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Adolf Cluss und die Turnbewegung. Vom Heilbronner Turnfest 1846 ins amerikanische Exil. Vorträge des gleichnamigen Symposiums am 28. und 29. Oktober 2005 in Heilbronn. Herausgegeben von Lothar Wieser und Peter Wanner

Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 54 2007 Stadtarchiv Heilbronn urn:nbn:de:101:1-2014012714766

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Stadtarchiv Heilbronn Eichgasse 1 74072 Heilbronn Tel. 07131-56-2290 www.stadtarchiv-heilbronn.de und die Turnbewegung Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn

Im Auftrag der Stadt Heilbronn herausgegeben von Christhard Schrenk

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Adolf Cluss und die Turnbewegung

2007 Stadtarchiv Heilbronn Adolf Cluss und die Turnbewegung

Vom Heilbronner Turnfest 1846 ins amerikanische Exil

Vorträge des gleichnamigen Symposiums am 28. und 29. Oktober 2005 in Heilbronn

Herausgegeben von Lothar Wieser und Peter Wanner

2007 Stadtarchiv Heilbronn Erschienen in Zusammenarbeit mit dem Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg e.V., Maulbronn

Das Symposium am 28. und 29. Oktober 2005 wurde gefördert durch das Transatlantik-Programm der Bundesrepublik Deutschland aus Mitteln des European Recovery Program (ERP) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit

Redaktion: Lothar Wieser, Martin Ehlers, Michael Krüger und Peter Wanner

© Stadtarchiv Heilbronn 2007 Satz: design_idee_erfurt Herstellung: Medien Druck Unterland, Weinsberg

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Stadtarchivs Heilbronn unzulässig und straf- bar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeiche- rung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

ISBN 978-3-928990-97-4 Inhalt

Zum Geleit ...... 7

Greetings from Team Cluss Washington! ...... 8

Vorwort der Herausgeber ...... 9

LOTHAR WIESER Einleitung ...... 11

DEUTSCHE TURNER IM VORMÄRZ

WOLFRAM SIEMANN Das Heilbronner Turnfest 1846 im Kontext der politischen Bewegung des Vormärz oder: Über das Risiko, in den 1840er Jahren ein Turner zu sein ...... 15

MICHAEL WETTENGEL Turnvereine und ihr Verhältnis zu demokratischen Vereinen und zur Arbeiterbewegung im Rhein-Main-Raum 1848/49 ...... 31

MICHAEL KRÜGER Das Heilbronner Turnfest – Festkultur und Turnpraxis in der frühen Turnbewegung ...... 45

TURNER ZWISCHEN DEUTSCHLAND UND DEN USA

ANSGAR REIß Ein ernstes Spiel. Carl Heinrich Schnauffer, Dichter der Turnbewegung und Emigrant ...... 55

ANNETTE HOFMANN Der Heilbronner Wilhelm Pfänder: Ein deutsch-amerikanischer Turnpionier ...... 65

SABINA DUGAN Adolf Cluss in Washington – Marxist and Turner ...... 73

5 DEUTSCHE TURNER IN DEN USA

KATHLEEN NEILS CONZEN Reshaping the Nation: Federal Employment, Civil Service Reform, and the of Washington, D.C...... 79

GERALD GEMS The Turners: Sports and the Demise of a Radical Past ...... 85

GERTRUD PFISTER Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft. Entwicklungen und Veränderungen der Turnbewegung in den USA ...... 97

QUELLEN UND MATERIALIEN

Reprint: Fest-Album zur Erinnerung an das Turnfest zu Heilbronn, den 1. bis 4. August 1846 ...... 111

Ausgewählte Quellen und Materialien zum Heilbronner Turnfest 1846 ...... 153

Die Teilnehmer am Heilbronner Turnfest 1846 ...... 175

ANHANG

Quellen- und Literaturverzeichnis ...... 195

Autorinnen und Autoren ...... 205

Abbildungsverzeichnis ...... 205

Orts- und Personenregister ...... 206

6 Zum Geleit

Heilbronn als Austragungsort der olympischen Spie- derung nach Weinsberg dem alten Dichter Justinus le – im Rückblick mag einem das Turnfest des Jahres Kerner ein Ständchen gebracht hätten. 1846 tatsächlich wie ein Vorläufer des größten Sport- Es war in jedem Fall ein gigantisches Ereignis für ereignisses der Welt erscheinen. In unserer Stadt trafen eine Stadt wie Heilbronn, die damals etwa 10 000 sich Sportler aus etlichen Staaten, um sich im Wett- Einwohner hatte, und eine logistische und organi- kampf zu messen und zusammen zu feiern – eines satorische Herausforderung für die noch sehr jun- der ersten deutschen Turnfeste wirkte über den Kreis ge Turngemeinde Heilbronn von 1845, heute der der deutschen Staaten hinaus und wurde Vorbild für größte und älteste Sportverein der Stadt. die immer weiter wachsende Bewegung, die 1894 in Und es war nicht nur ein sportliches Event. Das den ersten olympischen Spielen der Neuzeit gipfelte. Turnfest war auch ein Politikum: Knapp zwei Jahre Dies ist keineswegs weit hergeholt: Schon die vor der Revolution von 1848 nahmen sich die jun- Zeitgenossen des Heilbronner Turnfestes diskutier- gen Turner in Heilbronn das Recht auf Versamm- ten diesen Gedanken. Der Heilbronner Adolf Cluss, lungs- und Redefreiheit und diskutierten in aller Öf- zu dessen Ehren im Jahr 2005 in unserer Stadt ein fentlichkeit auch politische Fragen, allerdings unter breitgefächertes Veranstaltungsprogramm abgehal- den besorgten Augen der Obrigkeit und der Polizei, ten wurde, war allerdings kein Freund dieser Idee die sehr erleichtert war, dass die Stars der demokra- und nannte den deutschen Dichter Carl Heinrich tischen Bewegung des Vormärz, Gustav von Stru- Schnauffer einen „Esel“, der „aus den Turnfesten ve und Friedrich Hecker, allen Befürchtungen zum ‚olympische Spiele‘ machen“ wolle. Trotz nicht nach Heilbronn gereist kamen. Beide mussten in der Folge der Revolution von Es hat lange gedauert, bis das Heilbronner Turn- 1848 in die USA auswandern, und beide waren fest in den Mittelpunkt einer Darstellung der frü- schon vorher begeisterte Turner. Wir wissen aller- hen Turn- und Sportgeschichte gerückt wurde, und dings nicht, ob Carl Heinrich Schnauffer 1846 beim ich freue mich gleichermaßen als Sport- und Kultur- Turnfest in Heilbronn war – immerhin erschienen bürgermeister, dass dieses Werk geglückt ist, dem ich 1848 einige seiner Gedichte auch in einem Heilbron- viele Leser in Heilbronn und darüber hinaus wün- ner Verlag. Adolf Cluss kam jedenfalls zum Turnfest sche – so wie auch das Heilbronner Turnfest von in seine Heimatstadt, zusammen mit seinen Mainzer 1846 weit über die Grenzen von Stadt und Region Turnkameraden, die alle im Haus der Eltern in der hinaus gewirkt hat. Klostergasse übernachteten. Von über 1000 Teilneh- mern wird berichtet – Cluss selbst erzählt im Alter Harry Mergel gar von 2000 „Turnerkehlen“, die nach einer Wan- Bürgermeister

7 Greetings from Team Cluss Washington!

The past being the foreign country that it is – both ven the remarkable social and political consequences for Heilbronners and Washingtonians – it is hard for of the movement in our two countries. us today to imagine Adolf Cluss and his colleagues We are happy that the creativity and unusual na- building the extraordinary towers that we see in ture of the Cluss consortium, which brought toge- the 1846 illustrations and performing the brilliant- ther so many institutions in and the Uni- ly complicated maneuvers of 19th-century German ted States, is also mirrored in the chapters of this and German-American Turners. Today’s architects volume, recalling the excitement of the symposium and Baumeister lead a quieter life, it seems, with their itself. It is a pleasure to know that the multi-tiered computer programs and virtual reality. Yesterday’s structures, which we see in the drawings of the 1846 acrobatics are reserved for specialized circus acts and Turners assembled in Heilbronn, can still bear the show-business athletes, not for political radicals and weight of significant social and political analysis. We day-laborers seeking to find means of expression and join with you in raising a glass of the finest Heil- improve the lot of their society. bronn wine to toast the book’s appearance. On behalf of „Team Cluss“ on the American side of the Atlantic, we salute the appearance of this book, Washington, D.C., September 7, 2007 which brings the insights of the Heilbronn symposi- um on the Turner movement to a broader audience. Dr. William Gilcher, Goethe-Institut This volume helps us all understand the seeming Washington „strangeness“ of the Turner past and allows us to get inside a world that deserves to be better known, gi- Dr. Joseph Browne, Adolf Cluss Exhibition Project

8 Vorwort der Herausgeber

Am 28. und 29. Oktober 2005 veranstalteten das sich mit Carl Heinrich Schnauffer einem „Turner- Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg dichter“, der in den USA auch zum Bekanntenkreis e.V., Maulbronn, und das Stadtarchiv Heilbronn ge- von Adolf Cluss zählte. Der deutsch-amerikanische meinsam ein international besetztes Symposium un- Turnpionier Wilhelm Pfänder – wie Cluss in Heil- ter dem Titel „Adolf Cluss und die Turnbewegung bronn geboren und aufgewachsen – wird von Dr. – vom Heilbronner Turnfest 1846 ins amerikanische Annette Hofmann, Wissenschaftliche Assistentin Exil“. Anlass war das deutsch-amerikanische Aus- am Institut für Sportwissenschaft der Universität stellungs- und Veranstaltungsprojekt zu Leben und Münster, vorgestellt. Sabina Dugan, freie Historike- Werk von Adolf Cluss, das von Institutionen in den rin und bis 2005 Mitarbeiterin der Smithsonian In- Städten Washington, D.C. und Heilbronn gemein- stitution in Washington, D.C. rückt die Hauptper- sam durchgeführt wurde. son des Symposiums in den Mittelpunkt und fasst In einem Brief an eine seiner Nichten in Deutsch- das politische und sportliche Engagement von Adolf land hatte sich Adolf Cluss im Jahr 1904 mit großer Cluss in Washington zusammen. Begeisterung an ein Ereignis aus seiner Jugendzeit er- Der dritte Teil richtet den Fokus auf „Deutsche Tur- innert – den Besuch des Heilbronner Turnfests im ner in den USA“. Prof. Dr. Kathleen Neils Conzen, Jahr 1846. Das Heilbronner Symposium nahm dies Professorin für Amerikanische Geschichte an der zum Anlass, die frühe Turnbewegung in Deutsch- University of Chicago, beschäftigt sich unter dem land und den USA aus unterschiedlichen Perspekti- Titel „Reshaping the Nation“ mit der politischen ven zu umreißen. Insgesamt neun Vorträge spannten Rolle der Turner in Washington, D.C. Eine andere an zwei Tagen den Bogen vom Turnfest in Heilbronn Perspektive bietet Prof. Dr. Gerald Gems vom North zum Schicksal der emigrierten Turner in den USA. Central College Naperville, , mit seinem Bei- Mit diesem Band können die Herausgeber die Vor- trag über die Turner in Chicago, bevor Prof. Dr. Dr. träge in gedruckter Form vorlegen. Gertrud Pfister von der Universität Kopenhagen den Die erste Sektion des Symposiums stand unter Einfluss des deutschen Turnens auf die Gesellschaft der Überschrift „Deutsche Turner im Vormärz“. Sie der USA untersucht. wird im vorliegenden Band eingeleitet durch den Die Sitzungen des zweisprachig gehaltenen Sym- von Prof. Dr. Wolfram Siemann von der Universität posiums wurden von Dr. Bill Gilcher vom Goethe München gehaltenen Festvortrag des Symposiums, Institut in Washington, D.C. und abwechselnd von der die Turnbewegung in den Rahmen der national- den beiden Herausgebern des vorliegenden Bandes politischen Bewegung des Vormärz stellt. geleitet; sie fanden im Adolf-Cluss-Kubus vor stim- Der Direktor des Stadtarchivs Ulm, Dr. Michael mungsvoller Kulisse statt. Alle Referate wurden von Wettengel, widmet sich dem Verhältnis der Turnver- einer lebhaften Diskussion der zahlreichen Zuhörer eine zur Arbeiterbewegung und zu den demokrati- begleitet. schen Vereinen im Rhein-Main-Raum in den Jahren Die Beiträge der Referenten werden im vorliegen- 1848/49 – wo Adolf Cluss als Sekretär des Mainzer den Band in ihrer jeweiligen Originalsprache veröf- Arbeiterbildungsvereins an zentraler Stelle wirkte. fentlicht; die Literaturangaben wurden durchgängig Der Beitrag von Prof. Dr. Michael Krüger, Direktor vereinheitlicht. Neben der benutzten Literatur am des Instituts für Sportwissenschaft der Westfälischen Ende der Beiträge findet sich im Anhang des Bandes Wilhelms Universität Münster, richtet sein Augen- auch ein Gesamtverzeichnis. merk mit Schilderungen des Festverlaufs und der Im Verlauf des Symposiums reifte die Idee, mög- Turnpraxis jener Zeit auf inhaltliche Aspekte der lichst alle Namen der Teilnehmer des Heilbronner Festkultur am Beispiel des Heilbronner Turnfests. Turnfestes, soweit sie aus der Festbeschreibung und Der zweite Teil der vorliegenden Veröffentlichung anderen Quellen bekannt sind, zusammenzustel- stellt unter dem Titel „Turner zwischen Deutschland len und in kurzen Lebensläufen zu dokumentieren. und den USA“ beispielhafte Lebensläufe deutsch- Durch ein zwischenzeitlich aufgetauchtes Besucher- amerikanischer Turner vor: Dr. Ansgar Reiß vom buch des Heilbronner „Götzenturms“ konnten wei- Deutschen Historischen Museum in Berlin widmet tere Namen erfasst werden.

9 Das Festalbum von Rudolf Flaigg wird als seltenes bungslosen Ablauf des Symposiums gewährleisteten, Zeitdokument im Faksimiledruck beigegeben, ange- ebenso den Mitgliedern der TSG Heilbronn für die reichert durch weitere zeitgenössische Berichte. Die vorbereitende Beratung und tatkräftige Unterstüt- Herausgeber hoffen, damit eine umfassende Doku- zung im Verlauf der Veranstaltung. Die Männerchö- mentation zu einem der Höhepunkte vormärzlicher re des Vereins haben das festliche Rahmenprogramm Festkultur vorzulegen. gestaltet. Auch ihnen ein herzliches Dankeschön! Allen Teilnehmern und Mitwirkenden, beson- ders den Referenten sei an dieser Stelle sehr herzlich Mannheim und Heilbronn, im Herbst 2007 gedankt. Unser Dank gilt besonders den Mitarbei- tern des Stadtarchivs Heilbronn und des Instituts für Dr. Lothar Wieser Sportgeschichte Baden-Württemberg, die den rei- Peter Wanner

10 Einleitung

LOTHAR WIESER

Was verbindet Adolf Cluss mit der Turnbewegung? Cluss, eine Lesart, die durch Darstellungen über die Eine solche Frage hätten sich selbst Kenner der Turn- Anfänge des Turnens in Württemberg gestützt wird. geschichte bis vor kurzem nicht gestellt, wäre da Die 1200 teilnehmenden Turner aus 32 Vereinen nicht jener Brief des berühmten Washingtoner Ar- seien nicht nur Teilnehmer aus Schwaben gewesen, chitekten vom 14. September 1904, in dem er über sondern aus den gesamten süd- und mitteldeutschen seine Teilnahme am Heilbronner Turnfest von 1846 Landen, „und im Hinblick auf die große Ausdeh- berichtete. Als zweiter Architekt im „Bureau der hes- nung wurde dieses Turnfest des öfteren schon als sischen Ludwigs-Bahn in “ habe er 28 Main- erstes deutsches Turnfest bezeichnet.“4 zer Turner ermuntert, an diesem Fest teilzunehmen. Zweifellos war das Heilbronner Turnfest der erste „Meine Eltern luden die ganze Sippschaft ein, zu uns überregionale Höhepunkt auf dem Weg zum natio- zu kommen, u. zur Zeit unser großes Haus als das nalen Zusammenschluss der deutschen Turner. Dem ihrige zu betrachten.“1 Heilbronner Fest ging allerdings eine Reihe regiona- Dem Washingtoner Architekten waren im Jahr ler Turnfeste im Südwesten Deutschlands voraus, an 2005 zwei große Ausstellungen, zeitgleich in Wa- deren Zustandekommen und Verlauf sich die orga- shington und Heilbronn, gewidmet; das Symposium nisatorische Verdichtung der Turnbewegung nach- sollte den „Turner“ Cluss zum Anlass nehmen, den vollziehen lässt. Verbindungslinien von vormärzlicher Turnbewe- Auf der personellen Ebene ist ein reger Austausch gung, demokratischer Organisation und Emigration zu beobachten; starke Impulse erhielt das Vereins- nachzugehen.2 Im Lebenslauf von Adolf Cluss spie- turnen gerade in Württemberg von Schulen und geln sich verschiedene Aspekte dieses Spektrums. Universitäten. In vielen Fällen waren dies aktive Das Heilbronner Turnfest von 1846 bildet zwar oder ehemalige Burschenschafter, die insofern auch nicht den Auftakt, aber sicher einen wichtigen Mei- das Bindeglied zur Frühzeit des Turnens darstellen.5 lenstein in der Kette weiterer Feste auf dem Weg zur In Stuttgart waren Hanauer Graveure und Goldar- Formierung einer gesamtdeutschen Turnorganisa- beiter Mitinitiatoren des „Männer-Turn-Vereins“, tion. Das erste „deutsche (nicht schwäbische)“3 sei ähnliches wird von Pforzheim berichtet, wo die es gewesen, erinnerte sich der gebürtige Heilbronner „Turngemeinde“ am 19. April 1834 unter Beteili- gung zugewanderter „Handwerksgesellen aus Ha- nau, Lübeck, Genf und Wien, die als Goldarbeiter in der Pforzheimer Schmuckindustrie Arbeit gefun- den hatten“, ins Leben gerufen wurde.6 Die Hanauer 1 StadtA Heilbronn, D 100/102 Brief von Adolf Cluss an Satzungen dienten in Stuttgart als Vorlage der Sta- seine Nichte Sophie de Millas, 14.09.1904. Vgl. unten Do- tuten. Der aus Hanau stammende Stuttgarter Turn- kument 17, S. 169. 2 wart Lelong erhielt eine Anstellung als städtischer Vgl. den Begleitband zu den Ausstellungen: Adolf Cluss Turnlehrer und bereiste im Auftrag der Schulbehör- – Revolutionär und Architekt. Von Heilbronn nach Wa- 7 shington. Hg. v. Alan LESSOFF und Christof MAUCH. Heil- de den Jagstkreis, um Turnplätze einzurichten. In- bronn 2005 (Veröffentlichungen des Archivs der Stadt sofern ist es verständlich, dass beim ersten Turnfest Heilbronn 46) in Pforzheim am 23. August 1835 bereits Gäste aus 3 StadtA Heilbronn, D 100/102 Brief von Adolf Cluss an Stuttgart angereist waren. seine Nichte Sophie de Millas, 14.09.1904. Vgl. unten Do- Die Gedanken eines gemeinsamen „National- kument 17, S. 169. 4 KESSLER, Schulturnen (1895), S. 173, vgl. S. 141. Vgl. turnfestes“ sollen im Kreis der Plauener Turner be- KERZINGER, Heidelberg (1896), S. 10. reits in den 1830er Jahren aufgekommen sein, man 5 ZETTLER, Bausteine (1888), S. 787 habe aber wegen der „Unmöglichkeit ihrer Ausfüh- 6 HAUG, Turnplatz (1998), S. 156 8 7 rung“ auf die Umsetzung verzichtet. Dies wird ver- ZETTLER, Bausteine (1888), S. 788. Lelong, der beim Heil- ständlich, bedenkt man die nach dem Hambacher bronner Turnfest 1846 teilnahm, soll 1833 am Sturm auf die Frankfurter Hauptwache beteiligt gewesen sein. Vgl. Fest und dem Sturm auf die Wachen am Sitz des DÜDING, Nationalismus (1984), S. 223. Deutschen Bundestages in Frankfurt verschärften 8 ZETTLER, Bausteine (1888), S. 33 Bundesbeschlüsse („Karlsbader Beschlüsse“) vom

11 LOTHAR WIESER

20. September 1819 mit der Unterdrückung jegli- Mainz, drei aus Heilbronn und etliche aus Stutt- cher öffentlichen Manifestation.9 gart, Darmstadt und Heidelberg. Geturnt wurde auf Das erste vormärzliche Turnfest mit regionaler dem kleinen Platz einer „Studentengesellschaft“, in Beteiligung fand am 5. September 1841 in Frank- deren angrenzendem Kneiplokal unter Vorsitz eines furt statt. Zwanzig Hanauer waren zu einem Freund- Pforzheimer Turners getagt wurde. Zur Beratung ka- schaftsbesuch angereist. Hierbei soll die Idee regel- men jene Gegenstände, die auch 1846 in Heilbronn mäßiger gemeinsamer Wettturnen mit Vereinen aus eine Rolle spielten: Intensiver Nachrichtenaustausch der Region gereift sein. Das erste größere Fest datiert durch Herausgabe einer Turnzeitung, „wo durch ge- DÜDING auf den 18. September 1842, wo in Mainz meinsamen Austausch der Gedanken die Turnsache etwa 100 Teilnehmer aus Mainz, Frankfurt, Darm- im ganzen deutschen Vaterlande wirksam gefördert stadt und Hanau um den Siegeslorbeer aus zarter werden möchte“,16 Einführung „kriegerischer Übun- Hand turnten.10 gen“, die Gründung von „Turnkreisen“, in denen Ein in der Karlsruher Turn-Zeitung 1846 abge- jährlich abwechselnd Turnfeste stattfinden sollten, druckter Artikel über das „Schau und Wett-Turnen „alle drei Jahre ein Hauptfest für ganz Deutschland“. zu Hanau am 1. Okt. 1843“ bezeichnet dieses als Weiter sollte die Herausgabe von „Turnzeugnissen“ „drittes allgemeines deutsches Turnfest“, nach vor- die freundliche Aufnahme von reisenden Turnern angegangenen Festen in Mainz und Hanau, über die bei Brudervereinen erleichtern. in den „Jahrbüchern der Deutschen Turnkunst“ be- Einige der Turner reisten tags darauf zum Badi- richtet worden war. An diesem Fest von 1843 sollen schen Sängerfest in Mannheim, wo neue Freund- Turner aus Frankfurt, Mainz, Offenbach, Hanau, schaften geschlossen wurden. Als unmittelbare Aus- Darmstadt, Stuttgart und Reutlingen teilgenommen wirkung dieses Treffens gründete sich in Tübingen haben. Der Hanauer Turnwart August Schärttner ein Turnverein aus Studenten und, wie der Bericht hielt eine „gehaltvolle Rede“, in der er den „Zweck besonders herausstellt, Nicht-Studenten, als Zei- des Turnens und den Sinn und die Bedeutung der chen, dass „veraltete Schranken“ beseitigt würden. Turnfeste, und endlich die Hoffnungen des Turn- Auch das am 22. September 1845 in Reutlingen wesens für das Wohl des deutschen Vaterlandes in veranstaltete Turnfest, das in Schwaben als unmittel- freudiger Zuversicht ausdrückte.“11 „Turnrichter“ barer Vorläufer des Heilbronner Festes gesehen wird, waren die späteren Herausgeber des in Frankfurt erscheinenden Nachrichtsblatts für Deutschlands Turnanstalten und Turngemeinden, eine der ersten Turnzeitungen, der Frankfurter Turnlehrer August 9 HUBER, Verfassungsgeschichte, Bd. 1 (1967), S. 734 ff.; vgl. Ravenstein und der Hanauer Mülot. Bd. 2 (1988), S. 151 ff. 10 Bereits am 3. September 1843 hatten die Pforz- DÜDING, Nationalismus (1984), S. 212 u. 235. Vgl. ZETT- heimer Turner zu einem größeren Fest eingeladen, LER, Bausteine (1888), S. 33 f., mit detaillierter Beschrei- an dem Gäste aus Frankfurt, Hanau, Maulbronn bung des Festverlaufs, bei dem schon mit „Gut Heil“ ge- grüßt wurde, eine Formel, die nach anderer Darstellung und Stuttgart teilnahmen. Zum festlich geschmück- erst in Heilbronn aufgekommen sein soll. 11 ten Platz marschierten Württemberger und Hessen Turn-Zeitung 1 (1846), S. 45 f.; ZETTLER, Bausteine sogar mit ihren Nationalfahnen.12 (1888), S. 34 12 Zum ersten regionalen schwäbischen Turnfest, im ZETTLER, Bausteine (1888), S. 839, mit kurzer Beschrei- Anschluss an ein Liederfest in (Schwäbisch) Gmünd bung des Festverlaufs. Ähnliche Feste hat die Pforzheimer Turngemeinde auch in den beiden folgenden Jahren an Pfingsten des Jahres 1844, kamen 150 Turner aus durchgeführt. 13 Tübingen und Stuttgart; bei den letzteren turnten ZETTLER, Bausteine (1888), S. 839 fünf Hanauer mit. Sprecher der Tübinger war der 14 Der Pforzheimer Verein war keineswegs ein Neuling im Burschenschafter Theodor Georgii.13 Es folgten ge- „Kreis der miteinander kommunizierenden Turngemein- meinsame „Turnfahrten“ und im August 1844 in den“, wie man aus DÜDINGs Darstellung schließen könnte. Stuttgart ein Turnfest unter Beteiligung von Hanau- Der 1834 unter Beteiligung zugewanderter Handwerksge- 14 sellen aus Hanau gegründete Verein feierte 1835 bereits ein ern und Pforzheimern. gemeinsames Turnfest mit den Stuttgartern. Der Pforzhei- Pforzheimer Turner waren es, die per Rundschrei- mer Verein darf also, neben Frankfurt und Hanau, durch- ben die Turner „in Schwaben und am Rheine zu ei- aus dem Kreis der „Pioniervereine“ zugerechnet werden. 15 ZETTLER, Bausteine (1888), S. 788 ner Versammlung nach Heidelberg auf Pfingsten 16 15 Turn-Zeitung 1 (1846), S. 43 (Bericht des Stud. jur. 1845“ einluden. Etwa 80 Turner folgten dem Auf- Theodor Georgii unter dem Titel „Württembergische ruf, fast 40 aus Pforzheim, zehn Hanauer, neun von Turnzustände“); vgl. den Bericht in Nachrichtsblatt 1 Frankfurt, je sechs von Tübingen, Offenbach und (1846), S. 24.

12 Einleitung hatte überregionalen Charakter. Zu Anfang des Jah- ziemen, an deren Marken dereinst das Vaterland er- res schon war eine Einladung an „sämmtliche Turn- starken soll.“18 gemeinden am Neckar, Main und Rhein“ ergangen. Für die Zeitgenossen waren die Turnfeste ein Zei- Gäste aus anderen Bundesstaaten nahmen teil, aus chen für die „Erstarkung des vaterländischen Ge- Pforzheim, Hanau, Mainz, Frankfurt und Offen- meingeistes“, dessen „heilsame Wirkungen“ in Fest- bach. Auch in Reutlingen wurden Punkte verhan- spielen, Wettkämpfen, „öffentlichen Reden und delt, die jenen an Pfingsten in Heidelberg entspra- Gesinnungsäußerungen“ zur Geltung kamen.19 chen; als Festort für das nächste Jahr bestimmte die Den Behörden der deutschen Kleinstaaten mussten Versammlung Heilbronn.17 die Bekundungen des „stolzen deutschen National- Das letzte größere Fest vor Heilbronn feierten geistes“ suspekt erscheinen, wie die Erkundigungen Turner aus Hanau, Offenbach, Frankfurt, Darm- vermuten lassen, die das Stuttgarter Innenministeri- stadt, Mannheim und Heidelberg am 10. Mai 1846 um im Vorfeld des Heilbronner Turnfestes einholte. in Mainz. Ursprünglich als Einweihungsfest für den Wenn „dem Vernehmen nach auch mehrere Mitglie- neuen Turnplatz gedacht, glich das Fest dem Chro- der der Opposition der Badischen Abgeordneten- nisten nach eher einem Bezirksturnfest der Rhein- Kammer, insbesondere Izstein, Hecker und Baßer- Main-Region. „Alle die Künste der Gewandtheit mann“ angekündigt waren, gar der „bekannte von und Körperkraft“, so der Berichterstatter für das Struve“ an der Spitze des Mannheimer Vereins anrei- Frankfurter Nachrichtsblatt, „waren für den Zu- sen sollte, waren, wie kurz zuvor in Mainz, „aufrüh- schauer keineswegs das Interessanteste, sondern die rerische Reden“ zu erwarten.20 Einmüthigkeit, die Brüderlichkeit, der Ernst, der Dass letztlich keines der gefürchteten „Häupter“ sich hinter diesen scheinbaren Kinderspielen der der Liberalen am Fest teilnahm, konnte einen auf- Männer verbirgt.“ Die auf dem Turnplatz erwor- geregten Schriftverkehr und die ständige polizeiliche bene „physische und moralische Kraft“ könne „eine Beobachtung des Festes nicht verhindern, war doch unserer Schutzmauern werden, wenn Deutschland, zu befürchten, dass bei „einer so großen Zahl junger wie es schwerlich ausbleiben wird, von politischem Männer aus allen Gauen Deutschlands, den Norden kirchlichem Egoismus [!] oder von äußerem Fein- mit inbegriffen“, es an „excentrischen Köpfen nicht de bedroht wird.“ Jedem Leser dieser Zeilen wird fehlen“ werde.21 der deutlich innenpolitische Akzent nicht entgan- In der Festschrift des Heidelberger Turnvereins gen sein. Auch das Fazit spricht ganz unverschleiert zum fünfzigjährigen Jubiläum im Jahr 1896 ist ein die politische Stoßrichtung der Turner an: „Noch Bericht über die Fahrt der dortigen Turner nach mehr aber [als die herzliche Aufnahme und Gastlich- Heilbronn überliefert: „Der Einzug in Heilbronn keit der Mainzer Bevölkerung, L. W.] leuchtet die- war großartig; mit stürmischen Gut-Heil-Rufen se sittlich schöne, nationale und soziale Bedeutung wurden die Turner empfangen und aus jedem Auge des Festes aus den Liedern, Reden und Toasten, auf strahlte Freude.“22 Sicher war auch Adolf Cluss Teil- dem Turnplatz und beim Festbankett. Nicht der nehmer des geschilderten Zuges. Als Mitglied des Geist jener alten, blassen Demagogie, sondern der Bundes der Kommunisten und Sekretär des Mainzer Geist eines kräftigen nationalen Aufschwungs tüch- Arbeitervereins hatte er aktiven Anteil an der Orga- tiger Gesinnung und nützlicher Thätigkeit regte sich nisation der demokratischen Vereine, die gerade im in diesen Gesängen und Reden, wie sie einer Jugend Rhein-Main-Raum sehr enge Beziehungen zu den Turnvereinen unterhielten. Adolf Cluss emigrierte 1848 in die USA. Für ihn erfüllte sich der „amerikanische Traum“, er schaff- te den Aufstieg zum erfolgreichsten Architekten des 17 ZETTLER, Bausteine (1888), S. 789 18 19. Jahrhunderts in der amerikanischen Hauptstadt Nachrichtsblatt für Deutschlands Turnanstalten und Washington, D.C. Andere Teilnehmer des Heil- Turngemeinden 1 (1846), S. 76 19 ROTTECK / WELCKER, Staats-Lexikon (1846), S. 672; Stich- bronner Turnfestes waren weniger erfolgreich, wie wort „Feste“ von Carl Welcker, S. 664 ff. der Hanauer Turnerführer August Schärttner, der 20 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht der Kreisregie- in London eine Gastwirtschaft betrieb und bereits rung in Ludwigsburg an das Innenministerium in Stutt- 1859 starb, oder der „Turnerdichter“ Carl-Heinrich gart; 10. Juli 1846; vgl. unten Dokument 1, S. 153. Schnauffer, dessen Schicksal in diesem Band aus- 21 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht des Oberamts Heilbronn an das Innenministerium in Stuttgart; 1. Au- führlich beschrieben wird. gust 1846; vgl. unten Dokument 3, S. 154. 22 KERZINGER, Heidelberg (1896), S. 10; vgl. unten, S. 168 f.

13 LOTHAR WIESER

Das Heilbronner Turnfest des Jahres 1846 war Literatur nicht nur ein wichtiger Meilenstein für die Turnbe- wegung, sondern auch ein Höhepunkt in der Reihe Adolf Cluss – Revolutionär und Architekt. Von Heil- oppositioneller Volksfeste des aufstrebenden Bürger- bronn nach Washington. Hg. v. Alan Lessoff und tums.23 Christof Mauch. Heilbronn 2005 (Veröffentlichun- gen des Archivs der Stadt Heilbronn 46) DÜDING, Dieter: Nationale Oppositionsfeste der Turner, Sänger und Schützen im 19. Jahrhundert. In: DERS.; Friedemann, Peter / Münch, Paul (Hg.): Öffentliche Festkultur. Politische Feste in Deutsch- land von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg. Reinbek bei Hamburg 1988, S. 166 – 190 DÜDING, Dieter: Organisierter gesellschaftlicher Natio- nalismus in Deutschland (1808 – 1847): Bedeutung und Funktion der Turner- und Sängervereine für die deutsche Nationalbewegung. München; Wien 1984 HAUG, Brigitte: „... auf dem neuen Turnplatz der Politik ...“. Turnvereine in Baden und Württemberg in der Revolution 1848/49. Schorndorf 1998 (Insti- tut für Sportgeschichte Baden-Württemberg. Wissen- schaftliche Schriftenreihe 5) HUBER, Ernst Rudolf: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Bd. 1. 2. Aufl. Stuttgart u. a. 1967; Bd. 2. 3. Aufl. Stuttgart 1988 KESSLER, Friedrich: Das Schulturnen in Württemberg. Mit einem Anhang über das württembergische Ver- einsturnen. In: Württembergische Jahrbücher für Sta- tistik und Landeskunde (1895) 1, S. 119 – 176 KERZINGER, Franz: Zur 50jährigen Jubelfeier des Heidel- berger Turnvereins. Heidelberg 1896 REUTER, Dirk: Das städtische Fest im Vormärz als „Epiphanie“ des Bürgertums. Turner- und Sängerfeste in Heilbronn in den 1840er Jahren. In: Historischer Verein Heilbronn, Veröffentlichung 33 (1994), S. 115 – 138 ROTTECK, Carl von / Welcker, Carl (Hg.): Staats-Lexi- kon. 4. Bd. Altona 1846 ZETTLER, M.: Bausteine zur Geschichte des deutschen Turnens. In: DTZ 45 (1888)

23 Vgl. dazu den folgenden Beitrag von SIEMANN; REUTER, Fest (1994); DÜDING, Oppositionsfeste (1988).

14 Das Heilbronner Turnfest 1846 im Kontext der politischen Bewegung des Vormärz oder: Über das Risiko, in den 1840er Jahren ein Turner zu sein

WOLFRAM SIEMANN

1. Turnen und Erinnerungskultur Seit etwa zehn Jahren setzt sich die Geschichts- wissenschaft auch in Deutschland intensiv mit der Historische Jubiläen haben Tradition. Seit einiger Zeit Beobachtung auseinander, dass wir zunehmend die haben Historikerinnen und Historiker sich jedoch Vergangenheit über die Medien visualisiert vermit- darüber genauer verständigt, auf welche Weise histo- telt bekommen. Die Medien, insbesondere eine mit- rische Erinnerungen gebildet werden, woran sie sich tlerweile mächtige aus der Filmwirtschaft hervorge- knüpfen und wie sie wirken. Auch die Turner haben gangene Geschichtsindustrie, tragen erheblich zur Teil an diesem Diskurs über das Phänomen des „kol- Visualisierung historischen Wissens bei. Unmittel- lektiven Gedächtnisses“. Im Folgenden soll gleichsam bar einleuchtend erscheint das für die Zeitgeschich- im Krebsgang die Präsenz der Turner im historischen te, wenn man sie als die Epoche der jetzt noch Le- Erinnern der Gegenwart Schritt für Schritt in einem benden versteht. Seit 1895 gibt es die Aufzeichnung großen Bogen zurückverfolgt werden bis zu den Wur- bewegter Bilder, die als Quelle, etwa als agierendes zeln im Vormärz. Es erleichtert die reflektierende Be- Medium der Propaganda, auch unmittelbar histo- mühung, dass der durch Jubiläen angeregte Umgang rische Prozesse hervorgebracht oder geprägt haben. mit der Vergangenheit in jüngerer Zeit durch Begriffe Zahlreiche Dokumentationen zu den Weltkriegen wie die des „kollektiven Gedächtnisses“ und des „Er- und zum so genannten „Dritten Reich“ beweisen innerungsortes“ geschärft worden ist. das fast täglich im Programmangebot der Fernseh- Ein solcher „Erinnerungsort“ meint im Verständ- anstalten. nis der kulturhistorisch arbeitenden Historiker und Wichtig erscheint an diesem Umgang mit der Ge- Historikerinnen nicht nur materielle, gegenständ- schichte, dass sich Erinnerung um ein Bildgedächt- liche Objekte der Erinnerung, sondern es können nis herum fokussiert. Das 19. Jahrhundert, also die durchaus auch Abstrakta wie Ideen oder gar Perso- Ära vor Erfindung des Films, ist von diesem Um- nen sein, also der Turnvater Jahn oder Adolf Cluss. gang nicht ausgenommen, insbesondere auch nicht Das mag zunächst befremdend wirken. Es erscheint die deutsche Revolution von 1848/49, wie zahlreiche hingegen plausibel, wenn man – der französischen Produktionen anlässlich des 150-jährigen Jubiläums Geschichtswissenschaft folgend – unter solchen „Er- im Jahr 1998 beweisen. Im Kontext dieses Symposi- innerungsorten“ „Ikonen“ versteht, die „nicht dank ums zu den Anfängen der deutschen Turnbewegung ihrer materiellen Gegenständlichkeit, sondern wegen im Vormärz mag es deshalb als aufregend erscheinen, ihrer symbolischen Funktion“ als „langlebige, Gene- dass gerade die frühe Turnbewegung im visualisier- rationen überdauernde Kristallisationspunkte kol- ten kollektiven Erinnern an das Jahr 1848/49 vor- lektiver Erinnerung und Identität“ wirken.1 Dank kam. Dem historisch Denkenden ist das ein wich- ihnen entdeckt der Einzelne in der Tradition Ele- tiger Hinweis auf noch lebendige Traditionen, mit mente, welche ihn „angehen“, ihn emotional anspre- denen er sich auseinander zu setzen hat. chen, ihn „betroffen“ machen, ihm zu einer Identität verhelfen. Dadurch erhalten die scheinbar unpersön- lichen Fakten der Vergangenheit für den Einzelnen 2. Die mediale Präsenz der Turner beim individuellen Sinn. In der geistigen Bibliothek der Festakt des Revolutionsjubiläums 1998 Erinnerungsorte hat auch das Turnen unter der Tra- und die beschworenen Traditionslinien ditionsformel „Frisch, fromm, fröhlich, frei“ seinen Platz gefunden.2 Ein besonders handgreiflicher Vorfall mag das do- kumentieren. Am 18. Mai 1998 gedachte man in 1 Vgl. FRANÇOIS, Erinnerungsorte (2001), Bd. 1, S. 18 Frankfurt des 150 Jahre zurückliegenden Einzugs 2 Vgl. PFISTER, Frisch (2001), S. 202 – 219 der Abgeordneten in die Paulskirche. Dazu fand in

15 WOLFRAM SIEMANN der Mainmetropole ein großer Staatsakt unter der Die Reportage verknüpfte Turntradition mit der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten Roman Her- politischen Geschichte, in der das Verfassungsver- zog statt.3 ständnis von 1848, die damalige nationale Orientie- Alle Spitzenpolitiker der Republik waren zuge- rung und die Aktivitäten der Turner im kollektiven gen, soweit sich nach der politischen Hierarchie ein Gedächtnis vereint erschienen. Um einen „Erinne- Bezug zum Anlass herstellen ließ: die Bundestags- rungsort“ in dramaturgischer Regie und Choreogra- präsidentin Rita Süssmuth als Repräsentantin des phie visuell erstehen zu lassen, bedarf es auch spezi- Parlaments, der niedersächsische Ministerpräsident fischer Rituale, welche die Traditionen in Handlung Gerhard Schröder in seiner Funktion als Bundes- verwandeln. Die Jubiläumsfeier 1998 bediente sich ratspräsident für die Bundesländer, der Regierungs- dabei – abgesehen von zahlreichen auf dem Paulsplatz chef des Landes Hessen Hans Eichel für den Nach- vorgeführten, humoristisch dargebotenen Turnübun- folgestaat des Großherzogtums sowie schließlich die gen – der Aktionsform der so genannten „Eilboten-“ Oberbürgermeisterin Petra Roth für die ehemals oder moderner gesagt: der „Stafettenläufe“. Freie Stadt Frankfurt. Alle Genannten beschworen Aus allen 16 Landeshauptstädten starteten Läu- in ihren Reden eine deutsche Tradition, die 1848 fer nach Frankfurt. Nun vor der Paulskirche nach ihren Ursprung hatte und nach ihrer Sicht bis in die dem Festakt aufgestellt, gab Bundesratspräsident Gegenwart reichte. Sie wirkten gleichsam mit am Gerhard Schröder, umrahmt durch die Oberbürger- Bau des kollektiven nationalen Gedächtnisses. meisterin von Frankfurt Petra Roth und die Bun- Der Sender Phoenix und die „Deutsche Welle“ destagspräsidentin Rita Süssmuth, den Startschuss. strahlten den Festakt samt Reden live in die deutschen In der Mainmetropole sollten zeitgleich alle Läufer Haushalte aus, der Hessische Rundfunk zeichnete die zusammen eintreffen. Jeder trug einen Mosaikbau- Veranstaltung für die ARD auf: Das Medieninteres- stein – den Umriss seines Bundeslandes – bei sich, se war gebührend. Während das Fernsehen die Reden und alle Einzelteile wurden zu einem Gesamtmo- aufnahm, schaltete es in den Unterbrechungen immer saik der vereinigten Bundesrepublik in der Pauls- wieder nach draußen auf den Paulsplatz und in die nä- kirche zusammengefügt. Die Oberbürgermeisterin here Umgebung, wo zeitgleich ein Rahmenprogramm von Düsseldorf, Marlies Smeets, kommentierte ih- ablief. Hierbei spielten die Turner im buchstäblichen ren Startschuss mit den Worten: „Ich finde es eine Sinne die Hauptrolle. Sie agierten als historisch Kostü- tolle Idee, dass von allen Landeshauptstädten anläss- mierte und führten Geschichte vor, wie sie der Praxis lich dieses Jubiläums hier Läuferinnen und Läufer der „living history“ im anglo-amerikanischen Bereich starten zu diesem Freiheitslauf, und ich hoffe, dass entspricht, wo man vergangene Ereignisse, beispiels- damit der Gedanke der Freiheit und das, was damit weise die Schlacht bei Gettysburg, in historischen Kos- vor 150 Jahren bezweckt worden ist, auch in diesem tümen und Arrangements nachspielt. Lande rüberkommt, und ich hoffe, dass alle Läufe- Was aber verband in der öffentlichen Erinnerung rinnen und Läufer heil ankommen und unser Land die Turner mit dem Revolutionsgedenken? Vielen gut vertreten.“5 Zeitgenossen war ein solcher Bezug zunächst unbe- Dieses Ritual war nicht zufällig gewählt, sondern kannt, zumal die deutschen Turnvereine in der Regel hatte sein historisches Muster. Das ist das eigentlich ihre Vorgeschichte nur bis in die 1860er Jahre zu- Aufregende, denn hier wurde eine Art der Erinne- rückführen. Die Fernsehreportage war deshalb ein- rung mobilisiert, die man eigentlich für verschüttet gebettet in historische Belehrungen über die Rolle hielt und die für die heutigen Beobachter gleichsam der Turner in der Vergangenheit.4 „dekodiert“ werden muss. 1998 revitalisierte man In der historischen Reportage erfuhr der Zuschau- mit den Stafettenläufen ein Ritual, das bereits bei er, zusätzlich verbürgt aus dem Munde des interview- nationalen Gedenkfeiern von 1948 und – noch frü- ten Düsseldorfer Landeshistorikers Kurt Düwell, wie her – schon 1913 vorgeführt worden war. Der Lauf der allseits bekannte so genannte „Turnvater“ Fried- rich Ludwig Jahn als Ideengeber des Turnens gewirkt und in Düsseldorf den ersten Turnplatz im Rhein- land eingerichtet hatte. Turner seien „Träger des Ver- 3 fassungsgedankens“ gewesen und seit 1819 von der Vgl. MÖLLER, Revolution (1998) 4 Obrigkeit misstrauisch observiert worden. Der Mo- Der folgende Bericht stützt sich auf die Fernsehsendung von Phoenix am 18. Mai 1998, von der den Teilnehmern derator wies ausdrücklich darauf hin, dass im Ge- des Symposiums ein szenischer Ausschnitt vorgestellt gensatz zur Gegenwart das Turnen in historischer wurde. Zeit hochpolitisch gewesen sei. 5 Zitat nach der Fernsehaufzeichnung, W.S.

16 Das Heilbronner Turnfest visualisierte auf eine für Turner typische, weil kör- vormals gepflegten Verfassungspatriotismus feierten perlich ausgeführte Weise Verbundenheit mit einer – begreiflich nach dem Desaster des Nationalen in historischen Tradition, allerdings mit höchst dispa- der Ära zuvor. Entsprechend mochte es den Organi- rater Botschaft. satoren der Turnfeierlichkeiten 1998 in Frankfurt als 1948 anlässlich des 100-jährigen Jubiläums der unverfänglich erschienen sein, ihre Erinnerungsritu- Revolution symbolisierten die Turner mit ihren Läu- ale als Stafettenläufe der Turner im Sinne von 1948 fen die Traditionsbindung an eine demokratisch-par- zu inszenieren. lamentarische Bewegung in der deutschen Geschich- te. Allerdings erreichten sie nicht die ganze Nation, denn die Sowjetisch Besetzte Zone hatte sich den 3. Nation, Revolution und Volksbewaff- Frankfurter Feierlichkeiten verweigert, so dass auch nung 1848 und die Rolle der Turner deren Läufer fehlten. Damals fanden zwei getrenn- te Veranstaltungen statt: eine in Berlin mit Gedenk- Im Folgenden soll die Traditionsbildung im Erinne- prozessionen zum Friedrichshain, dem Bestattungs- rungshaushalt der Turnbewegung an markanten Bild- ort der Märzgefallenen, und eine in der Paulskirche, zeugnissen nahe gebracht werden. Die Visualisierung gefördert durch die Westalliierten. Die beiden Er- der Turnbewegung in ihren Quellen dient gleichsam innerungsfeiern spiegelten die um „Barrikade“ und als Metaebene dieser einleitenden Bemerkungen, weil „Parlament“ gruppierten getrennten deutschen Erin- Symbol und Bild als wesentliche Meinungsträger in nerungen an die Revolution wider.6 der Epoche der Zensur des gesprochenen und ge- Die eigentliche Idee, die Erfindung eines sol- druckten Wortes wirkten. chen Eilbotenlaufes, wie man Anfang des 20. Jahr- hunderts sagte, war im Umfeld der Jahrhundertfei- erlichkeiten der Völkerschlacht bei Leipzig 1913 geboren worden.7 Damals liefen Turner in Stafet- ten im Abstand von je 200 Metern reichsweit aus den „Gauen“, wie es in der Turnersprache hieß, von Rügen, von Friedrichshafen, von Ostpreußen, so- gar von Amerika mit Überbrückung per Schiff zum 18. Oktober 1913 in Leipzig als Treffpunkt zusam- men. Konzentrisch trafen sie aus allen Himmelsrich- tungen nahezu zeitgleich in Gegenwart des Kaisers am Völkerschlachtdenkmal ein, was sogar in einem da- mals gedrehten Stummfilm dokumentiert wurde.8 Das hierin dokumentierte Bekenntnis zur Ein- weihung des Völkerschlachtdenkmals verband die Turner mit der Erinnerung der Freiheitskriege von 1813/14, nicht mit der Revolution von 1848. Das wirft ein plastisches Bild auf die Modulierbarkeit der Traditionsbildung und die Spaltung der Tradi- tionsstränge auch im Bereich der Turnerschaft.9 Das war 1948 anders, als die Turner nicht ihr national- deutsches Bewusstsein, sondern den in ihren Reihen

6 Vgl. SIEMANN, Streit (1999) 7 Vgl. SIEMANN, Krieg (1988), S. 304 – 307 8 Es handelt sich um den berühmten Film zur Einweihung des Völkerschlachtdenkmals in Leipzig, an der auch Kaiser Wilhelm II. teilgenommen hatte; vgl. demnächst hierzu PETZOLD, Wilhelm II. 9 Vgl. KRÜGER, Körperkultur (1996); ILLIG, Körperertüchti- Einzug der Mitglieder des Vorparlaments in die Frankfurter gung (1998) Paulskirche am 31. März 1848.

17 WOLFRAM SIEMANN

Die Turner 1998 feierten sich als Vorkämpfer der die typischen ineinander greifenden Hände zeigt, Demokratiebewegung von 1848: Das hatte durchaus umkreist von dem Spruch: „Alles durch die Arbeit, seine Berechtigung. Eine kolorierte Lithografie, die alles für die Arbeit“. Handschriftlich hatte man die zum klassischen Kanon der Schulbuchillustrationen Worte ergänzt: „Stark, Frei, Gut und Treu“ in Ab- gehört, dokumentiert das augenfällig. Sie zeigt den wandlung der Jahnschen Formel, von der man be- Einzug der Parlamentarier des Vorparlaments in die wusst das „fromm“ unterdrückte. Das ersparte den Paulskirche. Die Bürgergarde steht im gebührenden Arbeitern Diskussionen, die später die Turner spal- Abstand Spalier, die Turner hingegen in unmittel- teten und ähnlich umtrieben wie die Burschenschaf- barem Körperkontakt zu den Reihen der einziehen- ten: ob jüdische Mitbürger auch Mitglieder ihrer den Parlamentarier, erkennbar an ihren typischen Vereine sein durften. Uniformen mit den breitkrempigen Hüten.10 Die Nicht nur auf dem Wege solidarisierender Ver- Turner erweisen dem Griff der Nation nach einer söhnung, sondern auch mit Mitteln des Kampfes Verfassung nicht nur Reverenz, sondern leisteten machten sich die Turner 1848 geltend und knüpf- symbolisch auch den Volksvertretern Schutz; sie be- ten dabei an ihre frühere Tradition an, die vom Ge- kundeten ihre Bereitschaft zur Wehrhaftigkeit, einer danken der „Volksbewaffnung“ als demokratischer Eigenschaft, die sie seit dem Gründungsvater Jahn Wehrform gegenüber den absolutistischen „stehen- hochhielten und die sie in den Augen der Behörden den Heeren“ lebte. Zwei Lithografien können das stets verdächtig machte. veranschaulichen. Im April 1848 kämpften Turner Es wird nicht selten übersehen, dass der Gedan- und Studenten gemeinsam als Freiwillige in Schles- ke der militanten Kampfbereitschaft zum Selbstver- wig-Holstein im Krieg gegen die Dänen und für ein ständnis eines Flügels der Turnbewegung auch im „freies“ vereintes deutsches Schleswig und Holstein. öffentlichen Bild der Revolution 1848 gehörte. Der Eine Lithografie zeigt das Kieler Turner- und Stu- alte demokratische Gedanke der „Volksbewaffnung“ dentenkorps in der Nähe Flensburgs, und zwar ein- gegen „stehende Heere“ beflügelte die Bildung von drucksvoll unter Einsatz ihres Lebens.12 Sie bewiesen Freischaren und Bürgerwehren bereits in der Früh- damit ihre in den 1840er Jahren vorgelebte Gesin- phase der Revolution und dann wieder während ih- nungsgemeinschaft mit der Sängerbewegung, kund- res Niedergangs in der Reichsverfassungskampagne. getan in mehreren nationalen Sängerfesten, wo das Bereits hier zeigte sich die gespaltene Tradition der beliebte nationale Lied „Schleswig-Holstein meer- Turner zwischen revolutionärer Tat und bürgerlicher umschlungen“ von Matthäus Friedrich Chemnitz Ordnungsmacht, denn Turner beteiligten sich auch gesungen worden war.13 Die Turner reihten sich im an den Bürgerwehren. revolutionären Kampf im April als Freiwillige ein. Eine Frankfurter Lithografie pflegt die „Erinne- Die Hanauer Turner waren noch in der Endphase rung an die Hanauer Freischaaren“, wie die Titel- der Revolution im Juni 1849 auf den Barrikaden, als leiste verrät, und die Freiwilligen frönen dem Mot- sie die Reichsverfassung im Badischen an der Kup- to: „Ein einiges freies Deutschland hoch!“11 Eine penheimer Schanze verteidigten. Gruppe im Vordergrund ist nach der Choreografie Bei den erwähnten Abbildungen ist stets zu be- des Rütlischwurs vereint, gebildet aus einem Mit- denken, dass sie die Realität nicht fotografisch wie- glied des Arbeiterfreikorps mit Jakobinermütze, ei- dergeben, sondern durch Stilisierung und bildliche nem Turner mit breitkrempigem Hut und Angehö- Choreografie den dargestellten Vorgang deuteten, rigen der Bürgergarde und des Schützenkorps mit im besonderen Falle heroisierten. Sie treffen jedoch Zylinder. Das Bild symbolisiert die klassenübergrei- die Realität, denn seit dem 1. Hanauer Turntag vom fende Einheit des Volkes in dem Moment, als der 2. und 3. April 1848 hatten die Turner die Bewaffnung Kurfürst von Hessen-Kassel am 12. März die „März- im Grundgesetz des neu gegründeten „Deutschen forderungen“ bewilligt hatte. Der breitbeinige Tur- Turnerbundes“ für verbindlich erklärt. Fortan sah ner im Mittelpunkt legt zum Schwur die Hand auf die Brust, gestützt auf seinen gezogenen Säbel, die deutsche Fahne hinter ihm. 10 Die gemeinsame Front der Turner mit den Arbei- Eine der zahlreichen Abbildungen bei GALL, 1848 (1998), S. 65. tern fand in der Revolution sogar in Arbeiterturn- 11 Abbildung bei GALL, 1848 (1998), S. 130 vereinen ihren Ausdruck. Ein Adolf Cluss hätte sich 12 Abbildung bei EICHEL, Körperkultur (1983), S. 165 13 hier gewiss einreihen können – etwa in einem Arbei- Vgl. DÜDING, Nationalismus (1984), S. 272; heute gilt das terturnverein in Gemeinsamkeit mit der „Arbeiter- Lied als „Hoheitszeichen“, denn es ist offizielle Hymne des verbrüderung“, geschmückt durch ein Emblem, das Bundeslandes.

18 Das Heilbronner Turnfest

Hanauer Turner bei der Verteidigung der Kuppenheimer Schanze; 1849 man sie an revolutionären Brennpunkten: Im Nor- schaften organisiertes Handeln zugunsten nationaler den, in den Reihen Heckers und Struves, in der Sep- Ziele rückte sie in die Nähe der polizeilich verfolgten temberkrise, auf den Barrikaden in Dresden und „Demagogen“, zumal es viele Überschneidungen mit schließlich in der badisch-pfälzischen Volksarmee.14 den verdächtigen und verbotenen Burschenschaften und „Deutschen Gesellschaften“ gab.

4. Bedingungen des Turnens im Vormärz 4.2 Die Verbotsphase 1819 – 1842 im Horizont der drei Turnepochen Auch nach 1819 existierten die Aktivitäten der Tur- ner fort, informell, über Vortragsreisen prominenter 4.1 Die Toleranzphase 1811 – 1819 Repräsentanten, mitunter auch des unter Hausarrest stehenden Turnlehrers Jahn. Ähnlich wie im Reak- Die Forschung unterscheidet drei Phasen in der tionsjahrzehnt der 1850er Jahre muss man auch hier Entwicklung der Turnbewegung bis zur Revolu- unter dem repressiven Dach der Verbote und Maß- tion von 1848/49. Die Frühphase von der Grün- regeln nach fortdauernden Aktivitäten und Spuren dung des Turnplatzes auf der berühmten Hasenhei- suchen. Das gelingt am ehesten durch die regionale de in Berlin bis zur Stillstellung Jahns in Freyburg Forschung, um die sich auch spezialisierte Sporthis- an der Unstrut lebte von der Initiative des „Turnva- toriker verdient gemacht haben, die erstaunliche ters“ und seiner Anhänger, die von Berlin aus Turn- Regsamkeit im Verborgenen, aber auch empfindli- gesellschaften gründeten, für die Idee warben, unter che Reaktionen der überwachenden Behörden zuta- dem Eindruck der napoleonischen Besetzung sich ge gefördert haben.15 als Anhänger der deutschen Nation erlebten und in In der Phase der Restauration wirkten die Aus- so genannten „Deutschen Gesellschaften“ Aktions- strahlungen der französischen Julirevolution auf plattformen suchten. Das Wartburgfest von 1817 – Deutschland wie ein politisches Tauwetter, das in der dort verlesenen Programmatik eine nationa- Raum freigab für öffentliche politische Betätigung. le Kundgebung – und mehr noch das Attentat des Das spektakulärste und folgenreichste Großereignis fundamentalistischen Gesinnungstäters Carl Sand der Epoche war das Hambacher Fest, an dem sich auf den Lustspieldichter August von Kotzebue im auch Turner beteiligten und das ebenfalls radikale Jahr 1819 diskreditierten auch die Turnbewegung in Programmatiker anzog.16 Man feierte die periodi- elementarer Weise. Denn ihr in verzweigten Gesell- sche Wiederkehr der Gewähr der bayerischen Verfas- sung. Dieses Verfassungsfest im engeren Sinne mu- tierte zu einer hochpolitischen Massenveranstaltung 14 nationaler Prägung mit geschätzten 30 000 Teilneh- Vgl. EICHEL, Körperkultur (1983), S. 162 – 166 15 Vgl. etwa zu Rheinhessen die minutiösen Forschungen von mern. Einzelne Redner riefen die Republik aus, und BRAUN, Rheinhessen (1986). unter ihnen war in der Person Karl-Heinrich Brüg- 16 Vgl. BRAUN, Weidig (1983) gemanns einer der profiliertesten Burschenschafter

19 WOLFRAM SIEMANN und Turner, der allgemeine Volksbewaffnung forder- Einheit zu beschwören verlieh ihren Vereinen bereits te und den Turnplatz als Schule der Wehrhaftigkeit einen politischen Charakter. pries.17 Das „zweite Merkmal“ erfasste die neuartige In- Die zeitgenössischen Abbildungen zeichnen die szenierung von Öffentlichkeit jenseits der Vereinsbil- Teilnehmenden des Zuges zum Hambacher Schloss dung. Auch daran hatten die Turner Anteil. Der Be- hinauf ziemlich deutlich: Männer mit Zylindern, schluss formulierte in beschränkender Weise: Burschenschafter mit ihren typischen Kappen, Frau- „Außerordentliche Volksversammlungen und Volks- en in Festtagsgewändern, sogar Kinder, aber Turner feste, nämlich solche, welche bisher hinsichtlich der in ihrer eigenen Tracht sind nicht auszumachen. Wie Zeit und des Ortes weder üblich noch gestattet wa- die schriftlichen Zeugnisse mitteilen, gehörten sie ren, dürfen, unter welchem Namen und zu wel- auch dazu, aber es war wohl erst in den 1840er Jah- chem Zwecke es auch immer sei, in keinem Bun- ren wieder möglich, sich in dem typischen Erschei- desstaate ohne vorausgegangene Genehmigung der nungsbild zu zeigen: Nicht im bürgerlichen Rock kompetenten Behörde stattfinden. Diejenigen, wel- der Sänger, sondern im anspruchslosen schlichten che zu solchen Versammlungen oder Festen durch Gewand aus grauem Leinen, wie es in der frühen Verabredung oder Ausschreibung Anlass geben, sind Turnbewegung Sitte war, so dass jedermann den Tur- einer angemessenen Strafe zu unterwerfen. Auch ner sogleich erkennen konnte. Sich äußerlich durch bei erlaubten Volksversammlungen und Volksfesten die Kleidung zu bekennen war offensichtlich noch ist es nicht zu dulden, dass öffentliche Reden politi- riskant.18 schen Inhalts gehalten werden“ (Art. 3).20 Das Hambacher Fest selbst trug maßgeblich zu ei- ner Steigerung polizeilicher Anstrengungen bei. Als Zwischen den Zeilen erkennt man, dass bisher „üb- eine massive Demonstration des politischen Willens liche“ Feste und Versammlungen, etwa dörfliche alarmierte es die deutschen Regierungen dermaßen, Volksfeste, geistliche Feiern oder Wallfahrten, nicht dass diese durch mehrere Bundesbeschlüsse der Be- angetastet werden sollten. Es ging um neuartige Öf- wegung Herr zu werden versuchten. Die Beschlüsse fentlichkeitsauftritte, wie es in Hambach beispielhaft richteten sich gegen die damaligen Foren von „Öffent- vorgeführt worden war. Betrachtet man zeitgenös- lichkeit“ – die Presse, Parlamente und die entstehen- sische Abbildungen von Turnerfesten, werden die den politischen Vereinigungen. Ein Bundesbeschluss Redner nicht selten durch ein Podest aus dem Publi- betraf darunter unmittelbar die Entwicklungsmög- kum hervorgehoben. Das unterstreicht den öffent- lichkeiten und Kommunikationsformen der Turner, lichen Charakter der Äußerungen. Es ist kaum zu da diese als Vereine mit politischer Tendenz begrif- bezweifeln, dass bei solchen Anlässen auch politisch fen wurden. Der Bundesbeschluss vom 5. Juli 1832 deklamiert wurde. „Auch bei erlaubten Volksver- formulierte in seinen berüchtigten „Zehn Artikeln“ sammlungen und Volksfesten ist es nicht zu dulden, insbesondere drei Merkmale, an denen zu zeigen ist, dass öffentliche Reden politischen Inhalts gehalten wie die Turner fortan und so insbesondere auch in werden; diejenigen, welche sich dies zu Schulden den 1840er Jahren vor der Revolution immer am kommen lassen, sind nachdrücklich zu bestrafen, Rande der Legalität operierten – in einem Dunkel- und wer irgendeine Volksversammlung dazu miss- feld, eigentlich immer schon mit einem halben Bein braucht, Adressen oder Beschlüsse in Vorschlag zu im Gefängnis. bringen und durch Unterschrift oder mündliche Bei- Das „erste Merkmal“ betraf den Vereinscharakter: stimmung genehmigen zu lassen, ist mit geschärfter „Alle Vereine, welche politische Zwecke haben, oder Ahndung zu belegen“.21 Diese Formulierung schärf- unter anderem Namen zu politischen Zwecken be- te noch einmal deutlich ein, dass es der politische In- nutzt werden, sind in sämtlichen Bundesstaaten halt war, der als anstößig galt. zu verbieten, und ist gegen deren Urheber und die Das „dritte Merkmal“ zielte auf die neuartige Teilnehmer an demselben mit angemessener Strafe Verkleidung des Politischen im Kleide der Symbolik. vorzuschreiten“ (Art.2).19

Das öffnete natürlich der Willkür Tor und Tür. Die- ser Gummiparagraph formulierte nämlich eigentlich 17 Vgl. EICHEL, Körperkultur (1983), S. 153 das absolute Vereins- und Parteienverbot im Vor- 18 Vgl. DÜDING, Nationalismus (1984), S. 264 märz. Auch wenn er sich nur auf Vereinigungen mit 19 HUBER, Dokumente (1978), S. 134 politischen Zwecken zu beschränken schien, nahm 20 Ebd. er die Turner nicht aus, denn das Vaterland und die 21 Ebd.

20 Das Heilbronner Turnfest

Das Verbot bietet dafür ein Meisterwerk juristischer der ehemals als „Demagoge“ Verfolgte, durfte wie- spitzfindiger Formulierkunst: der in Bonn lehren; Jahn, der angebliche „Verführer „Das öffentliche Tragen von Abzeichen in Bän- der Jugend“, wurde rehabilitiert. Drei der Göttinger dern, Kokarden oder dergleichen, sei es von In- Sieben (Friedrich Christoph Dahlmann, Jacob und oder Ausländern, in andern Farben als jenen des Wilhelm Grimm) erhielten Anstellungen in Preu- Landes, dem der, welcher solche trägt, als Untertan ßen; der Kölner Kirchenstreit wurde beigelegt.25 angehört, – das nicht autorisierte Aufstecken von Der neue Minister für geistliche, Unterrichts- Fahnen und Flaggen, das Errichten von Freiheits- und Medizinal-Angelegenheiten, Johann A. F. Eich- bäumen und dergleichen Aufruhrzeichen – ist un- horn, war ein enger Mitarbeiter des Reformers Frei- nachsichtlich zu bestrafen“ (Art. 4).22 herr vom Stein gewesen und hatte einen liberalen Ruf; Kriegsminister wurde Hermann von Boyen, Durch symbolische Zeichen nach außen öffentlich der in den Befreiungskriegen die Heeresreform mit ein politisches Bekenntnis abzulegen ist ein Novum getragen hatte. Beide nahmen sich nun des Turnens seit 1789.23 Die neuen Medien – Bänder, Kokarden, an, indem sie in einer Denkschrift die „Aufnahme Freiheitsbäume, Fahnen, Flaggen – waren auch im der Gymnastik in den Kreis der Volks-Erziehungs- Umgang der Turner gebräuchlich und machten sie Mittel“ befürworteten.26 Und Friedrich Wilhelm verdächtig. IV. ging darauf ein. Er erkannte in den Leibesübun- Bemerkenswert ist, wie die damaligen Juristen sich gen einen notwendigen und unentbehrlichen Be- genötigt sahen, die nationalen Farben juristisch zu standteil der männlichen Erziehung und wollte sie verschlüsseln, um sie nicht durch direktes Ausspre- in den Kreis der Volkserziehungsmittel aufnehmen. chen von „Schwarz-Rot-Gold“ bereits a priori an- Gemeint war die Einführung des Gymnastikunter- zuerkennen. Sie verboten einen Auftritt „in andern richts an öffentlichen Lehranstalten unter Aufsicht Farben als jenen des Landes, dem der, welcher sol- der Schuldirektoren. Das bedeutete freilich Turnen che trägt, als Untertan angehört“. Das konnte nichts an der Schule in geschlossenen Räumen, diszipliniert anderes heißen als Schwarz-Rot-Gold. Landesfarben und unter Kontrolle – nicht wie im ursprünglichen zu tragen sollte selbstverständlich weiterhin erlaubt Jahnschen Konzept unter freiem Himmel mit freiem sein. Auslauf und wilden Spielen. Im Wortlaut der Ka- binettsordre kommt das Wort „Turnen“ nicht vor, 4.3 Die Neukonstituierung 1842 – 1848 obwohl es Boyen und Eichhorn anfangs gern hin- ein genommen hätten; ihnen lag an der „vaterlän- Eine entscheidende Wende nach dieser Verbotspha- dischen“ Funktion des Turnens. Das schloss für sie se im Gefolge der Julirevolution von 1830 stellte der auch Turnfeste sowie eine besondere Turntracht ein. Thronwechsel 1840 in Preußen dar, als die Öffent- Diese Egalisierung hätte durchaus dem Geiste Jahns lichkeit vorübergehend große Hoffnungen auf den entsprochen. neuen Monarchen richtete. Sogar Metternich regis- Aber der damalige Innenminister Gustav Adolf trierte das mit dem ihm eigenen Sensorium für Stim- von Rochow, der „Hardliner“ im Kabinett, war ent- mungsumschwünge, als er Friedrich Wilhelm IV. schieden dagegen, weil er hier wieder das Aufkeimen verdächtigte, er habe „den Ruf der Liberalität“ ins der alten Turnerdemagogen befürchtete. Deshalb Auge gefasst und huldige „diesem Götzen“.24 ließ er gerade diese Bestimmungen, welche Tracht, Vieles schien in der Tat auch darauf hinzudeuten. Turnfeste und vaterländische Funktion tolerierten, Der neue Hoffnungsträger amnestierte politische aus der Kabinettsordre wieder herausstreichen, so Häftlinge; bewirkte, dass die Frankfurter Zentralun- dass schließlich lediglich Schulturnen in der domi- tersuchungsbehörde ihre Tätigkeit einstellte; Arndt, nanten Form der Gerätegymnastik eingeführt wurde. Die Öffentlichkeit täuschte sich über die Einfüh- rung der Schulgymnastik, indem sie darin die Wie- derbelebung des „Turnens“ erblicken wollte – ein grandioses Missverständnis, das aber zusätzliche Dy- 22 Ebd. namik erhielt vor dem Hintergrund der Rheinkri- 23 Vgl. HUNT, Symbole (1989) se des Jahres 1840. Die über Deutschland hinweg- 24 SIEMANN, Ruhe (1985), S. 106 25 fegende Welle der Nationalisierung schien sogar den Vgl. SIEMANN, Ruhe (1985), S. 360 – 362 26 Bundestag zu patriotischen Anwandlungen zu bewe- Das Nähere bei DÜDING, Nationalismus (1984), S. 213 27 27 Vgl. VEIT-BRAUSE, Krise (1967); es gibt derzeit noch keine gen. Das Motto des damals gedichteten Liedes „Sie moderne Darstellung der Krise. sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“

21 WOLFRAM SIEMANN spitzte symbolhaft eine Alarmstimmung zu, die den 2. Bundestag veranlasste, eine Generalmobilmachung des Bundesheeres gegenüber einem erwarteten An- Als weiteres Novum trat die forcierte Institutionali- griffskrieg Frankreichs ins Auge zu fassen. Da hatte sierung hervor: Die Vereine bemühten sich um eine es kurzzeitig den Anschein, als würde der Deutsche innere Struktur mit Statuten. Das lässt sich schön an Bund national agieren und die nationale Oppositi- den Statuten des Aachener Turnvereins von 1847 on sich auf den Bund hin orientieren können. Die- zeigen, welche die Mitgliedschaft formal regelten.29 se Erfahrung des gemeinsamen nationalen Fühlens Darin war festgelegt, wer dazu gehören durfte und übertrug sich auch auf die Bereitschaft, Turnen nun wer nicht. Die Statuten konstituierten Mitgliederver- wieder als patriotische Veranstaltung zu betreiben, sammlungen, definierten die Rechte der Mitglieder obwohl die restriktiven Bestimmungen unverändert und gewannen so quasi den Charakter einer Verfas- in Kraft blieben. sungsurkunde, was in der Zeit des absoluten Partei- enverbots eine wichtige Signalwirkung und Schu- lung für die Mitglieder im Geheimen bedeutete. Das 5. Innovationen der Turnbewegung seit überlieferte Exemplar trägt den Aktenvermerk: „Zur der Neukonstituierung Druckerei zurück, um das von der Behörde geneh- migte Statut mit vorzulegen“ und dokumentiert da- Es ist wichtig, für die bedeutsamen zur Revolution mit zugleich das Genehmigungsverfahren und den hinführenden 1840er Jahre, in die auch das Heil- Zwang, sich diesem zu unterwerfen. Es galt, ganz bronner Turnfest fällt, genauer zu differenzieren, in- behutsam bei der Behörde nachzufragen, denn im wiefern sich das Turnen in der Phase der Rekonsti- Prinzip waren Vereinsbildungen, wenn sie den An- tuierung von der alten Form der Frühphase abhob. schein von Politik erweckten, zu verbieten. Immer- Drei charakteristische Unterschiede sind hervorzu- hin war die Vereinsbildung möglich. heben.28 Problematischer wurde es, wenn die Vereine ver- suchten, Zweigvereine zu bilden. Im Amtsdeutsch 1. hieß das „Affiliation“, die per se verdächtig war, weil sie auf Konspiration zu deuten schien. Gemeinsa- Auffallend ist die Dezentralität: Die Gründun- mer physischer Austausch auf Turnerfesten als Sam- gen erfolgten nicht mehr hauptsächlich, wie noch melpunkt oder geistige Kommunikation durch peri- nach 1811, von Berlin aus, von wo aus so genannte odische Publizistik ließen die Polizeibehörden stets „Emissäre“, also Boten, oder der reisende Jahn per- die Tendenz zu den gefürchteten „geheimen Gesell- sönlich als der große Direktor im Hintergrund die schaften“ vermuten, die verstärkt seit der Julirevo- Bewegung verbreiteten. In den 1840er Jahren orga- lution von Paris, London oder der Schweiz in den nisierten sich die Turner vorwiegend autonom nach Deutschen Bund hinein zu wirken versuchten. Die verschiedenen Raummustern, wobei sich besonders wandernden Handwerker, die sich nach ihrer Sess- zwei Schwerpunktregionen herauskristallisierten: haftwerdung mitunter auch den Turnvereinen an- Die südwestdeutsche mit vielen Turnvereinsbildun- schlossen, galten als „Emissäre der Revolution“ und gen und die sächsische. In Nord- und Westdeutsch- gerieten auf diese Weise a priori in Verdacht, so dass land, vor allem in den Rheinlanden, entstand in der Deutsche Bund 1835 durch Bundesbeschluss den 1840er Jahren auch das neue Turnwesen. Ande- das Wandern der Handwerker ins westliche Ausland re Zonen blieben vollkommen unberührt oder nur zu verbieten und in Deutschland unter „strenge po- schwach angeregt. In Bayern existierten über Augs- lizeiliche Aufsicht“ zu stellen versuchte.30 Ungeach- burg hinaus nur wenige Turnvereine; es fällt – von der linksrheinischen Pfalz abgesehen – eigentlich aus. Auch Preußen mit Berlin verharrte in Lethargie, obwohl die Kabinettsordre von Berlin ausgegangen 28 Vgl. zum Folgenden die vorzüglichen Differenzierungen war und im Rheinland auch Turnaktivitäten wieder bei DÜDING, Nationalismus (1984), S. 219 – 249, sowie erwachten. Anders als in der frühen Turnbewegung WIESER, Vorkämpfer (1998). 29 hatte man nun ein Netzwerk mit vielen verschiede- Vgl. das Faksimile bei DASCHER / KLEINERTZ, Barrikaden nen Zentren. (1998), S. 82 30 Vgl. den „Bundesbeschluss über das Verbot des Wanderns, der Versammlungen und Verbindungen der deutschen Handwerksgesellen“ vom 15.01.1835, abgedruckt bei HU- BER, Dokumente (1978), S. 150.

22 Das Heilbronner Turnfest

schönes Beispiel gibt die erste Turner-Zeitschrift, die sich als nationale verstand und sich 1846 un- ter dem Titel „Der Turner“ zu Wort meldete. In lo- ckerem, wallenden Haar und in der typischen Klei- dung schwenkt ein Turner breitbeinig die Fahne und ziert die Unterschrift: „Zeitschrift gegen geistige und leibliche Verkrüppelung“. Aus dem Gebüsch heraus leuchten die Worte „frisch, fromm, fröhlich, frei“. Politische Anspielungen sind nicht enthalten, aber der appellative Charakter schrie nach der Tat. Die Bildgestaltung lässt keine andere Botschaft zu.

3.

