DIPLOMARBEIT

zur Erlangung des akademischen Grades Mag.rer.soc.oec. im Diplomstudium Sozialwirtschaft an der Johannes Kepler Universität Linz

Institut für Gesellschafts- und Sozialpolitik

Österreichische Volkspartei – Eine Partei in der Krise? Eine Analyse der ÖVP sowie ihrer Teilorganisationen

Eingereicht bei Mag. a Dr. in Brigitte Kepplinger

vorgelegt von Philipp Neubauer

Linz, August 2016 Danksagung Seite I

Danksagung

Zu Beginn dieser Arbeit möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich in der Zeit des Schreibens dieser Diplomarbeit unterstützt und motiviert haben.

Ohne meine Eltern Roswitha und Engelbert Neubauer würde ich heute diese Danksagung nicht verfassen, sondern hätte wahrscheinlich in der schwierigen Phase meines Studiums, geprägt von privaten Schicksschalsschlägen, das Studium ohne Abschluss beendet. Ihrem Vertrauen in mich und meine Fähigkeiten sowie ihrer positiven Unterstützung ist es zu verdanken, dass es nicht soweit gekommen ist und ich meine Motivation wieder gefunden habe. Daher möchte ich ihnen diese Arbeit im Besonderen widmen.

Bedanken möchte ich mich auch bei meinem Bruder Christoph sowie meinem Onkel Johann Huber, die wie meine Eltern, gerade in der Endphase der Fertigstellung dieser Arbeit, durch intensives Lesen der Arbeit zahlreiche Stunden investiert haben. Ihnen ist es zu verdanken, dass die vorliegende Arbeit nicht nur die wissenschaftlichen Kriterien erfüllt, vielmehr auch der deutschen Rechtschreibung und Grammatik sowie einer wissenschaftlichen Ausdrucksweise entspricht.

Abschließend gilt mein Dank Frau Mag. a Dr. in Brigitte Kepplinger, die sich als sehr angenehme Diplomarbeitsbetreuerin ausgezeichnet hat und somit auch diesen Abschluss erst ermöglicht hat. Vielen Dank für Ihre Unterstützung!

Eidesstattliche Erklärung Seite II

Eidesstattliche Erklärung

Ich erkläre an Eides statt, dass ich die vorliegende Diplom- bzw. Magisterarbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wörtlich oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Die vorliegende Diplomarbeit ist mit dem elektronisch übermittelten Textdokument identisch.

Linz, im August 2016

______Neubauer Philipp Seite III

Abstract/Kurzfassung Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Entwicklung der Österreichischen Volkspartei sowie ihrer Teilorganisationen (Bünde). Um die Thematik einordnen zu können, werden anfangs die wichtigsten Begriffe definiert und die verschiedenen Parteitypen erklärt und voneinander abgegrenzt. Anschließend wird der Fokus auf die Volksparteien gerichtet, wobei hier verschiedene Ansätze/Modelle und deren Charakteristika vorgestellt werden. Den Abschluss des Kapitels bildet eine Kritik am Begriff und Konzept Volkspartei. Im Hauptteil der Arbeit wird die Österreichische Volkspartei (ÖVP) behandelt. Wesentliche Aspekte, die hier bearbeitet werden, sind die Gründung der ÖVP, die Parteiorganisation, die politische Führung der Partei sowie zum Abschluss die Wählerschaft der ÖVP. Eine Schlussbetrachtung und Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse runden diese Arbeit ab.

Inhaltsverzeichnis Seite IV

Inhaltsverzeichnis

DANKSAGUNG ...... I

EIDESSTATTLICHE ERKLÄRUNG ...... II

ABSTRACT/KURZFASSUNG ...... III

INHALTSVERZEICHNIS ...... IV

ABBILDUNGSVERZEICHNIS...... VI

TABELLENVERZEICHNIS ...... VII

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS...... VIII

1. EINLEITUNG ...... 1

1.1. RELEVANZ DES THEMAS ...... 2 1.2. FORSCHUNGSMETHODE ...... 3 1.3. AUFBAU DER ARBEIT ...... 3

2. BEGRIFF, FUNKTIONEN UND PARTEITYPEN ...... 4

2.1. DEFINITION DES BEGRIFFS „P OLITISCHE PARTEI “ ...... 4 2.2. FUNKTIONEN VON PARTEIEN ...... 6

3. PARTEITYPEN ...... 10

3.1. „CATCH -ALL PARTY “ ...... 11 3.2. KARTELLPARTEI ...... 12 3.3. PROFESSIONELLE WÄHLERPARTEIEN ...... 14 3.4. PROFESSIONALISIERTE MEDIENKOMMUNIKATIONSPARTEI ...... 15 3.5. ZUSAMMENFASSUNG DER PARTEITYPEN ...... 16

4. VOLKSPARTEI...... 18

4.1 TYPUS VOLKSPARTEI - ANSÄTZE VON OTTO KIRCHHEIMER UND ALF MINTZEL ...... 18 4.2. VOLKSPARTEI VERSUS MITGLIEDERPARTEI ...... 22 4.3. DIE MERKMALE DES IDEALTYPUS VOLKSPARTEI ...... 24 4.4. KRITISCHE AUSEINANDERSETZUNG MIT DEM KONZEPT UND BEGRIFF „V OLKSPARTEI “...... 28 4.3.1. Substitutionskritik ...... 28 4.3.2. Gesellschaftskritische Analyse...... 31 4.3.3. Entwicklungstypologische Kritik...... 31 Abbildungsverzeichnis Seite V

5. ÖSTERREICHISCHE VOLKSPARTEI ...... 36

5.1. PARTEIORGANISATION DER ÖVP...... 36 5.1.1. Teilorganisationen ...... 36 5.1.1.1. Österreichischer Wirtschaftsbund...... 37 5.1.1.2. Österreichischer Bauernbund...... 37 5.1.1.3. Österreichischer Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenbund (früher: Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund)...... 38 5.1.1.4. Junge ÖVP ...... 40 5.1.1.5. Österreichischer Seniorenbund...... 41 5.1.1.6. Frauen in der ÖVP...... 41 5.1.2. Organisationsstruktur der Partei...... 42 5.1.3. Parteiorganisation der ÖVP Fazit...... 50 5.2. POLITISCHE PROGRAMME DER ÖVP...... 52 5.2.1. Der ideologische Konsens - Entstehung ...... 55 5.2.2. Der „Neubeginn“ – Entideologisierung ...... 56 5.2.3. Politisches Programm der ÖVP - Fazit ...... 60 5.3. POLITISCHE FÜHRUNG DER ÖVP ...... 60 5.3.1. Die Zeit als Oppositionspartei unter und die Rückkehr auf die Regierungsbank ..... 64 5.3.2. Neuausrichtung unter Josef Riegler und ...... 66 5.3.3. Impulse zur Wiederherstellung der ÖVP unter Wolfgang Schüssel...... 70 5.3.4. , Josef Pröll, – die ÖVP in der Krise ...... 73 5.3.5. Rücktritt Spindeleggers – Neuanfang/Neustart unter Mitterlehner ...... 77 5.3.6. Obmänner der ÖVP ...... 81 5.3.7. Politische Führung der ÖVP Fazit ...... 85 5.4. WÄHLERSCHAFT DER ÖVP...... 87 5.4.1. Rückgang des katholisch-ländlichen Bestands ...... 91 5.4.2. Verlust der Wechselwähler/innen und der Rückgang städtischer Repräsentanz ...... 95 5.4.3. Rückschlag und steigende Erwartungshaltungen...... 97 5.4.4. Aufschlüsselung der ÖVP-Wählerschaft bei der Nationalratswahl 2008 nach dem Alter...... 100 5.4.5. Wählerschaft der ÖVP Fazit...... 100

6. SCHLUSSBETRACHTUNG...... 103

7. LITERATURVERZEICHNIS ...... 109 Abbildungsverzeichnis Seite VI

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Parteien; Quelle: Parteien und Parteiensystem (2011)...... 6 Abbildung 2: Funktionen bzw. Ebenen von Parteien; Quelle: Parteien und Parteiensystem (2011) ...... 7 Abbildung 3: Parteimodelle – Stellenwert der Funktionen; Quelle: Handbuch Parteienforschung (2013) ...... 17 Abbildung 4: Parteitypen im Vergleich; Quelle: Handbuch Parteienforschung (2013)...... 18 Abbildung 5: Merkmale Volkspartei – Otto Kirchheimer; Quelle: Annäherung an die Volkspartei (2004)...... 20 Abbildung 6: Merkmale Volkspartei – Alf Mintzel; Quelle: Annäherung an die Volkspartei (2004) ...... 21 Abbildung 7: Übersicht Merkmale Volkspartei; Quelle: Annäherung an die Volkspartei (2004) ...... 27 Abbildung 8: Einordnung der Parteien (links- rechts Dimension); Quelle: Ideology, Strategy and Party Change (1987)...... 58 Abbildung 9: Landesparteiorganisationen der ÖVP; Quelle: https://www.oevp.at/die- partei/Oevp-Familie.psp?ref=m1 (Zugriff: 08.08.2016) ...... 62 Abbildung 10: Sozialstruktur der ÖVP-Wähler/innen; Quelle: Schwarz-bunter Vogel. Studien zu Programm, Politik und Struktur der ÖVP (1985)...... 90 Abbildung 11: evaluierte Kompetenzen der einzelnen Parteien; Quelle: Parteien auf komplexen Wählermärkten (1999)...... 94 Abbildung 12: Alter der ÖVP-Wählerschaft; Quelle: Wandel und Fortschritt in den Christdemokratien Europas (2014)...... 100 Abbildung 13: Umfragewerte; Quelle: http://www.nationalratswahl.at/umfragen.html (Stand: 10. August 2016)...... 103 Abbildung 14: Nationalratswahlen; Quelle: Politik in Österreich (2006)...... 104 Tabellenverzeichnis Seite VII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: SPÖ-Mitgliederstatistik; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985) ...... 44 Tabelle 2: ÖVP-Mitglieder-Statistik der Jahre 1968 - 1983; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985) ...... 45 Tabelle 3: ÖVP- Mitglieder differenziert nach Bundesländern; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985) ...... 46 Tabelle 4: ÖVP-Mitglieder strukturiert nach Teilorganisationen; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985) ...... 46 Tabelle 5: Vergleich der beiden Spitzenkandidaten; Quelle:http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/3893490/Match-zwischen- SPO-OVP-und-FPO-vollig-offen (Stand: 1. August 2016)...... 80

