Die Stadt Ohne
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HAUS KINO KULTUR MÄRZ 2018 DIE STADT OHNE Eine Ausstellung zum Republiksjubiläum Die NS-Zeit im neuen NACHBILDER österreichischen Kino WELTPREMIERE: DIE STADT OHNE JUDEN Foto: Hertha Hurnaus Foto: AYSE ERKMAN, questions and suggestions, Erweiterungsbau der AK Wien kultur.arbeiterkammer.at 180201_Kunstprojekt_Erkman_110x155.indd 1 01.02.18 09:58 METRO KINOKULTURHAUS PROGRAMM VON 1. MÄRZ BIS 4. APRIL ach einer beispiellosen Filmrettungsaktion und der damit finanzierten Restaurie- N rung feiert der »utopische« Stummfilm DIE STADT OHNE JUDEN nun seine Welt- premiere. Der Film bildet auch die Basis für eine neue große Ausstellung zum Repub- liksjubiläum: DIE STADT OHNE – rund um die neu rekonstruierten Filmbilder spannt die Schau große Bögen von der Geschichte der Ersten Republik bis zur Gegenwart, wo sich Muster der gesellschaftlichen Polarisierung zu wiederholen scheinen. Wie sehr das Thema NS-Zeit das neue österreichische Kino geprägt hat, zeigt die Retro- spektive Nachbilder in 27 Beispielen. Und wie Archivarbeit das audiovisuelle Gedächt- nis erweitern kann, demonstrieren die beiden Programme von Augenblicke der Geschichte: neu entdeckte, noch nie gezeigte Amateuraufnahmen, entstanden rund um den 12. März 1938. Mit seiner Pionierproduktion FILMEMIGRATION AUS NAZI- DEUTSCHLAND legt Günter Peter Straschek den Finger in immer noch offene Wun- den. Vom Überleben tiefer Verletzungen erzählen die beiden Kinostarts UGLY und THE WOMAN WHO LEFT. Kino, das reflektiert, berührt – und feiert: dafür stehen auch die Festivals im März, Tricky Women, die Diagonale und das Jüdische Filmfestival. Ernst Kieninger und das Filmarchiv-Team AUSSTELLUNG DIE STADT OHNE | 2.3.–30.12. 02 RETROSPEKTIVEN NACHBILDER | 2.3.–4.4. 12 AUGENBLICKE DER GESCHICHTE | 12.–16.3. 34 FILMEMIGRATION AUS NAZIDEUTSCHLAND | 3.–4.4. 38 PREMIERE DIE STADT OHNE JUDEN | 21.3.–2.4. 42 KINOSTARTS UGLY | 2.–21.3. 44 THE WOMAN WHO LEFT | 29.3.–3.4. 45 FILM | UNIVERSITÄT ALT-/NEULAND | 6.–13.3. 46 ABSOLUTELY BRITISH | 19.3. 48 PROGRAMMSCHIENEN KINDER KINO KLASSIKER | 3.3.–2.4. 50 SECOND LIFE | 6.–27.3. 52 LIVING COLLECTION | 5.3. 54 JÜDISCHER FILMCLUB WIEN | 14.3. 55 WILD FRIDAY NIGHT | 23.3. 56 SPECIAL TANZ UND GIB IHM! | 7.3. 57 FESTIVALS TRICKY WOMEN | 8.–11.3. 58 DIAGONALE 2018 | 13.–18.3. (Graz) 64 JÜDISCHES FILMFESTIVAL WIEN | 22.–28.3. 68 SPIELPLAN 79 AUSSTELLUNG 2. MÄRZ bis 30. DEZEMBER 2018 Abreise der Juden aus Utopia, DIE STADT OHNE JUDEN AUSLÄNDER RAUS! SCHLINGENSIEFS CONTAINER, A 2002 © Filmgalerie 451 2. MÄRZ bis 30. DEZEMBER 2018 DIE STADT OHNE JUDEN MUSLIME FLÜCHTLINGE AUSLÄNDER Eine Ausstellung zum Republiksjubiläum Jahre Republik. Grund für einen Blick zurück. Für eine Auseinandersetzung 100 mit Politik und Geschichte, damit, wie sich die Gesellschaft speziell in Öster- reich entwickelt hat. Für Vorstellungen, Ideen und Perspektiven, wohin sie sich ent- wickeln soll – oder auch nicht. Für das Filmarchiv Austria der perfekte Zeitpunkt für eine besondere Art von Denkanstoß. DIE STADT OHNE JUDEN feiert das große »Come- back«. Als Film, als kritisches Zeitdokument, aber auch als Resonanzkörper, der die Erste Republik mit der Gegenwart in