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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Denisia

Jahr/: 2007

Band/Volume: 0020

Autor(en)/Author(s): Thenius Erich

Artikel/Article: Evolution der Säugetiere (Mammalia): Molekularbiologie versus Paläontologie 723-744 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at

Evolution der Säugetiere (Mammalia): Molekularbiologie versus Paläontologie

E . T H E N IU S

Abstract: A review of the newest molecularbiological data for the Proto-, Meta- and with several supertrees. Particular- ly the molecular evidence for four major of placental : , , + and Afro- . Molecular evidence is strong supported a monophyly of the northern hemisphere group (Boreoeutheria with Laurasiathe- ria and Euarchonta + Glires). In the southern hemisphere group (= and Xenarthra) the Afrotheria are monophyletic. Within the Afrotheria the clades Tethytheria ( + ) and Paenungulata (Proboscidea + Sirenia + Hyracoidea) are confirmed by molecular evidence. The name for the new (sub-) for Chrysochloroidea and Tenrecoidea (WADDELL et al. 1999) is preoccupied by the Zalambdodonta GILL (1884). The Xenarthra are an early monophyletic branch of placental mammals. It is consistent with the Epitheria Conception (MCKENNA 1975). The molecular evidence for the superor- der Cetartiodactyla ( + Artiodactyla) confirms the suggested relationships from the morphological evidence for the clo- se affinities between and artiodactyls. The molecular evidence is very important for the estimate relationships from “adaptative” strong alterated (e.g. Aye-Aye, Polar Bear, Giant Panda, , whales and dolphins), because the “adaptative” evolution is more quickly than the molecu- lar evolution.

Key words: Phylogeny of mammals, molecular evolution, “adaptive“ evolution, supertrees, Xenarthra, Afrotheria, Euarchonta, Glires, Laurasiatheria.

Was ist ein Säugetier? malsevolution bezeichnet wird, zugleich aber die Frage aufwirft, sind die Säugetiere lediglich ein evolutives Ni- Säugetiere werden in der Regel als Wirbeltiere defi- veau oder eine monophyletische, also nur einmal ent- niert, die ihre Jungen mit Milch säugen, ihre Körper- standene Gruppe. Fossilfunde lassen vermuten, dass die temperatur mehr oder weniger konstant halten können Entstehung des sekundären Kiefergelenkes und damit (Homöothermie), ein Haarkleid und drei Gehörknö- auch die drei Gehörknöchelchen als schallleitender chelchen besitzen. Das Kiefergelenk ist als Squamoso- Apparat im Mittelohr nicht nur einmal im Lauf der Dentalgelenk ausgebildet. Es sind dies sog. „Schlüssel- Evolution, sondern zweimal oder sogar mehrmals ent- merkmale“ der Säugetiere. standen sein könnte (MAISCH 2005). Eine Definition, die für die Kloakentiere oder Eier- Die obige Definition, mit der die Zuordnung der leger (Monotremata mit Schnabeltier und Ameisen- Monotremen zu den übrigen Säugetieren diskutabel er- igel; die Zusammengehörigkeit dieser äußerlich stark scheint, enthält auch physiologische Eigenschaften, die unterschiedlichen Kloakentiere ist durch etliche Syn- an fossilen Wirbeltieren nicht oder kaum beurteilt wer- apomorphien gesichert) nur bedingt zutrifft (die Jungen den können. Dies erschwert die Abgrenzung von ande- lecken die aus den Milchdrüsen des Muttertieres austre- ren Wirbeltieren noch zusätzlich, so dass sich der Palä- tende Milch auf), ganz abgesehen davon, dass sie im ontologe auf fossil erhaltungsfähige Merkmale be- Gegensatz zu den übrigen rezenten Säugetieren keine schränken muß, wie das Squamoso-Dentalgelenk als lebenden Jungen zur Welt bringen, sondern Eier legen, sog. sekundäres Kiefergelenk und drei Gehörknöchel- wie die meisten Reptilien. Ferner besitzen sie wie diese chen im Mittelohr (vgl. Kasten). eine Kloake und einen reptilhaften Schultergürtel. Im Amphibien und Reptilien besitzen lediglich ein Ge- Innenohr ist keine eingerollte Cochlea (Schnecke) hörknöchelchen (Columella auris), was seinerzeit Ana- ausgebildet. Denisia 20, tomen veranlasst hat, eine stammesgeschichtliche Ab- zugleich Kataloge der oberösterreichischen Damit ist ein Evolutionsgeschehen angesprochen, leitung der Säugetiere von Reptilien abzulehnen. Eine Landesmuseen Neue Serie 66 (2007): das als Mosaikmodus oder Heterobathmie der Merk- Auffassung, die insofern zutrifft, als die Stammform der 723-744 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at

wären. Woher kamen die zusätzlichen Gehörknöchel- Nach der eingangs erwähnten Definition durch sog. „Schlüsselmerkmale“ chen bei den Säugetieren, nämlich Hammer (Malleus) sind das Schnabeltier (Ornithorhynchus anatinus) und die Schnabeligel (Gattungen Zaglossus und Tachyglossus) als Angehörige der Monotremata und Amboß (Incus)? Die Columella entspricht dem durch synapomorphe Merkmale (sekundäres Kiefergelenk und drei Steigbügel (Stapes), sie sind als morphologisch einander Gehörknöchelchen) als Säugetiere ausgewiesen. Sie besitzen lediglich homologe Elemente zu bezeichnen. zahlreiche ursprüngliche (plesiomorphe) Merkmale, wie sie für Reptilien kennzeichnend sind (z. B. Oviparie, Neonaten mit Eizahn, Kloake, Dazu ist es notwendig, sich die Situation bei Repti- keine Ohrmuscheln, keine eingerollte Cochlea, freie Halsrippen, lien anzusehen: Bei diesen ist das Kiefergelenk als Qua- „reptilhafter“ Schultergürtel, Ausbildung der Chromosomen, der roten Blutkörperchen und der Spermien). Damit ist zugleich die Frage der drato-Articulargelenk und damit als primäres Kieferge- Lesrichtung der Evolution aufgeworfen, die zweifellos von lenk ausgebildet, wobei das Quadratum als Schädelkno- „reptilartigen“ zu säugetierartigen Merkmalen verläuft. Ein weiteres, chen mit dem Articulare als Unterkieferelement das damit verbundenes Problem sei hier aufgezeigt. Reptilien und Säugetiere sind zwei höhere taxonomische Einheiten, die gegenwärtig eindeutig Gelenk bildet. Der Unterkiefer selbst besteht bei Repti- voneinander getrennt und damit auch leicht unterscheidbar sind. lien aus zahlreichen Knochen (Angulare, Articulare, Mit der im Kapitel 2 diskutierten stammesgeschichtlichen Herkunft der Coronoid, Dentale, Praearticulare, Supraangulare und Säugetiere ist zwangsläufig auch der Begriff Makroevolution (von Spleniale). Bei den rezenten (erwachsenen) Säugetie- FILIPCHENKO 1927 geprägt) für die transspezifische, d. h. die über das Artniveau hinausgehende organismische Evolution verbunden und damit ren wird der Unterkiefer ausschließlich aus dem Denta- die „Entstehung“ höherer taxonomischer Einheiten (z. B. Gattung, le gebildet. Familien, Ordnung, Klasse). Letztere sind zweifellos fiktive, also künstliche Konstruktionen, die jedoch bei der Beurteilung verwandtschaftlicher Auf Grund vergleichend-embryologischer Untersu- Beziehungen nützlich bzw. notwendig sind. Wie die Genetik belegt, gibt chungen an rezenten Reptilien und Säugetieren homo- es keine Makromutationen, die plötzlich zur Entstehung von Kategorien, logisierte der deutsche Anatom C. REICHERT bereits im wie etwa Klassen (als solche gelten Reptilien und Säugetiere) geführt haben. Die Artbildung erfolgt einerseits durch Speziation, d. h. Jahr 1837 Hammer und Amboß der Säugetiere mit dem Aufspaltung einer Art in zwei Folgearten oder – was von Kladistikern Quadratum und Articulare der Reptilien. Nach dieser grundsätzlich abgelehnt wird – durch Transformation, also Umwandlung Auffassung hätten sich die Elemente des primären Kie- einer Art im Laufe der Zeit in eine neue Art. Dies führt – wie AX (1995) postuliert hat – dazu, dass eine Stammart als Stammlinie über fergelenkes der Reptilien in das Mittelohr der Säugetie- Jahrmillionen hindurch bestanden hat und im konkreten Fall aus bereits re verlagert. Diese, später durch den Zoologen GAUPP zur Karbonzeit existierenden Reptilien (Synapsida) im frühen Mesozoikum (1913) fundierte und seither als Reichert-Gaupp’sche die Säugetiere hervorgebracht hat. Theorie bezeichnete Interpretation wurde ursprünglich Fossilfunde sind übrigens die einzigen realhistorischen Belege für die Stammesgeschichte, die zugleich für die Kalibrierung (= Eichung) von sog. von vielen Anatomen mit der Begründung abgelehnt, „molekularen Uhren“ herangezogen werden, wenn es darum geht, den derart anzunehmende Zwischenformen seien nicht le- mutmaßlichen Zeitpunkt der Aufspaltung von taxonomischen Einheiten in bensfähig und könnten daher gar nicht existiert haben. der Vorzeit zu beurteilen (schätzen). Die Molekularbiologie kann (von Setzte doch diese Theorie eine Umwandlung von zwei äußerst seltenen Ausnahmen abgesehen) ihre Analysen und Befunde nur an rezenten Organismen vornehmen bzw. gewinnen. Andererseits können Elementen des Kauapparates in solche des Gehörappa- Fossilfunde kaum oder nur indirekt Auskunft geben über physiologische rates und damit einen Funktionswechsel voraus. Da die Eigenschaften, wie etwa Art der Fortpflanzung, Brutpflege und Evolution nur in kleinen Schritten durch Mutationen Temperaturregelung (vgl. KERMACK & KERMACK 1984). als Mikroevolution erfolgt, müssten derartige Zwi- Säugetiere nicht unter rezenten Reptilien (= Sauropsi- schenformen tatsächlich existiert haben. Den Nachweis da) zu suchen ist. Woher kommen also die Säugetiere? derartiger Übergangsformen und die Art und Weise wie Diese Frage soll uns im nächsten Kapitel beschäftigen. die Natur das Problem meisterte konnte die Paläontolo- gie durch Fossilfunde tatsächlich liefern. Die stammesgeschichtliche So sind etwa mit Probainognathus (Fam. Probaino- Herkunft der Säugetiere gnathidae) aus der jüngeren Mittel-Trias von Südameri- ka und Diarthrognathus (Fam. Tritheledontidae) aus der Die stammesgeschichtliche Herkunft der Säugetiere Ober-Trias von Südafrika Angehörige von Therapsiden ist von Zoologen lange diskutiert worden. So sehr die re- (= „-like reptiles“) überliefert, die in ihren zenten Monotremen auch für eine solche von Reptilien Merkmalen zwischen Reptilien (Synapsida) und Säuge- zu sprechen schien, so stand einer Abstammung von tieren (Mammalia) vermitteln, indem sie ein Doppelge- Reptilien die Tatsache entgegen, dass – wie bereits er- lenk besitzen (Abb. 1). Dieses Doppelgelenk besteht aus wähnt – Säugetiere drei Gehörknöchelchen (Hammer, dem primären Quadrato-Articulargelenk und dem late- Amboß und Steigbügel), Reptilien hingegen stets nur ral davon liegenden Squamoso-Dentalgelenk. Bei der ein Gehörknöchelchen (Columella) im Mittelohr be- Entstehung des Säugetiertyps konnten Quadratum und sitzen. Die Natur kann nicht wie ein Techniker plötz- Articulare in das unmittelbar benachbarte Mittelohr lich zusätzliche Elemente einbauen, wie sie für eine ver- verlagert werden und –zusammen mit dem Stapes – die stärkte Effizienz bei der Schallübertragung erforderlich Funktion von Gehörknöchelchen übernehmen.