Abkürzungsverzeichnis Seite VIII

Abkürzungsverzeichnis

bzw. beziehungsweise ca. circa CDU Christlich Demokratische Union CSU Christlich Soziale Union FPÖ Freiheitliche Partei Österreichs GS Generalsekretär JVP Junge Volkspartei KPÖ Kommunistische Partei Österreichs ÖAAB Österreichischer Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen Bund OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OÖVP Oberösterreichische Volkspartei ÖBB Österreichischer Bauernbund ÖCV Österreichischer ÖFB ÖVP Frauen ÖSB Österreichischer Seniorenbund ÖVP Österreichische Volkspartei ÖWB Österreichischer Wirtschaftsbund NÖVP Niederösterreichische Volkspartei SPD Sozialdemokratische Partei Deutschlands SPÖ Sozialdemokratische Partei Österreichs VDU Verband der Unabhängigen Vgl. vergleiche z.B.: zum Beispiel

Einleitung Seite 1

1. Einleitung

Die politische Landschaft in Österreich war lange Zeit geprägt von den beiden Großparteien der Sozialdemokratischen Partei Österreichs (SPÖ) sowie der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wieder neu ins Leben gerufen, dominierten diese beiden Parteien lange Zeit das politische Geschehen in Österreich und waren maßgeblich für die Entwicklung des Landes in der zweiten Republik mitverantwortlich. Spätestens Ende der 1980er Jahre Anfang der 1990er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelte sich die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) als starke dritte Kraft im politischen Land und die Dominanz der beiden Parteien schwand. Die Zeit der Wahlniederlagen und der Parteikrisen in den beiden Großparteien SPÖ und ÖVP begann. Als vorläufiger negativer Höhepunkt können die Nationalratswahlen aus dem Jahr 2008 bzw. 2013 erwähnt werden. Auch die Wahl zum Bundespräsidenten im April 2016 spiegelt die derzeitige Verfassung der beiden ehemaligen Großparteien SPÖ und ÖVP wider. Keiner der Kandidaten beider Parteien schaffte den Sprung in die Stichwahl. Ein Novum – seit 1945 wurde der Bundespräsident immer von einer der beiden Großparteien SPÖ oder ÖVP gestellt. Auch einzelne – mittlerweile aber selten gewordene – Wahlerfolge der beiden Großparteien können nicht über die Krise dieser Parteien hinwegtäuschen, in der sie sich schon längere Zeit befinden. Seit geraumer Zeit analysieren Politikexperten/innen nach Wahlen hauptsächlich die Höhe der Verluste der beiden Parteien.

Wie dramatisch diese negative Entwicklung wirklich ist, zeigt sich, wenn ein genauerer Blick in die durchaus erfolgreiche Vergangenheit der jeweiligen Partei gemacht wird. Der Aufstieg der Österreichischen Volkspartei begann mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs im April 1945 und erreichte seinen Höhepunkt Mitte der 1960er Jahre mit der Alleinregierung von 1966-1970 unter . Der erste Abwärtstrend begann durch das Aufstreben der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) unter Jörg Haider in den 1980er Jahren. Mitgliederschwund, verändertes Wahlverhalten, niedrigere Wahlbeteiligung, altmodische Parteiorganisation, neue (Bürger)Parteien, politische Unzufriedenheit, Wirtschaftskrise, Flüchtlingskrise, politische Uneinigkeit in der Regierung in manchen Streitfragen – Faktoren, die die Talfahrt bei den Nationalratswahlen für die einstigen Großparteien in Einleitung Seite 2

Österreich SPÖ und ÖVP ausgelöst bzw. verstärkt haben. Wo es Verlierer gibt, gibt es allerdings auch Gewinner: Die Parteien in der Opposition – FPÖ und die Grünen – sind die Profiteure der schwachen Performance der beiden Großparteien. Interessant wird sein, wie beide Großparteien sich bis zur nächsten Nationalratswahl im Jahr 2018 entwickeln.

1.1. Relevanz des Themas Politik ist immer ein relevantes Thema in unserer Gesellschaft. Gerade in der heutigen Zeit, in der sich neue Parteien etabliert haben und an Wählerzuspruch gewinnen, die „alten“ traditionellen größeren (Volks)Parteien sich hingegen in einer Krise befinden und stetig an Wählerzuspruch verlieren, beinhaltet dieses Thema „Analyse der Entwicklung der Österreichischen Volkspartei“ viel Brisanz und eine gewisse Herausforderung. Spätestens nach dem Ergebnis der letzten Nationalratswahl wird über die Zukunft der Österreichischen Volkspartei mehr denn je in den Medien diskutiert. Die aktuelle Krise der ÖVP, die sich schleichend mit Ende der schwarz-blau-orangen Koalition im Jahr 2007 und dem Ende der Ära Schüssel als Obmann und Bundeskanzler entwickelte, fand mit dem Beginn der großen Koalition unter der Kanzlerschaft der SPÖ ihren Höhepunkt. Die „politische Lebensdauer“ einiger Obleute an der Spitze der Partei ist/war begrenzt, der Einfluss einzelner Bünde und einiger Landeshauptleute resultiert mehr denn je in einem Machtkampf um die Vorherrschaft in der Partei.

Basierend auf dieser Situation ergeben sich folgende Fragestellungen, welche im Rahmen dieser Diplomarbeit zu beantworten versucht werden bzw. zumindest neue Erkenntnisse liefern und mögliche Schlussfolgerungen aufzeigen sollen:

1) Welchem Parteimodell kann die ÖVP zugeordnet werden? Ist die ÖVP überhaupt noch eine Volkspartei? 2) Was sind die Gründe für die zahlreichen Wahlniederlagen/Verluste von Wählerstimmen der ÖVP bei den letzten Nationalratswahlen? Ist die ÖVP noch eine „Großpartei“? 3) Ist die Österreichische Volkspartei in ihrer heutigen Form bzw. Organisationsstruktur (Bünde) noch zeitgemäß? Welchen Stellenwert besitzen die Bünde in der Partei? Ist der Bundesobmann der ÖVP „das schwächste Glied“ im Machtzirkel der mächtigen Landeshauptleute und der einflussreichen Teilorganisationen? Einleitung Seite 3

4) Welche Zukunftsaussichten bzw. welches Zukunftspotential besitzt die Österreichische Volkspartei? Kann die Partei wieder zu alter (= früherer) Stärke zurückfinden?

1.2. Forschungsmethode Als Forschungsmethode wird die Literaturrecherche verwendet. Zahlreiche Artikel und Bücher zum Thema „Volkspartei“ wurden von namhaften deutschsprachigen Politikwissenschaftlern sowie von den politischen Akademien der jeweiligen Partei verfasst und zur Verfügung gestellt. Weiters beschäftigen sich Zeitschriften und Zeitungen immer wieder mit politisch relevanten Themen und analysieren die Parteienlandschaft in Österreich. Auch diese Medien werden für die vorliegende Arbeit – soweit sie den wissenschaftlichen Kriterien entsprechen – berücksichtigt.

Als Hauptwerke für die begriffliche Definition sowie die Aufzählung und Analyse der verschiedenen Parteimodelle wurden zahlreiche Bücher von Bernd Hofmann, Otto Kirchheimer, Klaus von Beyme, Klaus Detterbeck, Elmar Wiesendahl sowie Uwe Jun und Oskar Niedermayer herangezogen. Die Entwicklung bzw. Analyse der ÖVP wird in Büchern ehemaliger Politiker/innen, Politikwissenschaftlern/innen und zahlreicher Artikel in Fachzeitschriften sowie den politischen Akademien der Partei beschrieben.

Statistiken, aktuelle Zahlen und Medienberichte wie auch Grafiken und Abbildungen sollen die gewonnenen Erkenntnisse belegen. Abgerundet wird die Forschungsmethode durch eine Internetrecherche der Parteihomepage sowie durch Informationen der einzelnen Homepages von den Institutionen der Partei.