Verbindung bringt. Ironischerweise im modernen Zeitalter der Globalisierung, des globalen Zusammen- wachsens, wird – jenseits aller Stummfilmfiktion – wieder heftig agitiert. Gegen bestimmte religiöse oder ethnische Gruppen. Gegen willkommene, zufällige »Sünden- böcke«. Gegen Feindbilder aller Art. Auch – und wieder – in Österreich. DIE STADT OHNE widmet sich angesichts der Vergangenheit einem Thema, das uns auch in Zukunft noch beschäftigen wird. Ausstellung DIE STADT OHNE | 3 AUSSTELLUNG Antisemitische Propaganda, Wien 1932 © ÖNB AUSSTELLUNG DIE STADT OHNE: 2. MÄRZ bis 30. DEZEMBER 2018 Die Stadt ohne Juden nannte Hugo Bettauer 1922 seinen Roman von übermorgen, der die damals noch utopische Vorstellung einer Vertreibung der Juden aus Wien be- schreibt. Die Verfilmung durch Regisseur Hans Karl Breslauer war 1924 bereits von Störaktionen der Nationalsozialisten begleitet, 1925 wurde Bettauer von einem Natio- nalsozialisten in seinen Redaktionsräumen erschossen. Der Aufstieg der NSDAP in Österreich mit Mitteln des Terrors mündete 1938 im »Anschluss«. Was folgte, war die Vertreibung und Ermordung der mitteleuropäischen Jüdinnen und Juden im Holocaust. Die Ausstellung DIE STADT OHNE begleitet die Veröffentlichung der neu restaurierten Version des Stummfilms, der heute weltweit als erstes filmkünstlerisches Statement gegen den Antisemitismus gilt. Dabei wird dieses einzigartige Zeitdokument nicht nur in der Geschichte der Ersten Republik verortet, sondern auch in der gesellschaftlichen Wirklichkeit der Gegenwart. Ausgehend von einzelnen Filmszenen interveniert die Ausstellung zwischen dem Damals und Heute: sie zeigt, wie Ausschlussmechanismen in der Gesellschaft funktionieren und zeichnet dabei die einzelnen Stufen des 4 | Ausstellung DIE STADT OHNE Brettspiel »Juden raus«, 1938 © Yoram Reshef (Wiener Library Tel Aviv) AUSSTELLUNG DIE STADT OHNE: 2. MÄRZ bis 30. DEZEMBER 2018 Ausgrenzungsprozesses von der Polarisierung der Gesellschaft bis zum endgültigen Ausschluss der geschaffenen »Sündenböcke« nach. In den 1920er- und 1930er-Jahren haben die Antisemiten nach dem Ausschluss »der Juden« gerufen, heute wird wieder agitiert: gegen »Ausländer«, Musliminnen und Muslime oder Flüchtlinge. DIE STADT OHNE stellt die Frage, ob und inwiefern die gesellschaftliche Spaltung während der Jahre des Aufstiegs des Nationalsozialismus mit jener unserer Gegenwart verglichen werden kann, soll oder sogar muss. Im Film kehrten die Jüdinnen und Juden wieder nach Wien zurück, die historische Realität sollte aber anders aussehen. Von der Utopie Bettauers und des Films wendet sich die Ausstellung den tatsächlichen historischen Folgen des Ausschlusses der jüdi- schen Bevölkerung, der Schoah, zu. Mit ihrer Anbindung an die Gegenwart versteht sich DIE STADT OHNE nicht nur als historische Ausstellung, sondern als eine Interven- tion zum Republiksjubiläum, die Fragen der kulturellen Identität Österreichs mit all ihren Brüchen und Verwerfungen kritisch beleuchtet. Als Projektionsfolie dazu dienen die wiederentdeckten Filmbilder von DIE STADT OHNE JUDEN. Ausstellung DIE STADT OHNE | 5 AUSSTELLUNG Transparent aus Wien, 2009 © DÖW Beschmierung in Wien, 2005 © Thomas Northoff Plakat, 1927 6 | Ausstellung