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Die zunächst aus den Lagebeziehungen der einzel- nen Knochen zueinander durch REICHERT postulierte Homologie der einzelnen Elemente wurden nicht nur durch das Fossilmaterial bestätigt, sondern auch durch embryologische Untersuchungen (MAIER 1993) an re- zenten Beuteltieren. Bei Neonaten im Beutelstadium ist bei Beutelratten (Marmosa) noch das primäre Kieferge- lenk während der Säugephase, als die Zitze vom Mund umwachsen war und die Kiefer noch keine Kaufunktion ausgeübt hatten, ausgebildet. Nicht uninteressant ist in diesem Zusammenhang, dass bei Beutelratten (z. B. Mo- nodelphis) die Eischale noch im Körper des Muttertieres aufgelöst wird, d. h. ein „intra-uterines“ Schlüpfen aus dem Ei stattfindet. Nun aber zu den Therapsiden (= säugetierähnliche Reptilien) unter denen die Stammform (en) der Säuge- tiere zu suchen sind. Es sind dies Reptilien, die zur Perm- und Triaszeit eine Fülle von Formen hervorgebracht ha- ben. Mit der Erkenntnis, dass die Therapsiden die Stammgruppe der Säugetiere bilden, ist zugleich die durch Fossilfunde dokumentierte frühe Trennung der beiden Großgruppen unter den Reptilien bestätigt, näm- lich die der Sauropsida bzw. Diapsida (aus denen letztlich auch die Vögel hervorgingen) und die Synapsida mit den Abb. 1: Kiefergelenk und Gehörknöchelchen bei „Reptilien“ (Therapsida) und Säugetieren. Probainognathus aus der Mittel-Trias von Südamerika als Säugetieren als Endformen: Diese Trennung erfolgte auf Vertreter der Cynodontia unter den Therapsida als Doppelgelenker. Das Grund von Fossilfunden bzw. nach der Schätzung über Quadrato-Articulargelenk als primäres Kiefergelenk neben dem Squamoso- molekularbiologische Daten (KUMAR & HEDGES 1998) Dentalgelenk als sekundäres Kiefergelenk. Quadratum und Articulare der bereits in der späten Karbonzeit vor mehr als 300 Millio- Therapsiden sind dem Amboss (Incus) und Hammer (Malleus) der Säugetiere homolog; aus THENIUS (1976b). A Articulare, C Cochlea, D Dentale, Mt nen Jahren. Die zu den Säugetieren führenden Reptilien Membrana tympani, SQ Squamosum, St Steigbügel = Stapes, Te Tuba eustachii. werden nach dem Schädelbau als Synapsida bezeichnet und den übrigen Reptilien (= Eureptilia) gegenüberge- stellt. Somit lässt sich zwar diskutieren, ob die Säugetie- re tatsächlich von Reptilien abstammen, nicht jedoch, dass ihre Stammformen unter den Therapsiden zu su- chen sind. Zugleich muß jedoch die Frage offen bleiben, ob das evolutive Niveau Säugetier einmal oder mehrmals erreicht wurde (MAISCH 2005). Darüber noch einige Be- merkungen im folgenden Kapitel.

Säugetiere im Zeitalter der Dinosaurier Bis vor wenigen Jahren herrschte die Meinung vor, dass im Mesozoikum (Trias, Jura und Kreide) nur kleine maus- bis rattengroße Säugetiere existierten, die terre- strisch oder arboricol (kletternd) lebten. Erst in jüngster Zeit konnten, z.T. durch gezielte Ausgrabungen, ver- mehrt Fossilreste von Säugetieren geborgen werden, die nicht nur Zähne und Schädel umfassten, sondern auch ± vollständige postcraniale Skelette. Diese zeigten, dass be- reits zur Jurazeit Säugetiere mit deutlichen Anpassungen an eine grabende bzw. schwimmende Lebensweise exi- stierten. Erwähnt seien hier nur Castorocauda lutrasimilis und Haldanodon expectatus als Angehörige der Docodon- Abb. 2: Die mesozoischen Säugetiergruppen und die vermutliche ta sowie Fruitafossor windscheffeli als vermutlicher Vertre- stammesgeschichtliche Herkunft der heutigen Säugetiere.

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Zu den Docodonta und Multituberculata kommen noch etliche weitere Säugetiergruppen, wie die bereits er- wähnten Triconodonta, die Symmetrodonta und die (Eu- )Pantotheria, die jeweils durch eigene Merkmalskombi- nationen charakterisiert sind. Aus letzteren haben sich vermutlich in der älteren Kreidezeit die Theria mit den Beuteltieren (Marsupialia mit ) und den Pla- centatieren ( oder Eutheria mt Eormaia) ent- wickelt (Abb. 2) (vgl. KIELAN-JAWOROWSKA et al. 2004). Nach den bisherigen Fossilfunden sind Beuteltiere nicht vor den Placentatieren entstanden, sondern gleichzeitig, auch wenn manche molekularbiologische Befunde für erstere Annahme sprechen (KUMAR & HEDGES 1998). Abgesehen von den Backenzähnen (Zahl und Ausbildung der Zahnkronen), die einen der- artigen Evolutionsverlauf erkennen lassen, sind alter- tümliche Merkmale, wie etwa zwei Beutelknochen für die Pantotheria charakteristisch. Derartige Beutelkno- chen finden sich übrigens auch bei den ältesten Euthe- ria (Proteutheria; z. B. aus der Kreidezeit). Damit wollen wir uns der Großgliederung der Säugetie- re zuwenden.

Die Großgliederung der Säugetiere Abb. 3: Die Großgruppen („crown groups“) der Säugetiere (Theria mit den Beutel- und den Placentatieren sowie die mit den Eierlegern), aus Betrachtete man ursprünglich die Säugetiere als THENIUS (2000). Vertreter von drei aufeinanderfolgenden Entwicklungs-

ter der Triconodonta (MAISCH 2006). Diese Säugetiere stufen, was auch in der Namensgebung Prototheria (für zeigen im postcranialen Skelett Anpassungen, wie sie ei- die Monotremata), (für die Beuteltiere) und nerseits beim heutigen Schnabeltier (Ornithorhynchus Eutheria (für die Placentatiere) zum Ausdruck kommt, anatinus), andererseits bei rezenten „Insektenfressern“ so zeigte sich, dass es sich um jeweils unabhängig von- (Lipotyphla) aus der Verwandtschaft der Maulwürfe (z.B. einander entstandene Großgruppen handelt, deren Ur- Desmane wie Desmana moschata) bestens bekannt sind. sprung verschieden weit zurückliegt. Die Monotremen (Eierleger) bilden die Schwestergruppe der Theria Berücksichtigt man lediglich die Ernährungsweise, (Marsupialia und Placentalia), während Beutel- und die aus dem Gebiss erschlossen werden kann, so reicht die Placentatiere Schwestergruppen und zugleich die sog. Palette der mesozoischen Säugetiere von insectivoren Kronengruppen der Säugetiere sind (Abb. 3). Nach WI- über carnivoren und omnivoren bis zu rein herbivoren BLE & HOPSON (1993) bilden die Monotremen die Typen. Letztere sind vornehmlich unter den in der jünge- ren Jura- und in der Kreidezeit artenreich vertretenen Schwestergruppe der Multituberculaten, nach KIELAN- Multituberculata zu finden und erreichen mit den Gond- JAWOROWSKA et al. (1987) sind die Eierleger Abkömm- wanatheria (z.B. Gondwanatherium und Ferugliotherium) linge prä-tribosphenischer Theria. Die stammesge- in der jüngeren Kreidezeit auf der Südhemisphäre (Gond- schichtliche Herkunft der Eierleger ist bis heute unge- wana) mit hypsodonten, also hochkronigen und dauernd klärt, ihre Entstehung erfolgte jedoch längst vor jener wachsenden Backenzähnen Formen, wie sie Jahrmillio- der Theria. Die heutigen Eierleger und keineswegs pri- nen später erst durch Nagetiere (Rodentia) im Känozoi- mitive „Ursäuger“, sondern hochspezialisierte Überle- kum (Erdneuzeit) entwickelt wurden (KRAUSE & BONA- bende aus der Vorzeit. Die von GREGORY (1947) vertre- PARTE 1990). Als Futterpflanzen der mesozoischen Säuge- tene Palimpsest-Theorie, wonach Monotremata und tiere kommen Cycadeen, Koniferen, Palmen und andere Marsupialia eine Groß-Einheit (Marsupionta) bilden, Angiospermen in Betracht. Ob bereits damals Gräser wird von molekularbiologischer Seite insofern gestützt (Poaceen) existiert haben, wie Molekularbiologen an- als beide als Schwestergruppen gelten (KIRSCH & MAY- nehmen, ist fraglich, auch wenn in jüngster Zeit in Ko- ER 1998) andererseits die Monotremata genetisch völlig prolithen von Dinosauriern Phytolithen von Gräsern von den Theria getrennt sind (MUSSER & ARCHER nachgewiesen werden konnten (KULL 2006). 1998).

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Von den einst auf dem Gondwanakontinent weiter verbreiteten Prototheria (vgl. Monotrematum aus dem Paleozän Südamerikas) haben sich gegenwärtig ledig- lich das hochspezialisierte Schnabeltier und die Amei- senigel in der australischen Region (Australien, Neu- guinea und Tasmanien) erhalten. Als älteste Angehöri- ge der Monotremen gelten Steropodon und Kollikodon aus der Unter-Kreide Australiens (FLANNERY et al. 1995, MUSSER & ARCHER 1998). Neuerdings werden die Monotremen, zusammen mit einigen Fossilformen aus der Kreidezeit der Südhemi- sphäre wie Ambondro von Madagaskar und Ausktri- bosphenos von Australien als den Bo- reosphenida (Marsupialia und Placentalia) der Nordhe- misphäre gegenübergestellt unter der Annahme einer zweimaligen Entstehung tribosphenischer Molaren. Weiters dürfte der Fersensporn (mit Giftdrüse) der re- zenten Monotremen nach HURUM, LUO & KIELAN-JA- WOROWSKA (2006) ein altes Erbe mesozoischer Säuge- tiere sein.

Die Metatheria (Marsupialia oder Beuteltiere) Beuteltiere waren einst viel weiter verbreitet als ge- genwärtig, wo sie praktisch auf die Neotropis und die Abb. 4: Die paläogeographische Situation der Südkontinente im Alt-Eozän vor australische Region beschränkt sind. Ausnahmen: Beu- ca. 55 Millionen Jahren und die vermutlichen Ausbreitungswege von telratten (Didelphis virginiana), seit etwa 1 Million Jahre Südamerika über die damals noch nicht vereiste Antarktis in die australische Region, verändert nach KEMP (2005). in Nordamerika, einige Arten von Kuskus derzeit auf Inseln des östlichen Indonesien. Sie zeigen eine dis- junkte Verbreitung. Der Ursprung der Beuteltiere ist kennzeichnet ist und zu zahlreichen Konvergenzerschei- nach der Fossildokumentation auf der Nordhemisphäre nungen zu den Placentaliern geführt hat. Sie sind auf zu suchen. Sie sind vermutlich in Asien entstanden die jeweils lange Isolation der beiden Kontinente zu- (z. B. Sinodelphys szalayi aus der Unter-Kreide [Barrème] rückzuführen. Zu den bekanntesten dieser Konvergen- zen zählen Beutelwolf (+ Thylacinus), Beutelbär (Koala), von China als ältestes Beuteltier; LUO et al. 2003) und haben sich in der Ober-Kreide nach Nordamerika und Beutelmarder (Dasyurus), Beutelratten (Didelphis), in der frühen Tertiärzeit nach Südamerika ausgebreitet. Flugbeutler (Petaurus etc.), Beutelmull (Notoryctes) und Auf der Nordhemisphäre wurden sie anscheinend von Beutellöwe (+ Thylacoleo). Zu den bemerkenswertesten den Placentaliern verdrängt, um Eurasien erst wieder im Konvergenzen zählen jedoch die Säbelzahnbeutler (+ Eozän zu besiedeln. Sie haben dort mit Amphiperatheri- Thylacosmilus) in Südamerika zur jüngsten Tertiärzeit. um frequens bis ins ältere Mittelmiozän (MN6-Zone) Sie verschwanden mit dem Eindringen „echter“ Raub- überlebt (ZIEGLER 1999).Von Südamerika haben sie sich tiere (Marder, Waschbären, Bären, Hunde und Katzen) im Alttertitär, entsprechend der paläogeographischen im Pliozän. Diese Invasion führte zum Aussterben aller Situation (vgl. Plattentektonik und Kontinentdrift) größeren Fleischfresser (mit über 50 kg Gewicht) in über die Antarktis bis in die australische Region ausge- Südamerika. breitet (Abb. 4), was indirekt durch den Nachweis von Über die systematische Großgliederung wird disku- Polydolopiden (Antarctodolops und Eurydolops) als An- tiert, ganz abgesehen davon, ob die Beuteltiere als An- gehörige der aus dem Eozän der West- gehörige einer Ordnung oder etwa sieben derartiger Ein- antarktis bestätigt wird. heiten anzusehen sind. Der US-Paläontologe SZALAY Die Beuteltiere haben durch einen eigenen Fort- (1982) unterscheidet nach morphologischen Merkma- pflanzungsmodus einen bestimmten Säugetiertypus her- len (Bau des Tarsalgelenkes) zwei Großgruppen, näm- vorgebracht, der in der Erdneuzeit (Känozoikum) in lich die mit den neuweltlichen Caenole- Südamerika und in Australien durch Radiationen ge- stiden, den Didelphiden und den nur fossil bekannten

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Abb. 5: „Stammbäume“ der Beuteltiere im Wechsel der Zeit. a: aus THENIUS (1969), b: nach THENIUS (1988) und morphologischen Befunden, c: verändert nach SPRINGER et al. (1997) auf Grund molekularbiologischer Daten.