1.3. Aufbau der Arbeit Wie bereits erwähnt, versucht diese Diplomarbeit einen Überblick über die Entwicklung der ÖVP zu geben. Verschiedene Definitionen, um die Thematik der Arbeit verstehen zu können, werden zu Beginn der Arbeit erklärt. Funktionen sowie die unterschiedlichen Parteimodelle werden in den nächsten beiden Kapiteln beschrieben. Das vierte Kapitel trägt den Titel „Volkspartei“ und skizziert die unterschiedlichen Kennzeichen und Merkmale einer Volkspartei. Den Abschluss des vierten Kapitels bilden eine Kritik am Konzept und Begriff des Volksparteitypus sowie eine kurze Aufzählung der zentralen 2. Begriff, Funktionen und Parteitypen Seite 4

Aspekte. Der Hauptteil der Arbeit analysiert die Österreichische Volkspartei (ÖVP). Beginnend mit ihrer Entstehung/Gründung, über die Parteiorganisation, der politischen Führung der Partei bis hin zur Wählerschaft der ÖVP dokumentiert diese Arbeit.

2. Begriff, Funktionen und Parteitypen

2.1. Definition des Begriffs „Politische Partei“ In der Literatur gibt es zahlreiche, allerdings keine einheitliche oder gar abschließende Definition zum Begriff „politische Partei“. Ursachen dafür sind unterschiedliche normative Überlegungen und das Fehlen einer generellen Parteientheorie. Von Beyme schreibt, dass Parteien lange Zeit aus mehreren Gründen ein relativ untheoretisch behandelter Teil des politischen Systems gewesen sind (vgl. von Beyme 2001a: 315). Ergänzend dazu erwähnt Bukow die vielfältigen Perspektiven der Parteienforschung, welche dafür ausschlaggebend sind, dass es zu einer unterschiedlichen Eingrenzung des Forschungsgegenstandes gekommen ist und das bestehende Parteiverständnis anders festgelegt ist. Darüber hinaus haben sich die Parteien seit ihrer Gründung organisatorisch und bezüglich ihrer Eingliederung in das politische System verändert (vgl. Bukow 2013: 45).

Die zahlreichen verschiedenen Definitionen lassen sich in machterwerbsbezogene, inhaltsbezogene sowie funktionsbezogene Erklärungen gliedern. So definiert von Beyme Parteien als gesellschaftliche Organisationen, welche bei Wahlen miteinander in Wettbewerb treten, um einen Anteil an der Macht für sich zu generieren (vgl. von Beyme 1987: 118). Unterstrichen wird diese Definition durch die Aussagen von Janda und Downs. Janda merkt an, dass es sich dabei um die Vergabe von Regierungspositionen handelt (vgl. Janda 1980: 3) und Downs schreibt, dass das Erreichen dieser Zielsetzung auf legale Weise erfolgen soll (vgl. Downs 1957: 24).

Inhaltliche Parteidefinitionen erläutern Parteien als Vereinigung gleichgesinnter Bürger, die sich die Umsetzung gemeinsamer politischer Ansichten zum Ziel gemacht haben.

2. Begriff, Funktionen und Parteitypen Seite 5

Decker kennzeichnet die Parteien anhand von drei Begriffsmerkmalen: - fest gefügter (organisierter) Personenverband - verfolgen von gemeinsamen politischen Sichtweisen sowie Interessen - Ziel ist die Erlangung von Regierungsmacht bzw. die Mitwirkung an der staatlichen Führung (vgl. Decker 2011: 10).

Jener durchaus exakten Erklärung von Decker kann die Definition von Sartori gegenübergestellt werden. Diese differenziert sich in der Hinsicht zu sehr vielen anderen in der wissenschaftlichen Literatur wie beispielsweise Decker, da sie als einfach eingestuft werden kann. Wichtigstes Merkmal für ihn ist die Möglichkeit zur Teilnahme an freien oder relativ halbfreien Wahlen. Besitzt eine politische Gruppe die Chance bei Wahlen Kandidaten für öffentliche Ämter vorzuschlagen, handelt es sich für ihn um eine politische Partei (vgl. Sartori 1976: 76).

Abschließend soll noch eine funktionsbezogene Erklärung für den Begriff „politische Partei“ gegeben werden. Diese wurde von Ulrich von Alemann verfasst und ist die bekannteste funktionsbezogene Parteiendefinition in der deutschen Parteienforschung: Er sieht Parteien als „auf Dauer angelegte freiwillige Organisationen, die politische Partizipation für Wähler und Mitglieder anbieten, diese in politische Entscheidungen transformieren, indem sie politisches Personal selektieren, was wiederum zur politischen Integration und zur Sozialisation beiträgt und zur Selbstregulation führen kann, um damit die gesamte Legitimation des politischen Systems zu befördern“ (von Alemann 2010: 11).

Niedermayer versucht, zwei Merkmale aus den unterschiedlichen Parteidefinitionen für eine „Minimaldefinition“ herauszufiltern: Für ihn bieten sich dabei die Organisiertheit sowie die Teilnahme an Parlamentswahlen an. Seine Schlussfolgerung lautet: Parteien können als Organisationen, die an Parlamentswahlen teilnehmen, bezeichnet werden (vgl. Niedermayer 2013: 65). Steffani charakterisiert Parteien als Herrschaftsinstrumente, Vermittler demokratischer Berechtigung für verbindliche Entscheidungen sowie als Interessensgruppen in eigener Sache und als Vermittler politischen Führungspersonals (vgl. Steffani 1997: 189ff). Wiesendahl verfasst eine durchaus komplexe Erklärung zum Parteibegriff: „Parteien in modernen Massendemokratien sind hochkomplexe, ressourcengewisse, organisations- und handlungsbeschränkte, funktional notwendige und vielseitig brauchbare normative und 2. Begriff, Funktionen und Parteitypen Seite 6 operative Mehrzweckagenturen politischen Machterwerbs, die wandelnden, multifaktoriellen Umweltbedingungen unterworfen sind, auf die sie selbst flexibel einzuwirken bemüht sind“ (Wiesendahl 1980: 25).

Die folgende Grafik von Klaus Detterbeck verdeutlicht das vorherige Zitat von Elmar Wiesendahl in Bezug auf die Definition des Begriffs „Partei“. Er unterscheidet zwischen einer elektoralen, programmatischen und einer organisatorischen Komponente, die Bestandteile einer Partei sind.

Abbildung 1: Parteien; Quelle: Parteien und Parteiensystem (2011)

Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass es in der Literatur zahlreiche verschiedene Definitionen für den Begriff „politische Partei“ gibt. Manche Begriffserklärungen sind sehr komplex und auf den ersten Blick schwierig zu verstehen, andere wiederum beschränken sich auf das Wesentliche und erklären die politische Partei in knappen Worten auf einfache Weise. Als Beispiel hierfür sei nochmals auf die unterschiedlichen Sichtweisen von Decker und Sartori verwiesen.

2.2. Funktionen von Parteien Basierend auf das im vorigen Abschnitt angeführte Spektrum an Definitionen des Begriffs „Partei“, werden nachstehend die Funktionen erklärt.

2. Begriff, Funktionen und Parteitypen Seite 7

„Wesentlich von der Funktionserfüllung politischer Parteien hängt es ab, ob und in welchem Ausmaß politische Herrschaft sowohl effizient als auch repräsentativ gegenüber Wählerwünschen und Bevölkerungsanliegen ausgeübt wird“ (Wiesendahl 2006b: 21).

Parteien üben ihre Funktion somit auf zwei Ebenen aus: zum einen auf der parlamentarisch-governmentale Ebene und zum anderen auf der gesellschaftlichen Ebene. Die einzelnen Funktionen werden auf diese beiden Ebenen eingereiht. Da die Parteien als gesellschaftliche Akteure tief in den Staatsapparat hinein tätig sind und auf diese Weise Rückkoppelungseffekte zwischen den zwei Ebenen erzeugen, agieren die Parteien auf beiden Ebenen. Somit können Parteien als ein wirkungsvolles Merkmal der Demokratie verstanden werden, die unterstützend für demokratische Werte, Prozesse liefern sollen und damit die Legitimität eines politischen Systems garantieren (vgl. Jun 2013: 120).

Die Aussagen von Jun werden vom deutschen Politikexperten Klaus Detterbeck bekräftigt. In seinem Buch „Parteien und Parteiensysteme“ kennzeichnet er die beiden Ebenen auf denen die Parteien ihre Funktion ausüben. Dies ist in der nachfolgenden Grafik dargestellt.

Abbildung 2: Funktionen bzw. Ebenen von Parteien; Quelle: Parteien und Parteiensystem (2011)

Im Anschluss werden die jeweiligen Funktionen der Grafik kurz erläutert und beschrieben.