Eine dritte Neuerung lag in der Verbreiterung der Öf- fentlichkeit durch Feste, die sich national aufluden und von der Kommunikation durch Symbole leb- ten. Auch dafür sollen einzelne Bildbeispiele stehen. Einen Fundus an historischen Erinnerungen birgt Kopf der Zeitschrift „Der Turner“; 1847 die alte Fahne im Besitz des Frankfurter Turnver- eins 1860.33 Am 8. September 1844 war die Fahne dem Turnverein anlässlich eines Schauturnens über- tet dessen verdankte eine gute Anzahl an Turnverei- reicht worden.34 In ihrer Symbolik spiegelt sie die nen in den 1840er Jahren gerade den wandernden Ziele der Turnerbewegung in den 1840er Jahren wi- Handwerkern ihre Entstehung. Beispielsweise war der: In der Mitte streckt die Germania das Schwert der württembergische Pionierverein – die Stuttgar- mit ihrer Rechten empor, umrahmt von Symbolen ter Männer-„Turngesellschaft“ – durch wandernde der Stärke, dem Löwen, dem Eichenlaubkranz und Hanauer Handwerksburschen und Turner ins Leben Waffen. Das eingeflochtene weiß-rote Band trägt die gerufen worden.31 Inschrift „frisch, fromm, fröhlich, frei, fest“. Im No- Besonders die aus Anlass von Turnfesten publi- vember 1848 war sie in Begleitung Frankfurter Tur- zierten Druckschriften ließen auf Netzwerke schlie- ner, die sich auf dem Weg nach Offenbach zu ei- ßen, wie es beispielsweise das Titelblatt der Schrift ner Trauerfeier für den hingerichteten Robert Blum „Ordnung und Gesänge“ zum Turnfest in Walden- befanden, als die Wache ihnen die Fahne abnahm burg am 10. August 1846 verriet. Angeschlossen wa- und erst auf Bitten des Vorstands wieder zurückgab. ren die dort genannten sächsischen „Turngemein- Angeblich sei sie 1848 zerschnitten und von einem den“ Borna, Burgstädt, Frankenberg, Glauchau, Turner unter den Augen der Polizei dann verborgen Hohenstein, Lichtenstein, Limbach, Lunzenau, Pe- und gerettet worden. Die abgebildeten Fahnen wei- nig, Stollberg und Zwickau. Die Schrift bezeugt zu- sen die Farben der französischen Trikolore und ein gleich eindrucksvoll, dass nunmehr Turnen und Ge- Schwarz-Weiß-Rot auf. Durfte das „Schwarz-Rot- sang eine Symbiose eingegangen waren. Sänger- und Gold“ nicht gezeigt werden? Das erwähnte Verbot Turnerfeste wollten in den 1840er Jahren immer des Bundesbeschlusses würde das nahelegen. Zwei- stärker eine nationale Plattform bilden. felsfrei ist aber durch Eichenlaub, Reichsadler auf ei- Ein weiterer Anker der sich stärkenden Struktu- ner Fahne und Germania symbolisch die deutsche ren lag in einer eigenen periodischen Turnpublizis- Nation gegenwärtig. tik. Das waren die Anfänge der Turnzeitungen.32 Ein Obwohl Schwarz-Rot-Gold verboten war, zeigte man es hin und wieder doch öffentlich, wenn auch erst dem zweiten Blick ersichtlich. Eine Festkarte des Württembergischen Turnfestes in Reutlingen vom 22. September 1845 stellt auf der Vorderseite zwei 31 Ringer in den Mittelpunkt, flankiert vom Turnva- Vgl. DÜDING, Nationalismus (1984), S. 228 32 ter Jahn und umreiht von Turngeräten; Reutlingen Vgl. ILLIG, Körperertüchtigung (1998), S. 34 33 Abgebildet bei GALL, 1848 (1998), S. 74 und der Hausberg – die Achalm – bilden den Hin- 34 Die folgende Schilderung ebd. tergrund. Die Rückseite der Karte notiert das Fest-

23 WOLFRAM SIEMANN

„Ihr Turner sagt, was soll die Banner schmücken? Welch Wort, dem Aller Herzen glühn, Im Frieden hier u. wenn wir Schwerter zücken, Wem gilt des Mannes Kampf u. Mühn? Wem schwören Alle mit Herz und Hand, Das ist [!] ihr Brüder dem Vaterland“.

Diese Strophe enthält in geradezu idealtypischer Weise die vier entscheidenden Elemente – die Fah- ne mit den nationalen Farben als sichtbares Sym- bol, emotionales Pathos, Volksbewaffnung mit der Bereitschaft zum Krieg und die Nation als höchster Wert: „Brüder dem Recht und der Freiheit verwand / Zieret und schirmet das Vaterland“, predigten die Festkarte des Württembergischen Turnfestes in Reutlingen letzten Zeilen. Seit den Freiheitskriegen legitimierte am 22. September 1845 die Bereitschaft zur aktiven Teilnahme am Krieg den Anspruch auf politische Teilhabe.36 Wie sehr die Militanz des demokratischen Flügels Revolutionspotenzial barg, erkannten unverdächtige Zeitgenossen bereits vor der Revolution. Der liberale programm.35 Die Ornamentierung dokumentiert, Mannheimer Buchhändler Friedrich Daniel Basser- wie regionaler und nationaler Horizont miteinan- mann schilderte als seine Zeitdiagnose: „Die jungen der verbunden wurden: Am Rand sind die Wappen Turner wurden schon bald als die künftige Armee württembergischer Städte platziert, das württem- der radikalen Partei betrachtet, die Turnvereine, wel- bergische Landeswappen hervorgehoben am unte- che sich rasch ausgebreitet hatten, traten miteinan- ren Rand, flankiert von einer schwarz-rot-goldenen der in Verbindung, sie übten sich in den Waffen, or- Fahne und einer Fahne des Reichsadlers. Am oberen ganisierten sich militärisch und es war für jedes Auge Rand erscheinen auf Spruchbändern die Turnergrü- offenbar, dass ihr vorherrschender Zweck ein politi- ße „Gut Heil“ und „Frisch fröhlich frei u. fromm“. scher, ein revolutionärer geworden“.37 Die deutsche Tendenz der Karte erschließt sich also Inwiefern auf diese Weise implizit die Frauen als erst beim zweiten, genaueren Hinsehen, und auch aktive Teilnehmerinnen an der Turnbewegung aus- nur auf der Rückseite; das ist zweifellos als eine Vor- gegrenzt wurden, ist eine komplizierte, zu schnell sichtsmaßnahme zu deuten. einseitig beantwortete Frage, die eine besondere War das Reutlinger Turnfest noch vorwiegend von Darstellung erfordern würde. Die merkwürdige Ka- Leibesübungen geprägt, wie auch das Festprogramm binettsordre, welche das Turnen an die Gymnasial- verrät, erweiterten spätere Turnfeste ihren Teilneh- ausbildung koppelte, begrenzte es von vornherein merkreis um die Sänger; sie verstärkten dadurch ihre auf das männliche Geschlecht. Dies entsprach kei- nationale Ausrichtung und pathetische Emotiona- neswegs der ursprünglichen Ansicht Jahns. In den lisierung. Das Heidelberger Erinnerungsblatt zum Worten eines Baseler Philanthropen folgerte Jahn, Fest im Schlosshof am 13. Juni 1847 vermag diese „wie sehr überhaupt die Vollkommenheit und das Synergie nationalen, kryptopolitischen Wollens be- Glück der Menschheit sich auf Weiberverstand und sonders eindrücklich zu veranschaulichen. Hierbei Weibertugend gründet“, und er sprach – noch völlig un- ist zu bedenken, dass derartige Zeugnisse zugleich zeitgemäß – von den Frauen als „künftigen Mitbür- den Anspruch vermitteln, Erinnerungen zu bewah- gerinnen“, die durch eine bessere Ausbildung in den ren, an einem Ursprungsmythos zu schreiben und Stand gesetzt werden müssten, eigenverantwortlich auf diese Weise durch Traditionsbildung das kol- zu handeln: „Wer wählen soll, muß es können.“38 lektive Gedächtnis zu prägen. Das Fest-Album zum Heilbronner Turnfest von 1846 erfüllte diesen glei- chen Zweck. Das Bild verrät auch die Zusammen- 35 Vgl. Badisches Landesmuseum Karlsruhe, 1848/49 (1998), S. 168; Original im HStA Stuttgart E 147 Bü 1946/1. setzung der Festversammlung in Heidelberg. Neben 36 Vgl. HAGEMANN, Muth (2002) 37 Bürgern und Handwerkern haben sich auch Frauen BASSERMANN, Denkwürdigkeiten (1926), S. 30; vgl. auch eingereiht. Die Grundwerte spricht die erste Strophe DEUCHERT, Hambacher Fest (1983), S. 241. 38 des beigegebenen Liedes an: JAHN, Volkstum (1884), S. 274

24 Das Heilbronner Turnfest

„Erinnerung an das Heidelberger Turn- und Sangfest im Schlosshofe am 13. Juni 1847“; 1847

Entsprechende Äußerungen finden sich bei ihm 6. Risiken und Rücksichten im Spiegel auch über die Beteiligung von Frauen am Turnen. des Fest-Albums zur Erinnerung an das Zu welchem freimütigen Auftritt politische Sym- bolik bis in den Alltag hinein in der Lage war, wenn Turnfest zu Heilbronn sich Turner frei äußern konnten, veranschaulicht auf plastische Weise eine Turnpfeife aus Schwäbisch Hall. Im vormärzlichen Jahrzehnt hatten die Turner al- Ihre gesamte Botschaft bestätigt den Verdacht Basser- lerdings Umstände zu meistern und Rücksichten zu manns. Der abgebildete Turner mit schulterlangen nehmen, um polizeilichen Nachstellungen zu entge- Haaren, Bart und breitkrempigem Hut gleicht im hen. Abschließend soll das „Fest-Album zur Erinne- Aufzug dem revolutionären Typ Hecker. Er hält eine rung an das Turnfest zu Heilbronn“ daraufhin durch- schwarz-rot-goldene Fahne. Jeder der vier Kreuzbal- gemustert werden, wie weit der Festredakteur Rudolf ken trägt ein „F“ gemäß dem aufgedruckten Turner- Flaigg durch andeutende oder gar offenkundige Be- motto „Frisch Frei Fromm Froh“, unterlegt durch wertungen und Mitteilungen eine Politisierung des den Turnergruß „Gut Heil“ am Pfeifenfuß. „So ver- Turnfestes so weit transparent macht, dass auf eine eint die Pfeife Symbole der Turner und der revoluti- potenzielle Gefährdung zu schließen ist. Erste Signa- onären Bewegung miteinander.“39 Auf der Rücksei- le gibt das Widmungsgedicht: te teilt der Pfeifenkopf mit, er sei dem Stärkemacher „Den Turnerbrüdern aus den deutschen Gauen Renner aus Schwäbisch Hall gewidmet. Dieser war vom Quell des Rheins bis an der Ostsee Strand, – Obmann der Turnerwehr, die als revolutionärste den starken Männern und den zarten Frauen, Gruppierung der Haller Bevölkerung galt. Die Zu- wo deutsche Zunge klinget, „stammverwandt“, – gehörigkeit zur Turnerschaft, nationales und revolu- und Dir, die freundlich half es zu erbauen, tionäres Bekenntnis in den Reihen der bürgerlichen Heilbronn, Gesegnete am Neckarstrand, – Mitte der Handwerker hatte das Wirtshaus erreicht, sei freudig dieses Denkmal hier geweiht: den Kommunikationsraum des Alltags. Wer mit die- ein Zeugnis deutscher Kraft und Einigkeit“. ser Pfeife rauchte, provozierte durch die Symbolik die Anwesenden, ihrerseits Position zu beziehen. Bereits der Anspruch, über das lokale Ereignis hin- aus Turner aus ganz Deutschland herbeizurufen, war problematisch, weil er eine überregionale Kommu- nikation – ein Netzwerk – voraussetzte und wirksam 39 Abbildung in: Badisches Landesmuseum Karlsruhe, machte, auch wenn anfangs die erwartete Resonanz 1848/49 (1998), S. 168, Beschreibung S. 169 ausblieb. Immerhin ging die Herkunft der Teilneh-

25 WOLFRAM SIEMANN mer am Turnfest über die Grenzen des südwestdeut- welche die Bildung von Zweigvereinen – im Amts- schen Raums hinaus. deutsch weiterhin „Affiliationen“ – untersagte, da sie Noch erheblich weiter ging der nationale Hori- der Tendenz folgten, „Staat im Staate“ und politische zont durch die Anspielung auf Ernst Moritz Arndts Partei zu werden. Zugleich erkannten die Turner als Lied „Des Deutschen Vaterland“ vom März 1813, Konsequenz, dass sie darauf verzichten mussten, das die Turner in Heilbronn schließlich auch öffent- „bindende Beschlüsse zu fassen“, denn das hätte eine lich gesungen hatten.40 Mit der Pflege Arndtschen integrierende Verfassungsstruktur des Turnwesens Liedguts legte die Festgemeinde implizit ein politi- mit interner Weisungskompetenz vorausgesetzt. Fol- sches Bekenntnis für einen politisch Verfolgten ab; gerichtig unterließ man auch andere Beschlüsse, die gleiches geschah, als man das eigens für das Fest ver- in diese Richtung gewirkt hätten – die Erwählung fasste Grußwort des beinahe achtundsechzigjährigen eines Leitorgans unter den bestehenden Turnzeitun- Jahn verlas.41 gen sowie die Bildung einer Unterstützungskasse für Als man abends beisammen saß, lockerten sich die bedürftige Turngemeinden mit der aufschlussreichen Zungen zu gemeinsamen Trinksprüchen, die Emoti- Begründung, „weil nur ein organisirter Verein eine onen nahmen freien Lauf, und wer sich zuvor be- solche Unterstützungskasse gründen könnte“.46 Den deckter gehalten hatte, wählte nun eine deutlichere militanten Grundzug, der sich permanent in den ge- Sprache, ganz ähnlich wie ehedem die Redner auf sungenen Liedern äußerte und aus den antinapoleo- dem Hambacher Schloss, als aus solchen Gelegen- nischen Befreiungskriegen legitimierte, wollte man heiten besorgte Spitzelberichte an den preußischen gleichfalls institutionell nicht manifest machen, in- Polizeiminister Wittgenstein und den österreichi- dem man auf einen Beschluss zu einer „Verbindung schen Staatskanzler Metternich erwuchsen.42 Die der Schießübungen mit dem Turnen“ verzichtete. Heilbronner ließen „Vater Jahn“ und die „deutsche Schließlich nahm man – dem Symbolverbot von Sache in Schleswig-Holstein“ hochleben. Geradezu 1832 entsprechend – auch davon Abstand, ein ge- stürmisches „Gutheil“ löste ein Mannheimer Turner meinsames Symbol der Turnerschaft zu dekretieren. aus, der an den eingekerkerten Gustav von Struve Es hätten die vier „F“ des Spruches „Frisch, fromm, erinnerte und zu einem Gruß an diesen aufforder- fröhlich, frei“ sein sollen, jeweils platziert in die te.43 Dazu muss man wissen, dass der Mannheimer Ecken eines Christuskreuzes, das als die „Form des Rechtsanwalt massiv in der Öffentlichkeit dafür deutschen Kreuzes“ deklariert wurde.47 warb, Turnvereine zu gründen; er provozierte die Be- Obwohl die Turner äußerlich die Verbote zu be- hörden dermaßen, dass man ihn als „Staatsverräter“ achten schienen, übertraten sie diese auf informel- und „Wühler“ bezeichnete und schließlich wegen le Weise: Sie kommunizierten in nationaler Weite, Beamtenbeleidigung zu vier Wochen Gefängnishaft bedienten sich der Symbolik, besonders der „deut- verurteilte.44 Auch in Heilbronn konnte es nicht un- schen Farben“; sie planten im Sinne eines entstehen- gefährlich sein, einen solchen Oppositionellen, der den nationalen Netzwerkes auf einem Turnfest das in der Einschätzung der badischen Landesregierung nächste mit wechselnden Schauplätzen und benutz- und des Deutschen Bundes als gefährlicher Agitator ten diese als Forum für politische Proklamationen galt, hochleben zu lassen. und Forderungen – am intensivsten im Jahr 1847 Die konkreten, einer zuvor beschlossenen Tages- vor Ausbruch der Revolution. ordnung folgenden Verhandlungen der Turner zei- In der Heilbronner Dokumentation offenbart gen besonders deutlich das Dilemma zwischen or- sich unzweideutig die subkutane Handlungsbereit- ganisatorischer Erweiterung und Verfestigung in schaft, politisch und gegebenenfalls auch revolutio- Spannung zu behördlichen Restriktionen. Das Fern- ziel, ein nationales Netzwerk der Turn-bewegung zu flechten, äußerte sich in dem Wunsch, über die örtli- chen Grenzen hinaus einen schwäbischen Turnverein 40 zu gründen. Konkret fragte man, „ob nicht die Con- Vgl. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 18; den vollen Wort- laut bei SPIES, Napoleon (1981), S. 256 f.; vgl. unten, stituirung eines auf die würtembergischen Turnge- S. 134. 41 meinden beschränkten Vereins möglich und wünsch- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 f.; unten, S. 121 42 Vgl. VALENTIN, Nationalfest (1932), S. 110 – 122 bar wäre“. Es setzten sich am Ende die Vorsichtigen 43 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 18 f.; unten, S. 134 durch, welche dafür warben, „nicht unnöthiger Wei- 44 45 Vgl. DEUCHERT, Hambacher Fest (1983), S. 175 – 183 se Missfallen und Misstrauen zu erwecken“. Man 45 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 6; unten, S. 122 entschied die „Verwerfung eines Vereins von Turnge- 46 Ebd. 47 meinden“. Damit entsprach man der Gesetzeslage, FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 7; unten, S. 123

26 Das Heilbronner Turnfest när einzugreifen. In richtiger Einschätzung der Zu- keineswegs, die hier im Untergrund eine sich for- kunft prognostizierte man nämlich, „dass die Zeit mierende Revolutionstruppe vermutete. Im Novem- nicht fern sein werde, wo sich die Kraft und der ber 1847 hatte der preußische Bundestagsgesandte Muth der Turner im Handeln erproben könne“, da August Graf von Dönhoff einen Plan ausgearbeitet, „Deutschland ernsten und schweren Zeiten entge- einen geheimen politischen Nachrichtendienst in gensehe“; es gehe um das „einige, freie, deutsche Va- Frankfurt zu etablieren; er sollte auch die Aktivitäten terland“,48 „um unsere Bildung zu Männern, zu Bür- der Turnvereine überwachen.52 Die Bundesländer gern für’s Vaterland“, und hierin beanspruchte man Hessen-Darmstadt und Nassau erklärten sich bereit Autonomie gegenüber dem Zugriff des Staates. Man zu kooperieren. Bayern, Württemberg und Kurhes- habe ein „Recht, zu verlangen, dass der Staat nicht sen zögerten noch. Es lag mithin ein Abwehrinstru- hemmend und störend in unser Wachsen und Blü- ment bereit, das zwar zunächst von der Revolution hen eingreife“.49 1848/49 überrollt worden, danach aber sofort abruf- Aus Sicht der Behörden war das schon vom Prin- bar war. zip her unakzeptabel. Außerdem musste als bedenk- In das Revolutionsjahr fiel die Spaltung der Tur- lich erscheinen, dass die Bewegung der Turner nicht ner in einen konstitutionell gemäßigten Flügel, der ein gesellschaftlich isoliertes Dasein führte; im Ge- eher darauf bedacht war, die Regierungen nicht zu genteil: Sie beanspruchte nicht nur, alle Schichten provozieren, und eine demokratische Richtung, zu ergreifen – sie war auch tatsächlich aufgehoben der sich später noch die Arbeiterturnvereine beige- in der gesamten bürgerlichen Ehrbarkeit, unter Be- sellten.53 Mit anderen Worten: Die Turnbewegung teiligung des Heilbronner Bürgervereins, der Ho- machte denselben Prozess mit, den alle gesellschaft- noratioren wie etwa des Bierbrauers und späteren lichen Vereinigungen im Revolutionsjahr erlebten, Paulskirchenabgeordneten Ludwig Hentges,50 um- indem sie sich entlang konkurrierender Interessen- kränzt und unterstützt von Bürgergarde, Ehrengäs- fronten voneinander abzugrenzen begannen. Aber ten aus dem Kreis höherer Beamter und Magistrats- das Auseinanderbrechen in konkurrierende Interes- mitglieder und Angehörigen des Gymnasiums und sengruppen bedeutete zugleich eine Erfahrung, die der Realschule. Das alles erfolgte unter lebhafter mit zunächst nur kurz gewährter Freiheit verbunden Anteilnahme der weiblichen Bevölkerung, freilich war. hauptsächlich als Ornament des Festlichen und Ju- In der Phase der Reaktion während der 1850er belchor für die Turner, nicht als aktiv beteiligte Tur- Jahre begründeten die sieben größten Bundesstaaten nerinnen: „Unsere Zeit fordert Menschen, Männer, – entsprechend dem preußischen Plan von 1847 – ganze Männer“51 – hieß es noch markig. am Bundestag vorbei konspirativ und geheim einen Nach dem Heilbronner Turnfest radikalisierte so genannten „Polizeiverein“. Dieser organisierte die sich die Turnbewegung noch erheblich in ihren im- Überwachung und Verfolgung aller oppositionellen mer öffentlicher kundgegebenen Aufrufen, bewaff- und revolutionären Kräfte bis zum Beginn der „Neu- net „Deutschland“ zu verteidigen, bevorzugt gegen en Ära“ im Jahr 1858. Er machte aus der Turnbewe- einen „neuen Korsen“. Die Rheinkrise des Jahres gung eine verfolgte Freiheitsbewegung und trug dazu 1840 und das durch sie geprägte Liedgut der Män- bei, die angebahnte Spaltung der Mitgliedschaft in nergesangvereine taten ein Übriges, die Emotionen einen weiterhin politisch aktionsbereiten und einen aufzureizen. Das entging den wachsamen Behörden unpolitischen Flügel zu vertiefen.54 Dieser gehei- me politische Nachrichtendienst hatte maßgeblich daran Anteil, dass die Struktur der Turnbewegung in den 1850er Jahren zusammenbrach, so dass de- ren Neubelebung in den 1860er Jahren vielfach als 48 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13 f.; unten, S. 129 f. Neugründung verstanden wurde. Die 1848er Tradi- 49 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 17; unten, S. 133 50 tionen gerieten in der Deutschen Turnerschaft, an- Vgl. BEST / WEEGE, Handbuch (1996), S. 177 51 ders als in der Arbeiter-Turn-Bewegung, weitgehend FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 12; unten, S. 128; vgl. hier- zu auch LANGEWIESCHE, Vaterland (2000), S. 119. in Vergessenheit, wie sich bei der Leipziger Jahrhun- 52 Vgl. SIEMANN, Ruhe (1985), S. 108 – 122; zur Radikalisie- dertfeier der Völkerschlacht im Oktober 1913 zeig- rung vor der Revolution DÜDING, Nationalismus (1984), te, als die deutsch-nationale, antifranzösische Tradi- S. 281 – 299. 53 tion das revolutionäre Erbe hatte vergessen lassen. Vgl. ILLIG, Körperertüchtigung (1998), S. 65 – 74; HAUG, Die gegen Hurrapatriotismus protestierenden 2000 Turnplatz (1998), S. 18 – 21 54 Vgl. zur nachrevolutionären Überwachung SIEMANN, Teilnehmer des ersten Freideutschen Jugendtages auf Polizeiverein (1983), S. 12, 140, 156, 174, 198, 209, 214 dem Hohen Meißner bei Kassel konnten sich gegen-

27 WOLFRAM SIEMANN

über den parallel stattfindenden Massenaktionen der Literatur organisierten Turnerschaft kaum Gehör verschaf- fen.55 Erst in den Jubiläumsfeiern anlässlich des Ge- Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hg.): 1848/49. denkens an die Revolution 1848/49 im Jahr 1948 Revolution der deutschen Demokraten in Baden. und dann wiederum im Jahr 1998 erwachte die Er- Baden-Baden 1998 innerung an die überdeckte demokratische Tradition BASSERMANN, Friedrich Daniel: Denkwürdigkeiten der Turner, die sich nun wieder mit „Freiheitsläufen“ 1811 – 1855. Frankfurt a.M. 1926 in das Bewusstsein der Öffentlichkeit brachten. BEST, Heinrich / WEEGE, Wilhelm: Biographisches Handbuch der Abgeordneten der Frankfurter Natio- nalversammlung 1848/49. Düsseldorf 1996 BRAUN, Harald: Das politische und turnerische Wirken von Alexander Friedrich Ludwig Weidig. 2. erg. u. durch eine Dokumentation erw. Aufl. St. Augustin 1983 BRAUN, Harald: Geschichte des Turnens in Rheinhessen. Ein Beitrag zur wechselseitigen Beeinflussung von Politik und Turnen. Bd. 1: 1811 – 1850. Alzey 1986 DASCHER, Ottfried / KLEINERTZ, Everhard (Hg.): Petitionen und Barrikaden. Rheinische Revolutionen 1848/49. Münster 1998 DEUCHERT, Norbert: Vom Hambacher Fest zur ba- dischen Revolution. Politische Presse und Anfän- ge deutscher Demokratie 1832 – 1848/49. Stuttgart 1983 Deutscher Bundestag (Hg.): Wege – Irrwege – Umwege. Die Entwicklung der parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Berlin 2002 DÜDING, Dieter: Organisierter gesellschaftlicher Natio- nalismus in Deutschland (1808 – 1847): Bedeutung und Funktion der Turner- und Sängervereine für die deutsche Nationalbewegung. München; Wien 1984 EICHEL, Wolfgang: Illustrierte Geschichte der Körperkul- tur. Bd. 1: Körperkultur in der Urgesellschaft und in der Antike. Körperkultur in Deutschland bis 1917. Berlin 1983 FLAIGG, Rudolf: Fest-Album zur Erinnerung an das Turnfest zu Heilbronn, den 1. bis 4. August 1846. Aus Auftrag der Turngemeinde Heilbronn herausgege- ben von Rudolf Flaigg. Heilbronn 1846 FRANÇOIS, Etienne et al. (Hg.): Deutsche Erinnerungs- orte. 3 Bde. München 2001 GALL, Lothar (Hg.): 1848. Aufbruch zur Freiheit. Berlin 1998 HAGEMANN, Karen: „Mannlicher Muth und teutsche Ehre“. Nation, Militär und Geschlecht zur Zeit der antinapoleonischen Kriege Preußens. Paderborn 2002

55 Vgl. SIEMANN, Krieg (1988), S. 315

28 Das Heilbronner Turnfest

HAUG, Brigitte: „... auf dem neuen Turnplatz der Politik SIEMANN, Wolfram (Hg.): Der „Polizeiverein“ deutscher ...“. Turnvereine in Baden und Württemberg in der Staaten. Eine Dokumentation zur Überwachung der Revolution 1848/49. Schorndorf 1998 (Institut für Öffentlichkeit nach der Revolution von 1848/49. Sportgeschichte Baden-Württemberg. Wissenschaft- Tübingen 1983 liche Schriftenreihe 5) SIEMANN, Wolfram: Der Streit der Erben – deutsche HUBER, Ernst Rudolf (Hg.): Dokumente zur deutschen Revolutionserinnerungen. In: LANGEWIESCHE, Die- Verfassungsgeschichte. Bd. 1: Deutsche Verfassungs- ter (Hg.): Die Revolutionen von 1848 in der europä- dokumente 1803 – 1850. 3. Aufl. Stuttgart u.a. 1978 ischen Geschichte. Ergebnisse und Nachwirkungen. HUNT, Lynn: Symbole der Macht, Macht der Symbo- Beiträge des Symposions in der Paulskirche vom le: die französische Revolution und der Entwurf einer 21. bis 23. Juni 1998. München 1999 (Historische politischen Kultur. Frankfurt a. M. 1989 Zeitschrift, Beiheft 29), S. 124 – 154 ILLIG, Stefan: Zwischen Körperertüchtigung und natio- SPIES, Hans-Bernd (Hg.): Die Erhebung gegen Napoleon naler Bewegung. Turnvereine in Bayern 1848 – 1890. 1806 – 1814/15. Darmstadt 1981 Köln 1998 VALENTIN, Veit: Das Hambacher Nationalfest. Berlin JAHN, Friedrich Ludwig: Deutsches Volkstum. Lübeck 1932 1810. In: Euler, Carl (Hg.): Friedrich Ludwig Jahns VEIT-BRAUSE, Irmline: Die deutsch-französische Krise Werke. Bd. 1. Hof 1884, S. 143 – 380 von 1840. Studien zur deutschen Einheitsbewegung. KRÜGER, Michael: Körperkultur und Nationsbildung. Köln 1967 Geschichte des Turnens in der Reichsgründungsära. WIESER, Lothar: „Vorkämpfer für ‚Einheit und Freiheit’“ Schorndorf 1996 – Turner in Vormärz und Revolution von 1848/49. LANGEWIESCHE, Dieter: „für Volk und Vaterland kräftig In: Badisches Landesmuseum Karlsruhe (1998), zu würken…“. Zur politischen und gesellschaft- S. 165 – 169 lichen Rolle der Turner zwischen 1811 und 1871. In: DERS. (Hg.): Nation, Nationalismus, Nationalstaat in Deutschland und Europa. München 2000, S. 103 – 131 MÖLLER, Klaus Peter (Hg.): 150jähriges Jubiläum der Revolution von 1848/49 und Eröffnung der Ausstel- lung „1848 – Aufbruch zur Freiheit“. Dokumentation der Festveranstaltung in der Paulskirche zu Frankfurt am Main am 18. Mai 1998. Wiesbaden 1998 PETZOLD, Dominik: „Monarchische Reklamefilms“? Wilhelm II. als Medienkaiser (Münchner Diss. in Vorber.) PFISTER, Gertrud: „Frisch, fromm, fröhlich, frei“. In: FRANÇOIS, Erinnerungsorte Bd. 2 (2001), S. 202 – 219 SIEMANN, Wolfram: „Deutschlands Ruhe, Sicherheit und Ordnung“. Die Anfänge der politischen Polizei 1808 – 1866. Tübingen 1985 SIEMANN, Wolfram: Krieg und Frieden in historischen Gedenkfeiern des Jahres 1913. In: DÜDING, Dieter / FRIEDEMANN, Peter / MÜNCH, Paul (Hg.): Öffentliche Festkultur. Politische Feste in Deutschland von der Aufklärung bis zum Ersten Weltkrieg. Reinbek 1988, S. 298 – 320

29 30 Turnvereine und ihr Verhältnis zu demokratischen Vereinen und zur Arbeiterbewegung im Rhein-Main-Raum 1848/49

MICHAEL WETTENGEL

Am 9. Januar 1848, sieben Wochen vor Ausbruch zuwenden, um die Freiheit Deutschlands zu begrün- der Revolution, trafen sich Turner aus mehreren den.“ „Wir müssen,“ so sagte er ferner, „alles thun südwestdeutschen Staaten in einem Gasthaus im um die Revolution zu befördern, ja dahin trachten, nassauischen Hattersheim unweit Frankfurt. Vor daß solche Vereine oft und viel aufgelöst werden, das 300 bis 400 Zuschauern wurde offen zum gewalt- steigert die Erbitterung des Volkes auf’s Höchste. samen Umsturz aufgerufen.1 Der Mannheimer Tur- Vor Allem müssen wir uns an das Proletariat, an die ner und Student Carl Blind2, der den Vorsitz inne- Handwerksgesellen namentlich anschließen.“3 hatte, umriss in seinem Eröffnungsvortrag die Ziele Auch andere Versammlungsteilnehmer griffen die der Turner: „Unser Zweck [...] ist die Revolution im Forderungen Blinds auf: Ein Frankfurter Metallar- weitesten Sinne. Jeder Turner ist ein Revolutionair, beiter schlug die Gründung eines „Proletarierver- darüber täuschen wir uns nur nicht. Unser Bestre- eins“ vor, und der Mannheimer Turner Wolff mein- ben muß seyn, das Volk allmählig aufzuwiegeln, die te, man müsse nun zur Tat, „zur offenen Revolution Fürsten, unsere Tyrannen, zu verjagen und Alles an- schreiten.“4 Besonders radikal gab sich den Polizeibe- richten zufolge der Hanauer Turner Gottfried Una: „Auf Niemand müsse Rücksicht genommen werden,

1 nicht auf Stand, Alter und Geschlecht. Vorerst müs- Geh. StA Preußischer Kulturbesitz Berlin 2.4.1. I Nr. 8252, se man die Köpfe der Tirannen holen, dieser Blut- Bl. 239: „an 300“; Geh. StA Preußischer Kulturbesitz Ber- lin 2.4.1. I Nr. 8252, Bl. 224: „beiläufig 400“, abgedr. bei sauger, und deshalb keinen Unterschied machen, ob NEESE, Turnbewegung (2002), S. 498 f.; GLA Karlsruhe für den Einen oder den Andern noch dieses oder je- 236/8491, Bl. 7: „ca. 300“. nes spreche, das Kind im Mutterleibe dürfe nicht ge- 2 Zu Carl Blind (04.09.1826 – 31.05.1907) vgl. unten, schont werden. Alles müsse niedergemacht werden, S. 175; außerdem Rhein-Neckar-Raum (1998), S. 89 ff.; das sei der einzige Weg zum glücklichen Ziele.“5 MUHS, Blind (1998); zum Turnverein Mannheim vgl. Die Zusammenkunft in Hattersheim kam nicht WIESER, Mannheim (1996). 3 Geh. StA Preußischer Kulturbesitz Berlin 2.4.1. I Nr. 8252, unerwartet; sie wurde bereits am 19. Dezember 1847 Bl. 239 ff., abgedr. bei NEESE, Turnbewegung (2002), beschlossen und reihte sich in eine Serie von Veran- S. 499 f.; vgl. auch Geh. StA Preußischer Kulturbesitz staltungen der Turner im Rhein-Main-Raum ein. Berlin 2.4.1. I Nr. 8252, Bl. 224 f.; GLA Karlsruhe Erstaunen mag zunächst vor allem die Öffentlich- 236/8491, Bl. 7-23; GLA Karlsruhe 48/1802, Bl. 50-53; keit und der dezidiert revolutionäre Charakter der NOVER, Lorenz: Promemoria über die politisch-revoluti- onären Verbindungen in den Jahren 1816 bis 1852, StA Versammlung. So wurde ausdrücklich auch Nicht- Darmstadt Abt. C 1 (Hs.), Nr. 189/10, Bl. 61–64. Turnern die Teilnahme gestattet, darunter auch vie- 4 GLA Karlsruhe 236/8491, Bl. 8 len Ortsansässigen.6 Geradezu provokant und her- 5 GLA Karlsruhe 236/8491, Bl. 9 f. 6 ausfordernd erscheint das Auftreten der Wortführer Vgl. DÜDING, Nationalismus (1984), S. 295 f. 7 Vorschlag zur Constituierung einer allgemeinen deutschen der Versammlung, die in nächster Nähe des Sitzes Turnerschaft des Turnvereins Mannheim vom 05.09.1847, des Bundestages und von Bundestruppen stattfand. abgedr. bei NEESE, Turnbewegung (2002), S. 489 f. An- Letztlich bildete die Hattersheimer Zusammenkunft geblich wurden solche Pläne beim Heidelberger Turnfest jedoch nur den vorläufigen Höhepunkt einer zu- am 13.06.1847 und beim 2. Deutschen Turnfest in Frank- nehmenden Radikalisierung der südwestdeutschen furt a.M. vom 31.07.–02.08.1847 erörtert; StadtA Kob- lenz 403/7056: Turnfest am 31. Juli und 1. August 1847 in Turnvereine. Frankfurt a.M., abgedr. in: BRAUN, Rheinhessen (1986), Seit dem Beginn der 1840er Jahre waren allent- S. 121 ff., hier S. 122; DÜDING, Nationalismus (1984), S. 247 f. halben im Südwesten Turnvereine gegründet wor- Bereits 1814–1819 waren erste Turnvereine im hessischen den, die rasch ein regional übergreifendes Netzwerk Raum gegründet worden, die jedoch der Demagogenver- mit Zentren im Rhein-Main- und Rhein-Neckar- folgung zum Opfer gefallen waren. Vgl. zur Geschichte der Raum bildeten, und schon seit Mitte 1847 kursier- frühen Turnbewegung LANGEWIESCHE, Vaterland (1990); Düding, Nationalismus (1984), bes. S. 50 ff.; LUTZ, Jahn ten Pläne für einen engeren Zusammenschluss der 7 (1976); JAHN, Jahn (1992). Turnerschaft. Obgleich sich die Turnvereine in ih-

31 MICHAEL WETTENGEL ren Statuten unpolitisch gaben und nur die körperli- Brudersinn und die körperliche und geistige Kraft che Ertüchtigung als Ziel nannten, verfolgten sie von des Volkes zu heben.“11 Anfang an nationale und freiheitliche Zielsetzungen. Entscheidungen sollten auf den Turntagen nach Die Regierungen beobachteten die zur Massenorga- dem Mehrheitsprinzip erfolgen, wobei die Stim- nisation anwachsende Turnbewegung argwöhnisch; menzahl auf der Grundlage der Mitgliederstär- ihnen blieb die politisch-oppositionelle Ausrichtung ke der Einzelvereine festgelegt wurde. Der militäri- der Vereine und ihre zunehmende Vernetzung nicht sche Charakter, der schon die frühe Turnbewegung verborgen.8 Schon im Juni 1847 war es in Hessen- gekennzeichnet hatte, zeigte sich in § 12 der Turn- Darmstadt, Württemberg und Baden zu Verboten tagsbeschlüsse, in dem die Turner aufgefordert wur- einzelner Turnvereine gekommen, die wohl mit eine den, sich zu bewaffnen. In den allenthalben neu for- Ursache für die in Hattersheim zutage getretene Er- mierten Bürgerwehren bildeten die Turner häufig bitterung darstellten; darauf deuteten insbesondere eigenständige bewaffnete Einheiten, oder sie bean- die Reden der Mannheimer Turner hin, deren Ver- spruchten Führungspositionen.12 Am 20. Mai 1848 ein verboten worden war. Hattersheim zeigte, dass bot Hanau als Vorort des Deutschen Turnerbundes die Turnbewegung mit Vereinsverboten und mit ein- der Nationalversammlung den militärischen Schutz zelstaatlichen Polizeimaßnahmen nicht mehr einzu- durch die Turnvereine an und erklärte sich bereit, dämmen war. binnen 20 Stunden sämtliche bewaffnete Turner der In Hattersheim kam es aber auch erneut zu Ausei- Umgebung Frankfurts der Nationalversammlung zu nandersetzungen unter den Turnern über ihre Ziel- unterstellen.13 setzungen – schon bei dem Heilbronner Turnfest Wie auf dem Hanauer Turntag vereinbart, schlos- von 1846 waren unterschiedliche Positionen deut- sen sich die Vereine zu Bezirksverbänden des Deut- lich geworden.9 Einer der Organisatoren der Hat- schen Turnerbunds zusammen.14 Den Anfang tersheimer Versammlung, der Frankfurter Turnlehrer machte im Rhein-Main-Raum der Bezirksverein für August Ravenstein, missbilligte die radikalen Reden „sämmtliche in der Umgegend des Taunus und des mit scharfen Worten: „Das sei der Zweck nicht, den Westerwaldes bestehende Turngemeinden“ unter er mit dem Turnen verbinde, das sei Revolution, bei dem Vorort Limburg am 7. Mai 1848, gefolgt am solchem Fortfahren hätten die Regierungen recht, 14. Mai von dem unter Leitung von Mainz gebil- wenn sie das Turnen ganz verbieten.“10 Hier deute- deten „mittelrheinischen Bezirksverband“ und zu- ten sich bereits die späteren Konflikte zwischen ge- letzt am 25. Juni 1848 vom „Lahnbezirksverein“, mäßigten und radikalen Turnern an. Die hessischen und nassauischen Turnvereine waren am Vorabend der Revolution Teil der liberal-demokratischen Op- 8 positionsbewegung, und wie bei dieser führte die zu- DÜDING, Nationalismus (1984), S. 299 ff. 9 Vgl. KRÜGER, Nationalismus (2004), S. 136 f. nehmende Radikalisierung und Politisierung auch 10 bei den Turnern zu internen Spannungen und Aus- Geh. StA Preußischer Kulturbesitz Berlin 2.4.1. I Nr. 8252, Bl. 242, abgedr. bei NEESE, Turnbewegung (2002), einandersetzungen. S. 499 f. Zu August Ravenstein vgl. ADB, Bd. 30, Leip- zig 1890, S. 68 f. Zum Frankfurter Turnverein und August Ravenstein vgl. ROTH, Frankfurt (1996), S. 411 ff.; ROTH, 1. Turnvereinsbünde und Spaltung der Vereinswesen (1998), S. 179 ff. Turnbewegung 11 Stadtbibliothek Mainz, Mog 2º/29, Flugblätter 1848, abge- dr. bei BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 145. 12 Vgl. NEESE, Turnbewegung (2002), S. 55 f.; BRAUN, Rhein- Der Erfolg der Märzerhebung von 1848 führte zu hessen (1986), S. 52; WETTENGEL, Colonne (1993), S. 46 einer Welle von Turnvereinsgründungen. In einem f.; WAMSER, Butzbach (1896), S. 40; KICHLER, Darmstadt neuen Anlauf konnte der Zusammenschluss der (1871), S. 19; in Württemberg bildeten sich vielerorts ei- deutschen Turnvereine nun verwirklicht werden: Auf gene Turnereinheiten innerhalb der Bürgerwehren, die sich auch in der Kleidung unterschieden, vgl. SAUER, Volksbe- dem Turntag in Hanau am 2./3. April 1848 wurde waffnung (1976), S. 101 ff. 13 von Vertretern von 40 Vereinen der „Deutsche Tur- Abgedr. in BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 154 f. (das an nerbund“ als Dachverband aller deutschen Turn- den Turnverein Mainz gerichtete Schreiben); Abdr. des an vereine konstituiert. Als Klammer diente die natio- den Turnverein Limburg gerichteten Schreibens vom 21. nale Zielsetzung; so hieß es in § 2 der Beschlüsse Mai 1848 bei NEESE, Turnbewegung (2002), S. 82; vgl. zu der Bewaffnung der rheinhessischen Turnvereine BRAUN, des Turntags: „Der Zweck des Turnerbundes ist, für Rheinhessen (1986), S. 39ff., 52, 55 f. 14 die Einheit des deutschen Volkes thätig zu sein, den § 4 der Beschlüsse, abgedr. bei BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 145

32 Turnvereine im Rhein-Main-Raum dem der Turnverein Gießen vorstand.15 Auch ande- form forderte. An ihm nahmen auch Delegierte von renorts war es zu ersten Zusammenschlüssen gekom- Turnvereinen gleichberechtigt neben demokrati- men: Am 1. Mai 1848 hatten die schwäbischen Turn- schen und Arbeitervereinen teil, unter anderem von vereine in Esslingen die Grundlagen zu einer engeren Frankfurt, Hochheim, Offenbach, Rödelheim, Ha- Verbindung gelegt, und die badischen Turner hatten nau und vermutlich auch Wiesbaden.19 sich schon am 12. März 1848 zum „Bund der ober- Wenig später, am 2. Juli 1848, wurde in Hanau rheinischen Turnvereine“ zusammengeschlossen.16 der zweite Turntag einberufen, zu dem sich 800 Teil- Trotz dieser Erfolge hatte der Hanauer Turn- nehmer von mehr als 150 Vereinen versammelten.20 tag die unterschiedlichen Positionen innerhalb der Hier schienen sich die Radikalen, die über einen star- Turnbewegung erneut deutlich werden lassen. Die ken Rückhalt bei den badischen und rheinhessischen Turntagsbeschlüsse stellten kaum mehr als den Turnern verfügten, zunächst durchsetzen zu können: kleinsten gemeinsamen Nenner dar, auf den sich die Der Mainzer Turner und republikanische Politiker Turner noch einigen konnten. Statt einen Kompro- Ludwig Bamberger21 wurde zum ersten Vorsitzen- miss zu erzielen, war ein offener Konflikt entstan- den der Versammlung gewählt, als zweiter Vorsit- den.17 Zwar wurden die Hanauer Beschlüsse auch zender dagegen Theodor Georgii aus Esslingen, der von radikaleren Vereinen befolgt, doch vermissten eine Festlegung auf eine bestimmte Staatsform ab- sie ein klares Bekenntnis zu demokratischen Zielset- lehnte. Der Versuch, das Bekenntnis zur republika- zungen. Der am 14. Mai 1848 abgehaltene „Turn- nischen Staatsform in die Statuten des Turnerbundes tag mittelrheinischer Turngemeinden“ forderte eine aufzunehmen, scheiterte knapp, und die Versamm- „baldmöglichste“ Einberufung eines neuen allgemei- lung wurde geschlossen. Am folgenden Morgen er- nen deutschen Turntages „zur näheren Prüfung der klärten mehrere Turnvereine, die mit der Majorität Hanauer Beschlüsse“ und zur Organisation des Tur- gestimmt hatten, dass sie sich anders besonnen und nerbundes.18 Nur unter diesem Vorbehalt traten die nun für den republikanischen Antrag seien, wodurch rheinhessischen Turnvereine dem Deutschen Tur- möglicherweise sogar Stimmengleichheit entstand.22 nerbund bei. Die radikaleren Turnvereine verstan- Zu einer neuen Auszählung der Stimmen kam es je- den sich als politische Vereine mit demokratisch- doch nicht mehr, da die Positionen sich als unverein- republikanischer Zielsetzung. Dies zeigte der erste bar erwiesen. Demokratenkongress, der vom 14. bis 17. Juni 1848 Die republikanische Fraktion konstituierte noch in Frankfurt stattfand und die Republik als Staats- am 3. Juli 1848 den „Demokratischen Turner- bund“, der als sein Ziel bezeichnete, „durch geistige und körperliche Ausbildung und Verbrüderung al- ler Deutschen hinzuwirken auf ein freies und einiges 15 Vgl. WETTENGEL, Colonne (1993), S. 47 ff. Vaterland, welches in dem volksthümlichen Freistaat 16 Vgl. HAUG, Turnplatz (1998), S. 22; GEORGII, Turnerschaft – der demokratischen Republik – seine entsprechen- (1891), S. 102 23 17 de Form findet.“ Der bisherige provisorische Vor- Vgl. KRÜGER, Klimmzüge (1998), S. 42; TAPP, Hanau ort Hanau wurde nun Vorort des Demokratischen (1976), S. 289 f. 18 Beschlüsse des zu Mainz am 14. Mai 1848 abgehaltenen Turnerbundes und die republikanisch orientierte Turntages mittelrheinischer Turngemeinden, § 1, Stadt- „Mainzer Zeitung“ sein publizistisches Organ. Der bibliothek Mainz, Mog 2º/23, Flugblätter 1848, abgedr. neue Turnerbund suchte in der Folgezeit engen An- bei BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 156. 19 schluss an die demokratischen Vereine und an den Vgl. BECKER, Protokoll (1973); WETTENGEL, Revolution demokratischen Zentralausschuss in Berlin. (1989), S. 173. Zehn von insgesamt 144 Vereinen, die Delegierte entsandt hatten, waren als Turnvereine ausge- Die Majorität nannte sich dagegen nach eini- wiesen; vermutlich waren aber noch mehr Turnvereine gen Satzungsänderungen weiterhin „Deutscher Tur- vertreten. nerbund“. Da sich der Turnverein Hanau den Re- 20 Vgl. Mainzer Zeitung 189 v. 09.07.1848; GEORGII, Turner- publikanern angeschlossen hatte, wurde zunächst schaft (1891), S. 101 f.; NEESE, Turnbewegung (2002), Marburg, später Leipzig Vorort des Deutschen Tur- S. 83 ff. 21 Zu Ludwig Bamberger (22.07.1823 – 14.03.1899) vgl. nerbundes. Als Zweck nannte dieser Verband, „einen JANSEN, Bamberger (1998); WEBER, Bamberger (1987); Mittelpunkt für die turnerischen Bestrebungen der WEBER, Ideologie (1987); ZUCKER, Bamberger (1975) einzelnen Vereine zu bilden und dadurch für die We- 22 Vgl. GEORGII, Turnerschaft (1891), S. 101 23 ckung des Brudersinnes und für die Kräftigung, Ei- Statuten des Demokratischen Turnerbundes, § 2, abgedr. nigung und Freiheit des deutschen Volkes thätig zu in BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 166 24 24 Statuten des Deutschen Turnerbundes, § 2, abgedr. in seyn.“ Das turnerische Element galt hier als Selbst- BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 163–165, hier S. 163 zweck und wurde neben den nationalen und frei-

33 MICHAEL WETTENGEL heitlichen Zielsetzungen als konstitutiv für den Tur- rer Meinung wäre und auch um der Gefahr einer nerbund bezeichnet.25 Die Mitglieder des Deutschen bittern Täuschung überhoben zu sein.“32 Auf dem Turnerbundes waren allerdings nicht zwangsläufig Turntag des Bezirksverbands an „Taunus und Wes- konstitutionelle Liberale, wie oft behauptet wurde.26 terwald“ am 23. Juli 1848 in Limburg fehlten da- Vielmehr ging es in erster Linie um die Frage, ob das raufhin die radikaleren nassauischen Vereine Höchst, Turnen oder die politischen Ziele Hauptzweck der Rüdesheim und Hochheim, die beiden letzteren tra- Turnvereine sein sollten. Zum anderen befürchtete ten den Rheinhessen bei. Der Bezirksverband an die Majorität, dass durch eine offene Festlegung auf „Taunus und Westerwald“ erklärte schließlich am die republikanische Staatsform die Ausbreitung der 30. November 1848 formell seinen Anschluss an Turnbewegung in Norddeutschland erschwert wer- den Deutschen Turnerbund.33 de.27 Außerdem darf nicht übersehen werden, dass Der Beitritt des Lahnbezirksverbands zum Deut- selbst ein großer Teil der demokratischen Vereine ein schen Turnerbund provozierte heftige Konflikte bei offenes Bekenntnis zur Republik scheute und mit ei- seinen elf Mitgliedsvereinen: Die Mehrheit der Butz- ner parlamentarischen Monarchie zufrieden gewesen bacher Turner stimmte zwar zunächst für den An- wäre.28 schluss an den Demokratischen Turnerbund, doch Sogar überzeugte Republikaner schlossen sich da- weil die Minorität sich dann abgespaltet hätte, be- her dem Deutschen Turnerbund an, wie ein Dresde- schloss der Verein am 18. Januar 1849, keinem der ner Delegierter, der auch im Namen des Deutschen großen Turnerbünde beitreten zu wollen. In Mar- Turnerbundes feststellte, dass die Majorität nicht ge- burg kam es zu einer Spaltung des Turnvereins, und gen die republikanische Staatsform sei: „Die bei der im Gießener Turnverein, der dem Deutschen Tur- Turnertagsatzung eingetretene Trennung zwischen nerbund beigetreten war, entschied sich im Dezem- einer Majorität und Minorität war keineswegs eine ber 1848 eine republikanische Fraktion von knapp politisch-prinzipielle, keineswegs eine Trennung hundert Mitgliedern für den Anschluss als eigenstän- zwischen Republikanern und Monarchisten.“29 Mit dige Gruppierung an den Demokratischen Turner- einer Ausnahme hätten sich alle Wortmeldungen auf bund.34 Selbst in dem straff organisierten mittelrhei- dem Hanauer Turntag für das republikanische Prin- nischen Bezirksverband folgten die Mitgliedsvereine zip ausgesprochen. Zugleich argumentierte er aber, es sei „unthunlich und dem Zwecke des Turnerbundes schädlich“, „ein bestimmtes politisches Glaubensbe- kenntnis an die Spitze zu stellen“. Insbesondere wer- de dadurch „den norddeutschen Turnvereinen die 25 Vgl. dazu auch GEORGII, Turnerschaft (1891), S. 101 26 Betheiligung an dem Bunde von vornherein unmög- Vgl. BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 66 30 27 lich“ gemacht. Vgl. GEORGII, Turnerschaft (1891), S. 101 28 Vgl. WETTENGEL, Parteibildung (1998), S. 707 f.; z.B. zu Wiesbaden WETTENGEL, Revolution (1989), S. 215 f. 2. Auswirkungen des zweiten Hanauer 29 Frankfurter Journal 2 Beil. 186 v. 07.07.1848 (Hervorhe- bung in der Vorlage); vgl. auch Mainzer Zeitung 189 v. Turntags auf den Rhein-Main-Raum 09.07.1848. Der Artikel stammte von Blöde aus Dresden, ihm traten später die Delegierten Hilf aus Hadamar, The- Von den Turnvereinsverbänden in Nassau und Hes- walt aus Limburg, Gegenbauer und Schwank aus Fulda, sen bezogen die rheinhessischen Turnvereine unter Schepperle aus Stuttgart, Faust aus Tübingen und Deffner aus Esslingen öffentlich bei, vgl. Frankfurter Journal 1 Beil. Leitung von Mainz am eindeutigsten Partei für den 189 v. 10.07.1848. 30 „Demokratischen Turnerbund“. Am 26. Dezember Stellungnahme von Blöde aus Dresden, abgedr. bei NEESE, 1848 benannten sie sich in „mittelrheinischer demo- Turnbewegung (2002), S. 512 f.; die angesprochene einzi- kratischer Turnbezirksverband“ um.31 Eine andere ge Ausnahme war der Vertreter des Turnvereins von Darm- stadt, Baur, vgl. Wetterauer Volksblatt 3 v. 08.07.1848. Haltung nahm der Bezirksverband an Taunus und 31 Vgl. BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 58, 66 f., 170 Westerwald ein. Die Delegierten aus Limburg und 32 Freie Zeitung 141 v. 27.07.1848; vgl. WETTENGEL, Revolu- Hadamar, die beiden profilierten Demokraten Hu- tion (1989), S. 175 f. bert Hilf und Karl Thewalt, hatten auf dem Hanauer 33 Hessische Landesbibliothek Wiesbaden, Hs. 171, Nr. 90, Bl. 2 Turntag zur Majorität gehört und erklärten, sie sei- 34 en „unbeschadet ihrer eignen Ueberzeugung der fes- Vgl. WAMSER, Butzbach (1896), S. 36; Mainzer Zeitung 2 v. 03.01.1849; Der Jüngste Tag 151 v. 28.08.1848, 241 v. ten Ansicht, daß die Turngemeinden ein bestimmtes 13.12.1848, 244 v. 16.12.1848, 245 v. 17.12.1848; Bun- politisches Glaubensbekenntniß nicht an die Spitze desarchiv, DB 51/324, Nr. 6322; HEIL, Vömel (1991), stellen dürften um keinen auszuschließen, der ande- S. 29 f.

34 Turnvereine im Rhein-Main-Raum nicht einfach der Linie des Bezirksverbandes für ein Raum dürfte zu den deutschen Regionen mit den Bekenntnis zur demokratischen Republik: In Mainz am stärksten politisierten Turnvereinen während der traten deswegen mehrere Mitglieder aus dem Turn- Revolution gehört haben. Im besonderen Maße galt verein aus, in Bingen löste sich der Turnverein so- dies für die rheinhessischen Turnvereine, aber auch gar für kurze Zeit auf und in anderen Turnvereinen, für die im Rheingau und im Main-Taunus-Kreis. wie in Osthofen, bedurfte es einer langen, kontro- Dass es allerdings auch hier Ausnahmen gab, belegt vers verlaufenden Entscheidungsfindung, bis sich die der konstitutionell-liberal orientierte Turnverein in Mitglieder schließlich, wie vom Bezirksverband ge- Darmstadt. Dieser nahm aufgrund seines gemäßig- fordert, für den Demokratischen Turnerbund aus- ten Charakters eine Sonderstellung unter den hessi- sprachen.35 schen und nassauischen Vereinen ein, wobei die hes- In anderen Turnvereinen kam es zu Spaltungen, sische Residenzstadt insgesamt kein revolutionäres so in Wiesbaden, wo am 13. Juli 1848 die Mehrheit Zentrum darstellte.39 der Mitglieder die Aufnahme des Bekenntnisses zur Die Haltung der Polizeibehörden zu den Turnver- demokratischen Republik in die Statuten durchsetz- einen war daher durchaus unterschiedlich. Während te. Die unterlegene Fraktion verließ den alten Verein manche Turnvereine zu den demokratischen Verei- und konstituierte einen „Neuen Turnverein“.36 Auch nen gezählt wurden, war dies bei anderen nicht der in Höchst spaltete sich der Turnverein, und der radi- Fall. Angesichts der radikalen Ausrichtung vieler Tur- kalere Verein schloss sich dem Niedermain-Bezirks- ner in Rheinhessen und in Nassau ist es nicht ver- verband des Demokratischen Turnerbundes an, der wunderlich, dass sich die Behörden hier besonders Anfang 1849 als letzter der Turnbezirksverbände kritisch über die Turnvereine äußerten: Die demo- in der Region unter Leitung Frankfurts gegründet kratischen Vereine hätten „in den Turnern ihre eif- wurde.37 Der Versuch des politisch sehr gemäßig- rigsten und paratesten Anhänger“,40 hieß es in einem ten Darmstädter Turnvereins, einen Bezirksverband Schreiben der herzoglich nassauischen Landesregie- der Turnvereine der „Gegend zwischen Main und rung vom 8. Dezember 1848, und das Wiesbadener Neckar“ des Deutschen Turnerbundes zu gründen, Polizeiamt meinte, die Turner seien die „Gallopins41 scheiterte hingegen.38 der Revolutionsanführer“ und „eine mobile Colon- ne, wenn es darauf ankommt, die Unruhen zu be- fördern“.42 Es waren nicht nur die demokratische 3. Turner und demokratische Gesinnung und die Jugendlichkeit der Turner, die Vereinsorganisationen die Obrigkeit alarmierten, sondern gerade die engen Verbindungen der Turnvereine untereinander, da sie Die Reaktionen der Turnvereine im Rhein-Main- hierin die Grundlage für politische Verschwörungen Raum auf die Ergebnisse des 2. Hanauer Turntages befürchtete. belegen eine starke Verbreitung republikanisch-de- Viele Turnvereine waren offen politisch aktiv mokratischer Überzeugungen. Der Rhein-Main- und versuchten beispielsweise, durch Petitionen an Landtage oder an die Nationalversammlung ihrer Auffassung Ausdruck zu verleihen und Einfluss zu nehmen. In manchen Fällen griffen die Turnverei- 35 Vgl. BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 59f.; Bundesarchiv, ne sogar in die Kommunalpolitik ein, unterstützten DB 54/74 (Reichsministerium des Innern), Bl. 6, Mittei- demokratische Kandidaten bei Gemeinderats- oder lungen des ghzgl. hess. Ministeriums vom 11.10.1848 an Bürgermeisterwahlen oder stellten selbst Kandida- das Reichsministerium des Innern über das politische Ver- 43 einswesen. ten auf. Beim mittelrheinischen demokratischen 36 Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 175; NEESE, Turn- Turnbezirks-Verband wurden die Mitgliedsvereine bewegung (2002), S. 419 f. förmlich verpflichtet, demokratische Kandidaten bei 37 Vgl. NEESE, Turnbewegung (2002), S. 111, 268 ff., 277 f. Wahlen zu unterstützen; so hieß es in § 24 der Sat- 38 Darmstädter Zeitung 99 v. 10.04.1849 (Aufruf vom 27.03.1849) zungen vom 26. Dezember 1848: „Bei allgemeinen 39 Vgl. WETTENGEL, Colonne (1993), S. 55 politischen und Gemeindewahlen haben sich die be- 40 HStA Wiesbaden 210/7458, abgedr. bei NEESE, Turnbewe- treffenden Turngemeinden mit den demokratischen gung (2002), S. 68 Vereinen zu verständigen; sollte irgend ein Anstand 41 frz. galopins – Straßenjungen 42 stattfinden, so ist schnellstens an den Turnbezirks- HStA Wiesbaden 246/151, abgedr. bei NEESE, Turnbewe- gung (2002), S. 505 Vorort zu berichten, damit dieser in Gemeinschaft 43 Vgl. NEESE, Turnbewegung (2002), S. 56 ff. mit dem demokratischen Bezirksvorort die geeig- 44 44 Abgedr. in BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 172 neten Maßregeln noch zeitig ergreifen kann.“ Die

35 MICHAEL WETTENGEL

Turner leisteten somit als Teil der demokratischen die immer wieder Vorstandspositionen im Demo- „Partei“ Unterstützung im Wahlkampf und stimm- kratischen Verein, im Turnverein, im Arbeiterverein ten sich in der Kandidatenwahl mit den demokrati- oder im Bezirksausschuss einnahmen.50 Zusammen- schen Vereinen ab, um eine Zersplitterung der Stim- fassend stellte das Schreiben der hessen-darmstäd- men zu verhindern. tischen Regierung an die provisorische Zentralge- Die Beziehungen zwischen demokratischen Ver- walt im Oktober 1848 fest: „Die tägliche Erfahrung einsstrukturen und Turnern waren vielfältig und lehrt, daß die democratischen Vereine mit den Turn- eng. Viele Turnvereine nahmen aktiv an Verbänden demokratischer Vereine teil: Unter den sechs Verei- nen, die den nassauischen demokratischen Bund im November 1848 bildeten, war auch ein Turnverein; zum oberhessischen demokratischen Bezirksverein gehörten im September 1848 zwei Turnvereine, und 45 unter den insgesamt 37 Vereinen des Gründungs- Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 334, 339, 356; vgl. kongresses des demokratischen Bezirksverbandes auch das Schreiben des hessen-darmstädtischen Minister- präsidenten Jaup über die politischen Vereine an die provi- von Rheinhessen befanden sich sogar 13 Turnverei- sorischen Reichsministerien des Innern und der Justiz vom ne und zwei Vereine, die sich als demokratische und 11. Oktober 1848, Bundesarchiv, DB 54/74, Bl. 6 f. Turnvereine zugleich ausgaben.45 Die Leitung des 46 Demokratisches Centralcomité (gegr. Apr. 1850), vgl. rheinhessischen Bezirksverbands nannte sich daher STRUCK, Arbeiterbewegung (1968), S. 312; STRUCK, Bieder- „Bezirksausschuß der Demokratischen-, Turn- und meier (1981), S. 31 f.; zum „Bezirksausschuß der Demo- kratischen- Turn- und Arbeitervereine der Provinz Rhein- Arbeitervereine“, und auch im „Demokratischen hessen und der Stadt Kreuznach“ vgl. u.a. Mainzer Zeitung Centralcomité“ in Wiesbaden waren die Turner ver- 244 v. 07.09.1848; Mainzer Zeitung 227 v. 18.08.1848. treten.46 47 Elsheim und Sauerschwabenheim wurden als Turn- und Dies wirft zugleich ein bezeichnendes Licht auf demokratische Vereine bezeichnet, Bundesarchiv, DB die Verflechtungen vor Ort. Vor allem in kleineren 54/74 (Anlage), Bl. 22; zu Gimbsheim vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 186 f., der Diezer Verein nannte sich Gemeinden, wo sich aus unterschiedlichen Gründen „demokratischer Turnverein“, vgl. NEESE, Turnbewegung kein förmlicher demokratischer Verein gebildet hatte (2002), S. 188, 198. oder bilden konnte, fungierten Turnvereine manch- 48 Vgl. Stadtbibliothek Mainz Sammelbd. Mog. 861, Nr. 32, mal als eine Art demokratischer Ersatz-Verein. Dies „Namens-Verzeichniß der Mitglieder des Demokratischen dürfte beispielsweise in dem nassauischen Diez so- Vereins in Mainz“; Stadtbibliothek Mainz 66:2°/23, Bl. 82 f. „Namensverzeichniß der Mitglieder des Mainzer Turn- wie in den rheinhessischen Gemeinden Gimbsheim, vereins“, abgedr. in BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 141. Elsheim und Sauerschwabenheim der Fall gewesen Insgesamt 168 Namen kamen in beiden Listen bei 607 sein.47 Als dann in den beiden letzteren Orten doch Turnvereinsmitgliedern und 617 Mitgliedern des demokra- noch demokratische Vereine gegründet wurden, tischen Vereins gleichzeitig vor. Selbst wenn zufällige Na- dürften sie aus den Turnvereinen hervorgegangen mensgleichheiten in Rechnung gestellt werden, ist dies ein hoher Anteil. sein. Dort, wo Turn- und Demokratische Vereine 49 Der Demokratische Verein in Mainz hatte schon im Ok- parallel existierten, war der Anteil an Doppelmit- tober 1848 1500, im Mai 1849 über 2000 Mitglieder, vgl. gliedschaften hoch. Nachweisbar ist dies für Mainz, MOLDENHAUER, Petitionen (1976), S. 117; Der Demokrat wo ein Vergleich einer Mitgliedsliste des Turnver- 31 v. 06.05.1849; im Juni 1848 hatte der Mainzer Turn- eins von Anfang April 1848 mit der des demokrati- verein 800 Mitglieder, 1849 dann 900 Mitglieder; vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 548; SCHÜTZ, Vereine schen Vereins vom August 1848 zeigt, dass mehr als (1977), S. 21; Mainzer Zeitung 153 v. 02.06.1848. Repub- ein Viertel der Mitglieder zu beiden Vereinen gehör- likaner wie Paul Stumpf und Ludwig Bamberger, die später te.48 Beide Vereine hatten in der Folgezeit noch einen eine wichtige Rolle im Turnverein spielen sollten, fehlen großen Mitgliederzuwachs zu verzeichnen und dem auf der Mitgliederliste vom April 1848 noch, vgl. Stadtbi- Turnverein traten nach dem April 1848 gerade vie- bliothek Mainz 66:2°/23, Bl. 82 f. Zum Austritt mehrerer Mitglieder des Turnvereins nach dem Hanauer Turntag le republikanisch gesonnene Mitglieder bei, während vgl. Schreiben des hessen-darmstädtischen Ministerpräsi- ihn gemäßigtere Mitglieder nach dem 2. Hanauer denten Jaup über die politischen Vereine vom 11. Oktober Turntag verließen. Der Anteil der Doppelmitglied- 1848, Bundesarchiv, DB 54/74, Bl. 6 50 schaften mit dem Demokratischen Verein dürfte da- Vgl. WETTENGEL, Colonne (1993), S. 54, 56; im Turnver- her noch zugenommen haben.49 ein Mainz waren dies beispielsweise Bührmann, Bamberger, Parcus und Oechsner, vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), Besonders in den Vorständen der Turnvereine wa- S. 181, 324; Mainzer Zeitung 190 v. 10.07.1848; 214 v. ren häufig Wortführer der Demokraten zu finden. 03.08.1848; 269 v. 06.10.1848; 273 v. 11.10.1848; 302 v. In Mainz bestand ein kleiner Kreis von Personen, 14.11.1848; 306 v. 18.11.1848.

36 Turnvereine im Rhein-Main-Raum vereinen und den Arbeitervereinen in Rheinhessen die Volksoberhoheit oder die Oberhoheit des Volks- zusammen stets eine compacte Masse bilden.“51 willens, als ersten Grundsatz auf. Und mit Recht; Eine zu enge Verschmelzung der Turnvereine mit denn die Regierung ist nur des Volkes wegen und der demokratischen Bewegung konnte jedoch auch das Volk nicht ihretwegen da. Also: ‚Alles durch, mit dazu führen, dass die Turnvereine als eigenständige und für das Volk!‘ [...] Kraft in dem Verband mit demokratischen Vereinen Diese volksthümliche Staatsverfassung haben die und Arbeitervereinen immer mehr zurücktraten. Turnvereine von jeher angestrebt. In ihnen finden Demokratische Turnvereine zeigten dort, wo ohne- sich schon lange die Oeffentlichkeit, die Schwurge- dies starke demokratische Vereine bestanden, deut- richte und all die freien Einrichtungen im Kleinen, liche Funktionsdefizite und wirkten wie turnerische welche die Demokratie im Staate im Großen einge- Anhängsel der politischen Vereine. So ließen die führt wissen will, und es herrscht in diesen Vereinen Aktivitäten des mittelrheinischen Bezirksverbandes Gedeihen und Ordnung, trotz der vielen Hemmnis- nach dem Turntag am 26. Dezember 1848 zunächst se und Anfeindungen, welchen sie ausgesetzt waren, deutlich nach. Erst in der Reichsverfassungskampag- und trotz der Verläumdungen, welche ihre Gegner ne spielten die rheinhessischen Turner als waffenge- ausgestreut haben.“52 übte Einheiten wieder eine selbständigere Rolle. Die Turnvereine als die Demokratie im Kleinen – ein wahrhaft selbstbewusstes Credo, und dieses kam von dem Turnverein von Diez, einem Städtchen mit 4. Demokratisches Selbstverständnis der damals kaum mehr als 2500 Einwohnern. Die in- Turner nere Struktur der Turnvereine – wie die der meis- ten Vereine – unterschied sich grundlegend von der Ein Beispiel für das Selbstverständnis von Turnern gesellschaftlichen Ordnung jener Zeit: Sie standen als Demokraten ist das zu Beginn des Jahres 1849 in allen Interessierten offen, sie waren eine prinzipiell einer demokratisch orientierten Zeitung veröffent- egalitäre und egalisierende Organisationsform, in der lichte Selbstbekenntnis des demokratischen Turn- Entscheidungen demokratisch gefällt wurden, prin- vereins von Diez an der Lahn: zipiell alle Mitglieder gleiche Rechte und Ansprüche „Unter Demokratie, d[as] h[eißt] Volksherrschaft hatten und der auf Zeit gewählte Vorstand der Mit- oder Volksregierung, versteht man diejenige Staats- gliederversammlung gegenüber rechenschaftspflich- verfassung, in der das Volk, welches doch allein den tig war. Ein durchaus wichtiges Element war dabei Staat ausmacht und erhält, den möglich größten An- allerdings auch die „Ordnung“, verstanden als Re- theil an der Ausübung der Staatsgewalt hat, oder sich spektierung und Befolgung der gemeinsam gefassten durch frei gewählte Stellvertreter selbst regiert. Da- Beschlüsse und der Vereinssatzung. Konflikte wur- rum stellen wir die Volkssouveränität, d[as] h[eißt] den in vielen Turnvereinen – darauf deutet der Ver- gleich mit den Schwurgerichten hin – intern durch ein Ehrengerichtsverfahren der Vereinsmitglieder ge- regelt.53 Durch ihre innere Struktur und Verfassung nahmen diese Vereine die Demokratie im Staatswe- 51 Schreiben des hessen-darmstädtischen Ministerpräsiden- sen vorweg, quasi als Inseln der Freiheit und Selbst- ten Jaup über die politischen Vereine an die provisorischen regierung. Reichsministerien des Innern und der Justiz vom 11. Ok- Die demokratische Orientierung vieler hessischer tober 1848, Bundesarchiv, DB 54/74, Bl. 7 52 Freie Zeitung 7 v. 09.01.1849, Hervorhebungen in der und nassauischer Turner hatte Tradition: Bereits die Vorlage. ersten Turnvereine der Region, die seit der Grün- 53 Dies war spätestens seit der Revolutionszeit in den Ver- dung eines Vereins in Butzbach 1814 durch Fried- einsstatuten nachweisbar, vgl. die Satzungen des Wiesbade- rich Ludwig Weidig entstanden, wiesen deutliche ner Turnvereins 1848, Bundesarchiv, DB 54/75, IV. Ab- Unterschiede zur Turnbewegung Friedrich Ludwig schnitt, S. 23ff. (auch in HStA Wiesbaden 210/12655); Jahns auf, dessen antifranzösische Ausrichtung kei- Satzungen der Turngemeinde Mainz, 19.01.1850, VI. Ab- 54 schnitt, S. 31f., abgedr. in: BRAUN, Rheinhessen (1986), nen großen Anklang fand. Nach Ausbruch der Re- S. 200-203; zum Schiedsgericht des Turnvereins Darmstadt volution von 1848 steuerte das Verhältnis zwischen vgl. KICHLER, Darmstadt (1871), S. 19; vgl. zu den hessi- Jahn und den Turnvereinen im Rhein-Main-Raum schen und nassauischen Turnvereinen WETTENGEL, Revo- auf einen Konflikt zu. Den hessischen und nassau- lution (1989), S. 180 ff.; zum Vereinswesen allgemein vgl. ischen Turnern der Revolutionszeit konnte der de- NIPPERDEY, Verein (1976). 54 Vgl. BRAUN, Weidig (1977), S. 29; zur Weidig-Literatur zidiert revolutionsfeindliche, monarchistische und WOLF, Weidig (1991). frankophobe Jahn kein Vorbild mehr sein.