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Abb. 5b

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phia bestätigt, indem Dromiciops als Schwestertaxon der anzusehen ist. Die sind nach SZALAY (1994) als Wurzelgruppe der australasiati- schen Radiation anzusehen. Dromiciops gliroides gilt üb- rigens als „lebendes Fossil“ (THENIUS 2000). Den bereits erwähnten (Nasen- beutler) kommt insofern eine Sonderstellung zu, als sie als eine Art „outgroup“ den restlichen australischen Beutlern (einschl. Dromiciops) gegenübergestellt wer- den. Die durch einzelne Synapomorphien angenomme- ne nähere Verwandtschaft zwischen Beutelbär (Phasco- larctos cinereus) als Vertreter der Phascolarctidae und den Wombats (Gattungen Vombatus und Lasiorhinus) als Angehörige der Vombatidae (Plumpbeutler) erscheint durch molekularbiologische Daten gesichert (Schwe- stergruppenverhältnis; Abb. 5). Abgesehen von einer Radiation der Beuteltiere zur jüngeren Kreidezeit in Nordamerika und vermutlich auch in Asien kam es im Alttertiär Südamerikas und Australiens zu weiteren Radiationen. In Südamerika entwickelten die Beutler mit den Didelphomorphia, den „Borhyaenoidea“, den Microbiotheria und den Paucitu- berculata eine Fülle von Arten und Gattungen, von de- nen die Microbiotheria mit Dromiciops gliroides gegen- Abb. 5c Borhyaenomorphen (= Sparassodonta) und die Austra- wärtig auf ein Reliktareal in den Anden beschränkt sind, lidelphia mit den südamerikanischen Microbiotheriiden während von den Paucituberculata heute auch nur eini- und den Beutlern der australischen Region. ge wenige Arten als Angehörige von drei Gattungen (Caenolestes, Lestoros und Rhyncholestes) in Südamerika Für die Großgliederung der Beuteltiere hat seit al- überlebt haben. Die ausgestorbenen „Borhyaenoidea“ tersher einerseits die Gebissmorphologie (Polyprotod- haben zahlreiche carnivore Formen entwickelt (z.B. ontie bzw. Diprotodontie im Unterkiefergebiss), ande- Mayulestes, Prothylacinus, Cladosictis, Borhyaena) und mit rerseits die Fußstruktur (Syndactylie der 2. und 3. Zehe) dem bereits erwähnten Säbelzahnbeutler Thylacosmilus eine entscheidende Rolle gespielt. Wie molekularbiolo- ein Gegenstück zu den Säbelzahnkatzen unter den Feli- gische Daten bestätigt haben ist sowohl die Diprotodon- formia innerhalb der Placentalia hervorgebracht. tie als auch die Syndactylie innerhalb der Beuteltiere mindestens zweimal unabhängig voneinander entstan- Die Radiation in der australischen Region hat zu ei- den. Die Diprotodontie ist bei den australischen Dipro- ner Formenfülle geführt, von der unter den Diprotodon- todontia und den neuweltlichen Paucituberculata unab- tia zwar zahlreiche Großformen wie etwa die Palorchesti- hängig voneinander erworben worden (AMRINE-MAD- den (z.B. Palorchestes), Diprotodontiden (z.B. Diprotod- SEN et al. 2003). Die unabhängig voneinander erworbe- on) und Thylacoleoniden (z.B. Thylacoleo) im Jung-Plei- ne Syndactylie der Diprotodontia (Känguruhs etc.) und stozän wieder ausgestorben sind, die übrigen jedoch auch der Peramelemorphia (Nasenbeutler) gilt als gesichert gegenwärtig arten- und formenreich überlebt haben. Der (SPRINGER et al. 1997). Interessant ist, dass die Anlage ausgerottete australische Beutelwolf (Thylacinus cynoce- zu einer derartigen Syndactylie auch bei Beutelratten phalus) wurde verschiedentlich als Verwandter der süd- der Neotropis (z. B. Caluromys) zu beobachten ist, so amerikanischen Borhyaeniden angesehen, ist jedoch ein dass bei Beuteltieren fast allgemein von einer Art Prä- Angehöriger der , zu denen auch der disposition bei diesem Merkmal gesprochen werden Ameisenbeutler (Myrmecobius fasciatus) zu zählen ist. kann. Die größte Artenfülle haben die Diprotodontia mit Molekularbiologische Befunde haben die Zugehö- den Kletterbeutlern, Flugbeutlern, Bilchbeutlern, Ho- rigkeit der südamerikanischen Chiloe-Beutelratte (Dro- nigbeutlern, Koalas, Wombats und den Känguruhver- miciops gliroides = „australis“) als einzige rezente Ange- wandten auch gegenwärtig erreicht. Unter letzteren hörige der zur Tertiärzeit in Südamerika verbreiteten zählt das Moschusrattenkänguruh (Hypsiprymnodon mo- Microbiotheriiden zu den (australischen) Australidel- schatus) in den Regenwäldern von Nordostqueensland

730 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at zu einer Überlebenden aus dem Miozän Australiens. Es kann als „lebendes Fossil“ bezeichnet werden.

Die Eutheria (Placentalia oder Placentatiere) Zur Großgliederung der Eutheria hat die Molekular- biologie in den letzten Jahren wesentliche neue Er- kenntnisse geliefert, welche einerseits althergebrachte Vorstellungen ins Wanken gebracht, andererseits einige davon bestätigt haben. So haben sich die von etlichen Autoren, wie WEBER (1904) (vgl. THENIUS 1969) auf Grund morphologisch-anatomischer Merkmale und se- rologischer Befunde angenommenen verwandtschaftli- chen Beziehungen von Walen (Cetacea) zu (primiti- ven) Paarhufern (Artiodactyla) über gemeinsame Wur- zeln bestätigt (Cetartiodactyla), auch wenn nähere Ver- wandtschaftsverhältnisse zwischen Flusspferden (Hip- popotamidae) und Cetaceen nicht anzunehmen sind. Die Flusspferde sind erdgeschichtlich junge Abkömm- linge von primitiven Suoidea (Tayassuidae) und sind nicht von Anthracotheriiden abzuleiten. Auch die nä- heren verwandtschaftlichen Beziehungen der Schliefer (Hyracoidea) zu den Tethytheria (Proboscidea und Sire- nia + Desmostylia) wurden durch die Molekularbiologie gefestigt und damit durch die in jüngster Zeit wieder vertretene Zugehörigkeit der Schliefer zu den Unpaar- hufern (Perissodactyla), wie sie M.S. FISCHER (1986) vertritt, nicht bestätigt. Im Prinzip wurde jedoch die al- te Gruppierung der „Subungulaten“ (= Paenungulata SIMPSON 1945: Hyracoidea, Sirenia und Proboscidea als sog. Fasthuftiere) durch den Nachweis ihrer Monophy- lie auf Grund der mitochondrialen (12S)r RNA bekräf- tigt (vgl. LAVERGNE et al. 1996, NOVACEK, WYSS & MCKENNA 1988, SPRINGER et al. 1999). Durch das Kon- zept der auf Gondwana entstandenen Gruppe der Afro- theria konnte nicht nur die bisher ungeklärte taxonomi- sche Stellung der Erdferkel (Tubulidentata) und der Rüsselspringer (Macroscelidea) geklärt werden, sondern Abb. 6: Kladogramme zur Großgliederung der Placentalia nach auch jene der Zalambdodonta (s. str.) in Form der Afro- molekularbiologischen Daten, verändert nach SCALLY et al. (2002). soricida (Tenrecidae und Chrysochloridae). Die beiden letztgenannten Großgruppen werden als Nach molekularbiologischen Daten sind innerhalb monophyletische Einheit Boreoeutheria zusammenge- der rezenten Placentalia vier Hauptgruppen zu unter- faßt. Diese und die Afrotheria werden nach MCKENNA scheiden (Abb. 6) (MURPHY et al. 2001, SCALLY et al. (1975) als Epitheria den Xenarthra gegenübergestellt. 2002): Unstimmigkeiten gibt es noch hinsichtlich des Zeit- 1. Xenarthra (Gürteltiere, Faultiere und Ameisenfres- punktes der Abspaltung der Afrotheria bzw. der Xen- ser) arthra. Während nach MURPHY et al. (2001) sich die 2. Afrotheria (Proboscidea, Sirenia, Hyracoidea, Tu- Afrotheria vor den Xenarthra getrennt haben, ist die bulidentata, Macroscelidea und Afrosoricida) Trennung der Xenarthra nach LIU et al. (2001) bzw. 3. Laurasiatheria (, Chiroptera, Carnivo- SCALLY et al. (2002) bereits vor jener der Afrotheria er- ra, Pholidota, Cetartiodactyla und Perissodactyla) folgt, was auch nach morphologisch-anatomischen Be- 4. Euarchonta (Dermoptera, und Scanden- funden und der einstigen paläogeographischen Situati- tia) und Glires ( und Rodentia). on eher zutreffen dürfte.