2. Begriff, Funktionen und Parteitypen Seite 8

Interessenvertretung Parteien können als Organisationen betrachtet werden, die sich in einer Gesellschaft bilden, um bestimmten Interessen und Sichtweisen Bedeutung beizumessen. Verankert in einem umrissenen sozialen Umfeld, werden für diesen Teil der Gesellschaft politische Forderungen geäußert. Folglich formulieren Parteien gesellschaftliche Gegensätze, legen durch die Auswahl bestimmter Themen ihre Sichtweise fest und zeigen politische Alternativen auf. Daher kann die Interessenvertretung als eine aktive Interpretation der Parteien betreffend gesellschaftlicher Auseinandersetzungen, die den politischen Wettbewerb gliedert, verstanden werden (vgl. Detterbeck 2011: 25).

Wiesendahl schreibt, dass Parteien Einzelinteressen zu politisch vertretbaren Handlungsvorschlägen zusammenfassen, unterschiedliche gesellschaftliche Gruppen miteinander in Verbindung bringen und Kompromisse zwischen völlig unvereinbaren Positionen formulieren. Besonders zutreffend sind diese Aspekte für Parteien, die eine hohe Repräsentationsbreite, wie beispielsweise die großen Volksparteien der Nachkriegszeit, aufweisen (vgl. Wiesendahl 2006b: 16ff).

Zielfindung Parteien tragen wesentlich zur öffentlichen Meinungsbildung bei. Durch ihre Wahl- und Grundsatzprogramme, ihre generelle Weltanschauung und ihr politisches Handeln treten sie für politische Ziele und Vorstellungen ein. Für Probleme werden Lösungsansätze verfasst und ihre politischen Standpunkte artikuliert, die primär über Medien und soziale Netzwerke öffentlich kommuniziert werden und dadurch wesentlich die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung der Bürger mitbestimmen und beeinflussen sollen. Aus einer größeren Anzahl möglicher Positionen kommt es zu einer Reduktion auf eine überschaubare Menge an Alternativen zwischen denen ausgewählt und entschieden werden kann (vgl. Detterbeck 2011: 26).

Mobilisierung In der Literatur wird zwischen zwei verschiedenen Gruppen differenziert. Einerseits gibt es eine Gruppe an entschlossenen Stammwählern/innen, die es zu motivieren und mobilisieren gilt, um sie zu den Wahlurnen zu bewegen (bringing out the vote). Demgegenüber steht die Gruppe der noch unentschlossenen Wählerschaft. Sind Tradition und Werte für die erste Gruppe von Relevanz, wird für die zweite (unentschlossene) 2. Begriff, Funktionen und Parteitypen Seite 9

Gruppe primär die aktuelle Ausrichtung der Partei interessant sein. Beide Zielgruppen gleichermaßen zu erreichen, fällt den Parteien oft schwer (vgl. Saalfeld 2007: 116ff).

Rekrutierung Parteien sind für die Rekrutierung der politischen Elite von zentraler Bedeutung, da sie die Selektion der Kandidaten vornehmen, die für eine innerparteiliche Spitzenposition oder ein öffentliches Amt vorgesehen sind. Es wird somit erheblich von den Parteien beeinflusst, welche Persönlichkeiten führende politische Ämter im Staat erreichen (vgl. Detterbeck 2011: 27).

Regierungsbildung/Oppositionsarbeit Als wichtigstes Merkmal von heutigen Parteidemokratien (party government) können die Vergabe von Regierungsämtern für Parteivertreter und in Verbindung damit die Ausrichtung der Regierungsarbeit an parteipolitischen Zielsetzungen genannt werden. Die Opposition nimmt im parlamentarischen Raum die Rolle der Kontroll-Funktion ein. Weiters kann sie als eine politische Alternative zu der momentanen Regierung gesehen werden (vgl. Detterbeck 2011: 28).

Policy-Entscheidungen Durch ihre Dominanz im parlamentarisch-governmentalen Raum sind Parteien wichtige Teilnehmer bei der politischen Entscheidungsfindung in einzelnen Politikfeldern (policies). Im Gegensatz zu früher werden heute vermehrt Entscheidungen in Verhandlungsnetzwerken getroffen. Hierbei sind neben staatlichen Akteuren (Regierung, Ministerialbürokratie, Parlamente) auch gesellschaftliche Teilnehmer wie beispielsweise Interessensgruppen, wissenschaftliche Experten/innen, zivilgesellschaftliche Organisationen anwesend (vgl. Detterbeck 2011: 28f).

Steffani gliedert die Diversität der Handlungsräume und Einflussnahme politischer Parteien neben den zentralen Ebenen auf vier Sektoren auf: - „als Ausdruck sozialer Gruppen sowie ideologisch-programmatischer Vorstellungen und Ziele - als Instrument der Machtausübung, als Vermittler demokratischer Legitimation - schließlich als Interessensvertreter in eigener Sache - sowie Rekrutierungsfeld politischer Führung“ (Steffani 1997: 190) 3. Parteitypen Seite 10

Unterschiedlich gestaltet sich der Funktionskatalog für Parteien zwischen den Autoren sowohl quantitativ als auch qualitativ. Charakterisieren die Autoren Katz, Beyme oder Decker nur jeweils vier zentrale Funktionen, so zählt Wiesendahl in einem sehr breiten Spektrum elf Funktionen auf. Konsens besteht darin, Parteien als multifunktionale Organisationen anzusehen, welche eine große Bandbreite ausfüllen und versuchen, dieses Spektrum zu erfüllen. Eine begriffliche vollkommene Einigkeit gibt es unter den Autoren bei der Funktion „Rekrutierung von Personen für öffentliche und politische Ämter“ (Jun 2013: 121).

Jun schreibt, dass sich zusammenfassend fünf zentrale Funktionen für politische Parteien in westlichen Demokratien aufzählen lassen, die erneut weiter unterteilt werden können. - „Wähler- und Rekrutierung des politischen Personals, - Regierungsbildung/Oppositionsarbeit, - Responsivität durch Interessenartikulation, -repräsentation und –aggregation, - Bestimmung von politischen Inhalten (Policy-Funktion) sowie - Mobilisierung und Integration der Wähler- und Mitgliedschaft.“ (Jun 2013: 123)

Weiters erwähnt er, dass die ersten beiden Funktionen sich vor allem auf die parlamentarisch-governmentale Ebene ausrichten, die beiden letztgenannten Funktionen vorwiegend auf die gesellschaftliche bzw. elektorale Ebene zutreffen (vgl. Jun 2013: 123).

3. Parteitypen

Nachdem in den vorangegangenen Seiten Begriffe und Funktionen dargestellt wurden, wird im nächsten Abschnitt auf die Parteitypen eingegangen. In der Literatur wird zwischen vier verschiedenen Parteimodellen unterschieden, welche nachfolgend kurz erläutert werden. Da sich die vorliegende Arbeit mit der Entwicklung und Analyse der österreichischen Volkspartei beschäftigt und die „catch-all party“ als Parteimodell den Volksparteien bzw. der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) am ähnlichsten ist, wird dieser Parteityp am genauesten skizziert. Daher wird in diesem Abschnitt die „catch-all party“ definiert, ihre Kennzeichen und Entwicklung erläutert, bevor im nächsten Kapitel Abgrenzungen und Entwicklungsphasen der Volkspartei beschrieben werden. 3. Parteitypen Seite 11

Für die anderen Modelle wie Kartellpartei, wahlprofessionelle Partei und professionalisierte Medienkommunikationspartei werden die wichtigsten Aspekte aufgezeigt. Eine vergleichende Grafik zu den Parteitypen schließt dieses Kapitel ab.

3.1. „catch-all party“ In der Literatur gibt es zahlreiche Definitionen für den Begriff „Volkspartei“. Dieter Nohlen beschreibt Volksparteien im „Kleinen Lexikon für Politik“ mit den Worten: „Volkspartei ist eine Selbstbezeichnung von Großparteien wie der SPD, CDU und CSU, die durch Ausweitung ihrer Wählerbasis nach möglichst vielen Stimmen für strategische Mehrheiten streben. Ihre politische Rhetorik und werbende Selbstdarstellung stützt sich dabei auf den Anspruch, schichtübergreifend und weltanschaulich verbindend, breite Wählerschichten in sich aufzunehmen und in ihrer Interessensvielfalt ausgleichend vertreten zu wollen“ (Nohlen 2001: 553). Oft werden für den Begriff „Volkspartei“ auch Synonyme wie „catch-all party“ oder „Allerweltsparteien“ verwendet. Der deutsche Politikwissenschaftler Otto Kirchheimer beispielsweise vertritt die Sichtweise, dass eine „echte Volkspartei“ ihr Hauptaugenmerk in einem stärkeren Ausmaß auf die Wählerschaft und einen raschen Wahlerfolg lenkt. Gleichzeitig wird der Versuch, die Massen sowohl geistig als auch moralisch einzugliedern und die tiefere, ideologische Durchdringung geopfert. (vgl. Kirchheimer 1965: 27).

Elmar Wiesendahl skizziert das Profil einer Volkspartei anhand von vier wesentlichen Aspekten: Eine Volkspartei - beinhaltet mehrere politische und weltanschauliche Strömungen - widerspiegelt die jeweiligen Bevölkerungsschichten einer Gesellschaft - schafft es, eine Mehrzahl von verschiedenen Interessensgruppen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen - agiert realpolitisch so, dass sie klar als Partei der Mitte wahrgenommen wird (vgl. Wiesendahl 2011: 46).