37 MICHAEL WETTENGEL

Schon beim 2. Deutschen Turnfest in Frankfurt gangs und der für die Turnvereine konstitutive Ehr- vom 31. Juli bis 2. August 1847 konnten sich die begriff weisen Ähnlichkeiten mit Ehrvorstellungen Delegierten nicht auf eine Grußadresse an Jahn ei- und Verhaltensformen von Handwerksgesellen auf. nigen, und bei einem Empfang in Mainz im April Die Turnerbünde legten in ihren Statuten außerdem 1848 kam es aufgrund einer Auseinandersetzung mit fest, dass bei einem Vereinswechsel eines Turners we- einem republikanischen Turner zum Eklat.55 Nicht gen Umzugs keine Aufnahmegebühr zu entrichten nur radikalere Turnvereine lehnten Jahn ab, wie der war,65 und in vielen Turnvereins-Statuten wurde aus- von Worms, der ihm Verrat an der Turnbewegung drücklich geregelt, dass bei längerer Abwesenheit die vorwarf, auch die gemäßigteren Limburger Turner wiesen Jahns Angriffe gegen Demokraten zurück.56 Für die meisten hessischen und nassauischen Turner von 1848/49 hatte sich Jahn überlebt und erschien eher wie „ein Geist, der sich im Grabe gelangweilt 55 Vgl. HStA Wiesbaden 211/7985, Bl. 148 f.; Turnfest am und die Unterwelt auf Urlaub verlassen.“57 31. July und 1. August 1847 in Frankfurt a.M., in: BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 127 f., ferner S. 48 und 54; NEESE, Turnbewegung (2002), S. 34 f., 101 f. 56 5. Soziale Basis der Turnvereine – Vgl. Freie Zeitung 141 v. 27.07.1848; BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 58 f., 168 f.; WETTENGEL, Colonne (1993), S. 50 Turner und Arbeiterbewegung ff. 57 Der Demokrat 11 v. 02.07.1848. Eine allmähliche Radi- Die Zusammensetzung der Turnvereine ist für ihre kalisierung auch gemäßigterer Vereine zeigt am Beispiel Frankfurts ROTH, Vereinswesen (1998), S. 181 f. 58 politische Verortung ebenfalls aufschlussreich: Die Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 41, 186; DÜDING, Masse der Mitglieder stammte aus handwerklichen Nationalismus (1984), S. 256 f.; NEESE, Turnbewegung und kleingewerblichen Berufen,58 und sie waren (2002), S. 241, 337, 361, 406 f., 410 f., 680, 749, 753 ff. überwiegend jung. Schon mit 14 Jahren konnte man Zur Rolle der Handwerksgesellen bei der Verbreitung der beispielsweise dem Turnverein in Wiesbaden beitre- Turnbewegung im Süddeutschen Raum vgl. TAPP, Hanau (1976), S. 230; zur Arbeiterbewegung im Rhein-Main- ten; in Mainz war dies erst mit 17, in Worms mit 18 Raum grundlegend: FRANZ, Arbeitervereine (1975). 59 Jahren möglich. Zwischen 56,3 und 61,1 % der 59 Wiesbaden: § 2 der Statuten, HStA Wiesbaden Angehörigen der Hanauer Turnerwehr von 1849 wa- 210/12655; Mainz: § 5 der Statuten, Bundesarchiv, DB ren unter 25 Jahre alt.60 Der Altersdurchschnitt von 54/75; Worms: abgedr. in BRAUN, Rheinhessen (1986), Vereinsvorständen lag vermutlich etwas höher als der S. 96. Vgl. dazu das Schreiben des hessen-darmstädtischen Ministerpräsidenten Jaup an die provisorischen Reichsmi- der Mitglieder, so betrug der Altersdurchschnitt des nisterien des Innern und der Justiz vom 11. Oktober 1848 Vorstandes des Turnvereins in Oppenheim 31 Jah- zum Turnverein Mainz: „er besteht zum größten Theile re. Viele Vorstände und sogar Vorsitzende waren je- aus rohen, besitzlosen und jungen Leuten, welche in Fol- doch erheblich jünger.61 Die Bezeichnung „Turner“ ge des obigen Beschlusses, die Republik, wo möglich auf wurde in der Sprache der zeitgenössischen Polizei- feindlichem Wege einzuführen, sehr bereit sind, eventuell hierzu Gewalt anzuwenden.“ Bundesarchiv, DB 54/74, Bl. 6 60 berichte fast schon zu einem Synonym für einen ju- ROHLINGER, Turnerwehr (1984), S. 116; dort auch zur 62 gendlichen Demokraten. In den zahlreichen klein- überwiegenden Zusammensetzung aus Handwerksgesellen. 61 städtischen und dörflichen Vereinen dürfte es auch Zu Oppenheim vgl. KÖHLER, Volksrechte (2004), S. 31; viele Turner bäuerlicher Herkunft gegeben haben – Beispiele aus anderen Vereinen: Hubert Hilf aus Hadamar darüber ist leider nur wenig bekannt. In Residenz- war Jahrgang 1820, Karl Thewalt aus Limburg 1825, Ludwig Bamberger 1823, Johann Georg Oechsner 1822, städten wie Darmstadt konnte der handwerkliche Paul Stumpf 1826, um nur einige zu nennen. Anteil weniger dominant sein, dies ändert jedoch 62 So in dem Polizeibericht vom 18.10.1848 über das poli- nichts an dem generellen Bild.63 tische Vereinswesen in Wiesbaden: „die Turner, wie über- Die Formen des Umgangs in Turnvereinen – die haupt die jüngere Generation“, HStA Wiesbaden 246/151; einfache Turnerkleidung und das brüderliche „Du“ vgl. zu den hessischen und nassauischen Turnvereinen WETTENGEL, Revolution (1989), S. 41, 180 f., 185, 186 – waren Ausdruck eines egalitären Gemeinschafts- ff.; BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 53 ff., 60 ff.; vgl. ferner geistes, mit dem jedoch ein hoher Grad an Sozial- DÜDING, Nationalismus (1984), S. 256 f. kontrolle und Disziplin korrespondierte. „Tadel- 63 In Darmstadt zählten beispielsweise auch Beamte, Kadet- freier Lebenswandel“ und „anständiges Betragen“ ten und Büroangestellte zu den Gründungsmitgliedern des Turnvereins, vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 186 f. innerhalb und außerhalb des Vereins stellten wich- 64 Vgl. ebd., S. 151; zu Frankfurt vgl. ROTH, Vereinswesen tige Voraussetzungen für die Mitgliedschaft dar, und (1998) , S. 181 f.; zu den egalitären Formen bei den Tur- in vielen Turnvereinen gab es „Ehrengerichte“ für nern WETTENGEL, Revolution (1989), S. 185. 64 65 Konflikte und Verstöße. Diese Normen des Um- Abgedr. in BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 164, § 5, 166, § 5

38 Turnvereine im Rhein-Main-Raum

Mitgliedschaft ruhen konnte. Für wandernde Gesel- war „Ehre“ auch in der Arbeiterbewegung eine zen- len waren dies sehr wichtige Bestimmungen, und es trale gruppenbildende Kategorie.69 Es ist daher kein ist anzunehmen, dass aufgrund von Zu- und Abzü- Zufall, dass gerade Turn- und Arbeitervereine einen gen von Handwerksgesellen eine nicht geringe Fluk- ähnlich stark ausgeprägten Ehrbegriff pflegten. So- tuation in der Mitgliedschaft bestand. wohl bei den Turnern als auch den Arbeitervereinen Turnvereine und die organisierte Arbeiterbewe- gehörte der gemeinsame Gesang zu den konstituti- gung bezogen große Teile ihrer Mitgliedschaft aus ven Elementen der Geselligkeit, die das Vereinsleben dem gleichen handwerklichen Reservoir, denn die prägte. Turnverein und Arbeiterverein in Butzbach Arbeiterbewegung der Revolutionsjahre war im veranstalteten 1850 sogar gemeinsame Gesangstun- Rhein-Main-Raum ganz überwiegend eine Bewe- den.70 gung von Handwerksgesellen.66 Turner traten da- In den Vorständen der Turnvereine spielten her auch häufig als Mitglieder von Arbeitervereinen Handwerker dagegen eine deutlich geringere Rol- auf, und es gibt viele Zeugnisse für enge Verbindun- le. Hier dominierten bürgerliche Intellektuelle und gen zwischen Turn- und Arbeitervereinen.67 Bei der Bildungsbürger wie Ludwig Bamberger und Johann Fahnenweihe des Turnvereins Mainz hielt auch der Georg Oechsner in Mainz, Karl Thewalt in Limburg, Vorsitzende des Arbeitervereins Mainz, Karl Wallau, Hubert Hilf in Hadamar, David Adler in Frankfurt eine Rede,68 der wie viele prominente Arbeiterver- und Julius Oppermann in Diez, sowie Geschäfts- einsmitglieder – Paul und Gottfried Stumpf, Adolf leute und populäre Honoratioren wie Moritz Kuhl Cluss, Philipp Jakob Schöppler, Germain Bacharach, aus Butzbach, Johann Christoph Port aus Frankfurt, Isidor Schwarz und andere – ebenfalls dem Turnver- Louis Krempel aus Wiesbaden und Georg Hofmann ein angehörte. Auch die bereits angesprochenen Eh- aus Hochheim.71 Viele Lehrer waren engagierte Tur- rengerichte der Turner, die in vielen Arbeiterverei- ner, die mit ihren turnerischen Aktivitäten auch le- nen ebenfalls zu finden waren, weisen in die gleiche bensreformerische Ziele verfolgten. Viele Turnver- Richtung. Wie in den Gesellenbruderschaften, so eine boten daher auch Turn-Unterricht für Schüler an.72 Für die politischen Gegner der Demokraten – Konservative, Anhänger des politischen Katholi- zismus und gemäßigte Liberale – stellten die Turn- 66 Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 123ff.; beispiels- vereine ein besonders beliebtes Angriffsziel dar. Der weise zum Arbeiterverein Mainz: „Er ist zusammengesetzt Grund dafür lag wohl nicht zuletzt in dem Einfluss aus den Handwerkern, Meistern, Gesellen und Lehrlingen in Mainz.“ Schreiben des hessen-darmstädtischen Minister- der Turner auf die Jugend und damit auf künftige präsidenten Jaup über die politischen Vereine an die provi- Generationen, aber auch in der Furcht vor der sozi- sorischen Reichsministerien des Innern und der Justiz vom alen Revolution. So warnte der ultramontane Pauls- 11. Oktober 1848, Bundesarchiv, DB 54/74, Bl. 7 67 kirchenabgeordnete Beda Weber vor den Turnver- So in Wiesbaden, vgl. Polizeibericht v. 18.10.1848, HStA einen, den „Aposteln“ der Demokratie, wie er sie Wiesbaden 246/151; NEESE, Turnbewegung (2002), S. 67, nannte: „An die Turner schließen sich die Arbeiter, 505 f.; Mainz, vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 181; Schreiben des hessen-darmstädtischen Ministerpräsiden- Handwerksbursche und Landstreicher an“ und „der ten Jaup über die politischen Vereine an die provisorischen politisch-moralische Zwiespalt dringt in die Familie Reichsministerien des Innern und der Justiz vom 11. Ok- ein, trennt die Kinder von den Eltern, und verhöhnt tober 1848, Bundesarchiv, DB 54/74, Bl. 7; Butzbach, vgl. das Alter auf erschreckende Weise.“73 Beschimpfun- WAMSER, Butzbach (1896), S. 46; HEIL, Vömel (1991). 68 gen und Tätlichkeiten gegen Turner, sogar Prügeleien Vgl. Mainzer Zeitung 226 v. 17.08.1848. Zu Carl Wal- 74 lau (08.08.1823 – 07.07.1877) vgl. HEINZELMANN, Wallau mit politischen Gegnern waren daher nicht selten. (1977). Frauen waren bei den Männer-Turnvereinen 69 Vgl. zum handwerklichen Ehrbegriff vor allem GRIESSIN- nur als Zuschauerinnen oder zur Anfertigung von GER, Ehre (1981), S. 409 f., 414 ff., 431 ff.; zum Ehrbegriff Turnvereinsfahnen zugelassen. Ihnen wurde eine in Turn- und Arbeitervereinen des Rhein-Main-Raumes anteilnehmende, aber keine teilnehmende Rolle vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 151 f., 181 f. 70 Vgl. WAMSER, Butzbach (1896), S. 46; WETTENGEL, zugestanden. Deutlich wurde diese spezifische Rol- Revolution (1989), S. 149 f., 185 lenzuweisung bei den Fahnenweihen der Turnverei- 71 Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 187 f.; NEESE, ne, die meist als weihevolle Handlung den Mittel- Turnbewegung (2002), S. 241 f., 293 f. 72 punkt der Turnfeste bildeten: Nach einer feierlichen Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 184 f. 73 Prozession überreichten dabei die „Frauen und Jung- WEBER, Fahnenweihe (1853), S. 450 f. 74 Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 257; NEESE, frauen“ des Ortes den Turnern eine selbstgestick- Turnbewegung (2002), S. 69 ff.; 190 ff. te schwarz-rot-goldene Fahne. Immerhin bildeten

39 MICHAEL WETTENGEL die Fahnenweihen aber eine Gelegenheit für Frau- gegen die konterrevolutionären Regierungstruppen en, öffentlich mit politischem Inhalt aufzutreten. in die Pfalz abrückten.81 In dem kleinen rheinhes- Nicht selten waren die Frauen, die bei diesem Anlass sischen Gimbsheim, einem Ort, der etwa 1900 Ein- auch eine Rede halten konnten, Ehefrauen, Schwes- wohner zählte, bestand beispielsweise ein Turnverein tern oder Töchter führender Demokraten, und zum mit 60 Mitgliedern, von denen 19 als Freischärler Zwecke der Anfertigung der Fahnen wurden eigens in die Pfalz zogen.82 Viele von ihnen, wie der Tur- „Fahnenkomitees“ gebildet. ner August Vollmer, der das Oppenheimer Kontin- Von den Zeitgenossen wurde die Bedeutung des gent kommandiert hatte, kehrten aber unverrich- Auftretens von Frauen in der politischen Öffentlich- teter Dinge wieder nach Hause zurück.83 Deutlich keit durchaus erkannt, und in seiner Dankesrede bei geringer war der Zuzug von Freischärlern aus Nas- der Überreichung der Turnerfahne von Mainz durch sau und Oberhessen. Eine Gruppe von Freischär- das Mainzer Frauenkomitee sah Ludwig Bamberger lern, darunter auch Turner, ist aus dem Rheingau, darin sogar den Beginn der Beteiligung von Frauen weitere sind möglicherweise aus Wiesbaden, Gießen am öffentlichen Leben.75 Wie weit die Beteiligung und dem Main-Taunus-Gebiet nach Baden und in von Frauen gehen sollte, war jedoch auch unter de- die Pfalz gezogen.84 Viele Turner haben bei den dor- mokratischen Turnern umstritten. Im Rhein-Main- tigen Kämpfen ihr Leben verloren. Raum ist es in der Revolutionszeit nur in Frankfurt Alles in allem zeigt das Engagement der Turn- zur Gründung eines Frauen-Turnvereins gekom- vereine aus dem Rhein-Main-Raum in der Reichs- men.76 Auf große Resonanz unter den Frankfurterin- verfassungskampagne, dass hier ein Potenzial an de- nen soll der Verein nicht gestoßen sein; die Turnerin- mokratisch gesonnenen Turnern bestand, die auch nen setzten sich meist aus Verwandten oder Ehefrauen bereit waren, für ihre politischen Ziele zu kämpfen. von Paulskirchenabgeordneten zusammen. Die Haltung der hessischen und nassauischen Turn- vereine wies zwar durchaus Unterschiede auf, in ih- rer ganz großen Mehrheit waren sie aber eindeutig 6. Reichsverfassungskampagne und Ausblick 75 Mainzer Zeitung 227 v. 18.08.1848 An den Kämpfen zur Durchsetzung der Reichsverfas- 76 Vgl. Frauen-Zeitung (Red.: Louise Otto), Jg. 3, 28 v. sung nahmen viele hessische und nassauische Turner 18.07.1851. Weitere Frauen-Turnvereine gab es beispiels- aktiv, manchmal sogar in geschlossenen Verbänden weise in Iserlohn, vgl. KREY, Westfalen (1993), S. 319, und Mannheim, vgl. HAUG, Turnplatz (1998), S. 33. 77 77 teil. Der mittelrheinische demokratische Turnbe- Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 187, 478 ff., 497 zirksverband veröffentlichte am 1. Mai 1849 einen ff., 172 ff.; WETTENGEL, Colonne (1993), S. 58 f.; BRAUN, Aufruf, sich an der bewaffneten Verteidigung der Rheinhessen (1986), S. 63 ff.; NEESE, Turnbewegung Reichsverfassung zu beteiligen, und sogar in dem ge- (2002), S. 111 ff.; GEISEL, Turnerwehr (1974). 78 Vgl. Neue Deutsche Zeitung 107 v. 06.05.1849 und mäßigten Turnverein in Darmstadt bildete sich ein 109 v. 09.05.1849; Frankfurter Journal 1. Beil. 119 v. „fliegendes Korps“ als mobile Truppe zum Kampf 18.05.1849; „Aufruf an sämmtliche Turner“, Stadtbibli- für die Reichsverfassung. Auch andere Vereine wur- othek Mainz 66:2/23 (Anschlagzettel, Mainz im Jahre den zur Bewaffnung aufgerufen.78 Die Formulierung 1848), abgedr. bei BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 191. 79 des Mainzer Regierungsdirektors von Dalwigk, die Bericht von Dalwigk über die politischen Vereine in Rheinhessen v. 10.10.1848, Bundesarchiv, DB 54/74, Turnvereine seien „die bewaffnete Macht der Repu- Bl. 47 79 80 blik“, mag trotz Übertreibungen einen wahren Vgl. GEISEL, Turnerwehr (1974); Tapp, Hanau (1976), Kern gehabt haben, da die Turner waffenerprobte S. 392 ff. 81 Kontingente bilden konnten. Vgl. BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 64 f.; WETTENGEL, Berühmt wurde der Auszug der Hanauer Turner- Revolution (1989), S. 495 ff. Neben dem rheinhessischen Korps unter dem Kommando von Zitz und Bamberger wehr am 2. Juni 1849 zur Unterstützung der Reichs- sind hier vor allem das Wormser Bürgerwehrkontingent verfassungskampagne in Baden, wobei die Turner unter dem Kommando von Ludwig Blenker und das durch Angehörige der Hanauer Bürgergarde und des Alzeyer Korps unter dem Kommando von Ferdinand Arbeitervereins verstärkt wurden. Einzelne Trupps Weber zu nennen. 82 aus Oberhessen, aus Gelnhausen und Fulda, darun- Vgl. BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 189; TV 1848 80 Gimbsheim, Festschrift (1928), S. 15 ter ebenfalls Turner, schlossen sich ihnen an. Auch 83 Vgl. KÖHLER, Volksrechte (2004), S. 164–170 84 die rheinhessischen Turner nahmen in großer Zahl Vgl. WETTENGEL, Revolution (1989), S. 478 ff; 500 f.; an den Freischarenverbänden teil, die zum Kampf NEESE, Turnbewegung (2002), S. 113 f., 328, 444 f.

40 Turnvereine im Rhein-Main-Raum dem demokratischen Lager zuzurechnen. Manche Einfluß gebracht. Sie waren in jenen Zeiten als Ver- nahmen sogar die Rolle demokratischer Vereine bindungen lebenskräftiger junger Leute auch von vor Ort ein, wenn sich ein solcher noch nicht ge- Freiheitsdrang beseelt. In neuesten Zeiten ist auch bildet hatte. Allerdings waren nicht alle bereit, sich das anders geworden.“ Die Strophen des „Deutsch- für eine republikanische Verfassung in der Satzung land, Deutschland über alles“, damals „in vollen auszusprechen, was aber, wie gezeigt wurde, auch Brusttönen aus den Kehlen der zahlreichen semiti- taktische Gründe haben konnte. Immerhin schlos- schen Mitglieder“ erklungen, seien jetzt „die antise- sen sich zwei komplette Bezirksverbände und viele mitische Marseillaise geworden.“88 einzelne Vereine der Region dem Demokratischen Turnerbund mit seinem Bekenntnis für die demo- kratische Republik an. Die Verbindungen der Turn- vereine zur demokratischen Bewegung und vor allem zu den Arbeitervereinen waren eng und vielfältig. Hier kann durchaus von einem demokratischen Mi- lieu gesprochen werden, das sich im regionalen Rah- men herausbildete. Lokale und regionale Identitäten und Traditionen bildeten zusammen mit der Reli- gion, wirtschaftlichen Faktoren, sozialen Strukturen und der kulturellen Orientierung wichtige Struktur- dimensionen dieses Milieus, in dem die Turnverei- ne eingebunden waren.85 Im Vergleich mit anderen Turnvereinsregionen, etwa mit den württembergi- schen Turnern,86 erwiesen sich die Turnvereine im Rhein-Main-Raum als besonders stark demokratisch geprägt. Angesichts dieses Befundes ist es meines Erach- tens eine nach wie vor nicht hinlänglich erforschte Frage, wie es dazu kommen konnte, dass die Turner in der Reichsgründungsära und danach in ein kon- servativ-monarchistisches Fahrwasser geraten konn- ten – deutlich in der neu erwachten Verehrung des „Turnvaters“ Jahn, der sich doch schon 1849 längst überlebt hatte.87 Ludwig Bamberger äußerte sich in seinen Erinnerungen rückblickend: „Obwohl Mut- ter Natur mich zu nichts weniger als zum Turner ge- schaffen hat, in welcher Kunst ich es auch nicht weit brachte, trotz verschiedentlichen Unterrichts, hat mich die Politik doch, wie im Jahre 1848, so spä- ter noch öfter in enge Verbindung mit den Turnver- einen und in diesen zu einer Stellung von gewissem

85 Vgl. zum Milieubegriff LEPSIUS, Parteiensystem (1973); VESTER, Strukturwandel (1993), S. 124 ff.; WETTENGEL, Parteibildung (1998), S. 729 ff. 86 Zu den württembergischen Turnvereinen vgl. HAUG, Turn- platz (1998); KRÜGER, Klimmzüge (1998); KRÜGER, Turner (1998); zu den Sigmaringer Turnern vgl. neuerdings TREFF- EISEN, Turner (2004). 87 Vgl. LANGEWIESCHE, Nationalhelden (2004), S. 389 ff. 88 BAMBERGER, Erinnerungen (1899), S. 529. Vgl. LANGEWIE- SCHE, Vaterland (1990); KRÜGER, Körperkultur (1996). Für die Beurteilung der frühen Turnbewegung nur einge- schränkt zutreffend: EISENBERG, Sports (1999), S. 120 ff.

41 MICHAEL WETTENGEL

Literatur HEIL, Bodo: Der Butzbacher Arbeiterführer Georg Vömel und die Butzbacher Turngemeinde von 1846. BAMBERGER, Ludwig: Erinnerungen. Berlin 1899 In: Sozial- und Zeitgeschichte des Sports 5 (1991), S. 21 – 40 BECKER, Gerhard: Das Protokoll des ersten Demokraten- kongresses vom Juni 1848. In: Jahrbuch für Geschich- HEINZELMANN, Josef: Carl Wallau und die Mitgründer te 8 (1973), S. 379 – 405 der Mainzer Arbeiterbewegung. In: KEIM, Anton M. (Hg.): Mainz und die soziale Frage in der Mitte des BRAUN, Harald: Das turnerische und politische Wirken 19. Jahrhunderts. Mainz 1977, S. 29 – 38 von Alexander Friedrich Ludwig Weidig 1791 – 1837. 1. Aufl. Ahrensburg 1977 JAHN, Günther: . Volkserzieher und Vorkämpfer für Deutschlands Einigung BRAUN, Harald: Geschichte des Turnens in Rheinhessen. 1778 – 1852. Göttingen; Zürich 1992 (Persönlichkeit Ein Beitrag zur wechselseitigen Beeinflussung von und Geschichte 139) Politik und Turnen. Bd. 1: 1811 – 1850. Alzey 1986 JANSEN, Christian: Ludwig Bamberger. Mit Dampf und BRAUN, Harald: Geschichte des Turnens in Rheinhessen. Elektrizität für ein modernes Deutschland. In: Bd. 2: 1850 – 1918. Alzey 1987 FREITAG, Sabine (Hg.): Die Achtundvierziger. Lebens- DÜDING, Dieter: Organisierter gesellschaftlicher Natio- bilder aus der Revolution 1848/49. München 1998, nalismus in Deutschland (1808 – 1847): Bedeutung S. 200 – 213 und Funktion der Turner- und Sängervereine für die KICHLER, Heinrich: Geschichte der Turngemeinde Darm- deutsche Nationalbewegung. München; Wien 1984 stadt. Zur Feier des 25jährigen Bestehens derselben (Studien zur Geschichte des 19. Jahrhunderts 13) nach mündlichen Mittheilungen und actenmäßigen ECKARDT, Fritz: Die turnerische Bewegung von 1848/49. Quellen zusammengestellt. Darmstadt 1871 Frankfurt a.M. 1925 KÖHLER, Manfred H. W.: Volksrechte und Erdenglück. EISENBERG, Christiane: „English Sports“ und deutsche Vormärz und Revolution von 1848/49 in Oppenheim Bürger. Eine Gesellschaftsgeschichte 1800 – 1939. und Nierstein. Das politische Schicksal des Oppen- Paderborn u.a. 1999 heimer Lehrers Johann Paulsackel. Darmstadt 2004 ERBACH, Günter: Der Anteil der Turner am Kampf um (Quellen und Forschungen zur hessischen Geschich- ein einheitliches und demokratisches Deutschland in te 143) der Periode der Revolution und Konterrevolution in KREY, Ursula: Vereine in Westfalen 1840 – 1855. Struk- Deutschland (1848/49). Diss. Leipzig 1956 turwandel, soziale Spannungen, kulturelle Entfaltung. FRANZ, Eckhard G.: Die hessischen Arbeitervereine im Paderborn 1993 (Forschungen zur Regionalgeschich- Rahmen der politischen Arbeiterbewegung der Jah- te 10) re 1848 – 1850. In: Archiv für Hessische Geschichte KRÜGER, Michael: Von Klimmzügen, Aufschwüngen und und Altertumskunde N.F. 33 (1975), S. 167 – 262 Riesenwellen. 150 Jahre Gymnastik, Turnen, Spiel GEISEL, Karl: Die Hanauer Turnerwehr: Ihr Einsatz in und Sport in Württemberg. Tübingen 1998 der badischen Mairevolution 1849 und der Turner- KRÜGER, Michael: Körperkultur und Nationsbildung. prozeß. Hanau 1974 (Hanauer Geschichtsblätter 25) Geschichte des Turnens in der Reichsgründungsära. GEORGII, Theodor: Die schwäbische Turnerschaft in ih- Eine Detailstudie über die Deutschen. Schorndorf rer Entwickelung, namentlich in ihrem Verhältniß zu 1996 (Reihe Sportwissenschaft 24) den Bewegungsjahren 1848/1849. In: Turn-Zeitung. KRÜGER, Michael: Nationalismus und Militarismus in Blätter für die Angelegenheiten des gesammten Turn- Turnbewegungen des 19. Jahrhunderts. In: JANSEN, wesens. Organ der Deutschen Turnerschaft 7 (1891), Christian (Hg.): Der Bürger als Soldat. Die Militari- S. 99 – 105 sierung europäischer Gesellschaften im langen GRIESSINGER, Andreas: Das symbolische Kapital der 19. Jahrhundert: Ein internationaler Vergleich. Essen Ehre. Frankfurt a.M. 1981 2004, S. 130 – 153 HAUG, Brigitte: „... auf dem neuen Turnplatz der Politik KRÜGER, Michael: Turner als „demokratisches Element“ ...“. Turnvereine in Baden und Württemberg in der in der Revolution von 1848/49. In: Schwäbische Hei- Revolution 1848/49. Schorndorf 1998 (Institut für mat 49 (1998), S. 159 – 166 Sportgeschichte Baden-Württemberg. Wissenschaft- LANGEWIESCHE, Dieter (Hg.): Die deutsche Revolution liche Schriftenreihe 5) von 1848/49. Darmstadt 1983

42 Turnvereine im Rhein-Main-Raum

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43 TAPP, Alfred: Hanau im Vormärz und in der Revoluti- ZUCKER, Stanley: Ludwig Bamberger. German Liberal on von 1848 – 1849. Ein Beitrag zur Geschichte des Politician and Social Critic. 1823 – 1899. Pittsburgh Kurfürstentums Hessen. Hanau 1976 (Hanauer Ge- 1975 schichtsblätter 26) TREFFEISEN, Jürgen: Die Sigmaringer Turner zur Mitte des 19. Jahrhunderts – Gründung (1848) und Wie- dergründung (1862). In: Zeitschrift für Hohenzolleri- sche Geschichte 40 (2004), S. 53 – 80 TV 1848 Gimbsheim (Hg.): Festschrift. Oppenheim 1928 VESTER, Michael et al.: Soziale Milieus im gesellschaftli- chen Strukturwandel. Zwischen Integration und Aus- grenzung. Köln 1993 WAMSER, Albert: Geschichte des Turnvereins Butzbach 1846 – 1896. Festschrift zur Feier des fünfzigjährigen Bestehens. Butzbach 1896 WEBER, Beda: Die Fahnenweihe in Finthen am 3. Dec. 1848. In: DERS.: Charakterbilder. Frankfurt a.M. 1853, S. 443 – 473 WEBER, Marie-Lise: Ludwig Bamberger. Ideologie statt Realpolitik. Wiesbaden 1987 (Frankfurter historische Abhandlungen 28) WEBER, Rolf: Ludwig Bamberger. In: BLEIBER, Helmut et al. (Hg.): Männer der Revolution von 1848. Bd. 2. Berlin (DDR) 1987, S. 273 – 304 WETTENGEL, Michael: Die Revolution von 1848/49 im Rhein-Main-Raum: Politische Vereine und Revolu- tionsalltag im Großherzogtum Hessen, Herzogtum Nassau und in der Freien Stadt Frankfurt. Wiesbaden 1989 (Veröffentlichungen der Historischen Kommis- sion für Nassau 49) WETTENGEL, Michael: „... eine mobile Colonne, wenn es darauf ankommt, die Unruhen zu befördern“: Die hessischen und nassauischen Turnvereinsverbände während der Revolution von 1848/49. In: Sozial- und Zeitgeschichte des Sports 7 (1993), S. 44 – 61 WETTENGEL, Michael: Parteibildung in Deutschland. Das politische Vereinswesen in der Revolution von 1848. In: DOWE, Dieter / HAUPT, Heinz-Gerhard / LANGE- WIESCHE, Dieter (Hg.): Europa 1848. Revolution und Reform. Bonn 1998 (Forschungsinstitut der Fried- rich-Ebert-Stiftung, Reihe Politik- und Gesellschafts- geschichte 48), S. 701 – 738 WIESER, Lothar: 150 Jahre Turn- und Sportverein Mann- heim von 1846 e.V. Mannheim 1996 WOLF, Dieter (Hg.): Friedrich Ludwig Weidig (1791 – 1837). Neue Beiträge zur 200. Wiederkehr seines Geburtstages. Butzbach 1991

44 Das Heilbronner Turnfest – Festkultur und Turnpraxis in der frühen Turnbewegung

MICHAEL KRÜGER

„Im August des Jahres 1846 wurde das erste deut- Die wenigen Bemerkungen von Adolf Cluss über sche (nicht schwäbische) Turnfest in Heilbronn ab- das Heilbronner Turnfest von 1846 verraten schon gehalten“, schrieb Adolf Cluss in einem Brief vom einiges von dem Charakter dieses Ereignisses, das 14. September 1904, in dem er, am Ende seines er- eine ganze Generation von jungen Männern in dieser eignisreichen Lebens stehend, „eine Episode aus mei- unruhigen Zeit des Vormärz prägte. Dass es das erste nen jungen Jahren“ erzählte, die ihm sein Leben lang „deutsche (nicht schwäbische) Turnfest“ gewesen sei, „im Gedächtnis“ blieb. „Auf meine Aufmunterung darauf legt Cluss großen Wert in seinem Brief. Kon- entschlossen sich 28 Mainzer Turner dem Feste bei- kret bedeutete dies, dass eben nicht nur Turner und zuwohnen“, schrieb er. In Heilbronn sei dann „die Delegierte von Turnvereinen aus Schwaben daran ganze Sippschaft“ in das große Haus der Eltern ein- teilnahmen, wie dies die Jahre zuvor in Gmünd und geladen worden. Die Turner hätten eine „Turnfahrt Reutlingen der Fall war, sondern Turner aus ganz nach Weinsberg u. der Weibertreue“ unternom- Deutschland waren nach Heilbronn gekommen. Sie men und den Dichter Justinus Kerner besucht. „Aus feierten zusammen ein großes nationales Volksfest zweitausend jungen Turner-Kehlen wurde ihm sein mit Reden, Liedern, Gedichten, Beratungen, Umzü- ‚Wohlauf noch getrunken‘ mit Begeisterung vorge- gen, Turnfahrten, Turnübungen, Wettkämpfen und tragen“, schwelgte fast 60 Jahre später der alte Cluss Spielen. Aber das Turnen selbst scheint nur eine un- von diesem Erlebnis. Sein Mainzer (Turn-)Freund ter vielen Aktivitäten, nicht einmal die wichtigste, Germain Metternich, der in Kerners Haus erzogen gewesen zu sein. worden sei (was historisch nicht belegt ist), habe ei- gens ein Gedicht über das Heilbronner Turnfest ver- fasst, „welches in dem damals ganz neuen Farbdruck Bedeutung des Heilbronner Turnfestes u. stattlichster Fassung nach Heilbronn an unsre Fa- milie kredenzt wurde.“1 Auf den Turnfesten kam am deutlichsten zum Aus- Metternich, dies nur nebenbei, zählte damals zu druck, was „Turnen“ in der Mitte des 19. Jahrhun- den von der Polizei am meisten beobachteten und derts bedeutete, wie dieses Turnen praktisch aussah, gefürchteten Revolutionären, der 1848 wie viele an- welche Inhalte, welche Turn- und Umgangsformen dere revolutionäre Turner in die USA auswander- diese spezifische Körper- und Bewegungskultur te, zusammen mit Gustav Struve den sozialistischen prägten, und welche ideellen, geistigen und politi- New Yorker Turnverein gründete und im amerikani- schen Kräfte das Turnen bewegten. Das wichtigste schen Bürgerkrieg in einem Turnerregiment kämpf- Turnfest vor der Revolution von 1848 fand 1846 in te. 1862 starb er an den Folgen einer Verwundung Heilbronn statt; auch wenn es in vielerlei Hinsicht aus dem Krieg.2 nicht ganz die Erwartungen erfüllte. Dieter DÜDING spricht sogar von einem „Fehlschlag“, weil es eben nicht gelungen sei, das wichtigste politische Ziel die- 1 StadtA Heilbronn, D 100/102 Brief von Adolf Cluss ses vormärzlichen Turnertreffens zu erreichen, näm- an seine Nichte Sophie de Millas, 14.09.1904; ich dan- lich ein wirklich „nationales“ Turnfest auszurichten, ke Peter Wanner vom Stadtarchiv Heilbronn für die Be- von dem dann auch der nationale Zusammenschluss reitstellung des Briefs und die wertvollen Hintergrund- 3 informationen. Vgl. außerdem den 2005 anlässlich der der Turner hätte ausgehen können. Cluss-Ausstellungen in Heilbronn und Washington vom In den Jahren bis zur Revolution wurden noch Stadtarchiv Heilbronn in Verbindung mit der Historical zahlreiche andere und ähnlich gestaltete regiona- Society of Washington D.C. von A. Lessof und C. Mauch le Turnfeste gerade im Süden Deutschlands veran- herausgegebenen Band; Cluss (2005) 2 staltet, aber das Heilbronner Fest verkörperte in be- Zur Rolle der deutschen Turner und den Turnerregimen- sonderer Weise den Charakter der vormärzlichen tern im amerikanischen Bürgerkrieg vgl. HOFMANN, USA (2001), S. 148 – 162. Turnkultur. Es sollte ein gesamtdeutsches Ereignis 3 DÜDING, Nationalismus (1984), S. 237 werden und es sollte die Gründung eines deutschen

45 MICHAEL KRÜGER

Schmuckblatt für das Heilbronner Turnfest 1846; Lithographie der Ge- brüder Wolff, Heilbronn oder wenigstens eines schwäbischen Turnerbundes in ihrer politisch-gesellschaftlichen als auch körper- in die Wege leiten. Beide Vorhaben misslangen, zur kulturellen Ausprägung.5 Gründung einer schwäbischen Turnerschaft kam es Flaigg schildert einleitend die Unterdrückung und erst im Mai 1848 in Esslingen, und bis endlich die das Wiederaufleben der Turnbewegung nach der Gründung einer Deutschen Turnerschaft dauerhaft „Turnsperre“. Der „großartigen Erhebung Deutsch- vollzogen werden konnte, musste erst noch die Re- lands“, womit er die Zeit der Befreiungskriege ge- volution und mussten noch lange Jahre der Reaktion gen Napoleon meinte, sei eine „Erschlaffung“ ge- und Unterdrückung der bürgerlichen Freiheiten ins folgt. Jetzt, da das Turnen wieder erlaubt und so- Land ziehen. gar erwünscht sei, „da drängte sich die deutsche Jugend aus den Mauern ans Sonnenlicht, aus Stu- benwacht und Ofenpacht unter Gottes freien Him- Rudolf Flaiggs „Festalbum“

Das Fest-Album zur Erinnerung an das Turnfest 4 So BORST, Frühsozialisten (1974), S. 149 in Heilbronn, herausgegeben von der Heilbronner 5 Turngemeinde und ihrem Sprecher Rudolf Flaigg, FLAIGG, Fest-Album (1846); im Folgenden danach. Vgl. 4 den Nachdruck des Festalbums unten, S. 111 – 151. Zum den BORST den „schwäbischen Frühsozialisten“ zu- Heilbronner Turnfest und seinem turnhistorischen Kon- ordnet, liefert eine anschauliche Vorstellung von der text vgl. außerdem KRÜGER, Leibeserziehung (2005), turnerischen Vereinskultur der 1840er Jahre, sowohl S. 86 – 111.

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„Turnspruch“ von Rudolf Flaigg in dem Buch „Lieder für Männer- Turngemeinden“, das die Turnge- meinde Heilbronn „am Vorabend“ des Turnfests herausgegeben hat; 1846 mel, und tummelte sich wieder kräftiger denn zu- wert, die zwischen dem freien turnerischen Bewegen vor, weil nicht mehr von des Mißtrauens scheelem an den Geräten und an der frischen Luft, den „Kraft- Blicke bewacht. [...] und überall im Schwabenlande äußerungen“ des Leibes, und der Freiheit des Geis- wurden Turnplätze errichtet und verbanden sich Alt tes, der Rede und des Wortes hergestellt wird. Das und Jung, ohne Unterschiede des Standes und Alters aktive, freie Turnen an den Turngeräten ist Ausdruck zum Recken und Schwingen der erschlafften Sehnen und Symbol dieser allgemeinen Freiheit, und es ist und Glieder“.6 ein Teil dieser Freiheit des Bürgers selbst. Aus dieser In einem Punkt irrte sich der Autor Rudolf Flaigg, Sicht wird verständlich, warum beides seinen Platz vielleicht tat er es bewusst; denn nach wie vor wur- bei diesen frühen Turnfesten fand, das Turnen und den die Turnvereine von den Regierungen, nicht nur sogar Preisturnen, und das Reden und Singen, das in Preußen, sondern auch in Württemberg, miss- Debattieren und Dichten. Der wesentliche Inhalt trauisch beobachtet. Es wurden sogar eifrig Polizei- dieser neuen Freiheit und Kraftäußerung bestand in und Spitzelberichte angefertigt, auch vom Turnfest dem Willen und der Möglichkeit, sich frei und ohne in Heilbronn. Unterschied des Alters und des Standes zu treffen Bereits an den ersten Zeilen dieses Festberichts und seine Kräfte zu messen. von Heilbronn ist die enge Verbindung bemerkens- Der erste Tag des Turnfestes ging – laut Festbe- richt – allein mit ausgedehnten Begrüßungsritualen, mit der Organisation der Unterbringung der Turner 6 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 1; unten, S. 117 in privaten Quartieren der Heilbronner Bürger, mit

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land hatten Vertreter nach Heilbronn entsandt, die insgesamt ca. 3400 Mitglieder in den Turnvereinen repräsentierten, vom kleinsten Verein – Geislingen mit 15 Mitgliedern – bis zur größten Turngemein- de Dresden mit ca. 900 Mitgliedern. „Nicht blos die Turnübungen werden mit Eifer getrieben, wo es an- geht auch im Winter, sondern es sind hie und da [...] eigene Gesellschaftstage die festgesetztem Gesange, der Unterhaltung und Belehrung gewidmet sind, auf daß die Körperkraft die geistige nicht überwuche- re. Sonst möchten wir leicht statt des körperlichen Siechtums Rohheit und Barbarei uns zu eigen ma- chen, und dadurch der letzte Betrug ärger als der ers- te werden. Reutlingen hat eine Bibliothek angelegt. So scheint sich auch das Ideal der sittlichen Würde des Turners der Verwirklichung zu nähern. Leider muß auch bemerkt werden, daß seit dem kurzen Be- stand der Turnvereine einige Ausschlüsse Unwürdi- ger vorgekommen sind.“7 Die Turner in den Vereinen meinten es ernst mit ihrer sittlichen und geistigen Erziehung und Beleh- rung, aber sie zeigten dies nicht nur durch Bestra- fung und Ausschluss bei Fehlverhalten einzelner Mitglieder, sondern sie lieferten auch aktive, posi- tive Beispiele ihrer turnerischen „Sittlichkeit“, ihrer Das Turnerzeichen mit den vier F auf der letzten Seite des Turnbrüderlichkeit und ihres Gemeinschaftssinns. Festalbums von Rudolf Flaigg. Viele Vereine betätigten sich als „Lösch- oder Ret- tungsmannschaft“ und veranstalteten Feuerwehr- übungen, viele übten sich zusammen mit den ent- Biertrinken und Ausruhen von den Strapazen der stehenden Bürgerwehren im Schießen: „In Esslingen Anreise und schließlich mit einer „Vorberatung“ zur haben auch Schwimmübungen stattgefunden. Der Tagesordnung der Beratungen zuende. Dann wur- Mannheimer Turnverein hat die Benützung seines de eine Grußadresse des bald 68-jährigen Friedrich Turnplatzes allen Schulkindern, den Mädchen, Ge- Ludwig Jahn verlesen, aber nicht kommentiert. brechlichen, ja überhaupt dem Publikum zu gewis- Die eigentlichen Beratungen drehten sich um sen Zeiten eingeräumt, und bereits einen zweiten die Frage der Gründung einer schwäbischen Tur- Turnlehrer angestellt. Der Dresdener Turnverein nerschaft, die vorläufig zurückgestellt wurde, um hat außerdem eine Unterrichtsanstalt für angehende die Frage der zukünftigen Abhaltung von Turnfes- Turnlehrer gegründet, welche an derselben sowohl ten, um eine gemeinsame Turnzeitung, um die Fra- Unterricht in praktischer Turnerei und theoreti- ge der allgemeinen Einführung von Schießübungen schen Turnkenntnissen, als auch in deutscher Litera- in den Turnvereinen, um den Antrag zur Gründung tur und Geschichte, in schriftlicher und mündlicher einer Unterstützungskasse für bedürftige Turner so- Ausdrucksweise, Gesang und Geographie erhalten. wie um die Verabschiedung des – bis heute gültigen Endlich wurden auch die Turnfahrten häufig be- – Symbols der Turner, die vier F – frisch – fromm – nützt, um benachbarte Schwestergemeinden zu be- fröhlich – frei – in „Form eines deutschen Kreuzes“. suchen, oder waren sie Veranlassung zu Gründung „Das Kreuz ist Christen-Zeichen, ein allgemeines, es neuer Vereine.“8 ist aber auch das spezielle deutsche Zeichen.“ Die Turner fühlten sich vor Ort in ihren Städten und Gemeinden als eine gesellschaftliche Kraft, die Turnkultur in den Vereinen

7 Die Vereine und ihre Vertreter wurden aufgefordert, FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 8; unten, S. 124 8 Berichte abzugeben. 35 Vereine aus ganz Deutsch- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 8; unten, S. 124

48 Festkultur und Turnpraxis

Die Darstellung des Heilbronner Turnfests im zweiten „Album“, das aus diesem Anlass erschienen ist – die Ereignisse wurden „episch besungen von Ludwig Kies“. sich für alle aktiv und selbsttätig einsetzte, zur Bil- Das Ringen um eine gemeinsame dung von Körper und Geist beitrug, Solidarität un- Turnkultur ter den Bürgern stiftete und zur gegenseitigen, so- lidarischen Hilfe anleitete; zumindest nahmen sich Aus dem Bericht des Oberamts über das Heilbron- dies die Turner vor. ner Turnfest geht deutlicher als aus dem offiziellen Wenn der Staat schon nichts tut, dann müssen Festbericht hervor, wie schwierig den Turnern das es die Bürger für sich selbst in die Hand nehmen, Aushandeln neuer, alternativer Verhaltensweisen für diese Grundhaltung standen die jungen Turner fiel. Keineswegs herrschten unter den Vertretern der der Jahrhundertmitte. Die meisten von ihnen waren einzelnen Vereine einheitliche Auffassungen, z.B. in Handwerker oder Handwerksgesellen, wie beispiels- der Frage, „ob die Entlassung eines Mitglieds wegen weise Adolf Cluss. Viele von ihnen haben als Mit- unmoralischen Benehmens von dem Vorstand oder glieder von Turnvereinen beeindruckende Beispiele der ganzen betreffenden Turngemeinde auszuspre- dieses freiwilligen bürgerschaftlichen Engagements chen sei“. „Die Ansichten waren verschieden“, heißt geliefert. Es erklärt auch, warum die Turner in der es in dem Bericht, „und es wurde die Entscheidung Bevölkerung eine breite Akzeptanz erfuhren, warum jedem einzelnen Vereine überlassen“. Ebenso die sie überall geschätzt und wegen ihres Einsatzes bei Frage, „ob sich die Turner mit ‚Du‘ anreden sollen“. Bränden und Unglücksfällen von den Honoratioren „Der Vorschlag ging in seiner Allgemeinheit nicht der Stadt, die – wieder wie im Fall von Cluss – auch durch“, obwohl sich die Turner beim Turnfest selbst Eltern waren, gelobt und ausgezeichnet wurden. alle bereits mit Du angeredet hätten.9 Wie diese Beispiele aus einem gewissermaßen amt- lichen (Spitzel-)Bericht zeigen, ging es bei den Bera- tungen der Turner überaus „demokratisch“ zu; was den Berichterstatter offenbar so beeindruckte, dass er die Diskussionen und Streitpunkte ausführlichst 9 HStA Stuttgart E 147 Bü 1946/1, Oberamtsbericht über protokollierte. Es scheint keine Strategie gegeben zu das Heilbronner Turnfest 1846 an das Innenministerium haben, bestimmte Positionen durchzusetzen. Offen- vom 4. August 1846; vgl. unten, S. 155 f. bar gab es auch keine dominierenden Meinungsfüh-

49 MICHAEL KRÜGER rer, die zielgerichtet die Diskussionen und Abstim- auf einem Ameisenhaufen; dort werden Turnspiele, mungen der Versammlung gelenkt hätten. Gerade aller Art Caroussel, Fuchsprellen etc. gemacht, hier der amtliche Turnfestbericht zeigt, dass die jungen hebt sich eine Pyramide empor, schlank, doch nicht Turner das Turnfest und den Turntag als Foren be- so fest wie die von Gizeh; ein Wanken ihrer Spitze, trachteten, sich frei zu äußern und dabei demokrati- plump! da liegt das Gebäude, und unter Ach und sche Diskussions- und Umgangsformen zu pflegen; Weh und schallendem Gelächter entwindet sich der auch auf die Gefahr hin, dass am Ende keine ein- Knäuel. Andere schleichen sich über die Schranken, deutigen und politisch verwertbaren, schlagkräftigen um sich am vortrefflichen Bier unter schattigen Bäu- Ergebnisse zustande kamen. Fast scheint es, als ob es men zu laben. Da erschallt des Turnwarts Zeichen, den Turnern darauf gar nicht so sehr angekommen und schnell haben sich die Riegen wieder gesammelt, sei, sondern sie vielmehr das Diskutieren, Beraten, und nochmals beginnt das Riegenturnen. Dies dau- Streiten, Turnen selbst in den Mittelpunkt stellten, ert ungefähr noch eine Viertelstunde fort, und nach an dem sie sich mit großer Begeisterung und Freude diesem wurde ein Dauerlauf gemacht. Spieß von Ba- beteiligten. sel führte mit den Heidelbergern eine äußerst gelun- gene Gemeinübung aus. Außer einigen unbedeuten- den Verrenkungen fiel kein Unfall vor. [...]“.11 Begeisterung und Ernsthaftigkeit der Flaigg legte in seinem Bericht weniger auf die ex- Turnsache akte Beschreibung der turnerischen Übungen Wert als vielmehr auf die Wiedergabe der allgemeinen Der Turnfestbericht Rudolf Flaiggs ist insgesamt Stimmung auf dem Turnfest. Diese Stimmung ist darauf angelegt, die Begeisterung und Herzlichkeit oder sollte in idealer Weise sowohl frisch, frei, kraft- der Atmosphäre beim Turnfest zum Ausdruck zu voll, lebendig, spontan und unbeschwert als auch or- bringen, die Solidarität und den Gemeinschaftssinn dentlich und ernst sein. Auf das Zeichen des Turn- unter den verschiedenen Turnern aus allen Teilen warts stehen die Turner sofort wieder auf der Matte, Deutschlands, zugleich aber auch den „Ernst“ der obwohl sie während der Turnrast ausgiebig mit Bier Sache zu betonen. Bei all dem wird die Anteilnahme und Wein gegen ihren Durst angekämpft hatten. Sie der Bevölkerung insgesamt hervorgehoben, die Tur- sind sogar in der Lage, die „Gemeinübungen“ von ner werden immer wieder von begeisterndem Jubel Adolf Spieß aus Basel ordentlich auszuführen, wo empfangen, schaulustige Bewohner kommen herbei alle Turner auf das Kommando des Vorturners die- und bewundern die Turner, die Gastwirte und Quar- selbe Übung zur gleichen Zeit machen mussten. tiergeber zeigen sich freundlich und aufgeschlossen. Beim Festzug, der unter Kanonendonner abmar- schiert und mit den vielen bunten Fahnen durch alle Preis- und Wettturnen Straßen Heilbronns führt, wird eine korrekte Ord- nung eingehalten: Ehrengarde, Festordner, Heil- Neben dem Riegenturnen wurde in Heilbronn ein bronner Bürgergarde, Turner aus Heilbronn und „Preisturnen“ oder Wettturnen der besten Turner Umgebung, Ehrengäste, höhere Beamte, Stadtrat durchgeführt. „Die lieben Frauen und Jungfrau- und Bürgerausschuss von Heilbronn, dann die Turn- en Heilbronns aus allen Altersklassen und Ständen gemeinden in alphabetischer Reihenfolge, voran die hatten eine große Anzahl von schönen Arbeiten ver- Sprecher und die Fahnenabordnungen der Vereine, fertigt, die nun heute den Siegern und Wetturnern am Schluss die Heilbronner Turngemeinde.10 zufallen sollten. Freilich kamen dabei manche Lu- Der Festzug führte auf den festlich geschmückten xusartikel zu Stand; beinahe zu kostbar und nicht Turnplatz, wo auch das eigentliche Turnen stattfin- einfach genug für einen Turner-Kampfpreis.“ den sollte. Eigens dafür hatte man „für Heilbronns Frauen und Jungfrauen“ eine Tribüne erbaut. Es wurden Riegen von jeweils ca. 20 Turnern eingeteilt, und dann begann das „Riegenturnen der älteren und jüngeren Turner in 54 Riegen an 50 Gerätschaften. [...] Es war eine Freude, die Kraft anzuschauen, die 10 „Die älteste Fahne der Turngemeinde wurde nicht von Ordnung, den frohen Mut, die Gewandtheit, mit Turnschwestern gestiftet, sondern zum Turnfest 1846 als Provisorium angeschafft. Sie trug die Stadtfarben blau der geturnt wurde trotz allen Durstes und aller Hit- – weiß – roth und war von einfacher Seide.“ StadtA Heil- ze. Wohl bei sechstausend Zuschauer hatten sich [...] bronn, D 100/52; Notizen von Carl Betz jun. 11 eingefunden. [...] Auf dem Turnplatz wimmelts wie FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13 f.; unten, S. 120 f.

50 Festkultur und Turnpraxis

Aber die sittenstrengen Turner drückten in die- jenseits des Atlantik in die Geschichte eingingen, sem Fall ein Auge zu und rangen ritterlich um die als auch andere, die später als Turnmethodiker und von den Jungfrauen gestifteten Preise. Ein Kampfge- Turnpädagogen das Turnen zu einer differenzierten richt wurde zusammengestellt, dem die anerkanntes- nationalen Körper- und Bewegungskultur entwi- ten Turnexperten angehörten: Spieß aus Basel, Wass- ckelten; und schließlich zog die Mehrzahl der jun- mannsdorff aus Basel, Fischer aus Reutlingen, Buhl gen Turner und Handwerksgesellen einfach deshalb aus Gmünd, Schärttner aus Hanau.12 Bei der Zu- nach Heilbronn, weil da etwas Neues, Spannendes sammensetzung dieses Kampfgerichts ist bemerkens- geboten wurde. Das Turnfest war so gesehen auch wert, dass sich die unterschiedlichsten turnerischen ein großes „Event“ des 19. Jahrhunderts. Strömungen in den genannten Personen finden. „Das Wetturnen begann; da konnte man schau- Adolf Spieß und Karl Wassmannsdorf als Turnfach- en, wie weit es der Mensch bringen kann mit erns- leute und „Turnphilologen“, besser Turnmethodi- tem Willen, beharrlicher Ausdauer und anhaltender ker, die sich später große Verdienste um die kon- Übung; da wurde trotz der schwülen Hitze geturnt, krete Ausgestaltung der turnerischen Übungen für daß einem das Herz im Leibe lacht. [...] Es wurde Schule und Verein erwarben; Wilhelm Fischer und an drei Gerätschaften geturnt, am Reck, Schwingel Johannes Buhl, ein Kaufmann und ein Handwer- und Barren. Jeder Turner konnte eine willkürliche ker aus Schwaben, die das später so genannte „volks- Übung machen. Während dessen kreisen auch die tümliche“ Turnen vertraten, also das Turnen für je- Hörner fleißig mit edlem Gerstensaft gefüllt; und dermann im Freien, mit Laufen, Springen, Werfen, auch die Wettturner werden von ihren Turnbrüdern Klettern usw., und schließlich August Schärttner, erquickt und zu frischer Arbeit gestärkt.“ der Hanauer Turnwart, der für das eigentliche „poli- Schließlich wurden die Sieger von den Heilbron- tische“ Turnen steht und an der Spitze der Hanauer ner Jungfrauen geehrt: und Heilbronner Turner an der badischen Revolu- „Zur Pforte kommen tion teilnahm. Mit züchtigem Blick und verschämten Wangen Es war keineswegs so, dass die politisch motivier- zwölf niedliche Mägdlein herein gegangen. ten Turner, die auch gern als „Maulturner“ verspot- Sie sind alle weiß gekleidet, tragen Blumen im tet wurden, nicht aktiv geturnt hätten oder turnprak- Haar, rot-schwarze Schärpen um den Leib und tische Ignoranten gewesen wären; gerade die eher Lorbeerkränze in der Hand. Die wurden von ih- revolutionären, demokratischen Turner wie August ren neidlosen Schwestern auserwählt, die Sieger Schärttner oder Otto Leonhard Heubner aus Dres- mit dem Lorbeer zu krönen und zu schöner Gabe den waren hervorragende aktive Turner. Ausnahmen freundlichen Blick zu fügen.“ sind vielleicht Friedrich Hecker und Gustav Struve, die Anführer der badischen Revolution, die nicht in Dieser Akt der Preisverleihung an die Sieger wird von Heilbronn teilnehmen konnten. Sie blieben zwar ihr Flaigg als „Triumph des Tages“ angesehen; über das Leben lang, auch und vor allem im amerikanischen eigentliche Preisturnen verliert er wenig Worte. Es Exil, dem Turnen treu, aber doch eher als Turn- stellte wohl die elementarste Stufe eines Wettkampfs ideologen denn als Turnpraktiker und „Turnphilo- in einer darstellend-expressiven Disziplin dar. Es logen“.13 werden freie Kunststücke („Kürübungen“ im Sinne Das Heilbronner Kampfgericht, aber auch die Jahns) vorgeführt und von einem erwählten und für prominenten Namen von Teilnehmern des Turnfes- kompetent erachteten Schiedsgericht bewertet. Ein tes, wie z.B. Theodor Georgii, verdeutlicht folgen- festes Reglement ist nicht in Sicht, alles wird vor- des: Turner waren damals, um es nochmals zu sagen, her von den Kampfrichtern und Turnern ausgehan- junge Männer aus der Mitte der bürgerlichen Gesell- delt. Aber gleichwohl ist ein Reservoir an Übungen schaft. Kinder von Lehrer- und Pfarrerfamilien eben- und Übungsweisen vorhanden, auf das sich die frei so wie – in der Mehrzahl – Söhne von Handwerkern und „willkürlich“ turnenden Wettkämpfer beziehen und Gewerbetreibenden. Unter ihnen befanden sich können. sowohl Leute, die als Revolutionäre diesseits und

12 Vgl. zu den Personen im Einzelnen unten, S. 175 ff. 13 Zu Friedrich Hecker und seinem Verhältnis zum Turnen vgl. FREITAG, Hecker (2004).

51 MICHAEL KRÜGER

Ende und Abschied

Nach dem Turnen folgten wieder endlose Reden, Grußadressen, Hoch- und Gut-Heil-Rufe.14 Ein Mannheimer Turner rief dazu auf, der Turner zu ge- denken, die nicht am Turnfest teilnehmen könnten, besonders des „eingekerkerten Gustav von Struve“. Struve (1805 – 1870) war der Sprecher des Mann- heimer Turnvereins und einer der späteren Anführer der badischen Revolution. Nach seiner Auswande- rung in die Vereinigten Staaten gründete er den New Yorker Turnverein, eine der Keimzellen der „Ameri- can Turners“ bzw. des späteren Sozialistischen oder Nordamerikanischen Turnerbundes. Die „Struveturner“, wie sie von Jahn verächtlich genannt wurden, waren für ihren politischen Ra- dikalismus bekannt. Einer von ihnen, Dr. Eller aus Mannheim, sprach sich sogar gegen das „fromm“ des turnerischen Wahlspruchs aus, weil er von christli- cher Frömmigkeit nichts wissen wollte, sondern nur von „tätiger Vaterlandsliebe“ – und damit meinte er die Revolution. Der junge Jurastudent Theodor Georgii aus Ess- lingen hielt wieder, wie schon ein Jahr zuvor in Reut- lingen, eine Rede und forderte, „daß der Staat nicht hemmend und störend in unser Wachsen und Blü- hen eingreife. [...] Einig sei jedoch vor allem un- ser Streben, frei mag jeder einzeln sich entfalten im Reichtum seines Wesens, aber diese Verschiedenheit muß getragen sein von der einen gleichen Grundla- ge. [...] und wenn wir so in Einigkeit mit Eifer und Einsicht ringen und streben, so muß die Turnerei ge- deihen, muß uns helfen, uns zu Männern zu ma- chen, Männern treu dem Vaterland.“15 Das Abschiednehmen von Heilbronn fiel ge- nauso überschwänglich und langwierig aus wie der Empfang. Bis die letzten abgereist waren, wurde es Abend, für manche Mitternacht. Schnell wurde noch ein „Wettklettern“ veranstaltet, einige mussten sich von den Strapazen des Turnfestes ausruhen, und erst allmählich kehrten wieder Ruhe und Normalität in Heilbronn ein.

Das Turnerzeichen mit den vier F wurde nach dem Heil- Resumee bronner Turnfest weiter verbreitet – hier in einem Artikel der in Karlsruhe erscheinenden Turn-Zeitung (1846, Aus der Beschreibung des Turnfestes von Heilbronn S. 155). geht hervor, wie vielfältig die Turnvereinskultur da- mals war. Diese Turnvereine waren weder „nur“ politische Vereine, noch waren es nur Vereine zur 14 In Heilbronn wurde das „Gut Heil“ der Turner propagiert, Pflege körperlicher Übungen. Sie waren auch Ge- ebenso das Symbol der vier F. Vgl. ECKARDT, Bewegung selligkeitsvereine, Männervereine, Handwerksverei- (1925). 15 ne, Bürgervereine, Vereine zur Entfaltung bürgerli- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 17; unten, S. 133

52 Festkultur und Turnpraxis cher Tugenden und Wertvorstellungen, Vereine zur te der Turnerei war nun endgültig. Die Turnverei- Vermittlung historischen und politischen Wissens, ne galten jetzt aus der Sicht der Regierungen als ge- Vereine zur Pflege deutscher Lieder und Gesänge, fährliche Herde der Revolution und des Aufruhrs. Sozial- und Hilfsvereine, Vereine zur Verbreitung Alle Versuche eines nationalen Zusammenschlusses vaterländischer Gesinnungen, Vereine zur Bildung der Turnvereine scheiterten. Der 1848 in Hanau ge- und Erziehung im weitesten Sinne usw. Die Turn- gründete „Deutsche Turnerbund“ und der ein Jahr vereine geben Beispiele ab für das, was heute als „ci- später in Eisenach entstandene „Allgemeine Deut- vil society“, als „Zivilgesellschaft“ bezeichnet wird; sche Turnerbund“ bestanden nur auf dem Papier. eine Bürgerbewegung, die sich frei und unabhängig Ein neuer Anlauf wurde erst nach langen Jahren vom Staat organisiert und engagiert öffentliche Auf- der politischen Reaktion beim diesmal wirklich ers- gaben im bürgerschaftlichen Interesse wahrnimmt. ten allgemeinen deutschen Turn- und Jugendfest Die Turnvereine der 1840er erfüllten – kurz gesagt 1860 in Coburg genommen. Die 1848er-Aktivis- – vielfältige Aufgaben und Funktionen und fühlten ten waren nun fast 15 Jahre älter und besonnener sich zu vielem berufen. Je nach regionalen Vorausset- geworden, die radikalsten Vertreter der politischen zungen und personellen Konstellationen setzten die Turnerei waren ausgewandert, und in Coburg konn- einzelnen Vereine unterschiedliche Schwerpunkte in te nun die Turnkultur „neu aufgestellt“ werden, wie ihren Auffassungen und Tätigkeiten. Ganz entschei- man heute sagen würde – dort wurden die Grundla- dend spielte dabei die politische und gesellschaftliche gen für ein neues Selbstverständnis und eine stabile Entwicklung in Deutschland insgesamt eine Rolle. Organisation geschaffen. Vieles von dem, was schon Diese Unterschiede der politisch-gesellschaftli- in Heilbronn zu erkennen war, konnte sich jetzt ent- chen und kulturellen Orientierung der einzelnen falten: Eine Kultur des Turnens und der Turnvereine, Vereine waren neben den politischen Rahmenbe- die ihren Mittelpunkt in der Pflege und Entwicklung dingungen der wesentliche Grund, warum es bis zur einer volks- und nationalerzieherischen Körper- und 1848er Revolution nicht zu einem Zusammenschluss Bewegungskultur findet und nicht in revolutionärer, aller Turnvereine in Deutschland kam, bzw. warum oppositioneller Politik. Dieser Prozess ist bis heute die Versuche einer nationalen Einigung der Turner im Gange. scheiterten. Von ausschlaggebender Bedeutung für dieses Scheitern waren die revolutionär aufgeheizte Situation im Jahr 1848 sowie die Unterdrückungs- und Verbotsmaßnahmen der verantwortlichen Re- gierungen im Deutschen Bund vor und nach der Re- volution. Viele Turnvereine wurden wie in Mannheim, Köln und Heidelberg aufgelöst und verboten, hatten sich dann wiedergegründet, waren erneut beobachtet und bespitzelt worden usw. Es kam zu einer politi- schen Radikalisierung in einigen Turnvereinen. Vie- le riefen zur allgemeinen Bewaffnung auf und hiel- ten die Turner, weil sie körperlich besonders geschult und kräftig seien, für die natürliche Vorhut der nun mit Waffen kämpfenden Revolution. Obwohl sich die Mehrheit der Vereine zurückhielt, schlossen sich doch viele Turner den Bürgerwehren an und wollten nun mit der Waffe in der Hand für Freiheit und Va- terland kämpfen. Als bekannt wurde, dass bei der Ermordung des Fürsten Lichnowski, eines konservativen Abgeord- neten der Frankfurter Nationalversammlung, auch Männer mit Turnerhut und Turnerjacke gesehen wurden, war die Empörung in der Öffentlichkeit und in den Turnvereinen groß. Auch Freunde des Turnens wandten sich schaudernd ab, wie es nun hieß. Die Spaltung in radikale und gemäßigte Kräf-

53 MICHAEL KRÜGER

Literatur

Adolf Cluss – Revolutionär und Architekt. Von Heil- bronn nach Washington. Hg. v. Alan LESSOFF und Christof MAUCH. Heilbronn 2005 (Veröffentlichun- gen des Archivs der Stadt Heilbronn 46) BORST, Otto: Schwäbische Frühsozialisten. In: Aufruhr und Entsagung. Vormärz 1815–1848 in Baden und Württemberg. Hrsg. von Otto BORST. Stuttgart 1992 (Stuttgarter Symposion 2), S. 147–169 DÜDING, Dieter: Organisierter gesellschaftlicher Natio- nalismus in Deutschland (1808 – 1847): Bedeutung und Funktion der Turner- und Sängervereine für die deutsche Nationalbewegung. München; Wien 1984 (Studien zur Geschichte des 19. Jahrhunderts 13) ECKARDT, Fritz: Die turnerische Bewegung von 1848/49. Frankfurt a.M. 1925 FLAIGG, Rudolf: Fest-Album zur Erinnerung an das Turnfest zu Heilbronn, den 1. bis 4. August 1846. Aus Auftrag der Turngemeinde Heilbronn herausge- geben von Rudolf FLAIGG. Heilbronn 1846 FREITAG, Sabine: „Geistiges Turnen für die Republik“. Friedrich Hecker und die deutsch-amerikanische Turnbewegung. In: HOFMANN, Annette R. / KRÜGER, Michael (Hg.): Südwestdeutsche Turner in der Emi- gration. Schorndorf 2004, S. 69 – 86 HOFMANN, Annette R.: Aufstieg und Niedergang des deutschen Turnens in den USA. Schorndorf 2001 KIES, Ludwig: Album des Heilbronner Turnfest’s oder der 1., 2. u. 3. August 1846 mit Einflechtung der Fest- poesien, Festbriefe und Festreden. Episch besungen von Ludwig KIES. Heilbronn 1846 KRÜGER, Michael: Einführung in die Geschichte der Leibeserziehung und des Sports. Teil 2: Leibeser- ziehung im 19. Jahrhundert. Turnen fürs Vaterland. 2. Aufl. Schorndorf 2005

54 Ein ernstes Spiel. Carl Heinrich Schnauffer, Dichter der Turnbewegung und Emigrant

ANSGAR REIß

Carl Heinrich Schnauffer ist kein Unbekannter, aber 1. Biographie wie viele, die nicht in der allerersten Reihe stehen, hat er doch nicht allzu viel Aufmerksamkeit auf sich Carl Heinrich Schnauffer wurde am 4. Juli 1823 in gezogen. Die Daten seiner Biographie finden sich Heimsheim (zwischen Pforzheim und Stuttgart) ge- nur gelegentlich in Nachschlagewerken, und Aus- boren. Sein Vater war Färber und starb, als der Sohn gaben seiner Werke sind in den Bibliotheken sehr gerade elf Jahre alt war. Schnauffer ging 1842 nach selten greifbar – ein für einen Emigranten spezifi- Mannheim und fand hier Anstellung in der Han- sches Problem. Hier soll im Mittelpunkt stehen, wo- delsfirma Joseph M. Tunna, einem bekannten Haus für Schnauffer zuallererst bekannt ist, seine Lyrik. in Mannheim, und er kam dort in den Kreis um die Ausgehend von der Radikalisierung, die den Dichter badischen Radikalen Friedrich Hecker und Gustav im späten Vormärz prägte, sollen in seiner Lyrik die Struve. Auch Carl Blind, Gustav Adolf Schlöffel und Spuren von Revolution und Exil verfolgt werden.1 Ferdinand Freiligrath verkehrten hier. Insbesonde- Es stellt sich die Frage, ob und inwiefern gerade re schrieb Schnauffer seit 1845 für die Mannhei- die Beschäftigung mit der Dichtung einen Beitrag mer Abendzeitung, für das Mannheimer Journal zur Frage der Übertragung von politischen Ideen, und 1847 auch für den in Mannheim erscheinenden von Organisationsformen, von kulturellen Formen Deutschen Zuschauer. und Mustern in die Vereinigten Staaten leisten kann. Mit dem Mannheimer Journal, das seit dem Som- Und es geht um die ganz besondere Formung, die mer 1845 von Gustav Struve redigiert wurde, ge- diese Übertragung durch das komplexe Geschehen riet Schnauffer in den Sog des Feldzuges gegen die von Revolution und Exil erhielt. Die Übertragung Zensur, den Struve mit allen Mitteln zu führen un- erfolgte in keiner Weise „neutral“, so wie man den ternahm.2 Im Frühjahr 1846 erschien bei Heinrich Export von Gütern oder vielleicht auch die Bewe- Hoff in Mannheim ein erster Band Gedichte, gewid- gungen auf dem transatlantischen Arbeitsmarkt für met dem knapp zwanzig Jahre älteren Gustav Stru- „neutral“ halten mag, sondern war als solche geprägt ve.3 Der Umfang des Buches – 390 Seiten – deutet durch biographisch und kollektiv intensiv erfahrene darauf hin, dass hier wie bei vielen gleichzeitigen Pu- Ereignisse. blikationen aus dem radikalen Umfeld die Vorzensur Der Zugang ist biographisch, deshalb am Anfang vermieden werden sollte. Publikationen mit einem einige Worte zur Person und zum Leben Carl Hein- Umfang von mehr als 20 Druckbogen – 320 Buch- rich Schnauffers, aber die Lyrik soll nicht als biogra- seiten – waren von dieser ausgenommen. So schlie- phische Quelle oder in ihrem reinen künstlerischen ßen sich an 170 Seiten eindeutig politisch orientier- Eigengewicht behandelt werden, sondern als kul- ter Gedichte gut 200 Seiten sehr gemischter Lyrik turelles Phänomen, das ebensosehr Teil – ein viel- an, beides jeweils einigermaßen chronologisch ge- leicht gar nicht unwichtiger Teil – wie Spiegel der ordnet. Offensichtlich sollte also der zweite Teil ge- Geschichte ist. wissermaßen den ersten transportieren. Schnauffer war radikaler Revolutionsteilnehmer in Baden, sowohl im April 1848 als auch bei dem kleinen Häuflein, an dessen Spitze Gustav Struve Ende September 1848 in Lörrach die Republik aus- rief, und schließlich auch in der Revolution im Mai 1849. Es gelang ihm jeweils nach Frankreich bzw. in 1 CUNZ, Versuche (1944); CUNZ, Germans (1948), besonders die Schweiz zu entkommen. Gegen Ende des Jah- S. 276 – 281; DOBERT, Demokraten (1958), S. 176 – 178; res 1848 erschien ein zweiter Gedichtband, „Neue HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 11 – 20. – Ich danke Peter Wanner für wertvolle Hinweise. Lieder für das Teutsche Volk“, bei Friedrich Hollin- 2 REIß, Radikalismus (2004), S. 87 – 101 ger in Rheinfelden, wo auch Friedrich Heckers Emi- 3 SCHNAUFFER, Gedichte (1846) grantenzeitschrift Volksfreund verlegt wurde, eine

55 ANSGAR REIß

Zeitschrift, an der Schnauffer mitarbeitete – und te Cluss stolz an , Schnauffer habe in ei- Hecker schrieb ein Vorwort für den Gedichtband.4 nem Leitartikel sogar von Klassenkämpfen gespro- Das Buch gliederte sich in drei etwa gleichgewich- chen.15 tige Teile – in einen Teil mit politischen Gedichten, Leider sind nach meinem Kenntnisstand aus den die noch vor der Revolution entstanden waren, ei- frühen Jahrgängen des Wecker nur einige nen Teil mit gemischten Liedern und Balladen, den wenige Nummern erhalten, so dass sich nicht beur- Schnauffer der geliebten, aber bereits 1847 in die teilen lässt, ob sich Schnauffer im Prozess der Partei- USA ausgewanderten Elise Moos widmete, und ei- bildung während und nach der Revolution vielleicht nen Teil „Lieder aus der Fremde“, also aus dem Exil. tatsächlich auf eine sozialistische Position festlegte. Nach der Mairevolution und bevor Schnauffer im Vermutlich aber hat er, so sehr ihn seit der Revo- Frühjahr 1850 aus der Schweiz ausgewiesen wurde, lution die Not des Volkes beschäftigte, am demo- publizierte er zudem in Bern ein schmales Bändchen kratischen Nationalismus festgehalten, wie er von mit dem Titel „Totenkränze“ auf im Bürgerkrieg Guiseppe Mazzini verkörpert wurde; von diesem je- umgekommene oder danach hingerichtete Revolu- denfalls wollte er nicht Abstand nehmen.16 Die Fra- tionäre, das später in den USA wieder aufgelegt wer- ge, die uns heute mehr interessiert – wie Schnauffer den sollte.5 auf die neue Situation in den USA reagierte –, spielte Schnauffer verbrachte den Sommer 1850 in Eng- in den Kontroversen unter den Emigranten zunächst land, hauptsächlich gemeinsam mit dem Ehepaar nur eine untergeordnete Rolle und ist von hierher Struve auf einem Bauernhof. Marx, Dronke und En- kaum zu beantworten. gels nannten diese Kommune wegen Struves Vege- tarismus ironisch die „Colonie der Entsagung“.6 Um die Jahreswende 1850/51 trat Schnauffer den Weg in die USA an. Er ging nach Baltimore, wohin sei- 4 ne Geliebte Elise Moos bereits 1847 ausgewandert SCHNAUFFER, Lieder (1848); auch eine 1848 bei C. Drechs- war; sie heirateten dort.7 Er war vermutlich aktiv an ler in Heilbronn erschienene Sammlung „Deutscher Kampf- und Freiheitslieder“ enthält einige Gedichte von der Gründung des Turnvereins in Baltimore betei- Schnauffer; vgl. SCHWERTLIEB, Freiheitslieder (1848). 5 ligt; jedenfalls hielt er beim großen, überregionalen SCHNAUFFER, Todtenkränze (1849). Die amerikanische Turnfest der Vereine des östlichen Teils der USA, Ausgabe lag mir nicht vor. 6 das am 13. September 1852 in Baltimore stattfand, MEGA I 11, S. 272; REIß, Radikalismus (2004), die Festrede.8 Besonders aber begann er eine Tages- S. 181 – 183 7 Allerdings hatte sich Schnauffer zwischenzeitlich 1849 mit zeitung herauszugeben, die überregionale Beachtung einer Tochter Gustav Adolf Schlöffels verlobt, diese hat- fand, den . te ihn aber um die Jahreswende wieder verlassen; Walter In die Zeit der Emigration gehört auch sein Kon- Clinton Jackson Library, University of North Carolina, takt zu Adolf Cluss, der sich in Washington nieder- Greensboro, Nachlass Carl Heinrich Schnauffer, Gustav gelassen hatte. Beide standen sich zunächst feindselig Struve an Carl Heinrich Schnauffer, 25.09.1849; Gustav Struve an Carl Heinrich Schnauffer, 16.01.1850. gegenüber, da sich Cluss als Vertreter der Kommu- 8 Turn-Zeitung. Organ des socialistischen Turnerbundes nisten fühlte, für deren Selbstverständnis eine schar- (New York) vom 01.10.1852, S. 97 f.; Jahrbücher der fe polemische Abgrenzung von den Demokraten der Deutsch-Amerikanischen Turnerei 1 (1891), S. 106 – 111 Revolution von 1848/49 wichtig war.9 Cluss scheint, 9 Wichtiges Dokument ist die oben bereits zitierte und erst wie er in einem Brief an Joseph Weydemeyer schrieb, im Jahr 1930 veröffentlichte Schrift „Die Großen Män- ner des Exils“ von Karl Marx, und Ernst vorgehabt zu haben, das genannte Turnfest zu stö- Dronke; MEGA I 11, S. 219 – 311. ren. Für ihn war die Turnerei nur als Vehikel der Agi- 10 MEGA III 5, S. 543, Adolf Cluss an Joseph Weydemeyer, tation interessant,10 während Schnauffer die Turn- 13.07.1852 feste mit den Olympischen Spielen verglich und sie 11 MEGA III 6, S. 552, Adolf Cluss an Joseph Weydemeyer, 28.09.1852; vgl. etwas später STRUVE, Spiele (1855), S. 233 damit im Kontext der Zeit mit Kultur und Bildung 12 11 MEGA III 6, S. 552, Adolf Cluss an Joseph Weydemeyer, assoziierte. Entsprechend setzte er sich dafür ein, 28.09.1852 dass weder Cluss noch einer seiner Gesinnungsge- 13 MEGA III 6, S. 229, Adolf Cluss an Karl Marx, nossen die Redaktion der Turn-Zeitung in New York 16.09.1852 übernehmen konnte.12 Aber bald nachdem die „gro- 14 MEGA III 6, S. 393 f., Adolf Cluss an Karl Marx, 02.03.1853 ße Turnfestbummelei zu Baltimore“ – so nannte es 15 13 MEGA III 6, S. 394, Adolf Cluss an Karl Marx, Cluss – vorüber wahr, besserte sich das Verhältnis 02.03.1853 und Schnauffer nahm einige Artikel von Adolf Cluss 16 MEGA III 6, S. 419, Adolf Cluss an Karl Marx, in den Baltimore Wecker auf.14 Schließlich berichte- 24.03.1853

56 Carl Heinrich Schnauffer

Schnauffer starb bereits im September 1854, seine in eine sehr direkte politische Aussage und Aufforde- Zeitung wurde von seiner Frau und seinem Bruder rung zur Tat in der Gegenwart. So sah Schnauffer in Wilhelm weitergeführt. Wilhelm Schnauffer gab im dem auf den 11. Dezember 1844 datierten Gedicht Jahr 1879 unter dem Titel „Lieder und Gedichte“ Auf dem Rheine nicht nur am winterlich trostlosen auch einen weiteren, den vierten Gedichtband von Rhein plötzlich neue Städte entstehen, sondern der Carl Heinrich Schnauffer heraus, der, vermischt mit Frühling und das Erwachen des Helden, mit dem älteren Stücken, einige der in den USA geschriebe- der Rhein oft verglichen wurde,18 ist ihm das Erwa- nen Werke versammelt.17 chen des Volkes: Noch birgt des Volkes Lenz ein tiefer Schnee, Wie diese Landschaft, doch des Armen Weh – 2. Poesie und Revolution Es wird wie Eis im Sonnenbrand zerrinnen; Wie dieß Gelände bald der Frühling schmückt, Charakteristisch für die Jahre vor der Märzrevolu- So wird das Volk, noch nackt und noch gebückt, tion war ein neues Zeitgefühl, das sich gerade auch in Sein neues Kleid, ein neu Gesetz gewinnen.19 der Lyrik zeigte. Verschiedene Ebenen überlagerten sich hier. Auf einer grundlegenderen Ebene gewann Andere Gedichte nahmen entsprechende Naturme- ein allgemeines, diesseitsorientiertes Fortschrittsbe- taphern auf, so den Morgen20 oder den Frühling wusstsein immer mehr Boden. Daneben entwickelte ganz allgemein21. Und wenn der Dichter bekennt, er sich ein politisches und soziales Krisenbewusstsein, wolle „mit dem Strome treiben“,22 so meint er damit das immer weniger bereit war, die gegebenen Struk- den wilden Strom der Zeit im Gegensatz zu ruhige- turen einfach hinzunehmen, vielmehr diese wanken ren Gewässern. Im Gedicht Im Herbst 1845 stemmt sah und Forderungen nach Veränderung stellte. sich der Aufruf zur Ungeduld gegen die Herbststim- In der Lyrik Carl Heinrich Schnauffers prallen mung an23, und Zum Neujahr 1846 24 wird eben- diese Dinge sehr deutlich aufeinander. Auf der ei- so wie zur Sylvesternacht 1847 25 der unaufhaltsame nen Seite stehen Gedichte, die der Liebe und dem Fortschritt der Zeit in einem grundlegenderen Sinne jugendlichen Übermut huldigen, und Balladen, die beschworen: von Schicksalen aus dem Volk erzählen. Naturmeta- Licht wird es, licht und lichter, phern spielen dabei eine sehr große Rolle, manches Du Menschheit! zitt’re nicht; ist sehr allgemein gehalten, manches auch sehr per- Der Zeitgeist ist Dein Richter, sönlich. Die Zeit ist Dein Gericht. Auf der anderen Seite findet sich der Motivschatz teils geglückt, teils auch etwas gewaltsam umgewertet O säume nicht länger zum Aufersteh’n, Hinweg mit dem rauchenden Spane, Des Morgens erfrischende Lüfte weh’n, 17 Du mußt jetzt mit- oder untergeh’n, Ein Faksimile des schwer greifbaren Bandes in: HARFEN- 26 STELLER, Schnauffer (1986), S. 21 – 175 (ohne das Titel- Der Sieg ist nur bei der Fahne. blatt und ohne die ursprüngliche Seitenzählung) 18 Auch bei Schnauffer ist er ein Vorbild des Freiheitskämp- Im Metaphernschatz der Beschreibung sind der Mor- fers, Der Rhein, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 28 19 gen oder der Frühling dann allenfalls ein Element in SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 48 20 einem Bild, das auch viele düstere Züge kommender Aufruf, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 80 f. 21 Im Völkerfrühling, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), Kämpfe trägt. S. 65 – 67; Frühlingsgruß, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), Auch die Diesseitsorientierung, die zeitgenössisch S. 99 – 102 als Merkmal der Modernität galt und die ein Ele- 22 Ich hab’s gewagt, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 90 27 23 ment jener Fortschrittsvorstellung ist, äußert sich SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 132 – 134 24 bei Schnauffer, auch wenn er offenbar, ähnlich wie SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 372 – 375 25 SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 37 – 39 sein geistiger Mentor Struve, an einer sozusagen ge- 26 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 374 reinigten und auf allgemeine Prinzipien reduzierten, 27 So z.B. Ludwig Pfau in einem Brief an Carl Mayer vom hoffnungsvollen Religion festhielt. Ein Gedicht Auf Juni 1850, in: EMIG, Briefe (1992), S. 12 – 29, 27. Pfau dem Friedhof von 1845 zeigt dies etwa in der Ab- äußerte sich sehr positiv über Schnauffer als Person und kritisch über Schnauffer als Dichter. Die Lyrik nennt er wendung von den Toten und dem Totenkult und der „toll gewordene versifizierte Prosa“, aber er lobt die „To- Aufforderung, sich an sehnsuchtsvolle Bilder zu hal- 28 tenkränze“ und das Gedicht Rebellentod, s.u. S. 60. ten – im übrigen wenig überzeugend und in be- 28 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 233 – 235 merkenswertem Kontrast zu den durchaus düsteren

