstand- weise wenige Exemplare gezählt, vor allem bei Schön- orte waren zum Nachweis der Wespen nicht optimal hausen (F1) und Athenstedt (F4) (vgl. Kapitel 5.3). geeignet, sonnenexponierte Standorte hätten vermut- lich mehr Arten angelockt. Hinzu kamen Fallenverluste 5.6 Methodenvergleich durch das Elbehochwasser, welches im Juni 2013 einige Als Nachweismethode für Wespen erwiesen sich die Streuobstwiesen überflutete. Lufteklektoren als wenig geeignet, wenn auch die sehr Die meisten anspruchsvollen und naturschutzfachlich bemerkenswerte Art Pseudoryssus henschii mit einer wertvollen Arten wurden jedoch gezielt mit dem Ke- solchen Falle gefangen wurde. In Bodenfallen konnten scher oder mit einem Fangglas erbeutet, beispielsweise immerhin einige bodenbewohnende Arten (Wegwes- die Wegwespe Aporus unicolor oder die Grabwespen pen, flügellose Weibchen der Trugameisen) nachgewie- Crossocerus vagabundus, Nitela fallax, Passaloecus pic- sen werden. tus und Pemphredon clypealis. Dem Sichtfang kommt Effektiver waren die Farbschalen, mit denen zahlreiche daher als Nachweismethode die größte Bedeutung zu. Wespen erfasst wurden, vor allem mit Blauschalen. Einige Arten wurden ausschließlich in Farbschalen nachgewiesen, darunter auch bemerkenswerte Arten

21 Tab. 3: Anzahl der in Sachsen-Anhalt und Deutschland gefährdeten Schwebfliegenarten.

Kategorie Rote Liste Sachsen-Anhalt Rote Liste Deutschland

Kategorie 0: Ausgestorben oder verschollen 1 − Kategorie 1: Vom Aussterben bedroht 4 2 Kategorie 2: Stark gefährdet 2 2 Kategorie 3: Gefährdet 6 4 Kategorie G: Gefährdung unbekannten Ausmaßes 4 6 Kategorie V: Vorwarnstufe 2 5 Kategorie D: Daten defizitär 2 1 Summe Rote Liste (ohne Kategorie V und D) 17 14

6 Ergebnisse Schwebfliegen In zwei weiteren Spalten der Anhangstabelle wird auf die landes- und bundesweite Gefährdung der Arten ein- 6.1 Gesamtartenbestand gegangen (Dziock et al. 2004, Ssymank et al. 2011). Die Im Jahr 2013 wurden in den Untersuchungsgebieten Ergebnisse sind in Tabelle 3 zusammengefasst. Dem- insgesamt 101 Schwebfliegenarten in 1.677 Individuen nach gelten 17 Arten in Sachsen-Anhalt und 14 Arten in nachgewiesen, darunter 948 Männchen und 729 Weib- Deutschland als verschollen oder als mehr oder weniger chen. Ein Verzeichnis aller nachgewiesenen Arten mit stark gefährdet. Darüber hinaus kommen noch meh- Bezug zu den einzelnen Fundorten ist im Anhang 3 rere Arten der Vorwarnstufe und Arten mit defizitärer aufgeführt. Datenlage vor. Jentzsch et al. (2016) geben für Sachsen-Anhalt 322 Die Arten der Schwebfliegen sind nicht durch die Bun- Schwebfliegenarten an. Im Rahmen der vorliegenden desartenschutzverordnung und die FFH-Richtli- Untersuchung wurden somit 31,4 Prozent und damit nie erfasst und unterliegen demzufolge keinem Schutz fast jede dritte aus dem Bundesland bekannte Art nach- auf Bundes- oder EU-Ebene. gewiesen. Neben dem Wiederfund einer verschollenen In Anhang 3 (S. 51–54) sind 12 besonders wertvolle Ar- Art sind auch zwei Erstnachweise für Sachsen-Anhalt ten der vorliegenden Untersuchung grün markiert. Die zu verzeichnen. Diese wurden bereits in der aktuali- Auswahlkriterien sind dabei neben der Bestandssitua- sierten Checkliste der Schwebfliegen Sachsen-Anhalts tion und den Roten Listen auch Neufunde und Wieder- berücksichtigt (Jentzsch et al. 2016). funde. Auf die besonders bemerkenswerten Funde wird Der Schwebfliegenfauna Deutschlands gehören nach im Folgenden näher eingegangen. Ssymank et al. (2011) insgesamt 463 Arten an. Die in den Streuobstwiesen festgestellten 101 Arten reprä- Cheilosia nebulosa Verrall, 1871 sentieren somit 21,8 Prozent des bundesdeutschen Ar- Fläche 8, Wartenburg: 08.05.2013, 1♀, Sichtfang, tenbestandes, d. h. etwa jede fünfte aus Deutschland C. Saure leg. bekannte Art wurde in dem Streuobstwiesenprojekt Diese Art aus der artenreichen Gattung Cheilosia wurde nachgewiesen. bisher in Sachsen-Anhalt noch nicht nachgewiesen (vgl. Jentzsch & Dziock 1999, Dziock et al. 2004). 6.2 Seltene, gefährdete und naturschutzfachlich Bundesweit gilt sie als selten und gefährdet (Ssymank wertvolle Arten et al. 2011). Im Verzeichnis der Schwebfliegen (Anhang 3, Spalte Imagines wurden im feuchten Gelände und in Waldbio- „BS ST“) werden Informationen zur Bestandssituation topen an Schwarzerlen, Weiden, Schlehen- und Weiß- in Sachsen-Anhalt gegeben. Demnach sind 12 Arten dorngebüschen gefunden. Die Art fliegt im Flachland landesweit „sehr selten“ und 14 Arten „selten“, das sind von Ende April bis Anfang Juni (Speight 2015). Die 26 Prozent der nachgewiesenen Arten. Weitere 22 Ar- aktuellen Funddaten bestätigen sowohl die Flugzeit ten gelten als „mäßig häufig“, 30 Arten als „häufig“ als auch eine mögliche Bindung an Feuchtbiotope. Die und 21 Arten als „sehr häufig“. Für die zwei Arten der Larven sind unbekannt, ernähren sich aber sicherlich, Gattung Pipiza wurde keine Einstufung vorgenommen wie andere Cheilosia-Larven auch, von pflanzlichen (Jentzsch et al. 2016). Substraten.

22 Eumerus longicornis Loew, 1855 Fliegen wird von Speight (2015) mit „Mitte Juni bis Fläche 9, Friedeburg: 12.06.2013, 1♂, Sichtfang, C. Saure Mitte August“ angegeben, Jentzsch & Stuke (2012) leg. nennen aus Sachsen-Anhalt aber auch Funde aus dem Diese Art ist eine der seltensten Schwebfliegenarten Mit- Monat Mai. teleuropas. Ssymank et al. (2011) stufen sie in Deutsch- land in die Kategorie 1 (vom Aussterben bedroht) ein. In Neocnemodon brevidens (Egger, 1865) Sachsen-Anhalt wurde E. longicornis bisher noch nicht Fläche 3, Gutenswegen: 29.08.2013, 2♂♂, Sichtfang, C. nachgewiesen (s. Jentzsch & Dziock 1999, Dziock Saure leg. et al. 2004). Außerhalb von Deutschland liegen Funde Diese Art galt in Sachsen-Anhalt seit 125 Jahren als aus der Slowakei, aus Ungarn und wahrscheinlich aus verschollen. Dziock (2001) und Dziock et al. (2004) dem Kaukasus vor (Speight 2015). erwähnen als letzten Nachweis ein Männchen aus der E. longicornis bewohnt Sand- und Kalktrockenrasen, Umgebung von Hoym vom 29.06.1888. Der Wieder- lückige, trockene Laubwälder und warme Waldränder fund für Sachsen-Anhalt stammt aus dem Jahr 2012, (Speight 2015). Die Larven sind höchstwahrscheinlich ein Männchen als Heringia brevidens, gefangen am wie bei anderen Eumerus-Arten phytophag. 29.05.2012 in Bernburg-Strenzfeld (Link et al. 2012). In Deutschland ist N. brevidens selten und wird in die Eumerus tricolor (Fabricius, 1798) Kategorie G (Gefährdung unbekannten Ausmaßes) ein- Fläche 3, Gutenswegen: 06.06.2013, 1♂, Sichtfang, C. gestuft (als Heringia brevidens, Ssymank et al. 2011). Saure leg. Die Art bewohnt Wälder, vor allem Pappel-Weich­ E. tricolor wurde noch von Jentzsch & Dziock (1999) holzauenwälder oder auch kleinere Feuchtbiotope mit nach einer alten Fundmeldung in Rapp (1942) zur Fauna Populus und Salix. Die Flugzeit erstreckt sich von Mitte Sachsen-Anhalts gezählt. In die Rote Liste (Dziock et al. Mai bis Anfang September (Speight 2015). 2004) wurde die Art aber nicht übernommen („Material nicht auffindbar oder falsch bestimmt“). Der aktuelle 6.3 Dominanzverteilung Nachweis kann daher ein Wiederfund oder möglicher- Die meisten Schwebfliegenarten wurden, obwohl Farb- weise auch ein Neufund für Sachsen-Anhalt sein. schalen über eine gesamte Vegetationsperiode zum Ein- In Deutschland ist die wärmeliebende Art selten und satz kamen, nur in geringen Individuenzahlen nachge- gefährdet (Ssymank et al. 2011). Sie fliegt von Anfang wiesen (vgl. Anh. 3, S. 51ff.). Von etwa jeder dritten Art Mai bis Juli in Trocken- und Magerrasenbiotopen. Die (31 Arten) wurde jeweils nur ein Individuum gefangen. phytophagen Larven wurden an den Wurzeln von Tra- 16 Arten sind in je zwei Exemplaren und sieben weitere gopogon beobachtet (Speight 2015). Arten in je drei Exemplaren vertreten. Es wird vermutet, dass diese Arten in den untersuchten Streuobstwiesen Lejops vittatus (Meigen, 1822) tatsächlich nur in kleinen Populationen vorkommen. Fläche 2, Kreuzhorst: 21.05.2013, 1♀, Sichtfang, C. Saure Die zehn Schwebfliegenarten mit den höchsten Indi- leg. viduenzahlen sind in Abbildung 20 aufgeführt. Die Diese Art ist eine der seltensten Schwebfliegen Deutsch- Grafik enthält alle Arten mit 22 oder mehr Individuen. lands. Ihr Verbreitungsschwerpunkt in Deutschland Episyrphus balteatus mit 427 und Eupeodes corollae liegt in Sachsen-Anhalt, woraus sich eine besondere mit 349 Individuen gelten als dominante Arten (mit Verantwortung zum Schutz der Art und ihrer Lebens- 25,5 und 20,8 Prozent aller Individuen). Helophilus räume ableitet. Landes- und bundesweit wird die Art pendulus mit 136 und Helophilus trivittatus mit 92 In- als vom Aussterben bedroht eingestuft Dziock( et al. dividuen werden als subdominant eingestuft (mit 8,1 2004, Ssymank et al. 2011, Jentzsch & Stuke 2012). und 5,5 Prozent aller Individuen, nach Engelmann in L. vittatus besiedelt vorwiegend Röhrichte an stehen- Mühlenberg 1993). Dabei ist anzumerken, dass die den oder langsam fließenden Gewässern und ist an den hohen Individuenzahlen bei diesen Hauptarten jeweils Meeresküsten in Marschwiesen und Stranddünen zu vorrangig an einem einzigen Standort erreicht wurden. finden. Die Eier werden an den Halmen von Typha oder Episyrphus balteatus und Eupeodes corollae wurden be- Scirpus abgelegt. Die Larven fallen nach dem Schlüpfen sonders häufig auf Fläche 5 (Heudeber) und die beiden ins Wasser und verbleiben zunächst an der Wasserober- Helophilus-Arten besonders individuenreich auf Fläche fläche in der Schwimmblattzone, graben sich aber im 1 (Schönhausen) gefangen. letzten Larvenstadium in den Bodenschlamm des Ge- Die in den Streuobstwiesen dominierenden Arten sind wässers ein (vgl. Speight 2015). Die Flugzeit der adulten anspruchslose Schwebfliegen, die auch überregional

23 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450

Episyrphus balteatus

Eupeodes corollae

Helophilus pendulus

Helophilus trivittatus

Melanostoma mellinum

Eristalis nemorum

Syrphus vitripennis

Helophilus hybridus

Scaeva pyrastri

Eristalis arbustorum

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450

Anzahl Individuen

Abb. 20: Schwebfliegenarten mit den höchsten Indivi- Abb. 21: Männchen der Schwebfliege Brachypalpus val- duenzahlen (Summe aller Untersuchungsflächen). gus, deren Larven sich im morschen Holz entwickeln. Foto: S. Kühne.

häufig gefunden werden. Sie benötigen vor allem geeig- mellinum als Wanderer ohne Richtungsorientierung nete Larvalentwicklungshabitate, das sind für die Arten (Dismigrant) eingestuft. Die übrigen acht Arten zählen mit zoophagen Larven Pflanzenbestände mit reichlich zu den saisonalen Migranten mit richtungsorientierten Blattlausbefall (Episyrphus balteatus, Eupeodes corol- Wanderungen. Das Wanderverhalten ermöglicht bei- lae, Melanostoma mellinum, Syrphus vitripennis, Scaeva spielsweise den Arten mit zoophagen Larven auf die pyrastri). Arten mit Larven des aquatisch-saprophagen räumlich und zeitlich stark schwankende Präsenz von Ernährungstyps benötigen stark eutrophe Gewässer Beutetieren (Blattläuse) zu reagieren. Diese Arten sind wie faulige Pfützen, Jauchegruben und Abwasserkanäle dafür bekannt, dass sie in kurzen Zeiträumen an ge- als Larvallebensraum (Helophilus pendulus, Helophilus eigneten Orten (z. B. auf landwirtschaftlichen Nutzflä- trivittatus, Eristalis nemorum, Helophilus hybridus, chen) in hohen Individuendichten auftreten (vgl. Saure Eristalis arbustorum). et al. 2003). Die Häufigkeit dieser Arten gerade in den Unter den zehn häufigsten Arten (Abb. 20) befinden intensiven Ackerbauregionen bei Heudeber und Schön- sich neun Wanderarten, also Arten, die zu bestimmten hausen/Elbe überrascht somit nicht. Jahreszeiten gerichtete oder ungerichtete Flüge in Som- mer- oder Winterareale oder auch zu günstigen Nah- 6.4 Biotopbindung rungs- und Eiablageplätzen durchführen (Gatter & Die Larven einiger Schwebfliegenarten sind an feuch- Schmid 1990). Helophilus hybridus wird von Gatter & tes, morsches Holz gebunden oder leben an Wundstel- Schmid (1990) nicht als Wanderart und Melanostoma len, wo sie Mikroorganismen aus den austretenden

24 Baumsäften herausfiltern. Sie werden allgemein zum 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 saprophagen Ernährungstyp gerechnet. Arten, deren Larven sich im morschen Holz entwickeln, sind Brachy­ Schönhausen (F1) palpoides lentus, Brachypalpus valgus (Abb. 21), Chal- Kreuzhorst (F2) cosyrphus nemorum, Chalcosyrphus valgus und Xylota segnis. Zu den Arten, deren Larven sich in Baumsäften Gutenswegen (F3) entwickeln, gehören Ceriana conopsoides, Ferdinandea cuprea und (auch hier) Xylota segnis. Die Larven von Athenstedt (F4) Callicera aenea leben vermutlich wie diejenigen ande- Heudeber (F5) rer Callicera-Arten in wassergefüllten Höhlungen alter Bäume (vgl. Speight 2015). Timmenrode (F6) Diese acht Schwebfliegenarten spielen für die unter- Kühnau (F7) suchten Streuobstwiesen eine besondere Rolle, da sie unmittelbar auf das abgestorbene, verrottende Holz Wartenburg (F8) oder auf den Saftfluss an lebenden Bäumen angewiesen sind. Sie sind von Baumrodungen oder von Baumpfle- Friedeburg (F9) gemaßnahmen besonders betroffen und reagieren auf Tröbsdorf (F10) solche Maßnahmen möglicherweise mit einem lokalen Erlöschen ihrer Populationen, insbesondere die drei in 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 Sachsen-Anhalt sehr selten vorkommenden und vom Anzahl Arten Aussterben bedrohten bzw. gefährdeten Arten Callicera aenea, Ceriana conopsoides und Chalcosyrphus valgus. Abb. 22: Anzahl der Schwebfliegenarten in den Streu- obstwiesen (rot = Arten der Roten Liste Sachsen-Anhalt 6.5 Vergleich der einzelnen Untersuchungs­ inkl. Kategorie V und D). flächen In den untersuchten Streuobstwiesen wurden zumeist um die 30 Schwebfliegenarten nachgewiesen (Abb. 22). Zwei Gebiete ragen in der Artenzahl heraus, und zwar emplare) und Eupeodes corollae (263 Exemplare) (siehe Gutenswegen mit 42 und Athenstedt mit 46 Arten. Bei Kapitel 6.3). Auf der Fläche mit der höchsten Artenzahl Gutenswegen wurden auch die meisten Arten der Roten (F4, Athenstedt) wurden nur vergleichsweise wenige In- Liste Sachsen-Anhalt (Dziock et al. 2004) gefunden, dividuen festgestellt. nämlich sieben Arten (inklusive Kategorie V und D). Jeweils fünf Rote Liste-Arten kamen auf den Flächen 2 6.6 Methodenvergleich (Kreuzhorst) und 4 (Athenstedt) vor. Bodenfallen und Lufteklektoren spielten zum Nach- Nahezu alle naturschutzfachlich besonders wertvollen weis von Schwebfliegen in den Untersuchungsgebieten Arten wurden nur auf einer Fläche und in einem oder keine Rolle. Dagegen wurden die blütenbesuchenden zwei Individuen festgestellt. In den Gebieten 1 (Schön- Imagines vieler Arten von den Farbschalen angelockt. hausen) und 10 (Tröbsdorf) wurden keine dieser be- In der Ausbeute der Fallen befanden sich ganz über- sonderen Arten festgestellt. In den Streuobstwiesen 2, wiegend nur Individuen von häufigeren Arten. Fast 4, 5, 6, 7 und 8 wurde jeweils nur eine und auf Fläche 9 alle anspruchsvollen und seltenen Arten konnten aus- (Friedeburg) zwei dieser Arten nachgewiesen. Bemer- schließlich per Sichtfang nachgewiesen werden. Das gilt kenswert ist das Vorkommen von fünf besonders wert- auch für die 12 besonders wertvollen Arten (s. Anh. 3, vollen Arten auf Fläche 3 (Gutenswegen). grün). Das weist eindrücklich auf die bessere Eignung Insgesamt wurden in den Streuobstwiesen 1.677 Indi- von gezielten Kescherfängen gegenüber den anderen viduen an Schwebfliegen nachgewiesen. Ihre Verteilung hier eingesetzten Fangmethoden hin. Voraussetzung ist auf die einzelnen Untersuchungsflächen ist im Anhang allerdings eine gute Kenntnis der Lebensweisen, Habi- 3 (letzte Zeile) enthalten. tatansprüche und Flugzeiten der Arten (vgl. Martin & Die mit Abstand höchste Individuenzahl mit 658 wird Grell 1999). auf der Untersuchungsfläche 5 (Heudeber) erreicht. Die Fangwirkung der Farbschalen hätte jedoch größer Diese ist auf die Dominanz von nur zwei Arten zu- sein können. Die blauen und gelben Kunststoffwannen rückzuführen, nämlich Episyrphus balteatus (289 Ex- wurden in der Vegetation versteckt, damit sie nicht für

25 jedermann sofort zu erkennen waren. Dennoch kam es größe dürfte eine Rolle spielen, denn Friedeburg und zu Fallenverlusten, auch durch das Hochwasser im Juni Timmenrode gehören zu den größten bearbeiteten 2013. Die unterschiedlichen Fallen konnten den Arten- Streuobstwiesen. bestand ergänzen, der Sichtfang spielte jedoch für den Aber auch einige der übrigen Streuobstwiesen sind Nachweis der Schwebfliegen die größte Rolle. hinsichtlich der Artendiversität und dem Vorkommen stenotoper Wildbienenarten durchaus bemerkenswert. So wurden beispielsweise auf den Streuobstwiesen bei 7 Bewertung und Diskussion Pechau (F2) Hylaeus moricei, bei Gutenswegen (F3) No- mada femoralis, bei Heudeber (F5) Andrena potentillae 7.1 Wildbienen und bei Wartenburg (F8) Andrena saxonica nachgewie- In den untersuchten Streuobstwiesen wurden 200 Wild- sen. bienenarten und damit fast jede zweite aus Sachsen-An- Auch andere Studien belegen die hohe Bedeutung von halt bekannte Bienenart nachgewiesen. Darunter sind 83 Obstwiesen für Wildbienen. So untersuchte Rühl Arten, die in Sachsen-Anhalt mehr oder weniger stark ge- (1978) verschiedene Hautflüglergruppen (neben Bie- fährdet sind oder bisher als verschollen galten. Letzteres nen auch Pflanzenwespen und aculeate Wespen) in trifft auf die beiden Arten Andrena ferox und Lasioglos- zwei Obstbeständen in der Umgebung von Bonn. Auf sum puncticolle zu. Daneben ist mit Heriades crenulatus einer biologisch-dynamisch bewirtschafteten Obstan- ein Neufund zu verzeichnen. Auch zahlreiche weitere lage konnte er 25 Prozent mehr Arten und 75 Prozent Bienenarten sind naturschutzfachlich bemerkenswert. mehr Individuen nachweisen als auf einer benachbar- Sie profitieren sowohl von den morschen und anbrüchi- ten Obstplantage, die sich von ersterer vor allem durch gen Holzstrukturen der Obstwiesen (Nisthabitate) als die intensive chemische und mechanische Unkrautbe- auch von dem reichen Blütenangebot der Obstbäume kämpfung unterschied. und des Unterwuchses (Nahrungshabitate). Mader (1982) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Die einzelnen Streuobstwiesen sind in Bezug auf die Er konnte in Streuobstbeständen deutlich mehr Wild- Bienenfauna von sehr unterschiedlicher Wertigkeit. bienen (Individuen) nachweisen als in intensiv bewirt- Während in Schönhausen (F1) mit 16 Arten nur wenige schafteten Plantagen (im Verhältnis 16 : 1). und zumeist anspruchslose Wildbienen festgestellt Auch Westrich (1989) bestätigt die hohe Wertigkeit wurden, sind die Flächen bei Friedeburg und Timmen- von Streuobstbeständen für Wildbienen. In Obstwiesen rode von überragender, gesamtstaatlicher Bedeutung. in der Umgebung von Tübingen fand der Autor mehr als Bei Friedeburg (F9) konnten insgesamt 105 Wildbie- 70 Wildbienenarten. Entscheidend für die hohe Arten- nenarten nachgewiesen werden, darunter 32 Arten der zahl ist die Verfügbarkeit von unterschiedlichen Nah- Roten Liste Sachsen-Anhalt (Kategorien 1, 2, 3 und G) rungs- und Nistplatzressourcen, vor allem eine große sowie zehn Arten der Vorwarnliste (Kategorie V) und Vielfalt an Wildkräutern im Unterwuchs. eine Art mit defizitärer Datenlage (Kategorie D). Von Mohr et al. (1992) untersuchten im Zeitraum 1988/89 den 18 besonders wertvollen Bienenarten kommen verschiedene Hautflüglergruppen in sechs Obstwie- sieben Arten auf der Fläche bei Friedeburg vor. Bei sen mit unterschiedlicher Bewirtschaftungsintensität Timmenrode (F6) wurden 103 Wildbienenarten nach- in Rheinland-Pfalz. Der Einsatz von Malaisefallen in gewiesen, darunter 34 Arten der Roten Liste Sachsen- Kombination mit Handfängen führte zum Nachweis Anhalt (Kategorien 0, 1, 2 und 3) sowie zehn Arten von 122 Wildbienenarten. Die höchsten Arten- und der Vorwarnliste (Kategorie V). Zwei Wiederfunde Individuenzahlen wurden auf beweideten Standorten für das Bundesland (Andrena ferox, Lasioglossum erzielt. Am schlechtesten schnitt eine intensiv bewirt- puncticolle) gelangen beide auf dieser Streuobstwiese. schaftete Obstplantage ab. Hier wurden auch fünf der 18 besonders wertvollen Bei Untersuchungen in jüngeren (Ackerbrachen, Acker- Bienenarten festgestellt. Friedeburg und Timmenrode randstreifen, Einsaaten) und älteren Habitaten der sind wärmebegünstigte Standorte in südexponierten Agrar­landschaft (Magerrasen, Streuobstwiesen) kamen Hanglagen mit reichlichen Totholzanteilen. Beide Flä- Gathmann (1998) sowie Steffan-Dewenter (1998) chen werden als kurzzeitige Umtriebsweiden mit Scha- zum Ergebnis, dass sich die untersuchten Streuobst- fen und Ziegen bewirtschaftet. Die mikroklimatischen wiesen wie auch die Magerrasen durch vergleichsweise Bedingungen, der hohe Anteil an abgestorbenem Holz hohe Arten- und Individuenzahlen bei Wildbienen und und die Rotationsbeweidung haben offenbar einen po- aculeaten Wespen auszeichnen. Offensichtlich kommt sitiven Einfluss auf die Bienenfauna. Auch die Flächen- im Agrarland vor allem den älteren „beständigen“ Bio-

26 Abb. 23: Männchen der Schwebfliege Sphaerophoria scripta. Die Larven der häufigen Art ernähren sich von Blattläusen. Foto: S. Kühne.

topen eine wichtige Funktion als Refugium für Insek- liste der Wespen Sachsen-Anhalts (Stolle & Saure tengemeinschaften zu. In einer jüngeren Studie führte 2016) ist nur für die dort bearbeiteten Teilgruppen mög- der zuletzt genannte Autor größere Artenzahlen und lich. Diese sind in den Streuobstwiesen mit 108 Arten Abundanzen bei Bienen und Wespen vor allem auf die vertreten, das entspricht 24,4 Prozent des landesweiten Größe und die räumliche Vernetzung von Streuobst- Artenbestandes. Viele der nachgewiesenen Arten sind wiesen zurück (Steffan-Dewenter 2001). Danach naturschutzfachlich bemerkenswert, darunter auch korrelierten die Arten- und Individuenzahlen sowohl sechs Neu- und vier Wiederfunde für Sachsen-Anhalt. mit der Flächengröße als auch mit der Habitatvielfalt Zahlreiche Wespenarten profitieren direkt oder indi- in der Umgebung der Obstwiesen. rekt (Parasitoide) von den morschen und anbrüchigen Von 2010 bis Frühjahr 2012 wurden in Baden-Württem- Holzstrukturen der Obstwiesen. Aber auch das reiche berg von einem Expertenteam Wildbienen in 15 Streu- Blütenangebot der Obstbäume und des Unterwuchses obstwiesen erfasst. Dabei konnten 172 Arten nachge- ist als Nektarquelle zur Eigenversorgung der Wespen wiesen werden, davon zahlreiche Arten mit landes- und von großer Bedeutung. Die Blüten sind darüber hinaus bundesweiter Gefährdung. Die Experten konnten die auch notwendige Ressourcen für die Beutetiere vieler hohe Bedeutung von Streuobstwiesen für die Wildbie- Wespenarten. nenfauna belegen und überdies zeigen, dass Wildbienen Die einzelnen Untersuchungsflächen sind von unter- einen „nicht unerheblichen“ Anteil an der Obstbaumbe- schiedlicher Qualität bezüglich ihrer Wespenfauna. stäubung einnehmen (Schwenninger 2013). Besonders artenreich sind die Obstwiesen bei Timmen- rode mit 40 Arten und bei Friedeburg mit 67 Arten. Auf 7.2 Wespen den Flächen bei Friedeburg und Wartenburg wurden In zehn Streuobstwiesen wurden zusammen 121 Wes- die meisten Arten der Roten Liste Sachsen-Anhalt ge- penarten nachgewiesen. Ein Vergleich mit der Check- funden. Auch in Hinsicht auf die 15 naturschutzfach-

27 lich besonders wertvollen Arten kommt Friedeburg eine tenzahl und der höchsten Anzahl gefährdeter Arten. In Sonderstellung zu (hier acht Arten, auf den übrigen Flä- dieser Streuobstwiese wurden fünf besonders wertvolle chen maximal drei dieser Arten). Schwebfliegenarten nachgewiesen Callicera( aenea, Nach den Kriterien Artendiversität, gefährdete und Ceriana conopsoides, Eumerus tricolor, Neocnemodon bemerkenswerte Arten folgen auf Friedeburg die Flä- brevidens, Platycheirus ambiguus). Die Obstwiesen bei chen bei Wartenburg und Timmenrode. Friedeburg Athenstedt und Gutenswegen wiesen im Jahr 2013 ein und Timmenrode sind wärmebegünstigte Standorte Mosaik aus nicht bewirtschafteten („verbrachten“), ex- in südexponierten Hanglagen mit reichlichen Totholz- tensiv beweideten und gemähten Arealen auf, von dem anteilen. Beide Flächen werden als kurzzeitige Um- die Schwebfliegengemeinschaften offenbar profitieren. triebsweiden mit Schafen und Ziegen bewirtschaftet. Ssymank (2000) untersuchte Streuobstwiesen und Die mikroklimatischen Bedingungen, der hohe Anteil Obstplantagen südlich von Bonn. In einem zweijäh- an abgestorbenem Holz und die Rotationsbeweidung rigen Zeitraum konnte er auf fünf Flächen in Farb- haben offenbar einen positiven Einfluss auf die bearbei- schalen insgesamt 75 Schwebfliegenarten nachweisen. teten Wespengruppen. Auch die Flächengröße dürfte Eine extensiv genutzte Streuobstwiese mit einschüriger eine Rolle spielen, denn Friedeburg und Timmenrode Mahd und blütenreichem Unterwuchs wies mit 55 Ar- gehören, wie auch Wartenburg, zu den größten bearbei- ten die höchste Diversität und die höchste Anzahl an- teten Streuobstwiesen. spruchsvoller Arten auf. Mittlere Artenzahlen wurden Auch andere Studien belegen die hohe Bedeutung von in Obstplantagen mit Niederstämmen festgestellt. Die Obstwiesen für die Wespenfauna. Auf die Untersu- niedrigsten Artenzahlen besaßen Streuobstbestände, chung von Rühl (1978), Gathmann (1998) und Stef- die intensiv beweidet wurden (Milchvieh, Pferde) und fan-Dewenter (1998, 2001) wurde bereits im Kapitel dementsprechend blütenarm waren. Der Autor folgert 7.1 eingegangen. Auch in der Studie von Mohr et al. daraus, dass die Nutzungsintensität und der Zustand (1992) wurden Wespen untersucht. In Malaisefallen des Unterwuchses größere Auswirkungen auf Schweb- konnten weit über 100 Arten der aculeaten Wespen ge- fliegen haben als die Obstbäume (Hoch- oder Nieder- zählt werden. Dabei wurden die höchsten Artenzahlen stamm) selbst. auf den gehölzreicheren und weniger intensiv bewirt- Vergleichbare Ergebnisse liefern die im Projekt „Grund- schafteten Obstwiesen erreicht. datensatz Naturschutz“ untersuchten Obstwiesen. Die zwei bemerkenswertesten Flächen 3 und 4 (Gutenswe- 7.3 Schwebfliegen gen, Athenstedt) zählen zu den Flächen mit einer eher In den Streuobstwiesen konnte fast ein Drittel des geringen Nutzungsintensität. Auch Fläche 2 (Kreuz- Schwebfliegenbestandes von Sachsen-Anhalt nachge- horst), auf der keine Pflegemaßnahmen stattfinden, wiesen werden. Viele der 101 Arten sind naturschutz- zeichnet sich durch einige bemerkenswerte Schweb- fachlich bemerkenswert, darunter zwei Erstnachweise fliegenarten aus, insbesondere durch das Vorkommen und ein Wiederfund für Sachsen-Anhalt. der bundesweit vom Aussterben bedrohten Art Lejops Die Obstwiesen weisen teilweise sehr alte Obstbäume vittatus. mit morschen und anbrüchigen Holzpartien auf. Das Grünland wird zumeist extensiv bewirtschaftet und zeichnet sich durch ein mehr oder weniger artenreiches 8 Schutz, Pflege und Entwicklung Angebot an krautigen Pflanzen aus. Diese Strukturen sind auch für Schwebfliegen als Entwicklungs- und Streuobstwiesen weisen sowohl Strukturen der lichten Nahrungshabitate von großer Bedeutung. Darüber hi- Wälder als auch des Wirtschaftsgrünlandes auf. Der naus entwickeln sich einige Schwebfliegen im Saftfluss Biotopkomplex „Streuobstwiese“ unterliegt keinem der Bäume. Die zoophagen Larven vieler Arten nutzen EU-weiten Schutz. Die typischen Wiesen sind aber als das reiche Blattlausangebot an Obstbäumen und in der Lebensraumtyp der FFH-Richtlinie in deren Geltungs- übrigen Vegetation. Ein Beispiel dafür ist Sphaerophoria bereich geschützt. Es handelt sich dabei um „Magere scripta, eine häufige Art, die in allen Streuobstwiesen Flachland-Mähwiesen“ (Code 6510). Darüber hinaus nachgewiesen wurde (Abb. 23). zählen Streuobstwiesen im Land Sachsen-Anhalt zu Zwei Streuobstwiesen sind besonders bemerkenswert. den Gesetzlich geschützten Biotopen (§ 22 NatSchG Auf der Fläche bei Athenstedt wurde mit 46 Arten die LSA). höchste Diversität erzielt. Die bedeutendste Fläche ist In den vergangenen Jahrzehnten sind Streuobstbe- aber Fläche 3 (Gutenswegen) mit der zweithöchsten Ar- stände in ganz Deutschland stark dezimiert worden.

28 Abb. 24: Stehendes und liegendes „Biotopholz“ ist Entwicklungssubstrat für Bienen, Wespen und Schwebfliegen, hier bei Friedeburg. Foto: C. Saure.

Die Ursachen dafür sind vielfältig: Umwandlung in Die Zusammensetzung der Hautflügler- und Schweb- Intensiv-Grünland, in Ackerflächen, in Siedlungs- und fliegengemeinschaft hängt dabei von der Art und Weise Gewerbeflächen, Durchmischung mit Intensiv-Obst- der Grünland-Bewirtschaftung sowie von dem Klein- kulturen, Beseitigung von Kleinstrukturen, Aufgabe struktur- und Totholzanteil ab. Daneben spielen auch der traditionellen Nutzung, Fehlen von Erhaltungs- die Größe der Streuobstwiesen und ihre landschaftliche maßnahmen. In Bezug auf die in Sachsen-Anhalt un- Einbettung (d. h. die Qualität der Kontaktbiotope) eine tersuchten Obstwiesen ist die Nutzungsaufgabe der wichtige Rolle (z. B. Mohr et al. 1992, Ssymank 2000, gravierendste Gefährdungsfaktor. In einem der Gebiete Steffan-Dewenter 2001). fand gar keine Grünlandpflege statt (Kreuzhorst) und in vier anderen Gebieten nur eine partielle Pflege (Gu- Vor allem die Wildbienen benötigen vom Frühjahr bis tenswegen, Athenstedt, Heudeber, Friedeburg). Hinzu zum Spätsommer blühende Nahrungspflanzen in aus- kommt die fehlende Nachpflanzung abgängiger Bäume reichend großen Beständen. Vor, während und nach der in den meisten Untersuchungsgebieten. Eine kurze Obstblüte müssen genügend Nahrungsquellen bereit- Nachkontrolle der Obstwiesen bei Pechau (Kreuzhorst) stehen. Die Grünlandpflege wird in Bezug auf die blü- und Gutenswegen im Jahr 2016 zeigte, dass sich deren tenbesuchenden Insekten kontrovers diskutiert. Nach Erhaltungszustand im Vergleich zu 2013 verschlechtert Steffan-Dewenter (2001) ist die Mahd von Vorteil, hat. Die Verbrachung und Verbuschung der Obstwiesen da diese zu einer höheren Pflanzenvielfalt führen soll. bzw. von Teilflächen schreitet voran. Daher ist es drin- Mohr et al. (1992) favorisieren dagegen die extensive gend erforderlich, Pflegemaßnahmen zu ergreifen und Beweidung. In beiden Fällen sind die Maßnahmen jährlich zu wiederholen. zeitlich und räumlich gestaffelt durchzuführen. Das

29 wiesen erhalten, ohne deren floristische Zusammenset- zung nachhaltig zu verändern“ (Jedicke 2015). Dagegen weichen Pferde- oder Rinderweiden ohne regelmäßigen Schnitt im Artenspektrum deutlich von Mähwiesen ab. Dass extensive Pferdebeweidung mit zusätzlichen manuellen Maßnahmen zur gezielten Bekämpfung von Problempflanzen die Stechimmenfauna fördern kann, zeigt das Beispiel eines ehemaligen militärischen Übungsgeländes am Stadtrand Berlins. Auf einer Flä- che von nahezu 100 Hektar wurden 160 Bienenarten und 178 Wespenarten gezählt, darunter viele Arten, die von der halboffenen Weidelandschaft profitieren (Saure 2015). Eine Düngung der Wiesen an starkwüchsigen und Abb. 25: In morschen oder mit Wasser gefüllten Höh- eutrophierten Standorten sollte zwecks Aushagerung lungen alter Bäume entwickeln sich Schwebfliegenlar- unterbleiben. Ansonsten ist in Abhängigkeit von den lo- ven u. a. der Gattungen Callicera, Brachypalpus oder kalen Bodenverhältnissen eine geringe Düngung mög- Myathropa; solche Strukturen sollten erhalten werden, lich, denn sie kann den Nährstoffentzug kompensieren wie hier bei Timmenrode. Foto: C. Saure. und zur Erhaltung der typischen Pflanzengesellschaften beitragen (Landesamt für Umweltschutz Sachsen- Anhalt 2002). Blütenarme Wiesen können durch die Aussaat gebietsheimischer Wildkräuter aufgewertet ist wichtig, damit kontinuierlich Blühflächen als Nah- werden (Schwenninger 2013). rungsgrundlage für die Insekten vorhanden sind. Viele Bienen- und Wespenarten nutzen die anbrüchigen Flachland-Mähwiesen sind Kulturbiotope, die von ei- Äste und die Stämme alter Obstbäume zur Nestanlage. ner regelmäßigen Nutzung und Pflege abhängen. Bei Morsche Holzpartien sind auch Entwicklungsort für sehr mageren Beständen reicht ein Schnitt im Jahr aus, einige anspruchsvolle und seltene Schwebfliegenarten wüchsigere Bestände sollten zweimal im Jahr gemäht (Callicera aenea, Chalcosyrphus valgus). Alt- und Tot- werden. Der erste Wiesenschnitt erfolgt im Frühsom- holz sollte daher immer im Gebiet belassen werden, mer (etwa Mitte Juni), der zweite Schnitt im Herbst. Die bevorzugt als stehendes „Biotopholz“ (Abb. 24 u. 25). Abräumung des Mahdgutes ist erforderlich, auch wenn Um eine Überalterung der Bestände zu verhindern, sind keine Heunutzung vorgesehen ist. Eine Mulchung sollte insbesondere Nachpflanzungen notwendig. nicht erfolgen. Eine Streudecke würde zur Nährstoffan- Auch sonnenexponierte Böschungen, Abbruchkanten reicherung der Wiesen beitragen und den Samenauflauf oder ebene, vegetationsfreie oder lückig bewachsene und das Keimen von typischen Wiesenpflanzen verhin- Stellen sind als Nistplätze für Bienen und Wespen von dern. Außerdem würden die Eingänge der Bodennester Bedeutung. Eine struktur- und blütenreiche Streuobst- von Bienen und Wespen verdeckt und wären für die an- wiese mit lockerem Baumbestand, der eine Besonnung fliegenden Insekten nicht oder nur schwer zu erkennen. und Erwärmung des Bodens ermöglicht, ist für Stech- Der Herbstschnitt kann auch durch Beweidung er- immen ideal. Diese Bedingungen werden in den südex- setzt wurden. Dabei ist auf eine geringe Besatzdichte ponierten Hanglagen bei Friedeburg und Timmenrode zu achten. Eine einmalige Nachbeweidung, die auf eine optimal erfüllt. Das äußert sich in der hohen Artendi- Frühsommermahd folgt, fördert nicht Wiesenpflanzen versität und in der großen Zahl seltener und gefährdeter von einer bestimmten Wuchshöhe und führt kaum zur Arten. Zu dichte Gehölzpflanzungen sind dagegen als Veränderung der Pflanzengesellschaft. Eine ausschließ- Lebensraum für Bienen und Wespen ungeeignet und liche Nutzung der Wiesen durch (mehrmalige) Bewei- daher abzulehnen, da diese zum Kronenschluss und zur dung ist dagegen ungünstig, denn durch den selektiven Beschattung des Unterwuchses führen können (Mohr Verbiss der Weidetiere ändert sich die Artenzusammen- et al. 1992). Schwebfliegen, die eher schattige oder setzung der Wiesen (Landesamt für Umweltschutz halbschattige Plätze aufsuchen, profitieren dagegen Sachsen-Anhalt 2002). von Obstwiesen mit etwas dichterer Vegetation (z. B. Auch Jedicke (2015) betont den Vorteil rotierender bei Gutenswegen). Eine fortschreitende Sukzession Mäh-Weide-Systeme. Sie „können Salbei-Glatthafer- (Verdichtung des Unterwuchses, Verbuschung) würde

30 Abb. 26: Weibchen der in Sachsen-Anhalt recht häufigen Feld-Wespenbiene Nomada goodeniana (vgl. Anhang 1, S. 44). Die parasitische Art hat mehrere Wirte aus der Gruppe der Sandbienen, von denen im Projekt Andrena cineraria, A. nitida und A. nigroaenea nachgewiesen wurden. Foto: S. Kühne.

aber auch bei Schwebfliegen zu einem Artenrückgang faunistisch besonders wertvollen Arten zählt Dasypoda führen. argentata, die landes- und bundesweit vom Aussterben bedroht ist. Insgesamt wurden 2.897 Bienenindividuen bestimmt. Erstaunlicherweise sind die Arten mit den 9 Zusammenfassung höchsten Individuenzahlen landes- und bundesweit ge- fährdete Arten (Osmia brevicornis mit 282 Individuen, In der Vegetationsperiode 2013 wurden in zehn Lasioglossum puncticolle mit 167 Individuen). Für diese Streuobstwiesen im Land Sachsen-Anhalt zahlreiche und andere Arten fungieren Streuobstwiesen als wich- Bienen-, Wespen- und Schwebfliegenarten nachgewie- tige Rückzugsräume. sen. Wespen (vor allem aus der Gruppe der Stechimmen) Wildbienen kommen mit insgesamt 200 Arten vor. sind in den Obstwiesen mit 121 Arten vertreten. Auch Das entspricht etwa der Hälfte des aus Sachsen-Anhalt hier sind viele Arten sehr bemerkenswert. Dazu zäh- bekannten Bestandes. Viele der nachgewiesenen Arten len sechs Erstnachweise (Anteon japonicum, Anteon sind naturschutzfachlich und faunistisch von großer tripartitum, Gonatopus bicolor, Gonatopus striatus, Bedeutung. Im Land Sachsen-Anhalt gelten 83 und in Epyris bilineatus, Passaloecus pictus) und vier Wie- Deutschland 43 Arten als mehr oder weniger stark ge- derfunde für Sachsen-Anhalt (Pseudoryssus henschii, fährdet oder als verschollen. Wiederfunde für Sachsen- Chrysis longula, Crossocerus vagabundus, Pemphredon Anhalt sind Andrena ferox und Lasioglossum puncti- clypealis). Weitere bemerkenswerte Arten sind Nitela colle, außerdem wurde mit Heriades crenulatus eine fallax, Lestiphorus bicinctus und Aporus unicolor. Ins- Art erstmalig in Sachsen-Anhalt nachgewiesen. Zu den gesamt wurden 798 Individuen bearbeitet, die sich sehr

31 ungleichmäßig auf die Arten verteilen. Die Dominanz- berg) und Dr. Andreas Stark (Halle) überließen mir zu- kurve verläuft steil und weist mit der Wegwespe Prioc- sätzliche Hand- bzw. Fallenfänge. Frau Christine Prei- nemis perturbator nur eine einzige dominante Art auf. ser (Naumburg) war für die mustergültige Sortierung Neben den Bienen und Wespen wurden auch 101 des Fallenmaterials verantwortlich. Herr Claus Claußen Schwebfliegenarten in 1.677 Individuen festgestellt, (Flensburg) überprüfte einige Arten der Schwebfliegen- darunter wiederum viele faunistisch bemerkenswerte gattung Cheilosia, darunter die Art Cheilosia nebulosa. Arten, vor allem zwei Neufunde (Eumerus longicornis, Herr Jeroen de Rond (NL-Lelystadt) bestimmte oder Cheilosia nebulosa) und ein Wiederfund (Eumerus tri- überprüfte die Platt- und Zikadenwespen. Die Herren color) für Sachsen-Anhalt. Besonders hervorzuheben ist Wolfgang Rutkies (Osnabrück) und Dr. Stefan Kühne auch der Nachweis der in Deutschland vom Aussterben stellten Insektenfotos zur Verfügung. Bei allen genann- bedrohten Art Lejops vittatus. ten Personen möchte ich mich herzlich bedanken. Die hinsichtlich der Bienen- und Wespenfauna bemer- kenswertesten Streuobstwiesen sind diejenigen bei Frie- deburg und Timmenrode. Ausschlaggebende Faktoren Literatur und Quellen sind die Größe der Flächen, der lockere Baumbestand, der eine Besonnung und Erwärmung des Bodens er- Achterberg, C. van (2013): De Nederlandse hongerwespen möglicht, der hohe Anteil von anbrüchigem Holz sowie (Hymenoptera: Evanioidea: Gasteruptiidae). – Nederlandse Faunistische Mededelingen 39: 55–87. die regelmäßige Pflege in Form einer Schafbeweidung aculeata.eu: Kartenservice. – www.aculeata.eu (letzer Abruf: nach dem Rotationsprinzip. Die bemerkenswertesten 02.09.2016). Flächen für Schwebfliegen, die Streuobstwiesen bei Gu- Bartsch, H., E. Binkiewicz, A. Rådén & E. Nasibov (2009a): tenswegen und Athenstedt, zeichnen sich durch Struk- Tvåvingar: Blomflugor, Diptera: Syrphidae: Syrphinae. – tur- und Nutzungsmosaike aus, welche beweidete, ge- Nationalnyckeln till Sveriges flora och fauna, DH53a. Art- databanken, SLU, Uppsala: 406 pp. mähte und nicht bewirtschaftete Areale enthalten. Viele Bartsch, H., E. Binkiewicz, A. Klintbjer, A. Rådén & E. Schwebfliegenarten bevorzugen solche halboffenen, Nasibov (2009b): Tvåvingar: Blomflugor, Diptera: Syr- teils schattigen und windstillen Vegetationsbestände. phidae: & Microdontinae. – Nationalnyckeln Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen deutlich, till Sveriges flora och fauna, DH53b. Artdatabanken, SLU, dass Wildbienen, verschiedene Wespengruppen sowie Uppsala: 478 pp. Bischoff, I. (2000): Populationsdynamik, Sammelstrategie Schwebfliegen in strukturreichen Streuobstwiesen in und Nisthabitatwahl ausgewählter Wildbienen (Hymenop- einer enormen Artenfülle und mit einer hohen Anzahl tera, Apidae) in der Wahner Heide (Rheinland). – Univer- seltener, gefährdeter und vom Aussterben bedrohter sität Bonn (Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät, Arten vorkommen. Einige Arten wurden hier sogar Fachgruppe Biologie). – Diss.: 267 S. erstmalig für Sachsen-Anhalt nachgewiesen oder nach Blab, J. (1993): Grundlagen des Biotopschutzes für Tiere. – Greven (Kilda-Verlag). – Schriftenreihe für Landschafts- langer Zeit wiedergefunden. Als Rückzugsgebiete und pflege und Naturschutz 24: 479 S. potenzielle Ausbreitungszentren kommt den Streuobst- Blösch, M. (2000): Die Grabwespen Deutschlands – Spheci- wiesen eine erhebliche Bedeutung bei der Bestandser- dae s.str., Crabronidae. Lebensweise, Verhalten, Verbrei- haltung blütenbesuchender Insekten zu. Daher ist es tung. – In: Blank, S. M. & A. Taeger (Hrsg.): Die Tierwelt dringend erforderlich, den Zustand der Streuobstwie- Deutschlands und der angrenzenden Meeresteile nach ih- ren Merkmalen und nach ihrer Lebensweise. Hymenoptera sen im gesamten Bundesland durch ein kontinuierli- II. 71. Teil. – Keltern (Goecke & Evers): 480 S. ches Pflegemanagement zu erhalten und, falls nötig, zu Blüthgen, P. (1925): Beiträge zur Kenntnis der Hymenopte- verbessern. renfauna des Saaletales (Hym.). – Stettiner entomologische Zeitung 85: 137–172. Bundesartenschutzverordnung: Verordnung zum Schutz 10 Danksagung wildlebender Tier- und Pflanzenarten (Bundesartenschutz- verordnung – BArtSchV) vom 16. Februar 2005 (BGBl. I S. 258, 896), zuletzt geändert durch Artikel 10 des Gesetzes Herr Jörg Schuboth (Landesamt für Umweltschutz vom 21. Januar 2013 (BGBl. I S. 95). Sachsen-Anhalt, Halle) leitete das Projekt. Frau Birgit Burger, F. (2005): Checkliste der Grabwespen (Hymenoptera, Krummhaar (Förder- und Landschaftspflegeverein „Sphecidae“) Thüringens. – Thüringer Entomologen- verband e. V. (Hrsg.): Check-Listen Thüringer Insekten Biosphärenreservat „Mittelelbe“ e. V., Dessau-Roßlau) und Spinnentiere, Teil 13: 29–50. betreute die am Projekt beteiligten Personen und war Burger, F. & H. Ruhnke (2004): Rote Liste der Wildbienen maßgeblich für die Ausbringung und Leerung der Fal- (Hymenoptera: Apidae) des Landes Sachsen-Anhalt. – len zuständig. Die Herren Konstantin Bäse (Witten- In: Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt

32 (Hrsg.): Rote Listen Sachsen-Anhalt. – Berichte des Lan- bietssystem NATURA 2000. – Duderstadt (Heinz Sielmann desamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39: 356–365. Stiftung): 112–117. Burger, F. & J. de Rond (2008): Checkliste der Zikadenwes- Jentzsch, M. & F. Dziock (1999): Bestandssituation der pen (Dryinidae), Speerkopfwespen (Embolemidae) und Schwebfliegen (Diptera: Syrphidae). – In: Frank, D. & V. Plattwespen (Bethylidae) Thüringens (Hymenoptera, Acu- Neumann (Hrsg.): Bestandssituation der Pflanzen und Tie- leata). – Thüringer Entomologenverband e. V. (Hrsg.): re Sachsen-Anhalts. – Stuttgart (Verlag Ulmer): 182–189. Check-Listen Thüringer Insekten und Spinnentiere, Teil 16: Jentzsch, M. & J.-H. Stuke (2012): Zum Vorkommen von 23–27. Lejops vittata (Meigen, 1822) in Sachsen-Anhalt und Dathe, H. H., A. Taeger & S. M. Blank (Hrsg.) 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33 noptera) von Streuobstwiesen im Nordpfälzer Bergland. – Rond. J. de (2001): Bethylidae. – In: Dathe, H. H., A. Tae- Beiträge zur Landespflege in Rheinland-Pfalz 15: 409–493. ger & S. M. Blank (Hrsg.): Verzeichnis der Hautflügler Mühlenberg, M. (1993): Freilandökologie. 3. Aufl. – Heidel- Deutschlands (Entomofauna Germanica 4). – Entomologi- berg, Wiesbaden (Quelle & Meyer Verlag): 512 S. sche Nachrichten und Berichte, Beiheft 7: 117–119. NatSchG LSA (Naturschutzgesetz des Landes Sachsen-An- Rühl, D. (1978): Untersuchungen an Hymenopteren eines na- halt) vom 10. Dezember 2010 (GVBl. LSA S. 569), zuletzt turnahen Lebensraumes, einer Brachfläche sowie je eines geändert durch Artikel 5 des Gesetzes vom 18. Dezember alternativ und konventionell bewirtschafteten Obstgutes 2015 (GVBl. LSA S. 659). (Hymenoptera: Symphyta, Aculeata). – Universität Bonn Ohl, M (2001): Sphecidae. – In: Dathe, H. H., A. Taeger & (Institut für Landwirtschaftliche Zoologie und Bienenkun- S. M. 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Ampulicidae (Schabenjäger), pen (Ampulicidae, Crabronidae, Sphecidae), Wegwespen Chrysididae (Goldwespen), Crabronidae (Grabwespen), (Pompilidae), Goldwespen (Chrysididae), Faltenwespen Mutillidae (Spinnenameisen), Pompilidae (Wegwespen), (Vespidae), Spinnenameisen (Mutillidae), Dolchwespen Sapygidae (Keulenwespen), Scoliidae (Dolchwespen), (Scoliidae), Rollwespen (Tiphiidae) und Keulhornwespen Sphecidae (Sandwespen), Tiphiidae (Rollwespen), Ves- [sic!] (Sapygidae). (2. Fassung, Stand Januar 2011). – In: pidae (Faltenwespen). – In: Frank, D. & P. Schnitter Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefähr- (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt. – Rangsdorf deter Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands. Band 3: Wir- (Natur+Text): 910–929. bellose Tiere. Teil 1. – Naturschutz und biologische Vielfalt, Taeger, A. (2004): Rote Liste der Pflanzenwespen (Hymeno- Heft 70 (3): 419–465. ptera: Symphyta) des Landes Sachsen-Anhalt. – In: Lan- Scholz, A. & W.-H. 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Burger (2004): Rote Liste der Wegwespen, Spinnenameisen, Keulen-, Dolch- und Rollwespen (Hy- menoptera: Pompilidae, Mutillidae, Sapygidae, Scoliidae, Anschrift des Autors Tiphiidae) des Landes Sachsen-Anhalt. – In: Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Rote Lis- Dr. Christoph Saure ten Sachsen-Anhalt. – Berichte des Landesamtes für Um- Büro für tierökologische Studien weltschutz Sachsen-Anhalt 39: 376–381. Stolle, E., F. Burger & B. Drewes (2004): Rote Liste der Am Heidehof 44 ∙ 14163 Berlin Grabwespen (Hymenoptera: „Sphecidae“) des Landes E-Mail: [email protected]

35 + + + + + + + + + HZ OB Ericaceae Asteraceae Asteraceae Asteraceae NF WF V V G D RL 2 3 3 3 1 V D ST s h h h h h h sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh 8 2 2 7 5 3 2 1 1 31 16 19 15 23 10 Sum 2 2 3 1 F10 2 1 4 3 1 5 5 5 1 11 F9 2 1 1 1 F8 5 4 1 F7 3 3 1 1 4 1 2 1 1 F6 2 5 F5 Untersuchungsfläche 7 5 1 1 4 1 2 3 F4 4 6 2 3 1 1 5 1 F3 1 4 1 2 1 1 1 1 F2 1 F1 2016): sh = sehr häufig, h = häufig, mh = mäßig häufig, s = selten, ss = sehr selten, / = nicht eingestuft nicht / = selten, ss sehr= selten, häufig, s = mäßig mh = häufig, h = = sehr 2016): sh häufig, & Stolle , 1761) − Frühlings-Seidenbiene , 1852 − Kurzfühler-Maskenbiene , 1861) − Sandrasen-Maskenbiene , 1852 − Gewöhnliche Maskenbiene, 1852 − Gewöhnliche , 1758) − Heidekraut-Seidenbiene , 1871 − Abweichende Maskenbiene , 1871 − Abweichende , 1852 − Verkannte Maskenbiene Verkannte , 1852 − , 1798) − Rainfarn-Maskenbiene , 1846 − Buckel-Seidenbiene , 1842 − Mauer-Maskenbiene , 1919 − Kleine Maskenbiene , 1871 − Gredlers Maskenbiene , 1871 − Gredlers , 1802) − Rundfleck-Maskenbiene innaeus l ander , 1853 − Rainfarn-Seidenbiene , 1898) − Röhricht-Maskenbiene chenck l ander L y örster mith y innaeus S mith l ander F S irby N L N y S K abricius riese N örster F F ridwe ll F chenck B S (2016) Scheuchl & Willner Scheuchl nach & Schwenninger (2015) bzw. Namen Deutsche der Individuenzahlen Angabe 10 mit 1 bis Fläche Streuobstwiese Art einer Individuen der nachgewiesenen Gesamtzahl ( Saure der Arten in Sachsen-Anhalt Bestandssituation 2004) (Gefährdungskategorien siehe Tab. 1) Tab. siehe 2004) (Gefährdungskategorien & Ruhnke ( Burger Sachsen-Anhalt Liste Rote bewertet) noch aufgelistet weder Deutschlands Liste akzeptiert in der Roten und als eigenständig allen Autoren von nicht werden „?“ Arten mit 2011) (drei et al. ( Westrich Deutschland Liste Rote für Sachsen-Anhalt Wiederfunde und Neu- Art wertvolle (18 Arten) besonders naturschutzfachlich der Pollenquelle Angabe mit Bienenarten Oligolektische Arten beiparasitierende solchen bzw. nistende in Holz oder fakultativ ausschließlich Colletes similis Colletes Hylaeus angustatus ( Hylaeus confusus Hylaeus dilatatus ( ( succinctus Colletes Hylaeus brevicornis Hylaeus gredleri Hylaeus incongruus Familie Colletidae (Seidenbienen) Colletidae Familie cunicularius ( Colletes Art daviesanus Colletes Hylaeus paulus Hylaeus hyalinatus ( Hylaeus moricei Hylaeus nigritus ( Hylaeus communis Erläuterungen zur Artenliste: Erläuterungen Art F1 – F10 Sum BS ST RL ST RL D NF/WF OB HZ Anhang 1 Verzeichnis der in Streuobstwiesen erfassten Wildbienenarten

36 + + + HZ OB Reseda Fabaceae Brassicaceae Brassicaceae? Brassicaceae? NF WF WF ? 3 2 2 2 V G D RL 2 2 3 1 3 3 3 0 V V G G ST s s s s s s s h h h h h h ss ss sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh 2 1 1 1 5 3 2 1 2 2 1 3 5 1 2 4 13 17 21 48 46 12 11 64 102 Sum 1 1 F10 6 8 1 3 2 1 1 1 1 3 1 1 1 11 15 F9 3 1 2 3 3 F8 1 1 1 4 1 3 1 F7 3 2 1 2 1 8 3 3 1 17 F6 1 3 1 1 2 1 F5 Untersuchungsfläche 7 1 2 1 1 1 1 2 6 7 7 7 9 F4 1 5 3 30 85 10 26 F3 4 2 7 1 2 F2 1 2 3 4 F1 , 1883 − Kressen-Sandbiene , 1781) − Rotschopfige Sandbiene , 1924 − Enslins Zwergsandbiene , 1852 − Gabel-Sandbiene , 1852 − Senf-Zwergsandbiene , 1802) − Gelbbeinige Kielsandbiene , 1770) − Senf-Blauschillersandbiene - Düstersand , 1758) − Grauschwarze , 1925 − Kerbel-Zwergsandbiene , 1902 − Gesellige Sandbiene , 1758) − Schlehen-Lockensandbiene , 1853) − Gebuchtete Maskenbiene , 1853) − Gebuchtete , 1781 − Rote Ehrenpreis-Sandbiene , 1781 − Rote , 1871 − Steirische Maskenbiene, 1871 − Steirische , 1802) − Westliche Zangensandbiene Westliche , 1802) − , 1775 − Zweifarbige Sandbiene , 1775 − Zweifarbige , 1798) − Reseden-Maskenbiene abricius irby , 1915 − Fingerkraut-Zwergsandbiene , 1799 − Gewöhnliche Bindensandbiene , 1799 − Gewöhnliche , 1832 − Weiße Bindensandbiene Weiße , 1832 − érez F , 1802) − Rotbeinige Körbchensandbiene K , 1802) − Rotklee-Sandbiene , 1766) − Fuchsrote Lockensandbiene , 1766) − Fuchsrote p o l i co P irby , 1847 − Wald-Lockensandbiene , 1847 − chmiedeknecht üthgen S innaeus toeckhert K versmann S , 1847 − Eichen-Sandbiene l anzer irby chenck L S versmann örster innaeus irby anzer erkins E B P S K abricius mho ff E F abricius L K ü ll er I mith P P F F S mith M S Andrena dorsata ( ( Hylaeus sinuatus Andrena angustior ( Andrena bicolor Andrena enslinella Andrena labiata Andrena anthrisci Andrena chrysosceles ( ( Andrena cineraria ( Andrena fulva Andrena ferox Andrena haemorrhoa ( Andrena hypopolia biene Hylaeus signatus ( Art Andrena labialis ( Andrena florivaga Andrena fucata Andrena carantonica ( Andrena helvola Familie Andrenidae (Sandbienen) Andrenidae Familie Andrena agilissima ( Hylaeus styriacus Andrena gravida Andrena falsifica Andrena flavipes Andrena floricola

37 HZ OB Salix Salix Salix Veronica Potentilla Fabaceae Asteraceae Asteraceae Asteraceae Campanula Brassicaceae Ornithogalum NF WF ? ? 3 2 3 3 2 2 V G D RL 2 3 2 3 1 2 3 2 3 2 1 R V V V V ST s s s s s h h h ss ss ss sh sh sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh mh mh 2 1 4 1 3 5 1 1 3 7 2 7 8 3 1 1 8 2 1 26 15 61 27 13 12 Sum 1 1 3 13 F10 2 1 5 3 1 1 1 5 2 1 12 20 F9 1 1 3 F8 1 3 1 6 F7 5 2 1 2 2 2 2 1 2 F6 3 1 1 3 1 F5 Untersuchungsfläche 4 3 1 1 4 6 1 1 F4 1 2 3 1 4 2 2 4 2 2 6 3 30 F3 4 1 1 3 3 2 2 F2 F1 , 1928 − Leisten-Zwergsandbiene - , 1914 − Glanzrücken-Zwergsand , 1872 − Weiße Köhlersandbiene Weiße , 1872 − , 1935 − Sächsische Zwergsandbiene , 1763) − Stumpfzähnige Zottelbiene , 1763) − Stumpfzähnige , 1848 − Glanzlose Zwergsandbiene , 1802) − Große Zottelbiene , 1802) − Große , 1853 − Schwarzbeinige Körbchensand, 1853 − Schwarzbeinige - , 1916 − Blaue Ehrenpreis-Sandbiene , 1809 − Rote Fingerkraut-Sandbiene , 1809 − Rote , 1802) − Erzfarbene Düstersandbiene , 1763) − Frühe Lockensandbiene , 1763) − Frühe , 1903 − Glattrandige Zwergsandbiene , 1903 − Glattrandige , 1832 − Rotbauch-Sandbiene , 1802) − Gewöhnliche Zwergsandbiene , 1802) − Gewöhnliche erkins , 1781 − Schwarze Köhlersandbiene , 1781 − Schwarze irby , 1895 − Graue Schuppensandbiene, 1895 − Graue , 1802) − Frühe Doldensandbiene , 1802) − Frühe irby , 1776) − Glänzende Düstersandbiene , 1776) − Glänzende P p o l i co K , 1802) − Ovale Kleesandbiene , 1802) − Grobpunktierte Kleesandbiene , 1887 − Weißbindige Zwergsandbiene Weißbindige , 1887 − , 1802) − Veränderliche Lockensandbiene Veränderliche , 1802) − l ander K iereck anzer toeckhert homson S érez y , 1799 − Große Weiden-Sandbiene , 1799 − Große chenck irby , 1847 − Polierte Sandbiene , 1847 − Polierte P V S T érez irby P S toeckhert K p o l i co N irby irby irby P mho ff K S riese S ü ll er I K K K abricius F mith M F anzer S P Andrena nitida ( ( Andrena proxima Andrena vaga ( Andrena wilkella Andrena polita Andrena semilaevis Andrena subopaca Andrena minutuloides Andrena pandellei Andrena ventralis ( banksianus Panurgus Andrena nigrospina Andrena strohmella biene ( Andrena nigroaenea Andrena viridescens ( Andrena minutula Art ( Andrena varians Andrena propinqua ( Andrena ovatula biene Andrena niveata Andrena saxonica Andrena pilipes ( calcaratus Panurgus Andrena potentillae ( Andrena praecox

38 HZ OB Jasione Campanula, Campanula, NF WF 3 3 3 3 3 3 3 V V D RL 1 3 2 2 3 2 1 2 ST s s h h h h h h h h h sh sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh mh 1 7 4 1 9 9 2 1 5 1 5 3 3 2 1 11 56 78 15 36 40 84 19 Sum 2 1 4 3 1 1 1 3 F10 2 1 1 9 4 6 2 1 1 1 1 3 41 56 14 27 15 F9 4 1 2 5 2 1 2 F8 9 1 1 4 2 F7 6 2 5 2 1 1 4 2 1 6 9 12 48 21 F6 1 4 1 1 1 F5 Untersuchungsfläche 3 1 1 2 1 F4 3 1 2 5 3 1 F3 4 1 F2 1 1 F1 , 1873) − Glockenblumen- - Weißbinden-Schmal , 1781) − , 1853) − Kleine Schmalbiene , 1798) − Schwarzrote Schmal - , 1798) − Schwarzrote , 1802) − Glänzende Schmalbiene , 1802) − Glänzende , 1802) − Feldweg-Schmalbiene , 1861) − Leuchtende Schmalbiene , 1861) − Leuchtende , 1763) − Gewöhnliche Schmal, 1763) − Gewöhnliche - , 1853) − Breitbauch-Schmalbiene , 1776) − Vierbindige Furchenbiene Vierbindige , 1776) − irby , 1868) − Breitkopf-Schmalbiene , 1852) − Große Schmalbiene , 1852) − Große , 1802) − Braunfühler-Schmalbiene irby , 1868) − Schornstein-Schmalbiene chrank , 1793) − Dunkelgrüne Schmalbiene, 1793) − Dunkelgrüne - Goldfurchen , 1758) − Gewöhnliche K , 1802) − Hellfüßige Schmalbiene anzer K S riechbaumer chenck P p o l i co , 1972 − Sand-Goldfurchenbiene , 1791) − Rotbeinige Furchenbiene K chenck irby S chenck S , 1792) − Dichtpunktierte- Goldfurchen irby S K , 1923 − Gewöhnliche Furchenbiene , 1923 − Gewöhnliche S , 1848 − Dickkopf-Furchenbiene abricius , 1790) − Gelbbindige Furchenbiene K chenck l ander F chenck y S bmer abricius hrist ossi innaeus S E N F L R C ossi mith S R üthgen l B ( Lasioglossum leucopus ( Lasioglossum fulvicorne Halictus quadricinctus ( ( Halictus scabiosae Halictus maculatus ( Lasioglossum laticeps Halictus simplex ( Lasioglossum lativentre Lasioglossum majus ( Schmalbiene ( Lasioglossum leucozonium ( Lasioglossum minutulum ( Lasioglossum interruptum biene Familie Halictidae (Furchenbienen) Familie Halictus leucaheneus Art biene ( Lasioglossum costulatum Halictus rubicundus ( biene biene ( Lasioglossum lineare Halictus ( tumulorum biene Lasioglossum lucidulum ( ( Halictus subauratus ( Lasioglossum malachurum ( Lasioglossum calceatum Lasioglossum nitidiusculum ( Lasioglossum morio (

39 HZ OB Fabaceae NF WF WF 3 3 3 V V V G D RL 3 2 3 3 3 2 1 2 2 0 ST s s s s h h h h h h ss sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh mh mh mh mh mh 4 8 3 2 1 5 2 1 3 4 2 2 8 1 1 1 4 6 2 15 18 19 22 167 106 Sum 1 1 1 1 1 1 1 4 F10 3 1 2 1 4 1 1 2 3 1 1 8 2 16 34 F9 2 2 F8 1 1 1 2 F7 1 2 2 1 2 1 5 6 1 1 10 13 50 F6 167 1 1 3 2 1 F5 Untersuchungsfläche 2 1 2 3 1 1 1 4 10 F4 1 2 1 3 2 1 1 1 F3 F2 F1 , 1853) − Punktierte Schmal - , 1872) − Runzelwangige , 1872) − Runzelwangige , 1853) − Pygmäen-Schmalbiene , 1838) − Rotfuß-Schmalbiene , 1874) − Dreizahn-Schmalbiene chenck , 1853) − Acker-Schmalbiene , 1853) − Dunkle Schmalbiene , 1914) − Mattglänzende Schmal - , 1914) − Mattglänzende , 1802) − Spargel-Schmalbiene S , 1802) − Große Salbei-Schmalbiene , 1802) − Große , 1870 − Punktierte Blutbiene , 1853) − Polierte Schmalbiene , 1853) − Polierte , 1852) − Luzerne-Graubiene , 1802) − Zottige Schmalbiene , 1802) − Zottige , 1767) − Gewöhnliche Blutbiene , 1767) − Gewöhnliche , 1793) − Riesen-Blutbiene , 1802) − Dickkopf-Blutbiene irby , 1832) − Frühlings-Schmalbiene orawitz chenck lf ken , 1802) − Glänzende Zwerg-Blutbiene , 1802) − Glänzende irby K , 1882 − Gewöhnliche Zwerg-Blutbiene , 1882 − Gewöhnliche , 1870 − Dichtpunktierte Blutbiene , 1882 − Längliche Blutbiene irby , 1758) − Buckel-Blutbiene chenck , 1845 − Sand-Blutbiene S chenck chenck M A irby K K S S S etterstedt K chenck irby ru ll é Z homson , 1874 − Schwarze Blutbiene , 1874 − Schwarze innaeus S mith abricius K B T L agens versmann agens S F E H H innaeus homson L T agens H Lasioglossum sexnotatum ( ( Lasioglossum xanthopus puncticeps Sphecodes Sphecodes albilabris ( Sphecodes crassus Sphecodes ( Lasioglossum semilucens Lasioglossum rufitarse ( ( Lasioglossum puncticolle biene biene Sphecodes niger Sphecodes Sphecodes ephippius ( Sphecodes ( Rhophitoides canus Lasioglossum tricinctum ( Sphecodes longulus Sphecodes Lasioglossum pallens ( Sphecodes pellucidus Sphecodes Art ( monilicornis Sphecodes Sphecodes miniatus Sphecodes Schmalbiene Lasioglossum punctatissimum ( ( Lasioglossum pauxillum Lasioglossum villosulum ( Lasioglossum parvulum ( Sphecodes gibbus ( Sphecodes ( geoffrellus Sphecodes ( Lasioglossum pygmaeum Lasioglossum politum (

40 + + + + + + + + + + + + HZ OB Echium Lythrum Fabaceae Odontites Asteraceae Asteraceae Asteraceae Asteraceae Ranunculus Campanula Campanula Dipsacaceae NF NF WF 3 2 1 V V V V G D RL 3 3 3 3 2 3 1 3 2 2 2 V V V ST s s s s s h h h h h ss ss ss ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh mh mh 5 1 3 2 1 1 6 2 7 3 3 4 5 3 3 2 2 1 1 1 12 13 66 Sum 1 1 F10 6 1 1 1 1 1 3 1 1 F9 1 1 2 1 1 1 2 3 1 28 F8 2 2 1 26 F7 4 3 3 3 2 1 11 F6 1 1 1 1 1 F5 Untersuchungsfläche 1 2 1 3 5 1 F4 3 1 F3 1 2 2 1 F2 2 F1 - - - Scheren , 1802) − Kurzfransige , 1758) − Rosen-Blattschneider , 1848 − Mandibel-Kegelbiene , 1758) − Hahnenfuß-Scherenbiene , 1758) − Garten-Wollbiene - , 1841) − Glockenblumen-Scheren , 1805) – Zwergharzbiene irby , 1761) − Wollfüßige Blattschneider Wollfüßige , 1761) − K , 1758) − Gewöhnliche Löcherbiene , 1758) − Gewöhnliche , 1872) − Gelbspornige Stängelbiene , 1875 − Rotdornige Blutbiene , 1856 − Gekerbte Löcherbiene , 1798) − Geriefte Blutbiene , 1973 − Auen-Schenkelbiene , 1809 − Skabiosen-Hosenbiene , 1793) − Dunkelfransige Hosenbiene , 1793) − Dunkelfransige etier , 1802) − Schwarzspornige Stängelbiene innaeus l l ander anzer e innaeus L , 1924 − Kleine Blattschneiderbiene y innaeus p P L L e agens N anzer irby , 1799) − Luzerne-Sägehornbiene , 1905 − Blutweiderich- Sägehornbiene , 1798) − Gewöhnliche Natternkopfbiene , 1798) − Gewöhnliche , 1841 − Schuppenhaarige Kegelbiene innaeus l ander L anzer P K innaeus H homson y arncke L P L , 1802 − Zahntrost-Sägehornbiene lf ken T abricius N W F A lf ken anzer anzer irby A P P K e p l etier L Megachile lagopoda ( Chelostoma florisomne ( Chelostoma Megachile alpicola Melitta leporina ( Coelioxys afra ( rapunculi Chelostoma ( Hoplitis claviventris Melitta nigricans ( Anthidium manicatum Familie Megachilidae (Blattschneiderbienen) Familie Anthidiellum strigatum ( biene ( Hoplitis leucomelana Coelioxys mandibularis ( Heriades truncorum Heriades crenulatus biene ( Hoplitis adunca ( campanularum Chelostoma biene ( rufiventris Sphecodes Art biene Familie Melittidae (Sägehornbienen) Familie Dasypoda argentata spinulosus Sphecodes Dasypoda hirtipes ( ( Megachile centuncularis europaea Macropis Melitta tricincta

41 + + + + + + + + + + + + HZ OB Fabaceae Lamiaceae Asteraceae Asteraceae Asteraceae Brassicaceae NF WF 3 3 2 3 3 3 3 3 3 3 3 V G D RL 3 2 3 2 3 3 3 3 1 2 2 1 3 3 1 V ST s s s s s s s s h h h h h sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh mh mh 1 2 7 5 1 1 3 3 1 1 1 2 2 8 6 2 1 16 11 22 45 78 91 40 282 Sum 5 1 1 1 1 1 F10 3 5 7 2 6 2 2 1 45 F9 234 2 1 1 4 1 F8 1 1 5 2 4 2 F7 3 1 2 1 1 1 1 3 3 1 2 2 2 1 21 22 12 39 21 F6 1 1 2 1 51 F5 Untersuchungsfläche 2 1 1 2 2 11 21 F4 2 1 1 2 16 14 F3 1 2 1 1 5 1 7 F2 1 1 F1 - , 1879) − Östliche Zwergwoll , 1802) − Garten-Blattschneiderbiene , 1801) − Gebänderte Pelzbiene , 1772) − Frühlings-Pelzbiene ocsáry , 1758) − Blaue Mauerbiene , 1926 − Schneckenhaus-Düsterbiene , 1802) − Punktierte Düsterbiene , 1798) − Wald-Pelzbiene , 1798) − , 1798) − Schöterich-Mauerbiene , 1801) − Feld-Kuckuckshummel M irby , 1848 − Kurze Düsterbiene , 1848 − Kurze , 1802) − Sand-Blattschneiderbiene , 1844 − Bunte Blattschneiderbiene , 1844 − Bunte , 1802) − Holz-Blattschneiderbiene , 1924 − Filzzahn-Blattschneiderbiene K , 1838 − Böhmische Kuckuckshummel , 1798) − Große Harzbiene , 1798) − Große anzer a ll as , 1799) − Goldene Schneckenhausbiene irby , 1758) − Rote Mauerbiene, 1758) − Rote P , 1802) − Schwarzflüglige , 1802) − Schwarzflüglige Düsterbiene P K irby , 1781) − Zweifarbige Schneckenhausbiene , 1781) − Zweifarbige anzer , 1802) − Bedornte Schneckenhausbiene, 1802) − Bedornte irby mith , 1809) − Gelbfleckige Düsterbiene innaeus anzer K eid l P S L K P lf ken abricius , 1802) − Zweihöckerige Mauerbiene , 1802) − Zweihöckerige S l ander oskiewicz , 1807) − Stängel-Düsterbiene irby anzer anzer y irby F A K N P P K ug N innaeus irby l chrank L K ll e atrei K S L ( phaeoptera Stelis ( Bombus campestris Osmia leaiana ( Megachile versicolor Bombus bohemicus Megachile pilidens Megachile maritima ( Osmia aurulenta ( signata ( Stelis biene ( Megachile willughbiella Stelis ornatula ( Stelis odontopyga Stelis ( Osmia brevicornis ( Megachile ligniseca Art ( Osmia bicolor Anthophora plumipes ( Anthophora ( Osmia caerulescens ( Osmia bicornis Osmia ( spinulosa ( nanum Pseudoanthidium Stelis punctulatissimaStelis ( breviuscula Stelis Familie Apidae (Echte Bienen) (Echte Apidae Familie ( aestivalis Anthophora ( furcata Anthophora ( byssina Trachusa

42 + + HZ OB Fabaceae Fabaceae NF WF 3 2 V V V D RL 3 2 3 1 3 V V V V V G ST s s s s h h h h h h sh sh sh sh sh sh sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh mh 3 5 6 8 5 3 1 5 2 1 2 1 1 1 47 16 26 21 16 15 20 28 11 14 44 10 164 Sum 4 3 2 2 1 9 1 2 1 1 1 1 29 13 F10 2 4 3 1 1 7 4 1 3 3 2 1 F9 1 4 2 1 1 1 1 1 2 1 1 4 F8 8 1 1 4 1 1 1 1 2 1 1 1 1 1 29 F7 3 3 2 9 4 4 1 5 2 1 8 1 1 6 12 F6 4 3 4 1 2 1 2 1 52 F5 Untersuchungsfläche 2 2 1 1 8 1 2 4 3 3 3 2 8 9 F4 8 1 1 1 5 1 2 5 4 1 21 F3 3 1 2 1 1 2 1 3 5 4 1 4 4 4 1 3 F2 3 4 1 3 1 17 F1 , 1775) − Schmuckbiene , 1910 – Taigahummel , 1910 – , 1767) − Rötliche Wespenbiene , 1767) − Rötliche , 1767) − Rotschwarze Wespenbiene , 1767) − Rotschwarze , 1776) – Glockenblumenhummel , 1758) – Baumhummel , 1763) – Ackerhummel , 1869 − Schenkel-Wespenbiene , 1758) – Steinhummel , 1802) − Gelbfleckige Wespenbiene , 1802) − Gelbfleckige , 1761) – Gartenhummel , 1758) − Juni-Langhornbiene , 1761) – Wiesenhummel , 1761) – , 1913 − Kastilische Wespenbiene , 1913 − Kastilische , 1761) − Bunte Hummel , 1761) − Bunte , 1776) – Grashummel , 1793) − Rotschwarze Kuckuckshummel , 1793) − Rotschwarze , 1758) − Dunkle Erdhummel , 1761) − Helle Erdhummel , 1811 − Rotbäuchige Wespenbiene , 1811 − Rotbäuchige , 1785) − Gefleckte Kuckuckshummel , 1785) − Gefleckte , 1771) − Gewöhnliche Trauerbiene , 1771) − Gewöhnliche , 1802) − Greiskraut-Wespenbiene korikov irby abricius S , 1879 − Mai-Langhornbiene K F innaeus , 1798 − Gewöhnliche Wespenbiene , 1798 − Gewöhnliche p o l i co ü ll er , 1802) − Gewöhnliche Keulhornbiene , 1802) − Gewöhnliche innaeus irby L usmet innaeus abricius l ivier S orawitz , 1798 − Gelbe Wespenbiene , 1798 − Gelbe innaeus L innaeus innaeus innaeus K L F innaeus M D L innaeus orster abricius O L érez L L innaeus M L irby eo ff roy L F F L P anzer K G P anzer P Nomada fucata Bombus lapidarius ( ( Bombus terrestris ( Bombus ruderarius Nomada femoralis ( Bombus lucorum Nomada flava ( Nomada flavoguttata ( Bombus pratorum Bombus semenoviellus ( Bombus sylvarum Nomada bifasciata Bombus rupestris ( ( cyanea Ceratina ( Epeoloides coecutiens Melecta ( albifrons Bombus pascuorum ( nigrescens Eucera ( Bombus hypnorum ( Nomada fabriciana Bombus hortorum ( Art ( Nomada ferruginata Bombus ( soroeensis ( longicornis Eucera ( Nomada flavopicta ( Bombus vestalis Nomada castellana

43 38 HZ OB Malvaceae NF WF 2 D RL 3 2 2 2 2 V V G ST s s h h h sh ST BS mh mh mh mh mh mh 1 2 5 3 5 7 4 1 13 32 22 17 Sum 2.897 1 9 1 0 51 F10 148 2 5 1 5 7 14 F9 795 105 1 2 2 F8 50 116 1 0 F7 49 156 3 3 1 1 3 1 5 F6 699 103 1 1 1 1 1 3 2 F5 48 180 Untersuchungsfläche 3 1 1 1 1 3 1 F4 76 242 8 1 2 1 2 3 6 1 11 F3 69 396 6 1 F2 50 119 0 F1 46 16 , 1802) − Sheppards Wespenbiene , 1802) − Sheppards , 1802) − Wiesen-Wespenbiene , 1802) − , 1793 − Gelbfühler-Wespenbiene , 1758) − Rotfühler-Wespenbiene , 1802) − Feld-Wespenbiene (Abb. 26) (Abb. , 1802) − Feld-Wespenbiene , 1802) − Rothaarige Wespenbiene , 1802) − Rothaarige , 1913 − Möschlers Wespenbiene , 1913 − Möschlers , 1841 − Panzers Wespenbiene , 1841 − Panzers , 1798 − Gegürtete Wespenbiene , 1798 − Gegürtete irby irby , 1804 − Esparsetten-Wespenbiene irby , 1790) − Malven-Langhornbiene K K irby , 1807 − Stachelbeer-Wespenbiene K K lf ken abricius innaeus A ossi anzer F L R P e p l etier urine abricius J L F Individuen (insg.) Nomada goodeniana ( Arten (insg.) Arten besonders wertvoll) (naturschutzfachlich Nomada panzeri Nomada signata Nomada marshamella ( Nomada moeschleri Nomada lathburiana ( ( Nomada ruficornis ( Nomada sheppardana Nomada fulvicornis Art ( malvae Tetralonia Nomada stigma Nomada succincta

44 ob HZ fa + + + + + + pa NF NF WF WF R D RL D ST / / / / / / / h ST BS 1 1 1 1 1 2 2 1 Sum F10 1 1 2 1 F9 1 F8 F7 2004) (Gefährdungskategorien siehe Tab. 2) Tab. siehe 2004) (Gefährdungskategorien 2016, Taeger 1 F6 Untersuchungsfläche F5 1 1 1 F4 F3 2016): sh = sehr häufig, h = häufig, mh = mäßig häufig, s = selten, ss = sehr selten, / = nicht eingestuft nicht / = selten, ss sehr= selten, häufig, s = mäßig mh = häufig, h = = sehr 2016): sh häufig, F2 F1 et al. 2011, Schmid-Egger et al. 2011) , 1844) , 1879) errin énevi ll e P , 1885 , 1758) de - M

, 1910) uérin , 1791) bei ll e G innaeus A ocsáry L , 1862 ch l etterer l ivier M S , 1758) O homson T innaeus L (obligatorisch) in Holz nistet in Holz (obligatorisch) die ausschließlich Wespenart, Streuobstwiese Fläche 1 bis 10 mit Angabe der Individuenzahlen Angabe 10 mit 1 bis Fläche Streuobstwiese Art einer Individuen der nachgewiesenen Gesamtzahl & Saure ( Stolle der Arten in Sachsen-Anhalt Bestandssituation Stolle & Saure 2004, Stolle & Burger 2004, Stolle et al. ( Stolle Sachsen-Anhalt Listen Rote ( Liston Deutschland Listen Rote Neu- und Wiederfunde für Sachsen-Anhalt Wiederfunde und Neu- Art wertvolle (15 Arten) besonders naturschutzfachlich parasitiert Wespen die holznistende Wespenart, nistet in Holz die fakultativ Wespenart, Art ( Gasteruption caucasicum Familie Gasteruptiidae (Schmalbauchwespen) Familie Gasteruption assectator ( Gasteruption undulatum ( Familie Chrysididae (Goldwespen) Chrysididae Familie Chrysis ignita ( Gasteruption tournieri Apocrita Parasitica (Legimmen) Apocrita Parasitica (Gichtwespen) Evaniidae Familie ( minuta Brachygaster Apocrita Aculeata (Stechimmen) Apocrita Aculeata (Plattwespen) Bethylidae Familie bilineatus Epyris Symphyta (Pflanzenwespen) Symphyta Holzwespen) Orussidae (Parasitoide Familie Pseudoryssus henschii ( Erläuterungen zur Artenliste: Erläuterungen F1 – F10 Sum BS ST RL ST RL D NF, WF NF, HZ pa HZ fa HZ ob Anhang 2 Anhang Wespenarten erfassten der in Streuobstwiesen Verzeichnis

45 ob HZ + + + fa + + + + + + + pa NF NF NF NF NF WF WF 3 V D RL 3 ST / / / / / / s h h ss sh sh sh sh sh sh sh ST BS mh mh mh mh mh 1 1 2 6 6 2 5 3 1 4 7 1 1 1 5 1 7 1 1 2 14 18 Sum 1 1 1 1 2 1 F10 1 1 1 2 1 2 3 3 1 1 1 2 1 5 1 10 F9 1 1 1 1 1 F8 1 1 F7 4 4 2 3 2 3 F6 1 2 1 1 1 Untersuchungsfläche F5 2 1 F4 1 1 1 F3 4 3 1 1 1 F2 F1 , 1951 , 1859 , 1869 , 1801) , 1959 uthe , 1879 , 1807) , 1808) R , 1843) , 1854 , 1763) , 1804) , 1758) insenmaier , 1828) , 1828) errin , 1854 urine hevrier , 1761) , 1905 L , 1905 J C P , 1775 p ino l a oquebert , 1984 S de C p o l i co insenmaier ah l bom

ah l bom a l iday L S a l iday abricius innaeus ie ff er , 1801 l mi ie ff er D D F ah l bom L H K K innaeus O ( H L D abricius bei ll e F anzer A P Chrysis pseudobrevitarsis Art Gonatopus striatus Gonatopus ( ardens Hedychridium Familie Sapygidae (Keulenwespen) Sapygidae Familie ( clavicornis Sapyga Familie Pompilidae (Wegwespen) Pompilidae Familie cinctellus ( Agenioideus ( cyanea Trichrysis Familie Tiphiidae Tiphiidae (Rollwespen) Familie femorata Tiphia niemelai Hedychrum gerstaeckeri Hedychrum Hedychrum rutilans Hedychrum Anteon tripartitum Anoplius ( nigerrimus Chrysis terminata bicolor Gonatopus Familie Mutillidae (Trugameisen) Familie Myrmosa atra ( austriaca Mystrophorus formicaeformis Familie Dryinidae (Zikadenwespen) Familie ( Anteon fulviventre Anteon japonicum ( decemguttata Sapygina ( Anoplius concinnus Chrysis longula

46 ob HZ + + + + + + + + fa pa NF WF 3 V V G D RL 2 3 3 1 2 G G ST s s h h h h h ss sh sh sh sh sh sh sh sh sh sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh 2 1 1 4 2 2 8 1 9 1 2 1 3 3 3 1 2 4 4 19 51 54 19 20 32 112 Sum 1 1 2 1 2 1 1 8 1 1 18 F10 5 1 1 2 2 1 4 4 3 8 1 2 2 41 F9 4 1 7 1 F8 1 4 1 4 1 1 F7 6 1 3 6 1 1 3 1 54 F6 1 1 8 Untersuchungsfläche 12 F5 1 3 1 1 F4 2 1 4 2 1 3 2 2 11 30 F3 2 1 1 53 F2 1 2 F1 , 1886) , 1793) , 1827) , 1761) , 1763) , 1776) , 1808) , 1763) , 1826) , 1837) , 1843) , 1793) , 1780) , 1851) , 1927 , 1785) , 1837) , 1843 , 1798) inden ü ll er agretti p o l i co abricius , 1799) , 1837) urtis L , 1837) innaeus , 2006 p ino l a M p o l i co , 1944 p t au S F arris M C L , 1927 S S H H l esmae ah l bom anzer abricius huckard , 1808 eo ff roy ahis P F D anzer chiödte ah l bom W S ander G p t au óczár S P W chiödte D V H S huckard M S p ino l a S Dipogon ( bifasciatus coriacea Priocnemis confusor Priocnemis fennica Priocnemis ( anceps Arachnospila Cryptocheilus ( versicolor Art cordivalvata Priocnemis Priocnemis perturbatorPriocnemis ( Arachnospila trivialis ( Arachnospila ( crassicornis Evagetes Familie Vespidae (Faltenwespen) Vespidae Familie ( gazella Ancistrocerus Priocnemis agilis ( Priocnemis pusilla ( Priocnemis ( sylvestris Dolichovespula ( fasciatellus Caliadurgus ( coronatus Eumenes Arachnospila spissa ( Arachnospila Dipogon ( subintermedius ( saxonica Dolichovespula ( hyalinata Priocnemis ( trifasciatus Ancistrocerus hankoi Priocnemis ( minuta Priocnemis ( nigricornis Ancistrocerus ( parietinus Ancistrocerus Aporus unicolor

47 + + + + + + + ob HZ + + fa pa NF WF WF 3 3 D RL 2 1 3 3 0 ST s s h h h h h h h ss sh sh sh sh sh sh sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh 1 2 2 1 3 1 4 6 4 7 1 9 2 8 2 2 3 2 6 1 1 14 11 11 Sum 2 1 3 1 F10 2 1 1 2 2 1 5 1 2 F9 1 1 1 1 F8 3 1 1 1 2 2 1 F7 1 3 3 7 2 3 2 2 2 5 1 F6 1 1 2 Untersuchungsfläche F5 1 2 2 F4 2 4 1 1 1 1 F3 2 4 1 F2 3 1 2 1 1 F1 , 1835) , 1829) , 1793) , 1839) ru ll é , 1835 , 1829) , 1790) B inden , 1790) & , 1798)

L , 1844) ru ll é , 1792) , 1758) , 1837) abricius inden ossi , 1808) me l in chae ff er B F , 1799) , 1793) R L G , 1798) & anzer - S ossi

, 1793) , 1771) ander P R , 1758) V ah l bom e p l etier , 1791) p ino l a innaeus anzer L D huckard S ander , 1791) L P , 1781) errich S abricius V , 1758 abricius F hrist H abricius innaeus F e p l etier C F L innaeus hrist L L C chrank innaeus S L Odynerus ( melanocephalus ( cetratus Crossocerus ( congener Crossocerus Crossocerus exiguus ( Crossocerus Art ( quinquefasciata Cerceris Microdynerus exilis ( ( vagabundus Crossocerus Cerceris rybyensis ( Cerceris varus Crossocerus Cerceris quadricincta ( Cerceris ( Didineis lunicornis ( ruficornis Cerceris Crossocerus podagricus ( Crossocerus ( dominula Polistes Polistes nimpha ( Polistes crabro Vespa ( germanica Vespula Familie Sphecidae (Sandwespen) Familie Ammophila sabulosa ( Familie Ampulicidae (Schabenjäger) Ampulicidae Familie ( Dolichurus corniculus Familie Crabronidae (Grabwespen) Crabronidae Familie Astata boops ( ( annulipes Crossocerus ( megacephalus Crossocerus Vespula vulgaris ( Vespula ( quadrifasciatus Euodynerus

48 + + + + + + + + + + ob HZ fa pa NF WF 2 3 3 3 3 V D RL 3 3 2 2 2 3 1 3 3 2 2 D ST s s h h h h h h h ss ss sh sh sh sh sh sh sh ST BS mh mh mh mh mh mh mh mh mh 2 1 1 2 3 1 1 5 1 1 4 1 1 2 3 6 2 2 1 3 1 1 2 3 9 27 14 Sum 1 1 2 2 1 F10 1 2 3 4 1 1 2 1 3 3 2 1 3 3 F9 1 1 1 1 3 1 2 F8 1 1 1 1 F7 1 1 2 1 4 3 1 F6 1 1 1 9 4 Untersuchungsfläche F5 1 3 1 1 F4 1 1 2 3 1 F3 1 1 F2 1 1 1 1 F1 , 1835 , 1829) , 1834) ru ll é , 1793) B , 1829) , 1949) , 1852) & , 1838) , 1804)

ru ll é inden , 1870) ith , 1852 , 1793) , 1793) , 1804) , 1832) L B , 1837 inden L , 1794) , 1804) , 1794) & , 1758) abricius

L , 1792) , 1759) l esmae F , 1771) , 1807 van ossi anzer abricius ossi W l esmae ander e p l etier homson , 1974 R P F abricius anzer R abricius etterstedt L V T e p l etier W F F P ander huckard , 1797) Z urine L innaeus ll e atrei V J S örster chreber e p l etier L L F L S , 1884 a l kei anzer V oh l P K Nysson dimidiatus Lestica clypeata ( Lestica Ectemnius lapidarius ( Ectemnius Harpactus laevis ( ( cavifrons Ectemnius Lestiphorus bicinctus ( Lestiphorus Lindenius subaeneus Lindenius albilabris ( fallax Nitela ( continuus Ectemnius ( Mimumesa unicolor Art ( Lindenius pygmaeus borealis Nitela Gorytes laticinctus ( ( lituratus Ectemnius ( borealis Ectemnius ( dives Ectemnius Diodontus ( minutus Mellinus arvensisMellinus ( Lestica alata ( Lestica Oxybelus variegatus Nysson spinosus ( Gorytes quinquecinctus ( Mimumesa beaumonti ( Mimumesa dahlbomi ( ( Lindenius panzeri Diodontus luperus

49 + + + 20 ob HZ + + + + + + + fa 20 13 pa NF NF WF WF 3 V D RL 2 0 ST s h h h ss ss sh sh sh sh sh sh ST BS mh mh 2 1 1 3 2 1 4 5 1 3 10 29 37 34 798 Sum 1 3 1 2 8 2 24 16 32 97 F10 2 1 1 2 1 3 3 1 4 8 23 F9 32 67 206 1 2 2 1 3 F8 15 25 39 3 4 0 F7 11 21 36 2 1 1 1 4 2 1 F6 16 40 150 1 1 4 1 2 Untersuchungsfläche F5 12 21 55 3 1 F4 12 17 26 1 3 4 1 0 F3 13 28 88 1 2 1 2 F2 10 17 80 6 1 5 F1 12 21 , 1775) , 1844 , 1793) , 1870 , 1837) , 1985 , 1844) , 1945 , 1851 , 1911) , 1945 , 1885 mith abricius , 1952 , 1804 ah l bom S abricius oh l F homson ü ll er ah l bom huckard F D K T ntro p ov eaumont S M D A B ibaut anzer eaumont R P B Pemphredon lethifer ( Pemphredon Philanthus triangulum ( Philanthus ( fabricii Pemphredon Passaloecus singularis Passaloecus Art helveticus Tachysphex attenuatum Trypoxylon ( rugifer Pemphredon Stigmus pendulus Stigmus ( lugubris Pemphredon Trypoxylon medium Trypoxylon Pemphredon clypealis Pemphredon minus Trypoxylon Arten (insg.) Arten besonders wertvoll) (naturschutzfachlich Individuen (insg.) kostylevi Trypoxylon davon in Holz nistende bzw. bei solchen parasitierende bei solchen parasitierende bzw. nistende in Holz davon Arten Passaloecus pictus Passaloecus

50 NF NF WF 2 3 3 3 G D D RL 3 2 1 1 3 V G D D ST s s s h h h ss ss ss ss ss ss mh mh mh mh mh mh mh mh BS ST 5 3 2 7 1 1 2 2 1 2 1 6 8 4 1 1 1 2 1 10 Sum 2 1 F10 1 1 1 1 F9 1 1 F8 1 2 1 2 F7 1 2 F6 1 1 1 F5 Untersuchungsfläche 1 1 1 1 1 7 1 1 1 F4 1 1 2 1 3 1 2 1 F3 1 1 6 3 F2 1 1 F1 et al. 2016): sh = sehr häufig, h = häufig, mh = mäßig häufig, s = selten, ss = sehr selten, / = nicht eingestuft nicht / = selten, ss sehr = selten, häufig, s = mäßig mh = häufig, h = = sehr 2016): sh häufig, et al. Jentzsch , 1805) , 1857 , 1822) , 1758) , 1843) , 1843) , 1790) , 1798) chiner , 1840 abricius , 1787) , 1860 eigen , 1822) F , 1871 S , 1822) , 1798) , 1822) , 1777) me l in M in , 1885 oew

innaeus anzer , 1857 L G , 1848 gger L eigen P E eigen erra ll etterstedt abricius etterstedt oew eigen M anzer oew F V Z Z L owarz M P L M abricius u f our K F D Streuobstwiese Fläche 1 bis 10 mit Angabe der Individuenzahlen Angabe 10 mit 1 bis Fläche Streuobstwiese Art einer Individuen der nachgewiesenen Gesamtzahl ( der Arten in Sachsen-Anhalt Bestandssituation et al. 2004) (Gefährdungskategorien siehe Tab. 3) Tab. siehe ( Dziock Sachsen-Anhalt 2004) (Gefährdungskategorien et al. Liste Rote 2011) et al. ( Ssymank Deutschland Liste Rote für Sachsen-Anhalt Wiederfunde und Neu- Art wertvolle (12 Arten) besonders naturschutzfachlich zur Art bestimmen bis nicht lassen sich Teilgruppen) von (bzw. der Gattungen Weibchen Anasimyia lineata ( ( valgus Chalcosyrphus Chalcosyrphus nemorum ( Chalcosyrphus Cheilosia carbonaria Cheilosia flavipes ( Cheilosia impressa ( conopsoides Ceriana Cheilosia nebulosa Cheilosia barbata Cheilosia albitarsis ( Cheilosia aerea Cheilosia lasiopa Art Callicera aenea ( Callicera ( Cheilosia proxima Cheilosia cynocephala ( valgus Brachypalpus ( Cheilosia latifrons Cheilosia chlorus ( Cheilosia pagana ( Brachypalpoides lentus ( Brachypalpoides Erläuterungen zur Artenliste: Erläuterungen F1 – F10 Sum BS ST RL ST RL D WF NF, spec. [ ♀♀ ] Anhang 3 Anhang Schwebfliegenarten erfassten der in Streuobstwiesen Verzeichnis