3. Parteitypen Seite 12

Konträr dazu charakterisiert Kirchheimer in seinem Standardwerk „Volksparteien“ fünf Merkmale für eine „catch-all party“, wobei einige Punkte kritisch zu betrachten sind: - Ideologische Aspekte einer Partei werden vernachlässigt – absolute Präferenz kurzfristiger taktischer Maßnahmen, - Politiker/innen an der Spitze der Partei werden gestärkt, - Rolle des einzelnen Mitglieds wird entwertet, - Entwurf einer Wahlpropaganda, mit dem Ziel, die ganze Bevölkerung damit zu erreichen - kein Fokus auf eine Wählerschaft auf Klassen- und Konfessionsbasis, - die Ambition nach Verbindungen zu den unterschiedlichsten Interessensverbänden (vgl. Kirchheimer 1965: 32).

Außerdem ist für Kirchheimer „die Orientierung an dem tagespolitischen Pragmatismus, die Entpolitisierung und Personalisierung der Wähleransprache, der umfassende Einsatz der Marken- und Massenartikelwerbung sowie die Ausarbeitung und Propagierung wahlwirksamer Allerweltsprogramme“ (Wiesendahl 2011: 59) ein wichtiger Bestandteil. Größtes Ziel all dieser Aktionen ist es, am Wahltag die größtmögliche Zahl von Wählern für die Partei gewinnen zu können. Daher sind für Kirchheimer Volksparteien eine von Politiker/innen dominierte Organisation, deren gesamte Struktur, Programmatik und Ressourceneinsatz so kalkuliert ist, in sehr kurzer Zeit die größtmögliche Zahl an Wählerstimmen zu erlangen. Inhaltliche Diskurse, ideologische Positionierungen aber auch Grundsatzdiskussionen werden nicht beachtet, da sich Volksparteien lediglich mit Themen der Tagespolitik und unideologischer Programmatik befassen. Es handelt sich um eine reine Stimmenerwerbspartei, in der dem „vote seeking“ alles untergeordnet wird (vgl. Kirchheimer 1965: 34).

3.2. Kartellpartei Nach den Massenparteien, die die Parteienlandschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dominiert hatten und vorherrschend waren sowie den Allerweltsparteien („catch-all party“), die sich nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herausgebildet hatten, wurde durch namhafte Politikwissenschaftler/innen eine weitere Klassifizierung in die Diskussion der Parteienforschung miteinbezogen: die Kartellparteien (vgl. Buchner 2007: 11). 3. Parteitypen Seite 13

Buchner verweist in seinen Ausführungen auf die beiden Politikwissenschaftler Katz und Mair, die begründeten, dass diese neue Form der Parteien die „catch-all Parteien“ bzw. Allerweltsparteien mit der Zeit ablösen würden, da sich die Parteien immer stärker der staatlichen Spitze zuwendeten und speziell bei der Finanzierung auf Förderungen und Unterstützungen des Staates angewiesen waren, um ihre Aufgaben umsetzen zu können und die Organisation aufrecht erhalten zu können (vgl. Buchner 2007: 11).

Als ein wesentliches Charakteristikum der Kartellpartei kann eine professionelle Parteiführung betrachtet werden, die Politik als ihren Beruf wahrnimmt sowie um ein effizientes und effektives Management der Partei nach innen und außen bemüht ist. Im Vordergrund steht weniger der Fokus auf Umsetzung von ideologisch motivierten Zielen, sondern die Politik als Beruf. Vorrangiges Ziel ist es, soviel „party in public office“ (Parteimitglieder in öffentlichen Ämtern) zu erreichen wie möglich. Der Fokus für die „Berufspolitiker/innen“ bezieht sich also auf die Absicherung ihrer politischen Karriere. Verdeutlicht wird dies zum einen dadurch, nicht nur viele Mandate gewinnen zu wollen, sondern für die Parteigänger in öffentlichen Ämtern, Verwaltungen oder in den Ministerien als Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen einen Arbeitsplatz generieren zu wollen (vgl. Treibel 2012: 26).

„Die Entwicklung des Modells der Kartellpartei als vorherrschender Parteitypus mit der Grundidee, Parteien seien Vertreter des Staats, wobei Partei und Staat in einem symbiotischen Beziehungsgeflecht eng aneinander gerückt sind, ist in der Parteienforschung alles andere als kritiklos aufgenommen und vielfach empirisch in Frage gestellt worden.“ (Jun 2013: 135) So kann etwa kritisiert werden, dass das Modell von Katz und Mair zu staatszentriert ausgerichtet ist. Gleichermaßen wurden von den beiden Politikexperten die Relevanz der Massenmedien in Bezug auf die Entwicklung der Parteien zu gering berücksichtigt, da hier ein sehr großer Einfluss der Massenmedien auf Parteien als politische Organisationen vorliegt (vgl. Jun 2013: 135).

3. Parteitypen Seite 14

Zusammenfassend skizziert Detterbeck folgende, für eine Kartellpartei charakteristische, Merkmale: - Hegemonie durch die parlamentarischen Mandatsträger (party in public office) in der Gesamtpartei , - weitgehende Trennung zwischen den unterschiedlichen Ebenen der Partei, die zum einen den nationalen Eliten und zum anderen den lokalen Parteiführern Autonomie für ihre jeweiligen Angelegenheiten garantiert , - Distanzierung vom gesellschaftlichen Fundament der Partei, jedoch Einbeziehung der historisch nahestehenden Interessenverbände, - starke Annäherung an den Staat, die sich einerseits in der Finanzierung und Regulierung von Parteien, andererseits auch in der Konzentration der Parteispitze auf die Umsetzung staatlicher Aufgaben, insbesondere der Gesetzgebung, widerspiegelt, - proportionale Segmentierung staatlicher Rechte unter den etablierten Mitgliedsparteien des Kartells, - Ausschluss/Ausgrenzung neuer Parteien, in Form einer geringeren staatlichen Förderung oder durch die Ablehnung ihrer Regierungstauglichkeit (vgl. Detterbeck 2005: 174f).

Ebenso zitiert Buchner nochmals Detterbeck, der am Ende seiner Analyse schlussfolgert, dass deutsche Parteien gut mit der Theorie der Kartellpartei harmonieren würden (vgl. Buchner 2007: 11f).

3.3. Professionelle Wählerparteien War die Theorie zur Kartellpartei in der Politikwissenschaft umstritten und durchaus kritisch betrachtet worden, herrscht Einigkeit darüber, dass es in den vergangenen Jahren eine Entwicklung hin zu professionalisierten Wählerparteien gegeben hat (Vgl. Buchner 2007: 7). Buchner verweist in seiner Analyse über die Professionelle Wählerpartei auf Panebianco, welcher zwar Überschneidungen und Ähnlichkeiten mit der Kartellpartei feststellen kann, jedoch ist der Wettbewerbsgedanke bei der professionellen Wählerpartei stärker ausgeprägt. Panebianco sieht eine hohe Schwankungsbreite, aufgrund der Einordnung der Wähler als unbeständiges Wesen (vgl. Buchner 2007: 12). 3. Parteitypen Seite 15

Der Fokus liegt in der Mobilisierung möglicher Wähler anstatt der Integration neuer Mitglieder. Dominiert wird der Wahlkampf durch den Spitzenkandidaten der Partei und der Parteiexperten/innen, der Mitgliedschaft wird nur geringe Bedeutung zugemessen. Jun zufolge ist die Massenmitgliedschaft bei diesem Parteimodell nicht mehr zwingend nötig, da das politische Handeln großteils durch Berufspolitiker/innen und externe Berater ausgeübt wird. Ähnlich wie bei der Kartelltheorie von Katz und Mair nehmen Mandatsträger in öffentlichen Ämtern eine zentrale Rolle innerhalb der Parteiorganisation ein, allerdings ist die professionalisierte Wählerpartei im Gegensatz zur Kartellpartei issue- und wähler(interessen)orientiert (vgl. Jun 2013: 136).

Vielhaber schreibt in ihrem Buch, dass Mitglieder wegen ihrer schwindenden Quantität enorm an Ressourcenbedeutung für die Parteiorganisation eingebüßt haben. Als Gründe zählt sie die reduzierte Bereitschaft zur Mobilisierung und die kommunikationstechnischen Entwicklungen auf. Mehr noch, Mitglieder werden gar als unbedeutend, mitunter sogar störend, für den professionellen und für breite Wählerschichten gedachten Auftritt der Partei angesehen. Sie gelangt zu der Schlussfolgerung, dass Mitglieder die inhaltliche Flexibilität der Parteiführung einschränken und dadurch möglicherweise eine Auswirkung auf die Machterlangungs- und Machterhaltungsoptionen der Partei haben (vgl. Vielhaber 2015: 89).

Eine Schlussfolgerung für dieses Parteimodell könnte lauten, dass es sich hierbei um eine Weiterentwicklung von Kirchheimers „catch-all party“ speziell in Bezug auf die Parteiorganisation handelt (vgl. Buchner 2007: 7).