57 ANSGAR REIß

Bildern des bevorstehenden Kampfes, auf die gerade der Kompromissfähigkeit. Dies spiegelt sich im Te- hingewiesen wurde.29 Deutlich tritt aber an vielen nor der Dichtungen Schnauffers, die augenblicklich Stellen die Forderung nach einer gesellschaftlichen umschwenkten auf die These, es gebe nun kein Zu- Ordnung hervor, „Wo Die genießen, / Welche sich rück mehr, der Gewalt könne nurmehr durch Ge- müh’n“30, und dem stehen drastische, wenn auch walt begegnet werden usw.37 Parlament und Wahl z.T. ein wenig rührselige Bilder der Armut gegen- werden abgelehnt, der Gedanke der Rache wird be- über.31 schworen, so in dem Gedicht Am Grabe der Berliner Eine besondere Bedeutung kommt als einem dies- Patrioten: seitigen Ehren- und Hoffnungszeichen der Rose zu. Des Volkes Blut verbürgt des Volkes Glück; Programmatisch wird dies früh formuliert in einem Vorwärts! vorwärts! wir haben keine Wahl; Gedicht an Gustav Struve, der im März 1846 we- Rache sprüh’ hinfort der wilde Blick, gen Beleidigung vier Wochen im Gefängnis saß.32 Es denn uns’re Zeit will Nerven von Stahl.38 heißt in der Phantasie an S... : Sei denn Rose Du ein Zeichen Ich will die Gretchenfrage der Gewalt hier nicht Edlen, muth’gen Patrioten; überbetonen. Die Gewalt zu feiern fügte sich in ein Schmücke, statt dem Kranz von Eichen, bestimmtes Männerbild und war auch ohne konkrete Du die Lebenden und die Todten.33 politische Ziele jederzeit präsent, so etwa auch in der nicht direkt politischen Lyrik Schnauffers. Und die Die Wahrnehmung der Zeit mündet in die Forde- Gewaltanwendung durch die Radikalen blieb trotz rung nach der Tat, der praktischen Veränderung. aller Rachephantasien zurückgebunden an den Wil- Dies spiegelt sich in der Lyrik einerseits in einem len, dem deutschen Volk durch die Tugend der Ge- Kult des Handelns, andererseits im Selbstverständ- radlinigkeit zu imponieren und es durch hoch symbo- nis des Dichtens als Handeln. So heißt es in dem lische Handlungen für seine Ideen zu gewinnen. Gedicht Ermannung: Mich interessiert vor allem die Rolle, die der Der schönste Gedanke bedarf das Wort, Dichter sich selbst zuschrieb. Ich hatte es mit der Das Wort verherrlicht die That sofort.34 Formulierung angedeutet, das Dichten verstehe sich selbst als Handeln. Was bedeutet dies? Es hieß, der Nun gibt es hier eine deutliche Grenze. Im Vormärz Dichtung eine Funktion im politischen Kampf zu- wird zwar schon die Wehrhaftigkeit betont: zuweisen. Dies bedeutete, dass die politische Lyrik in Und ob noch der bleierne Friede weilt, die Nähe der Publizistik rückte, und tatsächlich wur- So drückt doch ein Schwert in die Fäuste, den sehr viele der Schnaufferschen Gedichte zuerst Sonst zittert ihr, wenn einst die Sturmglocke heult, in Tageszeitungen veröffentlicht, mit programmati- Wie Kinder, verwirrte, verwaiste. schem Ziel. Eine Folge war, dass Schnauffer forder- Das Schwert, das euch hell in den Händen gleißt, te, der Dichter müsse mitten im Leben oder besser Das sei fort der Wahrheit allmächtiger Geist.35

So heißt es im Bundeslied, das Anfang des Jahres 1845 und damit übrigens ein halbes Jahr vor der 29 Gründung des Turnerbundes in Mannheim ent- Recht einfach auch An Weihnachten 1845, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 370 f. stand. Und das Lied, das Schnauffer ein Jahr spä- 30 Zuruf, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 15 f. ter dem Mannheimer Turnverein widmete, gab sich 31 So kann es nimmer bleiben, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), sehr wenig martialisch und betonte vor allem den S. 17 – 19; In der Hütte, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), Unterschied zwischen dem Kämpfen eines Söldners S. 375 – 377 32 und dem eines Freien.36 STRUVE, Diesseits (1864), S. 78 33 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 162 Mit der Eröffnung der Revolution im Frühjahr 34 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 368 1848 änderte sich dieser Ton. Speziell in Baden 35 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 59 36 stand sehr plötzlich die Forderung nach der Repu- SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 163 f. 37 blik auf der Tagesordnung, die auf dem Verhand- Teutscher Waffenruf (Mannheimer Marsch), SCHNAUFFER, lungsweg schwer einzufangen war und schließlich Lieder (1848), S. 41; Sturmruf, SCHNAUFFER, Lieder schon im Vorparlament zu einer Spaltung der Ra- (1848), S. 42 – 45; Landsturm, SCHNAUFFER, Lieder dikalen führte. Teile des Radikalismus in Baden ka- (1848), S. 117; Teutschland sei Republik! SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 122 f.; Waffensegen, SCHNAUFFER, tapultierten sich mit der von Friedrich Hecker an- Lieder (1848), S. 127 f. 38 geführten Aufstandsbewegung außerhalb der Sphäre SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 46 – 49

58 Carl Heinrich Schnauffer mitten im politischen Kampf stehen, denn nur ein außeralltäglichen und alltäglichen Gebrauch könn- „reges Leben“ gebäre eine „rege Poesie“.39 Auch die ten sich die großen Wahrheiten im Menschen fest- Rezeption vieler Motive, wie der Armut und Not, setzen und das Individuum bleibend formen. gehören hierher.40 Andererseits aber ging Schnauffer Man mag in Zweifel ziehen, ob dies durch die stark programmatisch über das Ziel hinaus, gereimte Pu- programmatische Lyrik wirklich gelingen konnte, zu blizistik zu machen. der Schnauffer im Umkreis der Revolution gelang- Deutlich tat er dies schon in der Ballade Des Sän- te. Zwar versuchte sich Schnauffer immer auch an gers Segen, wo es dem Sänger gelingt, den nach dem einfachen Liedern, doch oft um den Preis des Rück- Modell der Französischen Revolution in die Anar- zugs in eine mehr nur private Bedeutung. Anderer- chie abgleitenden Aufstand im Kampf gegen einen seits aber ließ er „geschlossene“ Formen immer öfter von außen einfallenden Feind zu einen.41 Der Sän- hinter sich. Und Lieder, die sich zwar poetisch run- ger ist hier identisch mit dem Helden, und als Held den, deren Aussage aber offen bleibt, verschwanden stirbt er am Schluss, so wie auch in dem kleinen weitgehend. Früher hatte er die politische Aussage Lied Bei den Barrikaden.42 Ebenfalls 1845 betonte oft noch balladenhaft in eine Geschichte zurückge- Schnauffer in Des Sängers Lust, er sei keineswegs zu- bunden, so z.B. in Bergmanns Grubenlied aus dem frieden, einsame Herzen zu rühren, sondern er wol- Jahr 1844,46 wo das Bergwerk als Ort der Freiheit le „in tausend Herzen klingen“, genauer „im frohen erscheint,47 oder er nahm sich als Dichter ironisch Chor“.43 zurück, wie in Es hat doch keine Eile, dessen Schluss- Handgreiflich wird dieser Wille nun nicht nur in zeilen lauten: Liedern, die sich den Turn- und Gesangsvereinen zu- Ich dank’ euch und bin wieder still, ordnen lassen, die die wichtigsten Adressaten der Ar- Denn was ich weiter sagen will – beiten Schnauffers bildeten, oder etwa in der freien Es hat doch keine Eile! 48 Übersetzung der Marseillaise;44 vor allem zeigt er sich in der Revolutionslyrik des Bandes „Neue Lieder für Manche Gedichte versuchten sich in einem Stakka- das Teutsche Volk“. Meist werden ausdrücklich gän- to des Aktivismus, und in der Revolution gingen die gige Melodien genannt, nach denen sich die Lieder Eindeutigkeit der Aussage und der appellative Cha- singen lassen. Und Friedrich Hecker lieferte in sei- rakter immer öfter zu Lasten einer ästhetischen Ge- nem Vorwort zu diesem Band, überschrieben „Das schlossenheit, wie sie ein eingängiges Lied zweifel- politische Lied“, eine kleine Theorie desselben.45 Die los fordert. Es bleibt auch die Frage, für wen diese reine „Begeisterung des Kopfes“ für die großen Ideen Lieder nun gedacht waren. Für das Proletariat, das der Menschheit sei die Ausnahme, so dass „Gefühl, nun manchmal in den Mittelpunkt rückt, scheinen Gemüth und Phantasie“ den Menschen zur An- sie doch wenig passend.49 schauung von Menschenrecht usw. führen müssten. Durch nichts besser als durch das Lied und seinen 3. Trauerarbeit

Doch die Revolution war für Schnauffer – selbst als die Paulskirchenversammlung noch tagte – nur ein

39 Element seiner Erfahrung. Andere, ebenso gewichti- Von der Poesie, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 242 – 245 40 ge waren schon im Sommer 1848 die Niederlage und Vgl. Ich hab’s gewagt, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 88 – 90 das Exil. Im Gedicht Sturmruf hatte er das Dichten 41 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 306 – 309 von Siegeshymnen für sich ins Auge gefasst: 42 SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 137 f. Und stürzte die Tyrannenmacht 43 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 330 – 332 44 Und ruht das Volk vom Kriege, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 165 – 167 45 Und blüht des „Freistaats“ gold’ne Pracht SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 3 – 6 46 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 193 f. Und ärnten wir vom Siege: 47 Vgl. auch Der Pole, SCHNAUFFER, Gedichte (1846), Dann schmücken dankbar wir und treu 213 – 215 Das Grab der teutschen Helden, 48 SCHNAUFFER, Gedichte (1846), S. 323 49 Und ihren Ruhm soll ewig neu Das Proletariat, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 28 f.; Am Manch Lied der Nachwelt melden.50 Grabe der Berliner Patrioten, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 46 – 49; Das Lied der armen Leute, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 49 f. 50 SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 44

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Nun sah die Situation doch etwas anders aus. Vor So ruht er in dem Bette, allem, das war die schlimmste Erfahrung für die Ra- Im weichen Bett von Moos. dikalen, war ihnen das Volk als Publikum nicht nur durch die Emigration physisch entzogen, sondern Kein Mensch hat ihn beweinet, sie mussten darüber hinaus auch einsehen, dass das Als still er so verschied, Volk zwar vielleicht in ihrem Sinne gedacht und ge- Waldvögel aber sangen fühlt, aber durchaus nicht so gehandelt hatte, wie sie Manch’ süßes Trauerlied. es sich vorgestellt hatten. In den unmittelbar nach der Niederschlagung des Struve-Putsches Ende Sep- Kein Kreuz steht ihm zu Häupten, tember 1848 entstandenen Gedanken eines teutschen Doch Tannen, stolz und kühn, Handwerksgesellen formulierte Schnauffer diese Er- Sein treues Schwert darunter, fahrung am deutlichsten: Von jungem Epheu grün. Ha, wie sie jubelten und wie sie lachten, Da wir zogen für die Republik! Sein Haupt umkränzt kein Lorbeer, Und als die Salven rollten und krachten – Doch Rosen, frisch und hell, Ach! wie sprangen sie feige zurück! 51 Ein Kranz von w i l d e n R o s e n – Was willst Du mehr, Rebell? 53 In seinem dritten, kleinen Gedichtband publizier- te Schnauffer 1849 „Totenkränze“ für verstorbe- ne – gefallene oder hingerichtete – Kampfgefähr- ten. Das „Volk“, das die Radikalen nicht genügend 4. Dichten und Turnen im Exil unterstützt hatte, konnte kaum der Adressat für die Gedichte der Trauer um den Verlust sein, jedenfalls Dies ist der eine Weg – der andere führt in die Ver- nicht ein direkt anzusprechender Adressat. Gerade einigten Staaten. Wie ging der Lyriker Schnauffer so kehren sie zu einem einfachen Volksliedton zu- diesen Weg? Wie band er die Fremde ein in seine rück und dürfen bei allem Pathos als gelungen gel- Gedichte, wie führte er sein Dichten in der Frem- ten. Im engen Kreis der politischen Emigranten, die de fort? Ein zentrales Motiv, mit dem er die Erfah- an bestimmten Orten wie in Genf oder über Brie- rung der Fremde dichterisch zu bewältigen suchte, fe Kontakt zu halten versuchten, erregten sie einige war das Wandern. Fassungslos stand Schnauffer zu- Aufmerksamkeit. Als Beispiel soll hier das Gedicht nächst vor dem Schicksal der Vertreibung und blick- Rebellentod zitiert werden: 52 te zurück, zurück über den Rhein ans andere Ufer Im tiefen, tiefen Walde, (ich greife hier chronologisch nochmals zurück auf Wegab im dunkeln Tann, die erste Phase der Emigration nach dem Heckerauf- Da liegt an einem Baume stand, um die Spur der Motive aufzunehmen): Ein bleicher, todter Mann; Der brave Schiffmann fährt zurück, Ich sitz’ am Strand geborgen; Mit angeschoss’nem Leibe Du freundlich Geschick, du finster Geschick, Wand er sich aus der Schlacht O sag’, wo sitz’ ich morgen? – Und starb, als Held vereinsamt, In finst’rer Waldesnacht. –

Es schaut sein Aug’ zum Himmel, 51 An dem sein Hoffen hing, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 143; vgl. auch Aufruf an die Als unter ihm das Leben teutsche Jugend, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 132 f. 52 In Stück und Trümmer gieng. Vgl. auch die anderen Gedichte in SCHNAUFFER, Todten- kränze (1849). Einige Stücke wurden in „Lieder und Ge- dichte“ übernommen, so Höfer, SCHNAUFFER, Todtenkränze Die Brust, die klafft von Wunden, (1849), S. 10 f., in HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), Von Wunden tief und breit, S. 166, und Die Weiler Musikanten, SCHNAUFFER, Tod- Als wäre sie gesprungen tenkränze (1849), S. 26 f., in HARFENSTELLER, Schnauffer Vor lauter Herzeleid. (1986), S. 169 f. Siehe auch Das Lied des Kameraden, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 163 f. und Hinter- hofer, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 167 f. 53 Die eine Hand im Nacken, SCHNAUFFER, Todtenkränze (1849), S. 20 f.; HARFENSTEL- Die andere im Schoos, LER, Schnauffer (1986), S. 164 f.

60 Carl Heinrich Schnauffer

Dem Flüchtling ziemt die Frage nicht, die Auswanderung kritisch geäußert, so in dem Ge- Wer frei ist, ist gerettet! dicht Gedanken eines teutschen Handwerksburschen.56 Denk’ Derer, die gestorben der Pflicht, Neben der Feigheit, der er das Volk dort geziehen Und derer, die gekettet. hatte, stand die Kritik an der Geduld, mit der es übers Weltmeer auswandere anstatt der Gewalt ent- Blick’ hin auf deines Glückes Grab gegenzutreten.57 Und fluch’ der Gewalt, die das Unheil gestiftet; Nun bleibt die Trauer des Abschieds, die Todes- Froh greife dann aber zum Wanderstab – sehnsucht, die Einsamkeit.58 Die verehrte Schweiz Der Boden ist frei und die Luft nicht vergiftet! 54 konnte nicht von den düsteren Stimmungen ablen- ken, ja als ein Gegenbild der Freiheit (und der he- Er war also dem Tod entgangen und hatte doch ge- roischen Natur) konnte sie die Trauer noch verstär- rade noch gedichtet: „Fürs Vaterland zu sterben, / Ist ken.59 Auch gegenüber Amerika gibt es abweisende unser schönstes Loos!“55 Ebenso hatte er sich über Töne,60 doch schließlich traten der Imagination des Todes des Emigranten61 oder gar des herzzerreißen- den Sterbens des Kindes der Flüchtlinge62 positive 63 54 Bilder gegenüber. Schnauffer verschloss sich nicht Zu Straßburg. (Mai 1848), SCHNAUFFER, Lieder (1848), 64 S. 115 der Hoffnung Amerika. Ganz exponiert wandte 55 Das schönste Loos, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 125 f. sich schon das Schlussgedicht des Bandes „Neue Lie- 56 SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 142 f. der für das Teutsche Volk“ nach Westen: 57 Die Stelle wurde übrigens beim Wiederabdruck in den Fort aus Teutschland, fort nach Westen! USA weggelassen, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), Ueber’s Meer mit frischem Wind! S. 143. In Des Kindes Gebet, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 13 – 15, gerät ein Vater, dessen Familie im Elend ver- Fort aus Teutschland! Wo die Besten sinkt, in Versuchung, einen Raubmord zu begehen und Meines Volks geächtet sind. mit dem Geld die Überfahrt nach Amerika zu bezahlen. Ganz schlicht spricht das Auswanderer-Lied, SCHNAUFFER, [...] Lieder (1848), S. 25 f., bei aller Betonung der Heimatliebe recht nüchtern von dem Land, „Wo’s armen Leuten besser geht“. Wo das Recht sie blutig peitschen, 58 Vgl. Am Grabe eines Mitverbannten (Besançon, im Mai Wo die Freiheit sterben muß, 1848), SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 117 f.; Klage des Ver- Vaterland, nein, Land der Teutschen, bannten, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 128 f.; Der Flücht- Nimm den letzten, herben Gruß! ling, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 134; Wie lang’ noch soll Meine Treu’ ist meine Klage, ich wandern geh’n? HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 48. Ach, ich liebte dich zu sehr! 59 Gruß an die Schweiz (Juni 1848), SCHNAUFFER, Lieder Trag mich Schifflein noch, o trage (1848), S. 121 f.; im Gesang des Vertriebenen, SCHNAUF- Sterbend mich noch über’s Meer.65 FER, Lieder (1848), S. 133 f., wird eine Art romantischer Schweizerkrieg imaginiert; im Gedicht Aus den Schwei- Der Titel des Gedichtes lautet Abschied von Teutsch- zerbergen (An Tunna, Oktober 1848), SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 145 – 147, werden Frieden und Freiheit in den land. Und behält man die neue Distanz zum „Volk“ Bergen besungen. Übrigens hatte sich Schnauffer bei einer im Auge, so bekommt dieser Titel einen mehr als Reise in die Schweiz 1844 sehr über die Krise des Bürger- nur geographischen Sinn, es ist auch der Abschied kriegs verwundert, s. Aus der Schweiz, SCHNAUFFER, Ge- von einer Illusion. dichte (1846), S. 44 f.; Den Schweizern, SCHNAUFFER, Ge- dichte (1846), S. 52 – 54. Besonders ist mit dem Motiv des Wanderns oft 60 Die Heimath, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 69; eine Wendung weg von der Trauer um das Gesche- Heimweh, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 69 hene und hin zu künftigen Aufgaben verbunden. 61 Der Emigrant, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 132 f. „Schiffet nach Westen“ lautet die lapidare Aufforde- 62 Des Emigranten Heimat, HARFENSTELLER, Schnauffer rung in den Gedanken eines teutschen Handwerksge- (1986), S. 121 f. 66 63 sellen, „Jetzt legen wir die Waffen ab“ tönt es defen- Des Ansiedlers Tod, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), 67 S. 134 f. siver in Abschied vom Vaterland. 64 Der mit der Auswanderung verbundenen Hoffnung hatte Dies bedeutet nun andererseits nicht, dass Schnauffer im übrigen auch schon ein einem wohl noch im Schnauffer von seinen politischen Idealen und sei- Vormärz entstandenen Lied lebendigen Ausdruck gegeben, nem politischen Engagement abließ. Im Gegenteil, Auf der See, SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 98 f. 65 er versuchte beides energisch fortzusetzen; die Tages- SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 147 f. 66 SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 142 f. zeitung Baltimore Wecker zeigt dies deutlich, auch 67 SCHNAUFFER, Lieder (1848), S. 170 f. wenn sie uns für die frühen Jahre bis zu Schnauf-

61 ANSGAR REIß fers Tod fast nur in Übernahmen durch andere Zei- schnitten oder, wie immer man es sehen will, kuriert tungen bekannt ist.68 So ist auch nicht klar einzu- von einer allzu naiven propagandistischen Dichtung, schätzen, wie sehr er sich der neuen Heimat in den fand er im begrenzten Kreis eines Milieus, das in der USA zuwandte. Ganz deutlich sprachen aber zwei Hafenstadt Baltimore den deutschen Turnern nahe Elemente für eine entschlossene Orientierung in der stand, eine erfüllende Betätigung.75 Gegenwart: Das Turnen und der Gesang. Das große Publikum der deutschen oder gar der Carl Heinrich Schnauffer hat in den Vereinig- amerikanischen Literatur blieb ihm dadurch ver- ten Staaten eine große Zahl von Gedichten für die schlossen, auch wenn er seine Werke programma- Turner geschrieben, und viele seiner Gedichte the- tisch nicht als Gedichte, sondern als Volkslieder ver- matisieren das Turnen oder genauer das Ethos der standen wissen wollte, in denen das Volk lebe – so Turner.69 Dieses wies ihn auf ein Engagement in der formuliert in der in der Turnbewegung sehr ver- neuen Heimat. Dies gilt nicht nur, weil die Turn- breiteten Dichtung Das deutsche Volkslied.76 Die Be- Fahrt 70 wie das Wandern allgemein das Gefühl be- schränkung macht seine Arbeiten lesbar für die kom- fördern mochte, gewissermaßen unterwegs zuhause plexe Geschichte der Integration der Deutschen in zu sein. Vielmehr blieben das Gemeinschaftsgefühl die US-amerikanische Gesellschaft in der Zeit vor und das Freiheitspathos nicht an eine deutsche Na- dem amerikanischen Bürgerkrieg. Die Spannung, tion in der alten Heimat gebunden. Im Banner- die in ihnen zum Ausdruck kommt, liegt zum ei- spruch, den Schnauffer dem Sozial-Demokratischen nen zwischen der Betonung einer ethnischen Eigen- Turnverein in Baltimore widmete, erläuterte er das art und der Tatsache, dass diese Betonung durch po- Schlagwort „Eintracht“ und die Symbole der Fah- puläre öffentliche Veranstaltungen unter Beteiligung ne Fackel, Schwert, Harfe und Lorbeer; die deutsche der Turner nach außen, vor ein allgemeines Publi- Nation jedoch tauchte nur implizit über einen be- kum, getragen wurde. Zum anderen gab Schnauffer stimmten Kanon von Tugenden, nicht aber expli- einer Minderheit innerhalb der deutschen Einwan- zit auf.71 Und die Maxime „wo man Joch und Ket- derer eine Stimme, und er führte sie gewissermaßen ten bricht, / Ist, mitzustreiten, Turnerpflicht“ muss über die schweigende Mehrheit hinweg in die poli- man zweifellos direkt auf die Sklaverei in den USA tische Auseinandersetzung – etwa in der entschiede- beziehen.72 nen Stellungnahme gegen die Sklaverei. Dabei war Die Turnerei war für Schnauffer kein spielerischer Schnauffer zweifellos zugleich für breitere Schich- Zeitvertreib, sondern eine ernste Aufgabe. „Ein erns- ten der Einwanderer attraktiv, da sein Heimatbegriff tes Spiel“ nannte er sie in der nicht eindeutig zu da- durch die Erinnerungsarbeit an der Niederlage in tierenden Hymne Gut Heil der Turnerei! 73 Und die- der Revolution und die erzwungene Auswanderung se Charakterisierung trifft die Turnfeste des Vormärz schärfer konturiert war, als er aufgrund eines weniger ganz ebenso wie die Rolle, die das Turnen in den greifbaren ökonomischen Zwanges hätte sein kön- USA spielte. Am deutlichsten zeigt sich dies in den nen. öffentlichen Manifestationen. Wo sich die deutsche Die Spannung zwischen hoher Programmatik Minderheit oder doch eine bestimmte Minderheit und Volksliedton, zwischen politischem Programm derselben öffentlich in Umzügen, Paraden oder Fes- und dem Selbstverständnis des Dichters, zwischen ten darstellte, spielten die Turner sehr häufig eine he- rausragende Rolle – darauf kann in unserem Zusam- menhang nur hingewiesen werden.74 68 Mahnruf hieß das Gedicht in der ersten Ausgabe des Wecker, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 142. 69 5. Funktionen der Lyrik Eine Reihe dieser Gedichte finden sich in HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 31 – 37. 70 HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 34 Schließlich, und damit rundet sich das Bild: Der 71 HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 146 – 149 72 Dichter Schnauffer fand Kontinuität in seinem Tun. Der Turnerbund, HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 31; Er hatte sich sehr deutlich über seine Lyrik definiert. ähnlich Zum Gruße jedem Turner, HARFENSTELLER, Schnauf- Angesichts der hohen Einwandererzahlen brauchte fer (1986), S. 36 73 HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 32 f. er, so wie er von der Publikation seiner deutschen 74 Tageszeitung lebte, auch nicht befürchten, kein Pu- Vgl. REIß, Paraden (2007) 75 Im Herbst 1853 erhielt er für eines seiner Gedichte einen blikum für seine Dichtungen zu haben. Durch die Preis auf einem der großen Gesangsfeste; MEGA III 7, Revolution herausgerissen aus einer verträumten S. 293, Adolf Cluss an Karl Marx, 13.11.1853. 76 Liebes-, Genre- und Ideenlyrik, durch das Exil abge- HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 22

62 Carl Heinrich Schnauffer

Erinnerung und Zuwendung zur neuen Heimat mag Literatur zum Schluss nochmals ein Gedicht vergegenwärtigen: CUNZ, Dieter: Carl Heinrich Schnauffers literarische Deutscher Sang. Versuche. In: Publications of the Modern Language Association of America 59 (1944), S. 524 – 539 Der stillen Felsenquelle CUNZ, Dieter: The Germans. A History. Prin- Ist gleich das deutsche Lied ceton 1948 Und gleich der Meereswelle, DOBERT, Eitel Wolf: Deutsche Demokraten in Ameri- Die wild im Sturme zieht. ka. Die Achtundvierziger und ihre Schriften. Göttin- Und wo aus deutscher Kehle gen 1958 Der Chorgesang erschallt, Da hebt sich jede Seele, EMIG, Günther: Zwei Briefe Ludwig Pfaus an Carl May- Da bleibt kein Herze kalt. er. In: Ludwig Pfau Blätter 1 (1992), S. 12 – 29 HARFENSTELLER, Hartmut (Hg.): Lieder und Gedich- Im deutschen Heimathlande, te von Carl Heinrich Schnauffer. Ein fast vergessener In Noth und Sturm und Drang, Heimsheimer. Heimsheim 1986 Da sprengten sie die Bande Jahrbücher der Deutsch-Amerikanischen Turnerei. Dem Bei stolzem Schlachtgesang. gesammten Turnwesen mit besonderer Berücksichti- Und als zu Grab getragen gung der Geschichte des Nordamerikanischen Turner- Die junge Freiheit sie, Bundes gewidmet. Herausgegeben und redigiert von Da tönen ihre Klagen Heinrich METZNER. New York 1891 – 1893 In Liedes Melodie. MEGA I 11 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Werke, Artikel, Entwürfe Juli 1851 bis Dezember 1852. Ber- Und von der Väter Boden lin 1985 (Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe D’rauf wanderten sie aus, (MEGA). Erste Abteilung 11) vom Grabe lieber Todten, Von Herd und Hof und Haus. MEGA III 5 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Brief- Sie mussten ja von hinnen, wechsel Januar bis August 1852. Berlin 1987 (Karl Sie hatten nimmer Ruh’, Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe (MEGA). Ihr Denken und ihr Sinnen Dritte Abteilung 5) Trieb sie der Freiheit zu. MEGA III 6 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Brief- wechsel September 1852 bis August 1853. Berlin Und über’m Ozeane 1987 (Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe Der Kunst noch huld’gen sie (MEGA). Dritte Abteilung 6) Und tragen ihre Fahne MEGA III 7 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Brief- Durch Urwald und Prärie; wechsel September 1853 bis März 1856. Berlin Und was wir hier erringen 1989 (Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe An Glück und Ehr’ und Macht, (MEGA). Dritte Abteilung 7) Der Sänger wird’s ersingen, 77 REIß, Ansgar: Radikalismus und Exil. Gustav Struve und Es wird durch’s Lied vollbracht. die Demokratie in Deutschland und Amerika. Stutt- gart 2004

REIß, Ansgar: Paraden, Demonstrationen, Krawall: Deut- sche Einwanderer im New York des 19. Jahrhunderts. In: RAAB, Josef / WIRRER, Jan (Hg.): Die deutsche Präsenz in den USA / The German Presence in the U.S.A. Münster; Berlin 2007 (Literatur: Forschung und Wissenschaft 11) (im Druck) SCHNAUFFER, Carl Heinrich: Gedichte. Mannheim 1846 SCHNAUFFER, Karl Heinrich: Neue Lieder für das Teut- sche Volk. Rheinfelden 1848

77 HARFENSTELLER, Schnauffer (1986), S. 23 f.

63 SCHNAUFFER, Carl Heinrich: Todtenkränze, niedergelegt auf die Gräber unserer Helden. Bern 1849 SCHWERTLIEB, Hermann: Deutsche Kampf- und Frei- heitslieder. Heilbronn 1848 STRUVE, Gustav: Olympische Spiele. In: New-Yorker Criminal-Zeitung und Belletristisches Journal 4 (1855) 15 vom 06.07.1855, S. 233 STRUVE, Gustav: Diesseits und Jenseits des Oceans. Heft 3. Coburg 1864

64 Der Heilbronner Wilhelm Pfänder: Ein deutsch-amerikanischer Turnpionier

ANNETTE HOFMANN

Im Haus der Geschichte Baden-Württemberg in Stuttgart findet sich eine Sektion, die sich der Aus- wanderung widmet. In dem Bereich für die USA sind große Überseekoffer aufgestellt. Jeder dieser Koffer birgt die Geschichte eines Auswanderers in sich. Ei- ner der rund 150 000 württembergischen Auswande- rer zwischen 1846 und 1855,1 der hier seinen Koffer abstellen durfte, ist der in Heilbronn geborene und aufgewachsene Wilhelm Pfänder (1826 – 1905). Ganz in der Tradition anderer Heilbronner, wie z.B. Carl Gustav Rümelin (1814 – 1896), der sich als Politiker der Demokratischen Partei, Unterneh- mer, Weinbauer und Schriftsteller im amerikani- schen Bundesstaat Ohio einen Namen machte, oder aber des Kommunisten und späteren Washingtoner Architekten Adolf Cluss (1825 – 1905), eines Zeit- genossen und Schulkameraden von Pfänder,2 konnte Wilhelm Pfänder in den USA Fuß fassen und brach- te es zu einem anerkannten amerikanischen Bürger und Staatsmann des US-Bundesstaates Minnesota. Im Folgenden soll die politische Laufbahn Pfän- ders nur am Rande gestreift werden. Der Fokus in- nerhalb der Rekonstruktion seiner Gesamtbiografie liegt vor allem auf dem Turner Pfänder und der frü- hen amerikanischen Turnbewegung. Der 1848 in Wilhelm Pfänder (1826 – 1905) die USA ausgewanderte Wilhelm Pfänder machte sich in Turnerkreisen besonders durch sein aktives Mitwirken bei der Gründung verschiedener Turn- Das Leben in Deutschland: Von vereine in seiner schwäbischen Heimat wie auch in Heilbronn nach Ulm den USA und seinem Engagement bei der Gründung der „Turnerstadt“ New Ulm in Minnesota einen Nur wenig ist über das Leben von Wilhelm Pfän- Namen.3 der in der deutschen Heimat bekannt. Eine von sei- nen Töchtern 1954 verfasste Erinnerungsschrift gibt zwar einen Einblick; da sie aber auf rekonstruierten Erinnerungen beruht, kann sie nur selten als gesi- cherte Quelle herangezogen werden. Sicher ist, dass Wilhelm Pfänder am 6. Juli 1826 in Heilbronn als fünftes Kind von Jakob Andreas und Johanna Pfänder, geb. Künzel, geboren wurde. Der Vater stammte von einer alten Heilbronner Fa- 1 SCHIMPF, Ein-Wandererland (2003), S. 440 2 milie ab, die seit mehreren Generationen in der alten IISG Amsterdam, Adolf Cluss Nr. 8, Adolf Cluss an Joseph Weingärtnerstadt lebte, und übte wie seine Vorfah- Weydemeyer, 01.11.1852; Kopie im StadtA Heilbronn. 3 ren den Beruf des Küblers aus. Seine Söhne brachen Wesentliche Teile des folgenden Beitrags wurden in HOF- MANN, Pfänder (2004) veröffentlicht. mit dieser Tradition; Wilhelm begann 1840 eine Aus- 4 StadtA Heilbronn, Familienregister bildung zum Kaufmann bei Ludwig Kunze.4 Als Kind

65 ANNETTE HOFMANN sang er im evangelischen Kirchenchor und während ren Erhebungen.10 In der Chronik zum 50-jährigen seiner Lehrzeit widmete er seine freien Stunden dem Jubiläum des Ulmer Turnvereins wird erwähnt, dass Turnen, das in Heilbronn schon einige Anhänger ge- sich die Turner allerdings des politischen Umbruchs funden hatte. bewusst waren, dass sie während dieser Zeit das Tur- Ende März 1845 trafen sich unter der Leitung von nen durch Waffenübungen ersetzten und eine 120 George Härle, dem späteren Reichs- und Landtags- Mann starke Bürgerwehr gründeten. Allerdings soll abgeordneten von Heilbronn, ca. 30 junge Männer, sich nur eine kleine Zahl von Mitgliedern an den darunter auch der 19-jährige Pfänder, und beschlos- revolutionären Erhebungen in Baden im Sommer sen die Gründung einer Turngemeinde.5 Sie streb- 1849 beteiligt haben.11 ten danach, durch Turnen den Körper zu bilden und Anders war die Lage in Heilbronn. Dort nahm zu stärken, aber auch „nach Hebung und Belebung die Heilbronner Turngemeinde, was ihr politisches der Sittlichkeit und männlicher Würde“. Dabei soll- Engagement während der Revolution von 1848/49 te kein Stand ausgeschlossen sein, sondern das Tur- anbelangt, eine Ausnahmestellung in Württemberg nen „müsse Gemeingut aller strebsamen Jünglinge ein. Bis auf einzelne Turner aus anderen schwäbi- werden“, und die Gebildeten hätten hier die Gele- schen Turnvereinen war dies der einzige württem- genheit, „auf minder Gebildete einen wohltätigen bergische Verein, der eine geschlossene Kompanie in Einfluss auszuüben“. Der 2. April 1845 wird als der Form einer Turnerschützenwehr stellte und sich im eigentliche Gründungstag der Heilbronner Turn- Kampf um die Reichsverfassung 1849 der Hanau- gemeinde angesehen. Wilhelm Pfänder wird in der er Turnerwehr „zur Erringung der deutschen Größe Vereinschronik zum 50. Jubiläum als Ausschussmit- und Einheit“ anschloss, wie es in der Vereinschronik glied und als einer der provisorischen Zweiten Spre- heißt. Nach dem Scheitern der Revolution wurde cher erwähnt.6 der Verein streng überwacht, einzelne Turner wur- Pfänder verließ jedoch noch im Gründungsjahr den verfolgt.12 der Turngemeinde seine Heimatstadt und zog nach Über irgendwelche revolutionären Beteiligun- Beendigung der Lehre nach Ulm, wo er als Kauf- gen Pfänders ist allerdings nichts bekannt; er wan- mann im Kolonialwarenladen von Thomas Kölle in derte schon vor den revolutionären Erhebungen zu- der Frauenstraße tätig war.7 Auch in Ulm wurde von sammen mit dem Ulmer Kaufmann und Vorstand verschiedenen Gruppen zu dieser Zeit bereits eifrig des Turnvereins Carl von Stapf am 26. März 1848 geturnt. Seit 1841 war ein Turnlehrer in der Stadt über London in die USA aus.13 In London traf Pfän- tätig, der verschiedene Turnplätze errichtet hatte. der seinen fünf Jahre älteren Bruder Carl Heinrich Dabei turnten die Handwerker auf dem städtischen (1819 – 1876), der dort als Dekorationsmaler tätig Turnplatz, die Kaufleute auf dem Militärturnplatz. war.14 Die Turner kamen trotz der Standesunterschiede zur Übereinkunft, eine Turngemeinde zu gründen. Die Gründungsurkunde der Turngemeinde Ulm 1846 führt auch den Namen Pfänder. Er war Erster Turn- 5 wart und leitete die Ulmer Turnerriege beim Besuch Vgl. JOOSS, Turngemeinde (1895), S. 6; MAY / PFAENDER des schon erwähnten Heilbronner Turnfests im Au- LOENHOLDT, Memory’s Trail (1954), S. 3; Stuttgarter Zeitung vom 22.12.1945, S. 7 gust 1846 an, zu dem 20 Ulmer Turner einen über 6 100 Kilometer langen Fußmarsch auf sich nahmen.8 Vgl. JOOSS, Turngemeinde (1895), S. 7; 111 7 Adressbuch von Ulm 1849, S. 79 Beim Turnfest selbst hatte Pfänder in seiner Funk- 8 Vgl. TURNGEMEINDE ULM, Geschichte (1896), S. 6; tion als Turnwart eine Riege zu beaufsichtigen, die KRÜGER, Turner (1998), S. 30 9 aus Turnern verschiedener Vereine zusammengesetzt Vgl. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13 war.9 10 Dieser Protest richtete sich besonders an die städtische Die Revolutionsjahre verliefen in der ehemaligen Versorgungs- und Marktpolitik wie auch die Verteilung der Grundnahrungsmittel (vgl. Revolution im Südwesten Reichsstadt Ulm selbst eher friedlich. Die Forderun- (1997), S. 649; 653). 11 gen nach nationaler Einheit, Presse- und Versamm- Vgl. TURNGEMEINDE ULM, Geschichte (1896), S. 8 f. 12 lungsfreiheit und demokratischem Wahlrecht fan- Vgl. KRÜGER, Turner (1998), S. 164 f.; HAUG, Turnplatz (1998), S. 106 f. den zwar viele Befürworter, doch gab es in der ca. 13 20 000 Einwohner zählenden Stadt bis auf den „Ul- Die St. Paul Tägliche Volkszeitung berichtet im Nachruf auf Pfänder, dass viele seiner Heilbronner Turnbrüder dabei mer Brotkrawall“ von 1847, mit dem die am Rande waren. 14 des Existenzminimums lebende Bevölkerung auf die Zum Lebenslauf von Carl Pfänder siehe MÜLLER, Carl Hungersnot reagierte, keine größeren revolutionä- Pfänder (2001).

66 Wilhelm Pfänder

Carl Pfänder war der eigentliche Revolutionär der Das Leben in den USA: Vom Turner Familie. Er war 1845 nach der Heirat mit seiner zum Staatsmann Frau Caroline nach England ausgewandert. Aus dem Nachruf der Zeitung „Der Volksstaat“ ist zu entneh- men, dass er überzeugter Kommunist und Mitglied Während nur wenige Quellen zu Pfänders Leben in im „Deutschen Arbeiter-Bildungsverein“ sowie im Deutschland vorliegen, ist es nicht schwer, seinen „Bund der Communisten“ in London war.15 Außer- weiteren Werdegang in den USA zu verfolgen, wo dem gehörte er der „Bundes-Centralbehörde“ an und er eine wichtige Rolle bei der deutschen Besiedlung war später im „Generalrath der Stiftung der Interna- des Staates Minnesota spielte, eine Reihe öffentli- tionalen Arbeiter-Assoziation“. Karl GEISEL berichtet cher Ämter bekleidete und am Aufbau verschiedener in einer Abhandlung über die Hanauer Turnerwehr, Turnvereine beteiligt war. dass Carl Pfänder sich an der deutschen Revolution Nach Pfänders Ankunft am 21. Mai 1848 im Ha- im Jahr 1849 beteiligt habe. Er kämpfte im West- fen von New York hielt er sich kurz in dieser Stadt korps der Heilbronner Bürgerwehr, von dem er sich auf und verdiente bei einem Tischler genügend später ablöste und allein nach Baden weiterzog, um Geld, um im Juni nach Cincinnati, Ohio, überzusie- sich der 4. Kompanie der Hanauer Turner anzu- deln, wo sich schon einige seiner deutschen Bekann- schließen.16 ten niedergelassen hatten. Erst arbeitete er in der Ur- Karl Marx und Friedrich Engels gehörten zum banschen Geldschrankfabrik und wechselte dann Bekanntenkreis von Carl Pfänder, die er seinem Bru- am 20. März 1849 als Buchhalter zum „Deutschen der während des kurzen London-Aufenthaltes vor- Republikaner“, einer deutschsprachigen Tageszei- stellte. Da zu diesem Treffen keine Aufzeichnungen tung. Am 7. Dezember 1851 heiratete er Kathari- vorzufinden sind, ist unklar, inwieweit die beiden ne Pfau (1832 – 1892), die Tochter des Gastwirts Politiker den jungen Wilhelm Pfänder in seiner Mei- Jacob Pfau aus Minfeld in (Rhein-)Bayern, die im nungsbildung beeinflussten. Unter den deutschen Alter von fünf Jahren mit ihren Eltern nach Cincin- Kommunisten in den USA war allerdings bekannt, nati gekommen war. Aus der Ehe gingen 15 Kinder dass Pfänder ausgewandert war. Dies geht aus einem hervor. Brief von Adolf Cluss an Joseph Weydemeyer aus In Cincinnati war Pfänder einer der Gründer des dem Jahr 1852 hervor, der darin trotz eines abwer- im November 1848 ins Leben gerufenen Turnver- tenden Urteils gegenüber Wilhelm Pfänder andeu- eins, von dessen 13 Gründungsmitgliedern über die tete, dass man versuchen solle, seinen Heilbronner Hälfte aus Württemberg stammte.18 Die Gründung Schulfreund politisch auf die kommunistische Seite der Cincinnati Turngemeinde, die heute mit fast 300 zu ziehen: „wäre er vielleicht gut für uns zu gewin- Mitgliedern die noch älteste existierende in den USA nen, wie so mancher Andere, der zwecklos in Ameri- ist,19 hatte der badische Revolutionär Friedrich He- ka herumtappt [...]“.17 cker20 angeregt, den Pfänder hier persönlich kennen lernte. Die Familienlegende besagt, dass er bei dieser Gelegenheit dem bekannten Revolutionär auch ei- nen Brief aus der Heimat überreichen konnte. Pfän- der wurde Erster Sprecher des Vereins und später Turnwart, Ämter, die er schon in seiner alten Hei- mat ausgeübt hatte.21 15 Der Volksstaat, Nr. 43 vom 12.04.1876 16 Nach dem Gefecht bei Waghäusel entfernte sich Pfänder In der Brown County Historical Society existiert während des Rückzugs in Sinsheim und wurde am 24. Juni noch ein Turnpass von Wilhelm Pfänder, aus dem 1849 festgenommen, jedoch am nächsten Tag nach seiner hervorgeht, dass er vom 18. Juli 1852 bis 8. Sep- Vernehmung wieder auf freien Fuß gesetzt; GEISEL, Turner- tember 1856 in der Turngemeinde im benachbarten wehr (1974), S. 262. Newport, Kentucky, Mitglied war. 17 IISG Amsterdam, Adolf Cluss Archiv, Nr. 13; Adolf Cluss an Joseph Weydemeyer, 16.02.1852. 18 Vgl. BURGHEIM, Cincinnati (1888), S. 153 f. 19 Vgl. HOFMANN, USA (2001), S. 113; Mitgliederzahlen der amerikanischen Turnvereine siehe Statistical Report der American Turners von Februar 2001. 20 Zu Hecker siehe FREITAG, Hecker (1998). 21 Vgl. MAY / PFAENDER LOENHOLDT, Memory’s Trail (1954), S. 9; Funeral Oration by Robert Nix, 23. September 1892; St. Paul Tägliche Volkszeitung vom 12.08.1905.

67 ANNETTE HOFMANN

Das Ansiedlungsprojekt des Abstammung und Mitglieder der „Knownothing“- Socialistischen Turnerbundes: Bewegung, reagierten empfindlich darauf, dass sich viele Immigranten nicht amerikanisieren wollten New Ulm Settlement und in ihren ethnischen Enklaven nach den Tradi- tionen und der Kultur ihrer Heimat lebten. Die Na- In den USA war es ab 1848 zur Gründung einer tivisten verteidigten vor allem protestantische Werte Reihe von Turnvereinen gekommen; viele von ih- und forderten eine „Anglo-conformity“.25 nen wurden von Auswanderern der Deutschen Re- In den 1850er Jahren kam es zu einem Höhe- volution von 1848/49 geleitet. Entsprechend war punkt der Ausschreitungen fremdenfeindlicher Ame- ihr Gedankengut, und auch in den Grundsätzen des rikaner. In dieser Zeit richteten sich die feindseligen 1850/51 gegründeten „Socialistischen Turnerbundes Anschläge besonders auf die deutschen und irischen von Nordamerika“, der sich als „Pflanzschule revo- Einwanderer. Gründe dafür waren auf der einen Sei- lutionärer Ideen“ bezeichnete, wurde darauf verwie- te die Furcht vor einem Arbeitsplatzverlust durch die sen, dass die Turner aufgrund ihrer „kosmopoliti- hohe Zahl an Einwanderern, und auf der anderen schen Weltanschauung“ jede Art der Einschränkung Seite fühlten sich die Nativisten durch eine Zunah- der individuellen Rechte bekämpfen, wie sie beson- me der Anhänger des Katholizismus bedroht.26 Man ders in der Form der Sklaverei, dem amerikanischen wollte die Einbürgerung der Ausländer verhindern Fremdenhass und anderen Diskriminierungen, die und war gegen deren Wahlrecht.27 Außerdem wur- sich auf Hautfarbe, Religion, Geburtsort oder das de auch die kritische Einstellung vieler Einwande- Geschlecht beziehen, zum Ausdruck kommen.22 Da- rer gegenüber der Sklavenhaltung angegriffen. Dies rin spiegelt sich auch das Gedankengut der deutsch- bezieht sich vor allem auf die Deutschen und hier amerikanischen Freidenkerbewegung. Damit war insbesondere auf die 1848er-Generation. Hecker be- eine bestimmte Geisteshaltung verbunden, die in der zeichnete diesen „Knownothingismus“ in einer An- Tradition des Rationalismus und Liberalismus stand sprache an die deutsch-amerikanische Bevölkerung und jede Verbindung zwischen Staat und Kirche ab- im Jahr 1856 als „Geburtsaristokratie“, die mit repu- lehnte. Zwischen der Turnbewegung und den Frei- blikanischen Einrichtungen nicht verträglich sei, be- denkern auf dem nordamerikanischen Kontinent sonders in einem Land, das aus allen Nationalitäten war bis Anfang des 20. Jahrhunderts eine starke Ver- zusammengewürfelt sei.28 Für Pfänder stellten die- bindung und Verflechtung zu beobachten.23 se Angriffe „wahnsinnige entwürdigende Abtötungs- Auch bei Wilhelm Pfänder finden sich Hinweise, versuche“ der „angloamerikanischen Zuchtmeister“ dass er ein Vertreter des Freidenkertums war. 1851 dar.29 veröffentlichte er in der amerikanischen Turnzei- Die Turnvereine als Sammelpunkt der deutschen tung den Artikel „Bedeutung und Wesen der Turne- Kultur kritisierten die von den Nativisten vertei- rei“ und verwies darauf, dass nach dem Scheitern der digten Prinzipien, besonders die „anti-immigrant deutschen Revolution die Geschichte des Turnens forces“, die „Sabbath Day Laws“ und die Tempe- nicht zu Ende sei, sondern sich nur der Schauplatz renzgesetze. Diese Gesetze forderten das Alkoholver- geändert habe. Mit dem Transfer des Turnens in die bot und schränkten das gesellige Beisammensein in USA seien weiterhin „Streben nach politischer Frei- Lokalen und auf öffentlichen Plätzen an Sonntagen heit, Reform der gesellschaftlichen Verhältnisse und ein. Die radikalen Ansichten der Turner, ihre heraus- Erlangung eines hohen sittlichen und moralischen stechende weiße Uniform und die zum Teil militä- Standpunkts“ die Ziele der Turner. Da die Turner rischen Übungen machten sie zu einem besonderen nun in den Vereinigten Staaten die politische Frei- heit genießen könnten, so Pfänder, gelte es beson- ders für die „geistige Freiheit“ zu kämpfen, „die häu- 22 fig von der Religion unterdrückt“ würde; außerdem Vgl. Socialist Turnerbund, Constitutions (1855); PUMROY / RAMPELMANN, Research Guide (1996), S. xix. führt Pfänder die „Fortpflanzung deutscher Natio- 23 Zur deutsch-amerikanischen Freidenkerbewegung siehe ins- nalität“ als ein weiteres wichtiges Ziel des deutsch- besondere RAMPELMANN, Vernunft (2003). amerikanischen Turnwesens an.24 24 Turnzeitung vom 10.10.1851, S. 80 25 Seit der Kolonialzeit gab es in den Vereinigten FREITAG, Hecker (1998), S. 190 26 Vgl. WITTKE, Refugees (1952), S. 177 f. Staaten immer wieder Anzeichen von fremdenfeind- 27 Vgl. BARNEY, Turnvereins (1984), S. 160 lichen Ausschreitungen, unter denen die Einwande- 28 In: Belleviller Volksblatt vom 16.08.1856 und FREITAG, He- rer als Außenseiter zu leiden hatten. Die sogenannten cker (1998), S. 214 Nativisten, überwiegend Amerikaner anglikanischer 29 Turnzeitung vom 29.03.1855, „Praktische Turnerei“.

68 Wilhelm Pfänder

Ziel der Nativisten. In vielen Staaten mussten sie sich Es wurde ein Verwaltungsausschuss mit der Auf- mit allen Kräften gegen deren Angriffe wehren.30 gabe gewählt, einen Organisationsplan auszuarbei- ten. Aktien sollten ausgegeben werden, mit denen man ein Stück Land erwerben konnte. Ziel war es, Der Ansiedlungsverein eine Stadt zu errichten. Dem Einzelnen garantier- te man als Gegenwert seiner Geldanlage eine Heim- Auf seiner Tagsatzung in Buffalo 1855 beschloss stätte in Form von Stadtbauplätzen oder Farmlände- der Turnerbund, einen Ansiedlungsverein zu grün- reien. Neben einer gesicherten Existenz sollte auch den. Er entstand auf Anregung Pfänders, der am 29. die „umfassende Erziehung“ der Jugend, Handel, März 1855 unter dem Titel „Praktische Turnerei“ ei- Gewerbe, Kunst und Wissenschaft und die Pflege nen Artikel in der Turnzeitung veröffentlicht hatte, der deutschen Geselligkeit gefördert werden.32 in dem er dieses Projekt erläuterte und begründete. Nach langer Diskussion einigte man sich darauf, Im Verfassungsentwurf des Ansiedlungsvereins steht das Projekt unter der Aufsicht und Kontrolle der dann, dass es trotz der „oft gepriesenen riesenhaften Cincinnati Turngemeinde durchzuführen. Beson- Fortschritte unseres Adoptivvaterlandes [...] man- ders kritisiert wurde der Punkt der Zulassung von chem Arbeiter nicht mehr möglich [sei,] angemes- Nichtturnern. Die Turner als Freidenker befürchte- sene Beschäftigung und sicheren Lebensunterhalt zu ten, dass sich „Pfaffen und Jesuiten“ einschleichen finden. Seit Jahren sind die Arbeitslöhne allmählich könnten. So ist auch im Paragraph 10 des Verfas- gesunken, die Lebensmittel dagegen unverhältnis- sungsplans ein Vermerk zum Schulwesen zu fin- mässig teuer geworden. [...] die immer offener und den, in dem es heißt, dass nur solche Schulen in- schamloser hervortretende Corruption in allen Zwei- nerhalb der Stadtgrenzen erlaubt seien, die keiner gen der öffentlichen Verwaltung [lässt] keine Besse- „sectionelle[n] Richtung“ angehörten. rung, sondern eher eine Verschlimmerung dieser Zu- Eine Kommission des Verwaltungsausschusses aus stände erwarten“.31 Cincinnati reiste unter der Leitung von Wilhelm Ferner werden in diesem Verfassungsentwurf die Pfänder und Wilhelm Seeger für mehrere Wochen „von großen Theilen der eingeborenen Amerikaner durch die Staaten des Mittleren Westens. Eine schon gegen die eingewanderten Bürger an den Tag geleg- vorhandene Siedlung am Minnesota-Fluss im Staat te intensive Feindseligkeit, sowie die überall um sich Minnesota mit dem Namen New Ulm Settlement, ge- greifende und häufig erfolgreiche Bestrebung der gründet von der Chicago Land Society (1853), ent- Temperenzleute und die Versuche zur Wiederbele- sprach ihren Vorstellungen und sollte zum Ort ihrer bung puritanischer Sonntagsgesetze“ kritisiert. Man Siedlungspläne werden.33 Pfänder und der Vorsit- war bestrebt sich eine Heimat zu suchen, die von zende der Gesellschaft aus Chicago, der Deutsche „derartigen Uebelständen unberührt bleibt“. Frederick Beinhorn (1821 – 1900), vereinigten ihre Organisationen zur German Land Association of Min- nesota.34 Die Gegend war nach den Angaben Pfän- ders sehr fruchtbar und sowohl für Viehzucht als 35 30 So gab es immer wieder Überfälle auf Deutsche während auch Ackerbau gut geeignet. Ausflügen oder Turnfesten, z.B. 1851 in New York und Schon im November des Jahres 1856 hatte New 1854 in . In den Städten des Mittleren Wes- Ulm genügend Ansiedler, dass sich 15 Personen fan- tens – in Cincinnati, Columbus, Louisville und Covington den, einen Bundesturnverein zu gründen.36 Pfänder – herrschten in den Jahren 1855/56 bürgerkriegsartige Zu- übernahm das Amt des Berichterstatters. Am 20. stände; vgl. WITTKE, Refugees (1952), S. 186 f.; HOFMANN, USA (2001), S. 140 – 142. September 1857 konnte der 87 Mitglieder zählende 31 Socialist Turnerbund, Constitutions (1855) Verein sein erstes Turnfest durchführen. Zum Bau 32 Socialist Turnerbund, Constitutions (1855), § 6 einer „Turnhalle“ – „a log structure in the woods“ 33 Vgl. Jahrbücher der Deutsch-Amerikanischen Turnerei 3 – kam es ein Jahr später. Das Gebäude war auch als (1894), S. 49 – 52 37 34 Versammlungsort und Schule vorgesehen. Von der vgl. RIPPLEY, Ethnicity (1989), S. 259 35 Bericht des Agenten W. Pfänder an die Verwaltung. In: „Mutterstadt“ Cincinnati wurde allerdings jede Un- Verhandlungen der Convention des Ansiedlungsvereins terstützung „unbrüderlich“ untersagt, wie der New des Sozialistischen Turnerbunds von Nord-Amerika von Ulm Pionier am 9. Dezember 1858 enttäuscht fest- 24. und 25. August 1856. 38 36 stellte. Vgl. PFÄNDER, Turner-Pionierleben (1881), S. 67 37 Nach nur wenigen Jahren wurde deutlich, dass MAY / PFAENDER LOENHOLDT, Memory’s Trail (1954), S. 19; New Ulm Pionier vom 09.12.1858. der Ansiedlungsverein seine sozialistisch geprägten 38 New Ulm Pionier vom 09.12.1858 Grundsätze in der neuen Ansiedlung nicht umsetzen

69 ANNETTE HOFMANN konnte; außerdem kam es zu finanziellen Schwierig- schließend war er 1875 – 1880 Schatzmeister (state keiten und Uneinigkeiten zwischen den Vereinsmit- treasurer) von Minnesota. Zu dieser Zeit lebte er mit gliedern. Die Bedingung, dass man nur zwei Aktien seiner Familie überwiegend in St. Paul.44 Nach seiner erwerben durfte, wurde geändert. Kurz darauf er- aktiven politischen Laufbahn kehrte er zurück nach stand ein Amerikaner bei einer Versteigerung 40 Ak- New Ulm, widmete sich wieder dem Farmleben und tien. Enttäuscht war die Vereinsleitung auch darü- leitete zusammen mit seinem Sohn eine Versiche- ber, dass sich die Siedler über das Gehalt des Lehrers rungsagentur. beklagten, das ihnen zu hoch schien, da viele Nicht- vereinsmitglieder ihre Kinder in die Schule schicken würden. „Bildung für Alle“ argumentierte die Ver- Wilhelm Pfänder – ein einsleitung, sei das Ziel des Sozialismus. Des weite- Achtundvierziger? ren hatte der Ansiedlungsverein Schulden und die Aktionäre mussten eine Nachzahlung leisten, was zu Im Heilbronner Ratsprotokoll vom 13. und 20. De- Missmut führte. Es wurde beschlossen, den Ansied- zember 1860 wurde vermerkt, dass der Antrag Wil- lungsverein aufzulösen.39 Am 12. Mai 1859 wurde helm Pfänders aus New Ulm, Brown County im Staat die Auflösung offiziell.40 Minnesota zur förmlichen Auswanderung angenom- men werde. Zwölf Jahre nach seiner Auswanderung, am 19. Dezember 1860, wurde Pfänder formell aus Wilhelm Pfänder – Farmer, Politiker dem württembergischen Staatsverband entlassen. und Soldat In welchem Jahr er die amerikanische Staatsbürger- schaft angenommen hat, ist bisher nicht bekannt. Leider sind weder in den Archiven in St. Pauls noch Das Ratsprotokoll führt allerdings keine Begrün- in New Ulm Dokumente über die Inhalte von Wil- dung an, warum der 22-jährige Pfänder im März helm Pfänders politischem Wirken zu finden. Pfän- 1848, also nur wenige Wochen vor den revolutionä- der war, nachdem er sich in New Ulm niedergelassen ren Erhebungen des Jahres 1848, seine Heimat ver- hatte, bis zu seiner „politischen Karriere“ überwie- lassen hat. Pfänders Auswanderungsmotive sind bis gend als Farmer tätig, nebenbei betrieb er einen La- heute nicht bekannt. In verschiedenen Publikatio- den und hatte eine Reihe von öffentlichen Ämtern in nen wird er immer wieder als Achtundvierziger be- Stadt und Staat inne. 1859 wurde er in die Staatsge- zeichnet, obwohl keine Quellen vorliegen, die bele- setzgebung gewählt und im August 1860 einstimmig gen, dass er in der deutschen Heimat politisch aktiv als Präsidenten-Elektor des Staates Minnesota für gewesen ist und sie deshalb verlassen musste. Viel- den republikanischen Präsidentschaftskandidaten leicht ist er einfach aus Abenteuerlust und Neugierde aufgestellt.41 Während des Bür- ausgewandert oder wirtschaftliche Nöte haben ihn gerkriegs (1861 – 1865) kämpfte er – ganz im Sinne dazu gezwungen.45 der politischen Ausrichtung des Turnerbundes42 – als Wie sehr Pfänder von seinen Heilbronner Turn- Leutnant der 1. Minnesota-Battery für die amerika- brüdern politisch beeinflusst wurde, kann nur ver- nischen Nordstaaten. Diese militärische Einheit er- mutet werden. Man kann allerdings davon ausgehen, langte Ruhm bei der Schlacht in Shiloh in Tennes- see am 6. und 7. April 1862, bei der über 20 000 Menschen ihr Leben verloren.43 Noch im gleichen Jahr wurde Pfänder nach Fort Ridgely unweit von 39 Verhandlungen des Ansiedlungs-Vereins des socialistischen New Ulm versetzt und zum Oberstleutnant des Ers- Turnerbundes von Nordamerika, 02.01.1859 und Beilage ten Minnesota Kavallerie-Regiments ernannt; nach des Neu Ulm Pionier vom 05.04.1859. einjähriger Dienstzeit trat er mit demselben Rang in 40 Neu Ulm Pionier vom 04.06.1859 41 Neu Ulm Pionier vom 28.08.1860 das Zweite Kavallerie-Regiment und blieb dort, bis 42 er am 7. Dezember 1865 ausgemustert wurde und Zum Einsatz der Turner im amerikanischen Bürgerkrieg siehe HOFMANN, Loyalty (1995). sich wieder auf seine Farm in Milford bei New Ulm 43 Die Unionstruppen waren 45 000 Mann stark, sie verlo- zurückziehen konnte. ren in diesem Gefecht 13 000 Männer. Die 70 000 Konfö- Nach Beendigung des Bürgerkriegs knüpfte Pfän- derierten, die als Verlierer aus dieser Schlacht zogen, zähl- der wieder an seine politischen Tätigkeiten für den ten 10 000 Gefallene. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Staat Minnesota an: Von 1870 bis 1872 war er Staats- Schlacht auf dem nordamerikanischen Kontinent mit so vielen Toten; vgl. CATTON, Civil War (1987), S. 60 f. senator, von April 1873 bis Dezember 1875 hatte er 44 Vgl. Der Demokrat vom 15. August 1905 45 das Bürgermeisteramt von New Ulm inne und an- Vgl. REHE, Fildern (1996), S. 16

70 Wilhelm Pfänder dass er als junger Erwachsener mit revolutionärem Als Pfänder zehn Jahre später am 11. August 1905 Gedankengut konfrontiert wurde, wenn er auch im Alter von 79 Jahren in New Ulm starb, hob die selbst erst auf amerikanischem Boden öffentlich po- deutschsprachige St. Pauls Tägliche Volkszeitung den litisch aktiv wurde. Hierzu mag vielleicht sein kurzer Pionier in einem Nachruf hervor: „einer der hervor- Aufenthalt in London, bei dem er von seinem Bru- ragendsten Deutschen des Nordwestens beschließt der in kommunistische Kreise eingeführt wurde, bei- ein verdienstvolles Leben“. Im englischen New Ulm getragen haben. Die Begegnungen mit zahlreichen Review wird Pfänder als „Grand Old Man of New ehemaligen Revolutionären wie Friedrich Hecker, Ulm“47 bezeichnet, ein Ehrenname, der noch heute Gustav Tafel, Wilhelm Rapp und Wilhelm Rotha- mit ihm verbunden wird. cker in Cincinnati hatten sicherlich Einfluss auf die Darüber hinaus erinnert bis heute das Grab des weitere Entwicklung Pfänders und seiner politischen Turnerpioniers auf dem Friedhof von New Ulm an Haltung. Pfänder. Die Größe seines Grabsteins deutet auf die Der Werdegang Wilhelm Pfänders in der neuen Bedeutung dieses Mannes für Gemeinde und Staat Heimat ist von einem starken sozialpolitischen En- zu seinen Lebzeiten hin. Dieser mit Freidenkersym- gagement geprägt, das von der Gründung von Turn- bolen verzierte Grabstein zeigt auch deutlich, dass vereinen über den Aufbau der Stadt New Ulm und der Junge, der einstmals im Chor der evangelischen seinen Einsatz als Soldat im amerikanischen Bürger- Heilbronner Kilianskirche gesungen hat, sich im Er- krieg bis hin zur Bekleidung öffentlicher Ämter wie wachsenenalter von seinem protestantischen Glau- Bürgermeister, Staatssenator und Schatzmeister von ben distanzierte und wie zahlreiche andere amerika- Minnesota reichte. Seine Biographie zeigt somit Pa- nische Turner seiner Zeit der Freidenkerbewegung rallelen zu den Lebensläufen zahlreicher in die USA nahe stand. ausgewanderter Achtundvierziger, die sich auch in ihrer neuen Heimat um eine Verbesserung der Le- bensbedingungen einsetzten und politisch aktiv wa- ren, wie dies z.B. bei Carl Schurz, Friedrich Hecker und vielen anderen der Fall war. Literatur und Quellen

BARNEY, Robert Knight: German-American Turnvereins Der „Grand Old Man of New Ulm“ and Socio-Politico-Economic Realities in the Antebel- beschließt sein Leben lum and Civil War Upper and Lower South. In: Stadion (1984), S. 135 – 181 Trotz der weiten Entfernung nach Deutschland BURGHEIM, Max: Cincinnati in Wort und Bild. brach Wilhelm Pfänder den Kontakt zu seinen Hei- Cincinnati, Ohio 1888 matturnvereinen in Heilbronn und Ulm nicht ab, CATTON, Bruce: The Civil War. Boston 1987 wie in der Vereinschronik der Turngemeinde Ulm FLAIGG, Rudolf: Fest-Album zur Erinnerung an das Turn- zu lesen ist. Als 69-Jähriger entschloss er sich 1895, fest zu Heilbronn, den 1. bis 4. August 1846. Aus anlässlich des 50-jährigen Bestehens der Turnge- Auftrag der Turngemeinde Heilbronn herausgegeben meinde Heilbronn seine Heimatstadt zu besuchen. von Rudolf FLAIGG. Heilbronn 1846 Die Neckar-Zeitung berichtete über seinen Emp- fang am 6. April 1895. Darin sind auch Pfänders FREITAG, Sabine: Friedrich Hecker. Biographie eines Worte zu lesen, dass noch viele der Alten in Amerika Republikaners. Stuttgart 1998 (Transatlantische der deutschen Turnbrüder und besonders des Heil- historische Studien 10) bronner Turnfestes von 1846 gedenken würden. GEISEL, Karl: Die Hanauer Turnerwehr: Ihr Einsatz in Ein paar Wochen später wurde Pfänder bei einem der badischen Mairevolution 1849 und der Turner- Festbankett zum Ehrenmitglied der Turngemeinde prozeß. Hanau 1974 (Hanauer Geschichtsblätter 25) Heilbronn ernannt. Ebenso würdigte ihn die Turn- HAUG, Brigitte: „... auf dem neuen Turnplatz der Politik gemeinde Ulm mit der Ehrenmitgliedschaft, als er ...“. Turnvereine in Baden und Württemberg in der ihrem 49. Gründungsfest beiwohnte.46 Revolution 1848/49. Schorndorf 1998 (Institut für Sportgeschichte Baden-Württemberg. Wissenschaft- liche Schriftenreihe 5) HOFMANN, Annette R.: Aufstieg und Niedergang des 46 Vgl. Turngemeinde Ulm, Geschichte (1896), S. 25; 27 deutschen Turnens in den USA. Schorndorf 2001 47 New Ulm Review vom 16.08.1905

71 ANNETTE HOFMANN

HOFMANN, Annette R.: „The Grand Old Man of New RIPPLEY, LaVern J.: Status Versus Ethnicity. The Tur- Ulm“: Wilhelm Pfänder, ein schwäbisch-amerikani- ners and Bohemians of New York. In: BRANCAFORTE, scher Turnerpionier. In: HOFMANN, Annette R. / Charlotte L. (Hg.): The German Forty-Eighters in the KRÜGER, Michael (Hg.): Südwestdeutsche Turner in . New York u.a. 1989 der Emigration. Schorndorf 2004 (Institut für Sport- SCHIMPF, Rainer: Ein-Wandererland. Aus- und Zuwan- geschichte Baden-Württemberg e.V. Wissenschaftli- derung. In: Landesgeschichten. Der deutsche Südwes- che Schriftenreihe 8), S. 133 – 148 ten von 1790 bis heute. Hg. v. Haus der Geschichte HOFMANN, Annette: The Turners’ Loyalty for their New Baden-Württemberg. Red. Joachim BAUR et al. Stutt- Home Country: Their Engagement in the American gart 2003, S. 438 – 467 Civil War. In: International Journal of the History of Socialist Turnerbund of North America: Constitutions Sport 12 (1995) 3, S. 153 – 168 adopted at their convention at Buffalo Sept. 24 – 27, Jahrbücher der Deutsch-Amerikanischen Turnerei. Dem 1855 gesammten Turnwesen mit besonderer Berücksichti- Turngemeinde Ulm: Zur Geschichte der Turngemeinde gung der Geschichte des Nordamerikanischen Turner- und des Turnbundes Ulm. 1846 – 1896. Ulm 1896 Bundes gewidmet. Herausgegeben und redigiert von WITTKE, Carl: Refugees of Revolution. The German Heinrich METZNER. New York 1891 – 1893 Forty-Eighters in America. Philadelphia 1952 JOOSS, Emil: Festschrift zur 50jährigen Jubelfeier der Turngemeinde Heilbronn. 1845 – 1895. Heilbronn 1895 KRÜGER, Michael: Turner als „demokratisches Element“ in der Revolution von 1848/49. In: Schwäbische Heimat 49 (1998), S. 159 – 166 MAY, Grace Lovell / PFAENDER LOENHOLDT, Wilhelmina: Memory’s Trail. In: New Ulm Centennial 1854 – 1954. New Ulm 1954 MÜLLER, Hans: Ein Revolutionär aus Heilbronn – Carl Heinrich Pfänder (1819 – 1876). In: SCHRENK, Christhard (Hg.): Heilbronner Köpfe III. Heilbronn 2001 (Kleine Schriftenreihe des Archivs der Stadt Heilbronn 48), S. 157 – 174 PFÄNDER, Wilhelm: Turner-Pionierleben. In: Turner- Kalender 1881, S. 65 – 68 PUMROY, Eric L. / RAMPELMANN, Katja: Research Guide to the Turner movement in the United States. West- port; London 1996 (Bibliographies and Indexes in American History 33) RAMPELMANN, Katja: Im Licht der Vernunft. Die Geschichte des deutsch-amerikanischen Freidenker- Almanachs von 1878 – 1901. Stuttgart 2003 (Trans- atlantische Studien 13) REHE, Christine: Von den Fildern nach Amerika. Alltag von Auswanderern im Spiegel ihrer Briefe. Eine men- talitätsgeschichtliche Annäherung. Filderstadt 1996 (Filderstädter Schriftenreihe zur Heimat und Landes- kunde 11) Revolution im Südwesten. Stätten der Demokratiebewe- gung 1848/49 in Baden-Württemberg. Hg. v. d. Arbeitsgemeinschaft hauptamtlicher Archivare im Städtetag Baden-Württemberg. Bearb. v. Ute GRAU et al. Karlsruhe 1997

72 Adolf Cluss in Washington – Marxist and Turner

SABINA DUGAN

Fleeing the 1848 revolution, Adolf Cluss set sail for which lasted four years. During one year alone, he New York in September 1848. For a freedom fighter, wrote more than 60 long letters to Marx. His letters the lure of experiencing a true democracy held great reveal revolutionary fervor and his readiness to be appeal. Cluss’ financial independence allowed him of assistance. Cluss studied Marxist writings and of- to spend his first six months polishing his English fered to rally support among the German-American language skills and exploring what he referred to as community. Financial assistance for Marx’s predict- „grandiose industrial enterprises and bold engineer- ed second revolution, however, never materialized. ing projects“.1 By March 1849, after touring various Cluss explained: „the Germans here are in such poor East coast cities, he settled in Washington, presum- shape that you would have difficulty imaging it.“3 ably to observe democratic government in action. Instead, Cluss became Marx’s main U.S. infor- His technical skills secured him employment at the mant and worked towards establishing a communist U.S. Coast Survey and later a position at the Wash- stronghold in the United States. He studied U.S. his- ington Navy Yard. tory and especially its political system; he observed Although adapting to life in America, Adolf Cluss and reported on American labor conditions; and remained focused on political events in Europe and tried to undermine Marxist opponents among the waited for his chance to return. In 1850, he wrote: German-American community. To spread commu- „Under no circumstances will I remain in the Unit- nist propaganda, Cluss knew that he could reach a ed States. I will give up my comfortable position as wide audience by publishing newspaper articles. In- soon as the fatherland beckons.“2 He resumed a reg- deed, Cluss spent much time determining which ular correspondence with his old publications would be supportive of Marx’s revolu- friends, who were living in England. Wilhelm Wolff, tionary socialistic causes. a close ally of Karl Marx and co-founder of the Com- Cluss’ main collaborator in this endeavor was Jo- munist League, was his earliest correspondent. Cluss seph Weydemeyer, another ardent supporter of Marx had met Wolff in Brussels. In 1851, Cluss also ini- who immigrated to America in 1851. Weydemeyer tiated an animated letter exchange with Karl Marx, had been head of the Communist League and co-ed- itor of the Neue Deutsche Zeitung in Frankfurt. Marx realized how important a Cluss–Weydemeyer collab-

1 oration would be and urged Weydemeyer to waste MEGA III 6, p. 250 – 253; Adolf Cluss to Karl Marx, no time in contacting Cluss upon his arrival, since 30.09.1852: „In Amerika angekommen, suchte ich zuerst, mich in der englischen Sprache zu vervollkommen und Cluss, as he stated, „is one of our best and most tal- lebte 1/2 Jahr meinen Studien in New York; in geistreiche ented people, and he will be able to be of great use to Theegesellschaften hatte ich nicht das Unglük zu kommen, you in general.“4 wohl aber zu großartigen industriellen Unternehmungen Weydemeyer with his extensive publishing experi- und kühnen Ingenieurkonstruktionen, was mir wichtiger ence, soon organized the first U.S. Marxist newspa- war.“ 2 Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stif- per, entitled Die Revolution. Although Die Revolution tung Bonn, Bestand Cluß, Adolf; Adolf Cluss to Wilhelm was meant to become the voice of communism in the Wolff, 31.03.1850: „ich werde mich um keinen Preis in United States, and Cluss and Weydemeyer worked Amerika zurükhalten lassen, sondern augenblicklich meine diligently to make it a success, only two issues were bequeme Stellung an den Nagel hängen, wenn das Vater- ever published. Greater success was achieved during land ruft“. 3 Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stif- 1852 and 1853 when Cluss published extensively for tung Bonn, Bestand Cluß, Adolf: Adolf Cluss to Wilhelm The People’s Paper in London and Die Reform in New Wolff, 31.03.1850: „denn diese Deutschen hier liegen in York. Cluss wrote articles that focused on American einer solchen theoretischen Versunkenheit begraben, daß political history, provided political commentary and Du Dir nicht leicht einen Begriff machst.“ reported on labor and immigration issues. Each wrote 4 MEGA III 4, p. 276 f., Karl Marx to Joseph Weydemeyer, 19.12.1851: „Er ist einer unserer besten und talentvollsten articles for almost every edition of Die Reform; during Leute, und kann Dir im Allgemeinen [...] vom höchsten 1853, Cluss published more than 70 articles for the Nutzen sein.” publication.