51 NF NF WF WF 3 1 G D RL 3 V ST / s s s h h h h h h h h h h h h h ss ss sh sh sh sh sh sh mh mh mh mh mh BS ST 8 9 4 1 1 5 1 1 3 3 1 1 1 4 1 1 2 1 7 1 22 12 35 15 12 20 21 19 11 427 Sum 1 9 3 4 3 2 1 31 21 F10 3 1 2 1 4 1 4 2 1 4 1 1 F9 3 2 5 1 5 2 1 2 1 F8 2 2 2 4 1 1 1 22 F7 3 1 1 5 1 1 2 1 1 3 1 F6 2 4 2 1 4 4 3 2 1 1 F5 Untersuchungsfläche 289 1 5 3 2 4 1 3 4 7 5 1 3 1 1 1 F4 1 3 2 1 1 1 4 1 2 7 1 57 F3 2 1 5 4 2 1 2 1 1 3 1 F2 1 2 7 1 3 F1 , 1843) , 1758) , 1817) , 1758) , 1758) , 1817) , 1776) , 1758) , 1822) , 1776) etterstedt a ll én , 1758) , 1940 eer , 1841 , 1843) Z innaeus F , 1758) , 1798) a ll én , 1798) , 1855 , 1780) L , 1817) innaeus innaeus , 1822) F , 1763) , 1817) eigen arris G , 1822 L L e , 1840 oew H , 1758) o ll in , 1858 M innaeus , 1931 oew D L , 1817) C L anzer arris L innaeus eigen a ll én P a ll én innaeus H eigen oew L F p o l i co abricius F gger L M L o ll in S F M etterstedt E a ll én C innaeus Z F L ( Cheilosia soror ( Eristalis intricaria Eristalis abusiva Eristalis pertinax ( Chrysotoxum bicinctum ( Chrysotoxum festivum ( ( melanostoma Epistrophe Eristalis similis ( ( Cheilosia variabilis Chrysogaster solstitialis ( ( sepulchralis Eristalinus longicornis Eumerus ( Chrysotoxum cautum Chrysotoxum vernale Art Cheilosia vulpina ( ( tricolor Eumerus ( Eristalis tenax ( Cheilosia vernalis Epistrophe eligans ( Epistrophe Cheilosia velutina Dasysyrphus albostriatus ( ( Eristalis arbustorum Eumerus strigatus ( Eumerus ( nitidicollis Epistrophe ( balteatus Episyrphus Eristalis nemorum ( Eristalis jugorum Chrysotoxum verralli ♀♀ ] [ spec. Eumerus Eumerus ornatus Eumerus

52 NF WF 1 V V V V G G D RL 3 2 0 3 1 1 G G ST / / / / s s s s s s h h h h h ss ss ss sh sh sh sh sh sh mh mh mh mh mh mh BS ST 3 2 2 1 1 1 2 1 6 6 3 5 1 1 9 7 1 2 2 6 9 2 9 2 12 41 27 92 136 349 Sum 2 6 1 1 2 2 2 3 1 10 F10 1 2 1 2 3 F9 1 6 1 4 5 1 20 F8 1 8 8 1 6 1 2 3 3 1 25 12 11 F7 1 1 1 1 6 17 F6 4 1 1 1 1 18 F5 Untersuchungsfläche 263 2 4 4 2 9 2 1 1 1 1 1 1 1 F4 1 2 2 2 3 2 1 6 2 4 1 31 F3 3 2 2 1 2 1 1 8 4 1 3 29 F2 8 5 1 1 1 45 61 F1 , 1971 , 1794) , 1974) , 1822) , 1758) , 1794) , 1865) , 1794) ie f enau , 1805) , 1758) , 1775) , 1822 eigen , 1843) T ie f enau abricius , 1763)

, 1829) , 1822) , 1763) , 1843) , 1794) T F , 1822) gger , 1794)

M de , 1758) innaeus E abricius

oew L de , 1846 F , 1758) , 1822) eigen

L abricius eigen abricius p o l i co eigen innaeus M F p o l i co abricius , 1780) F , 1822) S M L oew acquart S F M abricius abricius eigen , 1822 L innaeus F oe l d in F M etterstedt L M innaeus oe l d in G arris eigen Z L G H eigen M M ( Eupeodes corollae ( Neoascia interrupta ( scalare Melanostoma Helophilus trivittatus ( Helophilus pendulus ( Heringia heringi ( Eupeodes luniger ( Lejops vittatus ( Lejops ( annulata Pipizella Melangyna umbellatarum ( spec. [ ♀♀ ] spec. Paragus Merodon equestris ( Merodon ( divicoi Pipizella Paragus haemorrhous Paragus Neocnemodon vitripennis ( Art finitimus Paragus Helophilus hybridus Neocnemodon ( brevidens ( florea Myathropa ( auricollis Meliscaeva ( mellinum Melanostoma ( Neoascia podagrica ( Neoascia tenur ( cuprea Ferdinandea ( versicolor Parhelophilus Neoascia meticulosa ( spec. [ ♀♀ ] Neocnemodon spec. Orthonevra ( brevicornis Pipiza notata Pipiza ( noctiluca Pipiza

53 NF WF 2 V G G D RL 3 G ST / / s s h h h h h h h h h ss sh sh sh sh sh sh sh sh sh mh mh mh BS ST 2 7 3 1 1 3 2 1 4 1 2 4 1 2 5 13 20 20 24 16 34 10 11 10 17 11 Sum 1.677 4 7 1 1 1 1 1 4 1 1 1 1 0 30 F10 132 1 1 2 5 1 1 1 4 2 F9 54 28 1 1 1 3 4 4 1 F8 76 21 3 1 1 1 1 1 2 1 1 1 1 1 F7 34 137 2 2 2 1 1 1 1 1 3 1 1 1 3 1 F6 70 29 2 1 2 4 2 1 1 1 1 1 6 1 1 16 14 F5 32 Untersuchungsfläche 658 4 1 3 6 1 1 1 1 4 1 3 1 1 F4 46 114 2 3 3 1 1 3 2 1 1 6 1 9 3 1 5 F3 42 187 6 1 1 1 1 1 1 1 1 F2 34 104 1 1 1 2 2 0 F1 19 145 , 1776) , 1776) eer , 1843) G e arris , 1781) D , 1822) , 1758) H , 1817) , 1822) , 1758) , 1822) , 1758) , 1875 eigen etterstedt , 1822 , 1822 abricius , 1758) eigen , 1758) M Z a ll én innaeus , 1822) F , 1758) eigen F , 1805) L M , 1758) , 1758) innaeus , 1840 acken , 1758) M L eigen eigen innaeus - S , 1780) L eigen M oew M innaeus innaeus L M L innaeus L abricius sten innaeus innaeus L arris F L innaeus L O H L Individuen (insg.) Arten besonders wertvoll) (naturschutzfachlich Syrphus ribesii ( Syrphus ( viduata Pipizella taeniata ( Sphaerophoria Arten (insg.) ( selenitica Scaeva ( albimanus Platycheirus primus Triglyphus Platycheirus peltatusPlatycheirus ( Syrphus torvusSyrphus ( virens Pipizella Platycheirus ambiguus ( Platycheirus ( Syritta Rhingia campestris Syrphus vitripennis Syrphus ( pellucens Volucella Tropidia scita ( Tropidia ( citrofasciatum Xanthogramma Art Platycheirus angustatus ( Platycheirus ( bombylans Volucella ♀♀ ] [ spec. Pipizella Xylota segnis ( Xylota ( Rhingia rostrata Sphaerophoria scripta ( Sphaerophoria spec. [ ♀♀ ] spec. Sphaerophoria Platycheirus clypeatusPlatycheirus ( Xanthogramma pedissequum ( Xanthogramma ( pyrastri Scaeva

54 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 53. Jahrgang • 2016: 55–63 Zur Laufkäferfauna (Coleoptera: Carabidae) natürlicher Uferstrukturen der Unteren Mulde

Astrid Thurow

1 Einleitung Die Mulde in Sachsen-Anhalt ist als FFH-Gebiet „Un- tere Muldeaue“ (FFH0129) und „Muldeaue oberhalb Die Untere Mulde zeichnet sich in großen Teilen durch Pouch“ (FFH0180) Teil des europäischen Schutzgebiets- einen stark mäandrierenden, strukturreichen Fluss- netzes Natura 2000. lauf aus, an dessen Gleit- und Prallhängen Kies- und Für das FFH-Gebiet „Untere Muldeaue“ erarbeitete das Sandbänke sowie Uferabbrüche bis hin zu ausgedehn- Büro RANA in den Jahren 2011/2012 im Auftrag des ten Steilufern entstehen können. Der Fluss weist hin- Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (LAU) sichtlich seiner Naturnähe und Dynamik unter den einen Managementplan (RANA 2013). Dabei wurden Landesgewässern (1. Ordnung) Sachsen-Anhalts eine im Jahr 2011 auch die Laufkäfer der Muldeufer als In- herausragende Stellung auf. dikatorartengruppe für die FFH-Lebensraumtypen

Abb. 1: Prallufer der Mulde mit Uferabbrüchen. Foto: A. Thurow.

55 Abb. 2: Lage der Probeflächen im FFH-Gebiet „Untere Muldeaue“.

56 Abb. 3: Mulde oberhalb ihrer Mündung in die Elbe mit großem Kiesheger. Foto: F. Meyer (2003).

„Flüsse der planaren bis montanen Stufe mit Vegetation Sandbänken der Gleithänge im Zeitraum von Ende des Ranunculion fluitans und des Callitrichio-Batra- April bis Ende Juli 2011 der Einsatz von Standard- chion“ (LRT 3260) sowie „Flüsse mit Schlammbänken Bodenfallen nach Barber. Die Felder wurden mit je mit Vegetation des Chenopodion rubri p.p. und des Bi- drei Bodenfallen bestückt und in ca. 3-wöchigem Ab- dention p.p.“ (LRT 3270) erfasst und bewertet. stand geleert. Ergänzt wurde diese Beprobungsmethode Das FFH-Gebiet „Untere Muldeaue“ (Abb. 2) umfasst durch Handaufsammlungen. Ausgewählt wurden acht die Mulde vom Auslauf des Muldestausees bis zur Mün- Kiesbänke der Mulde zwischen Raguhn und ihrer Mün- dung in die Elbe auf einer Länge von 44 Kilometern dung in die Elbe sowie zwei Kiesbänke des Spittelwas- sowie Teile der Aue mit ausgedehnten Auenwäldern, sers oberhalb seiner Mündung in die Mulde. Im Juni auentypischen Grünländern und Stillgewässern. Seine und Oktober 2011 erfolgten weitere Handaufsammlun- Gesamtfläche beträgt knapp 2.800 Hektar. Gleichzeitig gen an acht Standorten der ausgedehnten Steilufer und ist dieses FFH-Gebiet auch Teil des EU-Vogelschutzge- kleinflächigeren Uferabbrüche der Prallhänge im selben bietes „Mittlere Elbe einschl. Steckby-Lödderitzer Forst“ Muldeabschnitt. (SPA0001LSA). Große Teile sind als Naturschutzgebiet (NSG0120 „Untere Mulde“) und Landschaftsschutzge- biet (LSG0051 „Mittlere Elbe“) verordnet. 3 Ergebnisse

Im Rahmen der Untersuchungen wurden 69 Laufkä- 2 Methoden ferarten (Tab. 1, S. 61f.) mit insgesamt 763 Individuen nachgewiesen. Ein Drittel der Arten sind typische Be- Beprobt wurden sowohl Prall- als auch Gleithänge wohner der Gewässerufer, etwa die Hälfte hiervon Ar- (Abb. 2). Zu diesem Zweck erfolgte auf den Kies- bzw. ten mit enger Habitatbindung.

57 Abb. 4: Ausgedehnte Steilufer und Kiesbänke in der Abb. 5: Strukturreiche Kiesbank mit höheren Anteilen Kernzone des NSG „Untere Mulde“. Foto: F. Meyer. sandigen Substrates und Vegetation. Hier wurden mit 23 Arten vergleichsweise hohe Artenzahlen nachgewie- sen. Foto: A. Thurow.

Mit Bembidion punctulatum, dem Grobpunktierten Ahlenläufer, konnte eine Leitart vegetationsloser bzw. vegetationsarmer Uferbänke (LUA NRW 2001) auf fast allen beprobten Kies- und Sandbänken sowie am Fuße mehrerer Steilufer gefunden werden. Neben Lionychus quadrillum (Vierpunkt-Krallenläufer), der auf dem überwiegenden Teil der Kiesbänke zu finden war, ist dies die am individuenreichsten vertretene Art. Auch auf Kiesbänken mit Nachweisen nur weniger Arten wa- ren diese beiden Laufkäfer mit vergleichsweise hohen Individuenzahlen vertreten. Darüber hinaus waren auf den großflächigen vegeta- tionsarmen Kiesbänken, wie dem Kiesheger nahe der Muldemündung (Abb. 3) mit sechs Arten sowie den Kiesbänken im Bereich der NSG-Kernzone (Abb. 4) mit zehn Arten, auffallend geringe Artenzahlen zu verzeichnen. Die Laufkäferzönosen kleinerer, im Verlaufe der Vege- tationsperiode zunehmend bewachsener Flächen (z. B. Abb. 5) erwiesen sich hingegen als weitaus artenreicher. Auf diesen Flächen war auch die höchste Anzahl an Arten der Roten Liste zu belegen. Neben Bewohnern vegetationsarmer bis -freier Schotterufer traten auch wertgebende Arten der Röhrichte wie die Glanzflach- hygrophil (n = 45) thermophil (n = 1) läufer Agonum versutum und Agonum duftschmidii auf. xerophil (n = 15) tyrphophil (n = 1) Außer typischen Laufkäfern der gewässerbeeinfluss- psammophil (n = 3) halobiont (n = 1) ten Lebensräume waren verschiedene Arten trockener heliophil (n = 2) keine Angabe (n = 1) Biotope vertreten, wie beispielsweise Harpalus anxius, Harpalus autumnalis und Harpalus tardus. Ebenso wie die stenotope Uferart Lionychus quadrillum sind diese Abb. 6: Verteilung der nachgewiesenen Laufkäferarten xerophil und besiedeln somit wohl vorrangig gewässer- (n) entsprechend ihren ökologischen Ansprüchen (nach fernere Bereiche der Sand- und Kiesbänke. Koch 1989).

58 Abb. 7: Belegpräparat des Schlanken Sand-Ahlen­ Abb. 8: Belegpräparat des Lehmufer-Ahlenläufers läufers (Perileptus areolatus). Foto: S. Klein. (Bembidion fluviatile). Foto: S. Klein.

Nach den erwartungsgemäß dominierenden hygrophi- Die deutschlandweit sehr seltenen (Trautner et al. len Arten stellen dementsprechend xerophile Carabiden 1997), hochspezialisierten Käfer besiedeln lehmige und die zweithäufigste Gruppe (s. Abb. 6). lehmig-schotterige Böschungen an Bächen und Flüs- Mit Perileptus areolatus, Elaphrus aureus, Ocys harpa- sen (Koch 1989) und sind so in hohem Maße an na- loides, Bembidion decorum und Bembidion azurescens turnahe Gewässerstrukturen gebunden. Im genannten wurden für fünf Laufkäferarten Wiedernachweise er- Abschnitt der Muldeaue konnte die Art an mehreren bracht, die für den Landschaftsraum Elbe, in einem Standorten schwerpunktmäßig an ausgedehnten Steil- Fall sogar für Sachsen-Anhalt, als ausgestorben bzw. ufern, vereinzelt aber auch an relativ kleinen Uferabbrü- verschollen galten (Schnitter et al. 2001). Bei allen chen festgestellt werden. handelt es sich um stenotope Uferarten. Elaphrus aureus, der Erzgraue Uferläufer, galt im Land- 3.1 Bemerkenswerte Nachweise wertgebender schaftsraum Elbe bisher als verschollen. Aus den 1880er Arten Jahren nennt Horion (1941) Vorkommen an der Elbe Perileptus areolatus, der Schlanke Sand-Ahlenläufer bei Magdeburg, welche seitdem nicht bestätigt wer- (Abb. 7), ist eine in der ostdeutschen Ebene reliktäre den konnten, sowie an der „Mulde in der Mosigkauer Art, welche Schotterufer von Fließgewässern besiedelt Heide“. Weitere aktuelle Nachweise stammen von na- (Lompe 2004). Nach der Roten Liste Sachsen-Anhalt turnah ausgeprägten Ufern der Saale und Unstrut gilt sie als „ausgestorben oder verschollen“. Der letzte (Trost et al. 2008), wo die Art sandig-lehmige Ufer- Nachweis in Sachsen-Anhalt wurde im Jahr 1928 im bereiche und Schlammfluren bewohnt Schnitter( et Schönebecker Raum erbracht (Schnitter & Trost al. 2001). An der Mulde konnten nun drei Individuen 2004). Im Jahr 2011 wurde die Art an drei Standorten in Bodenfallen auf einer Kiesbank östlich von Dessau im FFH-Gebiet „Untere Muldeaue“ nachgewiesen. Die nachgewiesen werden. Funde gelangen an den Ufern der Mulde durch Hand- Das Vorkommen des mäßig häufigen Bembidion deco- aufsammlungen auf zwei Kiesbänken östlich von Des- rum ist insofern bemerkenswert, als es sich dabei um sau und nordwestlich von Kleutsch sowie an einem eine Art der Gebirge und Gebirgsvorländer handelt. Es Steilufer westlich von Sollnitz. Mittlerweile ist ein wei- werden bevorzugt Uferschotter der Bäche und Flüsse teres sachsen-anhaltisches Vorkommen der Art im Sel- besiedelt. Sie wird jedoch bereits bei Horion (1941) für ketal bei Mägdesprung bekannt geworden (Jung 2014). den Bereich der Unteren Mulde angegeben („Mulde- Die Muldeaue unterhalb von Raguhn mit ihren Ufer- Ufer in der Mosigkauer Heide nach Schreiber 1887“). abbrüchen ist das einzige bekannte Vorkommensgebiet Auch aktuell war die Art mehrfach sowohl an Stand- der nach der Roten Liste vom Aussterben bedrohten orten mit entsprechend schotterigem Ufersubstrat als Art Bembidion fluviatile (Abb. 8) in Sachsen-Anhalt. auch im Bereich von Steilufern zu finden.

59 Abb. 9: Stellenweise finden sich auch im FFH-Gebiet „Muldeaue oberhalb Pouch“ größere Uferabbrüche, Kies- bänke und Inseln (hier: Bereich des ehemaligen Fährhauses Rösa). Das Gebiet vermittelt zum sehr strukturreichen Muldeabschnitt zwischen Eilenburg und Bad Düben. Foto: F. Meyer.

3.2 Einordnung der Ergebnisse auf Landesebene lichen Artenzusammensetzung auch die Entfernung Zur Laufkäferfauna in den Flussauen Sachsen-An- und die biogeografische Lage der beiden Standorte halts liegen verschiedene Untersuchungen vor, wobei berücksichtigt werden. So erreichen einzelne Arten die Elbeaue eine herausragende Stellung einnimmt, im Norden Sachsen-Anhalts bereits ihre nördliche z. B. Gerisch & Schanowski (2009 a, b), Tietze & Verbreitungsgrenze, z. B. Bembidion azurescens und Schnitter (1993) und Tietze (1973). Auch für den B. modestum. Auch Bembidion fluviatile und Perilep- Bereich der Unteren Mulde gibt es entsprechende Da- tus aereolatus gelten als eher süd- bis mitteleuropäisch ten, die 1992 durch das Museum für Naturkunde und verbreitete Arten. Vorgeschichte Dessau erhoben, jedoch nicht publi- Grundsätzlich ist das Vorkommen derartig anspruchs- ziert wurden. Zumeist handelt es sich dabei aber um voller Arten dynamischer Flussufer zwingend an die gewässerfernere Grünland- oder Waldstandorte des Erhaltung größerer naturbelassener Flussabschnitte jeweiligen Überflutungsgebietes. Die unmittelbaren gebunden. Da der gesamte Muldelauf vom Mulden- Uferbereiche sind dagegen wenig untersucht. steiner Berg bis zur Mündung in die Elbe, abgesehen Die hier vorgestellten Ergebnisse von der Unteren von kleineren Abschnitten im Bereich von Ortslagen, Mulde sind am ehesten vergleichbar mit denen von Bestandteil des im Jahr 2003 verordneten NSG „Untere Buhnenfeldern der Elbe im Norden Sachsen-Anhalts, Mulde“ ist, bestehen gute Voraussetzungen für eine wo umfassende Laufkäfererfassungen erfolgten positive Entwicklung. In besonderem Maße gilt das (Kleinwächter et al. 2016). Beim Vergleich fällt auf, für den Flussabschnitt, der innerhalb der Kernzone dass zwar an beiden Flüssen die höchsten Individuen- des NSG liegt und wo über mehrere hundert Meter zahlen von stenöken Uferarten erreicht werden, sich ausgedehnte Schotterbänke und steile Lehmufer die aber die Arten deutlich unterscheiden. So waren die Flussdynamik dokumentieren (vgl. Abb. 3). In zu- an der Mulde dominant auftretenden Leitarten na- meist kleinflächigerer, aber dennoch hervorragender turnaher vegetationsarmer Uferbänke wie Bembidion Ausprägung finden sich derartige Strukturen auch punctulatum und Lionychus quadrillum an der Elbe außerhalb der Kernzone und in den flussaufwärts ge- nur in einzelnen Exemplaren nachzuweisen. Charak- legenen Abschnitten des Muldetales (Abb. 9). Hier, vor teristische Arten der sandigen Elbeufer wie Bembidion allem zwischen der Landesgrenze bei Bad Düben und argenteolum und B. velox fehlen wiederum an der der Einmündung in den Muldestausee, liegen noch Mulde. Neben dem Aspekt des Verbauungsgrades der große Potenziale für eine weitere Redynamisierung Flussufer müssen jedoch bezüglich der unterschied- des Flusslaufes, vor allem durch partielle Uferentfes-

60 selung und das bewusste Zulassen des Entstehens von ist dabei das Vorkommen der nach den Roten Listen Sonderstrukturen, wie Kieshegern und Abbrüchen. Deutschland und Sachsen-Anhalt „vom Aussterben be- Ein weitaus höherer Bedarf zur Beseitigung struktu- drohten“ Käferart Bembidion fluviatile. reller Defizite ergibt sich hingegen an anderen Flüs- Bei weiterführenden Untersuchungen im Gebiet sind sen des Landes, wie beispielsweise der Saale, Unstrut, Nachweise weiterer hochspezialisierter Arten frei mä- Schwarzen und Weißen Elster sowie Bode, wo sich andrierender Flussabschnitte wahrscheinlich, wie bei- derartige Habitatrequisiten bisher gar nicht oder nur spielsweise Dyschirius intermedius und D. nitidus (vgl. kleinstflächig herausbilden und erhalten konnten. Schnitter et al. 2001), welche im Rahmen dieser Un- tersuchung nicht nachgewiesen werden konnten. Künf- tige Erfassungen sollten insbesondere die dynamischen 4 Zusammenfassung und Ausblick Flussuferbereiche im flussaufwärts gelegenen FFH-Ge- biet „Muldeaue oberhalb Pouch“ (FFH0180) zwischen Die Uferbereiche der Unteren Mulde bieten zahlreichen Bad Düben und dem Einlaufdelta in den Muldestausee wertgebenden Carabiden (Tab. 1) verschiedenster öko- einbeziehen. Die Kenntnisse aus den noch weiter ober- logischer Ansprüche Lebensraum. Die herausragende halb gelegenen und unmittelbar angrenzenden sächsi- Bedeutung des Gebietes liegt insbesondere in seiner schen Muldeabschnitten, die morphologisch sehr reich Funktion als Lebensraum für Spezialisten naturnaher, strukturiert sind, lassen auch hier sehr interessante Be- strukturreicher Flüsse mit schotterigen Ufern und leh- funde erwarten. So beschreiben Trautner et al. 1994 migen Steilhängen, die hier eine landesweit einmalige u. a. große Vorkommen von Bembidion fluviatile nörd- Habitatausstattung vorfinden. Überregional bedeutsam lich von Eilenburg.

Tab. 1: Erfasste Laufkäfer im FFH-Gebiet „Untere Muldeaue“ (RANA 2013) und ihr Rote Liste-Status.

Gefährdungskategorie Artname nach Roter Liste (RL)* wissenschaftlich deutsch Sachsen-Anhalt Deutschland Agonum duftschmidi Schmidt, 1994 Duftschmids Glanzflachläufer 3 2 Agonum emarginatum (Gyllenhal, 1827) Dunkler Glanzflachläufer Agonum marginatum (Linné, 1758) Gelbrandiger Glanzflachläufer Agonum micans (Nicolai, 1822) Ufer-Flachläufer Agonum versutum Sturm, 1824 Auen-Glanzflachläufer 2 Amara communis (Panzer, 1797) Schmaler Wiesen-Kamelläufer Amara ovata (Fabricius, 1792) Ovaler Kamelläufer Amara plebeja (Gyllenhal, 1810) Dreifingriger Kamelläufer Amara similata (Gyllenhal, 1810) Gewöhnlicher Kamelläufer Anchomenus dorsalis (Pontoppidan, 1763) Bunter Enghalsläufer Anisodactylus binotatus (Fabricius, 1787) Gewöhnlicher Rotstirnläufer Badister sodalis (Duftschmid, 1812) Kleiner Gelbschulter-Wanderläufer 3 Bembidion articulatum (Panzer, 1796) Hellfleckiger Ufer-Ahlenläufer Bembidion azurescens Dalla Torre, 1877 Blauglänzender Ahlenläufer 2 2 Bembidion biguttatum (Fabricius, 1779) Zweifleckiger Ahlenläufer Bembidion decorum (Panzer, 1799) Blaugrüner Punkt-Ahlenläufer Bembidion dentellum (Thunberg, 1787) Metallbrauner Ahlenläufer Bembidion femoratum Sturm, 1825 Kreuzgezeichneter Ahlenläufer Bembidion fluviatile Dejean, 1831 Lehmufer-Ahlenläufer 1 1 Bembidion fumigatum (Duftschmid, 1812) Rauchbrauner Ahlenläufer 3 Bembidion lunulatum (Geoffroy, 1785) Sumpf-Ahlenläufer Bembidion modestum (Fabricius, 1801) Großfleck-Ahlenläufer 2 Bembidion octomaculatum (Goeze, 1777) Achtfleck-Ahlenläufer 2 Bembidion properans (Stephens, 1828) Feld-Ahlenläufer

61 Gefährdungskategorie Artname nach Roter Liste (RL)* wissenschaftlich deutsch Sachsen-Anhalt Deutschland Bembidion punctulatum Drapiez, 1820 Grobpunktierter Ahlenläufer V Bembidion quadrimaculatum (Linné, 1761) Vierfleck-Ahlenläufer Bembidion ruficolle (Panzer, 1796) Rothals-Ahlenläufer 2 D Bembidion semipunctatum Donovan, 1806 Grünbindiger Ahlenläufer Bembidion tetracolum Say, 1823 Gewöhnlicher Ufer-Ahlenläufer Bembidion varium (Olivier, 1795) Veränderlicher Ahlenläufer Calathus fuscipes (Goeze, 1777) Großer Kahnläufer Carabus granulatus Linné, 1758 Gekörnter Laufkäfer Clivina fossor (Linné, 1758) Gewöhnlicher Grabspornläufer Demetrias monostigma Samouelle, 1819 Ried-Halmläufer Dyschirius globosus (Herbst, 1784) Gewöhnlicher Handläufer Dyschirius thoracicus (Rossi, 1790) Gehörnter Handläufer Dyschirius tristis Stephens, 1827 Dunkler Handläufer Elaphropus diabrachys (Kolenati, 1845) Kurzstreifen-Zwergahlenläufer R Elaphropus parvulus (Dejean, 1831) Schlanker Zwergahlenläufer Elaphrus aureus P. Müller, 1821 Erzgrauer Uferläufer 2 2 Elaphrus riparius (Linné, 1758) Kleiner Uferläufer Harpalus affinis (Schrank, 1781) Haarrand-Schnellläufer Harpalus anxius (Duftschmid, 1812) Seidenmatter Schnellläufer Harpalus autumnalis (Duftschmid, 1812) Herbst-Schnellläufer 3 Harpalus luteicornis (Duftschmid, 1812) Zierlicher Schnellläufer V Harpalus rufipes (De Geer, 1774) Gewöhnlicher Haarschnellläufer Harpalus tardus (Panzer, 1797) Gewöhnlicher Schnellläufer Limodromus assimilis (Paykull, 1790) Schwarzer Enghalsläufer Lionychus quadrillum (Duftschmid, 1812) Vierpunkt-Krallenläufer V Loricera pilicornis (Fabricius, 1775) Borstenhornläufer Microlestes minutulus (Goeze, 1777) Schmaler Zwergstutzläufer Ocys harpaloides Audinet-Serville, 1821 Weichholzrinden-Ahlenläufer 2 3 Omophron limbatum (Fabricius, 1776) Grüngestreifter Grundläufer V Ophonus laticollis Mannerheim, 1825 Grüner Haarschnelläufer Oxypselaphus obscurus (Herbst, 1784) Sumpf-Enghalsläufer Paradromius longiceps Dejean, 1826 Langköpfiger Rindenläufer 3 2 Paranchus albipes (Fabricius, 1796) Ufer-Enghalsläufer Perileptus areolatus (Creutzer, 1799) Schlanker Sand-Ahlenläufer 0 3 Philorhizus sigma (Rossi, 1790) Sumpf-Rindenläufer V Poecilus cupreus (Linné, 1758) Gewöhnlicher Buntgrabläufer Poecilus versicolor (Sturm, 1824) Glatthalsiger Buntgrabläufer Pterostichus anthracinus (Illiger, 1798) Kohlschwarzer Grabläufer Pterostichus gracilis (Dejean, 1828) Zierlicher Grabläufer 3 Pterostichus melanarius (Illiger, 1798) Gewöhnlicher Grabläufer Pterostichus strenuus (Panzer, 1796) Kleiner Grabläufer Pterostichus vernalis (Panzer, 1796) Frühlings-Grabläufer Stenolophus mixtus (Herbst, 1784) Dunkler Scheibenholz-Schnellläufer Syntomus truncatellus (Linné, 1761) Gewöhnlicher Zwergstreuläufer Zabrus tenebrioides (Goeze, 1777) Getreidelaufkäfer *Gefährdungskategorien der Roten Liste: V − Arten der Vorwarnliste, D − Daten defizitär, R − Extrem seltene Arten mit geografischer Restriktion, 0 − Ausgestorben oder verschollen, 1 − Vom Aussterben bedroht, 2 − Stark gefährdet, 3 – Gefährdet

62 Literatur Tietze, F. (1973): Zur Ökologie, Soziologie und Phänologie der Laufkäfer (Coleoptera − Carabidae) des Grünlandes im Gerisch, M. & A. Schanowski (2009a): Zur Regenerationsfä- Süden der DDR. I. Teil. Die Carabiden der untersuchten Le- higkeit von Laufkäferzönosen (Col., Carabidae) nach einem bensorte. – Hercynia N. F. 10: 3−76. extremen Sommerhochwasser an der Mittleren Elbe. − In: Tietze, F. & P. Schnitter (1993): Elbegutachten: Die Laufkä- 30 Jahre Biosphärenreservat Mittelelbe. Forschung und Ma- fer der Elbeaue zwischen Jessen und Magdeburg. – Bonn. nagement im Biosphärenreservat Mittelelbe. − Naturschutz – Bundesamt für Naturschutz (Auftraggeber): Unveröff. im Land Sachsen Anhalt 46 (SH): 68−75. Gutachten. Gerisch, M. & A. Schanowski (2009b): Differenzierung von Trautner, J., M. Bräunicke, J. Lange & J. Rietze (1994): Laufkäfergemeinschaften (Col., Carabidae) an der Mittle- Die Laufkäfer von Inseln und Uferstrukturen der Mulde bei ren Elbe am Beispiel des Roßlauer Oberluchs. − In: 30 Jahre Wurzen und Eilenburg. – Sächsisches Staatsministerium Biosphärenreservat Mittelelbe. Forschung und Manage- für Umwelt und Landesentwicklung (Auftraggeber). – Un- ment im Biosphärenreservat Mittelelbe. − Naturschutz im veröff. Mskr. Land Sachsen Anhalt 46 (SH): 124−129. Trautner, J., G. Müller-Motzfeld & M. Bräunicke (1998): Horion, A. (1941): Faunistik der deutschen Käfer. Bd. I. Ade- Rote Liste der Sandlaufkäfer und Laufkäfer (Coleoptera: Ci- phaga – Caraboidea. – München: 464 S. cindelidae et Carabidae). − In: Binot, M., R. Bless, P. Boye, Jung, M. (2014): Koleopterologische Neu- und Wiederfunde H. Gruttke & P. Pretscher (Bearb.): Rote Liste gefähr- in Sachsen-Anhalt VI. – Entomologische Nachrichten und deter Tiere Deutschlands. − Schriftenreihe für Landschafts- Berichte 58: 161−165. pflege und Naturschutz 55: 159−167. Kleinwächter, M., T. Münchenberg, O. Richter & O. La- Trost, M., P. Schnitter & T. Pietsch (2008): 4.2.2.17 Lauf- rink (2016): 5.3 Laufkäfer (Carabidae). – In: Kleinwäch- käfer: (Coleoptera: Carabidae). – In: LAU – Landesamt ter, M., U. Schröder, S. Roediger, B. Hentschel & für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Arten- A. Anlauf (Hrsg.): Alternative Buhnenformen in der Elbe und Biotopschutzprogramm Sachsen-Anhalt – Biologische – hydraulische und ökologische Wirkungen. − Konzepte Vielfalt und FFH-Management im Landschaftsraum Saale- für eine nachhaltige Entwicklung einer Flusslandschaft.11. Unstrut-Triasland. – Berichte des Landesamtes für Umwelt- − Schweizerbart Verlag. schutz Sachsen-Anhalt SH 1, Teil 1: 273−282. Koch, K. (1989): Die Käfer Mitteleuropas. Ökologie Band 1. – Krefeld (Goecke & Evers Verlag). Lompe, A. (2004): 12. Tribus: Trechini. – In: Müller-Motzfeld, G. (Hrsg.): Die Käfer Mitteleuropas. Bd. 2: Adephaga I: Anschrift der Autorin Carabidae (Laufkäfer). – Heidelberg/Berlin (Spektrum- Verlag): 108–149. LUA NRW − Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen Astrid Thurow (Hrsg.) (2001): Leitbilder für die mittelgroßen bis großen RANA − Büro für Ökologie und Naturschutz Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen − Flusstypen. − Frank Meyer Merkblätter Nr. 34. − Essen. Mühlweg 39 ∙ 06114 Halle RANA – Büro für Ökologie und Naturschutz Frank E-Mail: [email protected] Meyer (2013): Managementplan für das FFH-Gebiet „Un- tere Muldeaue“ und den dazugehörigen Ausschnitt des EU- SPA „Mittelelbe und Steckby-Lödderitzer Forst“. − Lan- desamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Auftraggeber). − Unveröff. Gutachten: 401 S., Anhang und Kartenband. Schnitter, P. (2016): Sandlaufkäfer und Laufkäfer (Coleo- ptera: Cicindelidae et Carabidae). Bestandssituation. 3. Fassung, Stand: März 2014. – In: Frank, D. & P. Schnit- ter (Hrsg.): Pflanzen und Tiere in Sachsen-Anhalt. Ein Kompendium der Biodiversität. – Rangsdorf (Natur+Text): 741−765. Schnitter, P. & M. Trost (2004): Rote Liste der Laufkäfer (Coleoptera: Carabidae) des Landes Sachsen-Anhalt. − Be- richte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 39: 252−263. Schnitter, P., E. Grill & M. Trost (2001): 4.2.2.16 Laufkäfer (Carabidae). − In: LAU – Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.): Arten- und Biotopschutzpro- gramm Sachsen-Anhalt. Landschaftsraum Elbe. – Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt SH 3, Teil 2: 390−403.

63 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 53. Jahrgang • 2016: 64–73 Neue Erkenntnisse zum Goldenen Schecken- falter (Euphydryas aurinia) und zur Pflege und Entwicklung seiner Habitate im Harz Matthias Lehnert, Kerstin Rieche & Christoph Schönborn

1 Einleitung columbaria) („Trockenstamm“). In Sachsen-Anhalt sind ausschließlich Vorkommen an Succisa-Stand- Der Goldene Scheckenfalter (Euphydryas aurinia) orten bekannt geworden. Die Art kam hier bis in die (Abb. 1) wird im Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG erste Hälfte des 20. Jahrhunderts hinein auf extensiv des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürli- bewirtschafteten Feuchtwiesen relativ verbreitet vor. chen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Von den insgesamt 48 bekannt gewordenen Fundorten Pflanzen (FFH-RL) als Tierart von gemeinschaftlichem sind aktuell jedoch nur noch wenige besiedelt, die sich Interesse gelistet, für deren Erhaltung besondere Schutz- ausschließlich auf ein kleines Gebiet auf der Mittelharz- gebiete ausgewiesen werden müssen. Diese Art besiedelt Hochfläche im Umfeld der Orte Hasselfelde und Stiege regional entweder Feuchtwiesen und Niedermoore mit konzentrieren (Schmidt & Schönborn im Druck). Teufelsabbiss (Succisa pratensis) („Feuchtstamm“) oder Auch in anderen Regionen Mitteleuropas sind beson- basiphile Magerrasen mit Tauben-Skabiose (Scabiosa ders die Vorkommen an Feuchtstandorten heute viel-

Abb. 1: Goldener Scheckenfalter (Euphydryas aurinia) bei Hasselfelde. Foto: M. Lehnert.

64 fach erloschen. Neben dem gegenwärtigen deutschen bisher unzureichend. Als besonders verhängnisvoll hat Verbreitungsschwerpunkt im voralpinen Hügel- und sich eine Flächenprivatisierung im FND Birkenbruch Moorland (Reinhardt & Bolz 2011) beherbergt der bei Stiege durch die Bodenverwertungs- und -verwal- Harz eine der bundesweit bedeutendsten montanen tungs GMBH (BVVG) erwiesen, weil diese als Dienst- Nasswiesenpopulationen. Folglich wurde der Goldene leister des Bundes auftrat und dadurch die Ausübung Scheckenfalter auch in die Liste der Verantwortungs- des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts durch die arten Sachsen-Anhalts nach der Nationalen Biodiver- Untere Naturschutzbehörde ausgeschlossen war. Die sitätsstrategie aufgenommen (LAU 2013). Durchführbarkeit von geförderten Pflegemaßnahmen Im Rahmen der Bewertung des Erhaltungszustandes hängt nun von der Zustimmung des neuen Eigentü- der wirbellosen Tierarten nach Anhang II der FFH- mers ab. In einem anderen Fall war die Aufnahme ei- RL sind von Schönborn & Schmidt (2010) Emp- ner ungeeigneten landwirtschaftlichen Nutzungsform fehlungen zum Management der Harzer Vorkommen (Beweidung) beabsichtigt und konnte abgewendet wer- gegeben worden. Seinerzeit wurde eine Mahd in der den. Hier besteht eine Gefahr darin, dass der Nutzer Jungraupenphase als kritisch angesehen, da hierdurch ein Förderinstrument in Anspruch nimmt, das ohne die empfindlichen Raupengespinste zerstört werden Beteiligung oder Information der Naturschutzbehörde (Schnitter et al. 2006). Da auf die Abschöpfung der ausgereicht wird (z. B. Markt- und Standortgerechte Biomasse nicht verzichtet werden kann, wurde eine Landwirtschaft – MSL). In solchen Fällen können Ha- partielle und alternierende Mahd vorgeschlagen. Diese bitate zerstört oder beeinträchtigt werden, obwohl die ergibt sich aufgrund der begrenzten Kapazitäten für die Nutzung mit öffentlichen Geldern gefördert wird. Landschaftspflege ohnehin vielfach „von selbst“. In den letzten Jahren gelangen in einem Habitat mit außerge- wöhnlich positiver Populationsentwicklung u. a. im 3 Populationsentwicklung Rahmen einer Bachelorarbeit (Lehnert 2015), von zwei Naturschutzprojekten des Landschaftspflegeverbandes Bereits in früheren Jahrzehnten war der Goldene Harz e. V. (LPV 2012, 2015) sowie des Tagfaltermonito- Scheckenfalter im Mittelharz eine eher seltene Art. rings Deutschland (TMD) Beobachtungen zur Eiablage Bergmann (1952) führt eine einzige Angabe von den und Larvalbiologie, die ein tieferes Verständnis der Aut- „Wiesen bei Benneckenstein“ auf. Diese geht auf A. ökologie der Art ermöglichen. Sie gestatten es auch, die Petry (in Rapp 1936) zurück, der am 13.6.1930 ein Aussagen zur Habitatpflege nunmehr deutlich präziser Weibchen beobachtete. Später bekannt gewordene zu formulieren. Funde reichten bis 1980, so dass E. aurinia zwischen- zeitlich als verschollen galt. Nachdem 1995 in einer Präsentation des Landschaftspflegeverbandes Harz 2 Gefährdung ein zufällig fotografierter Falter auf einer Arnikablüte erkannt wurde, konnten durch gezielte Nachsuche Der Goldene Scheckenfalter ist in Sachsen-Anhalt vom zwischen 1996 und 2006 schließlich acht besetzte Ha- Aussterben bedroht (Schmidt et al. 2004). Das Erlö- bitate ermittelt werden, davon keines am historischen schen der meisten Populationen geht auf die Intensi- Fundort bei Benneckenstein (Schönborn & Schmidt vierung der Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 2010). An drei dieser Lokalitäten gelangen die letzten 20. Jahrhunderts zurück. Daneben bedrohen im Harz Nachweise bereits 2006 bzw. 2009, an einer weiteren auch die völlige Aufgabe der habitatprägenden Nutzung wurden erst 2016 wieder die ersten beiden Falter seit und nachfolgende Sukzession den Fortbestand der Art 2005 beobachtet. Vier der damaligen Fundstellen sind (Schnitter et al. 2006). In den verbliebenen Habita- aktuell noch besiedelt, drei weitere kamen in den letzten ten findet mit einer Ausnahme keine erwerbslandwirt- Jahren hinzu (Tab. 1). schaftliche Nutzung mehr statt. Folglich stellt diese Ent- Dabei ergibt sich folgendes Bild: An der Mehrzahl der wicklung aktuell den wichtigsten Gefährdungsfaktor Fundplätze bleibt die Populationsdichte von E. aurinia dar, sofern sie nicht durch Landschaftspflege kompen- niedrig, so wie dies vermutlich schon um 1930 der Fall siert werden kann. Ferner sind die Lebensräume von war. Die Bestandsentwicklung unterliegt einer hohen Devastierung infolge jagdlicher Nutzung und Auffors- Dynamik, indem Vorkommen erlöschen (oder die tung bedroht. Dabei ist der administrative Schutz der Abundanz unter die Nachweisgrenze sinkt) und andere Art ungeachtet der Aufnahme der meisten noch besie- neu oder wieder besiedelt werden. Das FND Birken- delten Habitate in das Schutzgebietsnetz Natura 2000 bruch ist mindestens seit 1996 kontinuierlich in rela-

65 Tab. 1: Habitate von Euphydryas aurinia im Mittelharz 1996 bis 2006 (Angaben nach Schönborn & Schmidt 2010) und aktuell.

Vorkommensort Lage im Schutzgebiet Vorkommen des Habitates (FFH-Gebiet, NSG, FND) 1996 bis 2006 aktuell Trautenstein, Bullars X ? 2 Falter 2016, zuvor mehr- fach vergeblich gesucht Hasselfelde, Großes Mühltal X X Hasselfelde, Radewiesen FFH0094 (Radeweg bei Hasselfelde) X − zuletzt 2006, danach mehr- fach vergeblich gesucht Stiege, Mosebach-Quellwiese FFH0095 (Bere und Mosebach südwestlich X X Stiege) Stiege FFH0096 (Selketal und Bergwiesen bei Stiege) X X NSG0178 (Oberes Selketal), FND Birkenbruch Stiege FFH0096 (Selketal und Bergwiesen bei Stiege) X − FND Hasselquelle zuletzt 2009, danach mehr- fach vergeblich gesucht Stiege, Füllenbruch FFH0096 (Selketal und Bergwiesen bei Stiege) X X NSG0026 (Albrechtshaus) Stiege, Limbachtal FFH0096 (Selketal und Bergwiesen bei Stiege) ? – NSG0178 (Oberes Selketal) 1 Falter 2000 Stiege, Semmelwiesen – X Hasselfelde, Wiesental – X Allrode, Steinborntal – X

Vorkommen: X: Art vorhanden, –: Art nicht vorhanden, ?: Einzelfalter, Reproduktion fraglich

tiv hoher Dichte besetzt, und eines der neu entdeckten deren Regionen beschrieben wurde (Wahlberg et al. Vorkommen bei Hasselfelde zeigt seit 2008 ein unge- 2002). Es besteht ein Verbund aus einem oder wenigen wöhnliches, explosives Populationswachstum (Abb. 2). stabilen, individuenreichen Kernvorkommen und zahl- Die räumliche und zeitliche Struktur entspricht somit reicheren kleinen, z. T. temporären Satellitenvorkom- dem Metapopulationsmodell, so wie dies auch aus an- men. Die Abstände zum aktuellen Hauptvorkommen betragen zwischen 0,5 und 8,5 Kilometer (Lehnert 2015). Die hier mitgeteilten Beobachtungen zur Phä- nologie und Autökologie stammen überwiegend aus 2500 diesem Gebiet, das hinsichtlich der Abundanz von E. 2321

n aurinia gegenwärtig einmalig in Sachsen-Anhalt ist

i du e 2000 (Abb. 3). I nd i v

n

e 1500 ass t f r e

r 1000 4 Beobachtungen e d

l 652 h a z 500 n

A Der Flugzeitbeginn variiert in den Harzer Vorkommen 194 32 66 0 5 18 25 um etwa vier Wochen zwischen Mitte Mai und Mitte 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 Juni. Die Auswertung der Monitoring-Daten des indivi- Monitoring-Jahr duenreichsten Vorkommens bei Hasselfelde ergab eine sechs- bis siebenwöchige Flugperiode von Mitte Mai bis Abb. 2: Populationsentwicklung von Euphydryas au- Anfang Juli. Diese außergewöhnlich lange Flugzeit lässt rinia am Hauptfundort bei Hasselfelde in den Jahren sich mit einer zeitversetzten Entwicklung in Abhängig- 2008 bis 2015 (Quelle: TMD, S. Lehnert, K. Rieche). keit von den mikroklimatischen Bedingungen auf un-

66 ponierte Hänge und sehr schmale Seitentäler mit ganz- tägiger oder längerer Beschattung werden gemieden. Bereiche, in denen die Wirtspflanze zum Zeitpunkt der Eiablage von der umgebenen Vegetation (z. B. von Seg- gen- oder Binsenarten) bereits überwachsen ist, werden ebenfalls nicht angeflogen. Die Weibchen präferieren für die Ablage Succisa-Pflanzen in unmittelbarer Nähe einer südexponierten Traufkante des anschließenden Fichtenforstes. Windschutz und Wärmestau des Wald- randes sind hier entscheidend. In einem weiteren Ha- bitat ohne solche begrenzenden Waldkanten werden etwas erhöhte und gut besonnte Plätze in der relativ stark reliefierten Wiesenfläche bevorzugt. Hier erfolgt die Eiablage besonders an relativ frei und exponiert stehenden Pflanzen mit großen Blättern, die keinen unmittelbaren Kontakt zur benachbarten Vegetation haben (Abb. 4).

Abb. 3: Ein seltener und prächtiger Anblick: zahlreiche Goldene Scheckenfalter auf einer Blüte des Breitblätt- rigen Knabenkrautes (Dactylorhiza majalis). Foto: M. Lehnert.

terschiedlichen Teilflächen erklären. In vollsonnigen, windgeschützten und schneller erwärmten Bereichen entwickeln sich die überwinterten Raupen im Frühling schneller und verpuppen sich früher. Die Abundanzen von Raupen und Faltern sind an solchen begünstigten Standorten am höchsten. Daneben präferieren Goldene Scheckenfalter innerhalb ihres Habitats Abschnitte mit einer hohen Dichte von Teufelsabbiss (Succisa pratensis), der im Mittelharz ein- zigen Raupennahrungspflanze, sowie zahlreichen ge- eigneten Nektarpflanzen. Dabei können Eiablage- und Nektarplätze etwas voneinander getrennt sein, d. h. die Falter fliegen zum Blütenbesuch auch in benachbarte Flächen. Die Förderung von Nektar- und Wirtspflanzen durch pflegerische Maßnahmen wirkt sich nachweislich positiv auf die Verteilung der Art aus. Nach der Frei- stellung eines verbrachenden, für E. aurinia unattrak- tiv gewordenen Abschnitts innerhalb eines besiedelten Habitats führte das steigende Angebot an Nektar- und Wirtspflanzen in den Jahren nach der Instandsetzung zu einer stärkeren Frequentierung dieser Teilfläche. Abb. 4: Die Eiablage und Larvalentwicklung erfolgen Jedoch sind nicht alle Bereiche mit einer hohen Dichte vorrangig an exponierten und frei zugänglichen Wirts- von Succisa pratensis gleichermaßen geeignet. Nordex- pflanzen. Foto: K. Rieche.

67 Abb. 5: Eispiegel auf der Blattunterseite von Succisa pratensis (Freilandaufnahme!). Frisch abgelegte Eier sind intensiv gelb; vor dem Schlupf der Räupchen verfärben sie sich dunkelbraun. Foto: M. Lehnert.