3.4. Professionalisierte Medienkommunikationspartei Der Ansatz der professionalisierten Medienkommunikationspartei schließt einen (prognostizierten) Niedergang der Parteien aus, hebt hingegen die Wandlungsfähigkeit und das Selbstverständnis als Mitgliederparteien hervor, erklärt allerdings die Epoche der Massenmitgliedschaft von Parteien für beendet und denkt, dass diese ein Sinnbild der Vergangenheit sind (vgl. Hornig 2008: 60).

3. Parteitypen Seite 16

„Der Typus entstand in teilweiser Abgrenzung zur Cartel Party (Kartellpartei) und in Weiterentwicklung zur „catch-all-party“ und der „electoral-professional-party“ und ist zum einen eine Synthese der verschiedenen genannten Modelle, dabei jedoch das Erfordernis der Professionalisierung der Parteien insgesamt, der Kommunikation nach innen und außen in Folge des rasanten Medienwandels und der Etablierung moderner Mediendemokratien im speziellen, eindeutig in den Vordergrund stellend“ (Jun 2013: 137). „Er geht davon aus, dass Parteien als Gesinnungsgemeinschaften immer weniger überlebensfähig sind und postuliert, dass die zurückgehende gesellschaftliche Verankerung durch Professionalisierung und die Hinwendung zu medialer Kommunikation partiell substituiert worden ist“ (Jun 2013: 138).

Jun erkennt fünf zentrale Merkmale, die die professionalisierte Mitgliederpartei charakterisieren: - Professionelles Kommunikationsmanagement - Adaption von Themen sowie Personal an die führende Medienlogik - Ausrichtung an einzelnen Issues anstelle an kohärenten programmatischen und sinnstiftenden Paradigmen - Wahrnehmung von entscheidenden Fähigkeiten durch ein strategisches Machtzentrum - Verlust bzw. Rückgang des Stellenwerts der aktiven Mitglieder als Ressource (vgl. Jun 2004: 115)

3.5. Zusammenfassung der Parteitypen Zahlreichen Untergangsszenarien und vielfältiger Kritik zum Trotz nehmen politische Parteien weiterhin eine zentrale Position in der politischen Gesellschaft ein. Aufgrund ihrer Funktionserfüllung unterstützen sie moderne Demokratien maßgeblich und sorgen für Rechtmäßigkeit und Stabilität. Als zentrale Funktionen können die Rekrutierung des politischen Personals, Regierungsbildung und Oppositionsarbeit, Verantwortung durch Interessensartikulation, -repräsentation und –aggregation, Festlegung von politischen Inhalten und abschließend die Mobilisierung und Integration der Wähler- und Mitgliedschaft dargelegt werden. Anzumerken ist noch, dass die unterschiedliche Wahrnehmung der einzelnen Aufgaben von Partei zu Partei modifiziert und auch abhängig vom historischen Zeitverlauf ist. 3. Parteitypen Seite 17

Egal welches Parteimodell herangezogen wird, die Rekrutierung des politischen Personals hat oberste Priorität. Ebenso bedeutsam für alle Parteimodelle ist die Regierungsbildung und Oppositionsarbeit. Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen können speziell bei dem Faktor Interessenartikulation, - aggregation und –repräsentation festgestellt werden. Auffallend ist jedoch, dass die Mitgliedschaft als zentrale Ressource zunehmend an Bedeutung verliert. Die beiden nachfolgenden Grafiken sollen noch einmal die Charakteristika der beschriebenen Parteimodelle bildlich darstellen. Die erste Abbildung zeigt den Stellenwert der Funktionen der Parteien in Bezug auf den jeweiligen Parteityp auf.

Abbildung 3: Parteimodelle – Stellenwert der Funktionen; Quelle: Handbuch Parteienforschung (2013)

Die zweite Abbildung beschäftigt sich mit dem Vergleich der zuvor vorgestellten Parteimodelle und gibt abschließend einen Überblick über diese. Seite 18

Abbildung 4: Parteitypen im Vergleich; Quelle: Handbuch Parteienforschung (2013)

4. Volkspartei

Nachdem in den ersten Abschnitten dieser Arbeit eine Definition des Begriffs „Volkspartei“ gegeben wurde sowie die verschiedenen Parteitypen kurz erläutert wurden, beschäftigt sich dieses Kapitel nun mit den Merkmalen und Kennzeichen einer Volkspartei. Die bekannteste Analyse des Volksparteitypus stammt von Otto Kirchheimer. Diese Analyse wird auch der Schwerpunkt dieser Arbeit sein. Ebenso wird auf die Analysen des Typus Volkspartei von Alf Mintzel eingegangen. Den Abschluss dieses Kapitels bildet eine Kritik am Begriff und am Konzept der Volkspartei.

4.1 Typus Volkspartei - Ansätze von Otto Kirchheimer und Alf Mintzel In der wissenschaftlichen Literatur bezieht sich die Definition des Begriffs Volkspartei sehr oft auf den Namen Otto Kirchheimer. Sein 1965 erschienenes Buch „Der Wandel des westeuropäischen Parteiensystems“ wird als die Basis angesehen und war der Wegbereiter, 4. Volkspartei Seite 19 dass dieser Begriff in die wissenschaftliche Analyse aufgenommen wurde (vgl. Hofmann 2004: 51). So schreibt Sontheimer, dass vor allem innerhalb der Parteienforschung die Entdeckung bzw. die Einführung eines neuen und dominanten Parteitypus namens Volkspartei Otto Kirchheimer als große Leistung zugerechnet wurde (vgl. Sontheimer 1989: 186).

In seiner Analyse merkt Hofmann an, dass bei Kirchheimer die Bezeichnung wie auch der Sprachgebrauch nicht exakt ausgemacht werden können, da Kirchheimer die Ausdrücke „catch-all party“, „Allerweltspartei“ und „Volkspartei“ – in einigen Fällen auch als „echte Volkspartei“ tituliert, synonym gebraucht (vgl. Hofmann 2004: 52). „In der Rezeption setzte sich für die international vergleichende Analyse der Begriff der catch-all-party durch, während in Deutschland weitgehend parallel die Begriffe Allerweltspartei und Volkspartei verwendet wurden“ (Hofmann 2004: 52).

Einzelne Autoren stellen aber sowohl inhaltliche als auch definitorische Unterschiede zwischen den Typenbezeichnungen fest: Beispielsweise erachtet Luthardt die Volkspartei analytisch als komplexer aufgeschlüsselt und betrachtet diese daher als einen Überbegriff für Allerweltspartei und „catch-all party“ (vgl. Luthardt 1991: 130).

Mintzel wiederum sieht die beiden deutschen Ausdrücke als unglücklich formuliert, da zum einen der Begriff Volkspartei als wissenschaftlicher Ausdruck streitbar ist und zum anderen mit Allerweltspartei eine Bezeichnung gewählt wurde, welche semantisch betrachtet „einen eher negativ wirkenden Anklang an Beliebigkeit und Austauschbarkeit suggeriert“ (Hofmann 2004: 53, vgl. Mintzel 1984: 324). In seinen Ausführungen bezeichnet Alf Mintzel Anthony Downs als den ursprünglichen Erfinder/Gründer des Volkspartei-Konzepts, zumal Kirchheimer von den Ansätzen bis zu den Indikatoren des Parteitypus von Downs der „multipolicy party“ aufgenommen und bloß nur mehr empirische Beispiele hinzugefügt habe (vgl. Mintzel 1984: 66).

Nachfolgend werden nun die wichtigsten Merkmale und Erkenntnisse der beiden Parteienforscher Otto Kirchheimer und Alf Mintzel vorgestellt. Mittels einer Graphik werden die jeweiligen Unterschiede nochmals augenscheinlich dargestellt und beschrieben. 4. Volkspartei Seite 20

Abbildung 5: Merkmale Volkspartei – Otto Kirchheimer; Quelle: Annäherung an die Volkspartei (2004)

Unterteilt in verschiedene Bereiche wie Programm, Organisatorische Struktur und Positionierung in Gesellschaft und politischem Prozess, charakterisiert die abgebildete Grafik die jeweiligen Merkmale des Volksparteitypus von Otto Kirchheimer. Demzufolge wird dem Programm in diesem Konzept kein großer Stellenwert zugerechnet und besitzt nur eine geringe Reichweite. Als „Zielgruppe“ werden alle Bevölkerungsschichten der Gesellschaft definiert. Das einzelne Mitglied wird vernachlässigt und entwertet – gleichzeitig erfolgt eine Fokussierung auf die Parteispitze. Die hohe Mitgliederzahl einer Volkspartei definiert Kirchheimer in seiner Analyse als sozial-heterogen. Außerdem stellt er eine geringe Bindung und Treue der Mitglieder zur Volkspartei fest, da die Hürde für einen Wechsel von einer Partei zur nächsten als niedrig eingestuft und somit problemlos vollzogen werden kann. Die Strategie ist einfach: Das vorrangige Ziel richtet sich auf das Erreichen möglichst vieler Stimmen aus, wodurch eine Professionalisierung des Wahlkampfes eintritt, da eine rigorose Ausrichtung auf die wahlberechtigte Bevölkerung durchgeführt wird. Resultierend 4. Volkspartei Seite 21 daraus besitzt die Volkspartei ein großes, nicht einheitliches Wählersegment mit Wählern/innen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen sowie einen hohen Prozentsatz an Wechselwähler/innen.