73 SABINA DUGAN

To support their efforts at establishing a U.S. Soil Party was a precursor to Abraham Lincoln’s Re- communist stronghold, Cluss and Weydemey- publican Party, which was founded in 1854. Cluss, er formed the Proletarierbund in June 1852, using like most Turners, became an active supporter of the Marx’s „Manifest of the Communist League“ as a new Republican Party during the second half of the guiding principle. They hoped to thereby destabi- 1850s. He joined Washington’s small but vocal Re- lize other worker associations, but their efforts failed. publican Party when it was still subjected to ostra- Cluss later explained that it was an unfortunate at- cism for its abolitionist stance. His acquaintances tempt at keeping the leaders of the local association included many Republican leaders, including the together. abolitionist Lewis Clephane and the Baltimore par- One month later, in July 1852, Cluss helped orga- ty leader George Wiss who were both Lincoln sup- nize the Sozialer Turnverein in Washington. He was porters at the party’s Chicago convention. Cluss’ elected secretary for the club, which consisted of 30 friend, Joseph Gerhardt, president of the Washing- members of the working class. Joseph Gerhardt, who ton Turners, became a Republican in 1856 and lat- had commanded a battalion in Baden during the er was named a Republican marshal for his district. revolution, served as speaker and president. Mem- In October 1860, the German Republican Club was bership was open to all nationalities, anyone willing founded with the purpose of informing and educat- to support the „energetic Turners“ in their „revolu- ing Germans about Republican matters. Both Cluss tionary efforts“, as Cluss stated.5 Although they ini- and Gerhardt became prominent and active mem- tially lacked a meeting hall for their activities, Cluss bers of the club. organized a reading room for members and opened a Cluss’ growing interest and knowledge of Ameri- post office box for their use. can history and politics led him to develop a special His personal goal for joining was to gain influence interest in labor issues. „No one can feel more deeply with the Turners and especially the national Turner- than I that we must work with all our might for the bund to counterbalance the influence of other in- cause of the ‚Workers‘ Organization“, he wrote in fluential German theorists. Cluss told Marx that he March 1853.7 He observed that the growing indus- had „obtained carte blanche to act on behalf of the trialization was streamlining production which re- local Turnverein“6 which held „much influence on sulted in labor cuts and low pay. In an article about the radical petite bourgeoisie“. In September 1852, the Chinese immigration to California, Cluss argued Cluss was sent as a representative delegate by Wash- that violent resistance of the proletariat against lower ington’s Sozialer Turnverein to the first U.S. Turn- wages resulting from the influx of cheap labor was fest, held in Baltimore, Maryland. He saw it as an justified. As Cluss stated, any „opposition of labor opportunity to recruit new members to the Com- against capital“ should be appreciated, because it was munist League. „woven with the main thread of world history“8. At As secretary, he was responsible for conducting all the same time, Cluss favored increased immigration, outside correspondence for the club, including send- because the resulting social unrest would accelerate ing monthly articles for publication to Die Turn-Zei- revolutionary change from a bourgeois society to a tung, which favored the emerging labor movement worker society. and was the only American publication during 1852 Despite his fervor, Cluss began to question the to accept articles without censorship. During 1852 future of the communist movement in the United and 1853, Cluss wielded extensive influence over the States. Cluss „doubted that the Communist League publication, submitting articles for 14 of the 15 is- would gain much in coming years,“ since the poli- sues published that year on topics ranging from U.S. policy, slavery, nativism and the temperance move- ment. 5 Cluss, like many of his fellow Turners, had be- Adolf Cluss to the Turnerbund, 20.07.1852, Turnzeitung (New York), 01.08.1852 come very interested in U.S. politics. By addressing 6 MEGA III 6, p. 368 – 370, Adolf Cluss to Karl Marx, nativism and slavery, probably the most controver- 20.01.1853: „[...] hatte mittlerweile in einer Generalver- sial political issues in the decade leading up to the sammlung des hiesigen Turnvereins mir carte blanche ge- Civil War, the Turners had stepped onto the center ben lassen, im Namen des Vereins aufzutreten. [...]“ 7 stage of American politics. In September 1851, the MEGA III 6, p. 580 – 584, Adolf Cluss to Joseph Weyde- meyer, 26.03.1853: „Daß wir mit allen unsern Kräften der Sozialistischer Turnerbund von Nord Amerika had de- ‚Organisation der Arbeiter‘ in die Hände arbeiten müssen, cided to lend its support to the Free-Soil Party, to diß kann Niemand tiefer fühlen, als ich es thue.“ 8 avoid expansion of slavery to new states. The Free- CLUSS, Chinesische Einwanderung (1852)

74 Adolf Cluss in Washington

lost interest in collaborating with Karl Marx and his friendship with Joseph Weydemeyer also waned. His active membership with the Turners most likely end- ed at this time as well. 1855 became a turning point for Adolf Cluss. During that year, he became a U.S. citizen and he se- cured a promising job in the Treasury Department, drawing plans for federal buildings. After living in Washington for six years, he had become a well- known personality and an active participant in com- munity events, including German-American clubs. He had met his future wife Rosa Schmidt at a politi- cal meeting in Baltimore; they married in February 1859 and settled into a modest row house near the U.S. Capitol where they raised seven children. Upon his marriage, Cluss returned to the Navy Yard to work as a draftsman for the Ordnance De- partment. While many Turners joined the Union militia once the Civil War commenced, Cluss re- mained in Washington and assisted the Union Navy in modernizing their weaponry. During this time, he designed his first building in Washington – a found- ry to house the Navy’s weaponry. In 1864, the post-Civil War opportunities of the U.S. capital beckoned many young men such as Cluss. Returning soldiers and freed slaves contribut- ed to an explosive growth in Washington, and an ur- ban infrastructure of new housing, new government Adolf Cluss in the 1860s. Photograph by Matthew Brady buildings and an improved sanitation system were needed. Adolf Cluss and Joseph von Kammerhueber, a fellow draftsman from the Navy Yard, launched a private architectural and engineering practice. The tics of class warfare appealed to few American work- partners won a competition to design a multi-class- ers.9 Political apathy reigned. „During public meet- room school to supersede Washington’s one-room ings,“ he complained, „half [of the audience] sleeps school buildings. Wallach School, built in 1864, be- during a debate and the other half plays cards. It is came the first of eight award-winning public schools enough to make one insane.“10 He cautioned Wey- that Cluss planned. demeyer: „All of us come from a phase of the pro- His desire to build model schools came from his letarian movement that differs from the American commitment to republican ideals. He combined the one. Therefore we have to abandon our own theory, latest pedagogic theories with modern construction or else risk overestimating our practical importance techniques, including innovations in ventilation and for the labor movement here.“11 By 1855, Cluss heating. His schools towered over the city skyline and were meant to inspire with their Renaissance de- signs. He built for white and black children alike.

9 His Charles Sumner School (1871/72), also a mod- Cluss to Weydemeyer, 12.11.1852 and 26.03.1853, quot- el school, was built for African American children. ed in OBERMANN, Weydemeyer (1968), p. 439, 446. 10 KOSZYK, Zeitgenossen (1975), p. 432, Cluss to Weydemey- This school became a dramatic symbol of opportu- er, 27.12.1851 nity for its first students. 11 MEGA III 6, p. 580 – 584, Cluss to Weydemeyer, Over the span of three decades, Cluss designed or 26.03.1853: „Wir Alle sind einer ganz andern Phase der renovated more than seventy Washington buildings proletarischen Bewegung entwachsen, als die amerikani- and modernized the urban infrastructure. In 1864, sche ist, und so würden wir unsrer eignen Theorie ein Dé- menti geben, wenn wir unsere praktische Bedeutung für die he worked as a consulting engineer for the city gov- hiesige Arbeiterbewegung zu hoch anschlägen.“ ernment to prepare a citywide sewage system. Seven

75 SABINA DUGAN

Adolf Cluss 1900 years later, he was appointed building inspector for he supervised a tree-planting commission to turn the new territorial government. He used the position the city into „one vast garden“.12 Always optimistic to rework the city’s building regulations to include about „the progressive spirit of the age“,13 he spoke provisions for fire-proofing and ventilating buildings out in national media about urban problems that as well as write new codes for Washington’s distinc- plagued all cities, such as choosing the best street- tive bays, porticos, and towers. paving methods and sanitation matters such as lay- In 1872, President Grant appointed Cluss to the ing underground pipes. post of city engineer and member of the Board of Public Works to oversee the ambitious and costly 12 plan to modernize the city. As city engineer, he su- CLUSS, Report (1873) 13 perintended extensive street grading and paving and CLUSS, Pavements (1875)

76 Adolf Cluss in Washington

Cluss‘ professional breakthrough came in 1864 with the construction of Washington‘s first public school building, the Wallach School.

The urban reforms that Adolf Cluss favored all efforts as engineer. Sadly, however, his legacy was underscore concern with public health, especially short-lived since his red-brick buildings did not fit for the poor. In an 1875 article he stated: „Justice the monumental, white marble concept favored in should be done [...] to the demands of health for the the early twentieth century. poorer classes [...] frequently doomed to live in al- Still, Adolf Cluss could certainly feel proud of his leys and lanes [...]. It ought to be appreciated that accomplishments. His efforts had helped transform the luxurious life of the higher classes depends upon the nation’s capital into an urban metropolis by em- the strength and activity of the children of the indus- ploying the best ideas and technologies Western cul- trious classes.“14 ture had to offer. Cluss remarked: „Architecture is His architectural and engineering projects also re- defined as the material expression of the wants, fa- veal a zest for creating an urban metropolis reminis- cilities, and sentiments of its age [...]. A return to cent of European cities. His three museum build- the unarticulated mode of expression resorted to in ings on the city parkland, now known as the Mall, the earliest stages of society would be a declaration brought culture to the city. At the end of the nine- of bankruptcy on the part of the taste of the age.“15 teenth century, a visitor would have seen Cluss’ Even as the standards of what constituted as modern red-brick buildings in all parts of the city. His changed, Cluss’ accomplishments were recognized commissions included churches, markets, hospi- by his peers. Few other architects have had a com- tals, performance halls, commercial – and residen- parable impact on shaping the character of Wash- tial buildings. Improved living standards and safer ington. building practices could also be attributed to Cluss’ Cluss had not only become a German-American, he had become a modern American who benefited from old world experience. Towards the end of his 14 CLUSS, Pavements (1875) life, he remarked that he was proud to be an Ameri- 15 „A Letter from Adolf Cluss“; New York Daily Tribune, 18.02.1875 can, living in a land of great opportunity. Family let- 16 S. the letter below, p. 169; Germain Metternich, born ters reveal nostalgia for his youthful endeavors with 1811 in Mainz, was a freedom fighter in Baden during the Marx and the Turners in Mainz and Heilbronn. In a 1848 revolution. Cluss and Metternich, both Turners in letter to his niece near the end of his life, he sent his Mainz during the late 1840s, attended together the 1846 memories of the Heilbronner Turnfest of 1846 along Turnfest in Heilbronn. Metternich later immigrated to the with a „specially framed poem“ written by Germain United States, settled in New York, and fought as a Union 16 soldier during the Civil War. He was killed in 1862 Metternich, which he had treasured over the years. (cf. below, p. 186). To his nieces and nephews, he revealed how living by

77 SABINA DUGAN the Turner motto had allowed him to remain youth- Literatur ful and active despite advanced age. He was the liv- ing embodiment of how a fit body complements a CLUSS, Adolf: Die chinesische Einwanderung und die fit mind. Negersklaverei in Kalifornien. In: Turnzeitung (New Cluss may not have been successful in establishing York) vom 01.11.1852 an American Communist Party or to propagate its CLUSS, Adolf: Modern Street-Pavements. In: Popular then very social advocacy, but his inherent humanity Science Monthly 7 (1875) May–October, S. 80 – 89 and understanding of social disparity found a voice CLUSS, Adolf: Report of the Chief Engineer. In: in his architecture, thus contributing substantially to Washington DC, Board of Public Works 1873 the American urban fabric. KOSZYK, Kurt (Hg.): Zeitgenossen von Marx und Engels. Ausgewählte Briefe aus den Jahren 1844 bis 1852. Assen; Amsterdam 1975 (Quellen und Untersuchun- gen zur Geschichte der deutschen und österreichi- schen Arbeiterbewegung, N.F. 6) MEGA III 4 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Brief- wechsel Januar bis Dezember 1851. Berlin 1985 (Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung 4) MEGA III 5 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Brief- wechsel Januar bis August 1852. Berlin 1987 (Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung 5) MEGA III 6 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Brief- wechsel September 1852 bis August 1853. Berlin 1987 (Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung 6) MEGA III 7 – MARX, Karl / ENGELS, Friedrich: Brief- wechsel September 1853 bis März 1856. Berlin 1989 (Karl Marx Friedrich Engels Gesamtausgabe (MEGA). Dritte Abteilung 7) OBERMANN, Karl: Joseph Weydemeyer. Ein Lebensbild. 1818 – 1866. Berlin 1968

78 Reshaping the Nation: Federal Employment, Civil Service Reform, and the Turners of Washington, D.C.1

KATHLEEN NEILS CONZEN

„Care of A. Cluss, US Navy Yard“ read the official ventionally stressed the Turners’ stimulus to Amer- address of Washington D.C.‘s Sozialer Turnverein ica’s nascent labor movement, Turner leadership in in the North American Turnerbund’s annual listing the German shift toward the anti-slavery Republican of member associations in August 1853. The Navy Party and Turners’ disproportionate numbers among Yard was the U.S. government’s outfitting and repair the ranks of volunteers during the Civ- facility for its ships in the nation’s capital. Four years il War.3 A closer look at the case of the Washington later, Adolf Cluss’s name appeared for the first time Turners suggests that to this list of Turner achieve- on another official list, this one, the Register of Of- ments we should perhaps also add a significant role ficers and Agents, Civil, Military, and Naval, in the in the movement to reform their new homeland’s Service of the United States, on the 30th of September civil service. 1857. Here he was identified as a draftsman in the To explore this issue I shall first examine the gen- federal Treasury Department’s Bureau of Construc- eral pattern of German employment by the U.S. fed- tion at the princely salary of five dollars a day.2 eral government between the arrival of the 1848 ex- What are we to make of this juxtaposition of Tur- iles like Cluss, and the 1883 passage of the Pendleton ner and federal government employee, radical and Act, which established the reformed civil service sys- bureaucrat? Cluss and his fellow Washington Tur- tem. Then I shall return more directly to the Wash- ners, many of whom shared that juxtaposition, point ington Turners, and to Turner engagement with the us in an unanticipated direction. The pattern of gov- problem of civil service reform. But first a caveat. ernment employment – of civil service – among There is no complete listing of Turner membership immigrants, is not a topic that has received much in Washington or elsewhere during this period. The scholarly attention. Yet it provides a central key to names of several dozen Washington, D.C. Turners understanding German life and the peculiar shape appear in the city’s newspaper accounts of Turner ac- of the Turner movement in the one-industry town tivities, however, and biographical information for that was mid-19th-century Washington. It also raises these men permits some conclusions about personal a broader issue. The Turner movement in America stakes in civil service reform. But in the absence of began as a classic example of exile politics, an effort more specific information, my argument must ne- to keep the revolutionary ideals of 1848 alive un- cessarily remain suggestive, serving as much to stim- til they could be re-exported to the old homeland ulate further research as to make a definitive point. as quickly as possible. But the possibilities for a re- The arrivals of the 1848 exiles in America hap- newed revolution faded quickly and at least by 1852 pened to coincide with a major expansion in U.S. American Turners were refocusing their ideals and government employment, most of it concentrated in energies on the new homeland that had given them Washington. Numbers in the civil service increased refuge. In evaluating Turner efforts to reshape Amer- steadily from around 18 000 nationwide in 1841 to ica in accord with their vision, historians have con- over 26 000 in 1851, and almost 37 000 ten years later as the Civil War began. By 1871, after the enor- mous wartime expansion had subsided, the govern- ment still employed more than 51 000 civil servants, whose numbers almost doubled to 100 000 ten years 1 I would like to thank Kate Pierce-McManamon, Cottbus, later on the eve of reform. Not only did the size of for preparing a transcription of my 28. Oktober 2005 pre- the federal civil service increase, its range of focus sentation, and Rebekah Mergenthal, Chicago, for research also expanded with the establishment of new depart- assistance. ments like Agriculture, and with the emergence of 2 Turn-Zeitung (New York), 01.08.1853, p. 256; Register of Officers and Agents (1857) the link between government and professionalizing 3 NEUMANN, Turnbewegung (1968); UEBERHORST, Sternen- American science evident in the Smithsonian Mu- banner (1978); HOFMANN, USA (2001) seum, the Census Bureau, the Patent Office, and es-

79 KATHLEEN NEILS CONZEN pecially the Coast Survey, which was charged with cal clout than exhibited by the Irish, for example. charting the nations’ coastlines and waters.4 The government’s need for laborers in Washington Few Turners probably came to America planning to maintain its buildings and patrol its grounds of- to engage in government service. Excessive bureau- fered a second path into the civil service for local cracy was associated with the old regime they had Washington laborers, though here too hiring proba- opposed in Europe. America, by contrast seemed, as bly depended on personal and political connections. 48ers Theodor Poesche and Charles Goepp exalted And thirdly and significantly for Germans, the gov- in 1853, „a system of non-government,“ democracy ernment’s growing need for specialized technical and in its purest form.5 It was perhaps just as well that scientific expertise created positions that native-born few 48ers initially had bureaucratic aspirations be- Americans were not always able to fill. cause the civil service they encountered in America The Federal Register for 1849 documents the basic was very different from the one that they had known, pattern. There were only 47 German-born among and had an explicit bias against outsiders. Secretary the 25 000 or so federal employees listed. Only 19 of of State John Quincy Adams defined the basic situa- those Germans were employed in Washington, in- tion in his well-publicized reply to a German office- cluding seven clerks (one in the State Department, seeker in 1819: „I regret that it is not in my power to two in the Treasury, two in War, and two in the Post add the inducement […] of an offer under the gov- Office) as well as two laborers (a War Department ernment […]. Whenever […] vacancies occur […] it messenger and a Capitol lamplighter) and nine Ger- would seldom be possible, if it would be just, to give mans who worked for the Coast Survey. a preference […] to foreigners.“6 The Coast Survey, in which Cluss would get his The American system was essentially a spoils sys- start in federal employment the following year, was tem, elevated under President Andrew Jackson in the classic example of a technical field requiring ex- the 1830s to the democratic principle of „rotation in office,“ under which each new presidential admin- istration used federal jobs to reward its supporters while ousting its opponents. Washington did, to be sure, support a few senior civil service mandarins, 4 men whose expertise ensured long tenure in office Statistics from JOHNSON / LIBECAP, Civil Service (1994), p. and kept federal departments functioning through 17; see also ARON, Civil Service (1987); DUPREE, Federal Government (1957). changing presidential administrations – men indeed 5 POESCHE / GOEPP, New Rome (1853), quoted in LEVINE, like a certain Peter Hagener, whose father, John Val- Spirit (1992), p. 105. Poesche, a 48er, was a long-serving entine Hagener, had emigrated from Heilbronn in statistician with the Census Bureau and the Internal Rev- the mid-18th century and settled in Philadelphia enue Bureau; Washington Post, 28.12.1899. where Peter was born in 1772. His father’s revolu- 6 This 1819 private letter to Moritz von Fürstenwärther was tionary war service undoubtedly helped young Peter published in the Daily National Intelligencer (Washington, D.C.), 14.04.1820. Hagener gain his first federal position in President 7 Eminent and Representative Men (1893), p. 137 – 141 George Washington’s War Department in 1793. He 8 The following discussion is based on my tabulations of was one of the first civil servants to move with the all Germans listed in the Federal Registers for 1849, 1851, government to its new Washington capital in 1799 1853, 1855, 1857, 1859, 1863, 1869, and 1879. Feder- and by the time of his retirement as the Third Audi- al Registers, published every two years, listed U.S. govern- tor of the Treasury in 1850, he had accumulated a ment employees by administrative department, agency, 7 place of employment, title of position, salary, name, place total of 57 years of continuous federal service. But of birth, and state of residence at time of initial appoint- Hagener’s initial appointment itself confirmed the ment. The listings are generally complete, particularly for basic principle of American civil service at the time: those employed in Washington, though one department, Federal jobs came as rewards for personal and politi- Navy, seldom listed any but the highest level of its civilian employees. Because Washington’s German community was cal support. defined by language and culture rather than state of origin, Under such a system, the biennial Federal Regis- „German“ is used here as a synonym for „German-speak- ter of Civil Service suggests, there were three main ing,“ and Swiss and former Habsburg subjects are includ- pathways by which immigrant Germans could gain ed in these listings. Many Coast Survey employees worked federal jobs.8 Like other Americans, they could put at sites throughout the nation, but were headquartered in Washington and for present purposes are included in the in their time in the political trenches, the most com- Washington tabulation. Not included in these listings are mon route, but a slow one and hampered by low- consuls and others employed by the U.S. government in er levels of German voting and hence lower politi- positions outside the United States.

80 Reshaping the Nation pertise that persons trained in Europe could provide. Bureau of Steam Engineering, while in the 1860s, Its first superintendent, Frederick Hassler, was Swiss. the government’s demand for statisticians expanded His 1843 successor, Benjamin Franklin’s West-Point- from the Census Bureau into areas like Agriculture, trained great-grandson, Alexander Dallas Bache, re- the Treasury’s new Bureau of Statistics, and its Inter- mained equally welcoming to foreign talent. One of nal Revenue Department. Its new Bureau of Engrav- Bache’s chief assistants in 1849, F.H. Gerdes, was ing and Printing even began importing skilled Ger- German-born, as was his longtime financial manag- man engravers directly from Europe. er, Samuel Hein. Another of his German assistants Nevertheless, at the mid-point of Civil War ex- that year, Julius Hilgard, would succeed him as head pansion of Washington federal employment in 1863, of the Survey in 1881.9 only five Germans were given War Department ap- Technical expertise also explains the concentra- pointments on the basis of their Army service, de- tion of eight Germans in the St. Louis Land Office spite heavy German enlistments in the Union Army. in 1849, where they worked as draftsmen and sur- And the growing ranks of female appointees includ- veyors. The other non-Washington German employ- ed only one German, a certain Miss Albrecht from ees mainly worked in customs houses in cities with Pennsylvania, who helped count used greenbacks – significant German populations, like Baltimore and paper money notes – before they were burned. The New Orleans. much-vaunted German role in the election of Lin- These basic patterns remained while German coln netted the group a few high-profile consulships numbers in federal employment increased through and generals’ appointments and author Reinhold the 1850s, though never at the rate that Germans Solger’s appointment as Assistant Register in the considered appropriate. Outside Washington, the Treasury, but the payoff in more ordinary jobs was nation’s explosive western expansion provided pock- slower in coming. ets of technical employment for Germans in land of- Still, in a total Washington German-born popu- fices, exploring expeditions, and new mints estab- lation of only 1200 men, women, and children in lished in places like New Orleans and San Francisco, 1850, 3300 in 1860, and around 5000 by 1873, even while the nation’s growing German electorate pro- these relatively few federal jobs were enough to deci- vided the clout to ensure more German federal jobs sively influence local German life.10 They were, first in customs houses, lighthouses, and Indian agencies of all, the reason that men like Cluss found their way around the country. German civil servants remained to Washington. However much radical Germans greatly out-numbered by the Irish, however, let alone might despise bureaucracy, government service was a the native-born. The 28 non-Washington German job for which many of them had been educated. And federal employees in 1849 increased to 55 in 1855, as they gained the language, citizenship, and political 111 by 1863, 221 by 1869, and 267 in 1879. clout required for eligibility, like Cluss many flocked Washington employment followed a similar pat- to Washington to claim a federal salary. Once en- tern of increasing numerical representation, but dis- sconsed, their ambitions and actions were necessarily appointing proportionate gains. Total numbers in- influenced by both the exigencies of American civil crease from the 19 in 1849, to 48 ten years later, 193 service and by their transatlantic expectations of how in 1869, and 288 by 1879. Most of these Washing- an effective civil service should function. ton civil servants were clerks in various departments, These considerations helped shape the distinctive with some, like Treasury, Interior and the War De- experience of Washington Turners. As in Turner or- partment, proving far more hospitable to Germans, ganizations elsewhere in the U.S., skilled craftsmen administration after administration, than others like probably comprised about two-thirds of the mem- State or Navy. During the 1850s, for example, Ger- bership of Washington’s Sozialer Turnverein, found- man draftsmen began finding positions not only in ed by Cluss and others in 1852, with most of the re- the Coast Survey and the Land Office, but also with mainder being small proprietors, clerks, merchants, the Treasury’s Bureau of Construction and the Navy’s manufacturers, and professionals.11 Certainly a great majority (34) of some 45 Turner volunteers at the start of the Civil War whose occupations could be identified were craftsmen; the remainder included 4 clerks, 5 proprietors, a bar-tender, and a constable. 9 Turners whose names appeared in German newspa- For the Coast Survey, see SLOTTEN, Patronage (1994). 10 CONZEN, Residenzler (2005) pers during the late 1850s and early 1860s as win- 11 LEVINE, Spirit (1992), p. 92 f. ning competitions tended to fit the same

81 KATHLEEN NEILS CONZEN occupational profile: They were jewelers, tanners, There were specific as well as general reasons be- bakers, tailors, tavern-keepers, a lone physician.12 hind such coverage. Every one of these German But those who held leadership positions, who editors, going back to the first German editor in served on committees, who made speeches during Washington in 1843, Alfred Schücking, held a gov- the same time period, tended to resemble Cluss in ernment job at the same time that they were editing their career orientation. The first drill master, Arthur their newspapers. It may be that it took the steady Balbach, was a draftsman and a fellow Coast Sur- income of a government job to survive in Washing- vey veteran. Louis Waldecker was a Navy draftsman, ton’s chancy German newspaper business, but it is Cluss’s partner Joseph W. von Kammerhueber an- much more likely that these were patronage appoint- other federal draftsman. Louis Schade moved from ments to enable them to publish a party newspaper. the Smithsonian to the Census Bureau and then to The consequences of this dependency on govern- the State Department as a translator and statistician. ment patronage could be very real. Max Cohnheim, Richard Schellhaus was a mathematical instrument- whose Columbia was a „regular“ Republican paper, maker for the Coast Survey, Joseph Killian a stat- insisted to his readers that he never accepted a penny istician for the new Agriculture Division. The La- in party support. But when he was denounced for hayne brothers were fresco partners in the Capitol. ridiculing President Andrew Johnson, he was forced Matthias Gross was a chemist and patent agent seek- to resign his Treasury clerkship and his paper folded ing government employment that he subsequently soon after. A couple of years later, he was back in a found in New York. Innkeeper Joseph Gerhardt nev- Treasury job, this time in the customs house in San er found a government job, though his enemies im- Francisco, where he edited another Republican Ger- plied that he was constantly seeking one.13 man paper.16 On the other hand, editor Koch was Such examples could be multiplied, but the point ejected from his Turnverein membership when he is clear: Turner leadership in Washington was as in- failed to support Abraham Lincoln for the presiden- timately involved in federal service as were most oth- cy in 1860.17 er elements of Washington society. The vagaries of federal service were a steady topic of concern for the city’s German newspapers. Turner Werner Koch, publisher of the Tägliche Metropole in the late 1850s and early 1860s along with Turner Richard Schell- haus, kept his readers informed about which Ger- mans worked for which Department and warned his 12 I took a sample of 156 names from the roster of 334 men readership not to be shy about asking President Lin- who enlisted in the Turner company of the District of Co- coln for positions if they were qualified. He record- lumbia Infantry in 1861, and sought to locate them in the ed the summary dismissal of foreign employees, for 1860 federal manuscript census for Washington, D.C., us- example, when a new Superintendent of Construc- ing the electronic version of the census that can be found at http://www.heritagequestonline.com rev. 2007-07-25; tion on the Capitol replaced Captain Montgomery I was able to locate 45 members of the sample group and Meigs in summer 1859 and he deplored the Cen- identify their ages, birthplaces, occupations, property own- sus Bureau’s unwillingness to hire Germans to fill ership, and family status. I traced Turners whose names the need for decent statisticians in 1860.14 Turn- appeared in newspaper reports in similar fashion. For the er Max Cohnheim, whose Columbia was the city’s Turner company roster, see STRAUSS, Turner Movement (2004), Appendix. 13 main German newspaper in the mid-1860s, exhib- Federal Registers; 1860 manuscript census; ZUCKER, ited less direct interest in federal employees, but gov- Forty-Eighters (1950), p. 274, 296; Washington Post, ernment corruption was one of his central themes. 21.07.1890; WUST, Immigrants (1959), p. 45; Washing- By the early 1870s both German papers, Koch’s new toner Intelligenz-Blatt, 01.10.1859, 12.11.1859; http:// Washingtoner Journal and Nehemiah Miller’s Wash- www.reyling.com/history.html rev. 2007-07-07. 14 Washingtoner Intelligenz-Blatt, 03.12.1859, 14.07.1860; ingtoner Anzeiger, exhibited steady interest in gossip Tägliche Metropole, 22.04.1860, 02.10.1860, 12.10.1860. from the federal departments. They mounted de- 15 E.g. Washingtoner Journal, 05.11.1873, 12.06.1873, fenses of employees dismissed or docked in pay, they 04.02.1874, 02.01.1877, 17.04.1877, 05.05.1877, campaigned against budget reductions so that de- 03.12.1877, 14.12.1877, 02.03.1878; Täglicher Wash- pendent employees would not have to be fired, they ingtoner Anzeiger, 04.02.1873, 04.04.1873, 21.06.1873, 19.08.1873. 16 covered the new phenomenon of „lady clerks,“ and Columbia, 03.03.1866, 31.03.1866, 07.04.1866; WUST, they beat the drum both for German hiring and for Immigrants (1959), p. 49 f.; Federal Registers. civil service reform.15 17 Washingtoner Intelligenz-Blatt, 28.04.1860

82 Reshaping the Nation

The same logic of civil service patronage depen- find themselves among those arguing against mak- dence may well have influenced and sometimes dis- ing support for Republicans a litmus test for Tur- torted Turner campaigns for reform in Washington. ner membership. But another factor probably also Helmut STRAUSS has nicely laid out the basic con- played a role. Many among the Turner leadership in tours of Washington’s Turner story. From its 1852 both 1856 and 1860, as noted earlier, held civil ser- founding, the Sozialer Turnverein committed itself vice patronage appointments. These were appoint- to „Freedom, Fraternity, Labor“, and emphasized ments made under Democratic administrations. If political education and sociability alongside its gym- these men had skills that were needed, and if they nastics and military . It helped provoke the were sufficiently discreet in their political activities, national split of the Turnerbund, in good part over they could perhaps give quiet support to the new the anti-slavery issue, as Washington Turners them- anti-slavery Republican Party in 1856 without risk- selves split in 1856 between the older Turnverein ing their jobs. And by 1860, with the scent of Repub- and a new Turngemeinde. Washington Turners lent lican victory in the air, many were willing to gam- support to the new anti-slavery Republican Party in ble on the generosity of a new administration. But 1856, and when the Turnverein became the Vorort the risks of job loss were real, as Editor Cohnheim of the older national Turner organization in 1858, would discover. it initiated a move towards both national and local The commitment of leading Washington Turners Turner union. This reunion was completed in late to federal employment gave them a real opportuni- 1859 in time for the 1860 election, when Washing- ty to shape their new nation from the inside, just as ton Turners strongly supported the Lincoln wing of Cluss literally shaped the nation’s capital. But federal the Republican Party. But once again the effort to employment also restricted their freedom of political equate Turner membership with Lincoln support led action. Cluss himself had to negotiate these turbu- to debate and the ejection of dissenters including, lent waters during the 1850s. Both powerful patrons among others, editor Koch. and technical employment less subject to political Washington’s initial Turner chapter ended with pressure may have helped him keep his position. But the enlistment of many of its less educated members it is not coincidence that where it is possible to iden- in the city’s Union volunteer companies and the lo- tify Turners as lining up on one or the other side cal Turner organization itself dissolved. Turner activ- of the schisms in 1856 and 1860, the office hold- ities began to revive in Washington in 1863, a new ers, whatever their revolutionary backgrounds, are Nord-Amerikanischer Turnerbund was founded at an among those taking whatever is the more conserva- April 1865 convention in Washington, and the city tive position. The same was probably true for liberal- itself finally acquired a lasting new Turner organi- thinking Washington Germans during subsequent zation, the Columbia Turnverein, in 1867. The Co- German Republican breakaway efforts in 1864 and lumbia was never as active politically as its predeces- 1872.19 sors and seems to have ceded its central position in Little wonder then, that the establishment of a German life in Washington and elite status to an- meritocratic federal civil service early become a Ger- other post-war foundation, a newly organized Schüt- man and, indeed, a Turner cause. The story told here zen-verein.18 is a Washington one, but its counterparts were prob- The schisms in the Washington Turners in the ably played out elsewhere as well, as educated im- 1856 and 1860 election years can be seen as dis- migrants sought federal, state, and municipal jobs. agreements over the extent of Turner involvement in Where they acquired such patronage positions, they party politics. As Helmut STRAUSS has noted, it was lost freedom of action and acquired a first-hand op- probably not accidental that Democrats tended to portunity to observe the inefficiency of America’s pa- tronage-based bureaucracy. Where they were denied patronage jobs for political reasons, the consequences of corruption seemed even more obvious to them. Historians conventionally acknowledge 48er Carl 18 STRAUSS, Turner Movement (2004); while residents of the Schurz’s leadership in the fight for Civil Service re- District of Columbia could not vote in federal elections, form, attributing it to his German constituents’ dis- many were able to vote in other states, and local party cam- gust that they didn’t gain more spoils for their Civ- paigning was often intense. 19 il War service, and to his own deliberate search for See NAGLER, Lincoln (1984); NAGLER, Deutschamerikaner (1988) an issue with which to make his name when he ran 20 20 HOOGENBOOM, Outlawing (1961) for the Senate in 1869. But as early as December

83 KATHLEEN NEILS CONZEN

of 1851, the Turnerbund’s Turn-Zeitung enumerated HOOGENBOOM, Ari: Outlawing the Spoils: A History of „Corruption im Beamtenwesen“ as one of the chief the Civil Service Reform Movement 1865 – 1883. evils in need of reform in America.21 Urbana; Chicago 1961 This was a reform drum that the Turners and oth- JOHNSON, Reginald N. / LIBECAP, Gary D.: The Federal er liberal Germans would continue to beat inces- Civil Service System and the Problem of Bureaucracy. santly over the following decades. „There is no coun- The Economics and Politics of Institutional Change. try in the world in which the government officials Chicago 1994 of the republic are so degraded and treated with so LEVINE, Bruce: The Spirit of 1848: German Immigrants, little consideration as in the republic of the Unit- Labor Conflict, and the Coming of the Civil War. ed States“, lamented the Washingtoner Journal in Urbana; Chicago 1992 1874.22 Its constant advocacy, and that of numerous other German-American newspapers, public figures, NAGLER, Jörg: Deutschamerikaner und das Liberal and reform organizations like the Turners, for a Prus- Republican Movement 1872. In: Amerikastudien – sian-style meritocratic civil service, helped ensure American Studies 33 (1988), S. 415 – 438 the consistent support of a significant portion of the NAGLER, Jörg: Fremont contra Lincoln. Die deutsch- American electorate for civil service reform, a reform amerikanische Opposition in der Republikanischen that was finally realized in 1883. Cool analysis of the Partei während des amerikanischen Bürgerkrieges. realities of American political life may have brought Frankfurt a.M. 1984 liberal Germans to this position in any case. But the NEUMANN, Hannes: Die deutsche Turnbewegung in der fact that a patronage-based bureaucracy also creat- Revolution 1848/49 und in der amerikanischen ed personal dilemmas for educated, liberal Germans Emigration. Schorndorf 1968 like Cluss, helps account for the particular urgency POESCHE, Theodore / GOEPP, Charles: The New Rome; th century America’s with which they enlisted in 19 or, The United States of the World. New York 1853 civil service reform crusade. Register of Officers and Agents, Civil, Military, and Na- val, in the Service of the United States, on the Thir- tieth of September, 1857. Washington, D.C. 1857 SLOTTEN, Richard: Patronage, Practice, and the Culture of American Science: Alexander Dallas Bache and the Literatur U.S. Coast Survey. Cambridge 1994 STRAUSS, Helmut: Turner Movement in Washington. ARON, Cindy S.: Ladies and Gentlemen of the Civil Research Report. Manuskript. German Historical Service: Middle-Class Workers in Victorian America. Institute. Washington, D.C. 2004 New York 1987 UEBERHORST, Horst: Turner unterm Sternenbanner: CONZEN, Kathleen Neils: Die Residenzler: Deutsch- Der Kampf der deutsch-amerikanischen Turner für Amerikaner in der Bundeshauptstadt. In: Adolf Einheit, Freiheit und soziale Gerechtigkeit 1848 bis Cluss – Revolutionär und Architekt. Von Heilbronn 1918. München 1978 nach Washington. Hg. v. Alan LESSOFF und Christof UST MAUCH. Heilbronn 2005 (Veröffentlichungen des W , Klaus J.: German Immigrants and their News- Archivs der Stadt Heilbronn 46), S. 55 – 67 papers in the District of Columbia. In: Society for the History of the Germans in Maryland. Reports 30 DUPREE, A. Hunter: Science in the Federal Government: (1959), S. 36 – 65 A History of Policies and Activities to 1940. Cam- bridge, Mass. 1957 ZUCKER, Adolf E. (Hg.): The Forty-Eighters: Political Refugees of the German Revolution of 1848. New Eminent and Representative Men of Virginia and the York 1950 District of Columbia of the Nineteenth Century. Madison, Wis. 1893 FREITAG, Sabine: A Republikaner becomes a Republican: Friedrich Hecker and the Emergence of the Republi- can Party. In: Yearbook of German-American Studies 33 (1998), S. 5 – 17 21 Turn-Zeitung (New York), 01.12.1851, p. 10 HOFMANN, Annette R.: Aufstieg und Niedergang des 22 Washingtoner Journal, 19.02.1874; for another German deutschen Turnens in den USA. Schorndorf 2001 civil service reformer, see FREITAG, Republikaner (1998).

84 The Chicago Turners: Sport and the Demise of a Radical Past

GERALD GEMS

The German Turners had a profound effect on the city’s population by 1850. A year before, one of the American city of Chicago, particularly after the mi- German immigrants, Adolph Mueller, began brewing gration of the Forty-Eighters who fled Europe after beer in Chicago, symbolic of the early cleavage in cul- the failed revolution in their homeland. In Chica- tural pastimes.3 The German fondness for beer dis- go the immigrant Germans greatly influenced edu- tinguished them from the American Anglos who pre- cation, music, theater, journalism, and the labor mo- ferred whiskey. Recreational differences extended to vement, the latter with radical Marxist and socialist the sites of alcohol consumption as well. The German ideologies that challenged the United States to live beer gardens eventually provided musical or theatrical up to its democratic rhetoric of freedom, equality, entertainment as social gatherings for the entire fami- and civil rights for all. While German immigrants ly, while Anglo saloons promoted a homosocial envi- of various political persuasions traveled to America, ronment conducive to a bachelor subculture. it is the radical element that I will focus on in this paper. The radicalism of the Germans persisted through- Cultural and Political Differences out the nineteenth century; but wained thereafter, and historians have suggested various causes for its Recreational and ideological differences between the lapse. The fragmentation of ethnic culture into class nativist (anti-immigrant) Anglos and the increasing factions, the dilution of the German language, the number of Germans continued to develop in the ear- repression of the labor movement, middle class as- ly 1850s and thereafter. The Chicago Turngemeinde, pirations, and the social mobility of Germans all founded in 1853, introduced not only a new sport contributed to the deterioration of radicalism;1 but form; but a European ethnic philosophy to the city the role of sport in such cultural decline has been that mixed politics with recreational practices. The little studied, a notable recent exception being An- establishment of Der Proletarier, a German language nette HOFMANN’s Turnen and Sport: Transatlantic newspaper the next year promoted the socialist per- Transfers.2 This examination attempts to rectify that spective of many of the Forty-Eighter refugees. The omission to some degree. working class consciousness espoused by the socialist doctrine threatened the growing industrialization in America and its need for a cheap and docile labor force. The Turners and Freethinkers (atheists) among the Forty-Eighters also favored a distinct separation Before the revolution of 1848 in Germany, the Ger- of church and state, opposition to the Bible and pu- man residents of Chicago provided little evidence of blic prayer, elimination of tax exemptions granted importance or influence. They numbered only 1056 to churches, and the abolition of slavery. Such views in 1845; but that figure rose to 5094, 17 % of the contrasted sharply with the religious views of the es- tablished Anglo settlers. When the Staatszeitung took an abolitionist stance in 1854 a xenophobic nativist 1 Among the studies that address class factionalism are: HOL- mob attacked its office, only to be repelled by edi- LI / JONES, Chicago (1995); ADELMAN, Haymarket (1986); tor Georg Schneider and his staff. Schneider had HOFMEISTER, Germans (1976); KEIL, German Workers been condemned to death after the failed revoluti- (1988); KEIL / JENTZ, Chicago (1988). 2 on in Germany; but he escaped to the United States. HOFMANN, Turnen (2004); in addition to Hofmann: BAR- NEY, Forty-Eighters (1994), p. 19 – 42, addresses the role of He assumed editorship of the Illinois Staatszeitung in sport in cultural assimilation, but places the chronology of 1851, transforming it from a conservative weekly to transition at a considerably later date. an outspoken daily voice. In 1854 Schneider called 3 PIERCE, Chicago (1937), I p. 416; II p. 17, on population for opposition to the Kansas-Nebraska Act, the fe- figures. FURER, Chicago (1974), p. 6. 4 deral legislation that provided for the entry of new NELSON, Anarchism (1986); RAMPELMANN, German-Ameri- can Turners (2004); HOFMEISTER, Germans (1976), p. 153; states as free or slave areas based on the popular votes 4 ZUCKER, Forty-Eighters (1950), p. 339 f. of their residents.

85 GERALD GEMS

Tensions further escalated in 1855 when Chica- tryman, John F. Eberhart, as the superintendent of go mayor attempted to close drinking schools for the entire county, and Jacob Rehm served establishments on Sunday, the only day of the week as city marshal.7 in which workers enjoyed some recreation. More- Political events prompted Germans into efforts over, he raised the fees for a liquor license from $ 30 beyond the local concerns, such as the movement to to $ 300 a year. When more than 200 tavern owners abolish slavery. As staunch adherents to liberty and were arrested for violating the Sabbatarian law Ger- the cause of freedom, many Germans supported Ab- mans marched on the courthouse on April 21, 1855. raham Lincoln and the Republican Party in the pre- An altercation with police resulted in gunfire, and at sidential election of 1860. The German caucus, held least one death and many wounded in what became in Chicago, had adopted five resolutions: opposition known as the Lager Beer Riot. Voters promptly re- to slavery, granting of rights to all citizens, passage moved Boone from office in the next election.5 of the Homestead Act (provided land grants to far- The Germans in general, and Turners in particu- mers), admission of the Kansas territory as a non-sla- lar, increased their political activity throughout the ve state; and support for the candidate who accepted 1850s. At the national Turner convention of 1855 their proposals. The Turners even served as Lincoln’s they adopted an antislavery article in their consti- personal bodyguard at his presidential inauguration. tution. The following year Georg Schneider beca- When the regional differences over slavery erupted me one of the organizers of the Republican political into the , the Turners answered party in the state of Illinois, which adopted a plank the call. Germans represented the largest number of opposing the Know Nothing Party, ardent nativists foreign born soldiers with 176 817 enlistments in who railed against foreign immigrants. The conflict the federal army. The Turners accounted for 6000 between Turners and the Know Nothings extended of that number, 60 % of their national membership well beyond ideological and political differences, at that time.8 erupting into armed conflict in at least seven cities When Lincoln moved slowly in his emancipation during the decade.6 of the slaves, radicals met at Chicago’s North Mar- ket Hall to criticize him. The Chicagoans elected Lo- renz Brentano, formerly a minister in the German Growth of Turner Clubs and Political revolutionary government and editor of the Staats- Involvement zeitung, to the Illinois legislature. Francis A. Hoff- mann, a German alderman in Chicago, served as By 1857 Chicago numbered twenty-six Turner the state’s lieutenant governor during the war; while Clubs. Despite the nativists’ concerns the Turners other Germans assumed roles as city collector (Georg promoted a distinct ethnic culture that encompassed Schneider), president of the Board of Public Works beer drinking, music, education, and recreational (John G. Gindele), and county coroner (Dr. Ernst pursuits. Among the latter local picnics enhanced Schmidt).9 camaraderie and Gemütlichkeit, and national Turn- With the end of the Civil War the Chicago Ger- fests included wrestling, swimming, track and field mans continued their efforts at proselytism both lo- activities, weight lifting performances, stilt walking, cally and nationally. Edward Schlegel, representing rope climbing, gymnastics, target shooting, fencing, the Workingmen’s Association, called for a national and bayonet drills. The latter militaristic activities labor party at a Baltimore convention in 1866. In particularly worried nativists. With the formation of the Social Democrat Turnverein, a Chicago socialist club, in 1857, industrialists, too, had qualms, as the 5 socialist philosophy threatened their capitalist enter- ADELMAN, Haymarket (1986), p. 3; HOFMEISTER, Germans (1976), p. 56 prises. Bernhard Maria Weidinger, one of the foun- 6 ders of the Chicago Turngemeinde, became an ardent ZUCKER, Forty-Eighters (1950), p. 339 f.; BARNEY, Forty- Eighters (1994), p. 24 ff. 7 supporter of John Brown, an American abolitionist KIRSCH / HARRIS / NOLTE, Encyclopedia (2000), p. 181; leader whose band attacked the federal arsenal at BARNEY, Forty-Eighters (1994), p. 31; TOWNSEND, Germans Harper’s Ferry, Virginia in an unsuccessful attempt (1927), p. 45; ZUCKER, Forty-Eighters (1950), p. 354; HOFMEISTER, Germans (1976), p. 106 to free southern slaves in 1859. Weidinger arrived 8 too late to participate in the insurrection, for which ZUCKER, Forty-Eighters (1950), p. 133 f.; HOFMANN, Tur- nen (2004), p. 21; BARNEY, Forty-Eighters (1994), p. 26 9 Brown was hung. In Chicago other Germans wor- ZUCKER, Forty-Eighters (1950), p. 61, 144, 281 f.; HOF- ked within the political system to elect their coun- MEISTER, Germans (1976), p. 106

86 Chicago Turners

Chicago, the Chicago Turngemeinde appealed to the gatherings continued to promote both ethnic and Board of Education to integrate gymnastics into the class consciousness. One socialist picnic in 1878 re- public schools’ curriculum that same year. Despi- putedly drew as many as 30 000 and raised $ 7000 te unanimous approval and the election of Lorenz for the cause, a year after police had raided a workers’ Brentano to the school board presidency in 1867 the meeting at the West Side Turner Hall, killing one of initiative found little implementation.10 the attendees. In 1878 the socialists elected Frank European events soon sparked a renewed sense of Stauber to the city council, along with a state sena- German nationalism in America; but the class con- tor and three state representatives. Stauber celebrated flict that accompanied the industrialization process with a party at the Twelfth Street Turner Hall. brought ideological departures from Turners in the A year later Dr. Ernst Schmidt, a Forty-Eighter homeland as well. On May 28, 1871 the Germans in and a Turner, garnered 12 000 votes as a socialist can- Chicago celebrated the victory in the Franco-Prussi- didate for mayor. That figure amounted to 20 % of an War with a massive parade initiated by 101 can- the votes cast and shocked the bourgeois residents of non shots at 4:30 a.m. that outraged their nativist Chicago. For the 1879 municipal election a crowd of opponents. That same year the Turnerbund adopted 40 000 jammed the Exposition Building on Chicago’s a more radical stance by declaring lakefront to dance in celebration of the Paris Commu- Socialism of today, in which we Turners believe, ne and to meet the socialist candidates, three of whom aims to remove the pernicious antagonism between they elected to the city council. One of them, Rhein- labor and capital. It endeavors to effect a reconcili- hold Lorenz, held membership in the Turners and the ation between these two, and to establish a peace Lehr- und Wehr-Verein, which had been founded in by which the rights of the former are fully protected 1875 as a workers’ militia against police raids. When against the encroachments of the latter.11 the city forbade the socialists the use of the Expositi- on Building for their meetings, the radicals turned to The annual report of 1872 further stated that „the the Turner halls for support. Moreover, at least eleven Turners of America have nothing in common with Turner officers joined the Scandinavian and Bohemi- the Turners of the old fatherland, except the system an gymnasts in an International Working Peoples’ As- of physical training.“12 sociation in 1883, eschewing the political system for In Chicago some class and ethnic interests coin- an armed struggle. Nearly a hundred members of the cided in the German working class communities. Lehr- und Wehr-Verein, the Bohemian Sharpshooters, Public schools offered physical training and German and the Jaeger-Verein also joined the militant organi- language instruction to students.13 Picnics and social zation. Thereafter, dances and gymnastic exhibitions attended by hundreds of paying customers also raised funds for the socialist agenda. By that time the prole- tarian revolution supported four socialist newspapers in Chicago, including the German language Vorbote 10 (1874), the Arbeiter-Zeitung (1877), and Die Fackel TOWNSEND, Germans (1927), p. 43 f.; HOFMEISTER, 14 Germans (1976), p. 168, 176 (1879). 11 HOFMEISTER, Germans (1976), p. 58; METZNER, History In a further transgression to the dominant Protes- (1989), p. 23 (quote) tant beliefs of the mainstream American society, the 12 METZNER, History (1989), p. 25 National Turner Convention of 1878 adopted a free- 13 Manual 1870 – 1871 (1870), p. 24; Manual 1873 – 1874 (1873), p. 2 f., 20 ff.; Manual 1874 – 1875 (1874), p. 13; thinker newspaper as its official publication. In ad- Manual 1875 – 1876 (1875), p. 2 f., 12; A Manual for the dition, the freethinkers and socialists offered Sunday Use of Teachers (1878), p. 2, 7. school classes to counter the curriculum of the pu- 14 Lehr- & Wehr-Verein, Constitution (1875); Lehr- und blic schools. German women, too, organized three Wehr-Verein, Tactics (1879); NELSON, Culture (1985), p. 98, socialist clubs (Frauenvereine) in Chicago as well as 109 – 123, 135 – 138, 171 f., 222 ff., 262; ADELMAN, Hay- auxiliaries to support the Turner associations. Wo- market (1986), p. 7; KEIL, German Workers (1988), p. 137, 141, 146; KEIL / JENTZ, Chicago (1988), p. 238. men participated in the gymnastics classes as early 15 BARNEY, Forty-Eighters (1994), p. 36; RAMPELMANN, as 1870; but through their choral groups, theatrical German-American Turners (2004), p. 184; BUHLE, Women performances, and picnics they raised tens of thou- (1981), p. 32 f. claims $ 70 000 raised. sands of dollars in the 1880s. Germans, more so than HOLLI / JONES, Chicago (1995), p. 95, on socialist mem- any other group, controlled the socialist organizati- bership figures. NELSON, Anarchism (1986), p. 11, states a more conservative 50 % Germans among a European ons with 63 % of the membership, and another 16 % membership of 85 %. accounted for by German-speaking Bohemians.15

87 GERALD GEMS

The Promotion of German Culture ed a shop in Cincinnati in 1845, building carriages and ornate billiard tables. The growth of billiards led Ethnic factionalism and strategic differences caused to a Chicago office in 1848. By the 1880s Brunswick splits in the Socialist Labor Party as both German and expanded operations to finely crafted bars for saloons English speakers sought leadership, and anarchists and the company had become the largest manufac- rejected the viability of the political process. Despite turer of billiards equipment in the world, largely the growing rift in the radical forces Germans conti- through the labor of German craftsmen. Workers had nued to pour into Chicago, refueling the ethnic and been campaigning for better conditions, increased working class culture of the city. The German immi- salaries, and an eight hour working day for nearly grants reached a peak in 1882. Two years later Ger- two decades when Brunswick’s employees went out man residents numbered more than 200 000, sur- on strike in 1885. They suffered the humiliation of passing even the Anglos to become the largest ethnic having to return to the workplace and reclaim their group in Chicago. The Turners continued to agitate own tools from the hands of scab laborers. for the inclusion of the German language and gym- The confrontation proved only one of many bet- nastics training in the public schools. In 1880 Frank ween laborers, their employers, and the police. Ger- Stauber, a socialist alderman, addressed the Citizens man Turners participated in proletarian protest events Association and stated: that included a „poor peoples’ march“, led by Turner half of the time presently being used in elementa- Oscar Neebe, to the homes of wealthy industrialists ry and grammar schools could be put to better ad- and a workers’ procession against the Board of Trade. vantage if it were used as it is in kindergarten, for The latter started at the offices of the Arbeiter-Zeitung higher subjects like singing, gymnastics, drawing, and featured socialist flags and union banners. The sculpting, reciting, acting, visual instruction, knit- Aurora Turner Hall served as a primary venue for the ting, etc., whereby hand, arm, eye, and the whole radical meetings. More strikes followed and confron- body is exercised [...].16 tations with police left more workers dead. On Easter of 1886 a crowd of 50 000 witnessed a workers’ pa- Throughout the 1880s American urban education rade of 15 000 that stretched for 2 miles (3,2 km) to boards struggled with the validity of physical train- promote the 8 hour day. Upon reaching the lakefront ing as an academic responsibility. Various constituents 25 000 listened to the orations of labor leaders, inclu- promoted a variety of European systems as most be- ding August Spies, a Turner and editor of the Arbei- neficial, with some espousing Swedish gymnastics as ter-Zeitung. an alternative method. Boston adopted the Swedish The resurgent violence reached a climax, known system, while Germans held greater influence in the as the Haymarket Massacre, on May 4, 1886. A day Midwest. In Chicago, Adolph Kraus, a German Jew, earlier Spies had addressed factory workers where headed the school board. A year later, Louis Nettel- police had previously killed four of their colleagues. horst, the president of the Chicago Turngemeinde, led The arrival of police resulted in the deaths of two a Board of Education committee to consider formal more workers. The next night the workers met in physical education in the public schools. The group Haymarket Square to protest the police brutality. selected the Turner system of gymnastics and appara- They had a legal permit to gather and the mayor jud- tus work and hired Henry Suder, a German Turner, as ged it to be a peaceful assembly. Despite his appro- the program supervisor. The next year it hired eight val the police arrived and demanded dispersal of the more teachers for the grammar schools (grades 5 – 8), crowd. An unknown assailant answered with a bomb including the grandson of Friedrich Ludwig Jahn. that killed eight. The police responded with gunfi- Two years later they extended physical education to re that resulted in more deaths and at least sixty-six the primary grades (1 – 4) and hired four additional wounded.18 teachers.17

16 The Radical Labor Movement NELSON, Culture (1985), p. 24, 126; ALLSWANG, Ethnic Po- litics (1971), p. 17; KEIL / JENTZ, Chicago (1988), p. 374 (quote) While the Germans made progress in inculcating 17 PESAVENTO, Physical Education (1966), p. 22 – 26 their cultural forms in the educational sphere, their 18 KEIL, German Workers (1988), p. 47, 71, 81; ADELMAN, ethnic cohesion suffered in the fortunes of the labor Haymarket (1986), p. 9, 13-17, claims more than 100 ca- movement. John Brunswick, a Swiss immigrant, open- sualties.

88 Chicago Turners

The aftermath had international ramifications form their own Socialer Turnverein; and twenty-eight and signaled the death knell of the local radical of the Aurora Turner Hall members resigned over the movement. Public hysteria ruled, and hundreds were judicial defense fund. They later formed the midd- arrested for suspicion of complicity. Prominent busi- le class Central Turnverein, as the national member- nessmen soon raised more than $ 70 000 and hired ship increasingly assumed bourgeois status over the detectives to infiltrate and counteract the labor uni- next decade. Still, at least six Turner associations, in- ons. The Commercial Club purchased a machine gun cluding 250 from the Aurora club, joined thousands and had an infantry regiment stationed in Chicago in who marched in the funeral procession for their slain anticipation of class warfare. The police received sti- martyrs in ritual defiance. A policeman who accos- pends from the wealthy industrialists for their diligent ted the leader of the parade earned a beating and got suppression of suspect groups. Eight individuals, six tossed into the crowd of spectators. Trainloads ac- of them Germans, were charged with a crime, among companied the bodies to the cemetery, where Ro- them Turners August Spies, Oscar Neebe, and Micha- bert Reitzel delivered a funeral address. The tribu- el Schwab. The bourgeoisie called for their blood. One tes invoked a radical ideology soon on the descent publication stated that „it seems that the penal law of among Germans in Chicago, and the United States Illinois would warrant treating all these godless fiends in general.21 as murderers, and we hope they will be so treated and In the ensuing years Chicago became the center extirpated from the face of the earth“.19 of the progressive reform movement in America. The Globe reflected „it cannot be said that all Ger- Hull House, an urban neighborhood social agency, mans are crazy; but psychiatrists are of the opinion worked to assimilate myriad ethnic groups into the that there is a considerable tendency toward lunacy mainstream culture and became the model for settle- in German blood. This opinion is confirmed by the ment house programs after 1889. In 1890 Bismarck large numbers of Socialists, Communists, Anarchists retracted the anti-Socialist laws in Germany, some- [sic] with which the German States are flooding the what stemming the flow of radical immigrants that world.“20 found kindred souls in the Chicago Turner clubs. The Aurora Turners raised money for a defense Reform legislation addressed the socialists’ concerns, fund; but the resultant trial proved a travesty of jus- the child labor law of 1891 and mandatory educa- tice as handpicked jurors assured a guilty verdict de- tion legislation sent children to school, where Ger- spite a lack of evidence other than the defendants’ mans had already won the inclusion of gymnastics in common ideological differences with their capitalist the curriculum. During the 1890s the Populist and accusers and the speakers’ inflammatory rhetoric. An Democratic political parties increasingly coopted ra- international clemency movement eventually won dical followers into the mainstream political proces- pardons for three defendants after seven years of im- ses. prisonment; but four others, including Spies, hung Staunch adherents to the radical cause faced con- from the gallows in 1887. tinued repression after the Haymarket tragedy. The The trial showed fissures in the Turners’ social co- Aurora Turner Hall remained under the police sur- hesion. Several Lincoln Turners quit their club to veillance; and, in 1891, police raided socialists’ mee- tings at Grief’s Hall and the Vorwärts Turner Club. At the former they confiscated the symbolic red flags; and demanded that an American banner be flown at 19 the latter. The Turners refused by stating that „we AHERN, Political History (1886), p. 239 – 254; KEIL / JENTZ, Chicago (1988), p. 162 f., 191 – 199, 263 – 270; have no desire to stand under this flag because it has ADELMAN, Haymarket (1986), p. 18 (quote: Albany Law been prostituted by those who are supposed to de- Journal, 15.05.1886). 22 20 fend it.“ Yet, before a crowd of 2000 that inclu- HOFMEISTER, Germans (1976), p. 59-60, cites The Globe, ded hundreds of women and girls, the Turners ac- 12.05.1888. 21 50th Anniversary of the Socialer Turn Verein (1937), p. 3; quiesced to avoid violence. KEIL / JENTZ, Chicago (1988), p. 167, 192 f., 408; RIESS, The growing embourgeoisment of the Turners be- Ethnic Sports (1995). came further evident that same year when the North 22 KEIL / JENTZ, Chicago (1988), p. 363 23 Chicago Turngemeinde banished socialist Julius Vahl- Chicago Tribune, 22.05.1891, p. 3; RIESS, Ethnic Sports teich from their organization. When the national (1995), p. 534, identifies the rebels as the Südseite Turnge- meinde, the Central Turnverein, and the Germania Turnver- Turnerbund suspended the club for its actions, three ein. They rejoined the Turnerbund when moderates regai- other Chicago Turner associations joined the rebelli- ned control of the executive. on and split from the national executive board.23

89 GERALD GEMS

On June 25, 1893 the remaining radicals com- ce Company, served as the national treasurer for 35 me-morated the Haymarket victims as martyrs. The years. He also presided over the Chicago Bowling Turners joined thousands in a downtown parade League, which claimed to be „easily the premier and 8000 sympathizers filled five special trains to the bowling league of the world.“26 The city hosted the cemetery for the dedication of a memorial monu- first national tournament in 1901 with 45 teams. ment. Dr. Ernst Schmidt, a socialist Turner, spoke William V. Thompson, a Turner, served as first in honor of the deceased. The next day, John Alt- vice-president of the American Bowling Congress geld, the German born governor of Illinois, pardo- by 1904. His rise within the organization exempli- ned the three alleged perpetrators who still langu- fied the nexus of sport, business, and social mobility. ished in the state prison. The decision cost Altgeld Thompson’s bowling prowess earned him a position his political career.24 on traveling all-star teams that gambled heavily on Radical sentiments continued to diminish as Ger- their matches. The Brunswick Company, under the mans were increasingly drawn into the mainstream guidance of German-Jewish son-in-law Moses Ben- culture. During the World’s Fair of 1893, held in singer since the 1870s, engineered mergers with busi- Chicago, Turner clubs provided daily gymnastic per- ness rivals and orchestrated the founding of the ABC, formances. The fair itself symbolized the American which standardized rules and equipment. Brunswick promise of idealism, social mobility, and opportuni- hired Thompson as manager of its bowling depart- ty, distinctly ignoring the prominent, class, ethnic, ment and leader of its all-star team. Thompson won racial, and religious divisions of the country. Turner the Illinois state championship in 1900, and within clubs reached their apex in 1894 with 317 Turnver- four years, a primary bowling publication claimed eins and 40 000 members in the United States. In that he had „more trophies and prizes than any man the Chicago school census of 1898 German students in the world.“ He had become a professional bowler, still outnumbered Anglo Americans (490 542 to and within a decade he had gained membership in 488 683); yet Germans spent the decade defending the prestigious Illinois Athletic Club.27 attacks by the Chicago Tribune and trying to justify Others need not be as gifted as Thompson to make the inclusion of the German language in the curri- significant gains. Adam Dernbach, born in Germa- culum. Michael Schwab, the pardoned Haymarket ny, became a barber in the United States. He took defendant, and other socialists took refuge in middle up bowling and opened a saloon and restaurant in class Turner organizations. Even the Vorbote admit- Chicago, then added four bowling lanes that served ted: „It is a fact that German culture here in Chicago as headquarters for the Southwest League. By 1904 – its schools, its press, its theater – is suffering from he had become president of the West Side Alley the multiplicity of interests which bind the Germans Keepers’ Association; while German born William to the most varied societies. Can this apparently con- Kloempken headed a North Side Alley Keepers’ As- tinuously growing fragmentation be stopped, and if sociation. Similarly, Turner Alfred Buehlmann ope- so, how?“25 ned a saloon and bowling establishment soon after

Sporting Practices and the Decline of

Radicalism 24 ADELMAN, Haymarket (1986), p. 106 ff.; Schwab and Nee- be, two of the released, and Turners, were buried with the The disintegration of German culture continued others upon their deaths. 25 with the engagement of second generation offspring KIRSCH / HARRIS / NOLTE, Encyclopedia (2000), p. 182; in both American and German sport forms. The HOFMANN / PFISTER, Turnen (2004), p. 11 – 24, on 1894 German pastime of bowling, practiced largely in sa- figures. HOFMEISTER, Germans (1976), p. 11, on 1898 cen- loons, attracted Anglo participants as well. In 1891 sus. WRIGLEY, Class Politics (1982), p. 54 – 55; Report Chicago’s first commercial bowling alley opened at of the Educational Commission of the City of Chicago (1899), p. 131. TOWNSEND, Germans (1927), p. 235; Vor- the Plaza Hotel; but a German, Louis F. Ullrich, re- bote, 13.03.1895, quoted in KEIL / JENTZ, Chicago (1988), corded the first perfect score of 300 in 1899. By 1910 p. 381. 26 there were 230 such establishments throughout the TODD, Chicago (1938), p. 54; HOFMEISTER, Germans city. The American Bowling Congress (ABC) orga- (1976), p. 12; HEMMER / KENNA, Bowling (1904), p. 11 (quote). nized in 1895 with the Chicago Germans holding 27 HEMMER / KENNA, Bowling (1904), p. 12 (quote); KOGAN, prominent leadership roles. Frank Pasdeloup, an An- Brunswick (1985), p. 18 – 25; Illinois Athletic Club Maga- glo employed by the German-American Insuran- zine, 2 (1912) 2, p. 20 f.

90 Chicago Turners his Chicago arrival in 1888, and Ludwig Schindler, owned bowling alleys or billiard halls when they reti- born in Austria, promoted bowling among the Au- red from the game. Bill Lange, the son of German im- rora Turners. C.J. Schmidt, a member of the North- migrants, captained one of the Chicago teams from west Turners, had a brewery and an ice business, 1893 – 1899, and the Chicago Tribune declared him to but managed to find time to bowl with six teams be „the most popular player ever“ in the city.30 Even in at least five different leagues. Even Charles Sie- non-players found fame and fortune in baseball. Bre- bert, enmeshed in German culture as a saloon owner, wery owners Barney Dreyfuss and Chris von der Ahe, a Turner, a member of the German Sharpshooters’ both born in Germany, marked their Americanization Club and German singing society, joined the ABC by buying professional baseball teams.31 as a bowler. By the turn of the century merchants, While baseball bore the badge of Americanism, bankers, jewelers, clothiers, mechanics, and assor- Germans excelled at other distinctly New World ted others had banded together in their own bowling sport forms as well. Throughout the 1890s German- leagues to promote their firms, enhance company Americans led the football teams at some of the most pride, and defeat their commercial rivals. The bow- prestigious universities in the United States, inclu- ling leagues increased both social and business con- ding Frank Hinkey at Yale, Arthur Hillebrand at tacts in a convivial atmosphere that mixed Germans Princeton, and Clarence Herschberger at Chicago. and non-Germans in a common recreation.28 After the turn of the century German players such While bowling expanded the Germans’ social as Chicago’s Walter Steffen and the University of network, other evidence indicates a concomitant Michigan’s Adolph „Germany“ Schulz became high- decline in the previously cohesive community. By ly recruited high school athletes. The American edu- 1897 the Chicago Turngemeinde began publishing cational system with its interscholastic teams placed the program for its annual picnic in both English great emphasis on winning and offered athletic scho- and German. Moreover, second generation youth larships (free room, board, and tuition) to the phy- increasingly engaged in non-German sports in the sically gifted. Football coaches earned higher salari- schools, parks, and playgrounds that fostered Ameri- es than the professors and the University of Illinois can games as a means of assimilation.29 hired Berlin born Robert Zuppke to tutor its team. By the turn of the century German-American stars Walter Steffen turned his collegiate performances appeared on professional baseball teams, the quint- into a lucrative coaching position and a political of- essential American sport. Rube Waddell earned a sa- fice. He eventually became a superior court judge in lary as a professional ballplayer by the age of 20 in Chicago.32 The engagement of Germans in Ameri- 1897, and his one time teammate, Honus Wagner can sport diminished the adherence to German cul- (anglicized Johannes), made much more money as a ture promoted by the Turners, and even Turner clubs famous baseball star than he did as a poor coal mi- began sponsoring teams to play American games in ner. In the latter role he earned $ 3.50 per week, a far order to attract German-American youth. cry from the $ 250 per month for playing baseball. In the nascent sport of basketball an all-German By 1908 his salary reached $ 10 000 per season, the team from Buffalo, New York gained national promi- highest in the sport. Numerous German youth emu- nence. By 1900 they claimed the western New York lated his heroic performances, and hoped to follow state championship, and followed that with the nati- in his footsteps. onal title a year later. In 1904 they beat the Chicago Soon almost every major league team featured one team to win the Olympic tournament in St. Louis, or more German players. In New York, Babe Ruth be- and then turned professional.33 came the most famous of all. Chicago teams fielded Even German gymnastic clubs had moved toward numerous players of German ancestry, some of whom greater assimilation when the North American Tur- nerbund allied with the Amateur Athletic Union, the national governing body for sports in the United Sta- tes, in 1890 to standardize rules for competitions. By 28 HEMMER / KENNA, Bowling (1904), p. 24 f., 45 f., 64, 68, 1904 23 American Turner clubs, including four from 137 Chicago, participated in the distinctly American 29 Chicago Turngemeinde (1897), introduction 30 Olympic Games. A survey of Chicago Turner club MARKOE, Scribner Encyclopedia (2002), p. 465 – 469; members found that 82 % were engaged in middle PORTER, Baseball (1987), p. 173 f., 310 f., 324 (quote), 501 31 class occupations by 1900, a dramatic change from KIRSCH / HARRIS / NOLTE, Encyclopedia (2000), p. 136 32 GEMS, Football (2000), 125 f. the 44 % of the 1880s, as sporting endeavors con- 33 KIRSCH / HARRIS / NOLTE, Encyclopedia (2000), p. 79 f. tinued to neutralize the political ideology of earlier

91 GERALD GEMS

Turner groups. Unlike the Turner clubs whose mem- for business enterprise and developments [...]. One bership crossed class lines, American clubs and in- finds that muscle exercised on a punching bag or a terscholastic teams favored the wealthier classes and swinging club, or a turning pole or in a swimming private clubs maintained restrictive memberships.34 pool, is not apt to be used to bully fellow-workers Still, many Germans resisted such elitist notions. and lead to struggles against law and order.37 More than 75 000 participants joined the Labor Day Parade in Chicago in 1903, including more than During the years of curricular transition in the 2000 women and representatives from eleven Tur- schools, a German, Fred Busse, served as mayor, and ner clubs convened to resurrect a working class con- a Turner, Otto Schneider, presided over the Board of sciousness; but the four hour procession proved rela- Education. Schneider roundly criticized the public tively docile and lacked any armed militia groups. In schools’ emphasis on sports and lack of scholarship. 1905 the Industrial Workers of the World, a radical Schneider referred to American football as „the most labor group did organize in Chicago. It conducted brutal game that ever was invented.“38 He further re- strikes throughout the United States, advocated vio- monstrated that lence, and produced mayhem for capitalist employ- [...] our system of „sports“ in the high schools is ers; but did so under the direction of non-Germans. anything but education. Indeed, football and base- Most Turners had succumbed to middle class com- ball [...] have been a disease in our schools. The placency and American popular culture. The Aurora games make heroes out of a dozen boys and leave Turner Hall, the previous home of radicals and Hay- the rest of the school to occupy the seats in the am- market martyrs, became a movie theater after 1900. phitheater. The youngsters that do the playing are By 1906 the northside German beer garden and pic- taught that they are better than their fellows, and if nic grove had been transformed into an amusement they manage to beat a team from another school, as park, and by 1909 the Turner halls were obliged to they are urged to do by hook or crook, they are ex- pay taxes as entertainment centers.35 alted like demigods [...]. Rational In 1907 the remaining socialists hoped to inspire aims at the development of the weak; not the giving youth with a Haymarket commemoration celebrati- of advantage to the strong.39 on. One orator lamented: One would almost think that a century had passed, Despite the protests, the sportification of the cur- that’s how far away that black Friday in the year riculum continued and both Schneider and Mayor 1887 is from today’s generation. The descriptions of Busse lost their posts in the next election. those events sound like tidings from some bygone era to this country’s youth, their hearts don’t beat in sym- pathy, and their heads quickly forget what their ears have heard.36

A Chicago Turnfest still drew 25 000 spectators in 1909; but actual participation in the Turner clubs had declined precipitously after 1895. A mandatory 34 education law of 1897 required all children to attend WAMSLEY, Olympic Games (2004), p. 205 – 219; RIESS, Ethnic Sports (1995), p. 532 f. school, where they were increasingly exposed to the 35 KEIL / JENTZ, Chicago (1988), p. 248 – 263; KEIL, German American sports and games. The Turners also sup- Workers (1988), p. 52, 304 f. 36 ported the construction of playgrounds as congruent KEIL / JENTZ, Chicago (1988), p. 273 f. 37 with their belief in outdoor education; but trained GEMS, Sport (1994); HOFMANN, Lady Turners (2000) in- supervisors at such sites taught children to play in a dicates increased participation of females until World War particular manner conducive to social control. The I; but a steep and continual decline for males on page 389. president of the South Parks Commission stated his SUDER, Exercises (1902); City of Chicago, Proceedings (1904), p. 143, 190, 201 f., 207; PESAVENTO, Physical intent to train ethnic youth to become more docile Education (1966), p. 64, 105, on the curricular transitions workers: from gymnastics to sports. RICE, American Turners (1934); [...] we must raise the standard of living among METZNER, History (1989), p. 33, on playgrounds. KEIL, German Workers (1988), p. 296 (Foreman quote). them, and they must become more rational in their 38 Chicago Tribune, 05.11.1907, cited in HOFMEISTER, thinking and acting, to make them safe and good Germans (1976), p. 169 39 citizens. If we can do this we will make our cities Chicago Tribune, 05.11.1907, cited in HOFMEISTER, more desirable for the home-seeker, and a safe place Germans (1976), p. 170

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World War I and the Decline of German The Bolshevik Revolution in Russia inspired the Culture formation of the American Communist Party in Chi- cago following the war; but it lacked the German The Americanization of the schools was countered membership that had led radical causes a generation to some degree by a resurgence of ethnic culture, led earlier. Germans allied with other ethnic groups, such largely by German women. While male participati- as the Czechs and the Irish, in their joint opposition on in the Turner clubs dwindled, women filled the to the federal temperance law that prohibited alcoho- void, and Chicago counted 100 Frauenvereine by lic beverages in 1920. When they lost that campaign 1911. That resurrection proved short lived, however, the Germans willfully violated the law, like millions of as World War I fostered anti-German sentiments in other American citizens. The closure of saloons, whe- the United States. When Germans planned a cen- re many German barkeepers cemented their relations tennial celebration of Bismarck’s birth in 1915 the with their working class patrons, further eroded what Chicago Turngemeinde declined participation with a was left of their ethnic culture. By 1926 only 16 Tur- statement that it „adheres to its traditional point of ner clubs remained and that number dwindled to only view that those who have taken the oath of American six within a dozen years. Those that remained turned citizenship should refrain from celebrating in public to basketball rather than gymnastics to attract Ameri- any holidays or anniversaries of foreign political lea- canized youth. The German Theatre closed its doors ders, regardless of their prominence.“40 due to lack of patronage in 1928. The Arbeiter-Zei- The Catholic Church, too, opposed the radical tung led a final effort to resurrect the radical labor mo- movement, and German-American Cardinal Geor- vement through sport from 1927 – 1932. The City ge Mundelein of Chicago provided no support for of Chicago, however, denied communists the right to Germany during the war. A German born anarchist demonstrate in 1930. Chicago hosted an Internatio- failed in his attempt to poison the cardinal in 1916, nal Workers’ Olympics in 1931 and 1932, but the lat- and anti-German sentiments only escalated thereaf- ter event drew less than 2000 spectators, and the effort ter. Ethnic rivals and nativists vandalized the statues of proved fruitless. By that time German-Americans ex- German heroes in Chicago, removed German influ- celled at virtually all sports, and many succumbed to ences from the schools, prompted the Anglicization of the idealistic belief in athletic meritocracy. Not even German names, and harassed German-American ci- the Great Depression could ignite the flames of radi- tizens, many of whom lost their jobs. The U.S. Con- cal ideology that the Turners had so proudly proclai- gress passed espionage and sedition acts and censo- med and for which they had died. Through affluence, red all foreign language newspapers. Police used their assimilation, and sport the turners had been tamed.42 powers to arrest suspected anarchists or socialists, in- cluding a raid on the Arbeiter-Zeitung. An investigati- on indicted the German system of physical education and concluded that „we must have a system of Physi- cal Education planned to meet the peculiar needs of the American child taught by teachers who possess and understand the American spirit and have the ne- cessary training to secure the desired results.“ An army officer replaced Henry Suder, the Turner who had su- pervised physical education in the schools for more than 30 years.41

40 HOFMANN, Lady Turners (2000), p. 384; HOFMEISTER, Germans (1976), p. 63 (quote) 41 HOLLI, Great War (1995), p. 260 – 311; HOERDER / HAR- ZIG, Immigrant Labor Press (1987), p. 112, 389, 425; PESA- VENTO, Physical Education (1966), p. 111, 118 (quote). 42 TODD, Chicago (1938), III p. 135; Northtown Econo- mist, 3 (1928) 41, 31.10.1928, p. 1; HOERDER / HARZIG, Immigrant Labor Press (1987), p. 390; Chicago Tribune, 05.07.1930, p. 1; NAISON, Righties (1979); BAKER, Counter Olympics (1991).