Auch Succisa-Pflanzen entlang eines Trampelpfades Im L4-Stadium werden in den unteren Teilen der Nah- wurden bei der Ablage bevorzugt. Stets handelt es sich rungspflanze die Überwinterungsgespinste angelegt. um vergleichsweise trockene Stellen innerhalb der Nach der Überwinterung sind die Raupen im April Nasswiesenkomplexe. (in manchen Jahren bereits ab März) vergesellschaftet, Die Eier werden in meist zweischichtigen Spiegeln auf aber nunmehr ohne Gespinst, beim Sonnen anzutreffen der Blattunterseite der Nahrungspflanze abgelegt. Die (Abb. 7). beschriebenen Präferenzen können dazu führen, dass Im letzten Stadium vereinzeln sie sich und gehen erst sich bei hoher Falterdichte an optimalen Pflanzen re- kurz vor der Verpuppung zum Reifungsfraß auch gelrechte „Warteschlangen“ ablagebereiter Weibchen auf andere Pflanzen über. Sie wurden dann fressend bilden und die am besten geeigneten Blätter mit bis an Kleinem Habichtskraut (Pilosella officinarum), zu zehn Eigelegen mehrerer Weibchen bedeckt sind Busch-Windröschen (Anemone nemorosa) und Acker- (Abb. 5). Witwenblume (Knautia arvensis) aufgefunden. Die Da aber die Anzahl solcher Pflanzen begrenzt ist, sind letztgenannte Art wird für Sachsen als gelegentliche die Tiere gezwungen, auch kleinere, weniger exponiert Wirtspflanze auch vor der Überwinterung genannt stehende Exemplare zur Eiablage zu nutzen. Das führt (Thoss 2007). Von den Autoren konnte indes an den dazu, dass einzelne Pflanzen mit großen Blättern zwar z. T. reichen Knautia-Vorkommen in den untersuchten viele Eispiegel pro Blatt aufweisen, die Mehrzahl der Habitaten nie ein Fraßgespinst von E. aurinia festge- Eispiegel aber dennoch an kleineren Wirtspflanzen zu stellt werden. finden ist. Anders als die Raupen sind die Imagines bei der Nah- Nach dem Schlupf finden sich die Jungraupen in Ver- rungssuche nicht wählerisch und nutzen offensichtlich bänden zusammen und errichten ein Fraßgespinst an alle Nektarquellen, die ihnen während der Flugzeit zur ihrer Wirtspflanze (Abb. 6). Verfügung stehen. Dabei nimmt der Nahrungsoppor- Da sich in manchen Fällen mehr als hundert Raupen auf tunismus mit steigender Falterdichte zu. Die meisten einer Pflanze befinden, kommt es häufig zum Kahlfraß. Imagines wurden auf den Blüten des Wiesen-Schlan- Nicht selten verlassen die Raupen die erste Futterpflanze genknöterichs (Bistorta officinalis) beobachtet. Das liegt und wandern zur nächsten, um dort in einem neuen aber vor allem daran, dass diese rosa blühende Pflanze Fraßgespinst ihre Nahrungsaufnahme fortzusetzen. zur Flugzeit von E. aurinia den Blühaspekt der Habitate Von Bedeutung ist in diesem Fall der Deckungsgrad der dominiert. In der Regel besteht eine Präferenz für Arten Succisa-Pflanzen, da in Bereichen mit hoher Dichte nur mit gelben Blüten. Dazu zählen im Gebiet u. a. Steif- geringe Wanderdistanzen überwunden werden müssen. haariger Löwenzahn (Leontodon hispidus), Kleines Ha-

68 Abb. 6: Jungraupen im Fraßgespinst auf der Nahrungs- Abb. 7: Halberwachsene Raupen nach dem Verlassen pflanze. Foto: S. Lehnert. des Überwinterungsgespinstes. Foto: S. Lehnert.

bichtskraut (Pilosella officinarum), Blutwurz (Potentilla Die bevorzugt genutzten Habitate des „Feuchtstamms“ erecta), Arnika (Arnica montana) und Weicher Pippau sind im Untersuchungsgebiet also gar nicht so feucht (Crepis mollis). wie bisher angenommen. In diesem Zusammenhang lohnt ein Vergleich mit dem „Trockenstamm“, der an der ebenfalls zu den Kardengewächsen (Dipsacaceae) 5 Habitat gehörenden Tauben-Skabiose lebt und aus Sachsen- Anhalt bisher nicht bekannt ist. Bedeutende Standorte Typische Habitate im Mittelharz sind allseitig von von Magerrasen mit Scabiosa columbaria gibt es hier vor Wald (Fichtenforst) umgebene, überwiegend feuchte allem in den Harzvorländern und im Saale-Unstrutge- bis nasse Wiesenkomplexe in Höhenlagen von ca. 440 biet, die sich durch sehr geringe Niederschlagsmengen bis 535 m ü. NHN. In diesen dominieren meist Nass- auszeichnen. Die bekannten Vorkommen des „Trocken- wiesen (Calthion palustris) und Sümpfe (Caricion nig- stamms“ z. B. im Eichsfeld und in der Rhön liegen in rae, Polygono-Scirpetum sylvatici), die regelmäßig mit deutlich regenreicheren Gebieten. Der „Verschieden- Berg-Mähwiesen (Polygono-Trisetion) und Borstgras- biotopbewohner“ (sensu Weidemann 1995) Euphy- rasen (Violio caninae-Nardion) vergesellschaftet sind. dryas aurinia besiedelt also „trockene Feuchtwiesen“ In einem solchen Wiesenkomplex konnte unmittelbar und „feuchte Trockenrasen“, die sich hinsichtlich der am Waldrand, der den oberen Abschluss der Fläche standortklimatischen Faktoren weniger unterscheiden bildet und überwiegend von Borstgrasrasen einge- als es auf den ersten Blick scheint. nommen wird, eine hohe Dichte an Raupengespins- ten (n=49) ermittelt werden. Die meisten Gespinste Die Tauben-Skabiose kommt im Mittelharz nur in den (n=56) wurden einige Meter tiefer am Oberhang im submontanen Halbtrockenrasen des Devonkalkgebietes Übergangsbereich zwischen Borstgrasrasen und Berg- um Elbingerode und Rübeland in größeren Beständen Mähwiesen gefunden. Noch weiter hangabwärts ging vor. Hier wurde der Goldene Scheckenfalter bisher nicht die Anzahl in den zunehmend höherwüchsigen und nachgewiesen. Die einzige aktuelle Angabe aus einem dichten Berg-Mähwiesen über den Mittelhang (n=42) trockenen Biotopkomplex stammt aus dem NSG „Hars- zum Unterhang (n=24) deutlich zurück. Die wenigsten lebener Berge und Steinholz“ im Nördlichen Harzvor- Gespinste fanden sich in den Nasswiesen der Bachaue land, wo am 10.6.2015 die Beobachtung eines einzelnen (n=13), obwohl auch hier große Succisa-Pflanzen- Weibchens gelang (Bennedsen in litt. mit Fotobeleg). bestände wachsen (Aufnahmeflächen jeweils 40 m2) Auffälligerweise gibt es in den Magerrasen der Harsle- (Lehnert 2015). bener Berge neben Tauben-Skabiose auch Bestände von

69 Abb. 8: Insel- und Streifenmahd mit stehen gebliebenen, blühenden Succisa-Pflanzenbeständen. Foto: K. Rieche.

Teufelsabbiss, letztere besonders an den Nordhängen. gen von Schönborn & Schmidt (2010) beibehalte- Es kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob nen partiellen Mahd in Verbindung gebracht. Gemäht es sich bei dem beobachteten Exemplar um einen aus wurde meist im August, in einem Jahr sogar erst ab dem Harz verdrifteten Falter gehandelt hat oder ob Mitte September. Es verblieben wertvolle Refugien für eine lokale Population besteht bzw. sich etabliert. Letz- herbstliche Blütenbesucher (Abb. 8), jedoch entsprach teres ist jedoch weniger wahrscheinlich, da weitere, die Pflege kaum der historischen Nutzung. auch historische Angaben aus dem gut untersuchten In den letzten Jahren wurde das Habitatmanagement in Gebiet fehlen (Jupe 1968, Schmidt & Schönborn im Zusammenarbeit zwischen dem Landschaftspflegever- Druck). band Harz und der Naturschutzbehörde des Landkrei- ses Harz modifiziert und weiterentwickelt. Ein wichti- ger Faktor zum Schutz der Raupen ist die Schnitthöhe 6 Pflegekonzept des Mähwerkes während der Mahd. Bei Einstellung der Mahdhöhe auf ca. sieben bis zehn Zentimeter werden Die Habitate des „Feuchtstamms“ sind im Regelfall viele Raupengespinste, die sich oft an den bodennahen durch Mahd zu nutzen bzw. zu pflegen, wobei gleich- Blättern der Wirtspflanze befinden, verschont (Abb. 9). zeitig aufkommende Gehölze und Himbeeren Rubus( Ferner konnte beobachtet werden, wie sich Raupen, idaeus) entfernt werden. Neben der Aufgabe habitat- deren Gespinste durch die Mahd zerstört wurden, in prägender Nutzung wird aber auch die Mahd während der Folge neu aggregiert und ein Raupengespinst an der Jungraupenphase als Beeinträchtigung bewertet der nächstgelegenen Futterpflanze errichtet haben. Es (Schnitter et al. 2006). Demzufolge wurden die ex- kann daher davon ausgegangen werden, dass die Rau- plosionsartig zunehmenden Abundanzen im Haupt- pen von E. aurinia eine Mahd, zumindest mit angepass- vorkommen (vgl. Abb. 2) zunächst nur mit der seit 2008 ter Schnitthöhe, wesentlich besser vertragen als bisher dort praktizierten und entsprechend den Empfehlun- angenommen.

70 den Schonstreifen mit einer Länge von mehreren Hun- dert Metern. Insbesondere letztere Methode hat sich in den letzten zehn Jahren bewährt. Sie ermöglicht einer- seits die Schonung von Raupengespinsten, andererseits eine unkomplizierte technologische Umsetzung. Von Vorteil erwies sich außerdem die Mahd in zeitlich ver- setzten Abschnitten, angepasst an den jährlichen Ver- lauf der Witterung und damit der Vegetationsentwick- lung. Damit können arten- und strukturreiche Habitate entwickelt werden, die auch für E. aurinia eine geeig- nete Lebensgrundlage bilden. Beweidung ist im „Feuchtstamm“ im Regelfall unver- träglich (Hermann & Anthes 2003). Im Mittelharz ist bedingt durch die Kleinflächigkeit der Habitate das Risiko der Schädigung der Gespinste durch den Tritt der Weidetiere sehr hoch. Auch aus botanischer Sicht stellt die Beweidung für die oben beschriebenen Wie- senkomplexe aufgrund der vorherrschenden Anteile von Feucht- und Nasswiesen bzw. frischen Bergwiesen keine geeignete Nutzungsform dar. Für diese Biotope wurde unter dem Einfluss von Beweidung ein deutlicher Rückgang der Artenzahl von Gefäßpflanzen bis hin zu artenarmen Binsenfluren bzw. Dominanzbeständen mit Rasenschmiele (Deschampsia cespitosa) dokumen- Abb. 9: Fraßgespinst nach der Mahd (31.07.2016). Eine tiert (BfU 2007). Schädigung der Jungraupen war nicht erkennbar. Foto: Für die praktische Pflege hat sich eine Kombination aus K. Rieche. Maschinenmahd mit Traktoren kleinerer PS-Klassen (45 bis 86 PS) oder Einachsmotormähern sowie Hand- mahd mit Freischneider bewährt (LPV 2015). Die maschinelle Mahd auf dafür geeigneten Flächen wird Allerdings ist Gespinst nicht gleich Gespinst. Die o. g. mit leichten und kompakten Allradschleppern ausge- Beobachtungen erfolgten an sommerlichen Fraßge- führt, die zur Vermeidung von Bodenverdichtungen spinsten mit aktiven Raupen (Jungraupen!), die im mit Breitreifen bzw. Zwillingsbereifung ausgerüstet Gebiet bereits ab Anfang Juli – zur Flugzeit der letzten sind. Die geringe Größe und kleinräumige Struktur Falter – bis mindestens Ende August anzutreffen sind. der Teilflächen und Zuwegungen erfordern für die An- Hingegen führt die bisher vielfach praktizierte sehr baugeräte schmale Arbeitsbreiten von maximal drei späte Mahd tatsächlich zu Beeinträchtigungen, wenn Metern. Die eingesetzten Mähwerke müssen die o. g. sie auf ganzer Fläche erfolgt. Ende August oder im Mindestschnitthöhe garantieren (z. B. durch Ausstat- September beziehen die Raupen ihre Überwinterungs- tung mit Hochschnittkufen). Vor der Mahd erfolgt bei gespinste. Diese sind aufgrund ihrer feineren und dich- Bedarf eine Beräumung der Flächen von Windbruch, teren Struktur wesentlich aufwendiger zu errichten als Schlagreisig u. ä. Hindernissen. Als erfolgreich hat sich die normalen Fraßgespinste. Hierzu sind die Raupen in als erste Hilfsmaßnahme in stärker verfilzten Bereichen der Diapause offenbar physiologisch nicht in der Lage, das gezielte Anlegen von Eiablagefenstern durch ma- so dass bei einer Zerstörung dieser Gespinste mit erheb- nuelle Mahd erwiesen, welche dann auch tatsächlich lichen winterlichen Verlusten zu rechnen ist. Folglich von der Art genutzt werden. Die Biomasse wird nach wird inzwischen etwas früher gemäht als dies bisher der Mahd von den Flächen beräumt. Das Beräumen der Fall war. des Mähgutes erfolgt in der Regel frühestens zwei bis Ein weiterer Aspekt ist die Umsetzung einer räumlich drei Tage nach der Mahd. Aktive Raupen haben so Zeit, und zeitlich gestaffelten Mahd. Erprobt wurde neben neue Gespinste in den verbliebenen Succisa-Pflanzen dem inselartigen Aussparen von Schonbereichen mit anzulegen. Raupengespinsten das Anlegen von jährlich wechseln-

71 Abb. 10: Typischer Standort von mit Raupen besetzten Succisa-Pflanzen nach der Biotoppflege. Foto: K. Rieche.

Die Entnahme von (einzelnen) Gehölzen ist eine re- unbesiedelter Flächen in erreichbarer Entfernung wird gelmäßig erforderliche Pflegemaßnahme. In einem als entscheidend für die (langfristige) Erhaltung der aktuell besiedelten Habitat fanden sich die einzigen Gesamtpopulation angesehen. In Tschechien wurden mit Raupen besetzten Succisa-Pflanzen entlang der Wanderdistanzen zwischen 0,2 und 8,5 Kilometer er- Traufkante des angrenzenden Fichtenforstes, während mittelt (Hula et al. 2004). Die Übereinstimmung mit große Bestände in dichtwüchsigen und nassen Partien den Abständen zwischen unseren besiedelten Habitat- auf der Fläche unbesiedelt blieben. Daraufhin wurden patches (s. o.) ist augenfällig. Warren (1994) gibt für in Abstimmung mit dem Forstbetrieb Oberharz Fich- Großbritannien eine Neubesiedlung von Habitaten ten entnommen, um die von den Gehölzen bedrängten auch über Distanzen von 15 bis 20 Kilometer an. Nahrungspflanzen freizustellen. Damit konnte auch Als Voraussetzung für eine effektive und erfolgrei- die wichtige Grenzlinie zwischen Wald und Offenland che Pflege der Harzer Lebensräume des Goldenen verlängert und neue, für die Eiablage geeignete Wald- Scheckenfalters wurde mit der Entwicklung flächen- randnischen geschaffen werden (Abb. 10). Es besteht der scharfer Pflegepläne begonnen. Sie liefern die notwen- Eindruck, dass dies zu einer deutlichen Stabilisierung digen Fakten für die Gestaltung der Pflegeregimes und des zwischenzeitlich sehr individuenarm gewordenen ermöglichen eine Erfolgskontrolle. Die regelmäßige Vorkommens geführt hat. Dokumentation der durchgeführten Maßnahmen und Eine besondere Bedeutung beim Schutz des Goldenen die Fortschreibung der Pflegepläne sind langfristig not- Scheckenfalters im Mittelharz kommt der vermuteten wendig. Metapopulationsstruktur zu. Neben der Erhaltung des individuenreichen Kernvorkommens besteht ein Ziel darin, die umliegenden Satellitenpopulationen sowie Danksagung auch potenzielle Habitate durch eine auf E. aurinia ab- gestimmte Pflege zu stärken. Es ist davon auszugehen, Wir bedanken uns ganz herzlich bei Frau Sylvia Leh- dass die bestehenden Vorkommen in einem genetischen nert (Landkreis Harz) und Herrn Bernd-Otto Benned- Austausch stehen. Wahrscheinlich wandern besonders sen (Regionalkoordinator des Tagfaltermonitorings in Phasen hoher Dichte Falter aus optimalen Habita- Deutschland (TMD), Quedlinburg), die mit uns ge- ten ab. Die Verfügbarkeit geeigneter, ggf. auch aktuell meinsam die hier vorgestellten Ergebnisse erarbeitet

72 und diskutiert haben. Viele wertvolle Anregungen Schmidt, P. & Ch. Schönborn (im Druck): Schmetterlings- verdanken wir Herrn Dr. Hartmut Kretschmer (Neu- fauna Sachsen-Anhalts. Band 2. Tagfalter und Spinnerarti- ge. – Jena (Weissdorn-Verlag). enhagen). Dem Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt Schmidt, P., Ch. Schönborn, J. Händel, T. Karisch, J. Kell- gebührt Dank für die Förderung der Projekte des Land- ner & D. Stadie (2004): Rote Liste der Schmetterlinge schaftspflegeverbandes Harz im Rahmen des Europäi- (Lepidoptera) des Landes Sachsen-Anhalt (2. Fassung). – schen Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des länd- Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-An- lichen Raumes (ELER), ebenso der Naturschutzstiftung halt 39: 388–402. Schnitter, P., Ch. Eichen, G. Ellwanger, M. Neukir- Papilio aus Göttingen und dem Forstbetrieb Oberharz chen & E. Schröder (Bearb.) (2006): Empfehlungen für für die hilfreiche Unterstützung bei der weiteren Pflege die Erfassung und Bewertung von Arten als Basis für das der Habitatflächen. Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFH-Richtlinie in Deutschland. – Berichte des Landesamtes für Umwelt- schutz Sachsen-Anhalt SH 2. Literatur Schönborn, Ch. & P. Schmidt (2010): Euphydryas aurinia (Rottemburg, 1775) – Goldener Scheckenfalter. – In: Bergmann, A. (1952): Die Großschmetterlinge Mitteldeutsch- Malchau, W., F. Meyer & P. Schnitter (Bearb.) (2010): lands. Bd. 2. Tagfalter. – Jena (Urania Verlag). Bewertung des Erhaltungszustandes der wirbellosen Tier- BfU – Büro für Umweltplanung Dr. Friedhelm Michael arten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (2007): Erfolgskontrolle von Maßnahmen des Vertragsna- in Sachsen-Anhalt. – Berichte des Landesamtes für Um- turschutzes in den Gemarkungen Hasselfelde und Stiege. – weltschutz Sachsen-Anhalt SH 2: 113–128. . – Landkreis Harz, Untere Naturschutzbehör- Thoss, S. (2007): Euphydryas aurinia (Rottemburg, de (Auftraggeber). – Unveröff. Gutachten. 1775), Goldener Scheckenfalter. – In: Reinhardt, R., H. Hermann, G. & N. Anthes (2003): Werden Populationen des Sbieschne, J. Settele, U. Fischer & G. Fiedler: Tagfal- Goldenen Scheckenfalters, Euphydryas aurinia (Rottem- ter von Sachsen, Beiträge zur Insektenfauna Sachsens Band burg, 1775) durch Beweidung gefördert oder beeinträch- 6. – Entomologische Nachrichten und Berichte, Beiheft 11: tigt? – Artenschutzreport 13: 24–33. 423–431. Hula, V., M. Konvicka, A. Pavlicko & Z. Fric (2004): Marsh Wahlberg, N., T. Klemetti, V. Selonen & I. Hanski (2002): Fritillary (Euphydryas aurinia) in the . Mo- Metapopulation structure and movements in five species of nitoring, metapopulation structure and conservation of an checkerspot butterflies. – Oecologia 130: 33–43. endangered butterfly. – Entomologica Fennica 15: 231–241. Warren, M. S. (1994): The UK status of suspected metapopula- Jupe, H. (1968): Die Macrolepidopterenfauna des Naturschutz- tion structure of a threatened European butterfly, the marsh gebietes „Harslebener Berge“ im Nord-Harzvorland und fritillary. – Biological Conservation 67: 239–249. ihre Beziehungen zu den Pflanzengesellschaften. – Hercy- Weidemann, H. J. (1995): Tagfalter – beobachten, bestim- nia 5: 97–180. men. – Augsburg (Naturbuch-Verlag). LAU – Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (2013): Liste der Verantwortungsarten für das Land Sach- sen-Anhalt. – Halle (Saale): http://www.lau.sachsen-anhalt. Anschriften der Autoren de/fileadmin/Bibliothek/Politik_und_Verwaltung/MLU/ LAU/Naturschutz/Arten-_und_Biotopschutz/Dateien/ver- Matthias Lehnert antwortungsarten.pdf (letzter Abruf: 12.7.2016). Am Teich 8 ∙ 38889 Hasselfelde Lehnert, M. (2015): Analyse der Bestandsentwicklung des Goldenen Scheckenfalters (Euphydryas aurinia, Rott. E-Mail: [email protected] 1775) in Sachsen-Anhalt am Beispiel des Sautales bei Has- selfelde/Harz. – Eberswalde (Hochschule für nachhaltige Kerstin Rieche Entwicklung). – Unveröff. Bachelorarbeit. Landschaftspflegeverband Harz e. V. LPV – Landschaftspflegeverband Harz e. V. (2012): Er- Rosentalstraße 12b ∙ 38899 Hasselfelde haltung und Verbesserung von FFH-Lebensraumtypen der Wiesen in FFH-Gebieten der Gemarkung Stiege. – Hassel- E-Mail: [email protected] felde. – Unveröff. Projektbericht. LPV – Landschaftspflegeverband Harz e. V. (2015): Dr. Christoph Schönborn Schutz und Pflege von Habitaten des Goldenen Schecken- Landkreis Harz falters im Harz. – Hasselfelde. – Unveröff. Projektbericht. Umweltamt, Untere Naturschutzbehörde Rapp, O. (1936): Beitrag zur Schmetterlingsfauna des Harzes, Beobachtungen von Prof. Dr. Arthur Petry († 1932), Nord- Friedrich-Ebert-Straße 42 ∙ 38820 Halberstadt hausen. – Erfurt. E-Mail: [email protected] Reinhardt, R. & R. Bolz (2011): Rote Liste und Gesamtar- tenliste der Tagfalter (Rhopalocera) (Lepidoptera: Papilio- noidea et Hesperioidea) Deutschlands. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70: 167–194.

73 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 53. Jahrgang • 2016: 74–105 Neobiota und Naturschutz

Jens Peterson

1 Einführung Zeit mit Saat- oder Handelsgut, Vieh, Heu oder Heusaat verschleppt. Manche Pflanzen des Grünlandes und der Bereits früh im Verlauf der Menschheitsgeschichte Ruderalstandorte (z. B. ehemalige Zier-, Heil-, Gewürz-, wurden Tiere und Pflanzen durch unsere Vorfahren und Zauberpflanzen) brachte man sogar bewusst ein. in Gebiete gebracht, in denen sie nicht heimisch waren Gleiches trifft für einige wenige Tierarten zu, die als und die sie aus eigener Kraft nicht hätten erreichen kön- Jagdwild oder zu Fischereizwecken eingeführt wurden. nen. Die Ausdehnung von Ackerbau und Viehzucht im Ein erheblicher Teil der Biodiversität Mitteleuropas, der Neolithikum war verbunden mit der Verbreitung von als heimisch und größtenteils auch als schützenswert Haustieren, Kulturpflanzen und in ihrem Gefolge von angesehen wird, besteht aus vor langer Zeit eingeführ- vielen weiteren Arten. Bereits damals wurden dabei ten oder eingewanderten Arten. pflanzen- und zoogeographische Grenzen überschrit- Eindeutig als „fremd“ können aus europäischer Sicht ten. Während man über die Herkunft und ursprüng- solche Arten beurteilt werden, welche nachweislich aus liche Heimat der wichtigsten domestizierten Arten Gebieten stammen, die erst in der Neuzeit von Euro- mittlerweile verhältnismäßig gut unterrichtet ist, ist das päern entdeckt wurden. Dies betrifft das tropische und bei wildlebenden, das Kulturland besiedelnden Tieren südliche Afrika, große Teile Süd- und Südostasiens, und Pflanzen, nicht immer der Fall. In den jahrtau- Ozeanien mit Neuseeland und Neuguinea, Australien sende alten Landwirtschaftsregionen kann bei solchen sowie, sieht man von den frühen Fahrten der Wikinger Arten manchmal nicht leicht entschieden werden, ob ab, Amerika. Da gerade aus Nord- und Mittelamerika sie heimisch oder fremder Herkunft sind. In dieser aufgrund enger Kolonial- und Wirtschaftsbeziehungen Hinsicht schwierig zu beurteilen sind beispielsweise sowie teilweise vergleichbarer klimatischer Verhältnisse einige Vertreter der Wiesenflora, die ausschließlich in viele Arten nach Europa eingeführt wurden, hat es sich genutztem Grünland vorkommen und deren Arealzen- in Mitteleuropa besonders in der Pflanzengeographie tren in Mitteleuropa liegen. Andererseits ist nicht zu und Vegetationskunde eingebürgert, das Jahr 1492 als bezweifeln, dass typische Arten des Kulturlandes und Zeitmarke für die Einschätzung als „mit Sicherheit der Siedlungsbereiche aus Westasien, Ost-, Südost- und fremd“ zu nutzen. Diese Jahreszahl bezieht sich auf die Südeuropa sowie Nordafrika stammen und ursprüng- Entdeckung karibischer Inseln durch Christoph Ko- lich dem großenteils von Wald bedeckten Mitteleuropa lumbus, die das Tor zur Kolonisierung Amerikas öff- fremd waren. Dazu gehören mit ziemlicher Sicherheit nete. In deren Gefolge wurde eine Vielzahl bis dahin in viele Vogelarten und manche Säuger des Agrarlandes, Europa unbekannter Arten in die Alte Welt gebracht fast alle spezifischen Phytophage der landwirtschaftli- oder verschleppt, darunter so bedeutsame wie Mais chen Kulturarten, viele Parasiten der Haustiere, Pflan- (Zea mays) und Truthuhn (Meleagris gallopavo f. do- zen- und Tierarten des Grünlandes, eine Anzahl von mestica) oder auch ein südamerikanischer Stamm des Arten der Ruderalflächen und des Siedlungsbereiches Bakteriums Treponema pallidum, des Syphilis-Erregers (Gebäude, Speicher, Vorratslager, Keller etc.) sowie ein (Harper et al. 2008). Alle nachweislich erstmals nach Großteil der Ackerunkräuter. Viele dieser Arten sind 1492 in bestimmten Regionen Mitteleuropas aufgetre- mit Sicherheit nicht selbstständig aus angrenzenden tenen wildlebenden Arten werden als Neobiota bezeich- Gebieten in die vor Jahrtausenden neu geschaffene und net, völlig unabhängig davon, ob sie tatsächlich vom danach immer weiter umgestaltete Kulturlandschaft amerikanischen Doppelkontinent oder anderswo her- eingewandert. Sie wurden wohl bereits vor sehr langer stammen, etwa aus Mitteleuropa direkt benachbarten

74 Gebieten. Die vorher mit einer gewissen Wahrschein- Unsere Landwirtschaft und unsere Ernährung wären lichkeit anthropogen verfrachteten oder zumindest ge- heute ohne viele der eingeführten domestizierten Arten förderten Arten können als Archäobiota, die übrigen gar nicht vorstellbar. Interessen des Jagd- und Fische- als Heimische (Indigene, Autochthone) bezeichnet wer- reiwesens, der Hobbytierhaltung, der Forstwirtschaft den. Als heimisch angesehen werden in der Regel auch sowie der Gartenkultur bewirkten darüber hinaus den solche Arten, die sich erst vor längerer oder kürzerer Import einer Vielzahl von Wildformen, die in zoologi- Zeit in vorher nicht von ihnen besiedelte Gebiete aus sche Gärten, Tiergehege, Wildgatter, Fischteiche, Gär- eigener Kraft ausgebreitet haben (Klingenstein et al. ten und Parks aber auch als Bereicherung in die freie 2005). Das gilt selbst dann, wenn sie ausschließlich stark Landschaft (Niethammer 1963) verbracht wurden. anthropogen beeinflusste Habitate besiedeln. Beispiele Daneben verfrachtet der immer intensiver werdende für letztere Arten sind die Türkentaube (Streptopelia Welthandel viele weitere Arten ungewollt in neue Re- decaocto) oder im mitteleuropäischen Flachland eine gionen. Manche der bewusst eingeführten sowie der Anzahl ausschließlich Nadelwald bewohnender Vogel- unbeabsichtigt verschleppten Arten sind verwildert arten, wie Hauben- (Parus cristatus) und Tannenmeise und haben sich spontan weiterverbreitet. Einige davon (Parus ater). Die Einstufung solcher Arten als heimisch werden durchaus auch von Vertretern des Naturschut- erscheint im Hinblick auf die Archäobiota, denen vor zes geschätzt. Man denke etwa an die Wildtulpe (Tulipa 1492 teilweise gleiches gelungen ist, als nicht unbedingt sylvestris) oder die Schachblume (Fritillaria meleagris), logisch (BUND 2015). Die spontane Ausbreitung muss die nach Bundesartenschutzverordnung geschützt sind allerdings direkt vom ursprünglich besiedelten Heimat­ und für deren Erhaltung sogar spezielle Schutzgebiete areal ausgegangen sein. Arten, die zunächst anthropo- ausgewiesen wurden. Andere Neobiota verursachten gen verbreitet wurden und sich von sekundären Vor- allerdings bald Probleme. Dabei standen zunächst kommen weiter spontan ausbreiten, werden nicht als solche gesundheitlicher oder wirtschaftlicher Art im heimisch angesehen. Ein typisches Beispiel für eine Zentrum des Interesses. Zu nennen wären hier zualler- solche Art ist der Marderhund (Nyctereutes procyonoi- erst parasitär oder infektiös bedingte Erkrankungen des). Er stammt aus Ostasien, wurde zur Pelzgewinnung des Menschen und der domestizierten Pflanzen und in Osteuropa eingebürgert und hat von dort aus große Tiere. Allerdings waren die genauen Zusammenhänge, Teile Mittel- und Südosteuropas besiedelt. insbesondere die Tatsache, dass Mikroorganismen und Die Festlegung auf das Jahr 1492 als Zeitschnitt für Viren existieren und Krankheiten verursachen kön- eine Einstufung von Arten als Neobiota erfolgte will- nen, lange Zeit unbekannt. Trotzdem hat man bereits kürlich und aus rein praktischen Gründen. Dies sollte im Mittelalter gewusst, dass sich die Pest (verursacht stets bedacht werden, wenn es um die kritische Aus­ durch das Bakterium Yersinia pestis) von bestimmten einandersetzung mit in Mitteleuropa ursprünglich Orten aus in bisher nicht betroffene Regionen verbrei- nicht heimischen Arten geht. tet und sie in irgendeiner Weise auf gesunde Menschen übertragen wird. Deshalb sind Quarantänemaßnah- Die Haltung gegenüber fremden Arten war und ist am- men, die eine Verschleppung von Krankheiten verhin- bivalent. Tiere und Pflanzen, die einen Nutzen verspre- dern sollen, älter als die genauen Kenntnisse über die chen oder als schön, interessant und exotisch wahrge- Natur der Erkrankungen und der Übertragungswege. nommen werden, erfreuen sich auch heute bei großen Die Fortschritte der Medizin und Biologie haben im Teilen der Bevölkerung hoher Wertschätzung. Solche 19. und 20. Jahrhundert Mikroorganismen und Viren Arten wurden und werden gezielt eingeführt. In erster als Krankheitsursachen nachgewiesen. Dabei wurden Linie waren das natürlich zunächst die Nutzpflanzen die Gefahren deutlich, die von der Verschleppung der- und Haustiere fremder Länder. Einige, wie die domesti- artiger Neobiota in bisher nicht von ihnen besiedelte zierte Moschusente (Cairina moschata), fanden in Mit- Regionen ausgehen. Die durch die aus Nordamerika teleuropa nach ihrer Einfuhr eine schnelle Verbreitung. eingeschleppte Kartoffelfäule Phytophthora( infestans) Bei anderen Arten, wie Mais (Zea mays), Kartoffel So( - hervorgerufene verheerende Hungerkatastrophe, die lanum tuberosum) und Tomate (Solanum lycopersicum), in den 1840er Jahren unter den damals in Irland herr- dauerte es etwas länger. Bei Lama (Lama glama) und schenden gesellschaftlichen Verhältnissen ungezählten Alpaka (Vicugna pacos), Wasserbüffel Bubalus( arnee) Menschen das Leben kostete und eine massenhafte Aus- und Kulturheidelbeere (Vaccinium-Hybriden) sind Hal- wanderung nach Nordamerika erzwang, ist bis heute tung bzw. Anbau in Mitteleuropa relativ junge Erschei- tief im europäischen Bewusstsein verankert. Viele nungen, obwohl die Arten bereits lange bekannt sind. weitere Beispiele von durch Neobiota hervorgerufenen

75 menschlichen Tragödien und wirtschaftlichen Schäden liens besiedelt, wo sie erhebliche Schäden im Obst- und könnten aufgezählt werden, wobei neben Parasiten und Weinbau verursacht. Seit 2011 tritt sie auch in Süd- und Krankheitserregern selbstverständlich auch Unkräuter, Südwestdeutschland auf (JKI o. J.). Insgesamt ist leider technische Schädlinge sowie tierische Schaderreger der festzustellen, dass die Verhinderung der Verbreitung Kulturpflanzen, der wirtschaftlich wichtigen Forst- von Schaderregern und die Bemühungen zu ihrer Be- bäume, der Haustiere sowie der nutzbaren Wildtiere seitigung alles andere als eine Erfolgsgeschichte sind. zu nennen wären. Sie sind überwiegend eine Geschichte des Scheiterns. In einigen Fällen wurde sehr schnell klar, dass auch be- wusst eingeführte und nachfolgend verwilderte Arten Naturschutz ist gegenüber der Wirtschaft und dem Ge- erhebliche wirtschaftliche Probleme verursachen kön- sundheitsschutz ein relativ junges Interessengebiet, bei nen. So hat es in Australien kaum 30 Jahre gedauert, dem zunächst die Erhaltung von Naturgebilden und bis sich die 1859 in Victoria ausgesetzten europäischen -landschaften sowie der Schutz gefährdeter Arten vor Kaninchen (Oryctolagus cuniculus) über große Teile des direkter menschlicher Verfolgung im Vordergrund Kontinents verbreitet hatten und der Viehwirtschaft standen. Später kamen Habitatschutz und Bestrebun- schwerwiegende Verluste bereiteten. In Mitteleuropa gen zur Erhaltung natürlicher Ökosysteme hinzu. Dass erwies sich die Bisamratte (Ondatra zibethicus) als eine Neobiota erhebliche Naturschutzprobleme verursachen der ersten derartigen Problemarten. Das wurde bereits können, indem sie indigene Arten verdrängen, wurde unmittelbar nach der im Jahr 1905 südwestlich von Prag zuerst in Ländern außerhalb von Europa wahrgenom- erfolgten Aussetzung deutlich (Mohr & Hollister men. Besonders davon betroffen sind die Ökosysteme 1933). Obwohl unverzüglich Abschüsse getätigt und von über lange geologische Zeiträume isolierten Inseln Anordnungen zu ihrer Beseitigung getroffen wurden, und des Inselkontinents Australien. Nachdem Aus­ hat das die schnelle Ausbreitung der Art nicht verhin- sterbeereignisse auch in diesen Gebieten zunächst na- dert. hezu ausschließlich auf direkte Verfolgung durch den Zur Vermeidung wirtschaftlicher Nachteile und ge- Menschen und die unmittelbare Zerstörung der Le- sundheitlicher Gefahren, die von Neobiota ausgehen, bensstätten zurückgeführt wurden, war spätestens mit gibt es in den meisten Ländern der Welt und selbstver- Beginn des 20. Jahrhunderts klar (De Vries 1919), dass ständlich auch in der EU bereits seit langer Zeit gesetz- eingeführte oder eingeschleppte Arten zum Rückgang liche Regelungen, Quarantäne- und Zollvorschriften, und in letzter Konsequenz zum Aussterben indigener u. a. zum Schutz der Kulturpflanzen (Pflanzenschutzge- Arten beitragen können. In einem ersten Übersichts- setz, RICHTLINIE 2000/29/EG DES RATES vom 8. Mai werk (Elton 1958) wurden die mit der Ausbreitung von 2000 über Maßnahmen zum Schutz der Gemeinschaft Neobiota verbundenen Naturschutzprobleme der brei- gegen die Einschleppung und Ausbreitung von Schad- ten wissenschaftlichen Öffentlichkeit bekanntgemacht. organismen der Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse), zur Frühzeitig gut dokumentierte Beispiele sind das Aus- Pflanzenbeschau und zum Veterinärrecht, die sich auf sterben einer Vielzahl von Kleidervogel-Arten (Dre- die Vermeidung der Einfuhr und Weiterverbreitung so- panididae) auf den Hawaii-Inseln. Die wenigen noch wie die Tilgung neu auftretender Schaderreger konzen- überlebenden Arten sind neben direkter Lebensraum- trieren. Der intensive Welthandel und der freie Waren- zerstörung insbesondere durch Habitatdegradation in- verkehr innerhalb der EU bewirken jedoch, dass trotz folge eingeführter Haus- und Wildsäuger sowie Pflan- aller Vorkehrungen immer wieder neue Schaderreger zenarten, durch Prädation seitens eingeführter Nager eingeschleppt und in der EU verbreitet werden. Pro- und Raubsäuger sowie durch eingeschleppte Infekti- minente Beispiele aus jüngerer Zeit sind der Asiatische onskrankheiten (Vogelmalaria, Vogelpocken) höchst Laubholzbockkäfer (Anoplophora glabripennis) der in gefährdet (US Fish & Wildlife Service 2006). Neben Mitteleuropa erstmals im Jahr 2001 in Braunau am Inn den gut untersuchten Vogelarten Hawaiis sind viele gefunden wurde (Hamberger 2004). Die Art tritt seit weitere Tiergruppen von vergleichbaren Rückgangsur- 2014 auch in Sachsen-Anhalt im Raum Magdeburg auf sachen betroffen, so die ursprünglich artenreiche ende- (LLG o. J.). Sie wird seitdem dort mit Millionenaufwand mische Landmolluskenfauna. bekämpft, ohne dass bisher die Ausrottung gelungen Die Pazifikinsel Guam hat nach Einschleppung der ist. Noch viel schneller hat sich innerhalb Europas die Braunen Nachtbaumnatter (Boiga irregularis) fast ihre Kirschessigfliege Drosophila( suzukii) verbreitet. Erst- gesamte endemische Landvogelfauna verloren (US Fish mals 2008 in Spanien für Europa nachgewiesen, hat sie & Wildlife Sevice o. J.). Das Überleben der wenigen mittlerweile große Teile Spaniens, Frankreichs und Ita- noch existierenden Arten ist von Gefangenschafts-

76 zuchtprojekten und der Umsiedlung auf noch schlan- fahrungen mit viel kleineren Inseln (z. B. Amos et al. genfreie Inseln abhängig. Auch in Neuseeland sind ein 2016) als wenig realistisch. Großteil der heimischen Vogelarten sowie Reptilien und manche Insekten neben der Zerstörung ihrer Le- bensräume durch den Menschen in letzter Konsequenz 2 Neobiota als Gefahr für die Erhaltung eingeführten Arten zu Opfer gefallen. Deren Kontrolle der heimischen Biodiversität ist dort eine wichtige Naturschutzaufgabe (Craig et al. 2000). In Australien konnten sich die heimischen Vogel- Diese Thematik soll aus mitteleuropäischer Sicht näher arten bislang wesentlich besser behaupten. Der Grund beleuchtet werden. Dazu ist zunächst die Bestimmung dafür ist vermutlich, dass dort, anders als auf den meis- wichtiger Begriffe erforderlich. Bereits in der Einleitung ten isolierten Pazifikinseln, verschiedenste autochthone wurde erläutert, was unter Neobiota zu verstehen ist. Prädatoren (räuberische Beutelsäuger, Nagetiere sowie „Heimische Biodiversität“ umfasst alle indigenen (au- Schlangen und Warane) existieren oder existiert haben. tochthonen) Arten und alle Archäobiota sowie die hei- Daher mögen australische Vögel über eine relativ große mischen Ökosysteme und Lebensräume. Dies schließt Fortpflanzungskapazität und über Verhaltensweisen bei den Arten auch Formen unterhalb des Artniveaus zur Vermeidung von Bodenfeinden verfügen. Beides ein (z. B. Unterarten) und beinhaltet zumindest als dürfte zumindest teilweise auch gegenüber eingeführ- theoretische Annahme weiterhin den gebietstypischen ten Nagern und Raubsäugern wirksam sein. Nahezu Genpool. Ob letzterer bei über den Bezugsraum hinaus alle mittelgroßen australischen Säuger sind dagegen verbreiteten Arten in einer gebietstypischen Ausbil- stark gefährdet oder bereits ausgestorben (Burbidge & dung überhaupt vorhanden ist, ist freilich derzeit viel- McKenzie 1989, Short et al. 2002). Diese Arten haben fach noch ungeklärt. Verkürzt werden Autochthone offensichtlich den effektiven Jagdstrategien eingeführ- und Archäobiota in diesem Beitrag als heimische Ar- ter Prädatoren nichts entgegen zu setzen. Die endemi- ten bezeichnet, wobei auch seit längerer oder kürzerer sche Pflanzenwelt der gleichen Gebiete ist durch einge- Zeit im Gebiet ausgestorbene Arten eingeschlossen führte Arten in ähnlicher Weise betroffen, wobei neben sind. Dies steht bewusst im Widerspruch zur Defini- Herbivorie durch eingeführte Arten und Konkurrenz tion heimischer Arten im Paragraf 7 des Bundesnatur- mit Neophyten auch die Einschleppung von Pflanzen- schutzgesetzes (BNatSchG). Dort werden als heimisch krankheiten, wie z. B. Phytophthora cinnamomi (Pod- auch verwilderte oder durch menschlichen Einfluss ger 1972), eine erhebliche Rolle spielt. Im aquatischen eingebürgerte, wildlebende Tier- oder Pflanzenarten Bereich sind insbesondere isolierte, an endemischen bezeichnet, sofern sie sich im Inland in freier Natur und Arten reiche Binnengewässer und -gewässersysteme ohne menschliche Hilfe über mehrere Generationen als durch die Einfuhr oder Einschleppung von Neobiota Population erhalten. Dagegen werden in diesem Gesetz negativ beeinflusst worden. Prominente Beispiele sind als gebietsfremd solche wildlebenden Arten bezeichnet, der ostafrikanische Victoria- und der Kyogasee. Dort „die in dem betreffenden Gebiet in freier Natur nicht haben neben Schadstoffeinträgen, Eutrophierung und oder seit mehr als 100 Jahren nicht mehr vorkommen“. Überfischung die Ansiedlung von Nilbarsch Lates( Der Begriff „heimische Art“ nach BNatSchG schließt niloticus) und Nil-Tilapie (Oreochromis niloticus) zum damit nahezu alle Neobiota ein, dagegen die seit über Aussterben einer Vielzahl endemischer Buntbarschar- 100 Jahren verschwundenen Indigenen und Archäobi- ten geführt (Ogutu-Ohwayo 1990, Witte et al. 1992). ota aus. Diese der allgemeinen Sprachbedeutung zuwi- In der praktischen Naturschutzarbeit der betroffe- derlaufenden Definitionen führen zu einer Verwirrung nen Länder spielt die Bekämpfung von Neobiota eine der Begriffe. Sie werden deshalb hier in diesem Sinne wichtige Rolle und wird mit erheblichem Aufwand be- nicht gebraucht. trieben. Die vollständige Beseitigung solcher Arten ist jedoch bislang nur in Ausnahmefällen auf kleineren In- Des Weiteren werden im Beitrag gebietsfremde Arten, seln gelungen, sodass Maßnahmen zur ihrer Kontrolle die eine Gefahr für die heimische Biodiversität dar- Daueraufgaben sind. Nach aktuellen Pressemeldungen stellen, als invasive Neobiota (oder speziell als invasive hat sich allerdings Neuseeland für die nahe Zukunft ein Neophyten bzw. Neozoen) bezeichnet, trotz der Tatsa- ehrgeiziges Ziel gesetzt: die Ausrottung problematischer che, dass man unter „invasiv“ im allgemeinen Sprach- Neozoen, darunter auch der Ratten (Rattus norvegicus) gebrauch nur „Eingriff von außen, ausbreitungsstark, bis 2050 (u. a. Lingenhöhl 2016). Diese Zielstellung schnell große Räume einnehmend“ versteht, ohne dies erscheint vor dem Hintergrund bisher vorliegender Er- zwingend mit einer Gefährdung zu verbinden.

77 Die Entscheidung, ob bestimmte Neobiota eine Gefahr hat sowie einzelnen Nachweisen von Kükenprädation für die Biodiversität darstellen, erfordert zuallererst bei Seeschwalben (Sternidae) und Kiebitzen (Vanellus die Klärung der Frage, was überhaupt als eine solche vanellus) (Yésou & Clergeau 2005) wurde hier auf eine Gefährdung anzusehen ist. Alle wildlebenden Arten Gefährdung der Biodiversität geschlossen. Weiterhin stehen untereinander in vielfältigen Beziehungen. Dies wurde, ausgehend vom bekannten Nahrungsspektrum, trifft auch auf Neobiota zu. Sie können Räuber und über eine Bedrohung von Amphibienarten spekuliert. Beute, Nahrungsquelle und Substrat, Konkurrent und Man hat daraufhin im Jahr 2008 ein umfangreiches Symbiosepartner sein sowie Objekte noch vieler ande- Bekämpfungsprogramm veranlasst (Brochier et al. rer Wechselwirkungen. Selbstverständlich verändern 2010). Ob tatsächlich eine Bestandsgefährdung der sie durch ihr bloßes Vorkommen Ökosysteme und Le- betreffenden heimischen Arten durch den Heiligen bensräume und beeinflussen heimische Arten. Nach Ibis gegeben ist, blieb ungeklärt. Leider ist die hier Nehring et al. (2010) werden solche Arten erst dann zu beispielhaft geschilderte, unzureichend wissenschaft- einer Gefahr, wenn „im jeweiligen Bezugsgebiet belegt lich abgesicherte Vorgehensweise nicht die Ausnahme, ist, dass sie entweder heimische Arten direkt gefährden sondern die Regel. Man vergleiche dazu etwa die pau- oder Lebensräume so verändern, dass dies (indirekt) schalen Angaben der „Global invasive species database“ heimische Arten gefährdet“. Gefährdungskriterium (http://www.iucngisd.org/gisd/howto.php), bei denen ist also die Bedrohung heimischer Arten. Eine bloße allerdings auch wirtschaftliche Schäden und Auswir- Veränderung von Lebensräumen ohne derartige Aus- kungen auf die menschliche Gesundheit mit angeführt wirkungen spielt keine Rolle, was nachvollziehbar ist. sind. Es wird zurecht kritisiert (Gurevitch & Padilla Ungeklärt bleibt dabei jedoch der Grad der Gefährdung 2004), dass vielfach nur unzureichende Daten in Form bei den Arten. Hier sollte ein erheblicher Rückgang der anekdotischer Beobachtungen, Spekulationen oder Un- betroffenen heimischen Arten bis hin zum regionalen, tersuchungen von Einzelfällen der Annahme zugrunde großräumigen und in letzter Konsequenz vollständigem liegen, deren nach invasive Arten die entscheidende Ur- Aussterben im Bezugsraum Gefährdungsmaßstab sein. sache für den starken Rückgang oder sogar das Ausster- Eine solche Vorgehensweise schließt aus, dass beispiels- ben einheimischer Arten wären. weise bloße Räuber-Beute-Beziehungen bei denen ein In den für Deutschland gültigen naturschutzfachlichen eingeführter Räuber heimische Arten als Beute nutzt, Invasivitätsbewertungen für Gefäßpflanzen (Nehring ohne aber bestandsgefährdende Auswirkungen zu ver- et al. 2013) und Wirbeltiere (Nehring et al. 2015) kann ursachen, bereits als Bedrohung angesehen werden. auch bei den als invasiv eingeschätzten Arten nur in Weiterhin bleiben damit selbst erhebliche negative Wir- den wenigsten Fällen auf eine tatsächlich wissenschaft- kungen auf heimische Arten unberücksichtigt, sofern lich belegte, generelle Existenzgefährdung heimischer sie nur lokal oder nur unter bestimmten Rahmenbedin- Arten verwiesen werden. Vielfach wird sich auf in gungen auftreten und nicht geeignet sind, großräumige, Einzelfällen nachgewiesene Interaktionen mit heimi- bestandsgefährdende Rückgänge zu bewirken. schen Arten bezogen (z. B. Konkurrenzbeziehungen, In der Diskussion über das Gefährdungspotenzial von Räuber-Beute-Verhältnisse) oder auf Veränderungen in Neobiota wird, zumindest in Europa und Nordamerika, der Struktur von Ökosystemen eingegangen und dar- ein solch strenger Maßstab allerdings selten angelegt. auf basierend eine allgemeine Gefährdung heimischer Vielmehr wird häufig von Einzelbeobachtungen auf Arten angenommen oder postuliert. eine allgemeine Gefährdung geschlossen. Nicht selten Auf dieser Datenbasis in einen Aktionismus der Verfol- spielen in diesem Zusammenhang bewusst oder un- gung zu verfallen, ist nicht geboten. Der Vernichtungs- bewusst die eindrücklichen Beispiele der Gefährdung feldzug der Vergangenheit gegen als Schädlinge angese- heimischer, oft endemischer Arten durch Neobiota auf hene heimische Arten zum Schutz anderer, für nützlich Inseln eine Rolle. Die dort völlig anderen ökologischen befundene Arten, sollte hier als ein durchaus ähnlich Gegebenheiten werden dabei nicht berücksichtigt. Ein gelagertes, zur Vorsicht mahnendes Beispiel dienen, eindrückliches Beispiel ist der Fall des Heiligen Ibis übrigens auch dafür, wie erfolglos dies letztlich − aus (Threskiornis aethiopicus), einer afrikanische Vogel- heutiger Sicht „erfreulicherweise“ − bei den meisten der art, die sich in erstaunlich kurzer Zeit über große Teile verfolgten Arten war. Sofern sie unter den damaligen West- und Südfrankreichs ausgebreitet hat. Aus der ökologischen Verhältnissen optimale Lebensbedingun- Beobachtung des Rückgangs von Brutpaaren heimi- gen fanden, konnten selbst mittelgroße Wirbeltiere we- scher Reiherarten infolge von Nistplatzkonkurrenz in der nachhaltig reduziert noch ausgerottet werden, ob- gemischten Kolonien, in denen sich der Ibis angesiedelt wohl dies mit allen Mitteln versucht wurde.