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Über die Zugehörigkeit von rezenten Säugetieren zu Die Proboscidea (Rüsseltiere) sind heute mit den den Xenarthra (= Fremdgelenker oder Nebengelenktie- Elefanten nur durch drei Arten, die zwei Gattungen an- re) besteht durch die zusätzlichen Wirbelgelenke prak- gehören (Elephas und Loxodonta) in der Paläotropis hei- tisch kein Zweifel. Diese anatomische Besonderheit misch. Im Alttertiär auf den afrikanischen Kontinent kennzeichnet sie – zusammen mit anderen morphologi- beschränkt, waren sie im Jungtertiär mit den Mastodon- schen Eigenschaften – als monophyletische Verwandt- ten (z. B. Gomphotherium, Anancus, Platybelodon, Rhyn- schaftsgruppe, was angesichts des äußeren Erschei- chotherium) in ganz Eurasien und Nordamerika hei- nungsbildes keineswegs selbstverständlich erscheint, je- misch. Im jüngsten Känozoikum haben sie mit Haplo- doch auch durch molekularbiologische Daten gestützt mastodon, Notiomastodon und Cuvieronius auch Südame- wird. Der berühmte Zoologe Georges CUVIER fasste sie rika erreicht. Die Dinotherien sind mit Dinotherium hin- mit den Schuppentieren (Pholidota), dem Schnabeltier gegen über die Alte Welt nicht hinausgekommen. Die und den Ameisenigeln (Monotremata) als Edentata australische Region haben die Proboscidea nie besie- (Zahnlose bzw. Zahnarme) zusammen, obwohl inner- delt. Interessant ist, dass Elefanten während der Eiszeit halb der Xenarthra nur die Ameisenfresser tatsächlich Zwergformen auf Inseln (z. B. Mittelmeer, Celebes und zahnlos sind. die Santa Rosa-Insel vor Kalifornien) entwickelt haben. Für etliche Fossilformen ist allerdings die Zugehörig- Mit Phosphatherium aus dem Jung-Paleozän von Ma- keit zu den Xenarthren nicht sicher. So ist heute die Zu- rokko ist der älteste Vertreter der Proboscidea nachge- ordnung von Eurotamandua aus dem Eozän von Messel wiesen (GHEERBRANT et al. 1998). Mit Numidotherium (BRD), dessen Deutung als Ameisenfresser durch und Moeritherium aus dem Eozän Algeriens bzw. Ägyp- STORCH (1981) für große Aufregung unter den Biogeo- tens sind weitere Angehörige der Rüsseltiere bekannt. graphen sorgte, keineswegs gesichert. Eurotamandua ist Mit der Gattung Arsinoitherium und verwandten entweder ein Angehöriger der Pholidota (MCKENNA & Formen sind Vertreter der ausgestorbenen Embrithopo- BELL 1997) oder der Palaeanodonta als deren Schwester- den aus dem Alttertiär Afrikas, SO-Europas und Vor- gruppe (ROSE 1997). Fehlt doch dieser Form die xenar- derasien genannt, die meist als Schwestergruppe der thrale Wirbelgelenkung. Damit wäre der Nachweis von Proboscidea bzw. Tethytheria gelten (vgl. FISCHER & Xenarthren im Eozän Europas noch zu erbringen. TASSY 1993, KEMP 2005). Die Gürteltiere () und die Faultiere (Pilo- Die Sirenia (Seekühe) sind gegenwärtig als (Sub-) sa bzw. Phyllophaga) waren einst viel arten- und for- Tropenbewohner gleichfalls nur mit zwei Gattungen menreicher in der Neuen Welt verbreitet als gegenwär- (Trichechus und Dugong) vertreten. Hydrodamalis (= tig. So kennt man derzeit jeweils etwa hundert ausge- „Rhytina“) gigas, die Stellersche Seekuh oder das Bor- storbene Gattungen von Gürteltieren und (Boden-) kentier der Bering-See ist als einstige Kaltwasserform in Faultieren. Riesenformen, wie sie als Riesengürteltiere historischer Zeit, 1768, nur 27 Jahre nach ihrer Entdek- (z. B. Glyptodon, Doedicurus) oder als Riesenfaultiere kung, ausgerottet worden. Bereits 1816 erkannte H.M. (z. B. Mylodon, Megatherium) bekannt wurden, waren Ducrotay de BLAINVILLE die nähere Verwandtschaft mit noch zur ausgehenden Tertiärzeit und zur Eiszeit in Süd- den Rüsseltieren, die MCKENNA (1975) mit dem Begriff amerika verbreitet. Sie verschwinden ähnlich den gro- Tethytheria zum Ausdruck brachte. Die ältesten Seekü- ßen Raubbeutlern nach der Entstehung der Panama- he stammen – wenn man von Khamsaconus aus dem Pa- brücke, die eine „Invasion“ von placentalen Säugetie- leozän von Marokko absieht – aus dem Eozän Ägyptens ren aus Nordamerika ermöglichte. Zugleich machte die- und Jamaikas (Eotheroides, Eotherium und Prorastomus). se Landbrücke auch eine Auswanderung nach Norden Pezosiren aus dem Mitteleozän Jamaikas zeigt, dass es möglich, sodass Großformen unter den Faultieren sich um eine quadrupede Sirene mit verlängertem (Glossotherium, Paramylodon) und den Gürteltieren Rumpf handelt, deren Gliedmaßen noch eine Fortbewe- (Glyptotherium, Pampatherium) noch im Jung-Pleistozän gung an Land ermöglichten (DOMNING 2001). Nordamerikas existierten. Bemerkenswert ist, dass die heutigen Baumfaultiere (Choloepus und Bradypus) unab- Innerhalb der Sirenen werden zwei Gruppen unter- hängig voneinander aus zwei Gruppen hervorgegangen schieden. Die Dugongs oder Gabelschwanzsirenen mit sind. dem Dugong und den jungtertiären Metaxytherien (z. B. Metaxytherium), aus denen sich Hydrodamalis gigas ent- Nun zu den Afrotheria: als wichtigste Angehörige wickelte, und die Rundschwanzsirenen oder Manatis. gelten die Proboscidea, Sirenen und die Schliefer. Sie sind zwar gegenwärtig mit nur wenigen Arten und Gat- Die Schliefer (Hyracoidea) sind in der Jetztzeit tungen vertreten, waren jedoch – wie zahlreiche Fossil- gleichfalls nur durch wenige Arten vertreten, die drei funde belegen – in der Vorzeit arten- und formenreich nah verwandten Gattungen (Procavia, Heterohyrax und und wesentlich weiter verbreitet als gegenwärtig. Dendrohyrax) zugeordnet werden. Sämtliche Arten sind

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Kleinformen und wurden früher als Kaninchen angese- sowie die stark entwickelten Speicheldrüsen stehen mit hen. Gegenwärtig auf Afrika und Vorderasien be- der Ernährung in Zusammenhang. Die Verbreitung des schränkt, belegen Fossilfunde nicht nur ihre einst weite Erdferkels entspricht meist jener von Riesentermiten Verbreitung, die im Jungtertiär große Teile Europas und (Macrotermes). Die wenigen wurzel- und schmelzlosen Asiens betraf, sondern auch die einstige Artenfülle mit Backenzähne bestehen aus zahllosen prismatischen richtigen Großformen (z. B. Pliohyrax, Postschizotheri- Dentinröhrchen, die von einer Zementschicht zusam- um). Im Alttertiär Afrikas stellten die Hyracoidea in Er- mengehalten werden. Dies ist einmalig unter den Säu- mangelung „echter“ Huftiere neben den Proboscidea die getieren, was die Vermutung nicht ganz von der Hand dominanten mittelgroßen Pflanzenfresser (z. B. Bunohy- weisen läßt, dass das Gebiß nach einer völligen Reduk- rax, Saghatherium, Geniohyus, Megalohyrax, Titanohyrax), tion erst sekundär wieder gebildet wurden. Neben Ter- die verschiedene Lebensräume bewohnten. Mit Antilo- miten und anderen Insekten bildet nämlich eine Kür- ist bereits im Jung-Eozän Afrikas ein antilopen- bisart (Cucumis humifructus = „aardvark-cucumber“ in hafter „browser“ (Blattfresser) mit selenodonten Bak- Südafrika) einen wesentlichen Nahrungsbestandteil. kenzähnen und einem Cynocephalus-ähnlichen Vorder- Mit dem Erdferkel wurde bereits ein Angehöriger gebiß im Unterkiefer nachgewiesen worden (RASMUS- der Afrotheria genannt, der auf eine Abstammung von SEN & SIMONS 2000). Aus dem Jungtertiär Afrikas ist frühen Placentaliern hinweist. Mit den Rüsselspringern mit „Megalohyrax“ championi ein Schliefer mit dreizehi- (Macroscelidea) ist eine Gruppe von kleinen Säugetie- gen Laufgliedmaßen bekannt geworden ähnlich Mery- ren erwähnt, deren verwandtschaftliche Beziehungen chippus unter den Pferdeartigen in Nordamerika bzw. lange Zeit sehr umstritten waren. Zunächst als Insekten- Diadiaphorus als Angehöriger der (ausgestorbenen) Lito- fresser, zusammen mit den Spitzhörnchen als Angehöri- pterna in Südamerika. ge der Menotyphla klassifiziert, wurden sie dann meist Derartige Formen und die Lebensweise der heutigen als Verwandte von Huftieren angesehen. Gegenwärtig Schliefer lassen vermuten, dass letztere zu sekundären werden sie als Vertreter einer eigenen Ordnung, näm- Kleinformen und praktisch zu Sohlengängern wurden, lich der Macroscelidea, angesehen. Erst dank moleku- die als ökologische Nischenformen (Klipp-, Busch- bzw. larbiologischer Methoden ließen sich ihre tatsächlichen Steppen- und Baumschliefer) verschiedene Lebensräu- verwandtschaftlichen Beziehungen klären. Diese besa- me besiedeln. gen, dass die Macroscelidea als Angehörige einer alten Radiation afrikanischer placentaler Säugetiere anzuse- Auf die verwandtschaftlichen Beziehungen der Hy- hen und damit den Afrotheria zuzuordnen sind. racoidea wurde bereits oben verwiesen. Die nächsten le- benden Verwandten sind die Rüsseltiere und Seekühe, Rüsselspringer sind heute mit einigen wenigen Gat- unter den fossilen Formen sind es wohl die Urhuftiere tungen (z. B. Rhynchocyon, Macroscelides, Elephantulus) („Condylarthra“), nicht jedoch die Unpaarhufer (Peris- als Angehörige einer einzigen Familie in weiten Teilen sodactyla). Afrikas verbreitet. Die ältesten Fossilfunde (Chambius) stammen aus dem Mittel-Eozän von Tunesien. Rüssel- Lange Zeit wurde das Erdferkel (Orycteropus afer) als springer sind – ähnlich wie die Schliefer – aus dem einziger lebender Vertreter der Tubulidentata (Röhren- Jungtertiär artenreich nachgewiesen und entwickelten zähner) gleichfalls als Abkömmling von Urhuftieren mit den Myohyraciden im Miozän Afrikas richtige angesehen. Anatomische Befunde haben jedoch gezeigt, Pflanzenfresser (z. B. Myohyrax, Mylomygale), die ur- dass keine verwandtschaftlichen Beziehungen zu Urhuf- sprünglich als Angehörige der Hyracoidea klassifiziert tieren und zu „modernen“ Huftieren bestehen, sondern wurden. Andere fossile Macroscelidea (Palaeothentoides) eher zu altertümlichen Säugetieren (THEWISSEN 1985), wurden zunächst als Beuteltiere beschrieben. was durch molekularbiologische Daten und damit auch Als letzte Gruppe innerhalb der rezenten Afrotheria die Zugehörigkeit zu den Afrotheria bestätigt wird (AS- sind die Afrosoricida (STANHOPE et al. 1998) zu nennen, HER et al. 2003). Die ältesten, den Tubulidentaten zuzu- wie man heute die Borstenigel oder Tenreks (Tenreci- ordnende Fossilfunde sind aus dem Oligozän Afrikas be- dae) und die Goldmulle (Chrysochloridae) zu bezeich- kannt. Sämtliche bisherigen – auch aus Europa und nen pflegt. Beide sind ursprünglich als Angehörige der Asien bekannten – Fossilformen lassen sich als Angehö- Insektenfresser () klassifiziert worden, je- rige der Orycteropodidae klassifizieren. doch wegen verschiedener, z.T. primitiver Merkmale, Das Erdferkel ist von seiner äußeren Gestalt mit kei- wie etwa eine Kloake (gemeinsame Öffnung für den nem anderen Säugetier zu verwechseln. Die röhrenför- Urogenital- und den Analtrakt), niedrige, variable Kör- mige Schnauze, die großen Ohren und die mit kräftigen pertemperatur sowie den eigentümlichen Zahnbau (sog. Grabklauen versehenen Vorderfüße sind äußerlich Zalambdodontie [v-förmiges Molarenmuster] gegenüber kennzeichnend. Dies und die lange wurmförmige Zunge der Dilambdodontie [w-förmiges Muster] bei den übri-