93 GERALD GEMS

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95 96 Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft. Entwicklungen und Veränderungen der Turnbewegung in den USA

GERTRUD PFISTER

Ausgangspunkt dieses Beitrags ist ein Forschungs- Theoretisch ist das Projekt u.a. in Ansätzen zur projekt, das mich sicherlich noch einige Jahre be- Migration, Ethnizität und Globalisierung zu veran- schäftigen wird. Es geht um die auf den ersten Blick kern, wobei „push“- und „pull“-Effekte, d.h. Export- unbedeutenden, aber bei genauerem Hinsehen ganz und Import-Prozesse anzunehmen sind. erheblichen Unterschiede zwischen dem Sport in In diesem Beitrag werde ich mich auf die Zeit den USA und der Bewegungskultur in Europa. Die- zwischen 1880 und 1900 konzentrieren, weil in die- se Unterschiede betreffen die Systeme und Struktu- ser Periode endgültig die Weichen für den Sport und ren, die Philosophie, die Werte und Normen, die den Schulsport gestellt wurden. In den Auseinander- Aktivitäten, die „Images“, insgesamt den Sport-„Ge- setzungen über die beste Form der „Leibeserziehung“ schmack“. Dabei ist die Identifizierung von Unter- spielten neben dem Sport englischen Ursprungs die schieden und Gemeinsamkeiten nicht einfach, weil Schwedische Gymnastik und das aus Deutschland häufig ähnliche Phänomene unterschiedliche Bedeu- importierte Turnen eine zentrale Rolle. Seine Ent- tungen haben und ähnliche Bedeutungen mit unter- wicklungen und Veränderungen stehen in diesem schiedlichen Praktiken verbunden sind. Artikel im Mittelpunkt. Die Ziele, Prinzipien und Mir erscheint die Welt des Sports in den USA Praktiken des Turnens in Deutschland dienen dabei fremd. Ich kann beispielsweise die wichtige Rolle des als Folie, auf der Gemeinsamkeiten und Unterschie- Sports an Universitäten oder die unglaubliche Beliebt- de zwischen beiden Turnbewegungen aufgedeckt heit von Sportarten wie American Football oder Base- werden können. Im zweiten Teil meines Beitrags ball nicht verstehen. Dies machte mich neugierig auf geht es dann um die Frage der Integration des Tur- die Ursachen des Auseinanderdriftens der amerikani- nens in die US-Mainstreamkultur. Ließ sich das schen und europäischen Bewegungskulturen, wobei Turnen amerikanisieren? Konnten und wollten die zu bedenken ist, dass beide gemeinsame Wurzeln ha- Turner ihre immer noch als nationales Erbe emp- ben und sich immer auch gegenseitig beeinflussten. fundene Bewegungskultur zum Allgemeingut in den In meinen Projekt möchte ich die „transatlanti- USA werden lassen? In diesem Kontext werden vor schen Bewegungen“ im Bereich des Sports (im wei- allem die Chancen und Probleme der Turner analy- testen Sinn) identifizieren und analysieren. Ich will siert, als sie, nicht ohne Widerstände in ihren eige- nachvollziehen, wie Ideen, Konzepte und Praktiken nen Reihen, versuchten, die Bewegungskultur, vor ex- und importiert wurden, wie sie sich der jeweils allem die schulische Leibeserziehung,1 in ihrer neuen fremden Kultur anpassten und veränderten, wie sie Heimat zu beeinflussen. von verschiedenen Interessengruppen aufgegriffen und mit neuen Bedeutungen versehen wurden, um dann wiederum die Bewegungsaktivitäten in ihrem Turnen und Turnentwicklungen in Ursprungsland zu beeinflussen. Dabei stellen sich Deutschland u.a. die Fragen nach den Akteuren, den „Transport- wegen“ und den Transformationsprozessen. Die Turner in den USA beriefen sich wie ihre Brü- der in Deutschland in stereotyper Weise darauf, die Tradition Friedrich Ludwig Jahns fortzusetzen. Da- 1 Der Begriff „physical education“ ist nur schwer übersetzbar. bei wird leicht übersehen, dass sich Jahns Ideen und Der etwas veraltete Begriff Leibeserziehung kommt seiner Praktiken im Laufe des 19. Jahrhunderts in vieler Bedeutung noch am nächsten. Der Begriff Turnunterricht Hinsicht entscheidend veränderten. Jahn und sei- macht nur in Deutschland im Kontext der Turnbewegung ne Mitstreiter hatten das Turnen zu Beginn des 19. Sinn. 2 Vgl. zu den Anfängen der Turnbewegung in Deutschland Jahrhunderts als umfassendes Bewegungskonzept PFISTER, Fatherland (1996); PFISTER, Cultural Confrontati- mit pädagogischen und vor allem auch politischen ons (2003). Zielsetzungen entwickelt.2 Ziel der Turner war die

97 GERTRUD PFISTER

Befreiung von der französischen Besatzungsmacht, gen an Geräten, die sich viele Schulen nicht leisten die Überwindung der feudalen Ordnung und der konnten, volkstümliche Übungen, die nur im Freien partikularstaatlichen Zersplitterung zugunsten eines durchgeführt werden konnten, und Spiele, die nicht deutschen Nationalstaates. in das Konzept des „Gliederpuppenturnens“ passten, Turnen bestand aus einer großen Bandbreite ver- hatten im Schulturnen nur eine geringe Bedeutung. schiedener Übungen und Aktivitäten, Übungen an Die Richtlinien von Spieß fanden in vereinfachter Geräten, u.a. am Barren, Reck oder auch an Klet- Form auch an den wenigen Mädchenschulen, die terbäumen, „volkstümliche“ Übungen wie Laufen, den Turnunterricht eingeführt hatten, Verwendung. Springen und Werfen. Zum Übungskanon des Tur- Die Entpolitisierung und die Verschulung des Tur- nens gehörten aber auch Seilspringen, Fechten, Rin- nens veränderten Prinzipien, Inhalte und Praktiken gen usw. Eine wichtige Rolle besaßen Kriegsspie- des Turnens entscheidend. le, Turnfahrten und Turnfeste. Außerdem waren das Singen patriotischer Lieder und politische Re- den Bestandteil des Programms auf den Turnplät- Turnen und Turnvereine in den USA zen. Turnen zielte nicht auf Höchstleistungen und Rekorde, sondern auf die Ausbildung des ganzen Die Entwicklung des Turnens in den USA war ent- Körpers, die Ertüchtigung der (männlichen) Bevöl- scheidend von der Tatsache beeinflusst, dass es Teil kerung und die Vorbereitung auf kriegerische Ausei- einer Immigrantenkultur war. Eine erste Welle poli- nandersetzungen. Zu Jahns Zeit wurde Turnen nicht tisch motivierter Einwanderer aus Deutschland kam in Vereinen, sondern auf öffentlichen Turnplätzen in Folge der Restauration und der „Karlsbader Be- betrieben, zu denen jedermann (jeder Mann) Zu- schlüsse“ in den 1820er Jahren in die USA. Unter gang haben sollte. Eine Integration des Turnens in ihnen waren auch Turner, die in ihrer neuen Hei- die Schulen lehnte Jahn ab. Nach der Niederlage Na- mat drei Turnplätze in Northampton und Boston poleons und im Kontext der Restaurationspolitik der einrichteten, ohne damit allerdings langfristig Erfolg Metternich-Ära wurde Turnen als systemfeindliche zu haben. Zigtausende politischer Flüchtlinge, viele Bewegung verboten. von ihnen Mitglieder der demokratisch orientierten Erst in den 1840er Jahren erlebte das Turnen Turnbewegung, immigrierten in die USA in der Fol- einen neuen Aufschwung: Es entwickelte sich zu ei- ge des Scheiterns der Revolution von 1848/49.7 Die nem Kristallisationskern für zahlreiche Vereine, die erste Generation der „1848er“ war politisch engagiert im Vorfeld der 1848er Revolution gegründet wur- und sozialistisch und antireligiös eingestellt. Sie ver- den.3 Im Unterschied zu Friedrich Ludwig Jahn, fügte in der Regel über eine bessere Ausbildung als der sich in der Paulskirche für die Monarchie ein- Einwanderer aus anderen Ländern, die vor allem aus setzte, hatte die Mehrzahl der Turner die Demokra- wirtschaftlichen Gründen nach Amerika gekommen tie auf ihre Fahnen geschrieben. Zahlreiche Turner waren. Nicht wenige der Deutschen in den USA wa- kämpften in den Revolutionskriegen für die Einheit ren von der Überlegenheit des deutschen „Wesens“ und Freiheit Deutschlands. Nach dem Scheitern der und der deutschen Kultur überzeugt. Die Deutschen Revolution wurde die USA für viele der Freiheits- waren daher die ethnische Minderheit, die besonders kämpfer zunächst ein Refugium und dann eine neue aktiv nach Macht und politischem Einfluss strebte Heimat.4 und sich kritisch mit den Werten, politischen Orien- Bereits 1842 war das Turnen in den Unterrichts- tierungen, Gesetzen und Maßnahmen in ihrer neuen kanon der höheren Knabenschulen in Preußen auf- Heimat auseinander setzte.8 genommen worden. Die Verschulung des Turnens führte zu wesentlichen Veränderungen. So wurde das Turnen nicht nur vom politischen „Ballast“ befreit, sondern auch rationalisiert und systematisiert.5 Ei- 3 ner der bekanntesten Väter des Turnunterrichts war Vgl. KRÜGER, Leibeserziehung (2005) 4 Adolf Spieß, der die Bewegungen zergliederte und Vgl. NEUMANN, Turnbewegung (1968); HOFMANN, USA Übungen für isolierte Körperteile, das sogenannte (2001) 5 6 KLEINDIENST-CACHAY, Verschulung (1980) Gliederpuppenturnen, entwickelte. Spieß empfahl 6 Frei- und Ordnungsübungen mit oder ohne Mu- KRÜGER, Leibeserziehung (2005); Spieß nahm auch am Turnfest in Heilbronn teil, vgl. unten, S. 191 f. 7 sik nicht zuletzt deshalb, weil auf diese Weise gro- UEBERHORST, Sternenbanner (1978); HOFMANN, USA ße Klassen auch ohne Turnhallen und Turngeräte (2001) 8 bewegt und kontrolliert werden konnten. Übun- ADAMS, German-Americans (1993)

98 Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft

Wie andere Immigranten bildeten auch die Deut- which included not only track and field disciplines schen eng verbundene Gemeinden, in denen deut- but also swimming, fencing, skating, boxing, wres- scher Geschmack, deutsche Sitten und damit auch tling and shooting, games and plays.“11 das Turnen „zu Hause“ waren. Für die zahlreichen Typisch war eine Dreiteilung der Übungsstunde, Turner unter den 1848ern war Turnen nicht nur eine die mit Freiübungen anfing, dann kamen Gemein- Freizeitaktivität, sondern ein politisches Statement übungen an Geräten12 und zum Abschluss durf- und ein Teil ihrer Identität.9 Deshalb überrascht es ten die Turner sich in der Turnkür versuchen, d.h. nicht, dass sie bald Turnvereine gründeten, die ers- Übungen ihrer Wahl turnen. ten bereits 1848. 1850 wurde der Sozialistische Tur- Die volkstümlichen (leichtathletischen) Übungen nerbund von Nordamerika ins Leben gerufen. Seit und Spiele waren auch in den USA ein intrinsi- 1865 heißt der Dachverband der Turner in den Ver- scher Teil des Turnens. Allerdings war es in der al- einigten Staaten Nordamerikanischer Turnerbund ten wie in der neuen Welt in starkem Maße von den (NATB). Das Turnen entwickelte sich schnell zu ei- jeweiligen Bedingungen abhängig, welche Übungen ner starken Bewegung, die 1894 aus 317 Vereinen durchgeführt werden konnten. Auch in den Verei- mit insgesamt 40 000 Mitgliedern bestand. nigten Staaten fanden die Turnstunden überwiegend in Turnhallen statt, auf die die Turnvereine übrigens sehr stolz waren. Die Verlagerung des Turnens in die Turnen in Deutschland und in den USA Hallen führte aber dazu, dass sich Frei- und Ord- – Parallelen nungsübungen13 zu den wichtigsten Übungsformen des Turnens entwickelten.14 Ziele und Praktiken Dies- und jenseits des Atlantik entwickelte sich Turnen von einem umfassenden Konzept körperli- Die Buchbestände der noch vorhandenen Biblio- cher Übungen zu einem Programm, das sich in star- theken der „American Turners“ lassen deutlich er- kem Maße auf drillähnliche Frei- und Ordnungs- kennen, dass in den USA nach deutschem Vorbild übungen, auf Gymnastik mit Handgeräten und, in geturnt wurde.10 Als Lehrmaterialien wurden die Abhängigkeit von der Geräteausstattung, auf Übun- Werke deutscher „Turnpäpste“ benutzt, vor allem gen an Großgeräten beschränkte. von Adolf Spieß, Justus Carl Lion und Otto Hein- Die zentralen Prinzipien des Turnens veränderten rich Jaeger, der Übungen mit dem Eisenstab favori- sich in den USA nicht: Allgemeine Körperertüchti- sierte. gung an Stelle von Spezialisierung, Einbeziehung der Einen guten Einblick in die Turnpraxis liefern „Massen“, methodisches Vorgehen von leichten zu auch Beschreibungen der Turnstunden in Artikeln schwierigen Übungen, ehrenamtliche Tätigkeit und und Vorträgen. Als Übungsformen werden u.a. Bekenntnis zum Amateurideal.15 Im Einklang mit genannt: „Marching in various forms, , der Turnerideologie der Allseitigkeit, Vielfältigkeit using dumb-bells, rings etc., fancy steps and dances und Massenbeteiligung zielten Wettkämpfe nicht mainly for girls, apparatus work, popular gymnastics auf Rekorde und auf Siege in einzelnen Disziplinen, sondern auf Mindestleistungen in Mehrkämpfen, bei denen Übungen an Geräten und volkstümliche/ leichtathletische Übungen kombiniert wurden. 9 Das Selbstverständnis und die Werte, insgesamt CONZEN, Ethnicity (1989) 10 die Philosophie der Turner, wurden auf den Turnfes- HOYT, Libraries (2004) 11 Proceedings of the Conference on Physical Training 1890, ten inszeniert und präsentiert. Wie in Deutschland S. 59 waren Massengymnastik, Geräteübungen, Leicht- 12 Gemeinübungen sind Übungen, die von allen in gleicher athletik, Spiele und kulturelle Veranstaltungen auch Weise durchgeführt wurden. in den USA zentrale Bestandteile dieser Feste, die 13 Freiübungen sind Übungen ohne Geräte, Ordnungs-übun- gen exerzierähnliche Formationen. sich nicht nur an Zuschauer, sondern vor allem an 14 Siehe u.a. die Beiträge in den Proceedings der American die Turnerinnen und Turner wandten, denen sie eine Association for the Advancement of Physical Education Gelegenheit zum Vor-, Nach- und Mitmachen bo- und die Artikel in der von dieser Organisation herausgege- ten. Wichtig für die Identität der Turner und die Prä- benen Zeitschrift American Physical Education Review. sentation ihrer Bewegung nach außen waren die mit 15 Vortrag eines Mitglieds des technischen Komitees des NATB auf der Jahrestagung der Association for the Advan- den Festen verbundenen Rituale und Symbole wie cement of Physical Education, Proceedings of the Confe- der Turnfestzug, in dem mehrere Tausend Turner in rence on Physical Training 1892, S. 137 – 170. der Turntracht mit ihren Fahnen durch die Straßen

99 GERTRUD PFISTER der Turnfeststadt zogen. Die Sieger der Wettkämpfe Idealen der Turnbewegung als der Sport in Deutsch- wurden nicht mit Geldpreisen, sondern mit Krän- land, dem die national orientierten Turner seine zen aus Eichenlaub, dem Symbol für deutsche Stärke Wurzeln in England vorwarfen. und deutsche Treue, belohnt.16 In Deutschland setzten sich die Konflikte zwischen Die Turner in den USA nutzten und konstruier- Turnen und Sport, zumindest auf der Verbandsebe- ten ganz besonders auf den Turnfesten Erinnerungs- ne, bis nach dem Zweiten Weltkrieg fort, wobei die orte im Sinne Pierre Noras.17 Eines der wichtigs- Deutsche Turnerschaft allerdings in den 1920er Jah- ten Symbole – in vielen Fällen als Büste oder Statue ren durchaus sportliche Wettkämpfe, beispielsweise ein Erinnerungsort im Wortsinn – war „Turnvater im Handball, in der Leichtathletik oder im Schwim- Jahn“. Er wurde wie in Deutschland als multifunkti- men, organisierte. In den USA „versportlichte“ sich onelles Symbol eingesetzt, um die zahlreichen Wer- das Turnen eher unauffällig. Schon um die jungen te der Turner zu „verkörpern“. Erinnerungsorte wie Männer nicht zu verlieren, boten die Turnvereine in Jahnbilder und -statuen waren der Kitt, der die Tur- den Vereinigten Staaten vor dem Ersten Weltkrieg ner in der Fremde zusammenbinden konnte. zunehmend Sport, vor allem Baseball oder Basket- Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Tur- ball, an.22 ner in den USA die deutschen Turner als Vorbild für ihre Organisation und für ihre Aktivitäten von den Turnübungen bis zu den Turnfesten nutzten. Dass Turnen in den USA – Veränderungs- sie dabei sehr erfolgreich waren, bezeugen die Er- prozesse folge der amerikanischen Turner auf Turnfesten in Deutschland.18 Vereine und ihre neuen Aufgaben

Der Kampf gegen den modernen Sport In den USA entwickelten sich die Turnvereine zu kulturellen, sozialen und politischen Zentren, die Der moderne Sport britischen Ursprungs war in aufgrund der Einwanderersituation eine wesent- Deutschland und in den USA der erklärte Feind der lich wichtigere Rolle im Alltagsleben ihrer Mitglie- Turner, die sich insbesondere gegen das Rekordprin- der spielten als in Deutschland. Sie boten vielfälti- zip und seine Folgen wie Spezialisierung, Professio- ge Unterstützung, wirkten als Netzwerke und stärk- nalisierung und Kommerzialisierung wandten.19 In ten die Identität der Deutschen dadurch, dass sie die Deutschland stieß der Sport in den 1890er Jahren deutsche Sprache und Kultur pflegten.23 Die Turn- auf das Turnen als Mainstream-Kultur. In den USA hallen waren Orte, in denen kulturelle Veranstal- entsprach der Sport dagegen dem Mainstream-Ge- tungen, politische Reden und Diskussionen, Ver- schmack, während das Turnen auf die deutsche Im- sammlungen und Sitzungen, aber auch Feste und migrantengemeinde beschränkt war. In beiden Län- Feiern stattfanden. Die Bedeutung der Turnvereine dern erwies sich der Widerstand gegen den Sport für das kulturelle, soziale und politische Leben der als vergeblich, nicht zuletzt weil Sport die Denk- deutschen „Community“ spiegelt sich in der großen und Deutungsmuster der Leistungsgesellschaft ver- Zahl der Turner wider, die sich nicht aktiv am Tur- körperte und zudem dem Zeitgeist und Zeitge- nen beteiligten, sondern den Verein für andere Zwe- schmack entsprach.20 Daher konnte der Sport mit cke, von politischer Diskussion bis zur Geselligkeit, seinen Prinzipien des Wettkampfes, der Quantifizie- rung und Überbietung das Turnen in beiden Län- dern zunehmend infiltrieren. Allerdings unterschie- den sich Sportstrukturen und -praktiken in den USA in vieler Hinsicht erheblich vom Sport in Deutsch- 16 HOFMANN, USA (2001), S. 210 ff. land. In den USA waren und sind die Erziehungs- 17 PFISTER, Erinnerungsort (2002) institutionen, Schulen, Colleges und Universitäten, 18 HOFMANN, USA (2001), S. 214 ff. 19 in Deutschland die Vereine und Verbände die An- PFISTER, Biografien (2003) 20 bieter und Organisatoren des Sports. Typisch für U.a. BECKER, Sportler (2000) 21 den amerikanischen Sport sind zudem Professiona- GEMS, Football (2000); GORN / GOLDSTEIN, American sports (2004) lisierungstendenzen bereits im 19. Jahrhundert und 22 21 Siehe den Beitrag von GEMS, S.90 ff. in diesem Band. eine Überbetonung von Wettkampf und Sieg. Die 23 Vgl. CONZEN, Ethnicity (1989); vgl. auch die Beiträge in Sportideologie und -praxis in den USA widerspra- HOFMANN, Turnen (2004), und GEMS, S. 85 – 93 in chen, zumindest auf dem Papier, noch stärker den diesem Band.

100 Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft nutzten.24 Typisch für die Turnvereine in den USA Politik war, dass sie sich für die Erziehung und Unterrich- tung von Kindern und Jugendlichen einsetzten und Die 1848er waren aufgrund ihrer politischen Über- dort auch Aufgaben übernahmen, die in Deutsch- zeugung ausgewandert, sie bekannten sich zur De- land in die Verantwortlichkeit des Staates gehörten. mokratie, viele strebten nach sozialen Reformen oder Große Vereine wie beispielsweise der New Yorker sogar einer sozialistischen Gesellschaftsordnung. Im Turnverein organisierten Schulen für Kinder, in de- Unterschied zu den Turnern in den USA war die nen neben dem Turnen auch andere Fächer – vom 1868 gegründete Deutsche Turnerschaft systemkon- deutschen Elementarunterricht bis zur Buchhaltung form; sie unterstützte die militaristische und impe- – unterrichtet wurden.25 rialistische Politik des 1871 gegründeten Deutschen Auch Ausbildung und Prüfung der Turnlehrer/ Kaiserreiches.28 In den 1870er und 1880er Jahren -innen waren in den USA nicht zentralisiert und re- vertiefte sich die Kluft zwischen den politischen glementiert. Während die Deutsche Turnerschaft Überzeugungen der beiden Turnerbünde. Dies zei- ausschließlich für das Vereinsturnen und die Qua- gen u.a. die Berichte über die Beteiligung der ame- lifizierung der Übungsleiter/-innen zuständig war, rikanischen Turner am Deutschen Turnfest 1880 in richtete der Nordamerikanische Turnerbund be- Hamburg. Die amerikanischen Teilnehmer betonten reits 1866 eine Turnlehrerbildungsanstalt ein, die nachdrücklich, dass sie mit der deutschen Turnbe- des Öfteren die Stadt wechselte, aber die längste wegung nur die Turnpraxis gemeinsam hätten. Sie Zeit in Milwaukee angesiedelt war.26 Diese Anstalt warfen ihren Turnbrüdern in Deutschland vor, Fürs- war nach dem Vorbild der Turnlehrerbildungsan- tenknechte zu sein und die militaristische Politik des stalt in Dresden eingerichtet, die Unterrichtsspra- deutschen Reiches zu unterstützen.29 che war deutsch, und das bedeutete, dass dort nur Im Gegensatz zur Deutschen Turnerschaft, die die deutschen Immigranten und ihre Nachkommen sich trotz ihrer nationalistischen Ausrichtung als un- ausgebildet wurden. Die Absolventen dieser Schule politisch verstand, definierte sich der Nordameri- arbeiteten in Vereinen, aber auch in Schulen.27 Die kanische Turnerbund als politische Bewegung. Die Turnlehrer waren eine wichtige „Pressure Group“ amerikanischen Turner nahmen zu zahlreichen po- für die Verbreitung des Turnens in der amerikani- litischen Themen von der Abstinenzfrage bis zur schen Gesellschaft. Schulreform Stellung, wobei sie, wie schon erwähnt, freiheitliche und fortschrittliche Positionen vertra- ten.30 Allerdings verlor die sozialistische Orientie- rung des Nordamerikanischen Turnerbunds zuneh- mend an Bedeutung, und die Zahl der Mitglieder, die sich politisch engagierten, nahm kontinuierlich ab. Zwar wurden auch nach der Jahrhundertwende 24 Vgl. HOFMANN, USA (2001); vgl. zu den Turnvereinen in soziale Reformen u.a. in der Amerikanischen Turn- den USA die Beiträge in NAUL, Turnen (1991) und zeitung propagiert, für die Realisierung der Ideen HOFMANN, Turnen (2004). 25 Amerikanische Turnzeitung vom 15.02.1885 und Forderungen setzte sich aber kaum noch je- 26 31 GROSSBRÖHMER, German influences (1991); vgl. auch mand aktiv ein. LEONARD, Pioneers (1922); Amerikanische Turnzeitung vom 05.07.1885 und 17.05.1885. 1878 wurden die ersten Die Rolle der Frauen Frauen an dieser Schule ausgebildet. 27 GROSSBRÖHMER, German influences (1991), S. 110. Die Turnlehrerbildungsanstalt des Nordamerikanischen Nicht zuletzt aufgrund ihrer Lebensbedingungen Turnerbundes bot Unterricht in verschiedenen Formen der waren Immigrantinnen in den USA in vieler Hin- Gymnastik, Schwimmen, Fechten und Singen an. Im Mit- sicht aktiver als ihre Schwestern in der alten Heimat. telpunkt standen die praktischen Übungen, dazu kamen Dies gilt auch für das Turnen. In Amerika konn- 1 ½ bis 2 Stunden Anatomie und Physiologie, Pädagogik, Deutsch und eine Stunde Geschichte. Nicht zuletzt um auf ten sich Frauen seit den 1870er Jahren und damit dem wachsenden Markt konkurrenzfähig zu bleiben, wurde etwa zehn Jahre früher am Turnen beteiligen als in der Unterrichtskanon nach der Jahrhundertwende erweitert Deutschland, und 1910 stellten Frauen die Mehrheit um Literatur, Chemie und Psychologie. unter den aktiv Turnenden.32 Zur gleichen Zeit be- 28 KRÜGER, Körperkultur (1996), passim. 29 trug der Frauenanteil in der Deutschen Turnerschaft HOFMANN, USA (2001), S. 219 ff. 30 dagegen weniger als 10 %. WAGNER, Tradition (1988) 31 HOFMANN, USA (2001), S. 194 Seit den 1870er Jahren waren Frauen in Amerika 32 PFISTER / HOFMANN, Female Turners (2004) gern gesehene Mitwirkende an Turnfesten, während

101 GERTRUD PFISTER in Deutschland die Beteiligung von Turnerinnen an gerkrieg hatten die Turner ihre Loyalität gegenüber Turnfesten bis zum Ersten Weltkrieg nur beschränkt Amerika unter Beweis gestellt. Fast alle kriegstaugli- möglich war. Gemeinsam war den Frauen in der chen Turner hatten sich am Krieg beteiligt, die große Turnbewegung diesseits und jenseits des Atlantik, Mehrheit auf der Seite der Union. dass sie in den Vereinen nur Pflichten, aber keine Was die Verbreitung des Turnens in der amerika- Rechte hatten. Die Deutsche Turnerschaft gewähr- nischen Gesellschaft angeht, war die Einstellung der te den Turnerinnen nach dem Ersten Weltkrieg die Turner in den USA ambivalent. Auf der einen Sei- vollen Mitgliederrechte, in den USA gab es dagegen te waren sie überzeugt, dass ihr System den anderen bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg Vereine, in de- Bewegungskonzepten überlegen war, und sie wollten nen Frauen zwar turnen, aber nicht Mitglieder wer- die Vorzüge des Turnens auch ihren Mitbürgern/-in- den konnten. nen zugutekommen lassen. Außerdem hätte die Ver- Diese Haltung erstaunt, wenn man die sozialisti- breitung des Turnens den Status und den Einfluss der sche Orientierung der amerikanischen Turner, ihren Turner und damit auch der Deutschen generell ver- Kampf für die Rechte aller Menschen und ihre grund- bessert. Auf der anderen Seite bedrohte das „Main- sätzlichen Diskussionen über die politischen Rechte streaming“ des Turnens die Rolle des Turnvereins als der Frau in Betracht zieht. Zumindest teilweise kann „cradle of ethnicity“. Lange und intensive Debatten die Verweigerung der Mitgliederrechte damit erklärt zum Thema „mainstreaming“ spiegeln diesen Inter- werden, dass es zahlreiche mit den Turnvereinen ver- essenkonflikt wider.36 bundene Frauenvereinigungen, die „women’s auxilia- Bereits 1885 wurde in der Amerikanischen Turn- ries“, gab. Diese Vereine unterstützten ihren Turnver- zeitung ein „Essay-Wettbewerb“ ausgeschrieben. Die ein bei Festen und Veranstaltungen oder auch durch Preisfrage war: „Warum wollen wir das Deutsche finanzielle Zuwendungen, waren aber formal selb- Turnen zu einer Angelegenheit des Amerikanischen ständig. „Women´s auxiliaries“ waren in zahlreichen Volkes machen?“37 Sieger wurde Carl Betz,38 der u.a. Immigrantengruppen aktiv. Ihre Aktivitäten in einer vorschlug, im Turnunterricht an den Schulen die Hilfsorganisation entsprachen den traditionellen Ge- englische Sprache zu verwenden. Er war überzeugt, schlechterrollen und dem Konzept der Geschlechter- dass das Turnen die amerikanischen Kinder zu besse- segregation, das in den USA auch in anderen Bereichen, ren Bürgern erziehe. Diese würden dann später mit beispielsweise in den Colleges, verbreitet war. Einerseits Hilfe ihrer Wahlstimmen soziale und politische Re- ermöglichten die „auxiliaries“ den Frauen Selbständig- formen vorantreiben und so die progressiven Ziele keit und Eigenverantwortung, andererseits hielten sie der Turner fördern.39 Diese Forderung stimmte mit ihre Mitglieder aber davon ab, nach Macht und Ein- den Absichten der Führung des Nordamerikanischen fluss in den Turnvereinen zu streben.33 Turnerbunds überein, Turnen in die Curricula der öffentlichen Schulen zu integrieren.40 In der Ameri- Die Turner und die amerikanische Gesellschaft kanischen Turnzeitung der 1880er und 1890er Jahre wurden zahlreiche und vielfältige Argumente für den Zahlreiche 1848er waren vom Land der unbegrenz- ten Möglichkeiten enttäuscht; zu groß war die Dis- krepanz zwischen den Idealen einer freien und gleichen Gesellschaft und der Realität der kapitalisti- schen Wirtschaft. Sie hielten es für ihre Aufgabe, für 33 34 PFISTER / HOFMANN, Female Turners (2004) Veränderungen und Reformen zu kämpfen. Dies 34 WAGNER, Tradition (1988); ADAMS, German-Americans bedeutete in der Regel aber keine grundsätzliche Ab- (1993) lehnung der Werte und Strukturen in den USA. Die 35 Proceedings of the Conference on Physical Training 1887, Deutschen in den USA waren sich nämlich wohl be- S. 30 36 wusst, dass sie im Vergleich zu Deutschland in einem Dies zeigen zahlreiche Artikel in der Amerikanischen Turn- zeitung. freien Land lebten. „In these Turner halls thousands 37 Amerikanische Turnzeitung vom 15.11.1885 of Germans were converted into good American cit- 38 Betz hatte den Turnunterricht an den Schulen in Kansas izens, for soon they discovered that this was a free City eingeführt. country which had been their ideal“, meinte der 39 Amerikanische Turnzeitung vom 19.07.1885 40 Präsident des Nordamerikanischen Turnerbunds auf Ein weiteres Argument war, dass man die deutsche Kultur der Konferenz der „American Association for the und Erziehung auch jenseits der deutschen „community“ 35 verbreiten und damit andere Bevölkerungsgruppen „beglü- Advancement of Physical Education“ 1887. Dies cken“ wollte. Damit könnten die Deutschen „Lorbeeren“ war nicht nur ein Lippenbekenntnis. Bereits im Bür- ernten; vgl. Amerikanische Turnzeitung vom 04.07.1886.

102 Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft

Wert des Turnens und die Notwendigkeit eines obli- Mit Hinweisen auf den Nativismus der Anglo- gatorischen Turnunterrichts vorgebracht.41 Amerikaner und ihr fehlendes Interesse an der deut- Der Aufsatz von Betz und die Initiativen des Nord- schen Kultur wurde zudem bezweifelt, dass das Tur- amerikanischen Turnerbunds entzündeten Diskussi- nen außerhalb der deutschen „communities“ Fuß onen über die „Sprachenfrage“, die an Intensität zu- fassen könnte: „The Americans have little sympathy nahmen, als der Turnerbund auf dem Turntag in for the German system of gymnastics, on the one Boston 1886 beschloss, die Vereine aufzufordern, hand, because this system is a German one. On the in den Turnhallen Englisch zu sprechen, zumindest other hand, German Turnen which demands disci- wenn englischsprechende Besucher anwesend wa- pline and endurance does not fit to American men- ren. Dabei dachte der Nordamerikanische Turner- tality.“44 bund vor allem an Angehörige der Schulbehörden Trotz der Opposition gegen die „Amerikanisie- und Lehrkräfte, die verstehen sollten, was im Turn- rung“ des Turnens startete der Nordamerikanische unterricht vorging. Mit der Zulassung von Englisch Turnerbund eine Kampagne, die den amerikanischen als Sprache der Turner verband sich auch die Hoff- Lehrkräften und der Öffentlichkeit die Vorteile und nung, die Mitgliederzahl zu erhöhen und vor allem die Verdienste des deutschen Turnens nahe bringen auch die zweite und dritte Generation der deutschen sollte. Dies war auch deshalb nicht einfach, weil Tur- Immigranten, für die Englisch zunehmend zur Mut- nen als Teil der deutschen Kultur vor 1885 nur we- tersprache wurde, in den Vereinen zu halten. Da- nigen Anglo-Amerikanern überhaupt bekannt war.45 gegen wurde vorgebracht, dass die deutsche Sprache Die „going mainstream“ Politik des Turnerbunds gefährdet sei und dass ihr Gebrauch zumindest in schloss die Entsendung von Delegationen zu Tagun- der Turnhalle ihr Überleben sichern sollte.42 Eini- gen der Association for the Advancement of Physical ge der an dieser Debatte Beteiligten forderten sogar, Education, Vorführungen auf der Weltausstellung in dass man der deutschen Sprache mehr Geltung im Chicago 1893 oder auch Veröffentlichungen in eng- amerikanischen Schulsystem verschaffen müsse. lischer Sprache ein.46 Ein ganz anderes Argument in der Diskussion Dies sind nur einige Indikatoren dafür, dass den über die Amerikanisierung des Turnens bezog sich Turnern vor der Jahrhundertwende die Balance von auf die Widersprüche zwischen der politischen Aus- deutscher Herkunft und Amerikanisierung immer richtung der Turner und den Werten und Orientie- besser gelang und dass sie zunehmend eine deutsch- rungen der amerikanischen Gesellschaft. Wie wür- amerikanische Identität entwickelten.47 den die Schulbehörden reagieren auf die antireligiöse Nach der Jahrhundertwende verringerte sich die Einstellung der Turner, auf ihren Kampf gegen die Identifizierung der Turner mit Deutschland, und Abstinenz-Bewegung und ihr Streben nach sozia- auch das Turnen passte sich immer mehr dem ame- len Reformen?43 Die politischen Überzeugungen der rikanischen Geschmack an, wie in einem Bericht an Turner schienen sich einer Integration des Turnens die Deutsche Turnerschaft beklagt wurde: „Here the in die öffentlichen Schulen in den Weg zu stellen. German gymnastic has been reduced to American sport and is practiced as such. The true spirit of gym- nastics has been lost.“48 Bei der Interpretation dieses Statements sollte man nicht vergessen, dass der Sport auch in Deutsch- 41 Beispielsweise in der Amerikanischen Turnzeitung vom land zunehmend an Boden gewann. Ein deutliches 07.03.1886. 42 Der NATB forderte seine Mitglieder auf, der German Zeichen für die „Versportlichung“ des Turnens sind American School Association (1885) beizutreten, die sich die „Sportwettkämpfe“ auf dem Deutschen Turnfest für eine Förderung der deutschen Sprache und Kultur ein- 1923 in München. Allerdings wurde in Deutschland setzte; Amerikanische Turnzeitung vom 06.09.1885. der „Kampf der Systeme“ – oder besser: der Verbän- 43 Amerikanische Turnzeitung vom 21.02.1886 44 de – erst nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig be- Amerikanische Turnzeitung vom 08.11.1885 49 45 Edward Hartwell, der 1885 einen Bericht über das körper- endet. liche Training an amerikanischen Colleges verfasste, lernte Turnen erst während eines Besuches in Deutschland ken- nen; PARK, Hartwell (1987); Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, 32; LEONARD, Pioneers (1922). 46 LEONARD, Pioneers (1922) 47 WELCH / LERCH, History (1996), S. 95 48 Zit. in GROSSBRÖHMER, German influences (1991), S. 117 49 PEIFFER, Turnerschaft (1976); NEUMANN, Turnfeste (1985)

103 GERTRUD PFISTER

Die Turnbewegung, die Leibeserziehung Beispiel ist Carl Betz, der eine Anstellung als „Di- und der „Kampf der Systeme“ rektor der körperlichen Ertüchtigung“ in Kansas City erhielt.56 Er vermittelte die Übungen der Wo- che am Sonntag den Direktoren der verschiedenen Der Einsatz für den Turnunterricht Schulen, diese „drillten“ ihre Lehrer am Montag, die wiederum die Übungen am Dienstag an ihre As- An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gab es sistenten weitergaben. Jeden Tag, pünktlich um 10 in den USA keine generellen Richtlinien und Vor- Uhr, schlugen die Direktoren einen Gong als Sig- schriften für die verschiedenen Schulfächer und auch nal zum Beginn der Übungen. So führten die Kin- keine Regeln und Leitfäden für die Leibeserziehung, der an allen Schulen zur gleicher Zeit die gleichen die nur wenig verbreitet war. 1884 wurden beispiels- Übungen durch.57 Dieser Bericht macht deutlich, weise nur 1 % der Schüler/-innen an öffentlichen dass sich das Turnen an den Schulen im wesentli- Schulen in den USA in irgendeiner Form der Leibes- chen auf Frei- und Ordnungsübungen beschränkte. erziehung unterrichtet.50 Dies wurde nicht nur von Die Leibeserziehung fand zunächst ausschließlich in den Turnern als großes Problem betrachtet, nicht zu- den Klassenzimmern statt. Es wurde allerdings emp- letzt, weil in einer Zeit der Industrialisierung und fohlen, Handgeräte wie Stäbe, Keulen oder Reifen Urbanisierung die Gesundheit der Kinder und Ju- anzuschaffen und, wenn möglich, auch volkstümli- gendlichen und damit die Zukunft der Gesellschaft che/leichtathletische Übungen und Geräteturnen zu bedroht schienen. Zudem waren die Ärzte und Pä- betreiben.58 dagogen der Zeit überzeugt, dass körperliches Trai- Ziele, Inhalte und Methoden der Leibeserziehung ning große Auswirkungen auf die geistige Entwick- waren Gegenstand zahlreicher Diskussionen, an de- lung, vor allem aber auch auf die Charakterbildung nen sich neben den Experten vor allem die Anhän- habe. Daher richteten Colleges und Universitäten in ger verschiedener Bewegungskonzepte, u.a. auch die zunehmender Zahl Departments für „Körperertüch- Turner, beteiligten. Mit ihren Versuchen, ihr System tigung“ ein, die häufig von Ärzten geleitet wurden.51 in den Schulen zu etablieren, begaben sich die Tur- Dies gilt auch für einige der Frauencolleges. Die ner auf ein umkämpftes Gebiet. Sie wurden in die Universitäten fühlten sich verantwortlich für die Ge- US-weiten Auseinandersetzungen involviert, in de- sundheit ihrer Studierenden, sie übernahmen gleich- nen es um die Frage ging, wie Körper (und Geist) sam an Stelle der Eltern die Erzieherrolle ihrer auf der amerikanischen Kinder und Jugendlichen ausge- dem Campus lebenden Studenten und Studentin- nen. Auch Stadtverwaltungen und Schulbehörden begannen, Leibeserziehung in den Stundenplan der Schulen aufzunehmen. Die Turner waren von der Bedeutung der Erzie- 50 hung in und durch das Turnen überzeugt und setzten Proceedings of the Conference on Physical Training 1887, S. 10 sich daher für die Integration der Leibeserziehung in 51 PARK, Physiologists (1987), S. 50 die Schulen ein. So unterstützten sie beispielsweise 52 Die ersten wirksamen Gesetze wurden in den 1890er Jah- in den 1890er Jahren die Verabschiedung von Geset- ren erlassen; WELCH / LERCH, History (1996), S. 103; VAN zen, die die Einführung von Leibeserziehung in öf- DALEN, World History (1971), S. 405. 53 52 CAZERS / MILLER, German (2000) fentlichen Schulen vorschrieben. 54 Turnvereine wandten sich mit ihren Forderungen Vgl. die Biographie von PARK, Hartwell (1987), S. 108. Hartwell war Arzt und Biologe; von 1891 bis 1892 und aber auch direkt an Schulbehörden und an Stadtver- von 1895 bis 1899 war er Präsident der Association for the 53 waltungen. Chicago war eine der relativ zahlrei- Advancement of Physical Education. chen Städte, die Turnen an den öffentlichen Schu- 55 Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, S. 32 len einführten und den Turnunterricht bereits in den 56 LEONARD, Pioneers (1922) 1880er Jahren verpflichtend machten. Nach Edward 57 LEONARD, Pioneers (1922), S. 117; vgl. Amerikanische Hartwell, „one of the forefathers of Physical Educa- Turnzeitung vom 28.10.1885 54 tion in the United States“ , war das Turnen ein Er- 58 Karl Zapp arbeitete als Turnlehrer in Cleveland. Auch folg. „It worked admirably, and to the satisfaction of er berichtete, dass der Drill eine wichtige Rolle spielte. the board, the teachers, and the pupils alike.“55 Geräteturnen hing vom Vorhandensein einer Halle ab. Bisweilen ging die Initiative aber auch von ein- Zum Turnunterricht der Jungen gehörten auch Laufen und Spiele, Mädchen wurden dagegen in Ordnungsübungen zelnen Turnlehrkräften aus, die die Schulbehörden und Gymnastik unterrichtet, vgl. Proceedings of the Con- ansprachen und ihr Konzept vorstellten. Ein gutes ference on Physical Training 1890, S. 59.

104 Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft bildet werden sollten.59 An diesen Diskussionen be- Sport oder „gymnastics“ teiligten sich verschiedene Personen und Gruppen, die alle ihr „System“ als legitimes und möglichst Aus europäischer Perspektive ist zu fragen, warum als einziges Konzept der Leibeserziehung etablieren der moderne Sport englischer Provenienz nicht in wollten. den Unterricht integriert wurde, zumal vor allem die Sportspiele an Schulen und Universitäten in der Die Rolle der „American Association for the Freizeit gespielt wurden. Schüler und Studenten hat- Advancement of Physical Education“ ten bereits vor der Jahrhundertwende begonnen, Turniere und Wettkämpfe zwischen den Universitä- Kampfplatz, aber gleichzeitig Gerichtshof im „battle ten vor allem im American Football zu organisieren. of the systems“ war die American Association for the Der College-Sport entwickelte sich schnell zum „big Advancement of Physical Education, die 1885 von an- business“, erhielt aber auch eine große Bedeutung als erkannten, auf dem Gebiet der Leibeserziehung tä- Prestigeobjekt und als Identifikationsanker der Er- tigen Experten, vor allem von Ärzten und Lehrkräf- ziehungseinrichtungen.63 ten, gegründet wurde.60 Frauen, vor allem „Physical Die Leibeserziehung war deutlich ein Nachzüg- Educators“ an Frauencolleges, spielten eine wichtige ler an Colleges und Universitäten und schloss Sport/ Rolle in dieser Organisation und beteiligten sich von Athletics nicht ein, im Gegenteil: Es entstanden viel- Anfang an den Diskussionen und Aktivitäten.61 Ziele fache Spannungen zwischen den beiden Bewegungs- der Association for the Advancement of Physical Edu- kulturen. Dies ist nicht zuletzt deshalb erstaunlich, cation waren nach den Statuten „to awaken a wider weil die im Kontext des Sports geäußerten Ansprü- and more intelligent interest in Physical Education; che, Hoffnungen und Versprechungen nicht we- to acquire and disseminate knowledge concerning it; sentlich anders waren als die an die Leibeserziehung and to labour for the improvement and extension of gerichteten Erwartungen. gymnastics, games, and athletic pastimes in the edu- Einer der Gründe für die getrennten Entwicklun- cation of children and youth.“62 gen von Leibeserziehung und Sport könnte die häu- Die Association for the Advancement of Physical fig als übertrieben bezeichnete Bedeutung des Wett- Education verstand sich als unverzichtbare Vertre- kampfes und des Siegens sein, die sich vor allem in tung und legitime „pressure group“ der Leibeser- den Spielen und besonders im American Football ziehung, und auf ihren Sitzungen und Konferenzen durchgesetzt hatte.64 Das Motto „Sieg um jeden wurden die Weichen für die Entwicklung der kör- Preis“ ließ sich nur schwer oder gar nicht mit pä- perlichen Ertüchtigung und Erziehung der Kinder dagogischen Zielen und Werten der Leibeserzieher und Jugendlichen gestellt. vereinbaren. Es war offensichtlich, dass die Studenten Sport und Spiele bei weitem der Leibeserziehung mit ih- rem Schwerpunkt auf der Gymnastik vorzogen. Aber gerade die Tatsache, dass Sport Spaß macht, er- schwerte die Legitimierung und Integration in das Curriculum von Schulen und Colleges. Die Mehrheit der Mitglieder der Association for 59 Siehe vor allem die Proceedings der Tagungen der Associa- the Advancement of Physical Education war jedenfalls tion for the Advancement of Physical Education, aber auch davon überzeugt, dass Gymnastik eine harmonische die Beiträge in der American Physical Education Review. 60 Diese Vereinigung veränderte ihren Namen mehrmals. Sie- Entwicklung von Körper und Geist garantiere, wäh- he zur Gründung und Entwicklung PARK, Physiologists rend Athletik Einseitigkeit und Spezialisierung för- (1987). dere. Vor der Jahrhundertwende schien eine Verbin- 61 Zu den Zielen und Mitgliedern siehe FERGUSON, Division dung von Athletik und Gymnastik unmöglich zu (1965) 62 sein. „There is a sharp and clear distinction to be Nach den überarbeiteten Statuten von 1895, zit. in PARK, Physiologists (1987), S. 29 drawn between athletics and gymnastics […]; this 63 GEMS, Windy city (1997) distinction was made in the Grecian period, athletics 64 GEMS, Football (2000) implying even then a contest […] while gymnastics 65 PARK, Education (1976), S. 353. 1903 wurde auf einem meant more practically discipline or drill.“65 Symposium erneut über die „Systeme“ diskutiert, wobei sich aber ein Konsens in Richtung einer neuen Leibeserzie- hung abzeichnete, vgl. die Beiträge in der American Physi- cal Education Review 1903.

105 GERTRUD PFISTER

Die Suche nach der „richtigen“ Gymnastik land unternommen hatte, einen – auch aus heutiger Sicht – hervorragenden Überblick über das Turnen Mit der Entscheidung, Gymnastik in der Leibeser- von der Zeit Jahns bis in die 1880er Jahre. „I hold ziehung einzusetzen, waren die Auseinandersetzun- that the best trained body of gymnastic teachers in gen nicht beendet, weil verschiedene Gymnastiksys- this country, […] are those trained and maintained teme miteinander konkurrierten. by the Turnerbund“.71 Allerdings stellte er auch fest, Der Kampf der Systeme wurde dadurch begüns- dass das „German system“ ohne gut ausgestattete tigt, dass die Sportlehrerausbildung nicht wie in Turnhallen nicht vollständig umgesetzt werden kön- Deutschland staatlich geregelt, sondern privaten In- ne. Die Ausführungen Hartwells und die anschlie- itiativen und Unternehmern überlassen war. Daher ßende Diskussion machen deutlich, dass Prinzipien kämpften die verschiedenen „Experten“ und die mit und Inhalte des Turnens den anwesenden Experten ihnen verbündeten Interessengruppen nicht nur um völlig unbekannt waren. Ideen, sondern auch um Prestige und finanziellen Trotz der Informationen und positiven Beurtei- Gewinn.66 lung von Hartwell erhoben sich kritische Stimmen. Der Association for the Advancement of Physical William T. Harris, der „commissioner of educati- Education wurde dabei die Rolle als Schiedsrichter on“, vertrat die Ansicht, dass Turnen zielgerichtet zugewiesen in den Auseinandersetzungen zwischen die Schulung von Muskulatur und die Willensstär- militärischem Drill, Schwedischer Gymnastik, Tur- ke anstrebe und daher der Kreativität und Vitalität nen und anderen „Systemen“, u.a. dem Konzept von abträglich sei. Ein anderer Redner hielt das Turnen Dudley Sargent, der ein individuell ausgerichtetes für allzu künstlich und zu sehr auf Hochleistung aus- Krafttraining mit von ihm selbst entwickelten Gerä- gerichtet. Mehrere Diskutanten warfen dem Tur- ten empfahl. Die Diskussionen auf zahlreichen Tref- nen vor, nicht dem amerikanischen Geschmack zu fen und Konferenzen, aber auch in den Veröffent- entsprechen. „But our American needs are pecu- lichungen kreisten um die Vor- und Nachteile der liar“, meinte beispielsweise Dr. Jay W. Seaver von verschiedenen Ideen und Praktiken. der Universität Yale. „We do not like to be ordered Die intensivste Debatte über das körperliche Trai- around to do anything. I believe it is contrary to ning mit allen Experten, den Anhängern der ver- American spirit and custom.“72 Er wurde von Wil- schiedenen Systeme und vor einer Kulisse von 2000 liam G. Anderson unterstützt, der davon überzeugt Zuhörern fand 1889 während einer Konferenz in war, dass weder das deutsche noch das schwedische Boston statt.67 Diese Tagung wurde von Mary He- System dem amerikanischen Volk angemessen seien: menway, einer reichen und philanthropisch orien- „We have ideas of our own; and it is not often that tierten Dame aus Boston, organisiert, die damit der methods of other countries suit us, unless they are von ihr favorisierten Schwedischen Gymnastik zum modified.“ Er schlug vor, ein neues und eklektisches Durchbruch verhelfen wollte.68 System zu entwickeln, das die besten Ideen der vor- Einer der Hauptredner der Tagung war Heinrich handenen Konzepte vereinigen sollte. Metzner, der Leiter der Schule des New Yorker Turn- Im Anschluss an die Turner kamen die Anhänger vereins. Er ging zunächst auf den Zweck körperlicher der Schwedischen Gymnastik zum Zuge, auf deren Übungen ein, nämlich auf die Ausbildung der kör- Beiträge hier nicht eingegangen werden kann. perlichen Fähigkeiten und damit die Verbesserung von Gesundheit und Kraft, aber auch die Förderung von Mut, Selbstvertrauen und Freude.69 Er beton- te den wissenschaftlichen Hintergrund des Turnens und die langjährigen Erfahrungen mit diesem Kon- 66 zept. Als besondere Vorteile des Turnens zählte er die Vgl. u.a. WESTON, Physical Education (1962); ZEIGLER, Prinzipien auf, die in diesem Beitrag schon mehrfach History (1979) 67 Proceedings of the Conference on Physical Training 1889 genannt wurden, nämlich die Vielfalt der Übungen, 68 SPEARS, Amy Morris Homans (1986) das Training des ganzen Körpers oder auch das me- 69 Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, thodische Vorgehen vom Leichten zum Schweren. Er S. 23 beendete seinen Vortrag mit der Forderung nach ei- 70 Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, S. 27 nem „fair trial of the German system“ und „cautious 71 observation and study, uninfluenced by prejudge- Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, 70 S. 32 ment or prejudice“. In der folgenden Diskussion 72 Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, gab Hartwell, der eine Studienfahrt nach Deutsch- S. 54

106 Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft

Hartwell beschloss die Konferenz mit der Aufforde- de Turnen im „battle of the systems“ überwiegend rung, beide Systeme, das deutsche und das schwedi- mit Geräteturnen, Drill und „Calisthenics“ identi- sche, sorgfältig zu prüfen, „to get the best elements fiziert. Dies hatte durchaus eine gewisse Berechti- for a system that fit our case“.73 Er meinte aber auch, gung, schienen doch die leichtathletischen Übungen dass weitere Konzepte und Ideen, insbesondere auch und Spiele an Bedeutung verloren, die Übungen in die amerikanischen Sportspiele berücksichtigt wer- den Turnhallen dagegen an Wichtigkeit gewonnen den sollten. zu haben. Das Image des Turnens basierte vor allem Trotz der positiven Urteile und trotz der Ein- auf den Geräteübungen, die unter den Jugendlichen führung des Turnunterrichts in den Schulen eini- als anstrengend und langweilig galten und nicht sehr ger amerikanischer Städte hatte das Turnen nie eine populär waren. Auch in den Vereinen nahm die Zahl wirkliche Chance, eine „Mainstream-Bewegung“ zu der aktiven Turner um die Jahrhundertwende ab, werden. was Diskussionen darüber provozierte, ob und in- wieweit die amerikanischen Sportspiele in den Turn- betrieb integriert werden sollten.76 Chancen und Probleme des Turnens Turnen als Konzept der schulischen Leibeserzie- hung hätte aber auch bedeutet, eine „unamerikani- Warum wurde das Angebot der Turner, ihr seit lan- sche“ Bewegungskultur zu übernehmen, die zudem gem bewährtes Bewegungskonzept zu verbreiten und aufgrund der politischen und ideologischen Orien- allgemein zugänglich zu machen, nicht positiv aufge- tierungen der Turner verdächtig war.77 Turnen war nommen? Turnen basierte auf einem klar geglieder- in der deutschen Kultur verwurzelt, und dass viele ten und logisch aufgebauten System von Übungen, Deutsche sich weigerten, sich von ihr loszusagen, klaren methodischen Vorgehensweisen und hatte un- machte sie und ihre Aktivitäten besonders verdäch- zweifelbar positive Effekte. Hartwell, der 1885 ver- tig.78 schiedene Turnvereine in Deutschland besucht hatte, Turnen war deutsch und damit fremd. WOOD meinte: „The Prussian system is the most highly de- und CASSIDY brachten die Sache 1930 auf den Punkt: veloped and best organised of the kind, and is there- „Physical education should be [...] suited to the na- fore, more worthy than any other of close study on tionality and the demands of the environment. To the part of those who desire to check the present ten- take a system of exercises fitted to the needs of the dency to brain forcing in the education of American Swedish, Danish, or German nation and use it with- youth“.74 out change in the United States is a mistake.“79 Turnen versprach aber nicht nur positive Auswir- Nach der Jahrhundertwende verbreiteten sich kungen auf den Körper, sondern auch Charakterbil- neue Erziehungsideen, es entwickelte sich die „New dung und Verbesserung der Wehrfähigkeit, und dies Physical Education“ mit einem Paradigmenwechsel war eines der wichtigsten Anliegen der amerikani- von der Fokussierung auf die Übungen zur Konzen- schen Erziehung nach dem Bürgerkrieg, in dem sich tration auf die Bedürfnisse der Kinder. Hartwell, der viele Soldaten als untauglich erwiesen hatten.75 beste Experte für das Deutsche Turnen in den USA, Außerdem erfüllte das Turnen die Forderung der hatte bereits 1889 den Weg der Leibeserziehung pro- Association for the Advancement of Physical Education phetisch vorausgesehen: „A careful study of the Ger- nach „educational athletics“, denn athletische Übun- man and Swedish systems […] will be found an in- gen und Spiele ohne Rekordorientierung waren ge- dispensable preliminary step for those who propose nuine Bestandteile des Turnens. Allerdings wur- to organise a natural, rational, safe and effective sys- tem of American physical education.“80

73 Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, S. 131 74 Zit. in HOFMANN, USA (2001), S. 211 75 CAZERS / MILLER, German (2000) 76 HOFMANN, USA (2001), S. 209 77 Amerikanische Turnzeitung vom 18.07.1886 78 HOFMANN, USA (2001), S. 176 79 Zit. n. CAZERS / MILLER, German (2000) 80 Proceedings of the Conference on Physical Training 1889, S. 22

107 GERTRUD PFISTER

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108 Deutsches Turnen und die amerikanische Gesellschaft

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109 Reprint: Fest-Album zur Erinnerung an das Turnfest zu Heilbronn, den 1. bis 4. August 1846. Aus Auftrag der Turngemeinde zu Heilbronn herausgegeben von Rudolf Flaigg

110

Ausgewählte Quellen und Materialien zum Heilbronner Turnfest 1846

1 Bericht der Kreisregierung in Ludwigsburg vom 10. Juli 18461

Betreffend: das bevorstehende Turnfest in Diß dürfte für das Oberamt um so mehr Grund Heilbronn abgeben, die Festordner nachdrüklich dafür verant- wortlich zu machen, daß bei dem Turnfeste politi- In dem anliegenden Berichte zeigt das Oberamt Heil- sche Gegenstände jeder Art nicht in Anregung ge- bronn unterm 8./10. des Monats an, dass das bevor- bracht werden. stehende Turnfest in der Stadt Heilbronn dem Verneh- Indem wir den Bericht des Oberamts Heilbronn men nach auch mehrere Mitglieder der Opposition zur Kenntnißnahme ehrerbietig vorlegen haben wir der Badischen Abgeordneten-Kammer, insbesonde- noch anzufügen, daß wir vorerst unterlassen haben, re Izstein, Hecker und Baßermann besuchen werden, die Erlaubniß zu Abhaltung des Turnfestes in Heil- auch stehe an der Spize des zur Theilnahme an dem bronn, wozu wir durch den hohen Erlaß vom 5./8. Turnfeste angemeldeten Turnvereins von Mannheim des Monats die Ermächtigung erhalten haben, an der bekannte von Struve. das Oberamt Heilbronn auszuschreiben. Das Oberamt vermuthet, daß es nach dem Vor- gange von Mainz2 nicht fehlen werde, daß Reden ab- Ehrerbietig etc. gehalten werden. v. Soden

2 Bericht des Oberamts Heilbronn vom 14. Juli 18463

Betreffend b) daß man von der Theilnahme oder dem Erschei- nen des Abgeordneten Izstein lediglich nichts wisse, die bevorstehende Abhaltung eines Turnfestes c) daß (wie mir selbst bekannt) Heker und Basser- in Heilbronn und das angebliche Erscheinen der mann zwar Mitglieder des Mannheimer Turnver- Häupter der badischen Opposition hiebei. eins seyen, daß sie aber bis jetzt sich keineswegs angemeldet hätten. Das Gerücht, daß Mehrere der Häupter der badi- In dem Tagblatt „Das Neckardampfschiff“ kom- schen Opposition bei dem bevorstehenden Turnfes- men gegenwärtig tagtäglich Listen der Angemelde- te dahier erscheinen werden, gieng von Mannheim ten. Die Namen der Mannheimer fehlen aber über- selbst aus. Es hieß namentlich, es werden Itzstein, haupt noch. Wenn sie erscheinen und Bassermann Bassermann und Heker hieher kommen. und Heker darunter begriffen sind, werde ich wei- Ich habe mir hierüber von den Leitern des Turn- tere Anzeige machen. Beide haben Verwandte hier. festes nähere Kunde zu verschaffen gesucht, und so Die Witwe des Gastwirths Heinrich ist die Tante des eben die bestimmte Versicherung erhalten Bassermann und die Gattin des Kaufmanns Rauch a) daß ausser an Turnvereine an Niemand als an den die Tante der Gattin des Heker. Professor Klumpp in Stuttgart eine Einladung er- Vorstand des Mannheimer Vereins ist der bekann- folgt seye, te Hofgerichts-Advokat v. Struve. Er wird über die Zeit des Turnfestes im Gefängnisse sitzen. Schlieslich bemerke ich, daß der Sprecher des hie- sigen Turnvereins, Flaigg, nicht Reallehrer, über- haupt nicht öffentlicher, sondern Privatlehrer hier 1 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht der Kreisregie- ist. rung in Ludwigsburg an das Innenministerium in Stuttgart, 10.07.1846 Mich damit ehrerbietigst etc. 2 Bei der Einweihung des Mämpelschen Turnplatzes in Oberamtmann Regierungs-Rath Mainz am 10. Mai 1845 hatte Gustav von Struve eine poli- Mugler tische Rede gehalten. 3 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht des Ober- amts Heilbronn an das Innenministerium in Stuttgart, 14.07.1846

153 Quellen und Materialien

3 Bericht des Oberamts Heilbronn vom 1. August 18464

Betreffend: das hier am 2. und 3. August dieses Beziehung Anstos erregen könnte, unterbleiben sol- Jahres stattfindende Turnfest le. Eine Frage drängt sich mir aber auf. Unter einer so großen Anzahl junger Männer aus allen Gauen Zu dem am übermorgenden Montage stattfinden- Deutschlands, den Norden mit inbegriffen, wird es den Turnfeste werden die großartigsten Zurüstun- an excentrischen Köpfen nicht fehlen. Angenom- gen getroffen. Der Turnplatz, der Braunhardt´sche men nun, es würden sich solche der Einsprache der Gartensaal etc. sind aufs schönste decorirt. In letzte- Festordner und der Warnung der Polizei ungeachtet, rem sind selbst die Wappen aller derjenigen Städte der Tribüne bemächtigen und politische Reden, z.B. aufgehängt, aus deren Mitte Turner erscheinen. Ge- über die dermalen das Tagsgespräch bildende Schles- gen achthundert Turner werden nach ihrem theils wig und Holsteinsche Angelegenheit etc. halten, sol- heute, theils morgen erfolgenden Eintreffen bei den le solchen Unternehmen selbst mit Gewalt Einhalt Einwohnern einquartirt. gethan werden? Die erforderlichen polizeilichen Maasregeln sind Ein hohes Ministerium bitte ich, mir hierüber sei- getroffen. Am Turnplatz versiehet die Bürgergarde ne Befehle gnädig zukommen zu lassen. den Dienst. Für den äussersten Fall ist das Linien- Militär bereit. Mich damit ehrerbietig etc. Die nöthige Verabredung ist getroffen. Die Fest- Oberamtmann Regierungs-Rath ordner haben schriftlich und mündlich das bündigs- Mugler te Versprechen abgelegt, daß alles, was in politischer

4 Erlass des Innenministeriums vom 2. August 18465

An den Herrn Oberamtmann Regierungsrath radezu zu einem politischen Tummelplatz gemacht v. Mugler in Heilbronn [...] werden und würden die nachdrücklichen und wie- derholten mündlichen Verbote der Policei Behörden Auf den Bericht vom 1. des Monats, betr. die Ab- keine Achtung finden, so müßte allerdings selbst Ge- haltung eines Turnfestes in Heilbronn, wird dem walt gebraucht werden, was jedoch wo möglich zu [Oberamt] eröffnet, daß das Einmischen einzelner vermeiden ist. Es ist deshalb wohl zu überlegen, ob politischer Gedanken in die bei dem Turnfest abzu- ein auch nur mündliches Einschreiten geboten ist, da haltenden Reden, falls sie nicht offenbare Aufforde- wenn dieses einmal geschah ordentlicher Weise da- rungen zu unerlaubten Handlungen enthalten, kei- rauf beharrt werden muß. Genauere allgemeine Vor- nen Grund zu polizeilicher Einmischung abgeben schriften lassen sich nicht ertheilen und es muß der kann, wie überhaupt der bei solchen Gelegenhei- Klugheit des Beamten anheimgegeben werden, den ten stattfindenden Begeisterung im Reden Einiges Zeitpunkt richtig zu erkennen, in welchem selbst die zu gut zu halten ist. Wollte jedoch das Turnfest ge- Anwendung von Gewalt gerechtfertigt ist.

5 Bericht des Oberamts Heilbronn vom 3. August 18466

Morgens 5 ½ Uhr [...] nannte Turnfahrt nach Weinsberg, wo sie feierlich empfangen wurde. Betreffend: den Verlauf des Turnfestes

Der erste Tag des Turnfestes ist ohne alle Störung vo- 4 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht des Ober- rübergegangen. Vom frühen Morgen an trafen ges- amts Heilbronn an das Innenministerium in Stuttgart, 01.08.1846 tern die Turner ein, zunächst begaben sie sich in die 5 ihnen angewiesenen Quartiere. Nachmittags 1 Uhr HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Erlass des Innenminis- teriums an das Oberamt Heilbronn (Entwurf), 02.08.1846 war Sammlung in dem Braunhardt‘schen Garten, 6 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht des Ober- und von da machte eine größere Anzahl eine soge- amts Heilbronn an das Innenministerium in Stuttgart, 03.08.1846

154 Berichte des Oberamts

Um 6 Uhr versammelten sich Alle wieder im Von der Reutlinger Turngemeinde wurde an sämtli- Braunhardt‘schen Garten. Es begannen dann in dem che Mitglieder der beiliegende Festgruß vertheilt. geschmückten Saale öffentliche Besprechungen über Die Besprechungen dauerten etwa 1 Stunde, Turnangelegenheiten. Bei der großen Masse Men- dann ging es unter Gesang und Musik zu den ge- schen hielt es schwer, den Verhandlungen genau zu selligen Vergnügungen, an welchen eine Masse an- folgen. Sie bewegten sich derer Fremder und Ortsangehöriger Theil nahm. a) um Bestimmung des Ortes für die künftige Ver- Es mögen 1500 – 2000 Menschen im Garten gewe- sammlung. Mannheim und Frankfurt kamen in sen seyn. Nach den getroffenen Anordnungen durf- Vorschlag. Entschieden wurde für Frankfurt; te sich weder ein Polizeisoldat noch ein Landjäger b) um die Frage, ob die Entlassung eines Mitglieds dienstlich sehen lassen. wegen unmoralischen Benehmens von dem Vor- Vertrauen erweckte wieder Vertrauen. stand oder der ganzen betreffenden Turngemein- Ich bin überzeugt, daß auch der heutige Tag ohne de auszusprechen seye. Die Ansichten waren ver- alle Störung enden wird. schieden, und es wurde die Entscheidung jedem Der hohe Erlaß vom Gestrigen wurde mir Abends einzelnen Vereine überlassen. 8 Uhr in den Braunhardt‘schen Garten gebracht. In c) Um die Wahl eines öffentlichen Blattes zu Mit- der mir gegebenen Belehrung fand ich ganz meine theilungen in Turn-Sachen; von Anfang an geäußerte Ansicht bestätiget. d) um die Frage, ob sich alle Turner mit „Du“ an- reden sollen. Der Vorschlag ging in seiner Allge- Respektsvoll etc. meinheit nicht durch. Bei dem Turnfeste schienen Oberamtmann-Regierungsrath sich aber alle Theilnehmer zu duzen. Mugler Ferner wurden Schieß-Übungen empfohlen.7

6 Bericht des Oberamts Heilbronn vom 4. August 18468

Betreffend: den weiteren Verlauf des Turnfestes tracht und des festen Entschlusses jedes Turners, sich zum echten, zum wahren Manne heranzubil- Dem durch die Zeitungen veröffentlichten Pro- den, um dem Vaterlande seine Kräfte zu widmen, gramm gemäs sezte sich der Zug der Turner mit wenn es in Gefahr komme. Er bemerkte dabei, daß den Bürgergarden zu Fuß und zu Pferde und ande- die Zeit eine ernste sey, und forderte zur Erklärung ren Personen, die sich ihm angeschlossen, gestern auf, ob es der Wille aller Anwesenden seye, ein äch- früh 8 Uhr in Bewegung. Es wurde fast 9 Uhr, bis ter – wahrer Mann zu werden, was mit Begeisterung er an dem Turnplaze ankam. Die Turner ordneten bejaht wurde. sich nach Riegen, die zum Theil prachtvollen Fah- Nach ihm betrat der Advokat Dr. Eller aus nen wurden auf ein zu solchem Zweck besonders an- Mannheim, der den Vorstand des dortigen Turn- gebrachtes Gerüst gestekt und auf dieses begab sich vereins G. v. Struve repräsentierte, die Rednerbüh- dann auch der Sprecher der hiesigen Turngemeinde, ne; eine kräftige Gestalt mit großem Barte, durch die um die Fremden Turner zu begrüssen. Bei einer et- sich überhaupt alle älteren Mitglieder auszuzeichnen was schwachen Stimme wurde er wohl von den Tur- scheinen. Mit einer wahren Stentors Stimme9 wen- nern die in der Nähe standen, nicht aber von dem dete er sich an das Publikum, zunächst mit einigen entfernten Kreise der Zuschauer deutlich vernom- Worten der Begrüsungs-Rede folgend, und beson- men. Seine Rede enthielt nichts verwerfliches oder ders heraushebend, daß mit Recht die gegenwärtige gefährliches. Sie verbreitete sich über die Entstehung Zeit eine ernste genannt worden seye. Jahrhunder- des Turnwesens, über die Nothwendigkeit der Ein- te seie der Geist des Deutschen in Fesseln gelegen. Die durch die Zwangherrschaft Napoleons ihnen zugefügte Schmach haben sie vor etlich und drei- ßig Jahren endlich vom Schlafe erweckt. Die Jugend 7 Zeile nachträglich eingefügt. Deutschlands habe ihre Kräfte dem Dienst des Va- 8 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht des Ober- terlands gewidmet. Kaum aber habe man sich des amts Heilbronn an das Innenministerium in Stuttgart, 04.08.1846 äusseren Feindes entledigt, so seie die alte Schlaffheit 9 Stentor, nach Homer ein Grieche, dessen Stimme so laut wieder eingetreten. Erst seit 3 Jahren wehe der bes- wie die von 50 Männern war. sere Geist wieder durch das ins Leben gerufene Tur-

155 Quellen und Materialien nen. Geist und Körper werden dadurch gestählt, die lich ausgesprochen, die Regierungen zu zählen, de- Turner seien berufen, dem Vaterlande im Falle der nen er aber eine Befugniß, dem Turnen entgegenzu- Noth beizustehen. Schon drohe demselben Gefahr; treten, solange die Turner in den Schranken bleiben, er wolle nur auf die Ereignisse in Schleswig-Holstein nicht zugestehen will. hinweisen. Dringend ermahnt er zur Eintracht, zum Nach ihm vernahm man noch undeutliche Ab- Muthe. Er habe anfänglich nicht die Absicht gehabt, schiedsworte des Sprechers Flaig von Heilbronn. zu sprechen, allein wenn das Herz zu voll sey, gehe Hierauf Preisvertheilung und Rückmarsch in den der Mund über. Braunhardt‘schen Garten, um sich zu erholen und Eine Aufforderung zu unerlaubten Handlungen zu erfrischen, zu singen usw. enthielt seine Rede entfernt nicht, und es gebot da- Es kam nicht die geringste Unordnung und, eini- her die Klugheit offenbar, jede Einschreitung, die ge ganz unbedeutende Beschädigungen der Turner nur Anlaß zu Scandal gegeben hätte, zu vermeiden. abgerechnet, lediglich kein Unfall vor, obschon viele Der besonnene Mann gab in der Stille seinen Un- Tausende von Menschen, zum Theil von weiter Fer- willen, der Radicale seine Freude zu erkennen, wie ne, anwesend war[en]. man dieß allenthalben finden wird und Jeder über- Auch der Unbefangene, der nur gewünscht hätte, zeugte sich, daß wenn man einmal Turnfeste zugebe, daß die Rede des Dr. Eller weggeblieben wäre, nann- politische Demonstrationen nicht zu verhüten seien, te das Fest ein gelungenes. mögen auch die Festredner die bündigsten Versiche- Ausser den Mitgliedern der sogenannten Turn- rungen geben und ihrer Seits auch halten. gemeinde nahmen auch diejenigen Turner an den Es begannen nun die Turnübungen, die am Vor- Schulanstalten zu Brakenheim, Heilbronn, Weins- mittag bis 12 Uhr, am Nachmittag von 3 bis 7 Uhr berg etc. Antheil. Unter sie verteilte der den ganzen dauerten. Als jetzt zur Vertheilung der Preise geschrit- Tag über anwesend gewesene Oberstudienrath Kapf ten werden sollte, sprach noch ein Studierender Na- Preise. Ein Theil der Fremden ist abgereist, ein ande- mens Georgi aus Eßlingen in der Mitte des von Tur- rer bleibt noch hier, um heute Abend noch eine Un- nern und Zuschauern gebildeten Kreises, Worte des terhaltung, die der Bürgerverein auf dem Wartberg Dankes an die Bewohner Heilbronns für die freund- giebt, zu besuchen. liche Aufnahme, an die Jungfrauen welche die Prei- se geliefert. An die Turner sich wendend empfahl er Mich damit ehrerbietigst etc. vor Allem, Eintracht und Standhaftigkeit. Der Tur- Oberamtmann Regierungs-Rath ner habe Friede von außen, Friede von innen. Unter Mugler die ersteren scheint er auch, wenn schon nicht deut-

7 Note des Innenministeriums an Legationsrat Julius Freiherr von Maucler vom 5. August 184610 Euer Hochwohlgeboren linien des Erlaubten hemmend vorzufahren. Zum glücklichen Verlauf des Festes trug es wahrscheinlich habe ich die Ehre, zwei Berichte des Oberamts Heil- wesentlich bei, daß der Vorsteher der Mannheimer bronn über das am 2. und 3. dieses Monats in Heil- Turngemeinde v. Struve, welcher gerade im Gefäng- bronn abgehaltene Turnfest mit dem geziemenden nis Strafe abbüßt, nicht anwesend seyn konnte. Ersuchen zu übersenden, dieselben zur höchsten Kenntnis Seiner Königlichen Majestät zu bringen. Hochachtungsvoll Im Allgemeinen wird man Ursache haben, mit dem Benehmen namentlich der Württembergischen Turngemeinden zufrieden zu seyn, wenngleich die Existenz dieser nicht aus Schülern sondern aus er- wachsenen Personen bestehenden Gesellschaften, wie nicht zu verkennen ist, eine bedenkliche Seite hat. Es ist ein solches Gemisch von ehrenwerthen Tendenzen mit einer Hinneigung zu politischen 10 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Note des Innenministe- Bestrebungen, daß es schwer ist, wegen der bloßen riums in Stuttgart an Legationsrat Julius Freiherr von Möglichkeit etwaiger Überschreitungen der Grenz- Maucler (1811 – 1850), 05.08.1846 (Entwurf).

156 Berichte des Oberamts

8 Bericht des Oberamts Heilbronn „Betreffend das stattgehabte Turnfest“ vom 5. August 184611

Meinen Berichten vom 3. und 4. laufenden Mo- vergleichbare Reden gehalten. Der Jugenddrang läßt nats füge ich nachträglich bei, daß es, wie leicht sich nicht in Fesseln schnüren und der Augenblick zu ermessen, auch bei den geselligen Abendunter- reißt mit sich fort. In dieser Beziehung hatten wir haltungen der Turner auf dem Wartberg, in dem zwei Wünsche auf dem Herzen: einmal, daß die öf- Braunhart‘schen Garten, auf der Weibertreu etc. an fentliche Meinung nicht allzu viel Gewicht auf der- begeisterten Reden nicht fehlte, daß aber die hiesigen lei Ausbrüche jugendlicher Begeisterung oder wenn Festredner und insbesondere der Sprecher es sich zur man so sagen will, Übermuths (denn Jugendblut hat strengen Aufgabe gemacht hatten, zu warnen wenn Übermuth) legen möchte und dann, daß die Jugend jene Reden zu brausend werden wollten. sich selbst mehr Vorsicht und Mäßigung zur Pflicht Grund zur Einschreitung lag nicht vor. Bis auf we- machen möchte. Ihre Sache ist eine gute Sache und nige Heidelberger Studenten, die heute noch, zum es wäre Schade, wenn sie durch Überschreitung ge- Theil auf komische Weise, das Publicum ergötzen, wisser Schranken wieder rückwärts ginge“ usw. ist die Stadt nun von auswärtigen Turnern geleert. In dem soeben zur Censur vorliegenden Tagblatte Mich damit ehrerbietigst etc. vom 6. laufenden Monats findet sich in einem Arti- Oberamtmann kel „Turnfest“ folgende Stelle: Mugler „Es wurden hier (im Braunhart‘schen Garten) wie- der begeisterte – sehr oft brausenden Waldströmen

9 Schreiben des Legationsrats von Maucler an den Innenminister vom 6. August 184612

Seiner Excellenz dem Herrn Minister des Innern ben müsse, die sich mitunter bloß in der Absicht von Schlayer Stuttgart einfinden dürften, um Vorträge zu halten, die, von dem Zwecke der Zusammenkünfte abweichend, po- Euer Excellenz litische Fragen in Anregung bringen, und daß we- nigstens Solchen von welchen bekannt sey, daß sie verehrliche Note vom gestrigen in Betreff des am 2. verwerfliche Tendenzen verfolgen und aufregende und 3. dieses Monats zu Heilbronn abgehaltenen Reden zu halten beabsichtigen, die Erlaubniß, öf- Turnfestes habe ich zu erhalten die Ehre gehabt und fentliche Vorträge zu halten, strenge zu verweigern Seine Königliche Majestät haben von solcher, sowie sey. von den anbei zurückfolgenden Berichten des Ober- amts Heilbronn, Einsicht genommen. Verehrungsvoll Höchst dieselben äußerten dabei nur, daß man Geheimer Legations-Rath künftighin bei solchen Turner-Versammlungen Maucler hauptsächlich ein wachsames Auge auf Fremde ha-

11 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Bericht des Ober- amts Heilbronn an das Innenministerium in Stuttgart, 05.08.1846 12 HStA Stuttgart, E 147 Bü 1946/1, Legationsrat Julius Frei- herr von Maucler an den Minister des Innern, 06.08.1846

157 Quellen und Materialien

10 Bericht im Heilbronner Tagblatt13

13 StadtA Heilbronn, Heilbronner Tagblatt vom 06.08.1846

158 Heilbronner Tagblatt

159 Quellen und Materialien

160 Heilbronner Tagblatt

161 Quellen und Materialien

11 „Danksagung“14

Geh’ hin, mein Lied, mit deinem Kranze, Aus sieben Tausend ist’s geronnen, Und trag’ ihn freundlich in die Stadt, Und sieben Röhren sind bekannt. Die jüngst beim kühnen Turnertanze Uns All’ so schön bewirthet hat. Einmal wird auch des Heiles Welle Noch tränken alle deutsche Gaun; Umbraust uns noch das farb’ge Leben Dann wird dein Boden grün und helle, Mit seines Fluges Sternenhöh’n, O Deutschland! in die Lüfte schaun. Soll auch das Herz noch Zeugniß geben, Daß wir der Freundschaft Laut versteh’n. Ist einst der Zeiger auf der Stunde, Wohin die Hand der Zeit ihn rückt, Traum, oder nicht! des Schönen Blüthen, Dann macht auch Hermanns Geist die Runde, Sie duften lieblich, spät und früh; Und schaut sein Enkelvolk beglückt. Ein grünes Blatt von ihm hienieden Weht Balsam auf die herbste Müh. Leg’ nur auch an die Himmelsleiter, Die lauter güldne Sprossen zählt, Hoch lebe Du mit Deinem Brunnen, Und steige täglich, täglich weiter! Des Heiles Brunnen längst genannt! Heil dem, der diesen Turnlauf wählt.