78 Wie aber ist zu entscheiden, wenn Datenlage und wis- meist um ausbreitungs- und oft auch konkurrenzstarke senschaftlicher Kenntnisstand nicht ausreichen, um Arten mit großen, in erheblichen Teilen außerhalb des sicher erhebliche Gefährdungen heimischer Arten Betrachtungsraumes liegenden Arealen. Im Zuge der nachweisen oder aber ausschließen zu können? Befür- Etablierung der Landwirtschaft folgten dann eine Viel- worter der Bekämpfung berufen sich dann meist auf zahl weitere Arten aus angrenzenden Regionen. Phylo- das Vorsorgeprinzip. Tatsächlich kann eine vorsorgli- genetisch „alte“ Endemiten mit kleinen Verbreitungsge- che Bekämpfung sinnvoll sein. Allerdings nur in den bieten und ganz spezifischen Lebensraumansprüchen, Fällen, in denen eine fremde Art noch ganz am Beginn die möglicherweise auf negative Einflüsse besonders ihrer Etablierung steht. Dann kann eventuell mit einem empfindlich reagieren und dann einem hohem Aus- überschaubaren Aufwand die dauerhafte Ansiedlung sterberisiko unterliegen, sind in Mitteleuropa sehr ganz verhindert werden, was besonders bei solchen selten. Ihre Vorkommen sind im Wesentlichen auf die Arten anzustreben ist, die sich bereits andernorts als Alpen und deren südliche und südöstliche Umgebung problematisch erwiesen haben. Die Zurückdrängung beschränkt. Sie fehlen daher in Sachsen-Anhalt. Zu fest etablierter Neobiota bindet dagegen kontinuierlich beachten ist weiterhin, dass hier praktisch keine natür- erhebliche finanzielle und personelle Ressourcen des lichen Ökosysteme mehr bestehen. In den überall in un- Naturschutzes, die dann für andere Aufgaben nicht terschiedlicher Weise, meist aber intensiv anthropogen zur Verfügung stehen. In solchen Fällen muss daher überprägten Systemen, entscheiden die menschlichen der Beginn eines großflächigen, allgemeinen Bekämp- Tätigkeiten direkt oder indirekt über die Existenzmög- fungsprogrammes sehr sorgfältig abgewogen werden. lichkeiten wildlebender Arten. Auch das Auftreten von Dabei sind die zu erwartenden positiven und negativen Neobiota und deren Konkurrenzstärke werden dadurch Effekte für die Biodiversität umfassend zu prüfen. Vor in erheblichem Umfang beeinflusst. Beginn einer allgemeinen Bekämpfung ist zwingend der Nachweis zu erbringen, dass diese erstens zur Er- Von den im Rahmen einer aktuellen Übersicht zu haltung mindestens einer gefährdeten heimischen Art Pflanzen und Tieren Sachsen-Anhalts bearbeiteten unbedingt erforderlich ist und zweitens überhaupt er- etwa 22.500 vorkommenden Arten sind ca. 700 einge- folgversprechende und finanzierbare Methoden dafür bürgerte Neobiota (Frank & Schnitter 2016). Weitere verfügbar sind. Aus eventuellen Bekämpfungsmaßnah- etwa 300 Arten sind unbeständig vorkommende Neo- men erwachsende Sekundärschäden für die heimische biota (mit Tendenz zur Einbürgerung). Allein bei den Biodiversität sind bei der Entscheidung ebenfalls zu Pflanzen liegen darüber hinaus für weitere etwa 300 Ar- berücksichtigen. ten Angaben zu unbeständigen spontanen Vorkommen in Sachsen-Anhalt vor.

3 Für den Naturschutz bedeutsame Für die Gefährdung heimischer Arten durch Neobiota Neobiota in Mitteleuropa und in gibt es auf dem europäischen Festland (einschließlich Sachsen-Anhalt und von ihnen großer, festlandsnaher Inseln) nur relativ wenige be- ausgehende Gefährdungen lastbare Belege. Dabei existieren folgende wichtige Ur- sachen, die zur Gefährdung autochthoner Arten und Für unser Bundesland liegt mit Arndt (2009) ein damit der Biodiversität führen: umfassendes Werk zu wichtigen Neobiota vor. In Er- gänzung zu diesen detaillierten Darstellungen soll die • Einschleppung von Parasiten und Krankheitserre- Thematik hier vor dem Hintergrund aktueller Entwick- gern lungen aus einem etwas anderen Blickwinkel betrachtet • Einschleppen sehr naher Verwandter heimischer Ar- werden. ten und nachfolgende direkte Konkurrenz Im Unterschied zu landfernen Inseln und dem Insel- • Hybridisierung heimischer Arten mit eingeführten kontinent Australien sind Ökosysteme in Mitteleuropa Arten oder Formen offensichtlich viel weniger anfällig gegenüber den nega- • Veränderungen des Konkurrenzgefüges durch Neo- tiven Auswirkungen nicht heimischer Arten. Eine Rolle biota zulasten heimischer Arten mag dabei spielen, dass große Gebietsteile überhaupt • Prädation. erst seit knapp 12.000 Jahren nach Erwärmung des Kli- mas am Ende der letzten Kaltzeit von Organismen wie- Für diese Gefährdungsursachen sollen nachfolgend die derbesiedelt wurden. Bei diesen Siedlern handelt es sich wichtigsten Beispiele aufgeführt werden.

79 3.1 Einschleppung von Parasiten und Krank- scheinlich auch für andere Schwanzlurche ist dieser Pilz heitserregern hoch pathogen. Er wurde vermutlich mit Molchen aus Ostasien eingeschleppt und könnte katastrophale Aus- Zum Ersten, und dies dürfte nicht nur in Mitteleuropa, wirkungen auf die Schwanzlurchpopulationen Europas sondern weltweit zumindest in Ökosystemen der kon- haben (Martel et al. 2014). Im Jahr 2015 wurde der tinentalen Landmassen die bedeutendste Gefahr für die Erreger auch in der Eifelregion in Deutschland nachge- Biodiversität darstellen, können eingeschleppte Parasi- wiesen (Spitzen-van der Sluijs et al. 2016). ten und Krankheitserreger im neuen Areal empfängli- Eine starke Gefährdung für die europäischen Fluss- che, nicht angepasste Wirte sehr erheblich schädigen. krebsarten stellt der Fadenpilz Aphanomyces astaci, Dadurch kann durchaus ein großräumiges oder sogar der Erreger der Krebspest dar. Mit nordamerikanischen vollständiges Aussterben von Arten verursacht werden, Flusskrebsen wurde dieser Pilz in der zweiten Hälfte was in der Folge bedeutende Auswirkungen auf Öko- des 19. Jahrhunderts nach Europa verschleppt. Er ist systeme befürchten lässt. Meist werden Parasiten und wahrscheinlich gemeinsam mit dem Kamberkrebs (Or- Krankheitserreger zusammen mit einer oder mehrerer conectes limosus) erstmals 1880 in Deutschland aufge- ihrer Wirtsarten eingeschleppt. Letztere breiten sich treten (Maiwald 2007). Das großflächige Aussterben manchmal ebenfalls als Neobiota aus. des Europäischen Flusskrebses (Astacus astacus) in Einer der bislang für die Biodiversität gefährlichsten Sachsen-Anhalt ist in erster Linie mit Sicherheit auf den Krankheitserreger, der für katastrophale Rückgänge bis Krebspesterreger zurückzuführen. hin zum Aussterben vieler Arten verantwortlich ist, ist Eine sehr wesentliche Rückgangsursache für den euro- der Chytridpilz Batrachochytrium dendrobatidis. Er hat päischen Aal (Anguilla anguilla) ist der Befall mit der weltweit, insbesondere aber in Süd- und Mittelamerika, Anfang der 1980er Jahre mit Aalimporten aus Japan katastrophale Rückgänge und das vollständige Aus- nach Norddeutschland und die Niederlande einge- sterben von Amphibienarten verursacht (Fisher 2009, schleppten Schwimmblasen-Nematode Anguillicola Vredenburg et al. 2010). Es besteht die Vermutung, crassus. Dieser Fadenwurm ist durch Verbringung von dass dieser Pilz ursprünglich in Afrika heimisch war Satz- und Speiseaalen mittlerweile in ganz Europa ver- (Soto-Azat et al. 2010). Er wurde wahrscheinlich zu- schleppt worden. Im Süßwasser gefangene Europäische sammen mit Krallenfröschen, die weitgehend immun Aale weisen in der Regel weit höhere Befallsraten auf als gegenüber diesem Erreger sind, weltweit verbreitet. die an den Erreger angepassten Aale (Anguilla japonica) Dabei hat vermutlich der Glatte Krallenfrosch (Xeno- der japanischen Inseln. Der Befall der Schwimmblase pus laevis), der früher häufig für Schwangerschafts- führt zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der tests verwendet wurde, eine wichtige Rolle gespielt. In Schwimmleistung und hindert mit großer Wahrschein- mittelamerikanischen Gebirgen sind seit den 1980er lichkeit die Aale an der Erreichung des Laichgebietes Jahren viele Arten der Froschlurche selbst in großräu- in der Sargassosee. Damit ist Anguillicola crassus eine mig intakten, gut überwachten Nationalparks infolge wichtige Ursache für den katastrophalen Rückgang des des Befalls mit Batrachochytrium dendrobatidis voll- Europäischen Aals (Hanel o. J.). ständig ausgestorben. Der Erreger ist auch in Europa Das Ulmensterben, verursacht durch mit Forstproduk- nachgewiesen und hat z. B. zu Rückgängen der hoch ten ursprünglich aus Ostasien eingeschleppte Schlauch- bedrohten Mallorca-Geburtshelferkröte (Alytes mule- pilze (Ophiostoma novo-ulmi/Ophiostoma ulmi) (Bra- tensis) geführt. In Deutschland ist der Pilz in Amphi- sier 1991), hat in Europa und Nordamerika zu teilweise bienpopulationen mittlerweile verbreitet, allerdings sehr erheblichen Rückgängen der dort autochthonen bislang ohne auffällige Seuchenzüge und Rückgänge zu Ulmenarten geführt. In Europa sind Berg- und Feld- verursachen (Ohst et al. 2011). Letzteres trifft auch auf Ulme (Ulmus glabra et minor) besonders anfällig. Die Sachsen-Anhalt zu (Grosse et al. 2015). Offensichtlich Berg-Ulme ist bereits selten geworden. Die Feld-Ulme besteht bei europäischen Amphibienarten eine erheb- ist zwar noch weit verbreitet, allerdings meist nur liche Immunität. noch als schwacher Stockausschlag oder Jungpflanze Im Fall des verwandten, erst kürzlich aus erkrankten vorhanden. Dies liegt daran, dass die autochthonen und sterbenden Feuersalamandern (Salamandra sala- Ulmensplintkäfer (Scolytus-Arten) als Überträger der mandra) einer Population bei Bunderbos in den Nie- Pilzsporen Ulmen erst mit einem Stammdurchmesser derlanden isolierten und neu beschriebenen Batracho- von mehreren Zentimetern befallen. Struktur und Ar- chytrium salamandrivorans (Martel et al. 2013) ist dies tenausstattung ulmengeprägter Wälder, insbesondere anders. Zumindest für den Feuersalamander und wahr- der Hartholzauenwälder, sind in Sachsen-Anhalt wie

80 in ganz Europa, durch das Ulmensterben auf Dauer sehr erheblich verändert worden. Mittlerweile ist die heimische Esche (Fraxinus excelsior), eine weitere wichtige bestandsbildende Baumart der Auenwälder, vom Eschentriebsterben bedroht. Verursacher ist der wahrscheinlich aus Ostasien eingeschleppte Ascomy- cet Hymenoscyphus pseudoalbidus (Gross et al. 2014). Trotz erheblicher Auswirkungen auf die Populationen der genannten Baumarten und auf die Waldstrukturen gibt es bislang keine Hinweise darauf, dass die direkt betroffenen Bäume oder andere heimische Arten durch die Erkrankungen vom Aussterben bedroht sind.

3.2 Einschleppen sehr naher Verwandter heimischer Arten und nachfolgende direkte Konkurrenz

Die zweite wichtige Ursache, die starke Rückgänge und letztlich das Aussterben von Arten bewirken kann, sind die Einfuhr oder das Einschleppen sehr naher Verwandter autochthoner Arten. Neobiota, welche die gleiche ökologische Nische besetzen aber konkurrenz- Abb. 1: Das invasive Grauhörnchen (Sciurus carolinen- stärker sind (worin letzteres im Detail begründet ist, ist sis) hat in Großbritannien das heimische Eichhörnchen wissenschaftlich oft nicht geklärt), können heimische bereits weitgehend verdrängt. Foto: S. Nehring. Arten verdrängen. Anzuführen wäre hier der starke Rückgang des europäischen Eichhörnchens (Sciurus vulgaris) auf Kosten des sich ausbreitenden nordame- rikanischen Grauhörnchens (Sciurus carolinensis, kann (Parker et al. 2012). Die nordamerikanische Art Abb. 1) in Großbritannien sowie in Norditalien. Es ist ist an verschiedenen Stellen Europas eingebürgert wor- zu befürchten, dass sich die nordamerikanische Art den. In Deutschland gibt es Bestände im Westen von von Italien aus über große Teile des Areals des euro- Rheinland-Pfalz (Biberzentrum Rheinland-Pfalz), päischen Eichhörnchens ausbreitet und die heimische die mit Beständen des eurasischen Bibers in Kontakt Art verdrängt (Sandro 2008). Dabei spielt allerdings stehen. Vermutet wird weiterhin eine Verdrängung ein zusammen mit dem Grauhörnchen eingeführtes heimischer Marienkäfer-Arten durch den ursprünglich Virus (Parapoxvirus der Hörnchen) eine wahrschein- zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingeführten lich entscheidende Rolle. Insofern hätte dieser Fall auch Asiatischen Marienkäfer (Harmonia axyridis) (Brown unter der ersten Ursache benannt werden können. Ein et al. 2008, 2011). Zur Konkurrenzstärke der asiati- weiterer Fall, hier ist Sachsen-Anhalt indirekt betroffen, schen Art tragen wahrscheinlich spezifische Erreger ist die mögliche Verdrängung des europäischen Nerzes (Vertreter der Microsporidia, einer Gruppe einzelliger (Mustela lutreola) durch den nahe verwandten nord- Pilze) bei. Der Asiatischen Marienkäfer hat im Verlauf amerikanischen Mink (Neovison vison) im Baltikum der letzten zehn Jahre Sachsen-Anhalt flächendeckend (Maran & Henttonen 1995, Maran et al. 1998). In und massenhaft besiedelt. Die autochthonen, einst all- Sachsen-Anhalt ist der Nerz wie in großen Teilen sei- gegenwärtigen Arten Zweipunkt-Marienkäfer (Adalia nes Verbreitungsgebietes bereits vor der Ansiedlung des bipunctata) und Siebenpunkt-Marienkäfer (Coccinella Minks ausgestorben, der letzte Nachweis datiert von septempunctata) scheinen tatsächlich erheblich seltener 1920. Allerdings macht die nahezu flächendeckende geworden zu sein, allerdings liegen dazu keine quanti- Besiedlung des Landes durch den Mink Wiederein- tativen Daten vor. bürgerungsvorhaben des Nerzes in Sachsen-Anhalt Auffällig bei dieser Listung gut dokumentierter Bei- illusorisch. Hinsichtlich des kanadischen Bibers (Cas- spiele aus Sachsen-Anhalt ist, dass sie sich mit Aus- tor canadensis) besteht ebenfalls die Befürchtung, dass nahme des Asiatischen Marienkäfers ausschließlich auf dieser den eurasischen Biber (Castor fiber) verdrängen Säugetiere beziehen. Vermutlich bestehen bei anderen

81 Artengruppen, besonders den wirbellosen Tierarten, ten oder Verwandtschaftsgruppen zumindest potenzi- hinsichtlich der direkten Konkurrenz zwischen nahe ell Gefährdung durch Hybridisierung. Zunächst sind verwandten eingeführten und autochthonen Arten er- dabei die Wildarten von Haustieren anzuführen, die hebliche Kenntnisdefizite und somit Forschungsbedarf. in bestimmten Regionen mit ihren domestizierten Verwandten in Kontakt stehen. Eine regelmäßige und 3.3 Hybridisierung heimischer Arten mit ggf. den Wildbestand gefährdende Hybridisierung von eingeführten Arten oder Formen Haustieren und Wildarten ist nur dann zu erwarten, wenn Haustiere häufig und in größerer Anzahl unbe- Eine dritte wichtige Ursache der Gefährdung ist die Hy- aufsichtigt Habitate der Wildarten frequentieren. Dies bridisierung heimischer Arten mit eingeführten Arten ist in Mitteleuropa fast ausschließlich bei Hauskatzen oder Formen, was in besonderen Fällen auf lange Sicht der Fall, die von der Falbkatze (Felis silvestris libyca), ebenfalls zum vollständigen Verschwinden heimischer einer in Afrika verbreiteten Unterart der Wildkatze Arten führen kann. Diese Gefährdungsursache kann abstammen. Allerdings sind Nachweise von Wild- insbesondere bei Pflanzenarten eine Rolle spielen. Hauskatzen-Hybriden in Sachsen-Anhalt sehr selten Konkrete Beispiele aus Sachsen-Anhalt sind allerdings (Götz 2015). Hybridisierung stellt offensichtlich keine selten. So sind die meisten Freiland-Vorkommen der Gefahr für die Wildkatzenbestände unseres Landes dar. Gewöhnlichen Akelei (Aquilegia vulgaris) durch ver- Das gilt z. B. auch für Ostfrankreich (O’Brien et al. wilderte Gartenformen hybridogen beeinflusst oder ge- 2009), aber wohl nicht für den Westen Deutschlands hen überhaupt auf Verwilderungen derartiger Formen (Hertwig et al. 2009). Die ungarische (Pierpaoli et al. zurück. Alle Aquilegia-Arten hybridisieren in Kultur 2003) und schottische Population (Hubbard 1992) der sehr leicht, wobei sich insbesondere nordamerikanische Wildkatze gelten durch Hybridisierung mit Hauskatzen Arten eingekreuzt haben. Das ist an Blütenform und als gefährdet. -farben häufig erkennbar. Neben Haustieren können auch etablierte Neozoen Relativ gut dokumentiert sind weiterhin Hybridisie- eine Gefahr für autochthone Arten durch Hybridisie- rungsvorgänge zwischen der heimischen Schwarz- rung darstellen. Gut dokumentierte Beispiele gibt es in Pappel (Populus nigra) und eingeführten nordamerika- Europa bei Säugetieren nur wenige, z. B. die Hybridi- nischen Pappelarten (vor allem Populus x canadensis). sierung von Sika-Hirsch (Cervus nippon) und Rothirsch Aufgrund unterschiedlicher Blütezeiten mit geringer (C. elaphus) auf den britischen Inseln (Senn 2009). Aus Überschneidung und unterschiedlichen Keimverhal- Sachsen-Anhalt sind keine Beispiele bekannt. Wesent- ten des Pollens auf der Narbe der weiblichen Pflanzen lich mehr Fälle treten bei Vögeln auf. Insbesondere besteht eine Reproduktionsbarriere zwischen artreinen einige Vertreter der Entenvögel (Anatidae) hybridi- P. nigra und P. x canadensis. In Populationen von P. sieren unter Gefangenschaftsbedingungen sehr leicht nigra, in denen männliche Pflanzen als Pollenspender und auch in der Natur werden regelmäßig Hybride in ausreichendem Maße vorhanden sind, findet nur in beobachtet (Randler 2008). Am häufigsten wurden geringem Maße eine Introgression genetischen Materi- in Deutschland bislang Hybriden zwischen der heimi- als von P. x canadensis (bzw. P. deltoides, dem nicht hei- schen Graugans und der eingeführten Kanadagans (An- mischen Elter der Hybrid-Pappel) statt (Heinze 1998, ser anser x Branta canadensis) nachgewiesen (Homma Gebhardt & Janssen 2006). Isoliert stehende weibli- 2007). Verglichen mit der Häufigkeit beider Elternarten che Exemplare von P. nigra werden dagegen in hohem sind die Zahlen an beobachteten Hybriden jedoch sehr Maße von Hybrid-Pappeln bestäubt (Vanden Broeck klein, so dass keine Gefährdung der Graugans durch et al. 2004, Vanden Broeck et al. 2005, Smulders et Hybridisierung anzunehmen ist. al. 2008). In Sachsen-Anhalt erscheint jedoch die Intro- Bestandsgefährdend kann Hybridisierung insbesondere gression genetischen Materials der Pyramidenpappel dann sein, wenn eine der beteiligten Arten sehr selten, (P. nigra cv. italica) ein größeres Problem darzustellen. die andere dagegen sehr häufig ist. Naturgemäß sind Zahlreiche Pappeln aus Naturverjüngung, die anhand neu auftretende Neozoen zunächst oft viel seltener als phänotypischer Merkmale als Schwarz-Pappeln anzu- ihre heimischen Hybridisierungspartner. Dies könnte sprechen sind, zeigen eine straff aufrechte Wuchsform hypothetisch sogar eine Etablierung von Neozoen ver- der Hauptäste, die für autochthone Schwarz-Pappeln hindern, da frei gekommene Exemplare immer wieder untypisch ist (Jäger, schriftl. Mitt.). mit einer nahe verwandten heimischen Art hybridisie- Im Bereich der Wirbeltiere, einer weiteren relativ gut ren und dadurch vielleicht niemals eine eigenständige bekannten Artengruppe, besteht bei bestimmten Ar- Population aufbauen können. Eine Gefährdung der

82 Ausland auch mit Sakerfalken (Falco cherrug), erfolg- reich Nachwuchs gezeugt (Barthel & Fünfstück 2012). Da die Wanderfalkenpopulation zumindest ge- bietsweise relativ gering ist, so auch in Sachsen-Anhalt, könnte der Wanderfalkenbestand durch Hybridfalken auf längere Sicht eventuell gefährdet werden. Dabei dürfte auch die Störung an den Brutplätzen eine Rolle spielen. Laut Bundesartenschutzverordnung sind Zucht und grundsätzlich auch die Haltung von Hybridfalken, an deren Entstehung heimische Arten beteiligt sind, seit 2015 verboten. Ein europaweites Verbot wird aus Abb. 2: Die Schwarzkopf-Ruderente (Oxyura jamai- fachlicher Sicht für erforderlich gehalten (Barthel & censis) stammt aus Nordamerika. Foto: S. Nehring. Fünfstück 2012), da sich die Hybridfalken nicht an Ländergrenzen halten.

Bei Fischen spielt die Gefährdung durch Hybridisierung heimischen Art durch eine solche Introgression ist un- mit nicht autochthonen, als Besatz eingebrachten oder wahrscheinlich, solange Hybridisierungsvorgänge rela- aus Aquakultur entkommenen Arten gebietsweise eine tiv selten bleiben (wie im oben angeführten Beispiel der entscheidende Rolle, so bei endemischen Maränen- Wildkatze in Sachsen-Anhalt). Arten (Coregonus spec.) in Norddeutschland (Frey- Anders liegt jedoch in Europa der Fall von Schwarz- hof & Wolter 2002). In Sachsen-Anhalt sind gegen- kopf- (Oxyura jamaicensis) und Weißkopf-Ruderente wärtig keine Beispiele bekannt. Zu Besorgnis Anlass (Oxyura leucocephala) (Hugues 1996). Die aus Nord- gibt allerdings die verbreitete Haltung und Freisetzung amerika stammende Schwarzkopf-Ruderente (Abb. 2) alloch­thoner Störarten und Störhybriden. Derzeit ist die konnte sich zunächst auf den Britischen Inseln außer- Wiederansiedlung des weltweit kurz vor dem Ausster- halb des Areals der paläarktischen Weißkopf-Ruderente ben stehenden Europäischen Störs (Acipenser sturio) im etablieren und eine große Population aufbauen. Durch Elbeeinzugsgebiet vor allem aufgrund schwerwiegen- Ausbreitungsvorgänge auf das europäischen Festland der Defizite der Flussmorphologie und damit fehlender besteht die Gefahr, dass zunehmend mehr Schwarz- Laich- und Aufwuchshabitate fraglich (Jährling 2013). kopf-Ruderenten in das sehr kleine Verbreitungsgebiet Sollten diese Probleme gelöst werden, könnten größere der Weißkopf-Ruderente auf der Iberischen Halbinsel Bestände allochthoner Störarten und Störhybriden gelangen und diese dort sehr seltene, autochthone Art durch Hybridisierung gegebenenfalls trotzdem die durch wiederholte Hybridisierungsvorgänge langfristig Wiederansiedlung verhindern. Dabei ist zu berücksich- zum Verschwinden bringen. In Sachsen-Anhalt ist die tigen, dass Störe ein sehr hohes Lebensalter erreichen Schwarzkopf-Ruderente bislang nur mit Einzelvögeln können. Eine gezielte Entnahme von nicht heimischen als seltener Gast aufgetreten. Stören im Zuge der Fischerei ist ebenfalls schwierig, da Noch nicht in Sachsen-Anhalt, jedoch in den Nachbar- große Verwechslungsgefahr mit dem mittlerweile als ländern, nachgewiesen ist eine Beeinflussung der Wan- Versuchsbesatz bereits eingebrachten Europäischen derfalkenpopulation (Falco peregrinus) durch gezüch- Stör besteht. Dass mit der Verbringung allochthoner tete und dann freigekommene Großfalkenhybriden. Störe und natürlich auch anderer Fischarten darüber Elternarten solcher Hybriden sind eine Vielzahl von hinaus die Gefahr der Einschleppung und Verbreitung Großfalkenarten (Falco rusticolus, F. cherrug, F. biar- gefährlicher Pathogene besteht, etwa des Herpesvirus micus, F. jugger, F. peregrinus u. a.). Solche Hybriden des Sibirischen Störs (Shchelkunov et al. 2009), sei wurden in Deutschland und werden gegenwärtig noch nur am Rande erwähnt. in anderen EU-Staaten in großem Umfang für falkne- rische Zwecke gezüchtet. Wenn sie flügge sind, werden 3.4 Veränderungen des Konkurrenzgefüges die Jungvögel im Freiflug trainiert, wobei sie teilweise durch Neobiota zulasten heimischer Arten freikommen. Nur wenige der Vögel werden anschlie- ßend zur Falknerei in Europa verwendet. Hauptzweck Neben den für Mitteleuropa angeführten wichtigsten ist der Export in arabische Staaten. Hybridfalken haben Ursachen kommen zwei weitere mögliche Gefährdun- in Deutschland mit Wanderfalken, im europäischen gen in Betracht: die Veränderungen des Konkurrenz-

83 gefüges durch Neobiota zulasten autochthoner Arten Bis auf den Sonderfall des aus Neuseeland eingeschlepp- sowie Prädation durch Neozoen, die zur Bestandsge- ten Kaktus-Mooses (Campylopus introflexus), das lokal, fährdung autochthoner Arten führen können. Diese etwa im nördlichen Harzvorland, das Artengefüge Gefährdungsursachen spielen insbesondere auf Inseln von Silbergrasfluren und Sandmagerrasen verändert, und in Binnengewässern eine Rolle. Sie sind unter sol- handelt es sich dabei um sehr konkurrenzkräftige und chen Bedingungen sehr augenfällig, haben weltweit insbesondere ausgesprochen hoch- und dichtwüchsige zum Verlust einer Vielzahl von Arten geführt und Gefäßpflanzenarten. Im Bereich der krautigen Pflanzen wurden intensiv untersucht. Im Bereich der kontinen- sind das in Sachsen-Anhalt Herkulesstaude (Heracleum talen Landmassen ist ihr Einfluss auf die Biodiversität mantegazzianum, Abb. 3 und 4), Staudenknöterich deutlich geringer. (Fallopia)-Arten (Abb. 5 bis 7), Amerikanische Gold- Eine Vogelart, die in letzter Zeit immer wieder als über- ruten (Solidago canadensis et gigantea, Abb. 8), Orien- legener Konkurrent heimischer Arten genannt wird, ist talisches Zackenschötchen (Bunias orientalis, Abb. 9 die Nilgans (Alopochen aegyptiacus). Es existieren eine und 10), Topinambur (Helianthus tuberosus) sowie als Reihe an Einzelbeobachtungen des Vertreibens heimi- einzige Annuelle das extrem schnell und hochwüchsige scher Wasservogelarten aus den Nistrevieren der Nil- Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera, Abb. 11). gans, der Tötung von Jungvögeln, etwa der Stockente Alle diese Arten sind in Sachsen-Anhalt weit verbrei- sowie der Besetzung von Greifvogel- und Storchenhors- tet und verdrängen an ihren Standorten autochthone ten nach dem Vertreiben der ursprünglichen Besitzer. Pflanzen. Allerdings benötigen diese Neophyten nähr- Aus diesen Beobachtungen eine allgemeine Gefähr- stoffreiche und bis auf die Goldruten-Arten und das dung der Biodiversität, speziell heimischer Vogelarten Zackenschötchen, auch gut wasserversorgte Standorte. durch die Nilgans ableiten zu wollen, ist nicht sachge- Diese weisen in der Regel fast ausschließlich häufige, recht. Autochthone, vergleichbar häufige oder häufigere ungefährdete heimische Arten auf. Insofern ist eine Wasservogelarten zeigen ganz analoge Verhaltenswei- großräumige, generelle Gefährdung der Biodiversität sen, etwa der Höckerschwan bei der Verteidigung des nicht nachzuweisen, worauf nachdrücklich von Seiten Nistreviers oder die Graugans bei der Besetzung von des BUND (2015) hingewiesen wurde. Die Goldruten- Greifvogelhorsten. Schon längerfristig dicht von der Arten und das Zackenschötchen können lokal auch Nilgans besiedelte Gegenden Deutschlands, etwa Nord- Frischwiesen und Halbtrockenrasen mit seltenen und rhein-Westfalen, zeigen keine geringere Verbreitung gefährdeten Arten überwachsen. Die betreffenden Neo- von häufigen Greifvogel-Arten oder von Stockente und phyten sind allerdings Brachezeiger. Bei geregelter Nut- Bleßralle (Gedeon et al. 2015), verglichen mit den Berei- zung und Pflege haben sie nicht die Chance, Dominanz- chen, in denen dieses Neozoen noch selten ist oder fehlt. bestände zu bilden. Insofern sind diese Neophytenvor- Bedeutender hinsichtlich der Veränderung des Konkur- kommen Anzeiger ungenutzter, sich selbst überlassener renzgefüges sind die Neophyten, die einen erheblichen und oft stark eutrophierter Flächen, die längerfristig ei- Teil der Flora Sachsen-Anhalts stellen. Eine große An- ner Sukzession mit Gehölzen unterliegen werden. Die zahl dieser Arten besiedelt gestörte und häufig massiv ausdauernden Arten und dabei besonders die Fallopia- anthropogen beeinflusste Standorte. Dort konkurrieren Arten, können mit Sicherheit die Gehölzsukzession sie mit an entsprechende Standorte angepassten heimi- erheblich verzögern. Auf lange Sicht, vielleicht erst in schen Arten, ohne dass für letztere dadurch eine Be- Jahrzehnten, werden sich allerdings Gehölze durchset- standsgefährdung besteht. Auch viele der Neophyten, zen und die krautigen Neophyten zunächst randlich, die naturnähere Habitate besiedeln, passen sich unauf- später flächig ausschatten und damit zurückdrängen. fällig in das Konkurrenzgefüge ein, ohne heimische Ar- Als eine relativ neuartige Gefährdung hat sich in ten stärker zu beeinträchtigen. Möglicherweise proble- Deutschland und auch in Sachsen-Anhalt die Ameri- matisch sind Neophyten, die langfristig bestehende Do- kanische Scheinkalla (Lysichiton americanus) erwiesen. minanzbestände auszubilden vermögen, in denen keine Wie in Hessen im Taunus konnte sich die Art auch in oder nur wenige autochthone Pflanzenarten existieren Sachsen-Anhalt im Oberharz etablieren. Die Ausbrei- können. Die Koordinationsstelle „Invasive Neophyten tung erfolgte wohl von einem Privatgarten aus (Mit- in Schutzgebieten Sachsen-Anhalts“ (Korina o. J.) be- teilung Schönborn, UNB Harz). Bei der Scheinkalla, fasst sich mit der Erfassung und Zurückdrängung von (Abb. 12 und 13) handelt es sich um eine hochwüch- problematischen Neophyten sowie mit der Information sige, konkurrenzstarke Pflanze nasser, meist quelliger, der Öffentlichkeit. relativ nährstoffarmer und oft natürlich gehölzfreier Standorte. Solche Lebensräume sind nicht häufig. Alle

84 Abb. 3: Der Riesen-Bärenklau, auch Herkulesstaude, breitet sich auch an naturnahen Flüssen, wie hier an der Oker bei Wülperode aus, Juni 2014. Foto: K. Schneider.

Abb. 4: Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum). Foto: S. Nehring.

85 Abb. 5: Massenentwicklung des Japanischen Staudenknöterichs an der Ilse bei Veckenstedt, Mai 2012. Foto: K. Schneider.

Abb. 6: Der Japanische Staudenknöterich nutzt jede Abb. 7: Der Staudenknöterich (Fallopia japonica) lässt Lücke bei seiner Ausbreitung. Foto: S. Nehring. wenig Raum für andere Arten. Foto: S. Nehring.

86 Abb. 8: Typischer Massenbestand der Amerikanischen Goldrute (Solidago canadensis) auf einer Brache bei Wanz- leben (Börde), Sept. 2009. Foto: K. Schneider.

autochthonen Pflanzenarten derartiger Standorte sind unterlassene Pflege und Nutzung der Offenlandberei- kleinwüchsig, konkurrenzschwach und z. T. auch sel- che. Findet diese nicht statt, verdrängen auf nahezu al- ten. Die hochwüchsige Scheinkalla ist in der Lage, die len derartigen Standorten im Endeffekt Gehölze, egal ob Flora der entsprechenden Standorte vollständig zu heimisch oder nicht, die schützenswerten Arten. Dass verdrängen. Anderes als die bislang genannten Arten manche Gehölzneophyten aufgrund ihrer biologischen könnte die Ausbreitung von Lysichiton americanus auf Eigenschaften derartige Standorte schneller besiedeln diesen seltenen Standorten durchaus zu erheblichen, und verändern können als autochthone Gehölze, ändert mehr als lokalen Verlusten an Biodiversität führen. im Grundsatz nichts an dieser Tatsache. Neben den hochwüchsigen und konkurrenzkräftigen Einer der konkurrenzkräftigsten Neubürger in Wäl- krautigen Arten können neophytische Holzpflanzen dern ist die Douglasie (Pseudotsuga menziesii), die auf Struktur und Artenausstattung von Wäldern und Ge- vielen, insbesondere frischen Standorten, fast allen hölzbeständen erheblich verändern. Bei Wäldern, die autochthonen Baumarten an Konkurrenzkraft über- zugleich FFH-Lebensraumtypen sind, kann dies die legen ist. Diese Baumart verdankt ihr Vorkommen in Erhaltungszustände negativ beeinflussen. Eine Aus- Wäldern ausschließlich der Pflanzung bzw. forstlicher breitung von Gehölzneophyten auf Offenlandlebens- Förderung. Ausgehend von Beständen, die die Samen- räume kann natürlich ebenfalls zu lokalen Verlusten reife erreicht haben, beginnt sich die Douglasie auch in an Biodiversität führen. Dabei ist allerdings nicht das Sachsen-Anhalt spontan auszubreiten. Zumindest Dou- Vorkommen von Neophyten ursächlich, sondern die glasienreinbestände weisen eine geringe Artendiversität

87 Abb. 9: Straßen können auch als Ausbreitungslinie für Neophyten fungieren. Orientalisches Zackenschötchen entlang der B80 bei Halle. Foto: K. Schneider.

auf (Höltermann et al. 2008) und bewirken damit lo- kal eine Verringerung der Biodiversität verglichen mit Beständen heimischer Baumarten. Allerdings gelingt zunehmend heimischen Insekten- arten der Übergang auf diese eingeführte Baumart (Gossner o. J.). Für eine erhebliche Bestandsgefähr- dung heimischer Arten durch Anbau und Ausbreitung der Douglasie gibt es bislang keine Belege. Ein Dougla- sienanbau in beschränktem Umfang zur Ausnutzung der vorzüglichen forstlichen Eignung dieser Baumart ist aus naturschutzfachlicher Sicht akzeptabel. Unklar ist allerdings, inwieweit diese Baumart in der Zukunft eine Ausbreitungsdynamik entfaltet, die dann vielleicht

Abb. 10: Das Orientalische Zackenschötchen (Bunias orientalis) ist eine mehrjährige, raschwüchsige Staude, die bereits im Jahr nach der Keimung zur Blüte gelangt und an nährstoffreichen Störungsstellen schneller als mögliche Konkurrenten dichte Populationen aufbauen kann. Foto: K. Schneider.

88 Abb. 11: Das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera) ist selbst an naturnahen Fließgewässern immer häu- figer zu finden, wie hier an der Oker bei Wiedelah, August 2012. Foto: K. Schneider. eine großflächige Verdrängung autochthoner naturna- Verjüngung heimischer Waldbaumarten und damit die her Waldbestände bewirken könnte. Nach forstlicher langfristige Existenz der Bestände werden dadurch sehr Einschätzung ist diese relativ spät fruchtbar werdende, in Frage gestellt. nicht zu Stockausschlag oder vegetativen Vermehrung Als ähnlich problematisch wie Prunus serotina für fähige Art gut zu kontrollieren. trockene Wälder hat sich die Pennsylvanische Esche (Fraxinus pennsylvanica) in Auenwäldern gezeigt Letzteres trifft auf die Spätblühende Traubenkirsche (Reichhoff & Reichhoff 2008). Diese Art ist nicht (Prunus serotina) nicht zu. Auch diese Art wurde forst- nur konkurrenzstark und ausbreitungsfreudig, sie ist lich, zumeist zur Bodenverbesserung, auf relativ nähr- auch in der Lage, innerhalb der Aue sehr tief gelegene, stoffarmen Standorten von Kiefernwäldern eingebracht oft überschwemmte und früher gehölzfreie Flutrinnen und hat sich dort als ausgesprochen konkurrenz- und zu besiedeln. Dadurch wird erheblich die räumliche ausbreitungsstark erwiesen. Durch Vögel leicht über Sa- Struktur der Auenwälder beeinflusst. An diesen Son- men verbreitet, hat Prunus serotina besonders im Nor- derstandorten ist Fraxinus pennsylvanica in der Lage, den und Osten Sachsen-Anhalts viele lichte naturnahe dicht geschlossene Dominanzbestände zu bilden. Waldbestände, insbesondere Eichen- und Eichen-Kie- In Wäldern von Flussauen tritt auch der Eschen-Ahorn fern-Wälder besiedelt. Sie bildet dabei gewöhnlich eine (Acer negundo) häufig auf, allerdings bildet er bislang dicht geschlossene Strauch- und untere Baumschicht. in Sachsen-Anhalt selten Dominanzbestände und er- Dadurch werden Struktur und Bestandsklima, ins- scheint gegenwärtig noch als wenig problematisch. besondere das Licht- und Wärmedargebot in Kraut-, Strauch- und unterer Baumschicht, erheblich verändert. Die in Sachsen-Anhalt weit verbreiteten Arten Robinie Das hat deutliche negative Auswirkungen auf die Arten- (Robinia psedoacacia) und Steinweichsel (Prunus maha- diversität der entsprechenden Wälder. Die natürliche leb) beeinflussen naturnahe Waldbestände kaum, treten

89 Abb. 12: Massenbestand der Amerikanischen Schein- Abb. 14: Wechselblatt-Wasserpest (Lagarosiphon ma- kalla (Lysichiton americanus) an einem kleinen Fließ- jor) besitzt Sprosse mit stark gekrümmten Blättern. gewässer. Foto: S. Nehring. Foto: S. Nehring.

aber, wie auch die seltenere Schwarz-Kiefer (Pinus ni- manchen Gewässern Massenbestände dieser Arten auf- gra), oft als Gehölzsukzession auf brachgefallenen Tro- fällig werden, ist über die Gefährdung der Biodiversität cken- und Halbtrockenrasen auf. durch diese Arten nichts Sicheres bekannt. Ursächlich Neben Wäldern und Gehölzen ist die Wasservegetation kann für keine heimische Art ein Rückgang auf die Aus- lokal, dann aber teilweise auch großflächig von Neo- breitung der Wasserpestarten zurückgeführt werden. phyten beeinflusst. Dabei spielen bislang insbesondere Zudem unterliegen die Bestände oft einer erheblichen Wasserpest-Arten (Elodea canadensis, Elodea nuttallii, Dynamik. Auf Massenentwicklungen erfolgten vielfach Lagarosiphon major, Abb. 14) eine Rolle. Wenn auch in Bestandszusammenbrüche, besonders bei der am längs- ten in Europa vorhandenen Art Elodea canadensis. Die tierischen Lebensgemeinschaften der Binnengewäs- ser gehören weltweit, in Europa und auch Sachsen-An- halt zu den am stärksten durch Neozoen beeinflussten Biozönosen, wodurch das Konkurrenzgefüge oft erheb- lich verändert wird. So weist das Makrozoobenthos der Elbe einen großen Anteil an Neozoen auf, etwa die zu den Amphipoda gehörenden Arten Großer Höckerfloh- krebs (Dikerogammarus villosus), Tigerflohkrebs Gam( - marus tigrinus) und Süßwasser-Röhrenkrebs (Chelico- rophium curvispinum), die Donauassel (Jaera istri), die Neuseeländische Deckelschnecke (Potamopyrgus antipodarum) und die Dreikantmuschel (Dreissena polymorpha) (Eggers 2003). Mittlerweile sind weitere Arten dazugekommen, so die Grobgerippte Körbchen- muschel (Corbicula fluminea) (Jueg & Zettler 2004) oder der Polychaet Hypania invalida (Eggers & An- lauf 2008). Während im Bereich des künstlich einge- brachten Hartsubstrates der Buhnen fast 70 Prozent der Individuen und nahezu 90 Prozent der Biomasse von Neozoen gestellt werden, ist deren Anteil in natürlichen Substraten erheblich geringer (Eggers 2003). Abb. 13: Amerikanische Scheinkalla (Lysichiton ameri- Auch die Zehnfußkrebse weisen mit Kamberkrebs (Or- canus), Kolben mit gelbem Hochblatt. Foto: S. Nehring. conectes limosus), Marmorkrebs (Procambarus fallax f.

90 Abb. 15: Der Marmorkrebs (Procambarus fallax f. virginalis) besitzt eine auffällig marmorierte Körperzeichnung, Aquarienaufnahme. Foto: S. Nehring.

Abb. 16: Die Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis) wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Europa eingeschleppt, hier ein Präparat. Foto: S. Nehring.

91 Abb. 17: Blaubandbärbling (Pseudorasbora parva), Aquarienaufnahme. Die Art ist sehr anpassungs- und wider- standsfähig. Foto: S. Nehring.

virginalis, Abb. 15) und Wollhandkrabbe (Eriocheir gar zum Aussterben gebracht wurde. Erschwert wird die sinensis, Abb. 16) in Sachsen Anhalt Vorkommen aus- Einschätzung der Auswirkung der Neubürger dadurch, breitungsstarker, nicht autochthoner Arten auf. dass die autochthone Gewässerfauna über Jahrzehnte Bei den Fischen ist die Situation in Sachsen-Anhalt durch Abwasserbelastung und auch gegenwärtig viel- derzeit noch übersichtlich, die größte Ausbreitungs- fach noch durch den Gewässerausbau stark zurückge- dynamik zeigt gegenwärtig der Blaubandbärbling drängt wurde, was bis zum Aussterben einer Vielzahl (Pseudorasbora parva, Abb. 17). Daneben bildet der heimischer Arten führte. Dadurch freiwerdende und Zwergwels (Ameiurus nebulosus) in der Elbe oberhalb zusätzlich die anthropogen geschaffenen Habitate wer- der Muldemündung sowie im Bereich der Schwarzen den dann oft von Neozoen besiedelt. Davon wiederum Elster seit Jahrzehnten stabile Populationen, allerdings konnten heimische Arten profitieren, die solche Neu- ohne deutliche Ausbreitungstendenz (Kammerad et bürger z. B. als Nahrung nutzen. al. 2012). Weitere nicht autochthone Fischarten sind zwar zum Teil häufig, halten sich aber wohl in erster 3.5 Prädation durch Neozoen Linie oder ausschließlich durch Besatzmaßnahmen (Kammerad et al. 2012). In nächster Zukunft werden Als weitere Ursache der Gefährdung der Biodiversität allerdings voraussichtlich viele der Fisch-Neozoen durch Neobiota soll abschließend auf Prädation durch des Rhein-Einzugsgebietes Sachsen-Anhalt erreichen, Neozoen eingegangen werden. Viele Menschen denken z. B. die Grundeln Ponticola kessleri, Neogobius mela- oft zuerst an negative Auswirkungen solcher Räuber- nostomus, Neogobius fluviatilis und Proterorhinus se- Beute-Beziehungen, wenn sie sich mit der Neozoenprob- milunaris. lematik beschäftigen. Für das Aussterben autochthoner Inwieweit die massiven Veränderungen der limnischen Arten durch Einführung von Prädatoren gibt es welt- Fauna Auswirkungen auf die Biodiversität in Sachsen- weit genügend Beispiele. Wie schon dargestellt beziehen Anhalt haben, ist schwer einzuschätzen. Allerdings ist sich diese jedoch nahezu ausschließlich auf Inseln, den bis auf das bereits genannte Beispiel des heimischen Inselkontinent Australien sowie auf Binnengewässer. Edelkrebses (Astacus astacus), der unter der durch Letztere stellen im Prinzip ebenfalls Inselsituationen nordamerikanische Großkrebse verbreiteten Krebspest dar. In Europa ist auf dem Festland bislang kein Fall des leidet, für keine heimische Art sicher nachweisbar, dass Aussterbens oder extremen Rückganges autoch­thoner sie durch limnische Neozoen erheblich gefährdet oder Arten infolge Neozoen-Prädation bekannt.

92 Abb. 18: Waschbär (Procyon lotor). Keine autoch­thone Raubsäugerart kann so effektiv Baumverstecke wie Spalten und Höhlungen auf Nahrung kontrollieren wie der Waschbär. Foto: A. Westermann.