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gen Insektenfressern). Aus diesem Grund wurden sie den sechs Gattungen (z.B. Tupaia, Dendrogale, Ptilocercus) verschiedentlich als Zalambdodonta von den übrigen zugeordnet. Sie sind vorwiegend Bewohner tropischer Insektenfressern getrennt, meist jedoch unter Einschluß Regenwälder von Indien, Südchina bis zu den Philippi- von Solenodon (Schlitzrüßler), einen soricomorphen nen und Indonesien. Fossilfunde sind seit dem Eozän (Eo- Vertreter der Lipotyphla mit sekundär vereinfachten v- dendrogale) Asiens bekannt. Die Gattung Tupaia (= „Pa- förmigen Zahnmuster (vgl. THENIUS 1969). laeotupaia“) ist seit dem Miozän nachgewiesen. Die Tenreciden (i.e.S.) sind auf Madagaskar be- Damit wollen wir uns den Primaten (Halbaffen, Af- schränkt, wo eine Radiation in völliger Isolation zur fen und Mensch) zuwenden. Sie zählen zusammen mit heutigen Formenfülle mit igel-, spitzmaus, maulwurfs- den Scandentia und Dermoptera zu einer frühen Radia- und otterähnlichen Formen mit über 20 Arten bei 8 tion der placentalen Säugetiere, deren Beginn in das Gattungen (z. B. Tenrec, Setifer, Limnogale, Hemicentetes, ausgehende Erdmittelalter zurückreicht. Als älteste Geogale) führte. Die manchmal als Angehörige einer ei- Form wurde ursprünglich Purgatorius aus der Ober-Krei- genen Familie (Potamogalidae) abgetrennten Otter- de Nordamerikas genannt. Nach neueren Erkenntnis- spitzmäuse West- und Ostafrikas (Potamogale und Micro- sen stammen die Reste von Purgatorius aus der frühesten potamogale) sind wie Limnogale otterartig spezialisiert. Erdneuzeit (Alt-Paleozän) und sind überdies einer aus- Als Parageogale ist lediglich ein zalambdodonter Molar gestorbenen Gruppe von Säugetieren (Plesiadapifor- aus dem Miozän Ostafrikas beschrieben worden. mes) zuzuordnen, die heute von den Primaten getrennt wird, aber zweifellos Angehörige basaler Euarchonta Die Goldmulle (Chrysochloridae), die in Afrika süd- sind. Die Plesiadapiden werden als Schwestergruppe der lich der Sahara heimisch sind, entsprechen nach ihrer übrigen Primaten (Euprimates) angesehen. subterranen Lebensweise den Maulwürfen bzw. Blind- mäusen (Spalax) der nördlichen Hemisphäre. Die Arten- Die rezenten Primaten werden im normalen Sprach- gebrauch nach der Organisationshöhe in Halbaffen und und Gattungszahl gleicht etwa jener der Tenreks, ohne Affen gegliedert, was jedoch nicht den tatsächlichen dass es zu einer ökologischen Differenzierung wie bei die- verwandtschaftlichen Beziehungen entspricht, da die sen gekommen ist. Die wichtigsten Gattungen sind als Halbaffen bezeichneten Koboldmakis (Gattung Tar- Chrysochloris, Chrysospalax, Amblysomus und Eremitalpa. sius) Südostasiens als Tarsiiformes nicht den eigentli- Die bisherigen ältesten Fossilformen (Prochrysochloris) chen Halbaffen (Strepsirhini mit den Lemuren, Galagos stammen aus dem Alt-Miozän Ostafrikas und gehören und Loris), sondern als Angehörige der Haplorhini zur Familie Chrysochloridae. Sie geben keine Hinweise ( und Affen) den Affen näher stehen. Die Tren- auf die stammesgeschichtliche Herkunft der Goldmulle. nung von Strepsirhini und Haplorhini erfolgte nach Damit wollen wir uns den Euarchonta und den Gli- PURVIS (1995) im Paleozän, jene der Tarsier und Affen res zuwenden. Der Begriff Archonta geht auf den US- (Anthropoidea) im Alt-Eozän. Paläontologen GREGORY (1910) zurück, den dieser für Unter den Strepsirhini sind die Lemuriformes Ma- die Ordnungen Menotyphla, Dermoptera, Chiroptera dagaskars und die Lorisiformes der Palaeotropis zu un- und Primates geprägt hat und der letztlich auf den von terscheiden. Erstere haben in der Isolation Madagaskars LINNÉ (1758) eingeführten Begriff Primates (für Affen, durch eine Radiation eine Arten- und Formenfülle her- Riesengleiter und Fledertiere) – wenn auch in etwas er- vorgebracht, die zu richtigen Großformen (z. B. Megala- weiterter Form – beruht. dapis) führte. Problematisch bleibt allerdings der Zeit- Als Euarchonta (i.S. der Molekularbiologen) werden punkt der Besiedelung Madagaskars durch die Lemuren. nur die Scandentia, Primates und Dermoptera zusam- Verwandte Primaten waren mit den Adapiformes im mengefasst, nicht jedoch die Chiroptera. Über die nähe- Alttertiär auf der Nordhemisphäre verbreitet. Alter und re Verwandtschaft zwischen Dermoptera, Primates und Stellung von Bugtilemur aus dem Oligozän Pakistans als Scandentia herrscht Übereinstimmung zwischen Mor- angebliche Schwestergattung von Cheirogaleus bleibt phologen und Molekularbiologen, auch wenn die Stel- umstritten. Galagos und Loris waren – entsprechend des lung der Scandentia (Spitzhörnchen oder „tree “) Nachweises von Karanisia und Saharogale – bereits im lange Zeit umstritten war. Die äußerlich an Eichhörn- Jung-Eozän getrennt (SEIFFERT et al. 2003). chen (Nagetiere) erinnernden Spitzhörnchen wurden ur- Während das madagassische Fingertier oder Aye-Aye sprünglich als Insektenfresser (Menotyphla), später als (Daubentonia madagascariensis), das ursprünglich als Na- Subprimaten und damit als Angehörige der Primaten getier klassifiziert wurde, nach morphologischen Krite- klassifiziert, bis sie letztlich als Angehörige einer eigenen rien den übrigen Lemuren gegenübergestellt werden Ordnung Scandentia eingestuft wurden. Damit ist zu- müsste, bildet es nach molekularbiologischen Daten die gleich ausgedrückt, dass sie keine näheren Verwandten Schwestergruppe der Indriiden (Avahi, Propithecus und der Rüsselspringer sind. Die wenigen rezenten Arten wer- Indri).

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Unter den Haplorhini sind innerhalb der Affen (Hylobates) wurden die Menschenaffen (Pongo, Gorilla, (Anthropoidea) zwei Gruppen (Platyrrhini und Catarr- Pan) seltener. hini) zu unterscheiden. Erstere sind auf die Neotropis, Die Dermoptera (Riesengleiter) sind gegenwärtig letztere auf die Alte Welt (Eurasien und Afrika) be- mit nur zwei Arten der Gattung Cynocephalus auf die schränkt. Das Problem lautet: Woher kommen die Neu- tropischen Regenwälder Südostasiens (einschließlich weltaffen (mit den Krallenäffchen und den Kapuzinerar- der Philippinen) beschränkt. Eine hauptsächlich zwi- tigen)? Stammen sie von alttertiären nordamerikani- schen den Gliedmaßen ausgespannte Flughaut ermög- schen Primaten ab oder sind sie von altweltlichen abzu- licht den pflanzenfressenden Tieren einen Gleitflug in leiten? Auf Grund morphologischer Kriterien bilden den Wäldern. Fossilfunde aus dem älteren Alttertiär Alt- und Neuweltaffen Schwestergruppen. Die ältesten Nordamerikas (z. B. Plagiomene, Planetetherium) zeigen, Platyrrhini oder Breitnasenaffen sind mit Branisella aus dass bereits damals Verwandte der heutigen Riesenglei- dem Jung-Oligozän Südamerikas bekannt. Diese Gat- ter in Waldgebieten existierten. Die Riesengleiter sind tung zeigt im Gebiß Ähnlichkeiten mit Proteopithecus daher als alte Placentaliagruppe ausgewiesen. aus dem Alttertiär Afrikas. Nun aber zu den Vertretern der Glires (Lagomorpha Angehörige der Catarrhini sind hingegen bereits aus und Rodentia). Unter diesen Namen hat LINNÉ (1758) dem Eozän Asiens und Afrika nachgewiesen, sodaß über die Nagetiere und die Hasenartigen zusammengefasst. Ursprung und Herkunft der Anthropoidea (Alt- und Neuweltaffen) diskutiert wird. Das Fehlen von fossilen Das „Glires“-Konzept ist wie kein anderes Problem in- Platyrrhinen in Afrika und das Vorkommen „echter“ nerhalb der Eutheria so intensiv und kontrovers disku- Catarrhinen im Alt-Oligozän Afrikas spricht für eine tiert worden. Den beträchtlichen Unterschieden zwi- Aufspaltung von Breit- und Schmalnasenaffen bereits schen beiden Untergruppen wurde seinerzeit durch die im Eozän. Damit ist die Möglichkeit einer Immigration Bezeichnungen Duplicidentata (Hasenartige) und Sim- der Vorfahren der Platyrrhinen (per Drift auf Baumin- plicidentata (Nagetiere) Rechnung getragen. Aber erst seln für Kleintiere) direkt aus Afrika nicht auszuschlie- mit der Aufwertung der Hasenartigen als eigene Ord- ßen, da damals der Südatlantik wesentlich schmäler nung Lagomorpha durch GIDLEY (1912) sollte ihre Ei- war. Das gleiche Problem liegt bei der Herkunft der süd- genständigkeit betont werden. Denn nach einzelnen amerikanischen Caviomorphen als Nagetiere vor (s.u.). morphologisch-anatomischen Merkmalen (z. B. Rhina- rium, Nasopalatinal Ductus) sind die Lagomorpha und Bei den Breitnasenaffen erfolgte im Miozän eine Ra- die Rodentia zwar näher miteinander verwandt, doch ist diation der Kapuzineraffen (Cebidae), die u.a. zur Ent- nicht auszuschließen, dass dies mit den gliriformen, also stehung der Brüllaffen (Alouatta) und der höchstspeziali- wurzellosen Incisiven funktionell zusammenhängt. sierten Greifschwanzaffen mit Klammer- (Ateles) und Manche molekularbiologische Daten sprechen für ein Spinnenaffen (Brachyteles) führte. Als ältester Cebide Schwestergruppenverhältnis (LIU et al. 2001, SCALLY et gilt Chilicebus aus dem Alt-Miozän Chiles. Die Krallen- al. 2002), manche dagegen (CZELUSNIAK et al. 1990, LIU äffchen (Callithrichidae) mit Callithrix, Saguinus, Leon- et al. 1999). topithecus, Callimico und anderen Gattungen haben se- kundär Krallen anstelle von Plattnägeln entwickelt, wes- Für die Lagomorphen sind im Gegensatz zu den Ro- halb sie in gewisser Hinsicht die Rolle der in der Tertiär- dentia (= Simplicidentata) zwei Paar Schneidezähne im zeit in Südamerika fehlende Hörnchen einnehmen. Praemaxillare als Schlüsselmerkmal charakteristisch, daher auch der Name Duplicidentata. Nach den Fossil- Unter den Schmalnasenaffen (Catarrhini) kommen funden sind Lagomorpha und Rodentia sehr alte Grup- im jüngeren Alttertiär zunächst Vertreter von basalen pen, die einerseits mit Mimotona und Gomphos, anderer- Hominoidea (z. B. Aegyptopithecus, Propliopithecus) vor. seits mit Sinomylus und Tribosphenomys bereits im jünge- Auch im Miozän Afrikas herrschen zunächst Angehöri- ren Paleozän in Asien deutlich getrennt waren (LI & ge der Hominoidea (z. B. Proconsul, Limnopithecus, Dryo- TING 1993, MENG et al. 1994, MCKENNA & MENG pithecus) vor, während Vertreter der Cercopithecoidea 2001, ASHER et al. 2005). Dies wird nicht nur durch die sehr selten sind (Victoriapithecus, Prohylobates). Die heu- Ausbildung des Gebisses, sondern auch durch postcra- tige Artenfülle der Cercopithecidae entstand erst ab niale Elemente bestätigt. Die Ausbildung gliriformer dem jüngeren Miozän mit den Meerkatzen (Cercopithe- Schneidezähne ist übrigens auch bei anderen Säugetie- cus), Mangaben (Cerocebus), Makaken (Macaca) und ren unabhängig voneinander entstanden (z. B. Dauben- Pavianen (Papio und Theropithecus) vor allem in Afrika, tonia, Sinclairella, Vombatus, Catopsalis, Taeniolabis). jene der Schlankaffen (Colobidae) mit den Languren (Presbytis), Kleider- (Pygathrix) und Nasenaffen (Nasa- Mit Paramys und verwandten Gattungen aus dem lis) in Asien sowie den Stummelaffen (Colobus) in Afri- Jung-Paleozän-Eozän sind bereits Vertreter der Protro- ka. Mit der Zunahme der Hundsaffen und der Gibbons gomorpha und damit der Sciuromorpha (i.w.S.) aus