12 „Der Turnverein zu Heidelberg an die Heilbronner Turnergemeinde“15

Eine hohe Kunde war es, als ihr den Aufruf zu einem mäßige Anordnung aller Einzelheiten, durch rastlo- deutschen Turnfeste in alle Gauen unseres Vaterlan- ses Bemühen die Wünsche eines jeden zu befriedi- des sandtet, als ihr auch uns einludet zu dem herrli- gen für alle späteren Feste ein schwer erreichbares chen Feste, das wir vor wenigen Tagen mit euch ge- Muster aufgestellt; aber noch mehr, durch die herz- feiert. Das schönste Ziel, das den edlen Menschen liche Freundlichkeit, womit ihr uns entgegenkamt, vorschweben kann, ist doch unstreitig des Vaterlands durch die biedere, deutsche Gesinnung, die aus je- Wohl, und wahrlich zur Genüge habt ihr gezeigt, dem eurer Worte, aus jeder eurer Handlungen her- dass auch ihr euch dieses Ziel gesteckt habt. Ihr habt vorleuchtete, habt ihr jeder Gabe doppelten Werth ein Fest veranstaltet, nicht mit buntem Schaugeprän- verliehen. Und in welch schönem Wetteifer strebte ge, zu eitler Lust, nur um dem Sinne zu schmeicheln nicht die ganze Bürgerschaft, durch die freundlichs- (mögen das jene großen Heuchler thun, die mit äu- te Aufnahme allen Anwesenden die Tage, die sie bei ßerem Flitter die innere Leerheit bemänteln), das euch verlebten, in schöner Erinnerung unvergeßlich Turnfest zu Heilbronn hat weit ernstere Bedeutung, zu machen. Ihr habt die fast verklungenen Sagen, die denn es war ein Fest der Gesinnung. Nicht durch Ja- deutsche Gastfreundschaft preisen, wieder neu be- gen nach kurzem Genuß zusammengeführt erkann- lebt, und habt der ungläubigen Welt ein helles Zei- ten die Turner auch in den heitern und frohen Ta- chen gegeben, daß der alte Arndt Wahrheit sang, als gen, die sie euch verlebt, daß nur das Bewußtsein er das Land rühmte: wo Liebe warm im Herzen sitzt für das Vaterland zu wirken, all unserem Thun die und Treue hell vom Auge blitzt. Stets werden wir höhere Weihe geben könne. Nicht zu weichlichem uns erinnern, wie Männer, Frauen und Jungfrauen Vergnügen, sondern zu Uebung unserer Kraft haben (deren zwanglos heiterer Sinn und natürlicher An- wir uns versammelt, damit wir einst in den Zeiten stand mit Recht gepriesen ist) es sich zur wohlge- der Gefahr mächtig und wehrhaft dastehen, eine un- lösten Aufgabe machten, die herbeigeeilten Gäste zu bezwingliche Mauer gegen unsere Feinde, ein star- erfreuen, wie sie auf jede Weise den Glanz des Festes ker Schutz nach innen. Darum habt ihr euch blei- zu erhöhen bemüht waren. Die Tage des Festes sind benden Dank in ganz Deutschland erworben, indem ihr es wart, die dieses schöne Fest veranstalteten, in- dem ihr sorgfältig bemüht wart auch die kühns- te Erwartung eurer Gäste, nicht nur zu befriedigen, sondern weit zu übertreffen. Habt ihr doch durch 14 StadtA Heilbronn, Heilbronner Tagblatt vom 11.08.1846 sinnige Ausschmückung aller Räume, durch zweck- 15 StadtA Heilbronn, Heilbronner Tagblatt vom 19.08.1846

162 Berichte über das Turnfest entschwunden, aber, das wissen wir gewiß, die Erin- unsren biederen Gruß und Handschlag mit einem nerung daran wird bei allen unvertilgbar fortleben. herzlichen Gut Heil. Es drängt uns, wenigstens in Worten unseren Dank für all eure Liebe euch darzubringen, euch zu sagen, Heidelberg am 13. Erntemond 1846. wie wir wohl fühlen daß wir nie im Stande sind, die Im Namen des Vereins: Der Vorstand. große Schuld gegen euch abzutragen. Nehmt drum

13 „Nachträge zu dem Heilbronner Turnfest“16

1. Der Hochverrath an der Turnkunst. den Eindruck beschreiben, welchen dasselbe auf mich gemacht hat, wobei Sie natürlich nicht erwar- Wie ein in’s Wasser geworfener Stein immer größere ten dürfen, daß ich Ihnen eine langweilige Beschrei- Kreise bewirkt, so auch das erste Schauturnen. Jetzt bung des Zuges etc. liefere, denn da kann der Schwä- sind es große Turnfeste, Volksfeste; das Heilbron- bische Merkur aushelfen; sondern ich will trachten ner Turnfest war ein solches, denn es wurde vom in den Geist einzudringen, welcher meiner Ansicht ganzen Volke mit gefeiert. Ueberall aber sind die- nach bei diesem Fest an’s Licht getreten ist. Ehe ich se Feste in Liebe und Eintracht gefeiert worden. Die nun darüber entscheide, müssen wir uns verständi- Zeit ist nun vorüber. Das sonst so schöne Heilbron- gen, welcher Geist den Turner durchdringen soll, ob ner Turnfest bildet den Wendepunkt. Den Erisapfel es nämlich genug ist, daß er sein Morgenlied singt, schleuderten in die frohe einige Menge Frankfurter dann auf den Turnplatz maschirt, den Körper tüch- und Mannheimer Turner. Doch sind die Frankfur- tig arbeiten läßt, auf den etwa empfangenen Lorbee- ter gar unschuldige Leut’: sie wollten ja nur einige ren bei einem Glas Bier ausruht, und dazu allenfalls Abonnenten mehr für ihr Nachrichtsblatt, was man mechanisch patriotische Lieder singt, oder ob der ihnen ja so übel nicht nehmen kann. Schlimmer Arm zugleich mit dem Geiste gestählt, die Kraft ge- aber ist es, und tritt aus dem Grund der Harmlo- paart sein muß mit glühender Vaterlandsliebe, die sigkeit heraus, wenn von dieser Seite – selbst bei der körperliche Ausdauer mit geistiger Willensstärke, ob Wahl der Kampfrichter intriguirt wurde, und ver- es nothwendig ist, an althergebrachten Formen zu dient ein solches Benehmen diese herbe Erwähnung. hängen, oder ob es Pflicht ist, mit dem Geist unserer Indessen hat dieses Spiel nichts eingebracht, indem Zeit offen voranzuschreiten? kein Frankfurter bekränzt wurde. Denken wir uns den Turner, wie ich ihn zuletzt Nicht ganz so unschuldig ist man auf der Mann- beschrieben, so hatten wir in Heilbronn nur wenige heimer Seite. Die Antwortsrede des Advokaten Dr. Gemeinden, in welchen dieser Geist auf freier Bahn Eller auf die Begrüßung des Heilbronner Sprechers dahinschreitet. mußte sofort spalten, darum wurde auch dem Vor- Die Mehrzahl begnügt sich mit der körperlichen schlag Felsing’s aus Darmstadt: „das Turnen zu be- Arbeit und hält es für Uebermuth, wenn man den ginnen“, mit allgemeiner Zufriedenheit und mit hier Zuständen seines Vaterlandes mit aufmerksamem und dort gehörtem Bravo! Folge geleistet. Aber wäh- Blicke folgt, während ich es für Hochverrath an der rend des ganzen Festes blieb diese Rede, da sie Nach- Turnkunst halte, wenn sie einseitig betrieben wird. folger fand, ein zweischneidig Schwert, ein Stein des Man wird fragen, bei solchen Grundsätzen ist die Anstoßes. Doch war die Gegenpartei die stärkere, Existenz der Turnvereine bedroht etc., ich aber sage wie wir aus folgender Klage in dem Beiwagen zur – nie und nimmermehr – politischer Kannegießer Mannheimer Abendzeitung, aus den rheinischen soll der Turner nicht sein, aber wahrer Vaterlands- Blättern ersehen, welche Klage – oder ich müßte freund, und die Vaterlandsliebe ist bis heute officiell mich sehr irren – ebenfalls von dem Advokaten Dr. noch nicht verboten. Was mir ferner bei vielen Turn- Eller in Mannheim ist. gemeinden als besonderes Hinderniß für ihre freie Entwicklung erschien, ist die unbedingte Hingabe Rheinische Blätter Nr. 81. ‚Zurückgekehrt von unter den, durch die Statuten geheiligten Macht- dem ersten deutschen Turnerfest, will ich Ihnen spruch des Turnwartes, und der Einfluß, den gewis- se, von den Gemeinden oder der Regierung bezahl- te Militär- und Civilturnlehrer ausüben, indem sie mit vielen Worten einfach predigen – denkt nichts, 16 Turn-Zeitung. Karlsruhe 1846, S. 150 – 156 dann wird es Euch gut gehen im Lande, in dem wir

163 Quellen und Materialien leben. Felsing von Darmstadt schien auch der Fel- Moment, wo von schöner Jungfrauenhand des Preis- sing nicht mehr zu sein, den er in Mainz zeigte. Ord- turners Haupt mit dem Lorbeerkranz geschmückt nung muß sein, aber im Vereine mit Selbstständig- wurde. Ich konnte mich Anfangs in Vieles, als mei- keit, sonst wird der Geist getödtet, und nur die Form ner Meinung nach mit dem ächten Geist der Tur- bleibt am Leben. nerei unverträglich nicht finden, indeß als ich nach So habe ich die Sache gefunden, und ich glau- Begrüßung meiner Landsleute von diesen freundlich be mich nicht zu täuschen – doch muthig vorwärts, aufgenommen, und ihrer wackeren Schaar einge- durch Ausdauer wird jedes Ziel erreicht – nur fort reiht worden, als ich die zahlreichen Gemeinden sich mit dem Schlendrian, und dem Zeitgeist die Fahne. ordnen, den großartigen Zug beginnen sah, als mein Ueber Eines sind aber Alle einig, und ich kann Fuß den schönen herrlich ausgerüsteten Turnplatz nicht schließen, ohne es zu berühren. Die Einwoh- betrat, und dann die Uebungen begannen, Uebun- ner Heilbronn’s haben sich innigen Dank erworben, gen, von denen viele unsere besten Turner von da- von Allen – denn die Herzlichkeit, die gewinnende mals für unausführbar gehalten hätten, als so auf ein Freundlichkeit, mit der sie ihren Gästen die Festtage Mal die Ahnungen der Jugendzeit für eine großarti- verschönerten, läßt sich nicht beschreiben. Die Lie- ge Entwicklung der Turnerei auf’s Schönste verwirk- be ruht im Herzen. licht mir vor Augen standen, da war ich ausgesöhnt Mannheim, 10. August 1846. mit Vielem, was mir erst eine unnöthige Beigabe ge- Ein Turner. schienen, und ich gab mich, manche von einer an- dern Seite kommende Mißtöne nicht achtend, mit Es kann wohl nicht leicht etwas unklarer Gedach- ganzer Seele dem Feste hin. tes in die Welt geschickt werden. Der Mann hat den Was nun den Geist anbelangt, der bei dem Fes- Muth nicht, das Kind bei seinem Namen zu nennen. te herrschte, und den Geist, von dem jeder Turner Leider, daß es noch so Viele gibt, die sich träumen durchdrungen sein soll, so sage ich zur Verständi- lassen, daß mit einem Mischmasch von klingenden gung gleich von vornherein: Das Turnen muß für Redensarten Alles gethan sei. Wir können nicht um- den Turner die Hauptsache sein; davon hat er sei- hin, die in demselben Blatt Nr. 86 erfolgte Antwort nen Namen. Dadurch, daß Einer das Turnwamms gleichfalls hiermit aufzunehmen. Beide Aufsätze be- trägt, und patriotische Lieder singt, wenn auch von weisen, daß die Spaltung von Heilbronn aus immer Herzen, dadurch, daß er nur mit dem Geist und im weiter und weiter klafft, und wie die Sachen jetzt ste- Geist, wenn ich so sagen soll, turnt, ist er noch kein hen, halte ich es für meine Pflicht, diesen Punkt zur Turner. Erst muß er es über sich gewinnen, den Kör- Sprache zu bringen. per tüchtig arbeiten zu lassen, den trägen faulen Leib am Reck und am Barren zu recken und zu dehnen, Antwort. erst muß er die Beulen, die Wundmale und auch den Ich war auch Theilnehmer an dem Turnfest von Spott nicht scheuen, die da zu holen sind. Die Fertig- Heilbronn, und bin noch voll des großartigen Ein- keit in den Uebungen, mit denen der Lorbeer erturnt drucks, den dasselbe auf mich gemacht hat. Indeß wird, die kommt Einem nicht angeflogen. Nein! Das würde ich still denselben für mich behalten haben, geht nur langsam und beschwerlich weiter, allmäh- wenn nicht der Brief eines Turners, dat. Mannheim, lig vom Geringeren zum immer Gewagteren aufstei- den 10. August d. J., in Nr. 81 dieser Blätter, mich gend; da muß zehn Mal, zwanzig Mal angesetzt und veranlaßte, im Interesse der Sache damit an die Oef- wieder angesetzt, Zähne knirschend des Leibes und fentlichkeit zu treten. der Seele ganze Kraft aufgeboten werden, um nicht Die Berechtigung mitzureden nehme ich daher, nachzulassen, bis endlich die Uebung gelingt. Nur weil ich auch ein Turner bin, und zwar ein alter. Ge- wer das selbst geübt hat, der kennt das Gefühl der rade nicht von anno 1811, von der Hasenheide her, Siegesfreude nach gelungener oft im Stillen ausge- aber doch von anno 1816 etc. Ich bin ein Hanauer. führter Uebung, und das daraus hervorgehende stol- Von da an, wo ich zum ersten Mal an einem Reck ze Vertrauen auf Willens- und Körperkraft. Gerade gehangen, war ich Turner mit Leib und Seele, und diese körperliche Anstrengung, diese Ausdauer, die bin es noch, obwohl ich nach zwanzig Jahren letzt- eben aus der geistigen Willenstärke entspringt, und hin zum ersten Mal wieder einen Turnplatz betreten ohne welche Keiner ein rechter Turner werden kann, habe. Ich war nur am Montag bei’m Fest. Es war mir die ist es, die auf dem Turnplatz aus Knaben Män- Alles neu: von dem Gruß „Gut Heil“ an, den wir Tur- ner macht. ner von damals nicht kannten, von dem Anblick der Wenn nun die Mehrzahl dieser Turner, und das ist Fahnen, der bunten Turnwämmser etc. bis zu dem eben erfreulich, dass eine Mehrzahl solcher da war,

164 Berichte über das Turnfest denen die körperliche Arbeit, die damit verbundene sehr wenig: Geh’ an’s Geräth, dann werd’ ich dir sa- Anstrengung und Gefahr eine Lust ist, nachdem sie gen, ob du ein Turner bist, – laß einen neben dir sich den Tag über recht müde geturnt hatten, stolz in Gefahr kommen, und ich werde dir sagen, ob du auf ihre Arbeit und ihren Lorbeer, am Abend beim ein Turner bist, da braucht’s kein Zeichen; aber es ist Bier mit jugendlicher Unbefangenheit der Fröhlich- hier, wie in Allem: der Mensch verlangt ein sichtbar keit und Geselligkeit sich hingaben, so geht daraus Zeichen, – und so will ich Euch ein solch Turnerzei- noch nicht hervor, daß sie für die Zustände ihres Va- chen vorschlagen: terlandes keinen Sinn und kein Herz hätten, daß ih- „Frisch, fromm, froh, frei, nen die Vaterlandsliebe fremd wäre. Die Begabun- Das Andere Gott befohlen sei!“ gen der Menschen sind verschieden, bei dem Einen Das ist Jahn’s Wort, was grün bleiben wird, so lang ist und äußert sich die Vaterlandsliebe glühender als Deutschlands Jungen grün bleiben werden. Die- beim Andern, der Eine hat sie mehr auf der Zunge, sen Spruch in seinen vier Anfangsbuchstaben hab’ dem Andern sitzt sie tiefer im Herzen, und springt ich zusammengestellt in vier F, ich habe sie zu ei- erst zur rechten Zeit hervor. Es ist darum ein hartes nem Zeichen vereinigt, sie bilden dann das deut- Wort, wenn in dem Brief gesagt wird, daß die Mehr- sche Kreuz, sie bilden wie die Turnerschaft – gleiche zahl es für Uebermuth gehalten hätte, den Zustän- Kraft, gleiche Form und Stärke nach allen Seiten, es den des Vaterlandes mit aufmerksamem Blick zu fol- ist das Viereck, überallhin gleich stark, fest in den gen, bloß darum, weil Viele, und dazu gehöre auch vier Ecken stehend, nehmt’s, wie Ihr wollt: es ist ich, meinten, daß bestimmt vorliegende politische das F aus dem FF. Vergeßt mir nicht, daß es auch Erscheinungen nicht in den Kreis der öffentlichen das Christenzeichen ist. – Keine Worte darüber. Ich Besprechung bei einem Turnfest gehörten. schlag’s vor, weil ich kein anderes besseres kenne, Wenn man diese Meinung hat, wenn man von nehmt’s an oder verwerft’s kurzer Hand, es ist das dem Grundsatz ausgehend, daß das Turnen für den Zeichen der Darmstädter Gemeinde. Hier zeig’ ich’s Turner die Hauptsache sein müsse, mahnt, sich vor Euch auf unserm Banner.“ – Allem an die Sache zu halten, so betreibt man damit Hierauf erhob sich der Abgeordnete der Mann- die Turnerei noch nicht einseitig, begeht man noch heimer Turngemeinde, der Advocat Dr. Eller, auf keinen Verrath an ihr. Im Gegentheil möchte dies eine höchst leidenschaftliche Weise: eher der Fall sein, wenn man so im Allgemeinen ta- „Ich trage auf unbedingte Verwerfung an, unbe- delnd von althergebrachten Formen spricht, sie ohne dingte! Ich bin auch ein Turner, aber kein Christ, ich Weiteres Schlendrian nennt, und ihnen unbedingt bin ein Jude. Die Zeit des Spruches ist längst vorü- den Geist der Zeit gegenüber stellt. ber. Das Wort ‚fromm’ hatte damals ganz andere Be- deutung, als heute, was in einer Zeit gut und löblich 2. Ein gemeinsames Turnerzeichen war, paßt auf eine andere Zeit nicht mehr, es ist ver- altet; wir sollen weiter gehen und nicht an veraltetem Am 2. August um 2 Uhr wurde von den Vertretern Plunder festkleben – wegwerfen, fallen lassen, was der Turngemeinde eine vorbereitende Versammlung heut nicht mehr passend ist. Nochmals unbedingt, gehalten, um sich über die Gegenstände zu bespre- ich sage unbedingt muß ein solches Zeichen verwor- chen und zu verständigen, welche in der Hauptver- fen werden!“ sammlung zur Sprache kommen sollten. Heinrich Felsing, Europas berühmtester Kupferdrucker, Turn- Darauf entgegnete Adolf Spieß: wart der Darmstädter Turngemeinde, trat auf und „Eine Turnerschaft, so wie wir solche begreifen, kann machte folgenden Vorschlag: nur im christlichen Sinn betrachtet werden, rein „An Euch, Ihr Warte, an Euch, Ihr Abgeordne- christlich ist ächt fromm, und jeder kann fromm sein ten, ein Wort. Wenn man sich eine Wohnung errich- und dem Spruch folgen, auch wenn er kein Christ tet, so gilt’s vor Allem, um ein Bedürfniß zu befrie- ist. Und wenn von einem Stifter einer solch edlen digen. Kaum aber ist das Nöthigste hier geschehen, Sache ein solcher Kernspruch besteht, so muß dieser so kommt der angestammte Schönheitssinn, der heilig und ehrwürdig sein für alle Zeit.“ schmückt und ordnet: so geht’s auch uns Turnern. Der Vorschlag Felsing’s ward verworfen. Warum? Wir haben, so’s Gott waltet! unser Turngebäude weil ein „Jude“ das Kreuz nicht haben wollte! Wir festgegründet und sehen es täglich weiter schmücken: Christen und Deutschen sind nun einmal so: spricht so entstanden unsere Lieder, unser Gruß, so entsteht ein Jude oder ein Ausländer gegen unser heiligstes vielleicht auch ein allgemeines Turnerzeichen. – Ich Recht, ei, so müssen wir Christen und Deutschen für meinen Theil geb’ zwar auf Aeußerlichkeiten gar aus reiner Höflichkeit und christlicher Nächstenlie-

165 Quellen und Materialien be von unserem Recht abstehen, ja Jenen noch dan- te, und trotz der öftern Mahnung des Heilbronner ken, daß sie uns Gelegenheit gegeben, unsere Schafs- Turnwartes nicht wankte und wich: „seht, ich kann wolle zu zeigen. Die deutsche Geschichte ist reich an doch auch turnen!“ Er hatte nämlich unter jedem Belegen dafür, und die Gegenwart ist reich daran. Arm eine Flasche Wein, in den Händen ein Schop- Wie kommt es aber, daß der „Jude“, der hier an dem penglas und Brod. Kreuz ein so großes Aergerniß nimmt (1. Corinth. 1, Damit unsere Leser aber besser erkennen, um was 23), dagegen so große Liebe und Zuneigung zu Or- es sich handelt, so wollen wir ihnen hier die Fah- dens- (Ehrenlegions-) Kreuzen hat? Ob der „Jude“ ne, mit dem Turnkreuz geschmückt, in einem Holz- den Christen fragen würde, wo er die Macht hat, schnitt vorführen.17 vorzuschlagen? Trotzdem, dass auf dem Heilbronner Turnfeste Was es übrigens mit der Turnerschaft des Dr. Eller dieses Zeichen verworfen worden ist, wird es doch auf sich hat, haben wir auf dem Heilbronner Turn- auf den Fahnen der Darmstädter und Hanauer Turn- fest nicht recht sehen können. Obwohl er in Turn- gemeinden bleiben. Auch die Bruchsaler Turnge- mütze, Turnjacke und Turnhose erschien, und für meinde hat sich an sie angeschlossen, und – wie die das Turnwesen eine feurige Rede hielt, so will ihn Bergleute auf ihrer Kopfbedeckung ihr Bergmanns- doch Niemand turnen gesehen haben, vielmehr wur- zeichen haben – so sind schon in einer namhaften de behauptet: er habe im kühlen Schatten dem Tur- Fabrikstadt eine Anzahl Kreuze, gebildet durch die nen zugesehen. Hiermit stimmt auch ganz gut Dr. vier FF., bestellt, vielleicht schon fertig, um als Sie- Eller’s Rede in der Turnrast, wo er sich unberufen gelring, Busennadel, oder auf der Mütze etc. getra- in die Reihe der Turnwarte und Turnlehrer dräng- gen zu werden. [...]

14 „Über das Turnfest zu Heilbronn am 2. und 3. August 1846“18

Ein Fest wie dieses, läßt sich unmöglich in einem eines Menschenalters ihren Riesenschatten werfen. kürzeren Berichte genügend beschreiben. Wir müs- Euch allen wünsch’ ich auf unschuldige Nacht der sen uns begnügen, dasselbe nach dem uns vorliegen- Kindheit fröhlichen Morgen der Jugend, dann der den überreichen Stoffe in die Spalten unseres Nach- Männlichkeit heitern Tag und stillen sanften Abend richtenblattes seinen Hauptzügen nach einzutragen. des Greisen. Bei jeder Gabe muß ein Spruch sein; Dieß wird aber auch hinreichen, denn was unsere hier der meine: Wahrhaft und wehrhaft im Wan- Feder nicht vermag, das wird die lebendige Kunde del, ehrlich und wehrlich im Handel, rein und ring- der über alle Gauen Deutschlands zerstreuten Theil- fertig im Rath, tugendhaft kräftig zur That, keusch nehmer lebensfrischer ergänzen, das mögen die Tur- und kühn in der Kunst, unbekümmert um Gunst. ner in dem eigens zum Angedenken herausgegebe- Hoch lebe das deutsche Jungthum. Ein Jungthum, nen Fest-Album nachlesen. ein ächtes deutsches Jungthum wollte ich durch die Jahn war eingeladen, hatte sich aber zur Hinreise deutsche Turnkunst erringen. Ich nannte die Turn- nicht entschließen können. Mit der Verlesung seines nachstehenden, an die zu Heilbronn versammelten Turner gerichteten Sendschreibens wurde die am 2. August Abends 6 Uhr einberufene vorberathen- de Versammlung eröffnet. „Freiburg an der Un- strut den 28. Juli. Den zu Heilbronn versammelten Turnern schicke ich durch den Turnlehrer Lehman 17 „Beschreibung der Fahne. Die Fahne fliegt frei, und ist von Dresden meinen herzlichen Gruß. Und da ich nicht an den Stab festgenagelt. Der Fahnenstock endet nicht zu euch reden kann, so schreibe ich. Ist doch oben in einer goldenen Eichel. Das Flaggentuch hat die Landesfarbe. Die eine Seite trägt das Turnerzeichen (die ein Brief eigentliches geschriebenes Sprechen, soll- vier F, welche – wie hier auf der Fahne – zu einem deut- te es wenigstens sein. An meiner Gegenwart verliert schen Kreuz zusammengestellt sind). Die andere Seite trägt ihr weiter nichts, als ein lebendiges Zeugniß, wie das Gemeinde- (Stadt-) Zeichen, so daß also um das Stadt- ein Achtundsechziger noch leibhaft und lebhaft ist wappen nur der Name dieser Stadt steht, damit Auswär- und mit Geist und Herzen im Verein. Meine Rede tige erkennen, woher die Gemeinde ist. In den vier Ecken der Fahne sind drei Eichenblätter, zwischen ihnen zwei Ei- selbst möchte leicht lauten wie eines erwachten Sie- cheln, beides von Gold.“ Vgl. Abb. oben, S. 52. benschläfers verschollene Töne. Die noch lebende 18 Nachrichtsblatt für Deutschlands Turnanstalten und Turn- Vergangenheit würde über Erlebniß und Erstrebniß gemeinden (1846) 10, S. 81 – 83

166 Berichte über das Turnfest kunst deutsch, weil ich sie an Gemein- und Gemein- und Reden einer jener Abende verlebt wurde, deren deleben knüpfte und aus der Muttersprache meinen Andenken unvergeßlich bleibt. Kein Unfall hatte das Lebensquell tränkte. Mit Herz und Hand: Friedrich Fest gestört; es hatten aber auch Alle treulich zusam- Ludwig Jahn, geboren den 11. August 1778.“ men gewirkt. Die Behörde, die Bürgergarde, die gan- Von Gründung eines Schwäbischen Turnvereins ze Bürgerschaft, welche für diesen Tag die gewöhn- mit förmlichen Statuten wurde abgestanden, aber liche Berufsarbeit hatte ruhen lassen, war bei diesem beschlossen jährlich ein allgemeines Turnfest zu fei- wahrhaften Volksfeste unmittelbar betheiligt, und ern. Frankfurt möge 1847 damit den Anfang ma- der günstige Bericht, welcher über den befriedigen- chen. Als Mittel zu allgemeiner Besprechung tur- den Ausgang an den König von einem dazu ernann- nerischer Angelegenheiten und Verbreitung dahin ten Commissarius erstattet worden ist, bürgt dafür, gehöriger Mittheilungen wurde das zu Frankfurt er- daß ähnliche Feste fortan einen immer festeren Be- scheinende von Ravenstein dortselbst und Mülot zu stand gewinnen werden. Hanau herausgegebene Nachrichtsblatt für Deutsch- Schließlich fügen wir noch einige Nachrichten lands Turngemeinden bestimmt. Ueber ein allgemei- bei, welche der Turnwart Horlacher zur Aufnahme nes Turnerabzeichen fand eine Vereinbarung nicht in diese Blätter eingesandt hat. Vertreten bei dem statt. Schießübungen seien der Aufmerksamkeit der Feste waren folgende Orte: Aalen, Basel, Bruchsal, Turngemeinden zu empfehlen. Die Errichtung einer Butzbach, Karlsruhe, Künzelsau, Darmstadt, Dres- Turnkasse wurde abgelehnt, dagegen der Wunsch den, Ellwangen, Eßlingen, Frankfurt, Friedberg, ausgesprochen, abgehenden Mitgliedern zum Behufe Geißlingen, Gmünd, Göppingen, Hall, Hamburg, erleichterter Aufnahme in Turngesellschaften Zeug- Hanau, Heidelberg, Ludwigsburg, Marburg, Mann- nisse mitzugeben. Die Einführung des brüderlichen heim, Mainz, Meiningen, Neuenstadt a.L., Offen- „Du“ wurde zwar als wünschenswerth erkannt, je- bach, Pforzheim, Reutlingen, Schorndorf, Stutt- doch auch zugegeben, daß Ausnahmen davon durch gart, Tübingen, Ulm, Wimpfen. Am zahlreichsten persönliche Verhältnisse allerdings gerechtfertigt er- hatten sich die Turner eingefunden aus Heidelberg scheinen könnten. Dieß das Ergebniß der Berat- (183), Pforzheim (80) und Stuttgart (60), aus Heil- hungen am Festvorabend. Am 3. August Morgens bronn turnten 150, Gymnasiasten und Realschüler 7 Uhr zogen die Turner in langen Reihen durch die von da und aus der Nachbarschaft 350. Im Ganzen ganze Stadt zum Turnplatz, wo sie der Heilbronner 1175 Turner in 38 Männer- und 16 Knabenriegen. Sprecher Flaig empfing. Nachdem Eller von Mann- Des Morgens wurde viermal gewechselt; dann theils heim geantwortet begann das Ringen-Turnen, des- Dauerlauf, theils Freiübungen unter Spieß. Von den sen Pausen auf erheiternde Weise von dem Musik- angemeldeten 111 Wett-Turnern traten Nachmit- korps der jungen Turner aus Brakenheim ausgefüllt tags etwa 70 zurück, unter die 40, welche blieben, wurden. Das Wett-Turnen fand Nachmittags in der theilten sich die Preise wie folgt: 1. Enle von Stutt- herkömmlichen Weise an Reck, Barren und Schwin- gart, 2. Hangard von Hanau, 3. Spieß von Hanau, gel statt; doch mochte es schwer geworden sein, un- 4. Acher von Stuttgart, 5. Wedekind von Hanau, 6a. ter der großen Zahl der Wett-Turner eine richtige Koch von Pforzheim, 7b. Jung von Mainz, 8. Jung Folge der Turnfertigkeit in Bezug auf die Vertheilung von Pforzheim, 9. Scheible von Heidelberg, 10. der Preise festzustellen, zumal jedem Wett-Turner im Schneider von Mainz, 11. Hartmann von Gmünd, Ganzen nur drei bis vier Uebungen vergönnt werden 12. Felsing von Darmstadt. Das Kampfgericht be- konnten. Bei größeren Kampfspielen wäre es viel- stand aus 24 Turnwarten und Turnlehrern, welche zu leicht zweckmäßiger, den Wettlauf, den Gerwurf, das ihrer Vertretung wählten: Spieß mit 22, Waßmanns- Springen und das Ringen in ihre alten Rechte wieder dorf mit 21, Fischer mit 20, Buhl mit 18, Schärttner einzusetzen. Nachdem Georgii den Empfindungen mit 14 Stimmen. des Augenblicks in einer trefflichen Rede Worte ver- Das Turnfest hat in Heilbronn sehr wohlthä- liehen und den Heilbronnern gedankt hatte, verab- tig eingewirkt; die dortige Turngemeinde zählt jetzt reichten zwölf Jungfrauen die Preise, worauf in dem über 200 Mitglieder, worunter gegen 30 verheirathe- Actiengarten bei einfachen Erfrischungen, Gesängen te Männer.

167 Quellen und Materialien

15 Bericht über das Heilbronner Turnfest19

Das große Turnfest in Heilbronn am 2. und 3. Au- ge gestellt worden, unter welchen der des Turnwarts gust d.J. ist ein wahres Volksfest gewesen. Mehre- Felsing aus Darmstadt, auf Einführung eines allge- re Zeitungen liefern Berichte über dasselbe, auch meinen Turnerzeichens, bestehend in 4 in ein Kreuz ist ein eigenes Fest-Album in Heilbronn erschie- zusammengestellten F, von Seite des Dr. Eller aus nen. Der erste Tag war der Berathung gewidmet, an Mannheim lebhaften Widerspruch erfuhr. Dieß hat dem zweiten hat das eigentliche Turnen stattgefun- einigen Zeitungen Veranlassung gegeben, von Zwie- den. Aus 33 Orten haben sich Turner eingestellt, so spalt zu sprechen, ja die Karlsruher Turnzeitung er- dass sich ihre Zahl bis auf 1175 belaufen hat. Am klärt geradezu, mit dem Heilbronner Turnfest sei Vormittag des zweiten Tages ist in Abtheilungen die Zeit vorbei, wo solche Feste in Liebe und Ein- und zwar in 38 Männer- und 16 Knabenrigen ge- tracht gefeiert worden. Welcher ruhige Mann wird turnt worden, an dem Wett- und Preisturnen des aber darin den Untergang von Liebe und Eintracht Nachmittags haben 40 Turner Theil genommen. erblicken, wenn in einer Versammlung verschiedene Zu Preisrichtern sind gewählt worden: Spieß, Waß- Ansichten laut werden? So lange die Menschen ver- mannsdorf, Fischer, Buhl, Schärttner. Preise haben schieden sind, wird auch diese Erscheinung vorkom- erhalten 1) Enle von Stuttgard, 2) Hangard von Ha- men. Betrachte man also die Opposition des Dr. El- nau, 3) Spieß von Hanau, 4) Acher von Stuttgard, 5) ler als gar nichts Besonderes. Ueberhaupt wurzeln Wedekind von Hanau, 6) Koch von Pforzheim, 7) Liebe und Eintracht zu fest unter den Turnern, als Jung von Mainz, 8) Jung von Pforzheim, 9) Schei- dass die Ansicht eines Einzelnen, zumal eine so drol- bel von Heidelberg, 10) Schneider von Mainz, 11) lige, sie wankend machen könnte! (Dr. Eller mein- Hartmann von Gmünd, 12) Felsing von Darmstadt. te, weil die 4 F ein Kreuz bildeten, manche Turner – Bei diesem Feste ist beschlossen worden, alle Jahre aber, wie er, keine Christen seien, müsse der Antrag ein gemeinsames Turnfest und das nächste in Frank- verworfen werden). [...] furt a.M. zu feiern. Es sind noch einige andere Anträ-

16 „Die Heidelberger Turner in Heilbronn“20

Am 1., 2., 3. und 4. August 1846 fand in Heilbronn bis Sinsheim ausgedehnt. In dem alten Klostergar- das 2. schwäbische Landesturnfest statt. Es gestaltete ten daselbst wurde eine Erfrischung eingenommen sich dasselbe eigentlich zu einem allgemeinen deut- und nach kurzem Aufenthalt die Fahrt nach Wimp- schen Turnfeste, großartig, frisch und harmlos, als fen fortgesetzt, wo die Turner, da die Wagen den leuchtendes Beispiel für viele kommende Feste. Es Weg verfehlten, erst Nachts um 3 Uhr eintrafen; die hatten sich nicht allein Turner aus allen deutschen Mannheimer Turner waren schon angekommen. Auf Gauen eingefunden, auch aus der Schweiz waren 35 einfachem Strohlager wurde übernachtet. Vereine herbeigeeilt, um sich mit ihren deutschen Am frühen Morgen begann ein lustiges Treiben Brüdern im Wettkampfe zu messen. der großen Anzahl Turner, wohl nahezu 400, welche Am Samstag den 1. August früh kamen mit der sich in langem Zug ordneten, der sich gegen Heil- Bahn Mainzer, Frankfurter und Hanauer Turner bronn bewegte. Die Heilbronner Turner hatten Ab- hier an. Dieselben wurden von unseren Turnern aufs gesandte, sowie die Militärmusik zum Abholen ge- herzlichste empfangen und zum Essen unter die ein- schickt. Der Einzug in Heilbronn war großartig; zelnen Familien verteilt. Am Nachmittag wurden mit stürmischen Gut-Heil-Rufen wurden die Turner denselben schnell die Sehenswürdigkeiten von Stadt empfangen und aus jedem Auge strahlte Freude. und Schloß gezeigt und nun erfolgte die Abfahrt Bei dem am andern Tage stattfindenden Wett- mittelst Dampfboot den Neckar aufwärts. Von unse- turnen hatte der Verein das Glück, einen seiner bes- rem Verein beteiligten sich 183 Turner an der Fahrt ten Turner als Sieger zu sehen. Es war Turner Karl nach Heilbronn. Als Vertreter des Vereins auf dem Turntag war Franz Mittermaier gewählt. Die Dampfbootfahrt mußte leider unterbrochen werden, 19 Der Turner. Zeitschrift gegen geistige und leibliche Ver- da das Schiff oberhalb der alten Brücke auf einen krüppelung. Dresden (1846) Nr. 21, S. 272 f. 20 Stein auffuhr und ein Loch bekam. In Eile wurden KERZINGER, Franz: Zur 50jährigen Jubelfeier des Heidel- Leiterwagen aufgebracht und so die Fahrt zunächst berger Turnvereins. Heidelberg 1896, S. 10 – 12

168 Berichte über das Turnfest

Schaible, welcher unter 200 Preisturnern den Die Rückreise wurde am 4. August früh mit dem 9. Preis errang, einen Lorbeerkranz, und als Ehren- Dampfboot angetreten, jedoch mußten 16 Turner, gabe eine gestickte Reisetasche mit Ansicht der Stadt welche die Zeit verschlafen hatten und erst nach Ab- Heilbronn, von den Frauen und Jungfrauen gewidmet. fahrt des Dampfbootes an den Landungsplatz ka- [...] men, den Heimweg zu Fuß zurücklegen. Unsere Heidelberger Turner hatten sich bei der Der Einzug unserer Turner am Abend in unse- Einwohnerschaft Heilbronns und besonders bei den rer Stadt war feierlich. Der Lorbeerkranz des Siegers Festdamen sehr beliebt gemacht. Besonders waren Schaible hing an der Fahnenspitze. es ihr Humor und lustige Studentenstreiche, wel- Die glänzenden Tage von Heilbronn blieben den che überall zu Heiterkeit beitrugen und nur zu frühe Turnern unvergeßlich. nahte die Abschiedsstunde für unsere Turner.

17 Adolf Cluss über das Heilbronner Turnfest – „Copie aus Onkel Adolfs Brief“21

Ich erlaube mir, Dir eine Episode aus meinen jungen „Wohlauf noch getrunken“ mit Begeisterung vorge- Jahren, welche Bezug hat auf unsre jüngste Korres- tragen. Der alte Mann wurde völlig überwältigt von pondenz über Justinus Kerner, mitzuteilen. Rührung. Er sammelte sich, u. schickte G.M. auf Im August des Jahres 1846, wurde das erste deut- sein Studirzimmer um das Portrait des Dichters Ni- sche (nicht schwäbische) Turnfest in Heilbronn ab- kolas Lenau zu holen, welcher zur Zeit im Irrenhaus gehalten. Ich war zur Zeit als zweiter Architekt im untergebracht war. Bureau der hessischen Ludwigs-Bahn in Mainz an- Das große Portrait wurde in gehobener Stimmung gestellt. Auf meine Aufmunterung entschlossen sich von den Besuchern aufgenommen und in gebühren- 28 Mainzer Turner dem Feste beizuwohnen. Meine der Weise geehrt. Eltern luden die ganze Sippschaft ein zu uns zu kom- Die Mainzer Jünglinge u. Männer waren von der men, u. zur Zeit unser großes Haus als das ihrige zu echt schwäbischen Gastfreundschaft in unserm ge- betrachten. räumigen Haus angenehm überrascht u. bei ihrer Es traf sich, daß Einer meiner Mainzer Freunde, Rückkehr nach Haus mußte unser Germain ein Ge- Germain Metternich in Justinus Kerner‘s Haus er- dicht abfassen, welches in dem damals ganz neuen zogen worden war.22 Diß war fruchtbarer Boden für Farbdruck u. stattlichster Fassung nach Heilbronn die schlummernde Begeisterung für das noch neue an unsre Familie kredenzt wurde. Gedicht „Wohlauf noch getrunken“23 u. unser Vor- Ich habe das Gedicht für mein Leben in Ehren schlag wurde vom Bunde Einstimmig angenommen. gehalten u. mit mir geschleppt, weil es ja doch mei- Eine Turnfahrt nach Weinsberg u. der Weibertreue ne Jugend-Freunde waren, die mir bleibend im Ge- während des Festes wurde ins Programm aufgenom- dächtniß blieben. Da aber doch mein Ende nicht men. Vor dem Hause Kerner‘s angekommen stellte mehr zu lange ausbleiben kann, so mache ich mir Germ. Mett. auf einer speciell organisierten Tribü- den Spaß und das Vergnügen, Dir dasselbe als ein ne den alten Dichter J. K. [Justinus Kerner] vor. Aus Memento zuzuschicken u. hoffe daß Du meine Ab- zweitausend jungen Turner-Kehlen wurde ihm sein sicht würdigen wirst.

21 StadtA Heilbronn, D 100/102, Adolf Cluss an seine Nich- te Sophie de Millas; 14. September 1904 22 Diese Angabe von Adolf Cluss ist wenig glaubhaft, da sonst jeglicher Hinweis darauf fehlt. Germain Metternich (1811 – 1862) gehörte zu den Mainzer Revolutionären von 1848, war wie Cluss Mitglied des Bundes der Kommunis- ten und trug den Decknamen „Rheinfels“. Metternich emi- grierte 1849 in die Schweiz (vgl. auch unten, S. 186 f.). 23 Auch hier irrt Cluss; Kerner hat das Gedicht schon 1809 geschrieben.

169 Quellen und Materialien

18 Besucherbuch des Heilbronner Götzenturms24

24 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43 – 47

170 Besucherbuch des Götzenturms

171 Quellen und Materialien

172 Besucherbuch des Götzenturms

173 Quellen und Materialien

174 Teilnehmer am Heilbronner Turnfest 1846

Zusammengestellt von MARTIN EHLERS, ANNETTE GEISLER, ANNETTE HOFMANN, MICHAEL KRÜGER, PETER WANNER und LOTHAR WIESER

Die folgende Zusammenstellung enthält 172 Namen von Teilnehmern am Heilbronner Turnfest 1846 – alle, die im Rahmen dieser Veröffentlichung ermittelt werden konnten. Als Hauptquellen dienten die beiden gedruckten Festalben und ein erst kürzlich entdecktes Besucherbuch, das auf oder im Götzenturm in Heil- bronn auslag und in das sich während der Turnfesttage über 70 Turner eingetragen haben. Die Namen wurden soweit möglich durch biographische Angaben ergänzt. Teilweise waren die Vorna- men nicht zu ermitteln; erschlossene Namen stehen in Klammern. Die Quellennachweise erfolgen aus Grün- den der Übersichtlichkeit bei jedem Eintrag.

Acher, N.N. Binder, Eugen Turner aus Stuttgart „Schon das große Turnfest von 1846 machte ich als FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13, 18; KIES, Album 8jähriger Turnschüler von Wimpfen mit & habe (1846), S. 31 noch manche Einzelheiten wohl im Gedächtnis.“ StadtA Heilbronn, D 100/52; Brief von Eugen Binder, 1895 Batz, N.N. Turner aus Neuenstadt Blind, Carl FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 geb. 4. September 1826 Mannheim gest. 31. Mai 1907 London Bauer, Carl 1844 – 1847 Studium in Heidelberg, Mitglied des Stud. jur. in Heidelberg, aus Wiesbaden (radikal-demokratischen) studentischen „Neckar- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44; TOEP- bundes“; ab 1847 Mitglied des Bundes der Kommu- KE, Matrikel V (1904), S. 755, Nr. 41 nisten; 1847 wegen eines Liedes für das Heidelberger Turn- und Sangfest 1847 relegiert; enger Mitarbei- ter von Gustav (von) Struve, wie dieser Mitglied des Beck, N.N. Mannheimer Turnvereins; 1848 im Karlsruher Ar- Turner aus Stuttgart oder Zürich; er trug in Weins- beiterverein, am Streik der Arbeiter der Kessler’schen berg ein Gedicht seines Bruders A. Beck vor. Fabrik beteiligt. Am 8. Januar 1848 zusammen mit FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 27, 28 Germain Metternich Moderator der Hattershei- mer Turnerversammlung. Aufruf zum „Tyrannen- mord“. Betz, Marie Louise 29. Februar 1848 wegen „Putschversuchs“ gefan- geb. 28. Oktober 1827 Heilbronn gen genommen, im März durch Amnestie in Freiheit. gest. 1. März 1849 Heilbronn Teilnahme am Heckerzug, Flucht in die Schweiz; im „Meine Tante [Marie Louise Betz], die Schwester September 1848 Begleiter Struves; nach dessen Aus- meines Vaters, [...] war verlobt mit Dr. med. Mang- rufung der Republik in Lörrach Schriftführer. Zu- ni aus Mannheim, der als Heidelberger Student und sammen mit Struve in Haft, Prozess in Freiburg, Mitglied der Turngemeinde Heidelberg auf dem Verurteilung und Haft in Bruchsal; von seinem ehe- Turnfest 1846 in Heilbronn und mit zwei weite- maligen Kommilitonen Gustav Adolph Schlöffel am ren Heidelberger Studenten im Quartier in meinem 13. Mai 1849 befreit. Schriftführer des Badischen großelterlichen Hause war.“ Landesausschusses, Redakteur der Karlsruher Zei- StadtA Heilbronn, D 100/52; Notizen von Carl Betz jun. tung. Ende Mai 1849 Sekretär der badisch-pfälzi- schen Gesandtschaft in Paris. Nach der Niederschla- gung der Revolution in Frankreich verhaftet und Binder, N.N. nach drei Monaten Untersuchungshaft nach Eng- Turner aus Göppingen land abgeschoben. In London „bedeutender Vertre- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 ter des Deutschtums“ (LAUTENSCHLAGER). Zahlrei-

175 Teilnehmer am Turnfest che politische Schriften und Zeitungsbeiträge, u.a. brochen Mitglied des beratenden Ausschusses für Vorträge im Deutschen Turnverein, London. den XI. Kreis. Georgii bezeichnete Buhl als „Turn- 140 Jahre Heidelberger Turnverein (1986); ALTHAUS, vater Schwabens“. Colonie (1873), S. 241 ff.; Deutscher Turnverein (1911); FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13, 14; GEORGII, Buhl HENNINGS, Deutsche (1923), S. 71 ff.; HIRSCH, Karl Blind (1882); RÜHL, Turner (1901), S. 42 f. (1998), S. 89 – 92; LAUTENSCHLAGER, Carl Blind (1935); MUMM, Arbeiterverein (1988); REIMANN, Hochverratspro- Buob, Paul Constantin Rudolf zeß (1985); TAPP, Hanau (1976), S. 254 geb. 23. Januar 1823 Stuttgart Stud. jur. in Tübingen 1842 – 1847, aus Urach; aus Borst, N.N. den Strafbüchern der Universität Tübingen geht „Turnlehrer aus Geislingen“ hervor, dass Buob disziplinarisch belangt wurde, aber nicht wegen seiner turnerischen Aktivitäten, StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43 sondern wegen üblicher studentischer Unbotmäßig- keiten. Breidenbach, H. Regierungsblatt für das Königreich Württemberg 1842, Turner? S. 226; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 UniversitätsA Tübingen 40/34,31 Clavel, Robert Bribois, N.N. geb. 27. März 1828 Regensburg „Turner aus Iferten[?]“ (Yverdon?) Stud. jur. in Tübingen 1845 – 1850; aus den Straf- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 büchern der Universität Tübingen geht hervor, dass Clavel disziplinarisch belangt wurde, aber nicht we- gen seiner turnerischen Aktivitäten, sondern we- Buhl, Johannes gen üblicher studentischer Unbotmäßigkeiten. geb. 10. Juni 1804 Beutelsbach, Württemberg 19.09.1848 bis 03.11.1848 auf dem Hohenasperg gest. 13. Juni 1882 Gut Hohlenstein interniert wg. „Aufruhr“. Nach der Volksschule in Beutelsbach Unterricht StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; Uni- bei Präceptor Schall in Schorndorf 1816 – 1818, versitätsA Tübingen 40/37,50 der seine Schüler turnen ließ. Kaufmännische Leh- re und sieben Jahre Handlungsgehilfe in Stuttgart (ohne dort zu turnen). 1829 Gründung eines Eisen- Cluss, Adolf Ludwig geschäftes in Schwäbisch Gmünd. 1831 Mitgründer geb. 14. Juli 1825 Heilbronn eines Vereins zur Rettung bei Feuersgefahr; von da gest. 24. Juli 1905 Washington, D.C. an für das Feuerwehrwesen tätig; 1847 Hauptmann Zimmermann und Architekt, seit 1846 in Mainz; der Steigerabteilung des Turnvereins, ab 1869 der Mitglied im Bund der Gerechten / der Kommunis- gesamten Turnerfeuerwehr. ten, 1848 Gründungsmitglied und Sekretär des Ar- Mitgründer der Turngemeinde Gmünd 1844 beiterbildungsvereins Mainz. (Vorsitz bis zu seinem Tod). 1844 Aufruf zu einem Am 15. September 1848 Ankunft in New York, schwäbischen Lieder- und Sängerfest, bei dem un- seit März 1849 als Ingenieur in Washington (US ter Beteiligung von Stuttgartern und Tübingern der Navy), enger Kontakt mit Karl Marx, Friedrich En- gels, Joseph Weydemeyer etc. Nach 1864 der füh- Zusammenschluss der Turner beraten wurde; dies 1 war der Auftakt zur Reihe der schwäbischen Turn- rende Architekt in Washington, D.C. feste. Teilnehmer am Turnfest in Frankfurt 1847 Adolf Cluss (2005); WANNER, Cluss (1999); StadtA Heil- und der beiden Turntage in Hanau 1848. Anhänger bronn, D 100/102 Brief von Adolf Cluss an seine Nichte des Deutschen Turnerbundes. Unterstützung der Sophie de Millas, 14.09.1904 Reichsverfassung 1849, von Soldaten misshandelt, 14 Tage in Haft. Seit 1848 ununterbrochen Stadtrat in Schwäbisch Gmünd. 1870 Leiter einer freiwilligen Krankenpfleger-Ab- teilung im deutsch-französischen Krieg. Seit Grün- dung der Deutschen Turnerschaft 1868 ununter- 1 vgl. oben, S. 73 – 78

176 Borst – Engel

Dippel, [Heinrich] am 12. September 1847. Anhänger von Hecker und Stud. jur. in Heidelberg, aus Limburg/Lahn Struve, deshalb in Untersuchung. 1848 vom demo- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 31; TOEPKE, Matrikel VI kratischen Verein in Karlsruhe zur Wahl ins deut- (1907), S. 3, Nr. 45 sche Parlament vorgeschlagen. 1849 Wahlmann für die Wahlen zur Nationalversammlung; Eller rief zur Loyalität für die Reichsverfassung auf. Der Teilnah- Ditteney, G. 2 me am Volksaufstand beschuldigt, deshalb am 6. „Stud. juris in Heidelberg“ Juli 1849 Amtsenthebung und Untersuchungshaft. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43 Freispruch 1850; Wiederzulassung als Rechtsanwalt. 1870 Wahl in den badischen Landtag und in den Doderer, N.N. Mannheimer Gemeinderat. Turner der Turngesellschaft Stuttgart FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 9, 12; HAUG, Turnplatz (1998), S. 133 f.; HIRSCH, Karl Blind (1998), S. 125 ff.; FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 KIES, Album (1846), S. 22; Mannheim, Dein Turnverein (1971), S. 14 f.; RAAB, Revolutionäre (1998), S. 190 f. Ehlers, Ulrich Stud. jur. in Heidelberg, aus Neu-Buckow; 1846 Mitglied des Heidelberger Turnvereins Elwert, [Carl] Stud. jur. in Tübingen, aus Kleinsachsenheim StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 Regierungsblatt für das Königreich Württemberg 1846, (Vlrich); TOEPKE, Matrikel V (1904), S. 751, Nr. 487 (Vlrich) S. 178; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44

Elben, Leopold Christian Eduard Endreß, N.N. geb. 12. September 1825 Stuttgart Turner aus Öhringen gest. 9. August 1902 Stuttgart FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 Stud. jur. in Tübingen; trug sich unter „2. August am Vorabend des 2. schwäb. Turnfestes“ in das Be- Engel, Johann Friedrich August sucherbuch des Götzenturms ein. geb. 17. November 1818 Hanau Regierungsblatt für das Königreich Württemberg 1843, gest. 1867 Genf (Schweiz) S. 710; Schwäbische Lebensbilder 3 (1942); StadtA Heil- Graveur. 1848 Vorturner der 18. Riege der Hanau- bronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43 er Turngemeinde. 1849 Mitglied der 5. Kompanie der Bürgergarde. Als Vorstandsmitglied der Turn- Eller, Elias gemeinde unterzeichnete er den Aufruf der Hanau- geb. 24. Januar 1813 Mannheim er Vereine vom 30. April 1849 zur gewaltsamen Er- gest. 12. August 1872 Mannheim hebung zum Schutz von Nationalversammlung und Ab 1822 Besuch des Lyzeums in Mannheim. Ge- Reichsverfassung. Hauptmann der 1. Kompanie der meinsam mit Friedrich Hecker Studium der Rechts- Hanauer Turner beim Marsch nach Baden; an der wissenschaften in Heidelberg und München. 1842 Verteidigung des Schlosses in Hirschhorn und an Advokat am Oberhofgericht in Mannheim. 1846 der Schlacht bei Waghäusel beteiligt. Flucht in die Vorstandsmitglied des Turnvereins. Als Jude lehnte Schweiz. In Abwesenheit zu sechs Jahren Zuchthaus Eller auf dem Heilbronner Turnfest das von Hein- verurteilt. Engel lebte zuletzt im Café de la Concor- rich Felsing vorgestellte Turnerkreuz als „Christen- de in Genf. zeichen“ ab. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; GEISEL, Turnerwehr Im leitenden Komitee des Vaterländischen Ver- (1974), S. 168; RAAB, Revolutionäre (1998), S. 194; eins. Teilnehmer der 1. Offenburger Versammlung StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45; TAPP, Hanau (1976), S. 393, 399 f., 407

Engel, N.N. 2 So im Besucherbuch; allerdings nicht in TOEPKE, Matri- Turner aus Heilbronn; gehörte zu den „jungen Tur- kel V (1904) bzw. TOEPKE, Matrikel VI (1907) verzeich- nern“. net. Der Eintrag im Besucherbuch liest sich Sisteney; dieser Familienname ist jedoch in Heidelberg im 19. Jahrhundert FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16; JOOSS, Turngemeinde im Gegensatz zu Ditteney völlig unbekannt. (1895), S. 19

177 Teilnehmer am Turnfest

Enle, N.N. Felsing, Heinrich Turner aus Stuttgart; einer der „älteren Turner“. geb. 18. September 1800 Darmstadt FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 18; JOOSS, Turngemeinde gest. 29. März 1875 Darmstadt (1895), S. 19; KIES, Album (1846), S. 31 Als Schüler in Darmstadt 1817 erste turnerische Er- fahrungen mit Christian Sartorius aus dem Kreis der „Gießener Schwarzen“. 1843 wurde Felsing eines Erbe, N.N. der ersten Mitglieder der neugegründeten „Turn- Turner der Turngemeinde Stuttgart anstalt auf Aktien“; Turnlehrer war Franz Wilhelm FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 Metz. Ausbildung zum Kupferstecher im väterlichen Erlenmaier, N.N. Betrieb. Nach Lehrjahren in Paris Übernahme des Turner aus Ludwigsburg Familienbetriebes. Von Euler in der Turn-Zeitung 1846 als „berühmtester Kupferstecher Europas“ ti- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 tuliert. „Erfinder des Turnerkreuzes“, das auf dem Heilbronner Turnfest als Entwurf zum ersten Mal Euler, Karl öffentlich vorgestellt wurde. Es wurde jedoch auf Be- geb. 8. Februar 1828 Kirchenbollenbach treiben von Dr. Eller aus Mannheim vom Turntag gest. 15. September 1901 Berlin abgelehnt (später allgemein anerkannt). In der 1846 „Turnlehrer aus Bruchsal“; Turn-Schriftsteller. Stu- neugegründeten Turngesellschaft Darmstadt wurde dium der Theologie in Berlin. Turnerische Ausbil- Felsing Vorsitzender (bis 1863). Darüber hinaus en- dung in Eiselens Turnanstalt. Ohne Studienabschluss gagierte er sich in zahlreichen Vereinen zum Wohl Übernahme einer Turnlehrerstelle in Breslau. Sein und zur Unterstützung seiner Mitbürger. In den Re- schroffes Wesen soll ihn immer wieder zu Stellen- volutionsjahren trat Felsing für die strikte Trennung und Wohnortwechseln angetrieben haben. Wech- von Turnen und Politik ein. Aus gesundheitlichen sel nach Königsberg, anschließend nach Danzig, wo Gründen gab er 1863 seine Ämter ab. 1840 seine erste Veröffentlichung „Deutsche Turn- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 7, 9, 18, 20; KIES, kunst” erschien. Mitglied des theologischen Semi- Album (1846), S. 31; KRAMPE, Felsing (1886) nars in Wittenberg, Wechsel nach Köln. Dort 1843 Mitgründer des Kölnischen Turnvereins. Schrift „Über die Notwendigkeit und Art der Organisation des Militär-Turnwesens”. Fischer, Wilhelm Friedrich 1845 Wechsel nach Baden. Ausbildung von Militär- geb. 27. Januar 1816 Reutlingen Instruktoren für Turnen in der Badischen Armee sowie gest. 13. September 1851 Reutlingen Vorturnern und Turnlehrern an verschiedenen Gym- Turnlehrer am Lyzeum der Stadt Reutlingen. 1843 nasien. Mit-Herausgeber der Karlsruher Turn-Zeitung treibende Kraft bei der Gründung der „Turngesell- 1846/47. Zunehmende Gegnerschaft, da er befürwor- schaft”. Zusammen mit Johannes Buhl aus Gmünd tete, das gesamte Turnen dem Staat zu unterstellen. regte er das erste württembergische Turnfest 1845 Im Herbst 1847 Wechsel nach Luxemburg, im Sep- in Reutlingen an. Der Reutlinger Verein trat 1849 tember 1848 nach Amsterdam, von dort über Utrecht für den Anschluss an den „Hanauer Democratischen und Leauwarden nach Haarlem, wo er am Reichsschul- Turnerbund” ein. lehrerseminar acht Jahre unterrichtete. Gegnerschaft FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13 f., 18; HAUG, Turn- durch seine „Demokratischen Briefe”. 1860 Wechsel platz (1998), S. 162 f.; JOOSS, Turngemeinde (1895), S. nach Brüssel. Eintreten für das „Deutschtum” in Bel- 14; StadtA Reutlingen, E-Mail-Nachricht vom 21.02.2007 gien. Schriftstellerische Tätigkeit für Zeitungen in hol- ländischer und französischer Sprache. EULER, Handbuch I (1894), S. 286 ff.; FLAIGG, Fest-Album Fix, [Jean] (1846), S. 3; Turn-Zeitung (Karlsruhe) 1 (1846) 2 Turner aus Stuttgart; angeblich neben Lelong der „andere Hanauer”, der zum Fürsten von Langenburg Faber, Adolf gesandt wurde, um dort das Turnen einzuführen. „jur. stud. aus Heidelberg“, aus Königsbronn FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13, 18; GEORGII, Aufsät- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44; Toepke, ze (1885), S. 3; Geschichte der deutschen Turnbewegung Matrikel VI (1907), S. 5, Nr. 90 (1973), Register; KIES, Album (1846), S. 31

178 Enle – Georgii

Flaigg, Rudolf Frank, [Wilhelm von] Gründungsmitglied der Heilbronner Turngemein- Stud. jur. in Heidelberg, aus Hechingen de 1845, zum Zeitpunkt des Turnfestes ihr Spre- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; TOEP- cher; Autor eines der beiden Turnfest-Alben. 1844 KE, Matrikel V (1904), S. 745, Nr. 354 „Hauptlehrer an der hies. höheren Töchteranstalt“; 1846 Privatlehrer in Heilbronn. 1849 trat Flaigg als Dichter der in Heilbronn erschienenen „Bilder aus Frech, [Friedrich Johann Wilhelm] dem Proletariat“ hervor. Stud. jur. in Heidelberg, aus Koblenz; 1846 Mitglied des Heidelberger Turnvereins FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 12, 19, 29; JOOSS, Turngemeinde (1895), S. 9, 11; HStA Stuttgart, E 147 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; Bü 1946/13 TOEPKE, Matrikel V (1904), S. 716, Nr. 246

Frank, Aron Frey, Albert4 geb. 27. Juni 1825 Karlsruhe geb. 20. Mai 1828 Heilbronn Studium in Heidelberg; Mitglied des radikalen stu- Turner aus Heilbronn dentischen „Neckarbundes“. Zeugwart des Hei- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 47 delberger Turnvereins. Beim Deutschen Turnfest in Frankfurt a.M. 1847 trat er als Redner auf und erturnte einen 7. Preis. Beim 1. Hanauer Turn- Freyburger, Emil tag am 3. April 1848 stellvertretender Vorsitzen- geb. 27. Mai 1825 Eggenstein der. In Karlsruhe „Vorstand und Hauptteilneh- gest. November 1899 Achern mer“ im Deutschen Verein, demokratischen Verein Stud. ev. theol. in Tübingen 1846 – 1847, aus Mal- und Volksverein. Redakteur des „Verkünder“. 1849 terdingen bei Emmendingen; Dr. phil., Schriftsteller Stellvertretender Zivilkommissär in Bruchsal. Revo- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; lutionsteilnehmer; des Hochverrats beschuldigt und UniversitätsA Tübingen 40/63,63 zur Fahndung ausgeschrieben. Flucht in die USA, dort wieder in der Turnbewegung aktiv. Fürgang, N.N. HERTERICH, Baden (1977); KERZINGER, Heidelberg (1896), Turner aus Aalen S. 17; NEUMANN, Turnbewegung (1968); RAAB, Revolutio- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 näre (1998), S. 231 f. Georgii, Theodor Frank, N.N. geb. 9. Januar 1826 Esslingen Turner aus Heidelberg – evtl. identisch mit Aron gest. 25. September 1892 Wilhelmsdorf Frank oder Wilhelm von Frank. Führende Persönlichkeit der Turnbewegung in der FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13 Revolution von 1848/49 und weit darüber hinaus. Er trat auf den vormärzlichen Turnfesten in Württem- berg als junger, charismatischer Redner hervor, war 1846 beim Turnfest in Heilbronn Protokollführer, leitete den Turntag 1848 in Hanau, gründete mit anderen schwäbischen Turnern am 1. Mai 1848 den Schwäbischen Turnerbund und rief 1860, gemein- 3 Vgl. oben, S. 153 sam mit Karl Kallenberg, die deutschen Turner zur 4 Dieser Eintrag schließt sich im Besucherbuch des Götzen- „Sammlung“ zum Turnfest nach Coburg. Seitdem turms nach vier (eingeschobenen?) Einträgen mit Datum leitete er 27 Jahre lang die Deutsche Turnerschaft. 14. August (1846) an und lautet: „Albert Frey aus Heil- Seit 1850 gab er das „Turnblatt für und aus Schwa- bronn. Turner“. Ob die vier darauf folgenden Einträ- ge ebenfalls Turner betreffen, lässt sich nicht feststellen; ben“ heraus, aus dem 1856 die Deutsche Turn-Zei- es handelt sich um Ernst Löfflen (Schreinermeister Ernst tung hervorging, bis 1936 Organ der Deutschen Löfflen aus Heilbronn?), Ernst Dauer aus Heilbronn, Karl Turnerschaft. Nach seinem Ausscheiden als Vorsit- Korb aus Mannheim und Julius Mosen aus Oldenburg. Ob zender wurde er zum lebenslangen Ehrenvorsitzen- Julius Mosen anlässlich des Turnfestes in Heilbronn gewe- sen ist, ist eher unwahrscheinlich, da er damals bereits be- den der Turnerschaft ernannt. kannt war („Tiroler Freiheitslied“) und sein Besuch wohl in Georgii studierte Jura in Tübingen und arbeitete der Turnfest-Literatur erwähnt worden wäre. als Rechtsanwalt in Esslingen. Er gilt als Vertreter ei-

179 Teilnehmer am Turnfest ner liberal und demokratisch ausgerichteten Turner- Goetz, Gustav schaft – sie sollte nach seiner Auffassung, die er auch „Turner aus Wiesbaden“ durchsetzte, kein politisches Mandat beanspruchen, StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 aber jedem einzelnen Turner ein eigenes politisches Urteil zubilligen. Die Turnvereine sah er als wichti- Hagen, Jean ge Elemente einer freiheitlich-liberalen Bürgergesell- „Turner aus Mannheim“; 1846 Mitglied des Mann- schaft. Georgii förderte gegen Ende seiner Laufbahn heimer Turnvereins. als Vorsitzender der Turnerschaft die Wandlung zur nationalen und staatstragenden Institution, die sich StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 als Stütze des Reichs und insbesondere Bismarcks verstand. In diesem Sinn forderte Georgii den Aus- Hangard, Johann Peter schluss sozialistischer Arbeiter aus den Turnvereinen. geb. 4. Januar 1827 Hanau BAUSINGER, Georgii (2006); FLAIGG, Fest-Album (1846), gest. 15. August 1864 Hanau Der Goldarbeiter wird als „eifriger und tüchtiger S. 5 f., 9, 13, 16 ff.; GEORGII, Aufsätze (1885); KIES, Turner“ bezeichnet, der beim Heilbronner Turn- Album (1846), S. 31; RÜHL, Turner (1901), S. 85 fest einen 2. Preis erhält, beim Frankfurter Turnfest 1847 einen 1. Preis (und damit einen Eichenkranz). Gerber, Wilhelm Maximilian 1848 Mitglied in der 1. Riege der Hanauer Turn- geb. 29. März 1822 Rendsburg gemeinde. Beim Auszug der Turner nach Baden als Student der evangelischen Theologie in Tübingen Schütze in der 1. Kompanie; aus Mosbach nach Ha- 1846 – 1847, stammte aus Bramstedt/Holstein; nau zurückgekehrt; keine Anklageerhebung. 1868 Pastor in Klixbill, 1878 – 1894 Pastor in Bors- 150 Jahre Turngemeinde Hanau (1987), S. 33; FLAIGG, fleth. Fest-Album (1846), S. 18; GEISEL, Turnerwehr (1974), StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; Uni- S. 191; KIES, Album (1846), S. 31; StadtA Heilbronn, versitätsA Tübingen 40/69,16 E 001/346 Besucherbuch, S. 45 Härle, Georg Glocker, Rudolph geb. 30. Oktober 1821 Heilbronn Turner (aus Heilbronn oder Stuttgart?); Redner bei gest. 26. Juli 1894 Heilbronn der Heilbronner Versammlung am 10. September Initiator der Turngemeinde Heilbronn, nachdem 1848: „Bei jenem Turnfeste sprach ich mich offen mehrere Turner unter seiner Leitung „schon gerau- und frei hier schon aus, als einzelne Sprecher alles me Zeit in hiesiger Stadt Turnübungen gepflegt hat- Politische in Reden fern gehalten wissen wollten; ten“5; schon bei der Gründung der Turngemeinde daß dies den Turner zum Seiltänzer herabwürdigen Heilbronn 1845 zum Ehrenvorstand ernannt. Här- heiße, wenn man nicht auch auf seine geistige Erhe- le war als Kaufmann bei der Heilbronner Papierfab- bung wirken dürfe und wolle“. rik der Gebrüder Rauch, später als technischer Lei- ter. 1866 Mitbegründer des Volksvereins, seit 1875 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45; StadtA Mitglied des Bürgerausschusses und des Gemeinde- Heilbronn, Neckar-Dampfschiff v. 16.09.2007 rats der Stadt. 1883 – 1886 Landtagsabgeordneter, 1878 – 1887 und 1890 – 1893 Reichstagsabgeord- Goebel, Hermann neter. 1891 Ernennung zum Ehrenbürger der Stadt „Turner aus Mannheim“; im Mitgliederverzeichnis Heilbronn. des Mannheimer Turnvereins von 1846 ist der Name FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5; JOOSS, Turngemeinde Goebel dreimal verzeichnet. (1895); StadtA Heilbronn, ZS 10155 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45

Goerig, Fritz Der „ex Gastwirt“ aus Mannheim wird im Mitglie- derverzeichnis des Mannheimer Turnvereins von 1846 als Dr. Fritz Goerig geführt. 5 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 JOOSS, Turngemeinde (1895), S. 6

180 Gerber – Hoffmann

Hartmann, N.N. lig in England im Kreis Gottfried Kinkels vermutet. Turner aus Schwäbisch Gmünd Emigration in die USA, wo sich Adolf Hexamer als FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13, 18; KIES, Album Arzt in New York niederließ. (1846), S. 31 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 20, 23; KERZINGER, Heidel- berg (1896), S. 8; MUMM, Arbeiterverein (1988), S. 15; LAUTENSCHLAGER, Volksstaat (1920), S. 427 f.; RAAB, Hauff, Fr[iedrich] jr. Revolutionäre (1998), S. 389; TOEPKE, Matrikel V (1904), „Bierbrauermeister aus Hanau“ S. 691 Nr. 216; ZUCKER, Forty-Eighters (1950) StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45

Heidger, N.N. Hexamer, Wilhelm Turnwart aus Ludwigsburg geb. 11. April 1825 Koblenz FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13 gest. 25. April 1870 Hoboken, USA (?) Student der Mineralogie in Heidelberg und Karlsru- Hentges, Louis (Ludwig Johann) he (Polytechnikum), zusammen mit seinem Bruder geb. 6. September 1818 Heilbronn Ernst. Mitglied des Heidelberger Turnvereins von gest. 9. November 1891 Heilbronn 1846; Mitglied der Gesangsriege als II. Tenor. Ei- Der Bierbrauer Louis Hentges hielt die Abschlussre- ner der Brüder Hexamer unterrichtete unentgeltlich de des Turnfests; 1848 wurde er Ehrenmitglied der im Knabenturnverein. 1849 Adjutant seines Bru- Heilbronner Turngemeinde. Hentges war die popu- ders Adolf in der Volkswehr, nach ZUCKER in Sigels lärste Gestalt der Revolution von 1848 in Heilbronn Corps, in dem der vierte der Hexamer-Brüder, Fritz, und von Juni 1848 bis Februar 1849 Abgeordneter mitkämpfte. in der Nationalversammlung in Frankfurt a.M. Im Flucht in die Schweiz, Emigration in die USA, wo Frühjahr 1849 wechselte Hentges in das Lager des sich Wilhelm Hexamer als Ingenieur in Hoboken, Vaterländischen Vereins, woraufhin er Heilbronn N.Y. niederließ. Dort in den Stadtrat gewählt. Im für einige Zeit verlassen musste. Bürgerkrieg organisierte er eine ausschließlich aus Deutschen zusammengesetzte Artilleriekompanie (A FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 21, 23; KIES, Album of New Jersey), die sich bei Antietam auszeichnete. (1846), S. 40; Revolution im Südwesten (1997), S. 258 Zuletzt im Rang eines Hauptmanns. Eine Kriegsver- letzung ist mit ursächlich für seinen frühen Tod. Hertwig, J[ohann] G[eorg] FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 20, 23; KERZINGER, Heidel- Student in Heidelberg, aus Neustadt an der Heide; berg (1896), S. 8; MUMM, Arbeiterverein (1988), S. 15; Hertwig fehlt 1846 in der Mitgliederliste des Heidel- RAAB, Revolutionäre (1998), S. 389; TOEPKE, Matrikel V berger Turnvereins. (1904), S. 691 Nr. 217; ZUCKER, Forty-Eighters (1950) StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46; Toepke, Matrikel VI (1907), S. 5, Nr. 73

Höchel, Jakob David Hexamer, Adolf geb. 19. Februar 1789 Backnang geb. 10. Januar 1824 Koblenz gest. 28. Oktober 1861 Heilbronn gest. 20. Januar 1859 New York (?) Vorstandsmitglied der Turngemeinde Heilbronn; Stud. med. in Heidelberg. Mitglied des Heidelber- Oberpräceptor am Heilbronner Gymnasium. ger Turnvereins von 1846. Zusammen mit seinem Bruder Wilhelm Gründungsmitglied des Arbeiter- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 9 vereins. Nach ZUCKER im Preußischen Staatsdienst in Berlin; dort „leading part in collecting funds for the Revolution“. Die Brüder Hexamer gelten als „Chefs der roten Demokratie in Preußen“ (RAAB). Hoffmann, H. 1849 Kriegskommissär der Neckararmee der Volks- Turnwart aus Esslingen wehr. Der „Erpressung und Plünderung öffentlicher FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; StadtA Heilbronn, Kassen“ beschuldigt. Flucht in die Schweiz; zeitwei- E 001/346 Besucherbuch, S. 44

181 Teilnehmer am Turnfest

Hölder, [Julius] Horst, Carl geb. 24. März 1819 Stuttgart geb. 6. Februar 1826 gest. 30. April 1887 Stuttgart gest. 16. Januar 1872 „Turner aus Ellwangen“. „Schon auf dem Stuttgar- „Turner aus Hanau“; Graveur. 1848 Mitglied der ter Gymnasium Mitglied eines für die Freiheit und 1. Riege der Hanauer Turngemeinde. Schütze der Einheit Deutschlands schwärmenden Turnvereins“ – 1. Kompanie beim Auszug nach Baden am 2. Juni Gründungsmitglied der Turngemeinde in Stuttgart; 1849. Entfernte sich in Neckargemünd mit der Be- 1835 – 1837 Ausbildung am Heilbronner Kameral- gründung, dass „der Zweck des Unternehmens, amt, danach Stud. jur. in Tübingen und Mitglied nämlich Schutz der Reichsverfassung in der Pfalz, der verbotenen Burschenschaft. vereitelt worden sei“. Keine Anklageerhebung. Ab 1841 im Staatsdienst, zunächst in Stuttgart, GEISEL, Turnerwehr (1974), S. 207; StadtA Heilbronn, dann in Ellwangen. Bei den Wahlen zur Nationalver- E 001/346 Besucherbuch, S. 44 sammlung 1848 Kandidat der „äußersten Linken“. Wegen seiner politischen Haltung vom Innenmi- nisterium verwarnt. Vom „Märzministerium“ zum Huber, Heinrich Regierungsrat im Innenministerium ernannt. 1850 geb. 11. April 1823 Hanau auf einen politisch einflusslosen Posten versetzt; Ja- gest. 8. April 1889 Hanau nuar 1853 Entlassung aus dem Staatsdienst. Nieder- Goldarbeiter. Mitglied des Demokratischen Vereins. lassung als Rechtsanwalt in Stuttgart. Mitglied des 1849 Angehöriger der 6. Kompanie der Bürgergar- Bürgerausschusses, ab 1863 Stadtrat. 1856 – 1868 de. Teilnehmer beim Auszug der Hanauer Turner Mitglied des Landtages (für Besigheim und Göppin- nach Baden. Sollte in die polnische Legion einge- gen). Mitglied des Nationalvereins, Befürworter der reiht werden, weshalb er sich nach zehn Tagen ent- Eingliederung Württembergs ins Deutsche Reich. fernte (Aussage im Strafverfahren). Keine Anklageer- Nationalliberaler Reichstagsabgeordneter; Vizeprä- hebung. 1861 Mitglied im Neustädter Turnverein. sident und Präsident der Württembergischen Abge- GEISEL, Turnerwehr (1974), S. 208; StadtA Heilbronn, ordnetenkammer, ab 1881 Minister des Innern und E 001/346 Besucherbuch, S. 45 in den Adelsstand erhoben. BLUM, Vorkämpfer (1899), S. 217 – 239; FLAIGG, Fest- Hummel, Louis Album (1846), S. 5; HAUG, Turnplatz (1998), S. 81; Turner „aus Schorndorf von Vaihingen“ RABERG, Handbuch (2001), S. 366 f.; Preußische Jahrbü- cher 1888, S. 213 ff.; Schwäbische Kronik 1887, S. 1573 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 47

Holtenmüller, N.N. Turner aus Neckarsulm Jung, Karl [Adolf?] „Stud. jur. in Heidelberg, aus Mainz“ (Besucher- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 buch). 1846 Mitglied des Heidelberger Turnvereins. Turner der Mämpel´schen Turngemeinde in Mainz. Horlacher, E. Wurde durch das Kampfgericht in Heilbronn mit Turner aus Tübingen, „gen. Philipp Dr. jur. in spe dem Turner Jung aus Pforzheim verwechselt. Auf die in Tübingen“. Evtl. Gustav Eugen Horlacher aus Beschwerde der Mainzer berichtigte man „auf feierli- Calw?6 che Weise den Irrthum des Kampfgerichts”, worauf- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43 hin Jung für seinen sechsten Rang ein Lorbeer nebst Ehrengabe nachgereicht wurde. BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 44; FLAIGG, Fest-Album Horlacher, [Johann Adam] (1846), S. 18 ff.; KIES, Album (1846), S. 31; StadtA Heil- geb. 1815 Mannheim bronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; TOEPKE, Matrikel Turnwart; seit 1834 als Handlungskommis in Heil- VI (1907), S. 13 Nr. 235 bronn, 1844 bei der Firma Rund beschäftigt; später Kaufmann. 1848 Führer der Turnerwehr, wohnte 1844 in der Rund’schen Fabrik, ab 1851 im Cluss- (Wilhelms-)Bau. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; StadtA Heilbronn, 6 Regierungsblatt für das Königreich Württemberg 1840, Ratsprotokoll 1844, S. 707b, S. 711 S. 403

182 Hölder – Koch

Jung, N.N. men ihrerseits am 2. und 4. August eine „Turnfahrt“ zu Turner aus Pforzheim; wurde vom Kampfgericht mit Kerner in Weinsberg. dem Mainzer [Adolf?] Jung verwechselt und mit die- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 15, 25 – 31; KIES, Album sem „gleich preiswürdig” erkannt. (1846), S. 29; StadtA Heilbronn, D 100/102 Brief von BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 45; FLAIGG, Fest-Album Adolf Cluss an seine Nichte Sophie de Millas, 14.09.1904; (1846), S. 18; KIES, Album (1846), S. 31 vgl. oben S. 169

Kamm, Eduard / Edmund Kerner, Theobald Student in Heidelberg, aus Wertheim; 1846 Mit- geb. 14. Juni 1817 Gaildorf glied des Heidelberger Turnvereins. gest. 11. August 1907 Weinsberg StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46; Arzt und Dichter aus Weinsberg; der Sohn von Justi- TOEPKE, Matrikel VI (1907), S. 4 nus Kerner war beim Empfang der Turner in Weins- berg dabei. War wegen demokratischer und republi- Kapff, [Franz Gottfried] kanischer Gesinnung 1850/51 auf dem Hohenasperg geb. 30. Mai 1799 Göppingen inhaftiert. gest. 20. Juli 1865 Schwenningen FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 26 Oberstudienrat aus Stuttgart; nahm die Preisvertei- lung bei den „jungen Turnern“ vor. Kies, Ludwig FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 geb. 14. Mai 1817 Dettingen Kies ist der Verfasser eines „Album des Heilbron- Kapff, [Ludwig Heinrich] ner Turnfest’s“, in dem er die Ereignisse vom 1. bis geb. 5. September 1802 Göppingen 3. August 1846 in Hexametern „besingt“. 1840 gest. 26. Februar 1869 Kennenburg Ablegung des theologischen Staatsexamens; Dekan in Leonberg, seit 1843 Rektor des Karlsgym- nasiums in Heilbronn; leitete beim Turnfest 1846 1844 – 1846 Vikar in Böckingen bei Heilbronn. den Wettkampf der „jungen Turner“; 1846 zum KIES, Album (1846) Ehrenmitglied der Heilbronner Turngemeinde er- nannt. Später Ephorus in Urach. Klaiber, N.N. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16; JOOSS, Turngemeinde Turner aus Ulm (1895), S. 9 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5

Keinath, N.N. Turner aus Neuenstadt Klinger, N.N. Turner aus Pforzheim; Mitglied der Turngemeinde FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 Keller, N.N. Turnwart aus Pforzheim, Mitglied der Teutonia Koch, K. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13 „Turner aus Hanau“ StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 Keppel, N.N. Turner aus Geislingen Koch, Ludwig J. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 „Stud. jur. aus Mecklenburg – d. z. Heidelberger Turner“, Student in Heidelberg; in der Mitglieder- Kerner, Justinus liste des Heidelberger Turnvereins von 1846 Johann geb. 18. September 1786 Ludwigsburg Koch. gest. 21. Februar 1862 Weinsberg KIES, Album (1846), S. 41, 43; StadtA Heilbronn, E Dichter und Arzt aus Weinsberg; Kerner war am 001/346 Besucherbuch, S. 46; TOEPKE, Matrikel V (1904), 3. August zu Gast in Heilbronn; die Turner unternah- S. 776, Nr. 487

183 Teilnehmer am Turnfest

Koch, N.N. ab 1861 offizielles Organ des Mittelrheinkreises der Turner aus Pforzheim Deutschen Turnerschaft wurde. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13, 18; KIES, Album FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5; HEER, Burschenschaft (1846), S. 31 (1965), S. 322 f.; HEIL, Vömel (1991), S. 21 – 40; StadtA Butzbach, E-Mail-Nachricht vom 16.06.2007; WAMSER, Butzbach (1896) Kolb, N.N. Turnwart aus Pforzheim Ladenburg, Carl FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13 geb. 19. Juni 1827 Mannheim gest. 4. Oktober 1909 Frankfurt „Turner aus Mannheim“; die Familie Ladenburg ist Kraft, N.N. im Verzeichnis des Mannheimer Turnvereins 1846 Turner aus Bönnigheim mit sechs Mitgliedern vertreten, darunter der Ober- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 gerichtsadvokat und bekannte liberale Politiker Dr. Leopold Ladenburg. Krall, Carl Carl Ladenburg trat nach einer Volksschulausbil- „Turner von Heidelberg“; Mitglied des Heidelberger dung mit 16 Jahren in das 1785 gegründete väter- Turnvereins 1846 liche Bankhaus ein. Eine gymnasiale Schulbildung erhielt er begleitend zur Bankausbildung in Privat- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 unterricht. 1850 für drei Jahre zur Fortbildung in ei- nem Londoner Bankhaus, anschließend für ein Jahr Krall, Wilhelm in Paris. 1873 Seniorchef. „Turner von Heidelberg“; Mitglied des Heidelberger Einer der einflussreichsten Bürger der Stadt Mann- Turnvereins 1846 heim – „in seiner Person lag der Mittelpunkt all der Kräfte, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhun- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 derts aus den Anfängen kommerzieller Entwicklung ein Wirtschaftszentrum schufen“. 1887 – 1891 und Krempp, N.N. 1893 – 1897 Mitglied der Zweiten Kammer des Ba- Turnwart aus Künzelsau dischen Landtages. Handelsrichter, seit 1864 – 1906 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13 Mitglied der Handelskammer. Österreichischer Kon- sul, Mitgründer zahlreicher Firmen und Beteiligung an deren Unternehmenskapital. 1907 zum 300-jäh- Krepp, N.N. rigen Jubiläum der Stadt Mannheim zum Ehrenbür- Turnwart aus Frankfurt ger ernannt. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45; Mannheimer Geschichtsblätter 27 (1926), Sp. 150; Neue Deutsche Biographie 13, S. 388 f. Kuhl, Moritz geb. 28. März 1814 Butzbach gest. 5. Februar 1876 Butzbach Lang, Ferdinand Erhielt sieben Jahre Unterricht bei Friedrich Lud- geb. 27. Februar 1805 Heilbronn wig Weidig, dem bekannten Oppositionellen im gest. 14. November 1870 Heilbronn Kreis der Gießener „Gesellschaft für Menschenrech- Der Heilbronner Küfermeister beherbergte Tur- te“, der auch der Dichter Georg Büchner angehör- ner und steuerte ein Gedicht zum Turnfest bei. Im te. Ohne ein Gymnasium besucht zu haben studierte Frühjahr 1848 Gründungsmitglied des Vaterländi- Kuhl Kameralwissenschaften in Gießen. Deputierter schen Vereins, Mitglied im liberal-demokratischen der Burschenschaft. Gründungsmitglied der Turnge- Ausschuss des Vereins; Redner auf der Heilbronner meinde Butzbach und von 1846 an bis 1875 deren Volksversammlung vom 10. September 1848; gab 1. Sprecher. 1846 als „Bevollmächtigter“ des Vereins hier den Anstoß zur Gründung des „Vereins patri- Teilnehmer am Heilbronner Turnfest. 1848 Mit- otisch gesinnter Jungfrauen zur Fertigung scharfer glied des Frankfurter Vorparlaments. Druckereibe- Munition“. sitzer und Herausgeber des „Wetterauer Boten“, der FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 10 f.