Ratten (Rattus rattus, R. norvegicus), die auf vielen Ob der gegenwärtig Besorgnis erregende Rückgang Inseln eine große Zahl endemischer Wirbelloser und des Iltis (Mustela putorius) auf Konkurrenz mit dem Wirbeltierarten ausgerottet haben, waren auch in Mit- Mink und/oder Marderhund zurückzuführen ist, ist teleuropa ursprünglich nicht heimisch und sind im unbekannt. Allerdings setzte der Rückgang des Iltisses Fall der Wanderratte aktuell sehr häufig. Ein Rückgang erst viel später ein als die Ausbreitung der betreffenden autochthoner Arten durch diese Nager ist jedoch nicht Neozoen. Nach derzeitiger Kenntnis haben Mink und nachweisbar. Marderhund sehr wahrscheinlich keine erheblichen Erst im vergangenen Jahrhundert wurden in Europa Auswirkungen auf die Biodiversität in Sachsen-Anhalt. Marderhund, Mink und Waschbär (Procyon lotor, Bei sehr seltenen Arten, etwa der Großtrappe (Otis Abb. 18) durch den Menschen eingeführt. Alle diese Ar- tarda) oder den meisten der Wiesen-Limikolen, ist ten kommen in Sachsen-Anhalt vor und befinden sich Raubsäuger-Prädation in Mitteleuropa und auch in gegenwärtig in einer Phase des Bestandswachstums und Sachsen-Anhalt derzeit eine der wichtigen Ursachen der Ausbreitung. Es gibt in der Literatur eine Vielzahl der Bestandsrückgänge und des mittlerweile regionalen von Belegen, dass sie autochthone Arten als Nahrung Aussterbens. Bereits die autochthonen Raubsäuger al- nutzen und lokal Bestandrückgänge solcher Arten ver- lein, insbesondere der Rotfuchs (Vulpes vulpes), können ursacht haben. Ein großräumiges Seltenwerden oder dies bewirken. Deshalb kann diese Problematik nicht sogar Aussterben heimischer Arten ist der diesbezüg- speziell den Raubsäuger-Neozoen angelastet werden. lichen Datenlage jedoch nicht zu entnehmen. Obwohl Der Waschbär ist, anders als Marderhund und Mink, beispielsweise Amphibien für Mink und Marderhund ein Raubsäuger-Typus, für den es bislang in Europa wichtige Nahrungsbestandteile sind und beide Raub- kein vergleichbares Beispiel gab. Er kann sich zu sehr säuger öfter als Verursacher von Rückgängen von Am- erheblichen Teilen und zeitweise ausschließlich von Ve- phibienarten genannt werden, weisen die aktuell ermit- getabilien ernähren und dadurch in für ihn günstigen telten Verbreitungsdichten von Amphibienvorkommen Lebensräumen sehr hohe Bestandsdichten erreichen. in Sachsen-Anhalt (Grosse et al. 2015) keine Zusam- Der Waschbär ist ökologisch äußerst anpassungsfähig menhänge mit dem Verbreitungsgebiet beider Arten und kann aufgrund seiner Kletterfähigkeit sowie spezi- (Verbreitungsschwerpunkt und derzeit größte Häufig- eller Verhaltensanpassungen des Nahrungserwerbs ein keit im Nord- und Ostteil Sachsen-Anhalts) auf. Ver- breites Habitatspektrum nutzen. Sein Neugierverhal- gleichbares gilt für Bodenbrüter und Wasservogelarten. ten, gepaart mit der geschickten Verwendung der Vor-

93 dergliedmaßen, öffnet ihm Zugang zu einer Vielzahl bären. Dieser ist in der Lage, auch adulte Schildkrö- auch verborgener Nahrungsressourcen. Keine autoch- ten zu erbeuten und den Panzerinhalt auszuräumen. thone Raubsäugerart kann so effektiv Baumverstecke Den durch anthropogene Einflüsse auf wenige kleine wie Spalten und Höhlungen auf Nahrung kontrollieren Reliktbestände reduzierten, hoch gefährdeten Sumpf- wie der Waschbär. Insofern ist er wahrscheinlich in der schildkrötenpopulationen Brandenburgs ist mit dem Lage, zusätzlich Verluste zu verursachen, etwa bei Fle- Waschbären ein neuer gefährlicher Feind erwachsen. In dermäusen und höhlenbrütenden Vögeln. Eine aktuelle Sachsen-Anhalt sind keine autochthonen Sumpfschild- Bachelorarbeit an der Hochschule Anhalt, die vom Lan- krötenvorkommen bekannt. desamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Staatliche Abschließend soll auf eine Tatsache hingewiesen wer- Vogelschutzwarte Steckby unterstützt wurde (Schwab den, die im Zusammenhang mit Neobiota oft wenig 2015), hat z. B. erhebliche Brutverluste des Trauer- Beachtung findet, aber ebenfalls bedeutsam ist: die Er- schnäppers (Ficedula hypoleuca) in Nistkästen durch höhung der Biodiversität durch Vorgänge, die infolge Waschbären nachgewiesen, die mit Bestandsrückgän- der Verbringung von Arten in neue Areale ausgelöst gen einhergingen. Die Beziehung zwischen Prädations- werden. Gemeint ist hier nicht die Erhöhung der Bio- raten und Bestand in den Folgejahren war allerdings diversität durch Addition neu etablierter Fremdlinge zu statistisch nicht signifikant. Dieses Beispiel zeigt, wie den autochthonen Arten. Solche Vorgänge erhöhen die schwierig der gesicherte Nachweis des Einflusses von Biodiversität ja ausschließlich lokal, weltweit betrach- Neozoen selbst unter sehr übersichtlichen lokalen tet ist das bestenfalls ein Nullsummenspiel. Allerdings Bedingungen ist. Im Übrigen lassen sich diese Beob- werden, oft bedingt durch Hybridisierung, in den neuen achtungen an Nistkästen keinesfalls auf Naturhöhlen Arealen teilweise sehr schnell verlaufende Artbildungs- übertragen. Solche sind zum einen längst nicht so leicht vorgänge ausgelöst, die zur Entstehung neuer Arten auffindbar wie Nistkästen, welche sich durch Geruchs- führen können. Eine dieser Arten wurde weiter oben spuren der Kastenbetreuer verraten und zudem dem schon in einem allerdings unerfreulichen Zusammen- Waschbären eventuell erlauben, ein einfaches Suchbild hang genannt. Der Schlauchpilz Ophiostoma novo-ulmi zu entwickeln. Weiterhin gestatten die standardisierten als Verursacher des Ulmensterbens scheint in Westeu- Maße und die leichte Möglichkeit des Öffnens einen viel ropa einer rapiden Evolution zu unterliegen (Brasier einfacheren Zugriff als bei Naturhöhlen. Relativ häufig 1991), was seine Pathogenität erhöht hat. Womöglich wurden Waschbären in jüngerer Vergangenheit bei der hat er sich aus Ophiostoma ulmi neu entwickelt. Im Be- Plünderung von Greifvogel- und Graureiherhorsten reich der Gefäßpflanzen gibt es eine ganze Reihe sehr beobachtet. Für den Rückgang des Graureihers (Ar- gut untersuchter Beispiele: Senecio cambrensis (Ash- dea cinerea) und insbesondere den Verlust an teilweise ton & Abbott 1992, Abbott & Lowe 2004), Trago- über Jahrzehnte bestehenden Großkolonien wird der pogon mirus, T. miscellus (Ownbey 1950), Spartina Waschbär als Verursacher angenommen. Zumindest townsendii (Huskins 1930). Letztere Art verdrängt lokal kann der Waschbär auch bei Rotmilan (Milvus allerdings ihre Elternspezies Spartina alterniflora und milvus) und anderen Greifvogelarten Rückgänge durch S. stricta, wenn sie mit ihnen in Kontakt kommt. Auch Prädation von Gelegen und Nestlingen verursachen. In- in Sachsen-Anhalt kommen solche erst vor kurzem neu wieweit dadurch großräumig eine Gefährdung dieser entstandenen Arten vor, etwa das Elb-Liebesgras (Erag- Arten verursacht wird, ist ungeklärt. Die schon län- rostis albensis) (Scholz 1995). gerfristig bestehenden Verbreitungsschwerpunkte mit hohen Dichten des Waschbären in Brandenburg und Hessen weisen keine geringere Verbreitung von Grau- 4 Gesetzliche Regelungen des reiher und Greifvogel-Arten auf (Gedeon et al. 2014), Naturschutzes verglichen mit den Bereichen Deutschlands, in denen dieses Neozoen noch selten ist. Die einzige Art, für die Aufgrund der Probleme, die Neobiota verursachen in Deutschland eine existenzielle Gefährdung durch können, wurden im Artikel 8 des Übereinkommens den Waschbären derzeit als weitgehend gesichert anzu- über die biologische Vielfalt (CBD, abgeschlossen in sehen ist, ist die Europäische Sumpfschildkröte (Emys Rio de Janeiro am 5. Juni 1992) festgelegt, dass die Ein- orbicularis) (Schneeweiss & Wolf 2009). Vertreter der bringung nichtheimischer Arten, welche Ökosysteme, sehr arten- und individuenreichen Schildkrötenfauna Lebensräume oder Arten gefährden, zu verhindern ist. Nordamerikas stellen im Heimatareal gebietsweise Sind solche Arten bereits etabliert, sollen sie kontrolliert einen erheblichen Anteil an der Nahrung des Wasch- oder beseitigt werden. Das Übereinkommen trat am 29.

94 Tab. 1: Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung (Unionsliste) und Vorkommen in Sachsen-Anhalt. Vorkommen in Sachsen-Anhalt in den Gruppe/ letzten 25 Jahren Deutscher Name Wissenschaftlicher Name Einzel- ein bis zahl- keine fund(e) mehrere reich GEFÄSSPFLANZEN (14) Baccharis halimifolia L. Kreuzstrauch x Cabomba caroliniana Gray Karolina-Haarnixe x Eichhornia crassipes (Martius) Solms Wasserhyazinthe x Heracleum persicum Fischer Persischer Bärenklau x Heracleum sosnowskyi Mandenova Sosnowsky Bärenklau x Hydrocotyle ranunculoides L. f. Großer Wassernabel x Lagarosiphon major (Ridley) Moss Wechselblatt-Wasserpest x Ludwigia grandiflora (Michx.) Greuter & Burdet Großblütiges Heusenkraut x Ludwigia peploides (Kunth) P. H. Raven Flutendes Heusenkraut x Lysichiton americanus Hultén and St. John Gelbe Scheinkalla x Myriophyllum aquaticum (Vell.) Verdc. Brasilianisches Tausendblatt x Parthenium hysterophorus L. Karottenkraut x Persicaria (Polygonum) perfoliata (L.) H. Gross Durchwachsener Knöterich x Pueraria montana (Lour.) Merr. var. lobata (Willd.) Kudzu x WIRBELLOSE TIERE (7) Crustacea (6) Eriocheir sinensis H. Milne Edwards, 1854 Chinesische Wollhandkrabbe x Orconectes limosus Rafinesque, 1817 Kamberkrebs x Orconectes virilis Hagen, 1870 Viril-Flusskrebs x Pacifastacus leniusculus Dana, 1852 Signalkrebs x Procambarus clarkii Girard, 1852 Roter Amerikanischer Sumpfkrebs x Procambarus sp. (Procambarus fallax f. virginalis) Marmorkrebs x Insecta (1) Vespa velutina nigrithorax de Buysson, 1905 Asiatische Hornisse x WIRBELTIERE (16) Pisces (2) Perccottus glenii Dybowski, 1877 Amurgrundel x Pseudorasbora parva Temminck & Schlegel, 1846 Blaubandbärbling x Amphibia (1) Lithobates (Rana) catesbeianus Shaw, 1802 Nordamerikanischer Ochsenfrosch x Reptilia (1) Trachemys scripta Schoepff, 1792 Buchstaben-Schmuckschildkröte x Aves (3) Corvus splendens Viellot, 1817 Glanzkrähe x Oxyura jamaicensis Gmelin, 1789 Schwarzkopf-Ruderente x Threskiornis aethiopicus Latham, 1790 Heiliger Ibis x Mammalia (9) Callosciurus erythraeus Pallas, 1779 Pallas-Schönhörnchen x Herpestes javanicus É. Geoffroy Saint-Hilaire, 1818 Kleiner Mungo x Muntiacus reevesii Ogilby, 1839 Chinesischer Muntjak x Myocastor coypus Molina, 1782 Nutria x Nasua nasua Linnaeus, 1766 Roter Nasenbär x Procyon lotor Linnaeus, 1758 Waschbär x Sciurus carolinensis Gmelin, 1788 Grauhörnchen x Sciurus niger Linnaeus, 1758 Fuchshörnchen x Tamias (Eutamias) sibiricus Laxmann, 1769 Sibirisches Streifenhörnchen x

95 Dezember 1993 völkerrechtlich in Kraft. Deutschland ist von Beginn an Vertragspartei. Im Rahmen der Berner Konvention wurde 2003 die Europäische Strategie zum Umgang mit invasiven ge- bietsfremden Arten erarbeitet und 2004 vom Europarat veröffentlicht Council( of 2004). Im BNatSchG vom 29. Juli 2009 sind im § 40 Regelungen zum Umgang mit invasiven Arten (Neobiota) getroffen. Dabei werden u. a. Vorgaben zur Überwachung, zur Be- seitigung und Verhinderung der Ausbreitung bestimmt sowie das Ausbringen solcher Arten grundsätzlich ei- nem Erlaubnisvorbehalt unterstellt.

Die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2014 über die Prävention und das Management der Einbringung und Ausbreitung invasiver gebietsfremder Arten ist seit dem 01.01.2015 gültig (EU-VO Nr. 1143/2014). Kernstück der Verord- nung ist die Liste invasiver gebietsfremder Arten von Abb. 19: Die Nutria (Myocastor coypus), hier an der unionsweiter Bedeutung (Unionsliste), deren erste Fas- Saale in Halle, konnte sich an vielen Gewässern Sach- sung am 03.08.2016 in Kraft getreten ist. Darin sind sen-Anhalts fest etablieren. Foto: S. Ellermann. 37 Arten gelistet, von denen mindestens 24 aktuell in Deutschland vorkommen (Nehring 2016). Zehn Arten der Liste sind bisher in Sachsen-Anhalt im Freiland ge- funden worden (Tab. 1). nerhalb einer einjährigen Übergangsfrist können diese Für die gelisteten Arten sind in der Verordnung Maß- Arten gewerblich noch an jedermann verkauft werden. nahmen zur Prävention, Früherkennung, raschen Be- Allerdings ist der Erwerb durch Privatpersonen nicht seitigung und Kontrolle festgelegt. Weiterhin ist die gestattet, was diese Übergangsvorschrift ad absurdum Einfuhr in die EU untersagt. Haltung und Vermeh- führt. Privathalter dürfen Tiere aus Altbesitz vor In- rung in Gefangenschaft sind grundsätzlich verboten. krafttreten der Unionsliste bis zu deren natürlichem Die Liste ist unter Heranziehung von Risikoabschät- Lebensende behalten, allerdings nicht weitergeben oder zungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen erstellt nachzüchten. Beim parthenogenetischen Marmorkrebs worden, wobei jede Art bestimmte Kriterien erfüllen ist das Nachzuchtverbot bei der Haltung nicht umsetz- musste, um in die Liste aufgenommen zu werden. Die bar. Auch Einzeltiere vermehren sich, ob der Halter das Verordnung ist sofort bindend für alle Mitgliedstaaten. nun will oder nicht. Weiterhin ist das Verbot der Nicht- Derzeit steht allerdings die Zuständigkeitsregelung im weitergabe bei allen diesen Tierarten konfliktbehaftet. BNatSchG zur Untersetzung der EU-Verordnung noch Es bleibt ungeklärt, wie verfahren werden soll, wenn aus. In der Verordnung sollte nach dem Verordnungs- ein Tierhalter verstirbt oder die Haltung nicht weiter text der Schwerpunkt auf der Vorsorge und der umge- betreiben kann oder will. Eine Schaffung von staatli- henden Beseitigung neu auftretender invasiver Arten chen Auffangstationen, in denen diese nach Auffassung liegen. Die erste Liste enthält jedoch auch eine Anzahl der EU-Kommission hochgefährlichen Arten gehalten an Arten, die in Teilen der EU bereits längerfristig fest werden und daraus trotz aller Gegenmaßnahmen ge- etabliert, weit verbreitet und häufig sind. Maßnahmen legentlich entkommen könnten, scheint unsinnig und zu ihrer Kontrolle sind verpflichtend in aufgestellten stellt im Übrigen eine Verschwendung öffentlicher Mit- Managementplänen festzulegen. Dabei sind Kosten- tel dar. Als verordnungskonforme Lösung bliebe daher Nutzen-Erwägungen, die Frage, ob geeignete Metho- nur die Tötung der betreffenden Individuen. Inwieweit den zur Kontrolle und Zurückdrängung zur Verfügung die Festlegungen der Verordnung einen vernünftigen stehen und mögliche negative Auswirkungen solcher Tötungsgrund nach Tierschutzgesetz darstellen, bleibt Maßnahmen auf die Biodiversität zu berücksichtigen. zu prüfen. Da aber nach der Verordnung davon ausge- Nicht unproblematisch ist der Umgang mit den geliste- gangen wird, dass zur Verminderung der Neozoenge- ten in menschlicher Obhut befindlichen Neobiota. In- fahr nicht nur wildlebende, gelisteten Neozoen getötet

96 werden können, sondern auch solche in gewerblicher Neu gefundene Einzelvorkommen von Problemar- Haltung nach der einjährigen Übergangsfrist, dürfte ten sind nach Möglichkeit sofort zu beseitigen. Dies gleiches auch für Tiere aus ehemaliger Privathaltung wird in Sachsen-Anhalt in wichtigen Fällen versucht. gelten. Zoos können die Individuen gelisteter Arten wei- So wurden bei der Scheinkalla durch Mitarbeiter der ter halten sowie nach Genehmigung unter bestimmten unteren Naturschutzbehörde (UNB) des Landkreises Bedingungen (Ex-Situ-Erhaltung) auch züchten. Nach Harz und der Koordinationsstelle Invasive Neophyten Auffassung der EU-Kommission ist eine Zucht zur Ex- in Schutzgebieten (Korina o. J.) Maßnahmen zu Entfer- Situ-Erhaltung allerdings nur bei bestandsbedrohten nung bekannter Vorkommen im Oberharz veranlasst. Neozoen zu genehmigen. Keine der derzeit gelisteten Diese waren zum großen Teil erfolgreich (Korina o. J., Tierarten erfüllt diese Voraussetzung. Gelistete Pflan- Mitteilung Schönborn, UNB Harz). Die ehemaligen zen in privater und öffentlicher Haltung sind sofort zu Vorkommensorte müssen noch längerfristig auf even- beseitigen, obwohl sie in der Übergangszeit noch ge- tuell aus der Samenbank auflaufende Jungpflanzen werblich weiter verkauft werden dürfen. Das ist absurd. kontrolliert werden. So sind im Jahr 2015 zwei Vor- Soweit die Verordnung nachgewiesenermaßen invasive kommen neu gemeldet worden: eine Quellmulde eines Arten listet, die innerhalb der EU noch nicht oder erst kurzen Seitentälchens oberhalb Mandelholz und eine ganz lokal vorkommen, wird sie vielleicht ihren Zweck nicht näher beschriebene Stelle offenbar nahe der Orts- der Vorsorge erfüllen. Die Listung weitverbreiteter Ar- lage Elend. Am ersten Standort wurden die Individuen ten, für deren weiträumige Kontrolle und Beseitigung entfernt, der zweite Standort konnte trotz Suche bisher keine geeigneten Methoden verfügbar sind, beinhaltet nicht aufgefunden werden. Es konnte bisher noch nicht die Gefahr, dass ein gewisser Aktionismus ausgelöst geklärt werden, ob die vermutete Quellpopulation in wird. Im ungünstigsten Fall werden erhebliche Ressour- einem Privatgarten noch existiert (Mitteilung Schön- cen des Naturschutzes für erfolglose Bekämpfungsver- born, UNB Harz). Die Behörde bemüht sich weiterhin suche gebunden. Dies wäre besonders bei den gelisteten um die Beseitigung des Vorkommens. Arten fatal, bei denen Annahmen für negative Auswir- Invasive Tierarten werden mit dem Ziel der vollständi- kungen auf die Biodiversität auf wenig überzeugender gen Beseitigung in Sachsen-Anhalt bisher nur im Fall Datenlage basieren. Dazu gehören unter anderem die des Marmorkrebses systematisch bekämpft. Diese Art seit über einem Jahrhundert eingebürgerte Wollhand- ist wie andere nordamerikanische Großkrebse Über- krabbe, die Nutria (Abb. 19) und der Blaubandbärbling. träger der Krebspest. Infolge ihrer parthenogenetischen Wahrscheinlich haben solche Arten einfach nur ein Fortpflanzung kann sie sich sehr leicht weiterverbrei- schlechtes Image. Bei manchen dieser Arten drängt sich ten. Dazu genügt im Prinzip die Verschleppung eines weiterhin der Eindruck auf, dass doch eher befürchtete Einzeltieres in ein bisher unbesiedeltes Gewässersys- oder tatsächliche wirtschaftliche Schäden Anlass ihrer tem. Die Entdeckung des bislang einzigen bekannten Listung waren, obwohl allein dieser Grund nach Vor- Vorkommens in Sachsen-Anhalt in einem Dorfteich in gabe der Verordnung dafür nicht ausreichend wäre. Der Klepzig (Saalekreis) beschreibt Wendt (2010). Durch Bund und die Länder bemühen sich derzeit darum, mit die zuständige UNB wurden Bekämpfungsmaßnah- Augenmaß Lösungen für die geschilderten Probleme men (Absammeln und Vernichtung, Aalbesatz) sowie zu finden und in Managementplänen festzuschreiben. eine Information der Öffentlichkeit durch Presse und Informationstafeln am Gewässer veranlasst. Diese Be- mühungen haben zunächst zu einer erheblichen Redu- 5 Praktischer Umgang mit für den zierung, aber noch nicht zur vollständigen Beseitigung Naturschutz problematischen Neobiota des Vorkommens in diesem abgeschlossenen Gewässer geführt. Gegenwärtig scheint sich die Krebspopulation An erster Stelle, und das ist die Intention sowohl der leider wieder deutlich regeneriert zu haben. Das zeigt, EU Verordnung zu den invasiven Arten als auch des wie schwer selbst im Anfangsstadium der Etablierung Paragrafen 40 BNatSchG, geht es um die Vermeidung Erfolge zu erreichen sind. Für weitere, bislang nur punk- des Ausbringens und der Ansiedlung bislang nicht wild tuell oder noch nicht etablierte Arten der Unionsliste, vorkommender invasiver Arten. Dazu wurden Einfuhr, sind bei Bekanntwerden ihres Vorkommens kurzfristig Handels- und Besitz- sowie Freisetzungsverbote formu- Bekämpfungsmaßnahmen einzuleiten. liert. Daneben macht die EU-Verordnung auch Vorga- Bei bereits weitverbreiteten invasiven Neobiota beste- ben zur Identifizierung, Überwachung und Blockade hen nur sehr beschränkte Handlungsmöglichkeiten unabsichtlicher Einschleppungspfade. (Klingenstein & Otto 2008). So sind bei epidemi-

97 schem Auftreten eingeführter Krankheitserreger oder offene Sand- und Kiesbänke angewiesen sind. Solche Parasiten in der Regel keine Bekämpfungsmethoden Habitate sind an den durchgängig regulierten großen bekannt, mit denen man diese aus der Natur wieder Flüssen Sachsen-Anhalts, an denen sich die Vorkom- beseitigen könnte. Es bleibt dann nur zu versuchen, die men der Schwarz-Pappel befinden, nicht mehr vorhan- Weiterverbreitung einzuschränken. den. Wenngleich damit eine natürliche Verjüngung Die Ausbreitung der Krebspest in bisher nicht betrof- der Schwarz-Pappel nicht mehr stattfinden kann, ein fene Gewässer oder Gewässerabschnitte kann durch aus Naturschutzsicht negativer Aspekt, verhindert dies geeignete Maßnahmen vermieden werden. Dafür kom- gleichzeitig die Etablierung von Pappelhybriden. Zur men das Besatzverbot für fremdländische Krebsarten Verjüngung der Schwarz-Pappelbestände ist man auf sowie der Einbau von Krebssperren unterhalb bisher Pflanzung angewiesen, wobei das Pflanzgut von sicher nicht befallener Fließgewässerläufe infrage. als Schwarz-Pappeln eingestuften Beständen gewonnen Im Fall des bislang in Europa nur lokal auftretenden werden kann. In Sachsen-Anhalt existiert in einer pri- Chytridpilz Batrachochytrium salamandrivorans er- vaten Baumschule eine umfangreiche Sammlung von schwert die Unkenntnis über die Übertragungswege Mutterklonen autochthoner Schwarz-Pappeln, die nach Maßnahmen zur Beschränkung der Ausbreitung des Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) zur Vermehrung Pilzes. Die Beachtung des Verbotes des Aussetzens von und Ausbringung im Bereich des Elbetals zugelassen Tieren gemäß BNatSchG sollte verhindern, dass der Er- sind. Auf das Material wurde bislang vor allem im reger aus infizierten Gefangenschaftspopulationen von Rahmen von Pflanzungen als Ausgleichs- und Ersatz- Schwanzlurchen ins Freiland gelangt. Die Deutsche Ge- maßnahmen für Eingriffe in Natur und Landschaft -zu sellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde e. V. hat rückgegriffen. Eine Verwendung im Rahmen forstlicher auf ihrer Website auf diese Problematik hingewiesen Pflanzungen erfolgt nicht. (DGHT o. J.). Durch das Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt wurden Amphibien- und Reptilienspe- Bei bereits häufigen, wildlebenden Neobiota sollte ver- zialisten auf die Gefahr der Übertragung dieses Pilzes mieden werden, diese weiterhin in die Landschaft aus- bei feldherpetologischen Tätigkeiten hingewiesen und zubringen. Selbst ausbreitungsstarke Arten wie Eschen- auf geeignete Maßnahmen zur Vermeidung der Wei- Ahorn, Robinie, Spätblühende Traubenkirsche oder terverbreitung aufmerksam gemacht. Inwieweit eine Riesen-Bärenklau verdanken ihre weite Verbreitung Gefahr durch Verschleppung über Schuhwerk oder zuallererst der in der Vergangenheit üblichen Anpflan- Geräte (Fischereigerät, Kescher und Reusen zum Fang zung oder Ansaat in der freien Landschaft. Bei solchen von Fischen oder anderen Wasserorganismen) besteht, konkurrenz- und ausbreitungsstarken Neophyten ist ist noch nicht sicher. darauf konsequent zu verzichten. Die pauschalen Aus- Die Schwimmblasennematode des Aals ist durch den nahmen des § 40 BNatSchG für die Land- und Forst- innerhalb der EU unbeschränkten Transport von Glas-, wirtschaft ermöglichen allerdings leider weiterhin das Satz- und Speiseaalen bereits weit verbreitet worden. Im aktive Ausbringen potenziell invasiver Arten wie Ener- Übrigen ist das im Zuge der EU-Aalbewirtschaftungs- giepflanzen (z. B. Sorghum-Arten, Miscanthus-Arten) pläne übliche Verbringen von Glasaalen in Binnenge- oder Forstpflanzen. Auch die ungezielte Ausbringung, wässer vor dem Hintergrund des Nematodenbefalls oft durch Bodentransporte oder Entsorgung von Gar- kontraproduktiv (Hanel o. J.). tenabfällen, muss soweit als möglich verhindert werden. Für eine Beschränkung der Ausbreitung der Pilzer- Hilfreich wäre es, das Ausbringen von Bodenmaterial krankungen der Ulmenarten und der Esche sind keine (z. B. beim Wege-, Deich- und Wasserbau) unter den Methoden verfügbar. Diese Schaderreger besiedeln be- Vorbehalt der Prüfung auf Nichtvorhandensein von reits große Teile des Kontinents. Diasporen (z. B. Rhizome oder Samen) invasiver Ar- ten zu stellen. Weiterhin sollten die Kommunen des Die Problematik der Hybridisierung betrifft in Sach- Landes angeregt werden, der Bevölkerung kostenfreie sen-Anhalt in erster Linie die Schwarz-Pappel. Die (über allgemeine Entsorgungsgebühren abgegoltene) Dynamik der Entstehung und Ausbreitung von Hyb- und erreichbare Annahmestellen für Grünschnitt und ridpopulationen wird in diesem Fall erheblich dadurch Gartenabfälle anzubieten und letztere sachgerecht zu gebremst, dass Schwarz-Pappel, Hybridpappel und auch kompostieren. Das ist in einigen Landesteilen bereits die aus beiden entstehenden Hybriden als Bäume der Praxis. Weichholzauen unregulierter Flüsse für ihre Keimling- Als nicht heimische Wirbeltiere werden legal nur der setablierung auf über der Mittelwasserlinie gelegene, Jagdfasan (Phasianus colchicus) und einige Fischarten,

98 insbesondere die Regenbogenforelle (Oncorhynchus konkurrenzstarker Neophyten ist in erster Linie ein mykiss), regelmäßig ausgebracht. Erhebliche Nachteile Problem der Nährstoffüberfrachtung der Landschaft, für die heimische Biodiversität sind damit grundsätz- verbunden mit dem Brachfallen bestimmter, heute lich nicht verbunden, allerdings mit Ausnahme der wirtschaftlich unbedeutender Flächen (BUND 2015). In bereits näher erläuterten Problematik des Ausbringens solche Neophytenbestände sollte nur dann eingegriffen fremdländischer Störe und der immer gegebenen Ge- werden, wenn es lokal aus Gründen des Artenschutzes fahr der Verbreitung von Krankheiten und Parasiten. oder zur Wiederherstellung seltener Lebensräume er- Durch Fischbesatzmaßnahmen (Gozlan et al. 2010), forderlich ist. Die Schaffung artenreichen Grünlandes eventuell auch durch den Köderfischhandel, wurde un- durch naturschutzgerechte Nutzung kann eine solche gewollt der Blaubandbärbling weit verbreitet. Die Art ist Zielstellung sein oder auch die Etablierung naturnaher in der Unionsliste aufgeführt, verursacht jedoch keine Gehölzbestände durch Anpflanzung. In manchen Fäl- nennenswerten Naturschutzprobleme. Der kleine, sich len ist eine Zurückdrängung von Gehölz-Neophyten überwiegend von Phyto- und Zooplankton sowie Insek- in FFH-Waldlebensraumtypen erforderlich, um na- tenlarven ernährende Fisch (Gozlan et al. 2010, Wolf- turnahe Bestände zu entwickeln und damit den guten ram-Wais et al. 1999) teilt diese Lebensweise mit einer Erhaltungszustand zu sichern. Oft ist das im Rahmen Vielzahl heimischer Karpfenfische, zumindest was de- der waldbaulichen Pflege ohne großen Zusatzaufwand ren Jugendstadien betrifft. Methoden zur großflächigen möglich. Auf großer Fläche unlösbar scheint dagegen Reduzierung oder Beseitigung des Blaubandbärblings die Erhaltung lichter Eichen- oder Kiefernwaldstruk- sind nicht bekannt. turen in Gebieten, in denen die Spätblühende Trau- Illegal werden regelmäßig nordamerikanische benkirsche verbreitet ist. Trotz vielfacher Versuche Schmuckschildkröten ausgesetzt, darunter auch die in sind keine langfristig erfolgreichen Bekämpfungsme- der Unionsliste geführte Buchstaben-Schmuckschild- thoden bekannt. Größte Anstrengungen über Jahre in kröte Chrysemys scripta. Da diese Arten sich unter mit- den Niederlanden haben nicht zum Erfolg geführt und teleuropäischen Klimaverhältnissen nicht fortpflanzen erwiesen sich letztendlich als gigantische Ressourcen- können und zudem eine recht hohe Mortalitätsrate auf- verschwendung (Olsthoorn & Van Hees 2001, zitiert weisen, ergeben sich keine erheblichen Probleme. Ein in Starfinger 2004). oft behaupteter negativer Einfluss auf Amphibienpopu- lationen ist sehr unwahrscheinlich und kann höchstens Ein überschaubares Gebiet mit gefährdeten Brutvögeln lokal auftreten. Gute Amphibienlaichgewässer werden kann unter bestimmten Rahmenbedingungen von ei- selten mit Schildkröten besetzt. Zudem sind solche ner konsequenten Raubsäugerbekämpfung profitieren. Gewässer meist fischfrei, weil sie zeitweise austrock- Das trifft besonders auf naturgegebene oder künstliche nen oder im Winter vollständig durchfrieren. Diese Inselsituationen zu, bei denen eine Zuwanderung von Bedingungen fördern die Abwanderung und erhöhen Prädatoren erschwert ist. Auch in großen, regelmäßig die Winterverluste bei den Schildkröten. Die Tiere sind vollständig überstauten und ansonsten durchgängig zudem keine besonders effektiven Prädatoren. Adulte, ebenen, nassen und gehölzarmen Grünlandniede- die im Freiland bessere Überlebenschancen haben, er- rungen können intensive Bekämpfungsmaßnahmen nähren sich überwiegend herbivor. besonders zu Beginn der Fortpflanzungsperiode der Raubsäuger eventuell lohnend sein. Solche Niederun- Eventuelle Bekämpfungsmaßnahmen bei bereits weit- gen weisen aufgrund geringer Kleinsäugerdichten und verbreiteten Neozoen und Neophyten sollten immer weniger Möglichkeiten für die Anlage von Wurfbauen vor dem Hintergrund konkreter, lokaler Naturschutz- von vornherein ungünstige Bedingungen für die meis- zielstellungen geprüft werden. Vielfach wird sich dann ten Raubsäuger auf. Eine Reduzierung der ohnehin ergeben, dass Probleme mit bestimmten Arten gar nicht relativ geringen Bestände erscheint daher vielleicht von ihrem Status als heimisch oder fremd abhängen, als erfolgversprechend. Als sehr effektiver Prädator sondern von ganz bestimmten, aus Naturschutzsicht erweist sich oft der Rotfuchs, so dass zwischen heimi- ungewollten Interaktionen oder Konkurrenzbeziehun- schen und eingeführten Raubsäugern bei der Bekämp- gen. So ist es letztlich unerheblich, ob ein Halbtrocken- fung nur insoweit zu unterscheiden wäre, als bestands- rasen von heimischen oder eingeführten Hochstauden gefährdete und geschützte heimische Arten soweit als oder Gehölzen überwachsen wird. Zurückdrängen möglich zu verschonen sind. Hat man sich in bestimm- muss man diese in jedem Fall, soll der Lebensraum ten Situationen zur Prädatorenkontrolle entschlossen, erhalten werden. Die Ausbreitung hochwüchsiger, ist diese auch konsequent und ohne Rücksichtnahme

99 auf eventuelle Schonzeiten (ggf. Ausnahmeregelungen der gestaffelten Prämienzahlung war nicht allein die erwirken) oder Fortpflanzungsperioden durchzufüh- Fuchsbekämpfung, sondern insbesondere auch die Ge- ren. Nur dann sind Erfolge bei der Verminderung und winnung von Pelzen für den Export. Unter den anderen damit beim Schutz der gefährdeten Arten zu erwar- Jagdverhältnissen der Bundesrepublik Deutschland ist ten. Eine solche robuste Vorgehensweise wird in den die großräumige Reduzierung der Fuchsbestände erst Ländern angewandt, die langjährige Erfahrungen bei recht illusorisch. So stellte Gehle (2007) fest: „Fuchs- der Bekämpfung problematischer Raubsäuger haben. besätze lassen sich nur mit extremem jagdbetrieblichem Sie ist im Übrigen selbst in Deutschland Praxis bei der Aufwand unter ihrer Kapazitätsgrenze halten“. Auf- Schädlingsbekämpfung in der Land- und Forstwirt- grund dieser Tatsachen erweisen sich gegenüber der schaft und betrifft dort mit verschiedenen Wühlmaus- Bekämpfung Vermeidungsmaßnahmen in den meis- arten durchaus auch Säugetiere. Die im Hinblick auf ten Problemlagen nicht nur als wesentlich effektiver, eine schnelle, zeitweise Reduzierung sehr effektiven sondern sogar als einzig gangbarer Weg. So können in Methoden einer großräumigen Vergiftung, wie sie etwa bestimmten Gebieten regelmäßig auftretende Verluste in Australien (u. a. Burrows et al. 2003) sowie in Neu- an Greifvogelbruten durch Waschbären erfolgreich seeland (u. a. Alterio 2000) und anderen ursprünglich und wenig kostenaufwendig durch Anbringung von von Säugetieren freien Inseln angewandt werden, kom- Überkletterschutz-Vorrichtungen vermieden werden men in Europa aus Gründen des Schutzes gefährdeter (Schönbrodt 2015). Eine intensive Verfolgung dieses heimischer Prädatoren allerdings nicht in Betracht. Kleinbären wird dagegen eher dessen Reproduktion Das schränkt die Bekämpfungsmöglichkeiten deut- und eine verstärkte Zuwanderung fördern. Weiterhin lich ein. Am effektivsten ist wohl intensiver Fallenfang hat sich die Einzäunung der Brutplätze oder Brutgebiete unter Nutzung von Lebendfallen mit anschließender von Bodenbrütern als erfolgreich erwiesen. Großflächig Tötung gefangener Individuen der zu bekämpfenden eingezäunte Bereiche, die sich vor allem beim Großtrap- Arten. penschutz bewährt haben, sind auf das Eindringen von Eine allgemeine, wirklich großflächige Bestandsredu- Prädatoren regelmäßig zu kontrollieren. Eingedrun- zierung der vom gegenwärtigen Zustand der Kultur- gene Individuen müssen umgehend entnommen wer- landschaft profitierenden mittelgroßen Prädatoren, den. dazu gehören auch Mink, Marderhund und Waschbär, Sollten fremdländische Großsäuger oder Großvögel ist mit den in Europa zur Verfügung stehenden Be- verwildern, was allerdings sehr selten vorkommen kämpfungsmethoden von vornherein aussichtslos. Das dürfte, kann die direkte Verfolgung mit den üblichen zeigen unter anderem die Erfahrungen bei der Verfol- Jagdmethoden zur vollständigen Wiederausrottung gung des vergleichbar anpassungsfähigen heimischen führen. So konnten die erwähnten Populationen des Rotfuchses in der ehemaligen DDR. Trotz konsequen- auffälligen und in Kolonien brütenden Heiligen Ibis in ter Bekämpfung, u. a. durch Begasung der Wurfbaue, Frankreich recht schnell und effektiv durch Abschuss Fallenfang und intensiven Abschuss musste Stubbe verringert, allerdings noch nicht vollständig beseitigt (1981) feststellen, dass „von einer durchgreifenden Re- werden. duzierung bisher trotz intensivster Bemühungen nicht die Rede sein kann“. Das Ziel der Tilgung der Wildtier- tollwut durch Senkung der Fuchsbesätze war mit Mit- 6 Resümee teln der Verfolgung damals nicht zu erreichen. Daran änderten auch die außerordentlich hohen Prämienzah- Mit den skizzierten Möglichkeiten sind die sinnvollen lungen für erbeutete Füchse nichts. Für ein einziges im und praktikablen Handlungsoptionen wohl weitestge- Winterhalbjahr gefangenes Tier gab es nach den 1976 hend erschöpft. Manche durch Neobiota verursachte festgesetzten Prämienhöhen 70 Mark (Stubbe 1981). erhebliche Naturschutzprobleme werden ungelöst blei- Das entsprach zu dieser Zeit immerhin knapp acht ben, weil derzeit keine Methoden zu ihrer Bewältigung Prozent des damaligen durchschnittlichen Monatsein- verfügbar sind. Das gilt nicht nur für durch Parasiten kommens in der DDR (Statista o. J.). Vielleicht waren und Krankheitserreger verursachte Probleme, sondern diese Zahlungen sogar kontraproduktiv, da sie sicher betrifft beispielsweise auch die Verdrängung des hei- zu einer gewissen Hege führten, etwa der Verscho- mischen Eichhörnchens durch das Grauhörnchen und nung von Jungtieren oder generell zum Jagdverzicht diejenige des Nerzes durch den Mink. Zumindest beim im Sommer. Allerdings wurden auch für im Sommer Nerz besteht durchaus in nicht ferner Zukunft die Ge- erbeutete Tiere immerhin noch 25 Mark gezahlt. Ziel fahr des vollständigen Aussterbens. Der für die Pelz-

100 tierzucht wichtige Mink ist in der ersten Fassung der Unionsliste im Übrigen nicht enthalten. Eine andere Problemlage stellt die Ausbreitung kon- kurrenzstarker, nichtheimischer Baumarten in unge- nutzten Waldbeständen dar, etwa in den Kernzonen der Nationalparke. Hier widersprächen dauernde Eingriffe der für diese Gebiete gültigen Naturschutzzielstellung einer eigendynamischen, anthropogen zumindest nicht direkt beeinflussten Entwicklung. Mit Erstein- richtungsmaßnahmen zur Beseitigung der Neophyten über einen begrenzten Zeitraum wird gegenzusteuern versucht. Ob das die Lösung ist, oder doch langfristig Dominanzbestände nichtheimischer Arten entstehen, wird erst die Zukunft zeigen. Festzuhalten bleibt, dass eine undifferenzierte Verfol- gung von Neobiota ohne klar definierte Naturschutz- zielstellung und ohne realistische Abschätzung der Erfolgsaussichten und des Aufwandes unsinnig ist und knappe Ressourcen verschwendet. Wie aufwendig konsequente Bekämpfungsmaßnahmen selbst dann Abb. 20: Die Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifo- sind, wenn dabei effektive, in Europa nicht anwend- lia), hier im Stadtgebiet von Halle, enthält Stoffe, die bare Methoden eingesetzt werden, zeigen Beispiele aus Allergien beim Menschen verursachen können. Foto: Australien und Neuseeland. Sie zeigen in den aller- K. Schneider. meisten Fällen leider auch, dass diese Bemühungen die Auswirkungen eingeführter Arten nur zeitweilig min- dern, aber nicht dauerhaft lösen können. Insofern ist es erfreulich, dass in Mitteleuropa aufgrund völlig ande- Flächenkauf sowie zur Flächenpflege. Es liegt in der Na- rer Rahmenbedingungen durch Neobiota verursachte, tur der Sache, dass dabei oft große Widerstände auftre- schwerwiegende Naturschutzprobleme nur in Einzel- ten. Dies nicht nur von Seiten betroffener Landnutzer fällen auftreten. Diese Einzelfälle sollte man realistisch und entsprechender Verbände, sondern auch allgemein einschätzen und gegensteuern, wo dafür Möglichkeiten seitens der Industrie und Wirtschaft sowie von Teilen bestehen. Keinesfalls sollten aber in diesem Zusammen- der Öffentlichkeit. hang allgemeine Gefahren heraufbeschworen werden, In Politik und Verwaltung besteht die ja durchaus die hier in einem solchen Umfang gar nicht existieren. berechtigte Tendenz, sich beim Naturschutz auf das Naturschutz in Mitteleuropa hat grundsätzlich andere, Machbare zu konzentrieren. Die Verfolgung von Ne- wichtigere und drängendere Probleme als die Verfol- obiota und ein Verbot des Handels mit diesen Arten, gung von Neobiota. Insbesondere die immer weiter zumindest solchen, an denen die Wirtschaft höchstens verstärkte Intensität der Landnutzung, resultierend aus marginale Interessen hat, mögen da zunächst als ver- sehr hoher Bevölkerungsdichte, starker Industrialisie- hältnismäßig einfach und leicht durchsetzbar erschei- rung und Verkehrserschließung sowie der ungebrochen nen. Dies gilt umso mehr, als zumindest bestimmte fortschreitenden Intensivierung der Land- und Forst- eingeführte Arten auch in der Öffentlichkeit, gefördert wirtschaft sind hier die wirklichen Herausforderungen. durch entsprechende Berichterstattung in den Medien, Und dort liegen auch die Hauptprobleme, deren Lösung kritisch gesehen werden. Letzteres geschieht allerdings der wichtigste und schwierigste Teil der Naturschutz- meist weniger wegen damit verbundener Naturschutz- arbeit ist. Die Auseinandersetzung mit anderen Land- probleme, sondern mehr aus Furcht vor wirtschaftli- nutzungsoptionen oder zumindest mit der Art- und chen oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Die Weise der Nutzung sind dabei unumgänglich. Das ist Beifuß-Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia, Abb. 20) konfliktträchtig, erfordert mühsames Aushandeln von und der Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzia- Kompromissen und Lösungsmöglichkeiten mit allen num, Abb. 3 u. 4, S. 85) sind für letzteres prominente Betroffenen und oft erhebliche finanzielle Mittel zur Beispiele. Mit der Zustimmung kann es allerdings Vergütung entgangener Nutzungsvorteile oder zum schnell vorbei sein, wenn sich die Bekämpfung gegen

101 interessante oder sogar sympathische Arten richten Danksagung soll. Zu diesen gehört unbedingt der gelistete Wasch- bär, sofern man ihn nicht gerade im eigenen Obstgarten Herrn Urs Jäger danke ich für detaillierte Informatio- oder auf dem Dachboden hat. nen und Literaturhinweise zur Hybridisierungsproble- Die Darstellung hoher Kosten, die durch Ausbreitung matik bei Pappeln. invasiver Arten verursacht werden, beeindruckt die Ein besonderer Dank geht an Frau Katrin Schneider Öffentlichkeit durchaus. Damit können auch erhebli- (UfU e. V. Halle), Frau Annette Westermann (Bal- che Anstrengungen bei der Vorsorge und zur Beseiti- lenstedt) und Herrn Dr. Stefan Nehring (BfN Bonn) gung solcher Arten begründet werden. Kostenverursa- für die Bereitstellung von Fotos. cher sind allerdings fast ausschließlich Parasiten und Krankheitserreger des Menschen, der Nutztiere und Kulturpflanzen (einschließlich der Forstbäume), tech- Literatur nische Schädlinge sowie Unkräuter und Schadinsekten. 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Sicher werden auch weiterhin bereits weit dy of a failed project from the South Pacific. − Royal Society in Europa verbreitete Arten gelistet, bei denen weder open science 3 (4): 160110. − http://rsos.royalsocietypubli- shing.org/content/3/4/160110.full.pdf+html (letzter Abruf: die erhebliche Gefährdung heimischer Arten nachweis- 22.08.2016). bar, noch Methoden für eine großräumige Reduzierung Arndt, E. (2009): Neobiota in Sachsen-Anhalt. − Naturschutz oder vollständige Beseitigung verfügbar sind. In letzte- im Land Sachsen-Anhalt 46 (2): 2−63. ren Fällen wird sich die Verordnung als genauso unnütz Ashton, P. A. & R. J. Abbott (1992): Multiple origins and erweisen, wie ähnliche Versuche der älteren (Boden- genetic diversity in the newly arisen allopolyploid spe- cies, Senecio cambrensis Rosser (Compositae). − Heredity heimer 1928: Prozesse und Kirchenbann gegen ver- 68 (1): 25−32. schiedene Insektenarten) oder jüngeren Vergangenheit Barthel, P. H. & H. J. 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Hybrid offspring competes for Hain (1999): Feeding habits of two introduced fish species niches along the Rhine river in the Netherlands. − Tree Ge- (Lepomis gibbosus, Pseudorasbora parva) in Neusiedler See netics & Genomes. − http://www.researchgate.net/publica- (Austria), with special reference to chironomid larvae (Di- tion/225432610 (letzter Abruf: 22.12.2015). ptera: Chironomidae). − Springer Netherlands. − Shallow Soto-Azat, C., B. T. Clarke, J. C. Poynton & A. A. Cun- Lakes’98: 123−129. ningham (2010): Widespread historical presence of Batra- Yésou, P. & P. Clergeau (2005): Sacred Ibis: a new invasive chochytrium dendrobatidis in African pipid frogs. − Diver- species in Europe. − Birding World 18 (12): 517−526. sity and Distributions 16 (1): 126−131. Spitzen-van der Sluijs, A., A. Martel, J. Asselberghs, E. K. Bales, W. Beukema, M. C. Bletz ... & S. Lötters (2016): Expanding Distribution of Lethal Amphibian Fungus Ba- Anschrift des Autors trachochytrium salamandrivorans in Europe. − Emerging infectious diseases 22 (7): 1.286−1.288. Starfinger, U. (2004). Neophyten-Probleme und Bekämp- Dr. Jens Peterson fungsmaßnahmen: die wichtigsten Arten in Schleswig-Hol- Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt stein. Neophyten in Schleswig-Holstein: Problem oder Be- Fachbereich Naturschutz reicherung: 51−65. − http://umweltdaten.landsh.de/nuis/ upool/gesamt/neophyten/neophyten.pdf#page=39 (letzter Reideburger Str. 47 ∙ 06116 Halle (Saale) Abruf: 22. 8. 2016). E-Mail: [email protected]

105 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 53. Jahrgang • 2016: 106–111 Informationen

Übersicht der im Land Sachsen-Anhalt nach des Naturhaushaltes sichergestellt und die natürlichen Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Lebensgemeinschaften geschützt werden. Objekte und Informationen zu im Jahr 2015 Bereits 2012 wurde in der Gemeinde Meineweh der erfolgten Veränderungen „Inselteich und Park Thierbach“ als geschützter Land- schaftsbestandteil GLB0049BLK verordnet. Es soll Inge Haslbeck die ökologische Vielfalt, der bereits im Mittelalter als Schutzanlage und später als Erholungsanlage der Guts- Gemäß Paragraph 18 Absatz 1 NatSchG LSA wird im besitzerfamilie genutzten Anlage, erhalten bleiben. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt (LAU) Wasserfläche, Wiesenfläche, Baumbestand und Sumpf das Naturschutzregister für das Land Sachsen-Anhalt bilden eine eindrucksvolle Gesamtanlage. geführt. Jeweils zum Jahresende werden die Fachdaten für die 3 Hinweise zu Pflege- und Entwicklungsplänen, nach Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Ob- Managementplänen, Gutachten und anderen jekte des Landes Sachsen-Anhalt mit den Naturschutz- Arbeiten mit Bezug zu Schutzgebieten behörden des Landes abgeglichen. Das im Landesamt für Umweltschutz geführte Archiv Die Tabelle 1 gibt eine statistische Übersicht der nach der fachlichen Gutachten über die Schutzgebiete des Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Objekte des Landes Sachsen-Anhalt wird laufend aktualisiert. Es Landes Sachsen-Anhalt mit Stand 31.12.2015. liegen derzeit 445 Managementpläne, Pflege- und Ent- wicklungspläne (PEP), Gutachten und andere Arbeiten Änderungen und Informationen zum Bestand der mit Bezug zu Schutzgebieten vor. Schutzgebiete nach Landesrecht im Jahr 2015 Die Tabelle der PEP, Gutachten und anderen Arbeiten kann auf der Homepage des Landesamtes für Um- 1 Landschaftsschutzgebiete (LSG) weltschutz (LAU) www.lau.sachsen-anhalt.de weiter- Im Landkreis Stendal wurde 2015 das LSG0103 „Elbaue- führend Naturschutz, Schutzgebiete nach Landesrecht Wahlenberge“ verordnet. Es hat eine Größe von ca. eingesehen werden. 2.500 ha und liegt in Tangerhütte. Die landschaftliche Die Managementpläne (MMP) für die NATURA Vielfalt und Schönheit macht das LSG zu einem belieb- 2000-Gebiete sind im Internet unter www.lau.sachsen- ten Ausflugsziel. Durch das Gebiet führen der Elberad- anhalt.de weiterführend Naturschutz, Natura 2000, weg und der St. Jakobus Pilgerweg Sachsen-Anhalt. Managementplanung, Abgeschlossene Management- Bereits im Oktober 2014 wurde das LSG0004SAW pläne verfügbar. „Arend­see“ neu verordnet. Es umfasst räumlich die Ge- biete von gemeinschaftlicher Bedeutung (FFH-Gebiete) „Magerweide Aschkabel“ (DE 3034-301, FFH0265) und Anschrift der Autorin „Arendsee“ (DE 3134-301, FFH0252). Inge Haslbeck 2 Geschützte Landschaftsbestandteile (GLB) Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Die geschützten Landschaftsbestandteile im Stadtwald Fachbereich Naturschutz „Aue“ (GLB0025BLK) wurden im Mai 2015 neu ver- Reideburger Str. 47 ∙ 06116 Halle (Saale) ordnet. Damit soll insbesondere die Funktionsfähigkeit E-Mail: [email protected]

106 Tab. 1: Statistische Übersicht der im Land Sachsen-Anhalt nach Naturschutzrecht geschützten Gebiete und Objekte (Stand: 31.12.2015). Geschützte Gebiete und Objekte Anzahl Fläche1 [ha] Landesfläche2 [%] nach internationalem Recht FFH-Gebiete (FFH) 265 179.726 8,77 Europäische Vogelschutzgebiete (SPA) 32 170.611 8,32 Feuchtgebiete internationaler Bedeutung (FIB) 3 15.134 0,74 nach Landesrecht Naturschutzgebiete (NSG) 198 67.058 3,27 Einstweilig sichergestellte Erweiterungen bestehender NSG 0 0 0,00 Einstweilig sichergestellte NSG 0 0 0,00 Nationalparke (NP) 1 8.927 0,44 Kernzonen/Totalreservate (TR) − im NP 14 2.914 0,14 − in 33 bestehenden NSG 58 4.513 0,22 Biosphärenreservate (BR) 3 155.858 7,60 Landschaftsschutzgebiete (LSG) 83 682.891 33,31 Einstweilig sichergestellte Erweiterungen bestehender LSG 0 0 0,00 Einstweilig sichergestellte LSG 1 3.296 0,16 Naturparke (NUP) 7 486.446 23,73 Naturdenkmale − flächenhafte Naturdenkmale (NDF)3 147 474 0,02 − Flächennaturdenkmale (FND)4 698 − − − Einzelobjekte (ND) 1.536 − − Einstweilig sichergestellte Naturdenkmale − NDF3 0 0 0,00 − ND 1 − − Geschützte Landschaftsbestandteile − Geschützte Landschaftsbestandteile (GLB) 71 4.935 0,24 − Baumschutzverordnungen und -satzungen (BA) 279 − − Einstweilig sichergestellte Geschützte Landschaftsbestandteile − GLB 0 0 0,00 − BA 0 − − Geschützte Parks (GP)4 200 − − Vertragliche Vereinbarungen, auch zum Schutz von NATURA 2000-Gebieten (VEN) 17 8 0,00 im Verfahren Naturschutzgebiete (NSG) 0 0 0,00 Nationalparke (NP) 0 0 0,00 Biosphärenreservate (BR) 0 0 0,00 Landschaftsschutzgebiete (LSG) 6 53.670 2,62 Naturparke (NUP) 0 0 0,00 Naturdenkmale − flächenhafte Naturdenkmale (NDF) 1 2 0,00 − Einzelobjekte (ND) 0 − − Geschützte Landschaftsbestandteile − Geschützte Landschaftsbestandteile (GLB) 7 110 0,01 − Baumschutzverordnungen und -satzungen (BA) 0 − −

1 Alle Flächenangaben sind per GIS ermittelt, für einige Schutzgebietskategorien (FND, GP, ND, BA) sind keine Flächenangaben möglich. 2 Landesfläche = 20.500 km² 3 nach dem 01.07.1990 (Inkrafttreten des BNatSchG in den neuen Bundesländern) ausgewiesen 4 vor dem 01.07.1990 unter Schutz gestellt

Durch Überlagerungen von Schutzgebietskategorien auf derselben Fläche (FFH/SPA/FIB/NSG/NP/BR/LSG/NUP/NDF/GLB/VEN) kann die geschützte Gesamtfläche Sachsen-Anhalts nicht durch Addition der Einzelpositionen dieser Tabelle ermittelt werden.