Im Bereich der Positionierung innerhalb der Gesellschaft bzw. im politischen Prozess gilt es für die Volksparteien zwei vorwiegende Ziele anzustreben: Anpassung und Abgrenzung. Volksparteien werden versuchen, sich an erfolgreiche Konkurrenten im Kampf um Wählerstimmen anzupassen – gleichzeitig muss aber auch eine Abgrenzung, um die eigenen Stellenwerte und Anliegen zu verdeutlichen, erfolgen. „Primäres Kennzeichen der Volkspartei ist das einer professionalisierten Wählerpartei mit geringem Stellenwert der individuellen Mitgliedschaft, und sie verfügt somit nur sekundär über das Kennzeichen einer großen Mitgliedschaft“ (Hofmann 2004: 59).

Dem ausführlich dargestellten Konzept von Otto Kirchheimer wird nun die Studie von Alf Mintzel, welcher die Organisationsstärke als wesentliches Merkmal der Volksparteien kennzeichnet, erklärt. Wie in der Grafik ersichtlich, bezieht sich seine Analyse hauptsächlich auf die beiden Bereiche Organisation und Struktur sowie die Ausrichtung in der Gesellschaft.

Abbildung 6: Merkmale Volkspartei – Alf Mintzel; Quelle: Annäherung an die Volkspartei (2004)

Mintzel schreibt den Mitgliedern einer Volkspartei zwei wesentliche Aufgaben zu: Zum einen garantieren die Mitglieder Wählerstimmen, da sie zum Segment der Kernwähler/innen hinzugerechnet werden können. Darüber hinaus erlangt die Partei durch 4. Volkspartei Seite 22 die Mitglieder eine Bindung/ Beziehung zur Bevölkerung, welche sich durch Zustimmung und Treue zur Partei und ihren Politikern/innen bei den zu treffenden Beschlüssen äußert (vgl. Mintzel 1996: 111f).

Hofmann kann in der Analyse des deutschen Parteienforschers Mintzel zwei wesentliche Merkmale für Volksparteien erkennen: „Zum einen verwendet Mintzel zum Nachweis einer der Volkspartei adäquaten Organisationsstruktur nicht die absolute Zahl an Mitgliedern, sondern deren soziale und regionale Strukturierung sowie die Professionalisierung des Apparats.“ (Hofmann 2004: 73) Hofmann schlussfolgert, dass der Fokus auf eine flächendeckende Ausrichtung bzw. organisatorisches Vorkommen in möglichst vielen politischen Gemeinden liegt und daher als ein Kennzeichen für Volksparteien angeführt werden muss. Resultierend daraus ergibt sich, dass Volksparteien schon eine Mindestanzahl an Mitgliedern besitzen müssen, jedoch nicht zwingend Massenparteien sein müssen (vgl. Hofmann 2004: 74). Die zweite Erkenntnis, welche Mintzel in seiner Volkspartei-Analyse gewonnen hat, bezieht sich auf den Wahlerfolg. Hierbei beurteilt Mintzel die Wahlerfolge nach ihrer räumlichen Ausgewogenheit und stellt fest, dass ein „flächendeckend hoher Wahlerfolg, kaum regionale Differenzen“ (Hofmann 2004: 75) als weiteres Kennzeichen in Bezug auf die Organisation des Volksparteitypus zu nennen ist.

4.2. Volkspartei versus Mitgliederpartei Wie Kirchheimer in seinen oben aufgezählten fünf Bestimmungsmerkmalen aufzeigt, stellt er eine „Entwertung der Rolle des einzelnen Mitglieds“ fest, weil Parteimitglieder nicht mehr in das moderne Bild einer Allerweltspartei passen. Untermauert wird diese Aussage durch die Tatsache, dass in Österreich bis 1973 Parteimitglieder vor allem der Finanzierung der Partei dienten. Durch eine Änderung des Parteienfinanzierungsgesetzes im gleichen Jahr, hat allerdings die Bedeutung abgenommen (vgl. Sandgruber 2005: 93).

Vom historischen Gesichtspunkt aus betrachtet, waren eingetragene Parteimitglieder früher nicht nur für die Finanzierung der Partei notwendig, sondern vor allem für die Wählermobilisierung in Wahlkampfzeiten, damit das volle Wählerpotenzial flächendeckend und lückenlos aktiviert werden konnte (vgl. Kirchheimer 1965: 65). 4. Volkspartei Seite 23

Daher bauen Volksparteien auf einen breiten Mitgliederstamm, welcher bis auf die Basis ideologisch geschult und durchorganisiert worden ist. Als klassische Beispiele können dafür die einzelnen Landesorganisationen der ÖVP sowie der SPÖ bzw. Gemeindeorganisationen der Parteien angesehen werden (vgl. Pracher 2012: 6).

Eine strategisch wichtige und zentrale Aufgabe kommt den Mitgliedern einer Partei noch heute zu. In seiner Analyse sieht Wiesendahl in den Mitgliedern den Zugang bzw. die Verbindung hin zu den Lebensbereichen der Bevölkerungsgruppen einer Gesellschaft. Darüber hinaus handelt es sich um unentgeltliche Arbeitskräfte. Für Wiesendahl nimmt daher in Bezug auf das „Direct Campaigning“ und der stärkeren Mobilität der Wähler am Wählermarkt die Bedeutung der einzelnen Parteimitglieder wieder zu. (vgl. Wiesendahl 2006: 103ff) Außerdem untermauern die Volksparteien mit einem breit aufgestellten Mitgliederfundament auch das Vorhaben, auf jeder Ebene der Gesellschaft vertreten zu sein (vgl. Wiesendahl 2011: 66).

Die Literatur zeigt auf, dass sowohl in Deutschland als auch in Österreich seit den 1970er Jahren Volksparteien mit Mitgliederparteien übereinstimmend sind. Die drei großen Parteien in Deutschland SPD, CDU und CSU legen diesen Aspekt sowohl auf der Mitgliederseite, als auch auf der Wählerseite dar. Ähnlich stellt sich die Situation in Österreich dar. Hier sind ÖVP und SPÖ bis in die 1980er Jahre zum einen Mitgliederparteien und zum anderen auf der Wählerseite eindeutige Massenparteien (vgl. Wiesendahl 2011: 68).

Karsten Grabow hat 2009 den Versuch unternommen, darzulegen, dass Mitglieder für Volksparteien unumgänglich und von großem Wert sind. Dabei hat er den Idealtypus der „catch-all party“ nach Kirchheimer mit dem Realtypus der „empirischen Erscheinungsform der Volkspartei“ ersetzt. Die letzt genannte Form weist eine große Anzahl an Mitgliedern auf, aus denen die historischen Massenintegrationsparteien entstanden sind. In seinem Versuch verglich Grabow die Parteien der Nachkriegszeit mit jenen Vorgängerorganisationen, die sich vor dem Naziregime gebildet hatten (vgl. Pracher 2012: 6). Anzumerken ist noch, dass Kirchheimer in „catch-all partys“ die ideale Plattform für politisch motivierte Karrieren sieht, da diese ihren Fokus auf den Zugang zu öffentlichen Ämtern legen (vgl. Kirchheimer 1965: 35). 4. Volkspartei Seite 24

4.3. Die Merkmale des Idealtypus Volkspartei „In Anbetracht der Diffusion und Selektivität der Kriterien in der alltäglichen und politischen Verwendung des Begriffs „Volkspartei“, hier als existential types bezeichnet, zeigt die Analyse der wissenschaftlich-empirischen Anwendung doch ein erhebliches Maß an Kongruenz der zur Typenkonstruktion herangezogenen Merkmale und Merkmalsausprägungen“ (Hofmann 2004: 109). Es kann allerdings keine systematische Aufzählung der Konstruktionsmerkmale durchgeführt werden, da der Typus der Volkspartei als Idealtypus dargestellt wird. Stattdessen ist eine logisch begründete Auswahl hinsichtlich der Konstruktionsmerkmale auszuführen, welche dem Kriterium der Widerspruchsfreiheit folgt, das für idealtypische Konstruktionen maßgebend ist (vgl. Weber 1988: 200). Weiters merkt Hofmann in seinen Ausführungen an, dass der Endpunkt von den Parteien empirisch betrachtet nicht erreicht ist und wahrscheinlich niemals erfasst werden wird. Die Verwendung des idealtypisch konstruierten Parteimodells befindet sich nicht in der exakten Beschreibung von Parteien, sondern richtet seinen Fokus auf die Verdeutlichung ihrer Entwicklungsrichtung. Die Grundlage für diese Analyse bildet die erstmalige Konstruktion der Volksparteien von Otto Kirchheimer, ergänzt um die Abwandlungen sowie Weiterentwicklungen, die durch eine empirische Anwendung des Volksparteiansatzes ersichtlich wurden (vgl. Hofmann 2004: 109).