184 Koch – Mämpel

Langsdorff, Georg von von Turnlehrern. Beteiligung an der Mairevolution geb. 17. Juli 1822 Rio de Janeiro in Dresden, Verurteilung zum Tode. Flucht in die gest. 26. Dezember 1921 Freiburg USA. Turn-, Fecht- und Tanzlehrer in New York, 1829 Übersiedlung mit seiner Familie nach Freiburg New Howen, Baltimore u.a. Gründung einer eige- im Breisgau. 1842 Studium der Medizin in Frei- nen Turnanstalt. burg. 1844 Mitgründer des Freiburger Turnvereins. Der Turner 4 (1849), S. 113; EULER, Handbuch II (1895), Ab 1845 Studium in Heidelberg; 1846 Mitgründer S. 14; FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; GASCH, Hand- und Turnwart des Heidelberger Turnvereins. buch I (1928), S. 137 f.; StadtA Dresden, E-Mail-Nach- Beim Heilbronner Turnfest als Turnwart; „der richt vom 15.03.2007 Seite 33 angeführte declamator war Med. Stud. Ge- org von Langsdorff in Heidelberg“.7 Anhänger von Hecker und Struve, Teilnehmer der Aufstände im Lelong, [Christian] April und September 1848; zwischenzeitlicher Auf- geb. 9. Juni 1810 Hanau8 enthalt im Elsass und in der Schweiz. Im Februar Goldschmied (?). 1833 – 1836 in Stuttgart, wo er zu- 1849 mit seiner Braut nach Amerika ausgewandert. sammen mit weiteren Hanauern unter Prof. Wilhelm Dort Studium der Zahnheilkunde und Promotion. Klumpp dem Turnen Aufschwung verlieh. Nach zwi- 1860 Amnestie und Rückkehr nach Deutschland. schenzeitlicher Abwesenheit siedelte er 1842 nach Mitglied des Mannheimer Turnvereins. Publikatio- Stuttgart über und verhalf dem Turnen zu erneuter nen in zahnärztlichen Zeitschriften. Ab 1870 lebte Blüte. Um Lelong zu halten, richteten Stuttgarter Langsdorff wieder in Freiburg. Bürger 1843 eine Eingabe an den Stadtrat auf Anstel- 150 Jahre Freiburger Turnerschaft (1994), S. 12; FLAIGG, lung eines Turnlehrers aus städtischen Mitteln. Lelong Fest-Album (1846), S. 5, 13; KERZINGER, Heidelberg erhielt die Stelle und im Jahr darauf einen Auftrag des (1896), S. 6; KIES, Album (1846), S. 33; RAAB, Revolutio- Königlichen Studienrats zur Einrichtung von Turn- näre (1998), S. 549; StadtA Heilbronn, E 001/346 plätzen an höheren Schulen des Jagstkreises. 1843 Besucherbuch, S. 46; TOEPKE, Matrikel V (1904), S. 776 Mitgründer des Stuttgarter Männer-Turnvereins (mit Nr. 483 weiteren sechs ehemaligen Hanauern). Im Oktober 1851 Antrag auf Auswanderung nach Nordamerika. Angeblich gestorben in Australien. Laux, N.N. Turner aus Sinsheim FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; GEORGII, Aufsätze (1885), S. 3; RAUSCHNABEL, Stuttgart (1893); StadtA Ha- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 nau, Auskunft vom 07.02.2007

Lehmann, Eduard Leonhard, V. geb. 7. Juli 1817 Dresden „Turner aus Weinheim“ gest. 11. Januar 1890 Baltimore Tapezierer. Schüler der Turnlehrer Heusinger und StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 Gubner. 1844 Mitgründer des Dresdner Turnver- eins. Seit 1845 Bürgerrecht der Stadt und Turnleh- Link, Wilhelm rer, der nach einem Besuch in Basel die Spieß´schen Turnwart aus Hanau; gründete und leitete ab 1. Juli Frei- und Ordnungsübungen einführte. 1847 für 1846 an der „höheren Töchterschule” in Hanau eine ein Jahr Turnlehrer in Prag. Januar 1849 Berufung „Turnanstalt für Mädchen”, deren Mitgliederzahl in durch das sächsische Kultusministerium an die ab kurzer Zeit von 10 auf 36 anwuchs. Ostern zu gründende Staatsanstalt zur Ausbildung FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; GEISEL, Turnerwehr (1974), S. 235; Nachrichtsblatt für Deutschlands Turnan- stalten und Turngemeinden 1 (1846) S. 84

7 Mämpel, Franz Handschriftl. Ergänzung auf der hinteren inneren Ein- geb. 25. Dezember 1818 Mainz bandseite im Exemplar des Turnfestalbums von KIES in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. gest. 20. April 1848 Mainz 8 lt. Taufbuch der Wallonischen Gemeinde als Jean Chrétien Turnwart aus Mainz; Lithographengehilfe, Turnleh- George L. rer. Unter Mämpel trennte sich 1845 eine Gruppe

185 Teilnehmer am Turnfest von Turnern vom Mainzer Turnverein und gründete von Spieß Turninspektor des Großherzogtums Hes- die „Turngemeinde“. Gründung einer „Freiwilligen sen. Schriftsteller mehrerer Leitfäden für das Schul- Turner-Feuerwehr“. Kommandant zweier Abteilun- turnen. Förderer besonders des Mädchenturnens. gen, an denen sich auch Mitglieder des (Müller- Initiator des Hessischen Turnlehrervereins. schen) Turnvereins beteiligten. Der Mämpel´sche Deutsche Turn-Zeitung 1898, S. 613 – 615; EULER, Hand- Verein zählte im Sommer 1846 bereits 160 Mitglie- buch II (1895), S. 117 f.; GASCH, Handbuch I (1928), S. der, die „in das gefährliche Land der Politik überge- 517; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 streift“ sein sollen. 1848 schlossen sich die beiden Mainzer Turnvereine wieder zur „Freien Turnge- meinde“ zusammen. Mathes, C. BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 33 f.; FLAIGG, Fest-Album „C. Mathes aus Hanau, am 3ten Tag des 2 schwäb. (1846), S. 5, 13; StadtA Mainz, E-Mail-Nachricht vom Turnfestes“ (Besucherbuch). Der Name C. Mathes 28.02.2007 ist jedoch in Hanau nicht nachweisbar. Vielleicht identisch mit dem Bürstenbinder Carl Julius Ferdi- nand Mathias, geb. 25. Januar 1805 in Hanau, der Mangni, N.N. 1851 die 1819 in Karlsruhe geborene Susanne Caro- Stud. med. in Heidelberg aus Mannheim; Mitglied line Remy heiratete. der Turngemeinde Heidelberg. Evt. identisch mit Leopold Magny aus Karlsruhe, Stud. med. in Hei- StadtA Hanau, E-Mail-Nachricht vom 07.09.2006; delberg. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43 StadtA Heilbronn, D 100/52, Notizen von Carl Betz jun.; TOEPKE, Matrikel V (1904), S. 694, 779 Metternich, Germain geb. 5. April 1811 Mainz gest. 12. Mai 1862 Tybee Island, South Carolina Mark, N.N. Sohn des früheren Mathematikprofessors Mathias Turner aus Weinsberg Metternich, Mitglied des Mainzer Jakobiner-Klubs. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 Besuch des Gymnasiums in Mainz. Mit 17 Jah- ren Eintritt in die hessen-darmstädtische Artillerie; Markwort, Georg Wechsel zur Infanterie, mit 20 Jahren Leutnant. Im „Turner aus Darmstadt“ Januar 1832 Abschied auf eigenes Ansuchen. Souf- fleur am Theater in Mainz. Teilnehmer des Ham- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 bacher Festes. Hielt Pfingstmontag 1832 auf dem Niederwald bei Rüdesheim vor 200 Besuchern eine Marx, Ferdinand revolutionäre Rede. In Nassau verhaftet und „wegen geb. 27. November 1827 Kranichstein bei Darmstadt öffentlicher Ruhestörung und Widersetzlichkeit“ zu gest. 31. August 1898 Darmstadt dreijähriger Festungsstrafe verurteilt, die er auf der „Turner aus Darmstadt“; Besuch der Realschu- Festung Marksburg absaß. Im Februar 1835 entlas- le und der höheren Gewerbeschule. 1843 Mitglied sen. Politische Aktivitäten um 1840, 1842 Flucht in des Schülerturnvereins. Beschäftigung beim Katas- die Schweiz, lebte dort als Literat. Mitglied des Bun- teramt, Berufswunsch Geometer. 1846 Mitgrün- des der Geächteten. Rückkehrdatum unbekannt. der und Turnwart der Darmstädter Turngemein- 1846 Teilnahme am Heilbronner Turnfest; „Fah- de. 1848 Teilnehmer des ersten, von Adolf Spieß im nenträger von Mainz“ und aktive Rolle beim Besuch Auftrag der hessischen Regierung abgehaltenen In- der Turner in Weinsberg. Vorstandsmitglied des struktionskurses für Turnlehrer. Turn- und Zeichen- Mainzer Turnvereins. Teilnahme an der Hattershei- lehrer an verschiedenen Schulen. Ab 1851 durch die mer Turnerversammlung am 9. Januar 1848 (bei der Vermittlung von Adolf Spieß im Königreich Han- Karl Blind präsidierte). Reger Agitator für die Re- nover Aufträge zur Einrichtung von Turnanstalten publik im gesamten Rhein-Main-Gebiet. Adjutant in der Provinz Ostfriesland und ab 1853 in Baden- des Kommandanten der Mainzer Bürgerwehr Franz Baden. 1856/57 Turn-, Zeichen-, Schreib- und Re- Heinrich Zitz. Am Aufbau demokratischer Vereine chenlehrer in Jena, danach wieder als Turnlehrer beteiligt. Teilnehmer des 1. Demokratenkongresses an den städtischen Knaben- und Mädchenschulen in Frankfurt, 14. bis 17. Juni 1848. Redner bei der Darmstadts unterrichtend, ab 1863 auch die oberen Volksversammlung auf der Frankfurter Pfingstweide Klassen des Gymnasiums. Ab 1875 als Nachfolger am 17. September 1848; Teilnehmer der Deputati-

186 Mangni – Petri on zur Überbringung der Volksadresse an die Na- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; QUIETMEYER, Metz tionalversammlung am 18. September 1848. Teil- (1902); StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. nehmer der Frankfurter Barrikadenkämpfe, Flucht 46; Turnverein Mannheim (1896) ins Elsass, Aufenthalt in der Schweiz. 1849 Teilnah- me an der Reichsverfassungskampagne, Volkswehr- Metzger, N.N. Kommandant im Raum Heidelberg-Mannheim. Turner aus Wimpfen Flucht in die Schweiz, von dort Emigration in die USA. In New York schlug sich Metternich als Dru- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 cker, Anstreicher und Arbeiter in einer Pökelfabrik durch, dann wurde er Inhaber einer Bierwirtschaft. Mirus, Adolph Engagement in der amerikanischen Turnbewegung; „Stud. jur. in Heidelberg (aus Weimar)“, Mitglied Redner beim Turnfest in Baltimore 1853. Im Sezes- im Heidelberger Turnverein 1846 sionskrieg Mitorganisator des 46. Regt. N.Y.S. Vol. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45; (Frémont-Regt.), Oberstleutnant. Beim Schlichten TOEPKE, Matrikel VI (1907), S. 3 Nr. 34 eines Streites erhielt er eine tödliche Stichwunde in den Hals. Mittermaier, [Franz] FALCK, Metternich (1954); FLAIGG, Fest-Album (1846), Stud. jur. in Heidelberg; Mitglied im Heidelberger S. 30; FRIEDERICHS, Bundes-Zentralbehörde (1948) Turnverein 1846. Ebenso wie sei Bruder Karl, Stud. med. in Heidelberg, Sohn des Heidelberger Profes- Metz, Franz Wilhelm sors der Rechtswissenschaft Karl Anton Mittermai- geb. 6. Oktober 1817 Leipzig er. Franz und Karl Mittermaier waren Mitbegründer gest. 27. April 1901 Hannover des Heidelberger Turnvereins. Turnte schon als Volksschüler und während seiner FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5; TOEPKE, Matrikel V Lehrzeit als Schriftsetzer, wurde Vorturner in einer (1904), S. 691 Nr. 219; 140 Jahre Heidelberger Turnver- von ihm 1836 mitgegründeten Turngesellschaft. Als ein (1986), S. 32 ff. Geselle auf Wanderschaft, kam er 1842 nach Darm- stadt, wo er Schülern der Höheren Gewerbeschule und des Gymnasiums Turnunterricht erteilte. Beim Müller, Eduard „ersten deutschen Wettturnen“ am 18. September geb. 2. April 1804 Mainz9 1842 in Mainz erhielt er einen 5. Preis. In dem 1843 gest. 15. November 1886 Rochester, N.Y. gegründeten „Turnverein für Knaben“ (eine Privat- „Turnlehrer aus Mainz“; Studium der Malerei an der Turnanstalt auf Aktienbasis von Bürgern Darmstadts) Akademie in München. Teilnahme am Hambacher unterrichtete Metz u.a. den späteren Leiter der Karls- Fest. Einer Verfolgung wegen „revolutionärer Um- ruher Turnlehrer-Bildungsanstalt Alfred Maul. triebe” entzog er sich durch Flucht, vermutlich nach Bei dem großen Turnfest am 18. Mai 1846 in Nordamerika. Rückkehr nach der Amnestie 1838. Mainz wurden die Mannheimer Turner auf den 1841 Anstellung als Turnlehrer beim Main- Turnlehrer aufmerksam und verpflichteten ihn ab zer Turnverein (von 1817). Erster Vorsitzen- 28. Juni 1846. der 1841/42. Organisator eines der ersten größe- Als Mannheimer Turnlehrer nahm er am Heil- ren Turnfeste 1842. Teilnehmer der Besprechung bronner Turnfest teil. Infolge des Verbotes des Mann- an Pfingsten 1845 in Heidelberg. Beteiligung an heimer Vereines im Juni 1847 begab sich Metz auf der Turner-Feuerwehr. Herausgeber der „Mainzer der Suche nach einer Stelle auf Wanderschaft und Turnzeitung”, Mitherausgeber der Mainzer Zeitung übernahm im gerade gegründeten Männer-Turn- 1848/49. Teilnahme an der pfälzisch-badischen Re- Verein Hannover das Amt des Turnwartes. Als Turn- volution, Flucht in die USA. 1849 Turnlehrer im lehrer wirkte er dort für Vereine, Schulen und im New York Turnverein (bis 1858)10, ab 1871 Turn- Turn-Verband über 50 Jahre sehr erfolgreich. lehrer in Rochester, N.Y. Verfasser zahlreicher Ar- tikel für die Amerikanische Turnzeitung und eines Lehrbuches für Turnen. Er soll in New York durch 9 ZUCKER, Forty-Eighters (1950) nennt 1803 als Geburts- seine Jahnsche altdeutsche Tracht und lange Locken datum. aufgefallen sein. 10 vgl. dagegen die E-Mail-Auskunft des StadtA Mainz, wo- BRAUN, Rheinhessen, S. 33 f.; DÜDING 1983, S. 245; nach Müller in der Revolution von 1848/49 nicht beson- ders hervorgetreten und erst 1850 nach Amerika ausgewan- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; ZUCKER, Forty- dert sei. Eighters (1950)

187 Teilnehmer am Turnfest

Müller, Gustav Bernhard Anton Pfeiler, [Johann B.] geb. 30. August 1825 „Stud. jur. Heidelberg aus Landshut, Turner“; Mit- Student der evangelischen Theologie in Tübingen glied des Heidelberger Turnvereins 1846 1846 – 1847, aus Brake / Großherzogtum Olden- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46; burg. TOEPKE, Matrikel V (1904), S. 779 Nr. 542 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43; UniversitätsA Tübingen 40/150,22 Pleis[z]ner, [Eduard Friedrich] Stud. jur. in Heidelberg, aus Dresden; nicht in der Necker, F. Mitgliederliste des Heidelberger Turnvereins von „Turner aus Stuttgart 1846“ 1846. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45; Toepke, Matrikel VI (1907), S. 4, Nr. 60 Nibbergall, N.N. Turner aus Brackenheim Pollak, N.N. Turner aus Neuenstadt FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 Overweg, N.N. Turner aus Hamburg Port[e], [Johann Christoph] „Turner aus Frankfurt“ FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 23 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 9, 13; ROTH, Frankfurter Turnverein (1910) Pelissier, N.N. Turner aus Bruchsal Rahn, Eduard FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 „Stud. jur. aus Heidelberg“, Geburtsort Breslau; Mitglied des Heidelberger Turnvereins 1846 Petri, Wilhelm StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44; „Stud. jur. aus Heidelberg“, stammte aus Östrich, TOEPKE, Matrikel VI (1907), S. 8, Nr. 135 Rheingau; Mitglied des Heidelberger Turnvereins 1846 Rau, N.N. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44; Turner aus Schorndorf TOEPKE, Matrikel VI (1907), S. 3, Nr. 41 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5

Pfänder, Wilhelm Riedling, N.N. geb. 6. Juli 1826 Heilbronn Turner aus Wimpfen; Gründungsmitglied der Heil- gest. 11. August 1905 New Ulm, Minnesota bronner Turngemeinde Gehörte zu den Mitbegründern der Turngemeinde Heilbronn; Pfänder siedelte nach Schule und Aus- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5; JOOSS, Turngemeinde bildung in Heilbronn 1845 nach Ulm über, wo er (1895), S. 7 gleichfalls zur Gründung der Turngemeinde beitrug; er war als deren Turnwart in Heilbronn. 1847 Aus- Rischmann, [Karl] wanderung in die USA.11 Stud. jur. in Heidelberg, aus Mainz; Mitglied des FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; MÜLLER, Wilhelm Pfän- Heidelberger Turnvereins 1846 der (1999) FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; TOEPKE, Matrikel VI (1907), S. 14 Nr. 250 Pfeifer, N.N. Der Turner veranstaltete während des Turnfests eine Kollekte und steuerte ein Gedicht zum Festalbum bei. 11 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 9 vgl. oben, S. 65 – 71

188 Müller – Schaible

Roepfer, Ernest Sarasin, L. Turner (?) „aus Boston“ Turner aus Butzbach StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 WAMSER, Butzbach (1896)

Rohde, Hermann Sautter, C. F. geb. 13. April 1829 Großenlüder „Turner aus Eßlingen“ gest. 9. Februar 1900 Hanau „Turner aus Hanau“ StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 GEISEL, Turnerwehr (1974), S. 269 f.; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 Schäffer, Peter12 Stud. med. in Heidelberg, aus Frankfurt a.M.; Mit- Römer, N.N. glied des Heidelberger Turnvereins 1846 Vertreter der Stadt Weinsberg; seit 1841 Oberamts- richter in Weinsberg. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44, 46; TOEPKE, Matrikel V (1904), S. 760 Nr, 141 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 27

Rosenthal, Theodor Schaible, C. „Turner aus Frankfurt/Oder“, Mitglied der Stuttgar- Turner aus Schorndorf13 ter Turngemeinde StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46

Schaible, Karl Heinrich Rümelin, [Theodor] geb. 7. April 1824 Offenburg Student in Tübingen. Mitglied in der Burschen- gest. 1899 Heidelberg schaft. Absolvent des Evangelisch-theologischen Se- Studium der Medizin in Freiburg und Heidelberg, minars in Blaubeuren. Lehrer in (Schwäbisch) Hall. wo er neben Studien eifrig Politik betrieb. Mit- 1844 Mitgründer der „Turngemeinde” und deren glied des „Neckarbundes“, der „wohl einzig wirklich „erster Sprecher” (Vorsitzender). 1848, zusammen mit jungen Handwerkern, Gründung eines „Fähn- revolutionäre(n) studentische(n) Verbindung“. Kor- leins Sensenmänner”. „Aufrührerische Rede” bei ei- respondent „freisinniger Blätter“ wie der Mannhei- ner Volksversammlung in Hall am 17. September mer Abendzeitung, Deutscher Zuschauer, Seeblätter. „Sehr eifriger Turner, ein Preisturner des großen 1848. Auf sein Betreiben schlossen sich „Vaterlän- 14 discher Verein” und „Demokratischer Verein” zu- Heilbronner deutsch-nationalen Turnfestes 1846“. sammen. Unterstützung der „Märzforderungen”. Mitglied des Heidelberger Turnvereins. Wegen „Ver- Im Oktober 1848 Verhaftung und vier Wochen auf breitung aufrührerischer Schriften“ 1847 für neun dem Hohenasperg eingesperrt. Suspendierung vom Monate in Untersuchungshaft. Nach der Entlassung Schuldienst. Bis 1855 Arbeit als Hilfslehrer. im Februar 1848 Organisator der ersten Delegier- tenversammlung oberrheinischer Turnvereine in Of- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; HAUG, Turnplatz fenburg, die sich die Erringung der demokratischen (1998), S. 100 f. Republik zum Ziel setzten. Nach der Proklamation einer „Offenburger Republik“ zur Unterstützung Heckers am 18. April 1848 Besetzung des Bahnho- 12 Schäffer wurde offensichtlich zweimal im Besucherbuch fes und Errichtung von Barrikaden gegen heranrü- verewigt: „Peter Schaeffer med Stud aus Frankfurt a/M“ ckende hessische Truppen, Flucht nach Straßburg. (S. 44); mit anderer Hand: „Peter Schäffer von Heidelberg den 4 August 1846“ (S. 46). Dass es sich trotz der anderen Im Mai 1849 war Schaible in Offenburg, wo er zum Schrift um die selbe Person handelt, ergibt sich aus dem Zivilkommissär aufstieg. Flucht vor den preußischen Eintrag bei TOEPKE, wonach der Heidelberger Student Truppen. Nach Aufenthalten in Straßburg, Nancy Peter Schäffer aus Frankfurt stammte. 13 und Paris, wo er dem „Verein des Völkerbundes“ an- Möglicherweise identisch mit Karl Heinrich Schaible; im gehörte, 1853 Emigration nach England. Zahlreiche Besucherbuch „C. Schaible Schorndorf“, mit dem nach- träglichen Zusatz: „Turner“. Veröffentlichungen, u.a. Herausgeber von „An Essay 14 Schaible gehörte das Exemplar des Turnfestalbums von on the Systematic Training of the Body [...] A Me- KIES in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe. morial Essay, published on the occasion of the First

189 Teilnehmer am Turnfest

Century Festival of Friedrich Ludwig Jahn. London Nach seiner Rückkehr schloß er sich 1837 der Ha- 1878 (darin stellte er sich als „Laureate in the Natio- nauer Turngemeinde an, deren Vorsitzender er 1841 nal Gymnastic Festival at Heilbronn, 1846“ vor). wurde. Auf seine Initiative hin kam es 1840 zum ers- Schaible wurde 1861 amnestiert und kehrte nach ten regionalen Zusammenschluss deutscher Turn- Abschluss seines Berufslebens 1883 mit 59 Jahren vereine, dem rheinisch-hessischen Turnbezirk. nach Baden zurück. Unterzeichner des Hanauer Ultimatums an den FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 18; KÄRGEL, Progreß Kurfürsten von Hessen vom 9. März 1848. Kom- (1992), S. 239; KIES, Album (1846), S. 31; RAAB, mandant des Hanauer Turnercorps. Nach der Nie- Revolutionäre (1998), S. 799; SCHAIBLE, Siebenunddreißig derschlagung der Revolution Flucht in die Schweiz; Jahre (1895); StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, im September 1849 Emigration nach London. Dort arbeitete Schärttner zunächst als Kellner, wurde Mit- S. 44; TOEPKE, Matrikel V (1904), S. 745 Nr. 362; glied im Bund der Kommunisten und erwarb 1850 VÖLDERNDORFF, 48er (1896); VOLLMER, Offenburg (1997), S. 363 – 370 eine eigene Gastwirtschaft in der Long-Acre-Street Nr. 27, die er „Deutsches Haus“ nannte, eine „viel- gefürchtete Flüchtlingswirtschaft“ (Theodor Fonta- ne). „Namentlich haben Kinkel, Schimmelpfennig Schaller, [Ludwig] und Schurz da gewohnt. Schärttner selbst ist aber geb. 15. März 1824 Großaspach auch ein eifriges Mitglied der Umsturzparthei und gest. 8. April 1871 Stuttgart gehört namentlich zur communistischen Parthei Mitgründer eines Turnvereins im ländlichen Groß- derselben.“15 aspach, daher der Titel „Bauernturnwart”. In Schärttner gehörte der mit Marx und Engels ver- Göppingen 1844 Mitgründer der Männer-Turn- feindeten Gruppe um Karl Schapper und August gemeinde. Einsatz für den Turnunterricht an der La- Willich an. Er wurde im Hanauer Turnerprozess teinischen Realschule und der Deutschen Knaben- 1857 als „Anstifter des Turnerzuges“ in Abwesenheit schule. 1849 Rückkehr nach Großaspach. Eifriger zu acht Jahren Zuchthaus verurteilt und starb „ge- Demokrat, Mitglied des Volksvereins und Anhänger mütskrank“ gegen Ende seines 41. Lebensjahres. der Revolution von 1848/49. Versuch, die Landju- 150 Jahre Turngemeinde Hanau (1987); FLAIGG, Fest- gend für das Turnen zu begeistern. 1850 Mitglied Album (1846), S. 5, 9, 13 f., 23; GEISEL, Turnerwehr einer „Commission für Hebung des Turnwesens in (1974), S. 274 ff.; HENNINGS, Deutsche (1923), S. 78 f.; Schwaben“. Mitorganisator eines Turnfestes auf der RAAB, Revolutionäre (1998), S. 796; TAPP, Hanau (1976), Platte bei Backnang. Aufruf zur Bildung einer Feu- passim; WERMUTH / STIEBER, Verschwörungen (1853) erlösch-Rettungsmannschaft. Wegen Verbreitung eines „staatsgefährdenden“ Flugblattes 1852 zu ei- ner mehrmonatigen Haftstrafe auf dem Hohenas- Schilden, Erich von perg verurteilt, die er 1853 absaß. Nach der Haft- „Turner aus Heidelberg“, Mitglied des Heidelberger entlassung zunächst Helfer im Geschäft der Mutter Turnvereins 1846, stammte aus Horst in Holstein in Großaspach, nach deren Tod 1854 Inhaber. Hei- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45; TOEP- rat 1856, Verlegung des Geschäftes nach Stuttgart. KE, Matrikel VI (1907), S. 6 Nr. 101 Begeisterung für Landschaftsfotografie. Verleger der „Ansichten aus Schwaben“, Anfänge des renommier- Schmolz, August ten Kunsthauses Schaller. „Turner aus Stuttgart“ FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; HAUG, Turnplatz StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 (1998), S. 98 f.; KRÜGER, Klimmzüge (1998), S. 29 f.; StadtA Backnang, Mitteilung v. 07.03.2007; TREFZ, Hoch- verratsprozess (2000) Schneider, N.N. Turner aus Mainz, möglicherweise Johann Bap- tist Schneider, später Bürgermeister in Mainz und Schwiegervater des Heilbronners August Cluss. Schärttner, August Ferdinand geb. 31.Januar 1817 Hanau gest. 22. Februar 1859 London 15 Erlernte bei seinem Vater das Küferhandwerk und WERMUTH / STIEBER, Verschwörungen (1853), Register und ging anschließend als Geselle auf Wanderschaft. Personalien, Nr. 561

190 Schaller– Spieß

Der Turner Schneider aus Mainz (vermutlich von Soder, Georg der Mämpel´schen Turngemeinde) belegte beim „Turner aus Karlsruhe“ Wettturnen in Heilbronn einen zehnten Rang. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 BRAUN, Rheinhessen (1986), S. 44; FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13, 18, 22, 24; KIES, Album (1846), S. 31 Spieß, [Adolf] Schöninger, Julius geb. 3. Februar 1810 Lauterbach am Vogelsberg 1846 Vorstandsmitglied des Mannheimer Turnver- gest. 9. Mai 1858 Darmstadt eins, Turnwart 1846, Riegenführer der Riege 34 Begründer des deutschen Schulturnens. Erster Turn- beim Heilbronner Turnfest 1846. unterricht in der väterlichen Erziehungsanstalt in Pressefehde mit Euler, dem Herausgeber der Karlsruher Turn-Zeitung. Als Württemberger nach Offenbach am Main nach GutsMuths’schen Grund- dem Verbot des Mannheimer Turnvereins 1847 aus sätzen. Kontakte zu Hanauer Schülern, mit denen Baden abgeschoben. Laut Verfügung „Handlungs- zusammen „Turnfahrten“ unternommen werden. Commis J. Schöninger aus Stuttgart“. Beim April- Mitgründer eines Knaben-Turnvereins. 1828 The- aufstand 1848 Adjutant Friedrich Heckers. Mit die- ologiestudium an der Universität Gießen. Mitgrün- sem unterschrieb er eine Erklärung zum Tod des der einer Burschenschaft. Ausbildung im Fech- Generals von Gagern bei Kandern 1848; zusammen ten, daneben in Zeichnen und Musik. Ab Frühjahr mit Hecker im Schweizer Exil in Muttenz, emigrier- 1829 Stud. theol. in Halle, wo er intensiv Turnspiele te mit ihm über Southampton in die USA. Schö- pflegte. Besuch Jahns in Kölleda. Im Frühjahr 1830 ninger verbrachte die ersten Exil-Jahre auf Heckers Rückkehr nach Gießen, wo er zusammen mit ande- Farm. ren Studenten einen Schüler-Turnverein gründete. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; FREITAG, Hecker Universitätsexamen im April 1832. (1998), S. 139, 145, 149, 153; KRAEMER, Hilgard (1935), Untersuchungen gegen die Burschenschaft; Spieß S. 142 f.; Mannheimer Abendzeitung vom 19.06.1847 entzog sich einer Verhaftung durch die Flucht nach und vom 25.04.1848 (Zit. Intelligenzblatt der Stadt Ba- Assenheim (Wetterau). Hofmeister beim Grafen sel); RAAB, Revolutionäre (1998), S. 847 (Vorname mit Karl zu Solms Rödelheim und Assenheim 1832/33. F. abgekürzt); VOLLMER, Hecker-Nachlaß (1988), S. 378, Untersuchungen der Bundeszentralbehörde gegen 395, 400 f. „demagogische Umtriebe” nach dem Sturm auf die Frankfurter Wachen entzog sich Spieß durch An- Schwarz, [Carl] nahme einer Stelle in Burgdorf/Schweiz. Unter- Turnwart aus Neuenstadt richtung in Pestalozzischer Tradition. Kollege und Mentor: Friedrich Fröbel, der „Erfinder“ des Kin- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; HAUG, Turnplatz dergartens. Lehrer für Schreiben, Zeichnen, Singen (1998), S. 144 und Turnen. Besonderer Einsatz für das Mädchen- turnen. Abhandlungen zur „Lehre der Turnkunst“. Schwarz, Isidor Große Anerkennung durch die Berner Erziehungs- Turner aus Mainz, Mitglied in der Müller’schen Ge- kommission für seine reformatorische Tätigkeit. sellschaft Unterricht am Lehrerseminar in Münchenbuchsee. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 Ab Mai 1844 Lehrer in Basel; Kollege war ab 1845 Karl Wassmannsdorff, mit dem er das Heilbronner Seyffer, Johann Friedrich Turnfest besuchte. Literarisch produktive Phase mit geb. 13. Oktober 1777 Lauffen a.N. zahlreichen turnwissenschaftlichen Abhandlungen, gest. 23. August 1852 Heilbronn u.a. „Turnbuch für Schulen“. Oberamtsarzt aus Heilbronn; Arzt beim Turnfest, Nach der Februarrevolution Verpflichtung nach seit 24. August 1846 im Turnrat der Turngemeinde Darmstadt als Turnlehrer. Position eines großher- Heilbronn. Freund und Hausarzt von Justinus Kerner. zoglichen Turninspektors. Turnlehrerausbildung in KIES, Album (1846), S. 28 Darmstadt und Oldenburg. JOOSS, Turngemeinde (1895), S. 13; FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 3, 13, 18; EULER, Handbuch II (1895), S. 698 – 703; GEISS, Spieß (1991)

191 Teilnehmer am Turnfest

Spieß, Caspar Stoll, E. „Turner aus Hanau“; er soll beim Turnfest in Frank- Turner „von Schorndorf“ furt 1847 den 3. Preis erturnt haben. 1848 reist Kas- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 47 par Spies, Goldarbeitergehilfe aus Kurhessen, auf dem Schiff „Crocus“ nach Nordamerika. Sträßle, F. 150 Jahre Turngemeinde Hanau (1987), S. 33; FLAIGG, Turner aus Neckarsulm; Mitglied der Heilbronner Fest-Album (1846), S. 18; KIES, Album (1846), S. 31; Turngemeinde. StadtA Hanau, E-Mail-Nachricht vom 07.09.2006; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 43 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 26

Stadermann, Jean (Johann Friedrich / Streich, Karl Johann Michael) „jur. Stud. von Heidelberg“, aus Ellwangen; nicht in geb. 13. Dezember 1822 / 26. Januar 1824 Hanau der Heidelberger Mitgliederliste von 1846. „Turner aus Hanau“; da beide Brüder Stadermann StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44; Toepke, mit erstem Namen Johann hießen und Turner waren, Matrikel VI (1907), S. 7, Nr. 126 kann die Identität von „Jean“ nicht geklärt werden. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44; StadtA Tafel, Gustav Hanau, E-Mail-Nachricht vom 07.09.2006 geb. 13. Oktober 1830 München gest. 12. November 1908 Cincinnati Staehle, L. Turner „von Schorndorf“; möglicherweise ein Sohn „Turner aus Stuttgart 1846“ von Dr. Leonhard Tafel, dem Gründer des Schorn- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 dorfer Turnvereins 1846. Teilnehmer der badischen Revolution von 1848. Flucht in die USA. Zusam- Stähle, Lotte men mit Friedrich Hecker einer der Gründer des Der einzige Frauenname im Turm-Besucherbuch Turnvereins Cincinnati. Zunächst Drucker, dann während des Heilbronner Turnfestes; Lotte Stähle Herausgeber des Cincinnati Volksblatt. Turnver- stammte wie der oben genannte L. Staehle aus Stutt- einsvorsitz. Organisator des 9. Ohio-Freiwilligenre- gart.16 giments im amerikanischen Bürgerkrieg. „Tafel en- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 listed with the Cincinnati Turnverein“. Colonel im 109. Ohio-Regiment. Staudenmayer, N.N. Nach dem Bürgerkrieg Mitglied der gesetzgeben- Turner aus Heilbronn den Versammlung in Ohio. 1897 – 1900 Bürger- 17 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 meister von Cincinnati. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 47; Steinam, N.N. ZUCKER, Forty-Eighters (1950) Turner aus Bönnigheim FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16 Tarireck, Jean Student der Kameralistik in Heidelberg, aus Darm- Steudel, N.N. stadt; „Turner in Heidelberg“, aber nicht in der Hei- Turner aus Brackenheim; gehörte zu den „jungen delberger Mitgliederliste von 1846. Turnern“. StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46; FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 16; JOOSS, Turngemeinde TOEPKE, Matrikel VI (1907), S. 8, Nr. 141 (1895), S. 18

Stockmayer, Hermann geb. 17. November 1824 Stuttgart gest. 10. Oktober 1892 Heilbronn Student in Tübingen 1842 – 1848, aus Backnang; 16 zuletzt Professor am Gymnasium in Heilbronn. Später im Besucherbuch nachgetragen: „(auch Turner?)“. 17 http://www.findagrave.com/cgi-bin/fg.cgi?page=gr&GRid FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; UniversitätsA =6869977 rev. 2007-07-26 Abbildung der Grabplatte auf Tübingen 42/22,13 dem Spring Grove Cemetery, Cincinnati.

192 Spieß – Winter

Thissen, N.N. herer Bürgerschule, Lyceum, Universität und im Turner aus Karlsruhe Turnverein. 1848 Mitgründer einer „Turngemein- FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5 de“, da der Turnverein zu sehr Politik betreibe. In den Folgejahren Veröffentlichung zahlrei- cher Schriften zur Geschichte der Leibesübungen, Usener, Franz zur Turnmethodik und Turnsprache. 1876 Leitung „aus Hanau [...], (Turner!)“ der Deutschen Turnlehrerversammlung in Braun- StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45 schweig. Als Mitglied des Ausschusses der Deutschen Tur- Usener, Heinrich Georg Friedrich nerschaft und als Kreisvertreter des X. Kreises war geb. 21. Dezember 1822 Widecken Wassmannsdorf bis 1890 verbandspolitisch aktiv. gest. 17. Mai 1891 Hanau Deutsche Turn-Zeitung 51 (1906), S. 631 f.; EULER, „Turner“; Goldarbeiter, Mitglied des Demokrati- Handbuch III (1896), S. 454 – 459; FLAIGG, Fest- schen Vereins. 1848 in der Hanauer Turngemein- Album (1846), S. 3, 13 f.; GASCH, Handbuch I (1928), de Vorturner der 8. Riege, 1849/50 Turnwart. Beim S. 872 – 873 Ausmarsch der Hanauer 1849 war er Oberjäger der Schützenkompanie. An der Verteidigung des Schlos- ses in Hirschhorn beteiligt. Nach der Vernehmung Wedekind, Ludwig am 24. Dezember 1849 in Haft. Am 4. Januar 1850 geb. 27. November 1821 Nauheim gegen Kaution entlassen, in der Hauptverhandlung gest. 16. Juni 1849 Hirschhorn freigesprochen. 1861 Vorstandsmitglied im Neu- Goldarbeiter in Hanau. Eifriger Turner, der beim städter Turnverein. Heilbronner Turnfest einen 5. Preis erhielt. 1848 FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; GEISEL, Turnerwehr Vorturner in der 16. Riege. Beim Ausmarsch 1849 (1974), S. 303 f.; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucher- Unterleutnant der Schützenkompanie. buch, S. 45 „In der Nacht zum 16. Juni wurde er, als er die Wachmannschaften kontrollieren wollte, von einem Vogel, Robert anderen Schützen angeschossen, da er auf dessen Turner aus Karlsruhe Anruf nicht sogleich geantwortet hatte. Nach zwei Stunden verschied er.“ Durch Hirschhorner Bürger StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46 dort beerdigt. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 18; GEISEL, Turnerwehr Wassmannsdorff, Karl Wilhelm Friedrich (1974), S. 308; KIES, Album (1846), S. 31 geb. 24. April 1821 Berlin gest. 6. August 1906 Heidelberg Erster Turnunterricht als Gymnasiast am „Grau- en Kloster“ in Berlin 1836. Vorturner in der Eise- Westphal, N.N. lenschen Turnanstalt, wo ihn Wilhelm Lübeck zum Turnlehrer aus Karlsruhe Fechtlehrer ausbildete. 1837 Besuch bei Jahn in FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13 Freyburg, von dem er zum Abschied die „Deutsche Turnkunst“ geschenkt erhielt. Ab 1841 Studium der Philologie in Berlin. Erste Übungsbeschreibungen (zusammen mit Lü- Wießler, Jakob beck) nach dem Vergleich der Übungen von Johann Turner aus Butzbach Christoph Friedrich GutsMuths, Friedrich Ludwig WAMSER, Butzbach (1896) Jahn und Ernst Eiselen. 1844 verfasste Wassmanns- dorff die „Würdigung der Spieß´schen Turnlehre“. 1845 Berufung an das Gymnasium in Basel, wo er sich mit Adolf Spieß befreundete. Beide arbeiteten Wiester, Oskar eng zusammen bei der Entwicklung methodischer Student und Turner aus Heidelberg; Mitglied des Werke. Heidelberger Turnvereins 1846. 1846 Teilnahme am Heilbronner Turnfest, ab StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 46; 1847 Turnlehrer in Heidelberg, an Volksschule, hö- TOEPKE, Matrikel VI (1907), S. 8, Nr. 137

193 Teilnehmer am Turnfest

Winter, Carl Organisationen beteiligt. Sein besonderes Interesse geb. 27. Januar 1821 Pforzheim galt der Tübinger Turner-Feuerwehr. Wüsts Leben, gest. 14. Juni 1909 Pforzheim Denken und Handeln zeugen vom bürgerschaftli- „Turner aus Pforzheim“; Bijouterie-Fabrikant. Mit- chen und nationalen Engagement, dem sich die Tur- glied des Turnvereins Pforzheim und des Bürgeraus- ner in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gene- schusses der Stadt. rell verschrieben hatten. FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 13; StadtA Pforzheim, FLAIGG, Fest-Album (1846), S. 5, 13; KRÜGER, Karl Wüst E-Mail-Nachricht vom 07.03.2007 (1989); StadtA Tübingen, Nachlass Karl Wüst

Wörner, A. Zimmer, Georg „Turner aus Hanau“; ein Weißbindermeister Jo- Turner aus Frankfurt a.M. hann August Wörner wurde am 12. September 1825 StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 44 in Hanau geboren. Er wurde 1858 Bürger der Stadt. Weitere Daten sind unbekannt. Im Hanauer Adressbuch ist 1837 ein Schuhma- chermeister Adam Wörner nachweisbar; im Jahr 1831 heiratete in Hanau ein Zimmermann namens Karl August Wörner, 27 Jahre alt. StadtA Hanau, E-Mail-Nachricht vom 07.09.2006; StadtA Heilbronn, E 001/346 Besucherbuch, S. 45

Wüst, [Karl] geb. 10. Januar 1824 Tübingen gest. 31. Dezember 1904 Tübingen Karl Wüst war von 1845 bis 1895 erster Univer- sitätsturnlehrer an der 1839 gegründeten Univer- sitätsturnanstalt in Tübingen. Er wurde für dieses Amt von Rektor Reyscher auserwählt, weil der Uni- versitätsfechtmeister nicht mehr geeignet erschien, das Turnen (und Schwimmen) an der Universität leiten zu können. Wüst wurde am 10. Januar 1824 als Sohn eines Tübinger Volksschullehrers gebo- ren. Er wollte selbst Lehrer werden und war auch ein begeisterter Turner. Pädagogische und turneri- sche Erfahrungen sammelte er u.a. an der Turnan- stalt des Frankfurter Turnexperten August Raven- stein (1809 – 1881). Nach seiner Ernennung zum Universitätsturnleh- rer gründete Wüst zusammen mit seinen Tübinger Studienkollegen und Turnbrüdern Theodor Georgii und Otto Heinrich Jaeger (1826 – 1912), dem spä- teren Leiter der Turnlehrerbildungsanstalt in Stutt- gart, einen der ersten Turnvereine in Württemberg, den Tübinger Turnverein. Als Wüst 1846 als gera- de 22-jähriger Universitätsturnlehrer am Turnfest in Heilbronn teilnahm, zählte er schon zu den bekann- testen Turnerpersönlichkeiten des Landes. Wüst prägte nicht nur das Turnen in Tübingen, an der Universität und in der Stadt, sondern das ge- samte Tübinger Vereinswesen. Er war bei der Grün- dung zahlreicher Vereine und bürgerschaftlicher

194 Quellen- und Literaturverzeichnis

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204 Die Referentinnen und Referenten des Heilbronner Symposiums 2005; von rechts nach links: Dr. Bill Gil- cher, Prof. Dr. Kathleen Neils Con- zen, Dr. Lothar Wieser, Dr. Annet- te Hofmann, Prof. Dr. Dr. Gertrud Pfister, Dr. Ansgar Reiß, Prof. Dr. Gerald Gems, Dr. Michael Wett- engel, Peter Wanner. Auf dem Foto fehlen Sabina Dugan, Prof. Dr. Mi- chael Krüger und Prof. Dr. Wolfram Siemann.

Autorinnen und Autoren

Prof. Dr. Kathleen Neils Conzen Professorin für Amerikanische Geschichte an der University of Chicago, USA Sabina W. Dugan freie Historikerin, 1997 – 2005 Architekturhistorikerin in der in Washington, D.C., USA Prof. Dr. Gerald Gems Dozent am North Central College Naperville, Illinois, USA Dr. Annette Hofmann Wissenschaftliche Assistentin am Institut für Sportwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Prof. Dr. Michael Krüger Professor für Sportpädagogik und Sportgeschichte am Institut für Sportwissenschaft der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Prof. Dr. Dr. Gertrud Pfister Professorin am Institute of Exercise and Sport Science an der Universität Kopenhagen, Dänemark Dr. Ansgar Reiß Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Deutschen Historischen Museum Berlin Prof. Dr. Wolfram Siemann Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität München Peter Wanner M.A. Stadthistoriker am Stadtarchiv Heilbronn Dr. Michael Wettengel Direktor des Stadtarchivs Ulm Dr. Lothar Wieser Lehrer am Justus-Knecht-Gymnasium Bruchsal

Mitarbeit: Martin Ehlers, Annette Geisler, Dr. William Gilcher, Ines Müller, Kate Pierce McManamon

Abbildungsverzeichnis

Frankfurt a.M., Institut für Stadtgeschichte S. 17; Heidelberg, Kurpfälzisches Museum S. 25; Heilbronn, Stadtarchiv S. 23, 46, 47, 48, 49, 52, 65, 76, 111 – 151, Foto: Ines Müller S. 205; Rastatt, Wehrgeschicht- liches Museum S. 19; Stuttgart, Hauptstaatsarchiv Stuttgart, S. 24; Washington, D.C., Adolf Cluss Team Washington S. 75, 77

205 Orts- und Personenregister

Die Reprints des Festalbums (S. 109 – 151) und des Besucherbuchs des Heilbronner Götzenturms (S. 170 – 174) wurden nicht in das Register aufgenommen.

Aachen 22 Bönnigheim 184, 192 Dernbach, Adam 90 167 f., 176, 179 f., 184, Aalen 160, 167, 179 Boone, Levi 86 Dettingen 183 186 f., 189, 191 f., 194 Achalm 24 Borna 23 Diez an der Lahn 36 f., 39 Frankfurt / Oder 189 Acher, N.N. 167 f., 175 Borsfleth 180 Dippel, Heinrich 177 Franklin, Benjamin 81 Achern 179 Borst, N.N. 176 Ditteney, G. 177 Frankreich 22, 55, 175 Adams, John Quincy 80 Boston 88, 98, 103, 106, 189 Doderer, N.N. 176 Frech, Friedrich Johann Wil- Adler, David 39 Boyen, Hermann von 21 Dönhoff, August Graf von 27 helm 179 Altgeld, John 90 Brackenheim 156, 160, 167, Drechsler, Carl 56 Freiburg an der Unstrut 166 Alzey 40 188, 192 Dresden 19, 34, 48, 51, 101, Freiburg im Breisgau 175, Amerika 17 Brady, Matthew 75 160, 166 f., 185, 188 185, 189 Amsterdam 178 Brake 188 Dreyfuss, Barney 91 Freiligrath, Ferdinand 55 Anderson, William G. 106 Bramstedt / Holstein 180 Dronke, Ernst 56 Frey, Albert 179 Arndt, Ernst Moritz 21, 26, Braunschweig 193 Düsseldorf 16 Freyburg an der Unstrut 19, 162 Breidenbach, H. 176 Düwell, Kurt 16 193 Assenheim 191 Brentano, Lorenz 86 f. Eberhart, John F. 86 Freyburger, Emil 179 Augsburg 22 Breslau 178, 188 Eggenstein 179 Friedberg 160, 167 Australien 185 Bribois, N.N. 176 Ehlers, Ulrich 177 Friedrich Wilhelm IV. von Bacharach, Germain 39 Brown, John 86 Eichel, Hans 16 Preußen 21 Bache, Alexander Dallas 81 Bruchsal 166 f., 175, 178 f., Eichhorn, Johann A. F. 21 Friedrichshafen 17 Backnang 181, 190, 192 188 Eiselen, Ernst 193 Fröbel, Friedrich 191 Bad Wimpfen 159 f., 167 f., Brüggemann, Karl Hein- Eisenach 53 Fulda 34, 40 175, 188 rich 19 Elben, Leopold Christian Edu- Fürgang, N.N. 179 Baden 12 f., 19, 32 f., 40, 55, Brunswick, John 88, 90 ard 177 Fürstenwärther, Moritz von 58, 66 f., 74, 159, 177 f., Brüssel 178 Eller, Elias 52, 155 f., 163, 80 182, 184, 190 f. Brüssel 73 165 ff., 177 f. Gagern, Friedrich von 191 Baden-Baden 186 Büchner, Georg 184 Ellwangen 160, 167, 182, 192 Gaildorf 183 Balbach, Arthur 82 Buehlmann, Alfred 90 Elsass 185, 187 Gegenbauer, N.N. 34 Baltimore 56, 61 f., 74 f., 81, Buffalo 69, 91 Elsheim 36 Geislingen an der Steige 48, 86, 185, 187 Buhl, Johannes 51, 167 f., Elwert, Carl 177 160, 167, 183 Bamberger, Ludwig 33, 36, 176, 178 Emmendingen 179 Gelnhausen 40 38 ff. Bührmann, NN 36 Endreß, N.N. 177 Genf 11, 60, 177 Basel 24, 50 f., 160, 167, 185, Buob, Paul Constantin Ru- Engel, Johann Friedrich Georgii, Theodor 12, 33, 191, 193 dolf 176 August 177 51 f., 156, 167, 176, 179 f., Bassermann, Friedrich Daniel Burgdorf / Schweiz 191 Engel, N.N. 177 194 13, 24 f., 153 Burgstädt 23 Engels, Friedrich 56, 67, 176, Gerber, Wilhelm Batz, N.N. 175 Busse, Fred 92 190 Maximilian 180 Bauer, Carl 175 Butzbach 34, 37, 39, 160, England 56, 67, 100, 175, Gerdes, F.H. 81 Bayern 22, 27, 67 167, 184, 189, 193 181, 189 Gerhardt, Joseph 74, 82 Beck, A. 175 Calw 182 Enle, N.N. 167 f., 178 Gettysburg 16 Beck, N.N. 175 Chemnitz, Friedrich Erbe, N.N. 178 Gießen 33 f., 40, 184, 191 Beinhorn, Frederick 69 Matthäus 18 Erlenmaier, N.N. 178 Gimbsheim 36, 40 Belgien 178 Chicago 69, 74, 85–93, 103 f. Esslingen 33, 46, 48, 52, 156, Gindele, John G. 86 Bensinger, Moses 90 Cincinnati 67, 69, 71, 88, 192 160, 167, 179 ff., 189 Glauchau 23 Berlin 17, 19, 22, 33, 58, 91, Clavel, Robert 176 Euler, Karl 178, 191 Glocker, Rudolph 180 178, 181, 193 Clephane, Lewis 74 Faber, Adolf 178 Goebel, Hermann 180 Bern 56 Cluss, Adolf 11, 13, 15, 18, Faust, N.N. 34 Goepp, Charles 80 Besigheim 182 39, 45, 49, 56, 65, 67, 73– Felsing, Heinrich 163 ff., Goerig, Fritz 180 Betz, Carl 102 ff., 175 84, 169, 176 167 f., 177 f. Goetz, Gustav 180 Betz, Marie Louise 175 Cluss, August 190 Fischer, Wilhelm 51, 167 f., Göppingen 160, 167, 175 f., Beutelsbach 176 Cluss, Rosa geb. Schmidt 75 178 182 f., 190 Binder, Eugen 175 Coburg 53, 179 Fix, Jean 178 Göttingen 21 Binder, N.N. 175 Cohnheim, Max 82 f. Flaigg, Rudolf 25, 46 ff., 50, Grant, Ulysses S. 76 Bingen 35 Columbus 69 153, 156, 167, 179 Grimm, Jacob 21 Bismarck, Otto von 89, 93, Covington 69 Flensburg 18 Grimm, Wilhelm 21 180 Dahlmann, Friedrich Chris- Fort Ridgely 70 Gross, Matthias 82 Blaubeuren 189 toph 21 Frank, Aron 179 Großaspach 190 Blenker, Ludwig 40 Dalwigk, N.N. von 40 Frank, N.N. 179 Großenlüder 189 Blind, Carl 31, 55, 175, 186 Dänemark 107 Frank, Wilhelm von 179 Gubner, N.N. 185 Blöde, NN 34 Danzig 178 Frankenberg 23 GutsMuths, Johann Christoph Blum, Robert 23 Darmstadt 12 f., 35, 38, Frankfurt a.M. 11 ff., 15 ff., Friedrich 193 Böckingen s. Heilbronn- 40, 160, 163 – 168, 178, 21, 23, 27, 31 ff., 35, 37, Haarlem 178 Böckingen 186 f., 191, 193 39 f., 73, 155, 160, 163, Hadamar 34, 38 f. Bonn 21 Deffner, N.N. 34 Hagen, Jean 180

206 Hagener, Johann Valentin 80 Hoher Meißner 27 Königsberg 178 Marx, Ferdinand 186 Hagener, Peter 80 Hölder, Julius 182 Königsbronn 178 Marx, Karl 56, 67, 73 ff., 77, Halle 191 Hollinger, Friedrich 55 Kotzebue, August von 19 176, 190 Hambach 11, 19 f., 26, 186 f. Holstein 18, 190 Kraft, N.N. 184 Maryland 74 Hamburg 101, 160, 167, 188 Holtenmüller, N.N. 182 Krall, Carl 184 Mathes, C. 186 Hanau 11 ff., 18 f., 23, Horlacher, E. 182 Krall, Wilhelm 184 Mathias, Carl Julius Ferdi- 31 – 36, 38, 40, 51, 53, Horlacher, Johann Adam 167, Kranichstein 186 nand 186 66 f., 160, 164, 166 ff., 182 Kraus, Adolph 88 Maucler, Julius Freiherr von 176 – 183, 185 f., 189 f., Horst 190 Krempel, Louis 39 156 f. 192 ff. Horst, Carl 182 Krempp, N.N. 184 Maulbronn 12 Hangard, Johann Peter 167 f., Huber, Heinrich 182 Krepp, N.N. 184 Mazzini, Guiseppe 56 180 Hummel, Louis 182 Kuhl, Moritz 39, 184 Mecklenburg 183 Hannover 186 f. Iferten / Yverdon 176 Kunze, Ludwig 65 Meigs, Montgomery 82 Härle, Georg 66, 180 f. Illinois 86, 89 f. Künzelsau 160, 167, 184 Meiningen 160, 167 Harper’s Ferry 86 Iserlohn 40 Kuppenheim 18 f. Metternich, Germain 45, 77, Harris, William T. 106 Itzstein, Johann Adam von Ladenburg, Carl 184 169, 175, 186 f. Hartmann, N.N. 167 f., 181 13, 153 Lahayne, Charles 82 Metternich, Klemens Wenzel Hartwell, Edward 103 f., Jackson, Andrew 80 Lahayne, Otto 82 Fürst von 21, 26 106 f. Jaeger, Otto Heinrich 99, 194 Landshut 188 Metternich, Mathias 186 Hassler, Frederick 81 Jagst 11 Lang, Ferdinand 184 Metz, Franz Wilhelm 178, Hattersheim 31 f., 175, 186 Jahn, Friedrich Ludwig 15 f., Lange, Bill 91 187 Hauff, Friedrich jr. 180 18 f., 21 ff., 26, 37 f., 41, Langenburg, Fürst von 178 Metzger, N.N. 187 Hechingen 179 48, 51 f., 88, 97 f., 100, Langsdorff, Georg von 185 Metzner, Heinrich 106 Hecker, Friedrich 13, 19, 25, 106, 165 ff., 189, 191, 193 Lauffen a.N. 191 Milford 70 51, 55 f., 58 ff., 67 f., 71, Jaup, N.N. 36 Lauterbach am Vogelsberg Miller, Nehemiah 82 153, 175, 177, 185, 189, Jena 186 191 Milwaukee 101 191 f. Johnson, Andrew 82 Laux, N.N. 185 Minfeld 67 Heidelberg 12 f., 24 f., 31, Jung, Karl 167 f., 182 Leauwarden 178 Minnesota 65, 67, 69 ff., 188 50, 53, 157, 159 f., 162 f., Jung, N.N. 167 f., 183 Lehmann, Eduard 166, 185 Mirus, Adolph 187 167 ff., 175, 177 ff., Kallenberg, Karl 179 Leipzig 17, 27, 33, 187 Mittermaier, Franz 168, 187 181 – 189, 192 ff. Kamm, Eduard / Edmund Lelong, Christian 11, 178, Mittermaier, Karl 187 Heidger, N.N. 180 183 185 Mittermaier, Karl Anton 187 Heilbronn 11 ff., 22, 24 ff., Kammerhueber, Joseph von Lenau, Nikolaus 169 Moos, Elise 56 32, 45–53, 55, 65 ff., 70 f., 75, 82 Leonberg 183 Mosbach 180 77, 80, 153–195 Kandern 191 Leonhard, V. 185 Mueller, Adolph 85 Heilbronn-Böckingen 183 Kansas 86 Lichnowski, Fürst Felix 53 Müller, Eduard 187 Heimsheim 55 Kansas City 102, 104 Lichtenstein 23 Müller, Gustav Bernhard Hein, Samuel 81 Kapff, Franz Gottfried 183 Limbach 23 Anton 188 Heinrich, N.N. 153 Kapff, Ludwig Heinrich 156, Limburg an der Lahn 32, 34, Mülot, N.N. 12, 167 Hemenway, Mary 106 183 38 f., 177 München 103, 177, 187, 192 Hentges, Louis (Ludwig Karlsruhe 12, 160, 167 f., Lincoln, Abraham 70, 74, Münchenbuchsee 191 Johann) 180 175, 177 ff., 181, 186, 81 ff., 86 Mundelein, George 93 Herschberger, Clarence 91 191, 193 Link, Wilhelm 185 Muttenz 191 Hertwig, Johann Georg 180 Kassel 27 Lion, Justus Carl 99 Nancy 189 Herzog, Roman 16 Keinath, N.N. 183 London 13, 22, 66 f., 71, 73, Napoleon 98, 155 Hessen 12, 16, 27, 32, 34 f., Keller, N.N. 183 175 f., 184, 190 Nassau 27, 31 f., 34 ff., 40, 37 f., 40, 159, 186, 189, Kennenburg 183 Lorenz, Reinhold 87 186 190, 192 Kentucky 67 Lörrach 55, 175 Nauheim 193 Hessen-Darmstadt 27, 32, Keppel, N.N. 183 Louisville 69 Neckar 13, 25, 35 36, 186 Kerner, Justinus 45, 159 f., Lübeck 11 Neckargemünd 182 Hessen-Kassel 18 169, 183, 191 Lübeck, Wilhelm 193 Neckarsulm 182, 192 Heubner, Otto Leonhard 51 Kerner, Theobald 183 Ludwigsburg 160, 167, 178, Necker, F. 188 Heusinger, N.N. 185 Kiel 18 181, 183 Neebe, Oscar 88 ff. Hexamer, Adolf 180 Kies, Ludwig 49, 183 Lunzenau 23 Nettelhorst, Louis 88 Hexamer, Ernst 181 Killian, Joseph 82 Luxemburg 178 Neu-Buckow 177 Hexamer, Fritz 181 Kinkel, Gottfried 181, 190 Magny, Leopold 186 Neuenstadt a.L. 160, 167, Hexamer, Wilhelm 180 Kirchenbollenbach 178 Main 13, 35 175, 183, 188, 191 Hilf, Hubert 34, 38 f. Klaiber, N.N. 183 Mainz 11 ff., 32 – 40, 45, 77, Neustadt an der Heide (b. Co- Hilgard, Julius 81 Kleinsachsenheim 177 153, 159 f., 164, 167 ff., burg) 181 Hillebrand, Arthur 91 Klinger, N.N. 183 176, 182 f., 185 ff., 190 f. New Howen 185 Hinkey, Frank 91 Klixbill 180 Malterdingen 179 New Orleans 81 Hirschhorn 177, 193 Kloempken, William 90 Mämpel, Franz 182, 185 f. New Ulm 65, 67 – 71, 188 Hoboken 181 Klumpp, Wilhelm 153, 185 Mangni, N.N. 175, 186 New York 45, 52, 67, 69, 73, Höchel, Jakob David 180 Koblenz 179, 181 Mannheim 12 f., 24, 26, 31 f., 91, 101, 106, 176, 181, Hochheim 33 f., 39 Koch, K. 183 40, 48, 52 f., 55, 58, 153, 185, 187 Höchst 34 f. Koch, Ludwig J. 183 155, 158, 160, 163 ff., Newport 67 Hoff, Heinrich 55 Koch, N.N. 167 f., 184 167 f., 175, 177 f., 180, Nibbergall, N.N. 188 Hoffmann, Francis A. 86 Koch, Werner 82 f. 182, 184 ff., 189, 191 Nora, Pierre 100 Hoffmann, H. 180 Kolb, N.N. 184 Marburg 33 f., 167 Northampton 98 Hofmann, Georg 39 Kölle, Thomas 66 Mark, N.N. 186 Oechsner, Johann Georg 36, Hohenasperg 176, 183, 189 f. Kölleda 191 Marksburg 186 38 f. Hohenstein 23 Köln 21, 53, 178 Markwort, Georg 186

207 Offenbach 12 f., 23, 33, 167, Rochow, Gustav Adolf von 21 Schwarz, Isidor 39, 191 Una, Gottfried 31 191 Rödelheim 33 Schweden 88, 97, 106 f. Urach 176, 183 Offenburg 177, 189 Roepfer, Ernest 189 Schweiz 22, 55 f., 61, 81, 88, USA 13, 45, 51 f., 55 ff., Ohio 65, 67, 192 Rohde, Hermann 189 168, 175, 177, 181, 185 ff., 60 ff., 65 – 71, 73 – 107, Öhringen 177 Römer, N.N. 189 190 f. 179, 181, 185, 187 f., Oldenburg 188, 191 Rosenthal, Theodor 189 Schwenningen 183 191 f. Oppenheim 38, 40 Roth, Petra 16 Seaver, Jay W. 106 Usener, Franz 193 Oppermann, Julius 39 Rothacker, Wilhelm 71 Seeger, Wilhelm 69 Usener, Heinrich Georg Fried- Österreich 91, 184 Rüdesheim 34, 186 Seyffer, Johann Friedrich 191 rich 193 Ostfriesland 186 Rügen 17 Siebert, Charles 91 Utrecht 178 Osthofen 35 Rümelin, Carl Gustav 65 Sigel, Franz 181 Vahlteich, Julius 89 Ostpreußen 17 Rümelin, Theodor 189 Sinsheim 67, 168, 185 Vaihingen 182 Östrich 188 Russland 93 Smeets, Marlies 16 Virginia 86 Ostsee 25 Ruth, Babe 91 Soder, Georg 191 Vogel, Robert 193 Overweg, N.N. 188 Sachsen 185 Solger, Reinhold 81 Vollmer, August 40 Parcus, N.N. 36 San Francisco 81 f. Solms Rödelheim und Assen- von der Ahe, Chris 91 Paris 22, 175, 178, 184, 189 Sand, Carl 19 heim, Karl Graf zu 191 Wadell, Rube 91 Pasdeloup, Frank 90 Sarasin, L. 184, 189 South Carolina 186 Waghäusel 67, 177 Paulskirche 16 ff., 98 Sargent, Dudley 106 Southampton 191 Wagner, Honus (Johannes) 91 Pelissier, N.N. 188 Sartorius, Christian 178 Spies, August 88 f. Waldecker, Louis 82 Penig 23 Sauerschwabenheim 36 Spieß, Adolf 50 f., 98 f., 165, Waldenburg 23 Pennsylvania 81 Sautter, C.F. 189 167 f., 185 f., 191, 193 Wallau, Karl 39 Petri, Wilhelm 188 Sayn-Wittgenstein-Hohen- Spieß, Caspar 167 f., 192 Wartburg 19 Pfalz 19, 22, 40, 182 stein, Wilhelm Fürst zu 26 St. Louis 81, 91 Washington, D.C. 11, 13, 56, Pfänder, Carl Heinrich 66 f., 71 Schade, Louis 82 St. Paul 70 f. 65, 73 – 77, 79 – 84, 176 Pfänder, Caroline 67 Schäffer, Peter 189 Stadermann, Jean (Johann Washington, George 80 Pfänder, Jakob Andreas 65 Schaible, C. 189 Friedrich / Johann Wassmannsdorff, Karl 51, Pfänder, Johanna 65 Schaible, Karl Heinrich Michael) 192 167 f., 191, 193 Pfänder, Katharine geb. Pfau 167 ff., 189 f. Staehle, L. 192 Weber, Beda 39 67 Schall, N.N. 176 Stähle, Lotte 192 Weber, Ferdinand 40 Pfänder, Wilhelm 65–71, 188 Schaller, Ludwig 190 Stapf, Carl von 66 Wedekind, Ludwig 167 f., Pfau, Jacob 67 Schapper, Karl 190 Stauber, Frank 87 f. 193 Pfau, Ludwig 57 Schärttner, August 12 f., 51, Staudenmayer, N.N. 192 Weidig, Friedrich Ludwig 37, Pfeifer, N.N. 188 167 f., 190 Steffen, Walter 91 184 Pfeiler, Johann B. 188 Schellhaus, Richard 82 Stein, Heinrich Friedrich Karl Weidinger, Bernhard Pforzheim 11 ff., 55, 160, Schepperle, N.N. 34 Reichsfreiherr vom und Maria 86 167 f., 182 ff., 194 Schilden, Erich von 190 zum 21 Weinheim 185 Philadelphia 69, 80 Schimmelpfennig von der Oye, Steinam, N.N. 192 Weinsberg 45, 154, 156, 158, Plauen 11 Alexander 190 Steudel, N.N. 192 160, 169, 175, 183, 186, Pleiszner, Eduard Friedrich Schindler, Ludwig 91 Stockmayer, Hermann 192 189 188 Schlegel, Edward 86 Stoll, E. 192 Wertheim 183 Poesche, Theodor 80 Schleswig 18 Stollberg 23 Westerwald 32, 34 Pollak, N.N. 188 Schleswig-Holstein 18, 26, Straßburg 189 Westphal, N.N. 193 Port, Johann Christoph 39, 154, 156 Sträßle, F. 192 Wetterau 184 188 Schlöffel, Gustav Adolf 55 f., Strauss, Helmut 83 Weydemeyer, Joseph 56, 67, Prag 185 175 Streich, Karl 192 73 ff., 176 Preußen 21 f., 47, 98, 107, Schmidt, C.J. 91 Struve, Gustav (von) 13, 19, Widecken 193 181, 189 Schmidt, Ernst 86 f., 90 26, 45, 51 f., 55 ff., 60, Wien 11 Rahn, Eduard 188 Schmolz, August 190 153, 155 f., 175, 177, 185 Wiesbaden 33 ff., 38 ff., 175, Rapp, Wilhelm 71 Schnauffer, Carl Heinrich 13, Stumpf, Gottfried 39 180 Rau, N.N. 188 55 – 63 Stumpf, Paul 36, 38 f. Wießler, Jakob 184, 193 Rauch, N.N. 153 Schnauffer, Wilhelm 57 Stuttgart 11 f., 23, 34, 55, 65, Wiester, Oskar 193 Ravenstein, August 12, 32, Schneider, Georg 85 f. 153, 167 f., 175 ff., 180, Wilhelmsdorf 179 167, 194 Schneider, N.N. 167 f., 190 f. 182 f., 185, 188 ff., 192, 194 Willich, August 190 Regensburg 176 Schneider, Otto 92 Suder, Henry 88, 93 Winter, Carl 194 Rehm, Jacob 86 Schöninger, Julius 191 Süssmuth, Rita 16 Wiss, George 74 Reitzel, Robert 89 Schöppler, Philipp Jakob 39 Tafel, Gustav 71, 192 Wittenberg 178 Remy, Susanne Caroline 186 Schorndorf 160, 167, 176, Tafel, Leonhard 192 Wolff, N.N. 31 Rendsburg 180 182, 188 f., 192 Tarireck, Jean 192 Wolff, Wilhelm 73 Reutlingen 12 f., 23 f., 45, 48, Schröder, Gerhard 16 Taunus 32, 34 f. Worms 38, 40 52, 155, 160, 167, 178 Schücking, Alfred 82 Tennessee 70 Wörner, A. 194 Reyscher, August Ludwig 194 Schulz, Adolph 91 Thewalt, Karl 34, 38 f. Württemberg 11 f., 23 f., 27, Rhein 12 f., 22, 25, 27, 33, Schurz, Carl 71, 83, 190 Thissen, N.N. 193 32, 41, 47, 66 f., 70, 156, 57, 60 Schwab, Michael 89 f. Thompson, William V. 90 159, 176, 179, 182, 194 Rheinfelden 55 Schwaben 11 f., 33, 45 ff., 51, Tübingen 12, 34, 160, 167, Wüst, Karl 194 Rheingau 35, 40 176, 179 f., 190 176 f., 179 f., 182, 188 f., Zapp, Karl 104 Rheinhessen 19, 33 – 37, 40 Schwäbisch Gmünd 12, 45, 51, 192, 194 Zimmer, Georg 194 Rheinland 16, 22 160, 167 f., 176, 178, 181 Tunna, Joseph M. 55 Zitz, Franz Heinrich 40, 186 Riedling, N.N. 188 Schwäbisch Hall 25, 160, Tybee Island 186 Zuppke, Robert 91 Rio de Janeiro 185 167, 189 Ullrich, Louis F. 90 Zürich 175 Rischmann, Karl 188 Schwank, N.N. 34 Ulm 65 f., 71, 160, 167, 183, Zwickau 23 Rochester, N.Y. 187 Schwarz, Carl 191 188

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