107 „Wanderer achte Natur und Kunst und schone ihrer Werke“

Zur Interpretation der Inschrift auf dem Warnungsaltar in den Wörlitzer Anlagen

Lutz Reichhoff

In Schochs Garten in den Wörlitzer Anlagen steht eine Stele, der Warnungsaltar von 1800, mit der Inschrift „Wanderer achte Natur und Kunst und schone ihrer Werke“. Die wortgetreue Interpretation dieser Inschrift gibt stets erneut den Anlass, den Warnungsaltar als frü- hen Aufruf zum Naturschutz zu interpretieren. Nicht zuletzt tat dies auch Hirsch (1974), wenn er den War- nungsaltar als „erstes Naturschutzmonument“ bezeich- net. Gerade auf diese Quelle beziehen sich viele Autoren bei der Interpretation des Gartenreichs. Problematisch wird diese Interpretation, wenn man bedenkt, dass die Entstehung des Naturschutzes eine konservative, bürgerliche Reaktion auf die Entwicklun- gen der Moderne war (vgl. Schmoll 2006), wie diese mit der Industrialisierung, den Entwicklungen in der Landwirtschaft, insbesondere der landschaftsverän- dernden Separation, dem Ausbau der Verkehrsinfra- struktur oder dem Bergbau nach 1871 in Deutschland einsetzten. Die Einführung des Begriffs Naturschutz beispielsweise die Natur des Natürlichen, ist in diesem wird Philipp Leopold Martin (1815−1886) zugeschrie- Zusammenhang weniger gemeint (vgl. Böhnert 2015). ben, der diesen 1871 wie folgt verwendete: „Die abso- Der Begriff „Kultur“ geht zurück auf die Landnutzung. lute Notwendigkeit eines derartigen Naturschutzes …“ Um Kultur handelt es sich, wenn der Bauer ein Stück (Koch & Hachmann 2011). Natur (Fläche) mit Kulturpflanzen bebaut (lateinisch: Daraus lässt sich bereits erkennen, dass mit „Natur“ colere – bebauen, pflegen), es in Kultur nimmt und um 1800 und dem Aufruf zu ihrem Schutz nicht die zum Acker oder Feld wandelt. Diese Kultur gehört zum Zielstellung des modernen Naturschutzes gemeint sein Dreiklang des Künstlichen, das dem Natürlichen gegen- konnte. Was also meinte Fürst Leopold Friedrich Franz übergestellt und von Technik und Kunst ergänzt wird. von Anhalt Dessau (1740−1817), als er die Stele mit der Alles Künstliche erwächst im Gegensatz zur Natur aus Inschrift versehen ließ. Planung und/oder absichtlichem Handeln (Hampe Noch heute sind Natur und Landschaft umgangssprach- 2014). Die Kultur wird überwiegend als Gesamtheit lich zwei synonym gebrauchte Begriffe. Dies wird auch des gesellschaftlichen Stoffwechsels des Menschen deutlich, wenn man sich den durchaus gebräuchlichen mit der Natur verstanden. Natur ist dreidimensional Begriff „Naturlandschaft“ vergegenwärtigt, dem dann und grenzenlos, in ihr wirken physikalische, chemi- häufig der Begriff „Kulturlandschaft“ gegenübergestellt sche und biologische Faktoren. Dem steht der Begriff wird. „Landschaft“ als überschaubarer Raum gegenüber, der Fragen wir also zunächst nach den heutigen Inhalten durch menschliches Tun aus der Natur entstanden ist. der Begriffe „Natur“, „Landschaft“ und „Kultur“. Der Im geografisch-materialistischen Sinn ist Landschaft Begriff „Natur“ kann zunächst dinglich benutzt wer- eine Zeit-Raum-Struktur, die durch den Stoffwechsel den. Er leitet sich vom lateinischen natus (geboren zwischen Mensch und Natur bestimmt wird (Neef werden) und natura (Hervorgebrachtes) ab. Die Natur 1967, Haase & Richter 1980). Es ist insbesondere die ist das Ursprüngliche, das Spontane, das nicht geplant Landnutzung als kulturelle Tätigkeit, die den Wandel und nicht vom Menschen beeinflusst wird. Die zweite von Natur zur Landschaft bewirkt Grunewald( & Bedeutung des Begriffs „Natur“ als Wesen von Etwas, Bastian 2010, Mannsfeld 2014).

108 Umweltproblemen. – Berlin. – Sitzungsberichte der Aka- Was verstand Fürst Franz von Anhalt Dessau also unter demie der Wissenschaften der DDR. – Math.-Nat.-Technik „Natur“ als er diese der „Kunst“ gegenüberstellte und 5N: 23−51. aufrief, beide zu schonen? Haber, W. (2014): Landwirtschaft und Naturschutz. – Wein- Die Natur wurde bis in die Zeit der Aufklärung nicht heim (Viley-VCH): 298 S. nur als wertlos, sondern sogar als dem Menschen feind- Hampe, M. (2014): Tunguska oder das Ende der Natur. – Mün- chen (Dtv): 320 S. lich gesinnte Wildnis verteufelt (vgl. Trepl 2012). Im Hirsch, E. (1974): Das Nützliche mit dem Schönen. Die „welt- Denken des 18. Jahrhunderts war „wilde Natur“ zu be- weite Bedeutung“ der Dessau-Wörlitzer Kulturlandschaft kämpfen, zu beseitigen, zu kultivieren. Deutlich wird und ihre Rolle in unserer sozialistischen Gesellschaftsord- dies in einem Zitat von Friedrich dem Großen: „Wer nung. – In: Zwischen Wörlitz und Mosigkau. – Dessau. − den Boden verbessert, wüst liegendes Land urbar macht Schriftenreihe zur Geschichte der Stadt Dessau und Um- gebung 11: 3−22. und Sümpfe austrocknet, der macht Eroberungen von Koch, R. & G. Hachmann (2011): „Die absolute Notwendig- der Barbarei“ (nach Blackbourn 2008: 58). Im glei- keit eines derartigen Naturschutzes …“ Philipp Leopold chen Sinne handelte Fürst Franz, wenn er den Deichbau Martin (1815−1886): Vom Vogelschützer zum Vordenker betrieb um kulturfähiges Land den Überflutungen der des nationalen Natur- und Artenschutzes. – Natur und Flüsse zu entringen, versumpfte Niederungen entwäs- Landschaft 86 (11): 473−480. Neef, E. (1967): Die theoretischen Grundlagen der Land- serte, Wälder rodete, die Modernisierung der Landwirt- schaftslehre. – Gotha, Leipzig (Haack): 152 S. schaft förderte, Straßen anlegte, Obstbau betrieb, die Reichhoff, L. (2014): 90 Jahre Anhaltisches Naturschutzge- Landschaft mit Bauwerken verschönerte und Gärten setz. Tagungsheft zum Naturschutztag der Anhaltischen anlegte, in denen die wohl geordnete „Natur“ als Aus- Landschaft e. V. 20. September 2013. – Dessau-Roßlau. − druck des Sieges der Vernunft und pädagogisches Mittel Mitteilungen der Anhaltischen Landschaft 1: 19−229. Schmoll, F. (2006): Schönheit, Vielfalt, Eigenart. Die Formie- zur Erziehung zum vernünftigen Handeln dargestellt rung des Naturschutzes um 1900, seine Leitbilder und ihre und vermittelt wurde. Zu schützen war die „Natur“ Geschichte. – In: Natur und Staat. Staatlicher Naturschutz nicht und unter dem aufgeklärten Denken kam es nicht in Deutschland 1906−2006. – Frohn, H.-W. & F. Schmoll in den Sinn, die wertlose „Natur“ zu schonen. (Bearb.). – Bonn Bad-Godesberg. − Naturschutz und Biolo- Unter „Natur“ wurde vielmehr die aus Nutzung hervor gische Vielfalt 35: 736 S. Trepl, L. (2012): Die Idee der Landschaft. Eine Kulturge- gegangene „Landschaft“ verstanden, die im Zusam- schichte von der Aufklärung bis zur Ökologiebewegung. – menhang mit der Kunst zu schonen war. Die Inschrift Bielefeld (transcript Verlag): 255 S. weist also auf gestaltete und genutzte Natur im Sinne der Landeskultur, die begrifflich nach Haber (2014, vgl. auch Däumel 1961) um 1732 in Bayern aufgekommen Anschrift des Autors war und verbindet diese mit der Kunst, hier insbeson- dere mit der Gartenkunst, dem Landschaftsgarten. Lan- Dr. sc. nat. Lutz Reichhoff deskultur und Landschaftsgarten stehen am Beginn der LPR Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbH Landschaftspflege in Dessau-Wörlitz (vgl. Reichhoff Zur Großen Halle 15 ∙ 06844 Dessau-Roßlau 2014). Die Verschönerung der Landschaft in Einheit mit E-Mail: [email protected] ihrer Nutzung, dieses große Streben im 19. Jahrhundert, wird mit der Inschrift auf dem Warnungsaltar themati- siert und zur Schonung ihrer Werke aufgerufen.

Literatur

Blackbourn, D. (2008): Die Eroberung der Natur eine Ge- schichte der deutschen Landschaft. – München (Pantheon Verlag): 592 S. Böhnert, W. (2015): Prozessschutz – wertfreies Naturschutz- ziel oder erwartete leitbildgerechte Entwicklung. – Dessau- Roßlau. − Veröffentlichungen der LPR Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbH 7: 28−50. Däumel, G. (1961): Über die Landesverschönerung. – Geisen- haim/Rheingau: 200 S. Haase, G. & H. Richter (1980): Geographische Landschafts- forschung als Beitrag zur Lösung von Landeskultur- und

109 Heldbock Cerambyx cerdo Linnaeus, 1758 südlichste Vorkommen, Zeitzer Forst, scheint seit Jahr- (Coleoptera: Cerambycidae) im FFH-Gebiet zehnten erloschen zu sein (Kunze et al. 1999). Östlich „Nienburger Auwald-Mosaik” (FFH0103LSA) gibt es Nachweise aus Coswig, Wörlitz, Oranienbaum und der Umgebung dieser Orte. Über Vorkommen in Markus Koch & Volker Neumann den FFH-Gebieten Sachsen-Anhalts berichten zusam- menfassend Malchau et al. (2010) sowie Jentzsch & Bei dem Heldbock oder Großen Eichenbock Cerambyx Reichhoff (2013). cerdo handelt es sich um eine Bockkäferart nach den Es bestehen kaum Nachweise aus den Auenwaldgehöl- Anhängen II und IV der Fauna-Flora-Habitatrichtlinie zen im Bereich der Saale. Im FFH-Gebiet „Saaleaue bei der Europäischen Union mit hoher Gefährdungskate- Groß Rosenburg“ (FFH0053LSA) führten Mitarbeiter gorie und hohem Schutzstatus. In Deutschland befin- der Biosphärenreservatsverwaltung 2005/2006 eine den sich ehemalige und gegenwärtige Vorkommen in Heldbockerfassung durch. Nach dieser Erfassung und den Bundesländern Brandenburg mit Berlin, Sachsen, weiteren Erhebungen bestehen Vorkommen im Rand- Sachsen-Anhalt, Thüringen, Mecklenburg-Vorpom- bereich des FFH-Gebietes, an der Saale-Fähre Groß mern, Bayern, Hessen, Baden-Württemberg, Schleswig- Rosenburg (mehrere aktuell besiedelte Stiel-Eichen im Holstein und Niedersachsen, wobei die Art in Sachsen- Waldrandbereich des linken Saaleufers) und auf der Anhalt ihre höchste Verbreitung zeigt. Verbreitungs- anderen Saaleseite im Bereich des Sportplatzes Groß schwerpunkt stellen hier die Auenwaldrestgebiete des Rosenburg mit dem sich östlich anschließenden Has- Mittelelbegebietes sowie die Restalteichenbestände selbusch (Malchau et al. 2010, Neumann 2012). der Colbitz-Letzlinger Heide dar. Die nördlichsten Im Unteren Saaletal besteht ein Einzelvorkommen in Vorkommen befinden sich in und um Havelberg. Das Altenburg. Hier befindet sich unmittelbar an einer Be-

Abb. 1: Einzelbaum mit Heldbockbesiedlung, Altenburg, 20.08.2016. Foto: V. Neumann.

110 (GK: RW 4484637, HW 5745577, Umfang: 3,87 m, Vita- lität: ca. 70 %) mit Heldbockschlupflöchern festgestellt und durch weitere Begehungen im Jahr eine aktuelle Besiedlung (> 10 Schlupflöcher alt und aktuell) verifi- ziert (Abb. 2).

Fazit

Im Bereich des Unteren Saaletales bestehen noch Vor- kommen des Heldbockes. Sie gehören zu den wenigen aktuellen Vorkommen der Art in den Hartholzauen- wald-Restgehölzen der Saale in Sachsen-Anhalt.

Literatur

Jentzsch, M. & L. Reichhoff (2013): Handbuch der FFH-Ge- biete Sachsen-Anhalts. − Landesamt für Naturschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.). − Halle (Saale): 616 S. Kunze, P., K. Breinl & J. Schmiedl (1999): Pflege- und Ent- wicklungsplan Zeitzer Forst. Faunistische Bestandserfas- sung. – Regensburg, Grana/Zeitz. − Planungsbüro Zim- mermann (Auftragnehmer). − Unveröff. Schlussbericht: 52 S. Malchau, W., F. Meyer & P. Schnitter (Bearb.) (2010): Be- wertung des Erhaltungszustandes der wirbellosen Tierar- ten nach Anhang II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in Sachsen-Anhalt. − Berichte des Landesamtes für Umwelt- Abb. 2: Stiel-Eiche mit Heldbockbesiedlung, NSG schutz Sachsen-Anhalt SH 2: 1−332. Müller, J., L. Reichhoff, Ch. Röper & R. Schönbrodt „Sprohne“, FFH-Gebiet „Nienburger Auwald-Mosaik”, (Bearb.) (1997): Die Naturschutzgebiete Sachsen-Anhalts. 20.08.2016. Foto: V. Neumann. − Landesamt für Naturschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.). − Halle (Saale): 543 S. Neumann, V. (2012): Erfassung ausgewählter wirbelloser Ar- ten des Anhangs II der FFH-RL in Flächen mit hohem Na- turschutzwert (FHNW) sowie in FFH-Gebieten in Sachsen- grenzungsmauer eines landwirtschaftlich genutzten Anhalt. Festlegung dauerhafter Überwachungsflächen: LOS Anwesens mit Kamerunschafbeweidung im Gelände 1: Heldbock (Cerambyx cerdo). – Landesamtes für Umwelt- der Domäne 1 eine absterbende Alteiche (Quercus ro- schutz Sachsen-Anhalt (Auftraggeber). − Unveröff. Bericht. bur) mit ausgeprägter Wipfeldürre (Abb. 1). Der Baum Villwock, G. & H. Th. Porada (Hrsg.) (2016): Das Untere ist gekennzeichnet durch eine starke alte Heldbockbe- Saaletal. Eine landeskundliche Bestandsaufnahme zwi- schen Halle und Bernburg. Landschaften in Deutschland. siedlung, gegenwärtig weist diese Eiche aber nur noch Werte der deutschen Heimat, Band 75. – Köln, Weimar, wenige aktuelle Schlupflöcher auf (Neumann 2012). Wien (Böhlau Verlag): 398 S. Wenige Kilometer entfernt liegt bei Nienburg das NSG „Sprohne“ (NSG081), Bestandteil des Naturparkes „Unteres Saaletal“ und des FFH-Gebietes „Nienburger Anschriften der Autoren Auwald-Mosaik“ (FFH0103). Im NSG „Sprohne“ er- streckt sich bandförmig zwischen Fluss und Hochwas- Markus Koch serdeich einer der wenigen größeren Hartholzauenreste Stadt und Land Planungsgesellschaft mbH des Unteren Saaletales. In diesem Überflutungsbereich Hauptstraße 36 ∙ 39596 Hohenberg-Krusemark der Saale besteht ein Querco-Ulmetum minoris mit Dominanz von Stiel-Eiche Quercus robur und Esche PD Dr. Volker Neumann Fraxinus excelsior (Müller et al. 1997, Villwock & Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Porada 2016). Aus diesem Gebiet war bisher kein Zentralmagazin Naturwissenschaftliche Sammlungen Heldbockvorkommen bekannt. Am Dammfuß und Domplatz 4 ∙ 06099 Halle (Saale) Gehölzrand wurde im Februar 2016 eine Stiel-Eiche E-Mail: [email protected]

111 Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 53. Jahrgang • 2016: 112–127

Mitteilungen

Ehrungen

Robert Schönbrodt zum 65. Geburtstag ren Mitarbeiter der für die drei Nordbezirke der DDR zuständigen Arbeitsgruppe Greifswald des Instituts für Am 28. Januar 2016 beging Robert Schönbrodt seinen Landschaftsforschung und Naturschutz (ILN). 65. Geburtstag. 1951 in Halle geboren, besuchte er hier Ab 1973 arbeitete er dann im VEB Meliorationsbau von 1957 bis 1965 die Polytechnische Oberschule und Halle, von 1973 bis 1977 als Bauleiter, danach bis 1982 anschließend bis 1969 die Erweiterte Oberschule. als Oberbauleiter an zahlreichen Pumpstationen und Sein Interesse an der Natur wurde sehr früh durch seine Rohrnetzen für landwirtschaftliche Beregnungsanla- Großeltern geweckt. Mütterlicherseits waren sie Land- gen. wirte in Neutz bei Wettin im Saalkreis und er verbrachte Am 1. Mai 1982 ergriff er die Gelegenheit, seine Lei- dort viele Wochenenden und häufig auch die Schulfe- denschaft zum Beruf zu machen und wurde Abtei- rien. Sein Großvater väterlicherseits war pensionierter lungsleiter für Natur und Umwelt im Bezirkssekreta- Lehrer, der regelmäßig Ausflüge in die Umgebung von riat des Kulturbundes in Halle. Hier koordinierte und Halle unternahm, bei denen ihn Robert oft begleitete. unterstützte er, gemeinsam mit dem ehrenamtlichen So erkundete er frühzeitig die Landschaft, entwickelte Bezirksvorsitzenden Dr. Peter Hentschel und dessen Gespür für Naturschönheiten und erwarb erste Arten- Stellvertretern, Dr. Klaus Liedel und Dr. Lutz Reich- kenntnisse. hoff, die Arbeit der Bezirksfachausschüsse der Gesell- Als Glücksfall wertet er, dass er in der Erweiterten Ober- schaft für Natur und Umwelt (GNU). Sein Organisa- schule auf den begnadeten Pädagogen und engagierten tionstalent, seine zielstrebige Arbeitsweise und seine Vogelkundler Reinhard Gnielka traf, dessen Jugend-Ar- offene, gewinnende Art anderen Menschen gegenüber beitsgemeinschaft er sich anschloss. Im selben Jahr 1965 öffneten ihm hier viele Türen. In dieser Zeit erwei- wurde er auch Mitglied der Fachgruppe Ornithologie terte sich sein Horizont auch auf andere natur- und ge- und Vogelschutz Halle im Kulturbund der DDR. Nun schichtswissenschaftliche Disziplinen. Enge Zusam- wurden konzentriert Arten- und Vogelstimmenkennt- menarbeit pflegte er mit der regionalen Arbeitsgruppe nisse erworben und vertieft. des ILN, mit dem zoologischen Institut der Universität Von 1969 bis 1973 studierte er an der Sektion Melio- Halle-Wittenberg und mit der Bezirksnaturschutzver- rationswesen und Pflanzenproduktion der Universität waltung sowie mit den Kreisnaturschutzbeauftrag- Rostock und schloss sein Studium als Diplom-Meliora- ten des damaligen Bezirks Halle. Naturschutzhelfer tionsingenieur ab. im Auftrag der Unteren Naturschutzbehörde des Zum Studienbeginn meldete sich Robert Schönbrodt Saalkreises war er von 1968 bis 1996, ab 1979 auch umgehend bei der Ornithologischen Fachgruppe Ros- stellvertretender Kreisnaturschutzbeauftragter. Ge- tock im Kulturbund an. Im Studium traf er Hartmut meinsam mit dem Kreisnaturschutzbeauftragten Dr. Sporns, den späteren Aufbauleiter des Nationalparks Friedrich Ebel wurde eine intensive Naturschutzarbeit „Vorpommersche Boddenlandschaft“. Sie unternah- entwickelt, insbesondere hinsichtlich der Betreuung men viele prägende ornithologische Exkursionen im und Inventarisierung der Naturschutzgebiete und Flä- Umfeld und in fernere Lebensräume, u. a. bis Bulgarien chennaturdenkmale des Saalkreises. Eine ganze Serie gemeinsam mit Wilfried Starke aus Halle, dem späte- von Publikationen dokumentiert diese Aktivitäten. So

112 Robert Schönbrodt bei der Greifvogelberingung im Juni 2016. Foto: E. Greiner.

manchem Naturfreund wird noch die Broschürenreihe Jahre im Landesamt sind zu seinen im Naturschutz „Geschützte Natur im Saalkreis“ gegenwärtig sein. produktivsten zu rechnen. Unter seiner Führung und Mitwirkung wurden vielfältige fachliche Konzepte und Ab 1. April 1990 wechselte Robert Schönbrodt zur neu Projekte entwickelt. Im Jahr 1994 wurde das Land- geschaffenen Stelle des Abteilungsleiters für Natur- schaftsprogramm aufgestellt, als eines der ersten in den schutz in der Oberen Naturschutzbehörde Halle und neuen Bundesländern und mit ehrgeizigen Zielen zum war engagiert beteiligt am Aufbau der neuen Verwal- Schutz von Natur und Landschaft. Untrennbar damit tungsstrukturen. Es war eine Zeit politischer Verän- verbunden waren die Erarbeitung der Landschaftsglie- derungen und sich überstürzender Ereignisse. Damit derung Sachsen-Anhalts und der Karte der potenziell ergaben sich aber auch Chancen zur Durchsetzung natürlichen Vegetation. weitgreifender Naturschutzziele. So wurden beispiels- Robert Schönbrodt erkannte die Möglichkeiten und weise sehr viele einstweilige Sicherungen von Natur- Chancen, die sich durch Nutzung neuartiger Techni- schutzgebieten eingeleitet, von denen aber leider nicht ken und Methoden für Naturschutzzwecke ergeben alle in Verordnungen mündeten. könnten. So gelang es ihm, gemeinsam mit seinem Stell- Im Februar 1991 konnte er in den Aufbaustab zur vertreter Dr. Siegried Schlosser, das Landesumweltmi- Gründung des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen- nisterium von der Notwendigkeit zur Bereitstellung er- Anhalt (LAU) mit Sitz in Halle wechseln, baute dort heblicher Finanzmittel für eine erste landesweite Color- die Fachbehörde für Naturschutz auf und leitete sie als Infrarot(CIR)-Luftbildbefliegung (1992/93) zu überzeu- Abteilungsleiter bis zu seiner Versetzung im September gen und Mitarbeiter des LAU für die Luftbildauswer- 2004. tung zu begeistern. Die auf dieser Grundlage erstellte, Die Zeit nach der Wende brachte dem Naturschutz in bis in die Gegenwart aktualisierte und fortgeschriebene Sachsen-Anhalt einen enormen Aufwind. Es herrschte flächendeckende Biotoptypen- und Nutzungstypenkar- auch in den Behörden eine Aufbruchsstimmung. Diese tierung hat sich als außerordentlich wertvolle Arbeits-

113 grundlage im Naturschutz erwiesen. Die Daten fanden „Fachkarten der für Naturschutz besonders wertvollen auch bei vielen Planungsvorhaben anderer Ressorts, Bereiche im Land Sachsen-Anhalt“ und die „Roten Lis- z. B. bei der Umsetzung der Verkehrsprojekte „Deutsche ten“ für zahlreiche Artengruppen legten den Grund- Einheit“, umfangreiche Verwendung. stein für die fundierte Kenntnis über den Gefährdungs- Die genaue Kenntnis über „die Kleinode“ in der Kul- zustand von Tier- und Pflanzenarten in Sachsen-Anhalt turlandschaft war ihm ein Bedürfnis und so wurde ihre und im bundesweiten Vergleich. Ihre Fortschreibung Erfassung und Bewertung zur Dienstaufgabe der Be- zeugt ebenso von Weitblick wie der Denkansatz eines hörde. Dabei hat er so manchen mit seiner Begeisterung umfassenden Naturschutzes, den Robert Schönbrodt angesteckt. stets propagierte und unterstützte. Dies fand während Als Pragmatiker in leitender Position konnte er kreative seiner Amtszeit insbesondere Ausdruck in zahlreichen und unkonventionelle Möglichkeiten und Wege finden, Arten- und Biotopschutzprogrammen des Landes um ans Ziel zu gelangen. So ist es ihm zu verdanken, (Harz 1997, Stadt Halle 1998 und Elbe 2001), in der dass in den 1990er Jahren Fotoserien von Schutzgebie- Begleitung der Naturschutzgroßprojekte „Drömling“ ten aus Kleinflugzeugen und Hubschraubern aufge- und „Mittlere Elbe“ oder in der Konzipierung eines nommen werden konnten. Seitdem liegen solche Zu- landesweiten Ökologischen Verbundsystems. Bereits standsaufnahmen und gleichermaßen Zeitdokumente im Jahr 1995, nur drei Jahre nach dem Inkrafttreten für die meisten Naturschutz- und Landschaftsschutz- der FFH-Richtlinie, konnte das Land Sachsen-Anhalt gebiete Sachsen-Anhalts vor. Dieser Fundus ist nach auf der Grundlage der fachlichen Vorschläge des LAU wie vor wertvolle Grundlage, insbesondere um natur- eine erste FFH-Gebietskulisse an das Bundesministe- schutzfachliche Veröffentlichungen zu bereichern und rium für Umwelt (BMU) melden. Ihre Qualifizierung zu illustrieren, aber auch bald historisches Dokument mit Unterstützung vieler ehrenamtlicher Naturschützer des Landschaftswandels. und die Komplettierung der Liste der Vogelschutzge- Entsprechend einem seiner Lieblingssprüche: „Wer biete war eine der Erfolgsgeschichten, zumal mit zu- schreibt, der bleibt“ war es von Anfang an sein Be- nehmender Wirksamkeit des Netzwerkes Natura 2000 streben, dass die renommierte und wissenschaftlich der Gegenwind immer stärker wurde. fundierte Reihe „Handbuch der Naturschutzgebiete Am 1. September 2004 erfolgte seine Versetzung zum der DDR“ in zeitgemäßer Form fortgeführt wird. Für Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt als Leiter des Sachsen-Anhalt betraf dies den Band 3 „Die Natur- neu aufgestellten Referates Großschutzgebiete. Die neue schutzgebiete der Bezirke Magdeburg und Halle“ (2. Aufgabe bestand nun in der Unterstützung und Koor- und letzte Auflage 1983). Mit großer Energie trieb er die dinierung des Biosphärenreservats „Mittlere Elbe“, des Neukonzeption dieses Naturschutz-Klassikers voran. Naturparks „Drömling“ und des im Aufbau begriffenen Gestaltung und Inhalt sollten ein breiteres Publikum Biosphärenreservats „Südharz“ sowie weiterer fünf Na- ansprechen, für alle Schutzgebiete sind Karten und Fo- turparke. tos enthalten. Diese Arbeit mündete in die Werke: „Die Ein erneuter Wechsel der Dienststelle ergab sich durch Naturschutzgebiete Sachsen-Anhalts“ (1997) und „Die Zuständigkeitsänderungen und Umstrukturierungen Landschaftsschutzgebiete Sachsen-Anhalts“ (2000), ak- in der Landesverwaltung im Juli 2012. Mit gleicher Ar- tualisiert durch einen Ergänzungsband (2003) zu bei- beitsaufgabe wurde er zum Ministerium für Landwirt- den Schutzkategorien. Diesem Beispiel folgten dann schaft und Umwelt nach Magdeburg abgeordnet. Dort auch die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern beendete er seine aktive Dienstzeit im Oktober 2014 und (2003), Sachsen (2009) und Thüringen (2012). trat in die Ruhephase der Altersteilzeit ein. Sie endete Die Information der Öffentlichkeit lag Robert Schön- mit seiner Pensionierung im Januar 2016. brodt immer am Herzen. So trat er dafür ein, dass die Ornithologie verstand Robert Schönbrodt stets als traditionsreiche Zeitschrift „Naturschutzarbeit in den Freizeitbeschäftigung, wenngleich aus ihr vielfältige Bezirken Halle und Magdeburg“ vor dem drohenden Impulse für seine berufliche und ehrenamtliche Na- Untergang bewahrt und unter dem Dach des LAU un- turschutzarbeit erwuchsen. ter dem Titel „Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt“ Seit seiner Jugend selbst engagiert, versuchte er den weitergeführt werden konnte. Seit 1996 ist er Mitglied Kontakt zu den ehrenamtlichen Artspezialisten und der Schriftleitung. Naturschützern, deren Dachorganisation Kulturbund Eine wesentliche Zielstellung von Veröffentlichungen mit der Wende weggebrochen war, weiterhin zu pflegen bestand darin, den Status quo von Natur und Land- und ihre Aktivitäten in den behördlichen Naturschutz schaft zu dokumentieren. Insbesondere die erarbeiteten bzw. in neu gegründete Vereine einzubinden.

114 Auch nach Auflösung des Kulturbundes und der damit Anschriften der Autoren verbundenen Umwandlung der ornithologischen Fach- gruppe Halle in einen Verein war er weiter aktiv und Dr. sc. nat. Lutz Reichhoff betätigte sich im Vorstand, ab 2006 als Schriftführer LPR Landschaftsplanung Dr. Reichhoff GmbH und seit 2012 als stellvertretender Vorsitzender. Zudem Zur Großen Halle 15 · 06844 Dessau-Roßlau ist er auch Gründungs- und Vorstandsmitglied des Or- E-Mail: [email protected] nithologenverbandes Sachsen-Anhalt e. V. (OSA), der im April 1991 in Köthen gebildet wurde, und übernahm Dr. Christiane Röper im Jahr 2008 die Schriftleitung der Verbandszeitschrift Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt „Apus – Beiträge zur Avifauna Sachsen-Anhalts“. Stabsstelle Seit 1975 engagiert er sich in der „Beringergemein- Reideburger Str. 47 ∙ 06116 Halle (Saale) schaft Tauchnitz“ als Vogelberinger in verschiedenen E-Mail: [email protected] Programmen, vor allem aber auch seit 1975 im Rahmen des Greifvogel- und Eulenmonitorings der Universität Halle unter Führung von Prof. Dr. M. Stubbe. Publikationen (1969 bis 2015 in Auswahl) Ergebnisse seiner vogelkundlichen Beobachtungen sowie seiner praktischen Naturschutzarbeit veröffent- Schönbrodt, R. (1969): Herbstbeobachtung von Zwergsee- lichte er in zahlreichen Publikationen. Eine Auswahl schwalben bei Halle/Saale. − Apus 1 (6): 294. Schönbrodt, R. (1970): Die Verbreitung der Ringeltaube im folgt dieser Ehrung. Stadtkreis Halle/S. − Apus 2 (1): 24−32. Schönbrodt, R. & T. Spretke (1982): Rasterkartierung der Schon immer war ornithologisch motiviertes Reisen Brutvögel der Kreise Halle, Halle-Neustadt und Saalkreis seine große Leidenschaft. Bis 1990 erfolgten ausgiebige auf 1-km²-Basis von 1983 bis 1986. Aufruf und Grundla- Exkursionen nach Polen (v. a. in die Biebrza-Niede- gen. − Unveröff. Mskr. Schönbrodt, R. & H. Tauchnitz (1983): Mäusebussardbrut rung), in die slowakischen Berge, aber auch in die Ge- mit 6 flüggen Jungvögeln! − Beitrag zur Vogelkunde 29: birgsregionen Rumäniens und Bulgariens. Die Wende 335−336. eröffnete neue Reisemöglichkeiten. Bis heute erfüllte Schönbrodt, R. & F. Ebel (1984): Geschützte Natur im Saal- er sich viele Reisewünsche, oft in Begleitung seiner kreis – eine Anleitung zur Pflege und Nutzung der Natur- Frau Gabriele und seiner Tochter Annegret. Ziele schutzobjekte (Stand 1983). − Rat des Saalkreises, Gesell- schaft für Natur und Umwelt & Botanischer Garten Halle waren u. a. die Extremadura, die Rocky Mountains, (Hrsg.). − 1. Aufl. – Halle: 68 S. Mittelamerika, West- und Zentralaustralien sowie Ebel, F. & R. Schönbrodt (1985): Ein neues dendrologisch Tasmanien, Bolivien und immer wieder die Sahara von bemerkenswertes Flächennaturdenkmal im Saalkreis. − Mali über Algerien, Libyen, Niger, Tschad bis zum Su- Naturschutzarb. in den Bez. Halle u. Magdeburg 22 (1): dan und nach Ägypten. Die Expeditionen nach West- 30−36. Schönbrodt, R. & M. Schönbrodt (1985): Rotsterniges Papua und in die brasilianische „Mata Atlantica“ mit Blaukehlchen in Halle/Saale. − Apus 6 (1): 42. den sächsischen Ornithologen sowie nach Kirgistan, Schönbrodt, R. & F. Ebel (1986): Geschützte Natur im Saal- in die Mongolei und zum Baikalsee mit dem Förder- kreis eine Anleitung zur Pflege und Nutzung der Natur- kreis des Museums Heineanum Halberstadt seien be- schutzobjekte (Stand 1986). − Rat des Saalkreises, Gesell- sonders hervorgehoben. Auf einer privat organisierten schaft für Natur und Umwelt & Botanischer Garten Halle (Hrsg.). − 2. Aufl. – Halle: 87 S. Reise durchquerte er mit dem Auto das südliche Afrika Ebel, F. & R. Schönbrodt (1987): Einige Bemerkungen zum von Mosambik über Malawi, Sambia und Botswana bis System der FND im Saalkreis. − Naturschutzarb. in den nach Namibia. Andere Touren führten um Island, in Bez. Halle u. Magdeburg 24 (1): 33−39. die Antarktis, nach Äthiopien, in den Oman und auf Reichhoff, L. & R. Schönbrodt (1987): Klaus-Jürgen Hofer die Insel Borneo. (1941−1987). − Naturschutzarb. in den Bez. Halle u. Mag- deburg 24 (2): 1−2. Schönbrodt, R. & H. Tauchnitz (1987): Ergebnisse 10-jähri- Für den Ruhestand wünschen wir ihm entspannte Stun- ger Planberingung von jungen Greifvögeln in den Kreisen den im Kreise seiner Familie, noch viele erlebnisreiche Halle, Halle-Neustadt und Saalkreis. − Wiss. Beitr. Univ. Reisen, ungebrochenen Enthusiasmus und viel Tatkraft Halle 14 (P27): Populationsökologie Greifvogel- und Eu- und Energie für den Naturschutz und bei der ornitho- lenarten 1: 67−84. Ebel, F. & R. Schönbrodt (Hrsg.) (1988): Pflanzen- und Tier- logischen Betätigung. arten der Naturschutzobjekte im Saalkreis (Bez. Halle). Teil 1: Verzeichnis der bisher in den NSG und FND des Saal- Lutz Reichhoff & Christiane Röper kreises nachgewiesenen Pflanzen und Tierarten. − Rat des

115 Saalkreises, Kulturbund der DDR & Botanischer Garten der ratsamt des Saalkreises & Landesamt für Umweltschutz MLU. – Halle: 64 S. Sachsen-Anhalt (Hrsg.): 78 S. Ebel, F. & R. Schönbrodt (Hrsg.) (1988): Pflanzen- und Tier- Reichhoff, L. & R. Schönbrodt (1995): Gedanken zum Buch arten der Naturschutzobjekte im Saalkreis (Bez. Halle). Teil „Wurzeln der Umweltbewegung“. − Naturschutz im Land 2: Artinventar der einzelnen NSG und FND des Saalkreises. Sachsen-Anhalt 32 (1): 11−18. − Rat des Saalkreises, Kulturbund der DDR & Botanischer Müller, J., L. Reichhoff, C. Röper & R. Schönbrodt (1997): Garten der MLU. – Halle: 75 S. Die Naturschutzgebiete Sachsen-Anhalts. − Landesamt für Ebel, F. & R. Schönbrodt (Hrsg.) (1988): Pflanzen- und Tier- Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.). − Jena, Stuttgart, arten der Naturschutzobjekte im Saalkreis (Bez. Halle). Teil Lübeck, Ulm (Gustav Fischer): 543 S. 3: Vorläufige Rote Liste der Pflanzen- und Tierarten der Schönbrodt, R. (1998): Ergebnisse aus dem schottischen Naturschutzobjekte im Saalkreis. − Rat des Saalkreises, Kul- Wiederansiedlungsprojekt mit Rotmilanen. − Apus 10 (2): turbund der DDR & Botanischer Garten der MLU. – Halle: 110−112. 12 S. Schönbrodt, R. (1998): Vögel. − In: Karstlandschaft Südharz: Schönbrodt, R. & T. Spretke (1989): Brutvogelatlas von Hal- Die Tierwelt der Karstlandschaft Südharz. − Naturschutz le und Umgebung. – Halle: 136 S. im Land Sachsen-Anhalt 35 (SH): 32−35. Schönbrodt, R. & F. Ebel (1990): Geschützte Natur im Saal- Reichhoff, L. & R. Schönbrodt (1998): Prof. Dr. Peter Hent- kreis. 1. Ergänzungsband (Stand 1.1.1990): eine Anleitung schel zum 65. Geburtstag. − Naturschutz im Land Sachsen- zur Pflege und Nutzung der Naturschutzobjekte. − Rat des Anhalt 35 (1): 36−37. Saalkreises, Gesellschaft für Natur und Umwelt & Botani- Reichhoff, L. & R. Schönbrodt (1999): Dr. Siegfried Schlos- scher Garten Halle (Hrsg.): 24 S. ser zum Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand ab 1. April Gnielka, R., R. Schönbrodt, T. Spretke & J. Zaumseil 1999. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 36 (1): 45−48. (1990): Anleitung zur Brutvogelkartierung. − Apus 7: Jäger, E. & R. Schönbrodt (2000): Dr. Friedrich Ebel zum 65. 145−239. Geburtstag. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 37 (1): Mönke, R., R. Schönbrodt & M. Weinberger (1990): Zum 37−39. Herbstzug des Bienenfressers (Merops apiaster L.) an der Reichhoff, L., C. Röper & R. Schönbrodt (2000): Die Land- bulgarischen Schwarzmeerküste. – Beitrag zur Vogelkunde schaftsschutzgebiete Sachsen-Anhalts. − Landesamt für 36: 113−119. Umweltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.). – Halle (Selbstver- Schönbrodt, R. & H. Tauchnitz (1991): Greifvogelhorstkon- lag): 494 S. trollen der Jahre 1986 bis 1990 bei Halle. − Wiss. Beiträge O`Toole, L., D. C. Orr-Ewing, M. Stubbe, R. Schönbrodt Univ. Halle 4 (P45): Populationsökologie Greifvogel- u. Eu- & I. B. Bainbridge (2000): Interim report on the translo- lenarten 2: 61−74. cation of Red Kites Milvus milvus from Germany to Central Böttcher, H., L. Reichhoff, R. Schönbrodt & H. Traue Scotland. − Populationsökologie Greifvogel- u. Eulenarten (1991). Stange zum Ausspiegeln von Greifvogelhorsten. − 4: 233−242. Wiss. Beiträge Univ. Halle 4 (P45): Populationsökologie Dornbusch, G. & R. Schönbrodt (2003): Nachmeldung von Greifvogel- u. Eulenarten 2: 411−413. EU SPA in Sachsen-Anhalt geplant! − Apus 11 (6): 335−336. Ebel, F. & R. Schönbrodt (1991): Geschützte Natur im Saal- Funkel, C., L. Reichhoff & R. Schönbrodt (2003): Die kreis – eine Anleitung zur Pflege und Nutzung der Natur- Natur- und Landschaftsschutzgebiete Sachsen-Anhalts. schutzobjekte (Stand 1991). − Landratsamt des Saalkreises, Ergänzungsband. − Landesamt für Umweltschutz Sachsen- Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt & Botani- Anhalt (Hrsg.). – Halle (Selbstverlag): 456 S. scher Garten der MLU Halle (Hrsg.). − 3. Aufl.: 112 S. Meyer, F. & R. Schönbrodt (2003): Jürgen Buschendorf – Ebel, F. & R. Schönbrodt (1991): Pflanzen- und Tierarten 65 Jahre. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 40 (1): der Naturschutzobjekte im Saalkreis. 1. Ergänzungsband. − 34−35. Landratsamt des Saalkreises, Botanischer Garten der MLU Reichhoff, L. & R. Schönbrodt (2003): „Naturschutz im Halle & Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Land Sachsen-Anhalt“ − 40 Jahre im Rückblick. − Natur- (Hrsg.). – Halle: 72 S. schutz im Land Sachsen-Anhalt 40 (2): 3−8. Schönbrodt, R. (1992): Die Fachbehörde für Naturschutz im Stiefel, A. & R. Schönbrodt (2004): Dr. Klaus Liedel zum 70. Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt. − Natur- Geburtstag. − Apus 12 (3): 139−142. schutz im Land Sachsen-Anhalt 29 (1): 3−6. Mönke, R. & R. Schönbrodt (2005): Bemerkenswertes Ver- Ebel, F. & R. Schönbrodt (1993): Pflanzen- und Tierarten halten von Fischadlern Pandion haliaetus auf Trinidad. − der Naturschutzobjekte im Saalkreis. 2. Ergänzungsband. − Ornithol. Mitt. 57 (10): 325−327. Landratsamt des Saalkreises & Landesamt für Umwelt- Schönbrodt, R. & H. Tauchnitz (2006): 2005 und 2006 − schutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.). – Halle: 92 S. zwei außergewöhnliche Jahre für Greifvögel. − Apus 13 (1): Ebel, F. & R. Schönbrodt (1993): Rote-Liste-Arten der Na- 62−65. turschutzobjekte im Saalkreis. − Verband zur Landschafts- Orr-Ewing, D. C., K. Duffy, L. O`Toole, M. Stubbe & R. pflege u. Einrichtung eines Naturparks „Unteres Saaletal“ Schönbrodt (2006): Final Report on the Translocation of e. V., Landratsamt des Saalkreises & Landesamt für Um- Red Kites Milvus milvus from Germany to Central Scott- weltschutz Sachsen-Anhalt (Hrsg.). − Arbeiten aus dem land. − Populationsökologie Greifvogel- u. Eulenarten 5: Naturpark „Unteres Saaletal“ 2: 86 S. 261−272. Ebel, F. & R. Schönbrodt (1995): Geschützte Natur im Saal- Schönbrodt, R. & F. Jurgeit (2008): Wie umgehen mit der kreis – eine Anleitung zur Pflege und Nutzung der Natur- Rot-Esche in den Schutzgebieten Sachsen-Anhalts? – Na- schutzobjekte (Ergänzungsband zur 3. Auflage). − Land- turschutz im Land Sachsen-Anhalt 45 (2): 57−59.

116 Schönbrodt, R. (2009): Marbled Teal Marmaronetta angusti­ Krause, G. & R. Schönbrodt (2013): Ziegenmelker Capri- rostris on the Ounianga lakes in Chad. [Marmelenten M. a. mulgus europaeus im nördlichen Saalekreis. − Apus 18 (2): auf den Ounianga-Seen im Tschad (Sahara)]. − Ornithol. 167−168. Jahresber. Mus. Heineanum 27: 35−42. Schönbrodt, R. (2014): Marbled Teal Marmaronetta angust- Reichhoff, L. & R. Schönbrodt (2009): Klaus-Jürgen See- irostris and Cape Teal Anas capensis on the Ounianga Lakes, lig zum 65. Geburtstag. − Naturschutz im Land Sachsen- northern Chad. − Bull. ABC 21 (2): 206−211. Anhalt. 46 (1): 46−48. Gedeon, K., A. Cauldwell, M. Ewnetu, F. Regasa, R. Nicolai, B., L. Reichhoff & R. Schönbrodt (2010): Klaus- Schönbrodt & T. Töpfer (2015): House Sparrow Passer Jürgen Seelig zum 65. Geburtstag. − Apus 15: 89−91. domesticus and hybrids with Somali Sparrow P. castanopte- Schönbrodt, R. (2011): 20 Jahre Ornithologischer Verein Hal- rus in Ethiopia (2015). − Bull. ABC 22 (1): 70−73. le und ein Blick zurück. − Apus 16 (SH): 5−56. Schönbrodt, R. (2015): Waschbären können alles, außer Rey- Sellin, D. & R. Schönbrodt (2011): Ungewöhnliche Brutplät- Manschetten überklettern und fliegen. − Apus 20: 84−89. ze der Mehlschwalbe Delichon urbicum. Ornithol. Rundbr. Schönbrodt, R. (2015): Laser für den Vogelschutz. − Apus 20: Mecklenbg.-Vorpomm. 47 (1/2): 153–155. 91−92. Schönbrodt, R. (2012): Rasten regelmäßig Marmelenten Schönbrodt, R. (2015): Aufruf zum Horstschutz vor Wasch- Marmaronetta angustirostris und brüten Fahlenten Anas bären. − Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt 52 (JH): capensis an den Ounianga-Seen im Tschad? − Ornith. Mitt. 73−77. 64 (11/12): 317−323. Schönbrodt, R. (2015): Forschungen zur Person Dr. phil. Jean Schönbrodt, R. (2013): Drei gute Gründe, sofort das Museum Guillaume Charles Eugéne Rey. – Martin-Luther-Universi- Heineanum in Halberstadt zu besuchen. − Apus 18 (1): 93. tät Halle-Wittenberg (Zentralmagazin Naturwissenschaftli- Böhnert, W. & R. Schönbrodt (2013): Dr. Lutz Reichhoff cher Sammlungen). – Halle. – Jahresbericht 2014: 43−45. zum 65. Geburtstag. − Naturschutz im Land Sachsen-An- halt 50 (JH): 83−87.