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Nordamerika und Europa nachgewiesen. In Asien sind Lanthanotherium, Deinogalerix) verbreitet. Im jüngeren mit Cocomys aus dem Alt-Eozän Chinas Nagetiere be- Alttertiär treten erstmalig auch Angehörige der Stache- kannt geworden, die neben Beziehungen zu Sciuromor- ligel mit Amphechinus auf der nördlichen Hemisphäre phen auch solche zu den heute afrikanischen Ctenodac- auf. Erst im Miozän erreichten sie auch Afrika. Auch tyloidea und damit letztlich auch zu den Hystricomor- die waren bereits im Mittel-Eozän mit phen erkennen lassen. Mit dieser Nagetiergruppe ist das Domnina (= „Protosorex“) in Nordamerika vertreten, Problem der Herkunft der Hystricognathi (= Caviomor- Maulwurfverwandte kennt man seit dem Jung-Eozän pha) in Südamerika verknüpft. Die ältesten Angehöri- (Eotalpa). Unter den Spitzmäusen (Soricidae) werden gen der Caviomorpha sind aus dem ältesten Oligozän die Weißzahn- (Crocidurinae) und die Rotzahnspitz- (Tinguirirican) Südamerikas bekannt geworden (WYSS mäuse (Soricinae) unterschieden, die sich seit dem Mit- et al. 1993), ähnlich den platyrrhinen Primaten (s.o.). tel-Miozän artenreich entwickelt haben. Angehörige Bei den Caviomorphen sind die verwandtschaftlichen der Soricomorphen sind auch die Schlitzrüßler (Soleno- Beziehungen zwischen alt- und neuweltlichen Hytrico- dontidae mit Solenodon von Kuba und Haiti), deren ta- morphen nach anatomischen Befunden eindeutig, wie xonomische Stellung wegen ihres zalambdodonten Bak- GORGAS (1967) gezeigt hat. Allerdings ist die Frage, ob kenzahngebisses lange Zeit umstritten war. Unter den allein eine einmalige Immigration (durch Baumflöße Maufwurfsartigen (Talpidae) bilden die Spitzmausmaul- über den Südatlantik) im Eozän erfolgte, nicht geklärt. würfe oder Ohrenspitzmäuse mit Uropsilus soricipes die Die Caviomorphen erlebten jedenfalls im Tertiär eine ursprünglichsten Formen. Heute auf Südchina und Bur- Radiation, die zu richtigen Riesenformen (z. B. Eumega- ma (Myanmar) beschränkt, waren die Ohrenspitzmäuse mys, Phoberomys) führte, eine Gruppe, von der bis heu- im Jungtertiär auch in Nordamerika (Mystipterus) hei- te nur das Pakarana (Dinomys branickii) überlebte. Eine misch. Sie werden den übrigen Talpiden als Schwester- weitere Großgruppe unter den Nagetieren bildet die gruppe gegenübergestellt (SHINOHARA et al. 2003). Die Myomorpha mit den Mäuseartigen, die gegenwärtig am Talpiden haben zahlreiche subterran lebende (z. B. Tal- artenreichsten vertreten sind. pa, Scaptochirus, Scapanus) und hemiaquatische Formen Nach diesen wenigen Bemerkungen über die Lago- (Desmana, Galemys) hervorgebracht. Letztere waren im morpha und Rodentia wollen wir uns der letzten Groß- Jungtertiär in Europa und sogar auch in Nordamerika gruppe unter den Placentalia, den Laurasiatheria, zu- (z. B. Mygalea, Desmanella) heimisch. Talpinae und Des- wenden. Wie bereits oben erwähnt, werden unter die- maninae bilden Schwestergruppen. sem Begriff von den Molekularbiologen die Eulipotyph- Die Vorfahren der Eulipotyphla sind unter den Prot- la, Chiroptera, Pholidota, , Cetartiodactyla eutheria (= ) der Ober-Kreide (z. B. Kennale- und die Perissodactyla vereint. stes) zu suchen. Zunächst zu den als Eulipotyphla bezeichneten Säu- Nun zu den Fledertieren (Chiroptera). Bilden die getieren. Es sind dies Angehörige der Insektenfresser Fledermäuse (Microchiroptera) und die Flughunde („Insectivora“). Nachdem man erkannt hatte, dass un- (Megachiroptera) eine monophyletische Gruppe oder ter diesem Begriff sehr heterogene Einheiten zusammen- haben sich die Flughunde unabhängig von den Fleder- gefasst wurden, trennte HAECKEL (1866) die Spitzhörn- mäusen entwickelt? (vgl. dazu JONES & GENOWAYS chen und die Rüsselspringer u.a. wegen des fehlenden 1970, PETTIGREW et al. 1989). Nach molekularbiologi- Blinddarms als Menotyphla von den übrigen rezenten schen Daten bilden die Megachiroptera eine monophy- Insectivora ab (Lipotyphla). Da seither nicht nur die letische Gruppe, die sich aus Microchiroptera (Rhino- Rüsselspringer und die Spitzhörnchen als Macroscelidea lophoidea) entwickelt hat (JONES et al. 2002, SPRINGER bzw. Scandentia, sondern auch die Tenreciden und et al. 2001). Die ältesten, nicht ganz unumstrittenen Chrysochloriden als eigene Einheit (Afrosoricida) abge- Fossilfunde von Megachiropteren (Archaeopteropus) trennt wurden, war ein neuer Name (= Eulipotyphla stammen aus dem Oligozän Italiens. Demgegenüber sind WADDELL et al. 1999) erforderlich. Damit ist der Kern fossile Fledermäuse mit Archaeonycteris und Icaronycteris der Insectivora, nämlich die Igelartigen (Erinaceomor- bereits aus dem Alt-Eozän von Europa bzw. Nordameri- pha) sowie die Spitzmausartigen und die Maulwürfe ka bekannt. Es sind bereits voll flugfähige Chiropteren, (Soricomorpha einschließlich Solenodon) gemeint. die, von minimalen Unterschieden abgesehen, bereits Die ältesten Angehörigen der Erinaceomorpha sind modernen Fledermäusen entsprechen. Wie weitere Fos- aus dem Paleozän Nordamerikas (Litolestes) bekannt. silfunde aus dem Mittel-Eozän belegen, waren diese Fle- Vertreter der Haarigel, die gegenwärtig mit drei Gattun- dermäuse nach der Flugweise bereits damals weitgehend gen (Echinosorex, Hylomys und Podogymnura) auf Süd- spezialisiert und orientierten sich auch schon nach dem ostasien (samt Philippinen) beschränkt sind, waren im Echolot-Prinzip, allerdings gibt es keine morphologi- Jungtertiär in Eurasien und Nordamerika (z. B. Galerix, schen Hinweise darüber, ob sie sehr hoch frequenten

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Ultraschall benutzt haben (HABERSETZER 1998). D.h., dae), die Katzenartigen (Felidae) und die Hyänen es gibt keine intermediären Stadien und auch keine (Hyaenidae) klassifiziert. Hinweise auf die Herkunft und Entstehung der Chiro- Erstere (Arctoidea) werden auf Miacidae (erstmals pteren. Archaeonycteriden konnten übrigens auch im im Jung-Paleozän), letztere auf Viverravidae (erstmals älteren Eozän Australiens nachgewiesen werden (HAND im Alt-Paleozän) zurückgeführt. Als ausgestorbene Fe- et al. 1994). loidea kommen noch die Nimravidae, die im Jung-Eo- Flughunde sind nur aus der Alten Welt bekannt. zän (z. B. Nimravus) erscheinen und mit Sansanosmilus Auch ein Argument, daß sie im Eozän, als Nordamerika im mittleren und Barbourofelis im jüngeren Miozän rich- und Europa noch eine Landmasse bildeten, nicht exi- tige Säbelzahnkatzen hervorgebracht haben. Die echten stierten. Die Echolot-Ortung bei den Megachiropteren Katzen (Felidae) erscheinen mit Proailurus im Alt-Oli- (Gattung Rousettus als Höhlenflughunde) ist unabhän- gozän. Im Mio-Pliozän sind es nicht nur Großkatzen gig erworben worden, da die Schallerzeugung durch die (Panthera) und Kleinkatzen (Felis), sondern auch Säbel- Zunge und nicht durch den Kehlkopf wie bei den Fle- zahnkatzen, die erst im Jung-Pleistozän (Smilodon) aus- dermäusen erfolgt. gestorben sind. Unter den Feliden nimmt der Gepard (Acinonyx) eine Sonderstellung ein, weshalb er als Mit den Schuppentieren (Pholidota: Gattung Ma- Schwestertaxon der übrigen Katzenartigen betrachtet nis) ist eine artenarme Gruppe von hochspezialisierten wird (BININDA-EMONDS et al. 1999). Im Plio-Pleistozän Säugetieren genannt, die nach molekularbiologischen waren Geparde (Miraonyx) auch in Nordamerika hei- Daten in die Nähe der Raubtiere bzw. als ihre Schwe- misch. stergruppe eingestuft wird. Ursprünglich mit den Xenar- thren und dem Erdferkel als „Edentata“ (Zahnarme) zu- Die Schleichkatzen sind mit Stenoplesictis seit dem sammengefasst, haben sich die gemeinsamen Merkmale Alt-Oligozän (?Jung-Eozän) nachgewiesen. Eine Radia- als Konvergenzen erwiesen, die primär mit einer ähnli- tion auf Madagaskar führte zu etlichen Gattungen, von chen Ernährung und Lebensweise in Zusammenhang denen die Frettkatze (Cryptoprocta ferox) durch katzen- stehen. Es ist eine eigenständige, ausschließlich altwelt- ähnliche Eigenschaften eine Sonderstellung einnimmt. liche Gruppe, deren Anfänge bis ins Mittel-Eozän Aber auch in Asien und Afrika entwickelten die (Eomanis) zurückverfolgt werden können. Sie haben Schleichkatzen eine Arten- und Formenfülle, von der sich seither kaum verändert. Wie weit sie mit den altter- nur Mangusten (Mungos) und Erdmännchen (Suricata) tiären Palaeanodonten (z. B. Metacheiromys) verwandt stellvertretend genannt seien. sind wird diskutiert. Auf Eurotamandua aus dem Eozän Aus der Sicht der Paläontologen sind die Hyänen wurde bereits oben verwiesen. (Hyaenidae) Abkömmlinge von Schleichkatzen, die Mit den Raubtieren (Carnivora) ist eine Säugetier- mit Herpestides aus dem Miozän Afrikas und Europas als gruppe genannt, deren Monophylie gesichert erscheint. älteste Gattung nachgewiesen sind. Mit den Ictitherien Die Gliederung in Landraubtiere (Fissipedia) und Rob- (z. B. Ictitherium) waren sie im Jungtertiär häufig. Mit ben (Pinnipedia) entspricht zwar nicht mehr modernen Hyaena und Crocuta sind typische Hyänen erwähnt, Gesichtspunkten, erweist sich jedoch als praktisch. Lan- während der Erdwolf (Proteles cristatus) eine Sonderstel- ge Zeit war die stammesgeschichtliche Herkunft der lung einnimmt. Gegenwärtig sind die Hyänen auf die Robben umstritten, sogar eine diphyletische Entstehung Alte Welt beschränkt. Im Plio-Pleistozän waren sie mit wurde angenommen: Marderartige (Potamotherium, Se- Chasmaporthetes auch in Nordamerika verbreitet. Nach mantor) x —> Seehunde, Hundeartige x —> Ohrenrob- molekularbiologischen Daten bilden Feliden und Hyä- ben. Semantor macrurus aus dem Jung-Miozän von Ka- niden Schwestergruppen. sachstan ist ein hochspezialisierter Lutrine ähnlich dem Unter den Arctoidea sind die Marderartigen und die Seeotter (Enhydra). Sämtliche Robben sind Abkömm- Waschbärenartigen oder Kleinbären untereinander nä- linge arctoider Raubtiere. Zahlreiche Parallelerschei- her verwandt, wobei dem Katzenbär oder kleinen Panda nungen erschweren die Beurteilung der verwandtschaft- (Ailurus fulgens) nicht nur wegen seiner altweltlichen lichen Beziehungen innerhalb der Raubtiere. Verbreitung eine Sonderstellung zukommt, die verschie- Nach Fossilformen ist eine frühe Trennung der dentlich zur Abtrennung als eigene Familie (Ailuridae) Raubtiere in zwei Hauptgruppen erfolgt: Arctoidea oder geführt hat (NAGEL 2003). Nähere verwandtschaftliche Caniformia und Aeluroidea oder Feliformia. Die Beziehungen zum Bambusbären oder großen Panda (Ai- Arctoidea umfassen die Marderartigen (Mustelidae), luropoda melanoleuca) bestehen nicht (THENIUS 1979). Waschbären (Procyonidae einschl. Ailuridae), Bären Unter den Procyoniden zählen die Katzenfretts (Bassa- (Ursidae) und die Hundeartigen (Canidae). Als Feloi- riscus) zu den ursprünglichsten Angehörigen. Sie sind dea werden Schleichkatzen (Viverridae und Herpesti- seit dem Mittel-Miozän in Nordamerika heimisch.