DIE STADT OHNE Buchcover Kabinenkoffer von Sigmund Freud © Sigmund Freud Museum, Wien Ausstellung DIE STADT OHNE | 7 Blindtext pa rciatur restiore mos qua- DUYGU ÖZKAN »letzten Bollwerk eines westlichen Europas gegenüber den zur Zweiten Türkenbelagerung. Er war dem Teufel gleich, AUSSTELLUNG tecest voluptatur seque voluptatem et türkischen Übergriffen. […] Wir führen diesen Abwehrkampf das impliziert die Bezeichnung »Erbfeind«, ein Begriff, der heute nur mit anderen Mitteln, das ist die Diplomatie.«4 Allein ursprünglich den Leibhaftigen selbst charakterisierte. Das etur, nonsequi re ma netumque porro diese wenigen Beispiele implizieren, dass Österreich die Feindbild hatte religiösen Charakter, später schrieb der Refor- tet a non eum, aut perum sed ut venda ewige Türkengefahr niemals losgeworden ist. Die Osmanen mator Martin Luther von den Türken als Strafe Gottes für von damals sind die ehemaligen türkischen »Gastarbeiter«, die Abkehr vom Glauben. Einfluss hatte ebenfalls die mittel- doluptat que nonsed mod et qui ape velis die syrischen Flüchtlinge, die Migranten aus dem arabischen alterliche Kreuzzugsidee, in anderen Worten: der niemals un- sed et vernam, velitestis nonseprae vo- WENN VORURTEILE Raum von heute. Sie alle können mühelos in ein stereotypes überwindbare, christlich-muslimische Gegensatz. Der Türke Bild hineingepflanzt werden, das hartnäckig die Jahrhunderte war des Weiteren »kulturfremd« und hielt in seinem Reich an lupta sperem aut fuga. Namus adi rerunt überdauert hat. Wie ist das möglich? einer aus westlicher Sicht seltsamen hierarchischen Ordnung fest, in der für Nicht-Adelige der soziale Aufstieg möglich fugit aut eaquo magnam quiae plitio con Die stetige Wiederbelebung einer Türken- und somit Islam- war. Dem Türken war ein barbarisches Wesen eigen, das Jagd ea ne maiorer uptatentem nimporeicat DIE ZEIT ÜBERDAUERN gefahr hat in Mitteleuropa Tradition. Im vergangenen Jahr- auf christliche Kinder machte (»Knabenlese«), das plünderte, zehnt haben sich Historiker kritisch mit dem Türkenbild im mordete, abfackelte, wofür die von osmanischen Soldaten DIE STADT OHNE DIE exceperum hilisquosti te eveliqu asiniti- kollektiven Gedächtnis auseinandergesetzt, sie stellen fest: heimgesuchten Gegenden Zeugnis boten. Dieses negative unt et voloratur ad magnissed endignia »Der Türke«, der gleichsam als Synonym für Osmane, Ori- Bild hatte also vor allem dort Bestand, wo die osmanische Er- entale oder Mohammedaner galt, diente lange Zeit als ein oberungsabsicht virulent war. Für Österreich und Ungarn war vendi rest eate laut occus, iderci dolori- Am 9. September 2017 versammelten sich rund 200 vornehmlich pauschales, diffuses Feindbild, um zunächst die osmanische dieses Moment immer unmittelbarer als für andere Gebiete. junge Menschen auf dem Wiener Kahlenberg, um »einen Gedenk- Gefahr zu charakterisieren, diese Gefahr zu instrumentali- Nur zwei Jahrzehnte nach der Eroberung Konstantinopels ae nonseque eum sunt offic tem qui ut zug zur Erinnerung an die Befreiung Wiens und die Verteidigung sieren – und später immer wieder als Schablone hochzu- zog die osmanische Reiterei an der Drau entlang und drang autempor res ea nonse volores ut volest, Europas« zu veranstalten.