117 Frank Meysel und Ministerpräsident Dr. Reiner Haseloff. Foto: I. Berger (Staatskanzlei).

Bundesverdienstkreuz an Frank Meysel Leitung erhielt der AHO ein neues Profil. Nicht zuletzt verliehen ermöglichte dies die Erstellung eines Gesamtbildes der Orchideenverbreitung im Bundesland und legte die Am 4. November 2015 verlieh der Bundespräsident Grundlage für ein wirksames Schutz- und Pflegema- Joachim Gauck das Bundesverdienstkreuz an Frank nagement dieser heimischen Pflanzenarten, von denen Meysel. Feierlich überreicht wurde die Auszeichnung nicht grundlos eine Vielzahl in der Roten Liste Sachsen- am 21. Januar des Folgejahres durch den Ministerprä- Anhalt enthalten ist. sidenten von Sachsen-Anhalt Dr. Reiner Haseloff in der Erfolgreich initiierte er in seiner Freizeit zahlreiche Magdeburger Staatskanzlei. Erfreulicherweise wurde Erhaltungs- und Pflegeprojekte. Unzählige Male nahm damit zum wiederholten Mal in den letzten Jahren eine er gemeinsam mit wenigen Freunden selbst den Frei- Persönlichkeit für herausragende ehrenamtliche Leis- schneider in die Hand und leistete das, was eine staat- tungen im Naturschutz geehrt. liche Aufgabe gewesen wäre. Erinnert sei in diesem Naturschutz betreibt Frank Meysel nicht nur vom Zusammenhang an zahlreiche Projekte des AHO zum Schreibtisch aus, er war immer schon ein “Mann der Schutz von Herbst-Wendelorchis, Frauenschuh, Sumpf- Tat“, der in der Theorie genauso erfolgreich agiert, wie sitter, Kleinem Knabenkraut und anderen bestandsbe- vor Ort beim praktischen Artenschutz. Diese Auszeich- drohten Orchideenarten. nung wurde ihm für sein erfolgreiches und langjähriges Nachwuchsförderung im Orchideenschutz sowie die Wirken im Ehrenamt verliehen. Organisation von Fachexkursionen innerhalb des Frank Meysel ist seit 1993 Mitglied des Arbeitskrei- AHO’s gehören ebenfalls zu Frank Meysels Intentionen ses Heimische Orchideen in Sachsen-Anhalt (AHO einer erfolgreichen Vereinsarbeit. ST). Im Jahr 2005 übertrug man ihm den Vorsitz des Ein wichtiger Meilenstein in der Vereinstätigkeit des Arbeitskreises. Zu seinen Verdiensten zählt unter an- AHO, seines Wirkens und insgesamt für den Schutz derem die Förderung des Vereinslebens, unter seiner heimischer Orchideen ist ganz sicher die Herausgabe

118 des Buches „Orchideen in Sachsen-Anhalt“ (s. a. Natur- eine Möglichkeit für ihn, nicht nur beruflich einer kon- schutz im Land Sachsen-Anhalt 48(2011)1+2: 85−86). kreten Naturschutzaufgabe nachzugehen, sondern auch Jahrzehntelange akribische Datensammlung und Er- seine Kenntnisse insbesondere zu den Waldorchideen fahrungen münden in dieses Werk, in dem sehr aus- aus anderer Perspektive zu erweitern. führlich die Orchideenarten und ihre Lebensräume beschrieben werden. Der fachlich fundierten Bestands- Der Verfasser Uwe Wegener lernte Frank Meysel als Re- aufnahme und Bewertung folgt die Ableitung von kon- vierleiter im Hakel bei botanischen Führungen bereits kreten Maßnahmen und Pflegeempfehlungen, die den Ende der 1990er Jahre kennen und war sofort beein- besonderen praktischen Wert dieser fast 500 Seiten zäh- druckt vom breit gefächerten Fachwissen und seinem lenden Publikation ausmachen. Ohne Zweifel trägt das Ziel, Holznutzung und Naturschutz in Einklang zu Buch die Handschrift von Frank Meysel. Unermüdlich bringen. Später, bei verschiedenen gemeinsamen Pflege- motivierte er das Autorenteam für die anspruchsvolle projekten, war immer wieder beachtenswert, wie es ihm Bearbeitung, so dass es nach sechsjähriger Bearbei- gelang, theoretisches Wissen zum Orchideenschutz in tungszeit im Jahr 2011 erscheinen konnte. Dieser unter praktisches Handeln umzusetzen. Halbe Sachen oder Fachleuten anerkannte Band wird mittlerweile häufig ein vorzeitiges Aufgeben gibt es bei ihm nicht. Selbst in der Fachliteratur zitiert. wenn sich nach jahrelanger Pflege kein Erfolg einstellt, Im Jahr 1962 geboren und im damaligen Karl-Marx- wird unermüdlich nach Ursachen geforscht, werden Stadt aufgewachsen, begeisterte sich Frank Meysel be- Spezialisten hinzugezogen und Managementversuche reits in Kindertagen an allem was in Park und Garten eingeleitet bis die möglichen Ursachen der Bestands- des elterlichen Wohnumfeldes wuchs und gedieh. Viel- veränderungen ermittelt sind. leicht waren diese Erlebnisse der Grundstein für seine Im Arbeitskreis wirkt sein Optimismus „ansteckend“. heutige Passion? Sein umfangreiches Wissen im Orchideenschutz stellt Seinen beruflichen Werdegang begann er 1979 mit ei- er gern auch Behörden, z. B. Unteren Naturschutzbe- ner Lehre zum Forstfacharbeiter-Mechanisator in Mor- hörden der Landkreise, zur Verfügung und steht wenn genröthe-Rautenkranz. Nun stand der erste Schritt in nötig mit Rat und Tat zur Seite. ein Berufsleben in der Natur voller Herausforderungen Eins ist sicher, Frank Meysel hat sich noch viel vorge- bevor und das bedeutete für ihn: bei den Grundlagen nommen und wird auch zukünftig ein ansehnliches zu beginnen, eine Eigenschaft, die sich Frank Meysel ehrenamtliches Programm bestreiten. Das betrifft im bis heute bewahrt hat. Nach der Armeezeit studierte Besonderen die Ergänzung der Orchideenflora von er von 1984 bis 1987 an der Ingenieurschule für Forst- Sachsen-Anhalt mit Hilfe eines anspruchsvollen Kar- wirtschaft in Schwarzburg mit einem erfolgreichen tierungsprogramms, die Bestimmung neuer Unterarten Abschluss als Diplomforstingenieur. Jetzt konnte es oder Bastarde oder im Allgemeinen die Fortführung beginnen, das Försterleben – allerdings ohne Hund der Exkursionstätigkeit und die weitere Vereinsarbeit. und Forsthaus, stattdessen mit Kluppe und Höhen- Dafür wünschen wir ihm weiterhin viel Erfolg sowie messer. Seine ersten Erfahrungen als frisch gebackener Ausdauer und Tatkraft für künftige Projekte und Auf- Diplomforstingenieur sammelte er drei Jahre lang in gaben zum Schutz der heimischen Orchideenwelt. der Forsteinrichtung. Mit der Inventur und Beplanung von Waldflächen werden schließlich die Weichen für Uwe Wegener & Heike Hoppe das weitere Bestandsleben gestellt, Aufgaben mit nach- haltiger Wirkung für den Naturhaushalt, denen sich Frank Meysel mit viel Engagement stellte. Ab 1990 Anschriften der Autoren setzte er seine berufliche Laufbahn als Revierleiter in verschiedenen Forstämtern fort. Immer über den Tel- Dr. Uwe Wegener lerrand der „klassischen“ Revierarbeit hinausschauend, Meisenweg 27 ∙ 38820 Halberstadt erweiterte Frank Meysel seinen Horizont, interessiert E-Mail: [email protected] an vielen anderen naturschutzrelevanten Themen und ständig auf der Suche nach dem besten Weg und der Heike Hoppe optimalen Variante für die Sache. Es ist sicherlich kein Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Zufall, dass Frank Meysel nach 15-jähriger Revierarbeit Fachbereich Naturschutz die Chance ergriff, eine Tätigkeit im Fachgebiet „Wald- Reideburger Str. 47 ∙ 06116 Halle (Saale) FFH“ im Landesamt für Umweltschutz aufzunehmen, E-Mail: [email protected]

119 Schrifttum

Grosse, W.-R., B. Simon, J. Buschendorf, J. Reusch, F. Schildhauer, M. Seyring, A. Wes- termann & U. Zuppke (Bearb.) (2015): Die Lurche und Kriechtiere (Amphibia et Reptilia) des Landes Sachsen-Anhalt unter besonderer Berücksichtigung der Arten der Anhänge zur Fauna-Flora-Habitat- Richtlinie sowie der kennzeichnenden Arten der Fauna-Flora-Habitat-Lebensraumtypen. − Berichte des Landesamtes für Umweltschutz Sachsen-Anhalt 4: 640 S. − ISSN 0941-7281.

Dieses in jeder Hinsicht schwergewichtige Werk behan- delt die Herpetofauna Sachsen-Anhalts und reiht sich damit in die Serie vergleichbarer Werke über die Herpe- tofaunen anderer Bundesländer ein. Allerdings braucht es hier keinen Vergleich zu scheuen, denn es informiert mit einer ungeheuren Datenfülle über die Amphibien- und Reptilienarten dieses Landes und ihr zoologi- sches, aber auch administratives Umfeld, gestützt auf ein Team kompetenter Bearbeiter. Die insgesamt neun Autoren unter Führung des Hallenser Privatdozenten Wolf-Rüdiger Grosse haben sich die einzelnen Kapitel, teils auch in wechselnden Ko-Autorenschaften, aufge- teilt und dennoch ein Werk aus einem Guss geschaffen, das alle Aspekte, die für eine solche Landesfauna rele- vant sind, adressiert. Eine stringente Gliederung, die sich auch in der Layout-Gestaltung ausdrückt, erleich- der Grottenolm! Bei der wissenschaftlichen Benennung tert die Orientierung. wird auf den neuesten Stand der Taxonomie Wert ge- Das erste Kapitel enthält neben einleitenden Abschnit- legt, mitunter vielleicht sogar ein wenig zu viel, denn ten auch einen lesenswerten Abriss der Geschichte der ob die moderne Platzierung der drei nah miteinander Feldherpetologie in Sachsen-Anhalt, die zu großen und auch in der Natur bastardierenden Krötenarten Teilen vom berühmten Willy Wolterstorff geprägt in jeweils einer verschiedenen Gattung Bestand haben worden ist. Ebenso interessant ist der Abschnitt über wird, bleibt abzuwarten, wie auch die Umbenennung Amphibien und Reptilien in Forschung, Lehre und Öf- des Bergmolches von Mesoriton in Ichthyosaura no- fentlichkeitsarbeit des Bundeslandes. Kapitel 2 erläutert menklatorisch ambivalent bleibt; doch ist dies hier ein die Details zu Datenerhebung und -auswertung sowie unwesentlicher Nebenaspekt. zur Kartographie, während Kapitel 3 das Bearbeitungs- Wesentlicher ist das 5. Kapitel „Bewertung und Aus- gebiet in administrativer und naturräumlicher Hinsicht blick“, in dem auf das Problemfeld Gefährdung und behandelt. Den Hauptteil des Buches nimmt natürlich Schutz dieser beiden so vulnerablen Wirbeltiergruppen der spezielle Artenteil ein, in dem jede dort vorkom- hingewiesen wird. Hier spielt die FFH-Kulisse des Lan- mende Art in großer Ausführlichkeit dargestellt ist, des eine große Rolle, die ausführlich thematisiert ist, unterstützt durch Verbreitungspunktkarten, hervor- und den Band beschließt ein Abschnitt über weiteren ragende Lebendaufnahmen der Tiere selbst und durch Handlungs- und Forschungsbedarf. Das anschließende aufschlussreiche Diagramme. Auch eingebürgerte und 20-seitige, zweispaltig in petit gedruckte Quellenver- gebietsfremde Arten sind berücksichtigt, als erstere z. B. zeichnis bietet eine riesige, unschätzbare Bibliographie

120 zur Herpetologie Sachsen-Anhalts und deutlich dar- über hinaus. Den Verfassern und Bearbeitern ist hier ein Standardwerk gelungen, das sicher für Jahrzehnte Maßstäbe setzen wird. Die Publikation kann auf der Internetseite des Landes- amtes für Umweltschutz (LAU) unter: https://lau.sachsen-anhalt.de/naturschutz/arten-und- biotopschutz/die-lurche-und-kriechtiere/ eingesehen werden.

Prof. Dr. Wolfgang Böhme Zoologisches Forschungsmuseum Alexander Koenig Adenauerallee 160 ∙ 53113 Bonn E-Mail: [email protected]

Villwock, G. & H. T. Porada (Hrsg.) (2016): Das Untere Saaletal. Eine landeskundliche Bestandsauf- nahme zwischen Halle und Bernburg. − Landschaften in Deutschland. Werte der deutschen Heimat, Band 75. − Leibniz-Institut für Länderkunde und Sächsi- sche Akademie der Wissenschaften zu Leipzig (Auf- traggeber). – Köln, Weimar & Wien (Böhlau Verlag): 398 S., 80 Abb., 2 Übersichtskarten. – ISBN 978-3- 412-22298-7. – 29,99 €.

Das Buch reiht sich als Band 75 in die traditionsreiche einen gewichtigen Beitrag zur Stärkung der Heimat- Serie des Leibniz-Instituts für Länderkunde zur Inven- verbundenheit seiner Bürger leistet. Bezeichnender tarisierung deutscher Landschaften ein. Die Kultur- Weise wurde die Initiative für dieses Projekt daher landschaft des unteren Saaletals ist in ihrer landschaftli- auch vom Förderverein des Naturparks Unteres Saale- chen Eigenart und Schönheit noch wenig außerhalb von tal e. V. ausgelöst. Insiderkreisen – vor allem Radwanderern – bekannt, Der Band gliedert sich, wie es die Reihe konzipiert, hat jedoch ein bedeutendes Potenzial an kulturland- in zwei Teile − „Landeskundlicher Überblick“ und schaftlichen Werten, das es zu erschließen und zu publi- „Einzeldarstellungen/Suchpunkte“, die aber in sich zieren gilt. Historisch (und auch prähistorisch) ist diese geschlossen wirken und trotz dieser Geschlossenheit Region als interkulturelle und ethnische Grenzregion präzise aufeinander abgestimmt sind. Dadurch wirkt zwischen slawischen Stämmen und Deutschen geprägt die Arbeit − obwohl von einer großen Zahl von Autoren vom häufigen Wechsel der Herrschaft und der verschie- erstellt – als einheitliches Werk. densten Einflüsse. Dass diese Landschaften aufgrund Der Landeskundliche Überblick enthält vier Abschnitte: ihrer Naturausstattung und besonders der klimatischen Landschaften und Naturausstattung, Geschichte und Gunst und der Bodengüte bevorzugte Siedlungsräume Raumstruktur, Wirtschaft und Landnutzung sowie sind, belegt ihre seit dem Neolithikum kontinuierliche Kulturraum. Nutzung. Es wird daher vom Rezensenten sehr begrüßt, Der Abschnitt „Landschaften und Naturausstattung“ dass die Landschaft des unteren Saaletals als eine der widmet sich insbesondere den Themen „Landschaftli- kulturellen Kernlandschaften des mittelalterlichen che Einordnung und Gliederung“, „Das Untere Saaletal deutschen Reiches hier in den Fokus genommen wird. aus der Satellitenperspektive“, „Erd- und Landschafts- Für das Bundesland Sachsen-Anhalt hat dieser Band geschichte“, „Georelief“, „Klima“, „Die Saale und an- insofern eine besondere Bedeutung, als er nicht nur dere Gewässer“, „Böden“, „Pflanzen- und Tierwelt“ eine bloße Erfassung und Dokumentation landes- sowie „Natur- und Landschaftsschutz“, die umfassend kundlicher Fakten bedeutet, sondern darüber hinaus und übersichtlich dargestellt sind. Dabei hätte sich der

121 Rezensent noch vertiefende Hinweise zu gegenwärtig der vielerorts unbekannt ist, wird eingehend in seiner ablaufenden Prozessen gewünscht, z. B. zu Klimawan- historischen Dimension für die Gestaltung der Kultur- del und Bodenerosion in der Lößregion. landschaft gewürdigt. Der Abschnitt „Geschichte und Raumstruktur“ behan- Das Kapitel „Landschaftliche Einordnung und Glie- delt die Themen „Ur- und Frühgeschichte“, „Geschichte derung“ überschneidet sich inhaltlich mit dem Kapitel und Territorialentwicklung“, gegliedert in Entstehung „Georelief“, was aus fachlicher Sicht sicherlich gerecht- und äußere Entwicklung der Territorien bis zum Ende fertigt, für den unvoreingenommenen Leser aber un- des Alten Reichs, Innere Verfassung und Verwaltung klar ist. der Territorien im Mittelalter und in der frühen Neu- Als sehr arbeitsaufwändig und detailliert kann der zeit, Territoriale Entwicklung und innere Verwaltung zweite Teil des Bandes, das Verzeichnis der 119 Such- vom frühen 19. Jahrhundert bis 1945, Territoriale Ent- punkte einschließlich Suchpunktkarte (1:100.000), wicklung ab 1945, sowie das Thema „Siedlungen und angeführt werden. Es erfolgt eine Untergliederung in Bevölkerungsentwicklung“. acht Teilräume (A−H), die eine unterschiedliche Anzahl Auf die Themen „Landwirtschaft“, „Bergbau“, „Ge- von interessanten Örtlichkeiten beschreiben. Bei eini- werbe und Industrie“ sowie „Nutzung historischer gen Suchpunkten hält der Rezensent die Beschreibung Energiequellen“ – darunter: Historische Entwicklung der häufig wechselnden und für die Historie und Ent- (vor allem Wind- und Wassermühlen) und Aktuelle wicklung des Suchpunktes aber belanglosen Hin- und Entwicklung (Windkraftanlagen) wird im Abschnitt Her-Verkäufe zwischen den adligen Grundherren für „Wirtschaft und Landnutzung“ eingegangen. Es folgen überzogen. „Verkehrswege“ (hier wäre eine Erwähnung der be- Auf der Rückseite der Suchpunktkarte sind Landes- deutenden mittelalterlichen Salzstraße angebracht!), kundliche Exkursionen und Objekte des Naturschutzes „Entwicklung der Kulturlandschaft und heutige ebenfalls im Maßstab 1:100.000 dargestellt und in den Landnutzung“ sowie „Raumordnung und Regional- Anlagen N und F aufgeführt. Leider sind die flächen- planung“. haften Naturschutzobjekte (FFH-Gebiete, EU-Vogel- Der Abschnitt „Kulturraum“ enthält kleinere Beiträge schutzgebiete, NSG und LSG) nur in einer kleinmaßstä- unterschiedlicher Autoren, so werden „Ortsnamen“ ein- bigeren Karte im Kapitel Natur- und Landschaftsschutz gehend nach ihrer Herkunft untersucht. Äußerungen enthalten. Diese hätte man sicherlich noch in der groß- zu typischen Flurnamen (wenn regionaltypisch vorhan- maßstäbigeren Karte unterbringen können. den?) wären interessant gewesen. Unerwähnt bleiben die – teilweise auch in Lehmbauweise aufgeführten – im Insgesamt ist der Band mit 80 Abbildungen/Karten Zuge der Bodenreform entstandenen Neubauernhäuser ausgestattet, die den Text wirkungsvoll ergänzen und als typische Zeitzeugen der ostdeutschen Nachkriegsge- illustrieren. Für den Rezensenten erscheinen jedoch schichte. In „Baugeschichte, Denkmalpflege und ländli- die Satellitenbilder als ein chaotisch strukturiertes, we- che Bauweise“ wäre ein Bezug zu Gottfried Bandhauer nig aussagekräftiges Mosaik in Bezug auf das Thema. schon sinnvoll! Ein kleiner Exkurs zu „Sagenhaften Entweder sind die Maßstäbe der Darstellung zu klein, Orten und Sagengestalten“ führt abschließend in die um informativ zu sein und die wesentlichen Struktu- Welt der Sagen und Legenden. ren sichtbar werden zu lassen, oder die Landschafts- Der Hauptteil lässt – auch konzeptionell – einen ge- ausstattungen sind so nicht vermittelbar. Jeder Leser, schlossen wirkenden, ganzheitlichen Ansatz sichtbar der über einen Internetzugang verfügt, könnte sich an werden, der eine straff organisierte Abstimmung zwi- entsprechender Stelle direkt informieren und auch die schen den Autoren der einzelnen Abschnitte deutlich Möglichkeiten unterschiedlicher Maßstäbe nutzen. Es werden lässt. Die große Fülle an Details, die durchaus ist auch nicht nachvollziehbar, was die Farbänderungen informativ und daher für den Leser wesentlich sind, bei den Zeitschnitten 1990 und 2010 bedeuten. führt allerdings dazu, dass der Text nur mit Mühe in Dies schmälert aber in keiner Weise, die große Anzahl einem Zuge gelesen werden kann. Den mit der Reihe und hohe Qualität der fachlich ausgereiften themati- vertrauten Leser wird dies aber nicht stören und einem schen Karten, Skizzen und sonstigen Abbildungen, die „Neueinsteiger“ wird so viel geboten, dass er diese An- das inhaltliche Anliegen der Autoren hervorragend strengung auf sich nehmen wird. unterstützen. Hingewiesen sei hier besonders auf das Die dargestellten Sachverhalte sind korrekt und ange- Schema der Kulturlandschaftsentwicklung im Kapitel messen dargestellt. Besonders der auch in diesem Gebiet „Entwicklung der Kulturlandschaft und heutige Land- Sachsen-Anhalts umgegangene umfangreiche Bergbau, nutzung“ (S. 85, Abb. 26).

122 Bemerkenswert und hervorzuheben ist – neben den intensiven Recherchen archivalischer Dokumente, Kartenwerken und Planungsunterlagen – die umfang- reiche Literaturzusammenstellung. Insgesamt werden 424 Literaturzitate angeführt. Es braucht Zeit, sich an- gesichts der Vielzahl an Sachkapiteln, Abbildungen und Anhängen einzuarbeiten, ist aber das Prinzip erkannt, überzeugt das Werk durch seinen Faktenreichtum und stellt eine echte Bereicherung dar. Es wendet sich gleichermaßen an Fachleute wie auch an alle Natur-, Kultur- und Geschichtsinteressierten, die mehr über die Region des Unteren Saaletals erfahren möchten.

Prof. Dr. Bernd Reuter Lauchstädter Str. 9 ∙ 06110 Halle E-Mail: [email protected]

Brückner, J., D. Denecke, H. T. Porada & U. Wegener (Hrsg.) (2016): Der Hochharz – vom Bro- cken in das nördliche Harzvorland. Eine landeskund- liche Bestandsaufnahme im Raum Bad Harzburg, Wernigerode, Sankt Andreasberg, Braunlage und Elbingerode. – Landschaften in Deutschland. Werte der deutschen Heimat, Band 73. − Leibniz-Institut für Länderkunde und Sächsische Akademie der Wissen- schaften zu Leipzig (Auftraggeber). – Köln, Weimar & in einem kurzen einführenden Kapitel zu erläutern, zu- Wien (Böhlau Verlag): 420 S., 80 Abb., 2 Übersichts- mal der Rezensent davon ausgeht, dass sich der Band karten und 4 Satellitenbilder in Rückentasche – ISBN auch einem nicht fachkundigen Publikum erschließen 978-3-412-20467-9. – 29,99 €. soll. Der Band setzt sich aus mehreren Teilen zusam- men, die sich sehr gut und sinnvoll ergänzen und ein Die stolze Anzahl der 73 bereits erschienenen Bände Maximum an Information ergeben. der Reihe „Landschaften in Deutschland“ unterstreicht, Der Landeskundliche Überblick besteht aus folgenden dass es sich hier um ein Erfolgsmodell der Sachbuchli- Abschnitten: teratur mit nachhaltiger Wirkung handeln muss. Die Naturraum und Landschaft, Naturräumliche Elemente, Reihe ist darauf angelegt, deutsche Landschaften in der Pflanzen- und Tierwelt, Schutzgebiete, Kulturraum, Be- Öffentlichkeit bekannt zu machen – auch jene, die nicht siedlung und Siedlung, Landnutzung und Wirtschafts- als historische Kulturlandschaft bedeutend gelten oder weise, Verkehrswege sowie Bevölkerung. wegen ihrer pittoresken historischen Ausstattung das Die Naturräumliche Gliederung im Abschnitt „Natur- Interesse der touristischen Vermarktung erregen. raum und Landschaft“ wird nach wie vor in der Literatur Das beschriebene Gebiet erstreckt sich im Norden von nicht einheitlich gesehen: Das beschriebene Areal wird Bad Harzburg bis östlich von Schmatzfeld bzw. Mins- hier – neben der zutreffenden Bezeichnung Hochharz – leben am Ostrand Wernigerodes und reicht im Südwes- zwischen West- und Ostharz sowie dem mitberührten ten bis nach Andreasberg und im Südosten bis zu den Nördlichen Harzvorland unterschieden. Außerdem Rappbode-Talsperren. 44 Autoren waren an der Ausar- wird der Begriff Oberharz definiert und dem Westharz beitung des Werkes beteiligt. zugeschrieben. Die Landschaftseinheit Ostharz wird Was ist eine landeskundliche Bestandsaufnahme? Wel- mit dem Unterharz gleichgesetzt. Der im weiteren Ver- che Ziele verfolgt sie? Welchen Leserkreis soll sie errei- lauf des Buches (z. B. im Abschnitt „Naturräumliche chen? Da der geneigte Leser sich gern vorab ein Bild Elemente“ unter Klima oder Geologie) immer wieder macht, was ihn erwartet, wäre es hilfreich, diese Fragen verwendete Landschaftsbegriff „Mittelharz“ – in der

123 Literatur seit langem gebräuchlich und auch so im Ka- Etwas zu kurz in der Darstellung kommen nach Ansicht pitel Wald- und Forstwirtschaft des Buches verwendet, des Rezensenten die Museen, Archive, Bibliotheken und wird im Abschnitt „Naturraum und Landschaft“ unter Vereinigungen – sind doch gerade sie es, auf die der Naturräumlicher Gliederung nicht erwähnt. Nicht sehr Suchende baut und auf eine Auskunft hofft. einleuchtend und dem Leser schwer verständlich ist das In einer Rezension ist die Aufzählung aller Einzelhei- Thema „Der Hochharz aus der Satellitenperspektive“. ten und Aspekte eines so umfassenden Themas nicht Abgesehen von den z. T. unscharfen Abbildungen wird gegeben und auch nicht geboten. Die landeskundliche dem Leser hier kaum verwertbare Information geboten. Darstellung ist so breit gefächert, dass es auch dem Ausgiebig Raum in der Darstellung erhalten insbeson- Rezensenten schwer fällt, alle Facetten ausreichend zu dere die Themen Klima, Geologie und Tektonik, Ober- würdigen. flächenformen und Reliefentwicklung, Bodenschätze, Die Gliederung des Buches entspricht dem in der Geo- Böden, Gewässer und Moore im Abschnitt „Natur- grafie häufig benutzten „länderkundlichen Schema“. räumliche Elemente“, aber auch die „Pflanzen- und Die Herausgeber hätten versuchen sollen, diesen Auf- Tierwelt“ sowie die „Schutzgebiete“. So wird der inte- bau zu überwinden, um der Darstellung mehr Dynamik ressierte Laie mit Profit die Abschnitte über die Flora zu verleihen. und Fauna des Gebietes sowie über die Schutzgebiete Einige kleinere missverständliche Formulierungen und zur Kenntnis nehmen, zumal sie von U. Wegener, dem Fehler seien hier nur am Rande erwähnt. So sind im Ab- profunden Kenner des Harzes verfasst wurden. Dies schnitt Klima in der Tabelle der Monatsmittelwerte der drückt sich ebenso in der Qualität der im Anschluss Temperatur in der letzten Spalte die Jahresmittelwerte an den „Landeskundlichen Überblick“ beschriebenen irrtümlich als „Summe“ deklariert. Suchpunkte, z. B. der Tallandschaften und anderer be- Immer wieder sei auch betont: die mitteleuropäische sonderer Biotope aus. Kulturlandschaft und die durch den Menschen hervor- Unter dem Begriff „Kulturraum“ im gleichnamigen Ab- gebrachte Mannigfaltigkeit von Standorten und räum- schnitt sind die Herrschafts- und Territorialentwick- lich differenzierten Nutzungen sind die Grundlage für lung sowie die Organisation des kirchlichen Lebens die Artenvielfalt der wildwachsenden Pflanzen- und und die religiösen Verhältnisse der Hochharzregion wildlebenden Tierarten. Deshalb hätte sich der Re- subsummiert; eine Darstellung der Kulturlandschaft zensent ein gesondertes Kapitel zur Gliederung des ist nicht vorhanden. Gebiets in Kulturlandschaften und deren Ausstattung Zum Abschnitt „Besiedlung und Siedlung“ sei hervor- gewünscht. Eine solche Gliederung des gesamten Har- gehoben, dass auch auf die tradierten, landschaftsge- zes wurde kürzlich als Teilplan für den Regionalplan rechten Bauweisen Bezug genommen wird – Werte, Harz erarbeitet. die drohen, gegenwärtig weitgehend verloren zu gehen. Hervorzuheben ist die kartografische Darstellung und Hier werden auch die Parks und Gärten aufgeführt. Ge- Kurzbeschreibung der Kleindenkmale, Gedenksteine wünscht hätte sich der Rezensent ein explizites Kapitel und anderer Kulturlandschaftselemente auf den Seiten über die Parks und Gärten der Region. 112/113. Leider wurden die Beschreibungen so klein ge- Im Abschnitt „Landnutzung und Wirtschaftsweise“ druckt, dass der Leser sie ohne Lesehilfe nur schwer zur wird auf die Land- und Forstwirtschaft, vor allem aber Kenntnis nehmen kann. auf den, das Gebiet seit Jahrhunderten prägenden Berg- bau eingegangen, der nicht zuletzt infolge der monta- Der Tradition der Reihe „Werte der deutschen Heimat“ nen Wasserwirtschaft die Hydrographie des Harzes be- entsprechend, schließt sich eine fast 200 Seiten umfas- herrscht. Eingehend und dem Hochharz angemessen sende Beschreibung von 65 Suchpunkten an. Sie erlau- wird die Geschichte und landschaftliche, wirtschaftli- ben dem Leser, sich über die einzelnen Lokalitäten noch che und kulturelle Bedeutung des Bergbaus behandelt. detaillierter zu informieren und mit den Fakten ver- Heute spielt der Tourismus im Hochharz eine zuneh- traut zu machen. Diese Suchpunktbeschreibung kann mend wichtige wirtschaftliche Rolle, die auch unter Heimat- und Wandervereinen sowie zur Vorbereitung ihren historischen Wurzeln betrachtet wird. eines Bildungsurlaubs sehr gut dazu dienen, sich Exkur- Die beiden abschließenden Kapitel des Landeskund- sionen und Routen zusammenzustellen. lichen Überblicks gelten den Verkehrswegen und der Darüber hinaus werden sieben Wander- bzw. Exkur- Beschreibung der demografischen Entwicklung sowie sionsvorschläge zu thematischen Wanderungen beige- der Herkunft der Gewässer-, Orts- und Flurnamen und fügt und auf diese Weise das Angebot für den aktiven auch der Volkskunde. Leser noch erweitert.

124 Ein Zeugnis akribischer und tiefgründiger Kleinar- beit sind die Tabellen und Zusammenstellungen der Informationen über naturwissenschaftliche Sachver- halte, Artenausstattung, Forst- und Waldgeschichte, montangeschichtliche Entwicklung, einschließlich se- henswerter geologischer Objekte und auch Daten zur Bevölkerungsentwicklung. Abgerundet wird der Band mit einem ausführlichen Quellen- und Literaturverzeichnis, Verzeichnissen zu Personennamen, geografischen Namen- und Sachwör- tern. Angesichts der großen Anzahl sehr spezifischer Ter- mini, die über den allgemeinen Sprachgebrauch und damit die Verständlichkeit hinausgehen, hätte es sich empfohlen, ein Glossar anzufügen. So erhält der Käufer des Buches für knapp 30,- € ein Alfred Hinsche (1900−1980), den versierten Ornitholo- umfassendes und sauber recherchiertes Sachbuch von gen, Botaniker, Naturschützer und Museologen des ver- hoher Qualität und hervorragender Ausstattung. gangenen Jahrhunderts in Anhalt, der die Heimat- und Naturverbundenheit des Enkels entscheidend prägte. Prof. Dr. Bernd Reuter Von ihm ererbte Thomas Hinsche auch den einfühlsa- Lauchstädter Str. 9 ∙ 06110 Halle men, störungsarmen Umgang mit den Lebewesen als E-Mail: [email protected] Foto-Objekte. Langzeitige Verhaltensstudien gehen da- bei dem fotografischen Ansitz und dem Auslösen der Kamera voraus. Was wie ein ‚Schnappschuss‘ erscheint, Hinsche, Th. (2016): Lebensraum großer Strom ist bei ihm ein Ergebnis akribischer Vorbereitung mit – Tierwelten im Biosphärenreservat Mittelelbe. − z. T. wissenschaftlichem Wert wie z. B.: der Legeakt der Biosphärenreservatsverwaltung Mittelelbe Blauen Federlibelle, die Feuerkopf-Balz des Sommer- (Hrsg.). − Texte: Ernst Paul Dörfler. − Wettin-Löbe- goldhähnchens, die Interaktion Kernbeißer – Grün- jün (Verlag Janos Stekovics): 96 S., 141 Farbfotos. − fink, die streitenden Eisvögel. ISBN 978-3-89923-353-7. − 24,80 €. Bei der Bildauswahl überwiegt die Vogelwelt, typische Nachdem vor allem in einigen Büchern des sachsen- Wirbeltiere, Insekten und Spinnen sind gebührend be- anhaltischen Verlags Janos Stekovics die exzellenten rücksichtigt. Ein Lieblingsmotiv von Thomas Hinsche Tierfotos von Thomas Hinsche (Jg. 1963) glänzten, ist der Eisvogel, von dem neun eindrucksvolle Bilder veranlasste der Verleger den Bildautor zu einer eigenen enthalten sind und zudem − ein herausragendes Foto − Publikation, für die die Biosphärenreservatsverwaltung zwei streitende als Titelbild zusätzlich gewählt wurden. Mittelelbe die Herausgeberschaft übernahm. Von dem Die Ausstattung des Buches durch den Verlag bezüglich für die Erhaltung einer naturnahen Elbe bekannten Druck- und Papierqualität ist hervorragend. Protagonisten und Autor mehrerer populärwissen- schaftlicher Bücher, Ernst Paul Dörfler, stammt dazu als Bei allen Arten sind, Beispiel gebend für populäre Li- Einstimmung eine prägnante, kenntnisreiche Beschrei- teratur, auch die lateinischen (wissenschaftlichen) Art- bung der Verhältnisse an der Mittelelbe, kurze stim- namen genannt. Für die Nomenklatur der Vögel wurde mungsvolle Jahreszeit-Charakteristika und populär dazu die Liste der in Deutschland vorkommenden gehaltene Bildtexte. Hubert Weinzierl, Alternativ-No- Arten gemäß Barthel & Helbig, aktualisiert durch belpreisträger Michael Succow und Guido Puhlmann Wink, zugrunde gelegt. Die Semispezies Nebelkrähe erarbeiteten gemeinsam die sachkundige Einführung. wird auf den Seiten 46 und 80 deutsch und lateinisch Wie bereits in der Einstimmung stellt im Epilog auch unterschiedlich benannt. Die Bildtexte hätte ein Fach- der Autor autobiografisch seinen Werdegang vom Na- mann zuweilen etwas charakteristischer gefasst, z. B. turbeobachter und -schützer zum verantwortungs- fehlt beim Kiebitz ein Hinweis auf die dramatische, vollen Tierfotografen dar. Er bezieht sich dabei mit durch Landwirtschaft bedingte Abnahme der Brut- und warmen Worten auf seinen unvergessenen Großvater Durchzugsanzahlen. Gleichfalls hätte im Falle unter-

125 schiedlichen Gefieders die Geschlechterangabe zu hö-

Eine Integration von Naturschutzzielen in die Bewirtschaftung heremunserer Wälder Informationswert kann die Biodiversität im Wald bewahren und beigetragen. fördern. Naturschutz und Forstwirtschaft beschreiben in diesem DiesePraxishandbuch wenigen gemeinsam Wege, wie kritischen Naturnäheelemente in Anmerkungen sollen den den Wirtschaftswald integriert und auch der bewirtschaftete Wald zunehmend Lebensraum auch für anspruchsvolle Wald- Wertarten der Pilze, des Käfer, WerkesVögel, Fledermäuse keineswegsund anderer Säuge- schmälern, sondern sind alstiere, Moose,Anregungen Farn- und Blütenpfl anzen fürwerden kann.ähnliche Publikationen zu verste- In zwei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Zeitraum hen.2000 bis 2014Wünschenswert haben Wissenschaftler und Praktiker 22zur konkrete weiteren Bekanntmachung Empfehlungen für die Integration von Naturschutzzielen in die Buchenwaldbewirtschaftung und über 30 Steckbriefe zu wich- destigen Waldstrukturen Biosphärenreservats erarbeitet. Im Ergebnis der wissenschaft- Mittelelbe wäre ein vergleich- lichen Untersuchungen und forstwirtschaftlichen Erfahrungen baresder letzten 15 Buch Jahre ist nun diesesvon Handbuch Landschaft entstanden, das und Pflanzenwelt, wofür sich umsetzungsorientiert vor allem an Forstpraktiker, Wald- ausreichendeigentümer, Naturschützer und Bildmaterial Forstverwaltungen richtet und vorhanden ist. das gemeinsame Anliegen, die Biodiversität im Wald zu schützen Fazit:und verlorene Der Elemente faszinierendedauerhaft wieder zurück zu gewinnen, Bildband mit sparsamem aber eindrucksvoll veranschaulicht. informativem Text ist nicht nur Naturliebhabern und

Besuchern des Mittelelbegebietes uneingeschränkt zu im Buchenwald - Naturschutz Praxishandbuch empfehlen. Er ist geeignet, Biosphärenreservaten im Herausgeber: AllgemeinenMinisterium für Ländliche Entwicklung, und den bestandsgefährdeten, artenrei- Umwelt und Landwirtschaft des Landes Praxishandbuch - chenBrandenburg Auenlandschaften im Besonderen größere Auf- Redaktion: Naturschutz im Buchenwald Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin merksamkeitim Landesamt für Umwelt zu vermitteln. In Qualität und Gestaltung Naturschutzziele und Bewirtschaftungsempfehlungen übertrifft das Werk manche Publikation ähnlicher Art, für reife Buchenwälder Nordostdeutschlands Susanne Winter, Heike Begehold,

nicht zuletzt deshalb, weil die emotionale IdentifikationBiosphärenreservat Schorfheide-Chorin Mathias Herrmann, Matthias Lüderitz, des Bildautors mit den Tieren spürbar wird. Sie sind Georg Möller, Michael Rzanny, ISBN 978-3-00-051827-0 Martin Flade Biosphärenreservat für ihn nicht nur Foto-Objekte, sondern Sujets seines Schorfheide-Chorin Schaffens.

Eckart Schwarze Buchenwälder, Grumsin und Serrahn, wurden inzwi- Ornithologe und ehrenamtlicher Naturschutzhelfer schen sogar zum Weltnaturerbe erhoben. des Biosphärenreservats Mittelelbe Der scheinbare Makel des Buches, nämlich die Be- Burgwallstr. 47 ∙ 06862 Dessau-Roßlau schränkung auf die Buchenwälder Nordostdeutsch- lands, wie im Untertitel zu lesen, verfliegt schnell, denn schon beim Blättern wird klar, dass viele Aussagen All- Winter, S., H. Begehold, M. Herrmann, M. Lü- gemeingültigkeit haben. deritz, G. Möller, M. Rzanny & M. Flade (2015): Der Ringordner und die ausklappbaren Seiten sind zu- Praxishandbuch-Naturschutz im Buchenwald. Na- nächst etwas gewöhnungsbedürftig, doch das Prinzip turschutzziele und Bewirtschaftungsempfehlungen ist schnell erkannt und so lässt es sich gut damit ar- für reife Buchenwälder Nordostdeutschlands. Minis- beiten. Die zahlreichen Fotos, Grafiken, Diagramme, terium für Ländliche Entwicklung, Umwelt Zeichnungen und Karten lockern nicht nur auf, son- und Landwirtschaft des Landes Brandenburg dern lassen das Buch zu einem Erlebnis werden. (Hrsg.): 186 S. – ISBN 978-3-00-051827-0. – 12,00 €. Zu begrüßen ist vor allem der ganzheitliche Ansatz, der fast alle Organismengruppen einbezieht. Selbst auf Das Sprichwort: „Was lange währt wird gut“, findet in Wissenslücken wird eingegangen, wie das weitgehend diesem Buch mal wieder seine Bestätigung. Während unerforschte Pilzleben im Innern der Baumhöhlen. Der man anderswo über Jahre an Papieren über die natur- Inhalt besteht im Wesentlichen aus zwei großen Teilen, nahe Waldbewirtschaftung gefeilt und gefeilscht hat, zum einen aus 22 „Waldbaulichen Empfehlungen für die wurden im Nordosten der Republik praxisbezogene Bewirtschaftung von Tieflandbuchenwäldern“ und zum Buchenwald-Projekte auf den Weg gebracht. Bereits vor anderen aus „Wichtigen Naturwaldstrukturen für die gut 15 Jahren hat sich ein Team um Martin Flade, unter- Biodiversität des Buchenwaldes-Steckbriefe mit struk- stützt durch das Bundesamt für Naturschutz (BfN), in turgebundenen Artengruppen und Schlüsselarten“. Im mehreren Projekten diesem Thema angenommen. Zwi- ersten größeren Teil werden Empfehlungen gegeben, schenergebnisse erschienen in zahlreichen Veröffentli- wie ein Wirtschaftswald genutzt werden sollte, um ein chungen, die zum Staunen Anlass gaben. Offenbarten Nebeneinander aller „Waldentwicklungsphasen“ zu sie doch, was für ungeahnte Potenziale in unseren Bu- gewährleisten, weiter zum Umgang mit den „Nichthei- chenwäldern stecken, wenn man nur ein paar Requisi- mischen Baumarten“ sowie zur „Verkehrssicherungs- ten in ihnen belässt. Zwei der zum Projekt gehörenden pflicht“. Im zweiten Teil werden zehn Mikrohabitate

126 aufgezählt, alle noch untergliedert, die für ein funktio- herumgesprochen und die Praxis der Waldnutzer ist nierendes Ökosystem „Wald“ eigentlich unentbehrlich teils immer noch eine andere. Das untere Stammstück sind, die aber aus unseren Wirtschaftswäldern regelmä- eines Baumes mit einer Höhle hat nun einmal einen ßig „herausgepflegt“ werden. Beginnend mit den „Pilz- höheren Geldwert als der Buchenstumpf mit Pilzkonso- bäumen“ über die „Höhlenbäume“, „Rindentaschen“ len, dem meist ein höherer naturschutzfachlicher Wert bis zu „Totholz“ in unterschiedlichen Dimensionen eingeräumt wird. und Zersetzungsgraden. Insgesamt gewinnt man den Doch zurück zum Buch: Die durchgehend gute Bebil- Eindruck, dass kaum ein Thema unberücksichtigt blieb. derung – nur manche Fotos sind etwas unscharf, doch Im Kapitel „Höhlenbäume“, immerhin unterteilt in es ist ja kein Bildband – erleichtert das Erkennen der „Höhlenbäume allgemein“, „Specht- und Asthöhlen“, erhaltungswürdigen Strukturen im Wald, auf die es „Ausgehöhlte Stämme“, „Höhlen mit Mulmkörpern“ ankommt. Damit trägt das Werk seinen Titel „Praxis- und „Höhlenetagen“, hätte sich der Rezensent aus ei- handbuch“ nicht nur zu Recht, gleichzeitig kann sich gener Anschauung noch einen Hinweis auf Höhlen in mit dieser Handreichung kein Praktiker mehr mit Un- lebenden Bäumen, die noch vom Wachstumsgewebe kenntnis herausreden. umschlossen sind, gewünscht. Diese haben wegen Wie wichtig das Buch ist, weiß ein Jeder, der im tägli- ihrer „Langlebigkeit“ für einige Vogel-, Fledermaus- chen Geschäft mit Forstbehörden und Waldbesitzern und Käferarten eine höhere Bedeutung als kurzlebige im Widerstreit über ein wenig mehr Naturschutz im Fäulnishöhlen, die von Wirbeltieren sogar gemieden Wirtschaftswald liegt. werden. So brüteten in einer solchen Höhle im Harz über 30 Jahre ununterbrochen Mauersegler. Zwar wird Egbert Günther einleitend empfohlen „Höhlenbäume von Schwarz- und Landkreis Harz Grünspecht sowie alle Spechtbäume der Buntspecht- Untere Naturschutzbehörde gruppe … und offene Höhlen … in ihrer Vielfalt“ zu Friedrich-Ebert-Str. 42 ∙ 38820 Halberstadt erhalten, doch haben sich die Vorzüge dieser qualitativ E-Mail: [email protected] besseren Höhlen in noch vitalen Bäumen bisher kaum

127 Impressum

Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt Hinweise für Autoren: ISSN 0940-6638 Für unaufgefordert eingereichte Manuskripte wird keine Haftung, insbesondere keine Verpflichtung zur Herausgeber: Veröffentlichung, übernommen. Grundsätzlich werden Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt nur bisher unveröffentlichte Beiträge angenommen. Es Fachbereich Naturschutz wird gebeten, die Manuskripte als Fließtext auf Daten- PF 200841 · 06009 Halle (Saale) träger an die Redaktion einzureichen. Der Umfang des Tel.: (0345) 5704 601 · Fax: (0345) 5704 605 Manuskriptes sollte zehn Seiten (ca. 4.200 Zeichen) E-Mail: [email protected] nicht überschreiten. Grafiken und Abbildungen sollen Internet: www.lau.sachsen-anhalt.de nicht in den Text integriert sein und in Originalformat und -auflösung geliefert werden. Die Bildbreite muss bei Redaktion: einspaltiger Darstellung min. 800 Pixel, bei zweispalti- Steffen Szekely ger Abbildung min. 1.700 Pixel betragen. Die Autoren sind für den fachlichen Inhalt ihrer Bei- Bildredaktion: träge selbst verantwortlich. Die von ihnen vertretenen Stefan Ellermann Ansichten und Meinungen müssen nicht mit denen des Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt Herausgebers übereinstimmen. Fachbereich Naturschutz Eine redaktionelle Überarbeitung wird abgestimmt. Reideburger Str. 47 · 06116 Halle (Saale) Die Beiträge können nicht honoriert werden, es werden zehn Exemplare des jeweiligen Heftes zur Verfügung Schriftleitung: gestellt. Prof. Dr. Erik Arndt (Hochschule Anhalt), Dr. Wolfgang Böttcher (Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Vertrieb: Energie Sachsen-Anhalt), Fred Braumann (Naturpark- Naturschutz- und andere Behörden und Dienststellen verwaltung Drömling), Egbert Günther (Untere Na- sowie haupt- und nebenamtliche Natur­schutz­mit­ turschutzbehörde Landkreis Harz), Dr. Hans-Ulrich arbeiter(innen) im Land Sachsen-Anhalt erhalten die Kison (Nationalparkverwaltung Harz), Dr. Ulrich Zeitschrift kostenlos. Alle kostenlos abgegebenen Hefte Lange (Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt), dürfen auch nur kostenlos weitergegeben werden. Käuf- Robert Schönbrodt (Halle), Steffen Szekely (Landesamt licher Bezug gegen eine Schutzgebühr über Bestellung für Umweltschutz Sachsen-Anhalt) und Dr. Uwe Thal- bei: NATURA Fachbuchhandlung mann (Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt) Adolf-Grimme-Ring 12 · 14532 Kleinmachnow Tel.: (033203) 22 468 Gestaltung und Satz: Satzstudio Borngräber Schutzgebühr: 4,– € Albrechtstraße 10 · 06844 Dessau-Roßlau Nachdrucke – auch auszugsweise – sind nur mit aus- drücklicher Genehmigung des Herausgebers gestattet. Druck: Gedruckt auf Papier mit 50 % Altpapieranteil. Halberstädter Druckhaus GmbH Osttangente 4 · 38820 Halberstadt Titelbild: Streuobstwiese bei Timmenrode im Landkreis Harz am Kartendarstellung mit Genehmigung des Landesamtes 6. Mai 2013. Die Bewirtschaftung erfolgt als kurzzeitige für Vermessung und Geoinformation Sachsen-Anhalt. Umtriebsweide mit einer Herde Pommerscher Land- Geobasisdaten © GeoBasis-DE | LVermGeo LSA | 010312 schafe (s. Beitrag von Saure). Foto: C. Saure.

128 Oben: Die Blattstiele der Wasserhyazinthe (Eichhornia crassipes) haben schwammige Verdickungen. Foto: S. Nehring. Oben: Als geschickter Kletterer gefährdet der Waschbär (Procyon lotor) auch baumbrütende Vogelarten. Unten: Die Wärme liebende Wasserhyazinthe könnte vom Klimawandel profitieren. Foto: M. Deventer. Unten: Eine Einbringung des invasiven Grauhörnchens (Sciurus carolinensis) gilt es zu verhindern. Fotos: S. Nehring. Naturschutz im Land Sachsen-Anhalt. Jahresheft 2016 Naturschutz Sachsen-Anhal Im Land Landesamt fürUmweltschutz SACHSE La ndesa mt fü N- r Umwe ANHA 53. Jahrgang·Jahresheft2016 ltsc hu tz LT ISSN 0940-6638 t