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men (z. B. Arctodus) im Pleistozän Nordamerikas ver- breitet. Als früher Seitenzweig ist der Bambusbär (Ailu- ropoda melanoleuca) Chinas anzusehen, der auf Grund morphologisch-anatomischer, physiologischer und ethologischer Eigenschaften als Angehöriger einer eige- nen Familie (Ailuropodidae POCOCK) zu klassifizieren ist (THENIUS 1979). Für die Molekularbiologen ist der Bambusbär das Schwestertaxon der übrigen Großbären. Ein anderes Problem betrifft die Abstammung des Eisbä- ren (Ursus [Thalarctos] maritimus). Einst als früher Sei- tenzweig der Ursidae angesehen (USPENSKI 1979), be- stätigen nunmehr molekularbiologische Daten die von THENIUS bereits 1953 vertretene Auffassung, dass sich der Eisbär erst in erdgeschichtlich jüngster Zeit (Pleisto- zän) vom Braunbären (Ursus arctos) abgespalten hat (TALBOT & SHIELDS 1996). Er ist zugleich ein Beispiel der Phylogeographie, wonach er sich aus Populationen vom Alaska-Braunbären entwickelt hat. Aus alttertiären Bärenverwandten haben sich die Robben entwickelt, die mit Enaliarctos erstmals im älte- Abb. 7: Skelettrekonstruktion von primitiven Urwalen (sog. „Laufwale“) aus ren Miozän nachgewiesen sind. Die einst vertretene Ab- dem Alt- bzw. Mittel-Eozän von Pakistan. a: Ambulocetus natans stammung von hundeartigen Raubtieren wird heute (Ambulocetidae) nach THEWISSEN et al. (1996), b: Rodhocetus kasrani nicht mehr vertreten. Unter den Robben lassen sich (Protocetidae), verändert nach GINGERICH et al. (2001). zwei Hauptgruppen, nämlich die Phocoidea (Seehunde oder Hundsrobben) und die Otarioidea (Ohrenrobben Von den Marderartigen (Mustelidae), die eine Fülle und Walroß) unterscheiden. Ihre Aufspaltung erfolgte verschiedenster Formen hervorgebracht haben, seien im frühen Miozän. Mit Enaliarctos aus dem ältesten Mio- hier nur die Fischotter erwähnt, die mit Semantor macru- zän sind die ersten Ohrenrobben im Bereich des Nordpa- rus im Jung-Miozän Zentralasiens einen Fischotter ent- zifik nachgewiesen. Ihre Ausbreitung mit den Seelöwen wickelt haben, der an den heutigen Seeotter (Enhydra (Otaria, Zalophus) und Seebären (Arctocephalus) erfolgte lutris) des Nordpazifik erinnert. Semantor wurde vielfach im Jungtertiär. Als Schwestergruppe gelten die Walrosse als Ahnenform der Robben angesehen, was nicht nur (Odobenus), die mit etlichen Gattungen (z.B. Prorosma- wegen des erdgeschichtlichen Alters, sondern auch aus rus, Alachtherium) einst weiter verbreitet waren als ge- morphologischen Gründen nicht in Betracht kommt. genwärtig. Die Phociden waren mit Devinophoca und den Mit Procynodictis und Prohesperocyon aus dem Eozän Mönchsrobben (z.B. Monotherium) als Warmwasserfor- Nordamerikas ist der Eigenweg der Hundeartigen (Ca- men im Bereich der Tethys und der Paratethys im Jung- nidae) und ihre Entstehung in der Neuen Welt belegt. tertiär verbreitet. Heute sind die Mönchsrobben (Mona- Mit diesem frühen Eigenweg wird verschiedentlich die chus) nur mehr disjunkt verbreitet. Im Jungtertiär haben Eigenständigkeit der Canoidea (neben Arctoidea und sich einerseits die Lobodontinen mit Lobodon, Ommato- Feloidea) begründet. Durch Hesperocyon und andere phoca und Hydrurga in der Antarktis, andererseits die Gattungen aus dem Alttertiär Nordamerikas ist die wei- See-Elefanten (Mirounga) entwickelt. Die Angehörigen tere Entwicklung dokumentiert. Unter den heutigen der Phocinae (z.B. Phoca, Erignathus, Cystophora) sind Caniden sind zwei Gruppen zu unterscheiden: Die Bewohner der Nordhemisphäre. Wolfsartigen mit Canis, Lycaon und Cuon sowie den Damit wollen wir uns den Walen (Cetacea) als ge- südamerikanischen „Füchsen“ (z. B. Dusicyon, Cerdocy- genwärtig ausschließlichen Wasserbewohnern zuwen- on und Chrysocyon) und die Fuchsartigen mit Vulpes und den. Sie haben sich im Alttertiär aus landbewohnenden Otocyon sowie die primitivste Gattung Urocyon. Unter Säugetieren entwickelt die – wie jüngste Fossilfunde be- den Wolfsartigen ist Nyctereutes die ursprünglichste re- legen – den Wurzelformen der Paarhufer (Artiodactyla) zente Gattung. am nächsten stehen. Eine Erkenntnis, die in jüngster Unter den rezenten Großbären (Ursidae) sind zwei Zeit – wie bereits oben kurz angedeutet – durch moleku- Gruppen, die Bären der Nordhemisphäre mit Ursus etc. larbiologische Daten bestätigt wurde. Daher auch der und die neuweltlichen Kurzschnauzbären mit Tre- Begriff Cetartiodactyla für eine als monophyletisch ein- marctos zu unterscheiden. Letztere waren mit Großfor- gestufte Gruppe von Säugetieren.

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Zunächst aber zu den Cetaceen selbst. Innerhalb der nodont, das postcraniale Skelett zeigt bereits das für Wale werden – unter Einschluß von Fossilformen – die Paarhufer typische Tarsalgelenk. Urwale (Archaeoceti), die Zahn- (Odontoceti) und die Unter den Paarhufern lassen sich drei Hauptgrup- Bartenwale (Mysticeti) unterschieden. Urwale sind seit pen unterscheiden: Die Schweineartigen im weitesten langem aus dem Jung-Eozän Nordafrikas (z. B. Protoce- Sinn als Suiformes, die Schwielensohler (Tylopoda) und tus, Dorudon, Basilosaurus) bekannt. Es sind bereits voll die Wiederkäuer (Ruminantia). Unter den Suiformes ist dem Wasserleben angepasste Säugetiere, die jedoch im die Herkunft und Stellung der Flusspferde (Hippopota- Bau von Schädel und Gebiß viel ursprünglicher sind als midae) umstritten. Einerseits werden sie als nächste die heutigen Zahnwale. In den letzten Jahren sind Reste Verwandte tertiärzeitlicher Anthracotheriiden (z. B. von Urwalen aus dem älteren und mittleren Eozän Pa- Anthracotherium, Merycopotamus) angesehen, anderer- kistans beschrieben worden, die nach Schädel und Ge- seits werden sie mit den Schweineartigen (i.e.S.) in Ver- biß zwar als primitive Zahnwale ausgewiesen sind, nach bindung gebracht. Reste von Flusspferden sind erstmalig dem postcranialen Skelett jedoch als quadrupede, wohl mit Hexaprotodon aus dem Jung-Miozän bekannt, also amphibisch lebende Küstenbewohner einzustufen sind erdgeschichtlich sehr junge Formen. Am ehesten kom- (z. B. Ichthyolestes, , Ambulocetus, Artiocetus) men – zumindest dem Gebiß nach – Vertreter der Tay- (THEWISSEN & FISH 1997, THEWISSEN et al. 2001, GIN- assuiden (z. B. Kenyapotamus) aus dem Mittel-Miozän GERICH et al. 2001). Die Gliedmaßen dieser „Laufwale“ erinnern an jene primitiver Paarhufer, wie sie etwa mit Ostafrikas als Ahnenformen in Betracht. Demgegen- Diacodexis aus dem Alt-Eozän Nordamerikas als Ange- über wird Kenyapotamus von BOISSERIE et al. (2005) hörige der Dichobuniden (Artiodactyla) seit langem be- nicht als Tayassuide, sondern als Angehöriger der Ke- kannt sind (Abb. 7). Befunde, welche Wale und Paar- nyapotaminae und damit als Vertreter der Hippopota- hufer als verwandte Säugetiergruppen ausweisen, zu- midae klassifiziert. Die Nabelschweine (Tayassuiden) gleich aber auch nähere Beziehungen zu Mesonychiden sind gegenwärtig zwar auf die Neotropis beschränkt als Angehörige der „Condylarthra“ ausschließen sollten. (Tayassu, Catagonus), sie waren jedoch im Tertiär auch in Eurasien und Afrika heimisch. Über ihren Ursprung Damit haben sich die einst von Anatomen und Zoo- (Nordamerika oder Asien, Perchoerus bzw. Egatochoerus; logen immer wieder betonten Affinitäten zwischen Wa- vgl. DUCROCQ 1994) wird diskutiert. In Europa erschei- len und Paarhufern bestätigt (s.o.). Aus Urwalen ent- nen die Tayassuiden im Alt-Oligozän (Doliochoerus). In wickelten sich zunächst die Squalodontiden als „echte“ der Alten Welt verschwinden sie im Mio-Pliozän. Zahnwale (nach dem Schädelbau), um im Jungtertiär die verschiedensten Arten, von primitiven Flussdelphi- Die Schweineartigen () erscheinen mit Pa- nen (z. B. Inia, Platanista) bis zu den Delphinen und laeochoerus erstmalig im Oligozän Europas. Mit Hyothe- Schweinswalen (z. B. Delphinus, Orca, Phocaena) sowie rium und Chleuastochoerus waren sie im Miozän Eura- zum Pottwal (Physeter) hervorzubringen. siens verbreitet. Die Gattung Sus ist seit dem Pliozän be- kannt. Die Neue Welt haben die Suiden nie erreicht. In Über die Herkunft der Bartenwale ist die Fossildo- Afrika haben sie im Jungtertiär und im Pleistozän mit kumentation etwas spärlich. Mit Aetiocetus aus dem Formen aus der weiteren Verwandtschaft von Warzen- Ober-Oligozän und (?) Janjucetus aus dem Jungtertiär schwein (Phacochoerus) und Riesenwaldschwein (Hylo- sind Wale mit einem etwas reduzierten Gebiss bekannt choerus) eine große Artenfülle mit etlichen Gattungen geworden, die möglicherweise zur Wurzelgruppe der (z. B. Kolpochoerus, Potamocheroides, Metridiochoerus, Mysticeti gehören. Die seinerzeit von ABEL (1914) als Stylochoerus) entwickelt. Ahnenformen der Bartenwale beschriebenen Formen (Patriocetus und Agriocetus) aus dem Oligozän Ober- Die in Nordamerika entstandenen Tylopoden sind österreichs sind Angehörige der Zahnwale ohne direkte gegenwärtig in ihrem Ursprungsland ausgestorben. Die Beziehungen zu den Mysticeti. Früheste Angehörige der im Jungtertiär Nordamerikas häufigen Lamas sind heute Bartenwale selbst sind mit Llanocetus und Eumysticetus auf Südamerika (Lama, Vicugna) beschränkt. In Asien aus dem Oligozän und mit Cetotherium als Cetotherii- sind die Schwielensohler mit Kamelen („Paracamelus“) den aus dem Miozän bekannt. Mit Cetotheriopsis lintia- im späten Jungtertiär (Turolium) eingewandert. Die nus (H. v. MEYER) (= „Squalodon ehrlichi“ BRANDT) ist heute in weiten Teilen Australiens verbreiteten Drome- ein primitiver Vorläufer der Bartenwale aus den oligozä- dare sind Nachkommen eingeführter, verwilderter nen Linzer Sanden bekannt (THENIUS 1958). Haustiere. Die Paarhufer (Artiodactyla) sind gegenwärtig die Mit den eigentlichen Wiederkäuern (Ruminantia: artenreichste Gruppe unter den Huftieren. Die ältesten Tragulina und Pecora) ist die erfolgreichste Paarhufer- Angehörigen sind aus dem Alt-Eozän (z. B. Diacodexis gruppe genannt. Ihre Entstehung hängt mit der Aus- als Dichobunide) bekannt. Das Backenzahngebiß ist bu- breitung von Savannen und damit der Gräser (Poaceen

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= „Gramineen“), die so richtig im ausgehenden Altter- Gruppen (z. B. Brontotherioidea und Chalicotherioi- tiär begann, zusammen. Zunächst dominierten noch die dea) existierten. Durch Fossilfunde konnte auch die Tragulina mit den Zwerghirschen (Tragulidae, z. B. Dor- Verbreitungsgeschichte der heutigen Familien aufge- catherium), ferner die Moschustiere (Moschidae: Dremo- klärt werden. So sind etwa die Einhufer in ihrem Ur- therium, Amphitragulus) und die Hirsche (Cervidae) un- sprungsland (Nordamerika) ausgestorben. Es kam drei ter den Pecora. Unter letzteren herrschen im Jungterti- mal zu einer Einwanderung in Eurasien (Anchitherium, är zunächst die Muntjakhirsche (Muntiacinae mit Pro- Hipparion und Equus). cervulus, Dicroceros und Euprox) vor. Mit dem Rothirsch Unter den Perissodactyla sind zwei Hauptgruppen zu (Cervus elaphus), den ausgestorbenen Riesenhirschen (z. unterscheiden, die Hippomorpha mit den Equiden und B. Megaloceros) und dem Elch (Alces alces) erreichten den ausgestorbenen Palaeotheriiden (z. B. Propalaeothe- die Cerviden im Plio-Pleistozän ihre „Evolutionsspitze“. rium, Palaeotherium) und die Ceratomorpha oder Tapiro- Giraffenartige waren im Jungtertiär Eurasiens und morpha mit den Tapiren und den Nashörnern. Die bei- Afrikas mit den Palaeomeryciden (z. B. Palaeomeryx) den letztgenannten sind Schwestergruppen. Alle Un- und den Giraffiden (z. B. Palaeotragus, Samotherium, Bra- paarhufer lassen sich von Urhuftieren (Condylarthra matherium) artenreich vertreten. Während sie in Afrika i.e.S.) des ältesten Tertiärs (z. B. Phenacodus, Hyopsodus) mit Giraffa und Okapia überlebten, starben sie in Eura- ableiten. Mit Radinskya aus dem Jung-Paleozän Chinas sien im Plio-Pleistozän aus. Die Neue Welt haben Giraf- ist der älteste Angehörige der Unpaarhufer bekannt. fen nie erreicht. Hyracotherium (= „Eohippus“) aus dem Alt-Eozän von Nordamerika und Europa ist der älteste Angehörige der Dafür entwickelten sich in Nordamerika als Ver- Equiden. Es ist eine dreizehige und vierfingrige katzen- wandte des heutigen Gabelbockes (Antilocapra america- große Form mit niedrigkronigen Backenzähnen. Beson- na) in Ermangelung echter Antilopen die Merycodonti- ders bekannt wurde die sog. Pferdereihe mit Orohippus nen mit zahlreichen Arten und Gattungen (z. B. Mery- (Mittel-Eozän), Mesohippus (Oligozän), Merychippus codus, Ramoceras, Cosoryx). Sie starben im frühen Plio- (Miozän), Pliohippus (Mio-Pliozän) und Equus (Pliozän- zän, vor etwa 5 Millionen Jahren aus. Von den eigentli- Quartär) aus Nordamerika, welche die Umwandlung chen Gabelböcken (Antilocapridae) hat nur Antilocapra von vierfingrigen zu einhufigen Arten dokumentiert. überlebt. Die Antilocapriden stehen den Boviden näher Zugleich kam es zu einer Größenzunahme und zur Um- als den Cerviden. wandlung der ursprünglich bunodonten, niedrigkroni- Die artenreichste Gruppe von Wiederkäuern ist je- gen Backenzähne zu lophoselenodonten, hochkronigen doch jene der Hornträger (Bovidae), die gegenwärtig in Molaren. Weiters erfolgte eine Molarisierung der Prä- Afrika und in weiten Teilen Eurasiens und Nordameri- molaren (außer P 1/1). Die ursprünglichen Blatt- und kas mit über 120 Arten, die 45 Gattungen angehören, Zweigfresser („browser“) der Urwälder wurden im Lauf heimisch sind. Eotragus aus dem Miozän Europas und der Evolution zu Grasfressern („grazer“) der Savannen Afrikas gilt als älteste Gattung der Hornträger. Aus dem bei entsprechender Umgestaltung des Darmtraktes. Miozän Eurasiens und Afrikas sind zahlreiche Arten Unter den Ceratomorpha sind die gegenwärtig dis- und Gattungen in Form von Duckern, Böckchen, Ga- junkt verbreiteten Tapire in vieler Hinsicht die alter- zellen und verschiedenen Antilopen sowie die Ziegenar- tümlichsten Unpaarhufer. Sie sind mit Radinskya aus tigen (Caprinae) und die Rinderartigen (Bovinae) be- dem Jung-Paleozän Chinas bzw. mit Heptodon (Helaleti- kannt. Unter den letzteren bildet die Nilgauantilope dae) erstmalig aus dem Alt-Eozän von Asien und Nord- (Boselaphus tragocamelus) Indiens die ursprünglichste re- amerika nachgewiesen. Angehörige der Tapiriden er- zente Art. Unter den eigentlichen Rindern zählt die scheinen erst im Oligozän (Eotapirus). Die Gattung Ta- Gattung Bos (mit Bos primigenius) zur evoluiertesten. pirus (i.w.S.) ist seit dem Jung-Miozän bekannt. Die Als letzte Gruppe unter den Laurasiatheria sind die Trennung der neotropischen und asiatischen Tapire Unpaarhufer (Perissodactyla) zu erwähnen. Gegenwär- dürfte bereits im frühen Miozän, vor mehr als 20 Millio- tig sind sie mit den Einhufern (Equidae), Tapiren (Tapi- nen Jahren erfolgt sein, weshalb für den asiatischen Schabrackentapir („Tapirus“ indicus) auch verschiedent- ridae) und den Nashörnern (Rhinocerotidae) vertreten. lich die gattungsmäßige Trennung als Acrocodia vorge- Die geringe Zahl der heutigen Arten deutet darauf hin, zogen wird (GROVES 2006). dass es sich um eine im Vergleich zu den Paarhufern im Niedergang befindliche Gruppe handelt, was durch Fos- Von den fünf lebenden Nashornarten (Rhinoceroti- silfunde bestätigt wird. Der stammesgeschichtliche Hö- dae) ist das Sumatranashorn als Angehörige der seit dem hepunkt der Perissodactylen war im Alttertiär erreicht Jung-Oligozän bekannten Gattung Dicerorhinus die al- worden, als etliche Familien in Nordamerika und Eura- tertümlichste Art (Dicerorhinus sumatrensis). Sie ist akut sien verbreitet waren und auch völlig ausgestorbene vom Aussterben bedroht. , Diceros und Cerato-

740 © Biologiezentrum Linz, download unter www.biologiezentrum.at therium treten erst im Jung-Miozän auf. Die Rhinoceroti- heftig diskutierte „Einheit“ von placentalen Säugetie- den waren noch zur Tertiärzeit durch verschiedene klei- ren genannt. ne, agile Formen, durch semiaquatische flusspferdähnli- Unter den Laurasiatheria sind mit den Cetartiodac- che Arten sowie auch Riesenformen als „browser“ (z.B. tyla (Cetacea + Artiodactyla) die von Morphologen Indricotherium), aber auch durch „grazer“ mit hochkroni- längst vermuteten verwandtschaftlichen Beziehungen gen, dauernd nachwachsenden Backenzähnen, wie Ira- bestätigt worden. Mit den Eulipotyphla ist die „Kern- notherium und Elasmotherium (im Pleistozän) formen- gruppe“ der Insectivoren genannt aber auch die Chiro- reich vertreten. Mit dem Aufstieg der Paarhufer (Rumi- ptera (mit den Micro- und Megachiroptera) als mono- nantia) setzte der Rückgang der Rhinocerotiden ein. phyletisch erkannt worden. Überraschend ist hingegen das Schwestergruppenverhältnis zwischen Carnivora Fazit und Pholidota (= ). Molekularbiologische Daten haben zweifellos wert- Molekularbiologische Daten haben zweifellos nicht volle Hinweise zur Klärung verwandtschaftlicher Bezie- nur wertvolle Fortschritte für die Beurteilung verwandt- hungen innerhalb der Säugetiere erbracht. Besonders schaftlicher Beziehungen der Großgruppen innerhalb bei „adaptiv“ stark veränderten Formen (z. B. Bambus- der Säugetiere erbracht, sondern auch für „adaptiv“ bär, Erdferkel, Eisbär, Dschelada, Fingertier, Wale) hat stark veränderte Arten (Bambusbär, Fingertier, Erdfer- die Molekularbiologie Klarheit über die stammesge- kel, Eisbär, Robben, Wale). Letztere sind eine Bestäti- schichtliche Herkunft erbracht und dadurch die Ar- gung der vom Verf. seit Jahrzehnten vertretenen Ar- beitshypothese des Verfassers (1976a, 1989) bestätigt, beitshypothese, dass die „adaptive“ Evolution rascher dass die Protein-Evolution die adaptiv bedingten, je- verläuft als die molekulare oder „Protein“-Evolution. doch taxonomisch wichtigen morphologischen Verän- derungen nicht widerspiegelt. Die „adaptive“ Evolution Zugleich ist damit jedoch aufgezeigt, dass moleku- ist besonders dann beschleunigt, wenn eine neue ökolo- larbiologische Daten für die Phylogenie wichtiger sind gische Nische okkupiert wird (ARNASON et al. 1995). als für die Taxonomie.

Zusammenfassung Danksagung Nach einer Definition des Begriffes Säugetier wer- Für den Arbeitsplatz am Institut für Paläontologie den die neuesten Befunde und Erkenntnisse der - der Universität Wien sei deren jeweiligen Vorständen kularbiologie und der Paläontologie bzw. Morphologie mein verbindlichster Dank ausgesprochen. an Hand der Prototheria (Monotremata), der Metathe- Für die Umsetzung des handschriftlichen Manu- ria (Marsupialia) und der Eutheria (Placentalia) einan- skriptes in den druckfertigen Text (CD) möchte ich der gegenübergestellt. Frau Karin Lippert vom og. Institut herzlichst danken. Konkret betreffen die Ergebnisse vor allem die Für die oft mühevolle Beschaffung von Literatur sei hier Großgliederung der Placentalia, indem nach molekula- stellvertretend für alle Bibliothekar/innen Herrn Prof. ren Daten vier Großgruppen (Xenarthra, Afrotheria, Mg. Dr. Karl Rauscher, Institut für Paläontologie der Euarchonta + Glires und Laurasiatheria) unterschieden Universität Wien, bestens gedankt. Den Herren David werden. Damit wurde die Sonderstellung der Xenarthra Marjanovic, Wien, und Prof Dr. Jens Rust, Bonn, danke bestätigt, denen bereits durch MCKENNA (1975) die üb- ich für Literaturhinweise. rigen Placentalia als Epitheria gegenübergestellt wur- Für die Anfertigung von Graphiken bin ich Herrn den. Mit den Afrotheria wurde die Stellung der Macros- Johannes Rauch † (Biologiezentrum der Oberösterrei- celidea und der Tubulidentata geklärt, mit den „Afroso- chischen Landesmuseen) zu Dank verpflichtet. ricida“, die den Zalambdodonta GILL (1884) entspre- chen, ist ihre Sonderstellung gegenüber den den restli- chen „Insectivora“ bestätigt worden. Mit dem Begriff Paenungulata SIMPSON (1945) werden die Sirenia, Pro- boscidea und Hyracoidea als näher verwandte Ordnun- gen anerkannt. Mit der Bezeichnung Euarchonta wurde der von GREGORY (1912) geprägte Begriff Archonta wieder aufgegriffen (allerdings ohne Chiroptera). Mit dem bereits von LINNÉ (1758) eingeführten Begriff Gli- res (Lagomorpha und Rodentia) ist eine hinsichtlich ih- rer verwandtschaftlichen Beziehungen nach wie vor

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