Demnach charakterisiert sich eine Volkspartei mit folgenden Merkmalen, welche in den folgenden Absätzen nacheinander kurz zusammengefasst werden: - Programm - Organisation und innerparteiliche Struktur - Positionierung in Gesellschaft und politischem Prozess

Programm Das Programm der Volkspartei hat primär eine strategische Relevanz und externe Wirkung als wahlpolitisches Werkzeug, da die Volkspartei das Ziel verfolgt, Wähler/innen von allen Schichten und sozialen Gruppen der Gesellschaft zu erreichen und für die Partei zu gewinnen. „Durch die thematische Flexibilität und Heterogenität und die gruppenübergreifende Wähleransprache wird das Programm unpräzise und unter 4. Volkspartei Seite 25

Umständen widersprüchlich und hat den Charakter eines Formelkompromisses“ (Buchhaas 1981: 33). Generell besitzt das Programm in einer Volkspartei eine zu vernachlässigende Bedeutung und hat einen geringen Stellenwert innerhalb der Partei. Kirchheimer schreibt, dass die Volkspartei ihre Programmatik mehr als ein Instrument in Bezug auf die taktische Wählerwerbung und weniger als ideologische Selbstvergewisserung der eigenen Ausrichtung versteht. Somit besitzen die Parteien die Möglichkeit, die Politik hinsichtlich der taktischen Notwendigkeiten auszurichten (vgl. Kirchheimer 1967: 72). Anders formuliert bedeutet das: „Die Volkspartei opfert eine tiefere ideologische Durchdringung für eine weitere Ausstrahlung und einen rascheren Wahlerfolg“ (Kirchheimer 1965: 27). Ebenso erläutert Hofmann, dass die Volkspartei eine ideologische Argumentation ihres Standpunktes unterlässt, sich im Gegensatz jedoch entweder auf tagespolitische Aussagen oder auf politische Zielsetzungen sowie auf strategische Bemerkungen als Gegenpol zu den politischen Mitbewerbern fokussiert (vgl. Hofmann 2004: 110). Somit wird die Sichtweise von Hofmann bestätigt.

Organisation und innerparteiliche Struktur Der Vorzug der Stimmenmaximierung wird beim Typus der Volkspartei nicht nur in der Programmatik ersichtlich, sondern zeigt sich auch in ihrer innerparteilichen Struktur und Organisation. Diese Dominanz favorisiert eindeutig eine Wählerorientierung gegenüber der Mitgliederorientierung. Die Rolle bzw. der Stellenwert des einzelnen Mitglieds ist daher von geringer Bedeutung – die professionelle Wahlkampfführung steht im Vordergrund (vgl. Niedermayer 2000: 205f).

„Volksparteien sind elitenzentriert, was mit der zunehmenden Personalisierung des massenmedialen Wahlkampfs ebenso korrespondiert wie mit der gesellschaftlichen Hauptfunktion, die diesem Parteitypus eigen ist, nämlich Rekrutierung des politischen Personals oder der politischen Elite“ (Hofmann 2004: 112). Innerhalb der Volksparteien existiert ein sichtbares Machtgefälle mit Vorteil für die Parteiführung, demgegenüber büßt das einzelne Mitglied an Einfluss, Macht und Stellenwert in der Partei ein. Die Stimmenmaximierung erhält gegenüber der Integration und Interessenartikulation der Mitglieder den Vorrang. Jedoch lässt sich konstatieren, dass eine Volkspartei ohne Mitglieder nicht vorstellbar ist. Parteien, welche eine Entwicklung in Richtung Volksparteitypus anstreben und umsetzen, verringern milieuartige 4. Volkspartei Seite 26

Überrepräsentierungen festgelegter sozialer Gruppen und nähern sich in Bezug auf ihre sozialstrukturelle Konstitution der Mitglieder und Funktionsträger im Bevölkerungsdurchschnitt an. Hofmann kommt daher zu der Erkenntnis, dass die Mitgliedschaft der idealtypischen Volkspartei die Sozialstruktur eines Landes reflektiert (vgl. Hofmann 2004: 111f).

Positionierung in Gesellschaft und politischem Prozess Die Wählerschaft der Volkspartei setzt sich zum einen sozialstrukturell und zum anderen regional indifferent zusammen, folglich weisen Volksparteien keine wesentlichen Hochburgen auf. Weiters sind die emotionalen und impulsiven Wählerbindungen gering ausgeprägt, weshalb die Bereitwilligkeit der wahlberechtigten Bevölkerung ebenso einer anderen Partei die Stimme zu geben, durchaus beträchtlich ist. Ein großer Teil der Wählerschaft der Volksparteien zählt zum Lager der Wechselwähler, welche bei jeder Wahl wieder neu überzeugt und gewonnen werden müssen. Es wäre daher nachvollziehbar, das Attribut des Wahlerfolgs in den Merkmalskatalog für Volksparteien aufzunehmen (vgl. Hofmann 2004: 114). So legen sich mehrere Autoren, wie Smith, Lösche und Grabow, auf einen Minimalwert fest, welcher in der Literatur mit 30 Prozent aller möglichen Stimmen bei einer Wahl beziffert wird, um als Volkspartei bezeichnet werden zu können. Die Autoren vertreten aber auch die Ansicht, dass der Wahlerfolg wenig bezüglich der Strategie und den Zielsetzungen einer Partei vermittelt. Vielmehr kommen sie zu dem Ergebnis, dem Wahlerfolg kein eigenständiges Gewicht in der Typenkonstruktion zuzurechnen (vgl. Smith 1990: 157, vgl. Lösche 1995: 183, vgl. Grabow 2000: 23).

Dennoch kann die Kooperationsbeziehung von Volksparteien mit den unterschiedlichsten in der Gesellschaft vorherrschenden intermediären Institutionen als ein fundamentales Kennzeichen angeführt werden. Ersichtlich wird diese Offenheit der Volkspartei zu den einzelnen Organisationen durch die breit gestreuten Parallelmitgliedschaften der einzelnen Mitglieder der Volkspartei. Wesentliche Charakteristika für eine Volkspartei sind somit eine thematische Heterogenität. Wie bereits mehrfach erwähnt, kann als Hauptziel der Volkspartei die Stimmenmaximierung verbunden mit der politischen Erfolgsmaximierung bei Wahlen genannt werden. Der Fokus liegt auf der Regierungsbildung bzw. zumindest ein Teil von dieser zu werden und mitregieren zu können. Daher kann als ein weiteres Merkmal einer Volkspartei die Koalitionsfähigkeit aufgezählt werden. Abschließend ist 4. Volkspartei Seite 27 noch zu erwähnen, dass im Zuge einer Regierungsbildung die Rekrutierung des politischen Personals nicht nur auf die Spitzenpositionen in Regierungsämtern beschränkt ist, sondern vielmehr jede öffentliche Position bzw. Amt auf staatlicher oder kommunaler Ebene mit eingeschlossen ist. Hiermit erlangt die Volkspartei das Image eines halbstaatlichen Akteurs (vgl. Hofmann 2004: 115). Die gewonnenen Erkenntnisse der vorigen Absätze werden in der nachfolgenden Abbildung nochmals grafisch dargestellt.

Merkmalskatalog des Idealtypus Volkspartei

Abbildung 7: Übersicht Merkmale Volkspartei; Quelle: Annäherung an die Volkspartei (2004) 4. Volkspartei Seite 28

4.4. Kritische Auseinandersetzung mit dem Konzept und Begriff „Volkspartei“ Hofmann differenziert drei unterschiedliche Kritikstandpunkte, welche sich aufgrund ihrer Erscheinungszeit und auch angesichts der Frage der Anwendung des Typus unterteilen lassen: Als erstes beginnt er mit jenen Autoren, die sowohl die Verwendung des Begriffs „Volkspartei“ als auch deren Anwendung des Konzeptes ablehnen, ihm allerdings eigene Begriffsdefinitionen bzw. neue Typenkonstruktionen gegenüberstellen und den Typus Volkspartei auf diese Weise ersetzen wollen. Alf Mintzel und Richard Stöss werden hierbei als typische Vertreter dieser Sichtweise angeführt. Johannes Agnoli, Wolf-Dieter Narr und Joachim Raschke sind der zweiten Kritik-Ebene zuzuordnen: Diese Gruppe arbeitet mit dem analytischen Konzept der Volkspartei und misst dem Konzept auch eine empirische Gewissheit bei den deutschen Parteien bei, bemängelt aber die Entwicklung in Bezug auf die typologischen und gesellschaftlichen Aspekte. Die dritte Gruppe deklariert sich ähnlich wie die zweite Gruppe zum Konzept des Volksparteitypus, betrachtet diesen jedoch als überholt und meint, dass jenes Konzept bereits von einem moderneren Typ abgelöst worden ist. Richard Katz und Peter Mair, Klaus von Beyme sowie Peter Löschen können zu dieser Gruppe gezählt werden (vgl. Hofmann 2004: 90).

Anschließend werden nun die einzelnen Kritikpunkte am Konzept und Begriff des Volksparteitypus näher beschrieben. Begonnen wird damit, die Substitutionskritik des Typus zu erläutern. Danach wird eine gesellschaftskritische Nutzung des Typs gemacht, bevor im letzten Teil dieses Abschnitts die entwicklungstypologische Kritik behandelt wird.

4.3.1. Substitutionskritik Große Übereinstimmung besteht in der Parteienforschung darin, dass der Begriff der Volkspartei angesichts seiner begrifflichen Vieldeutigkeit äußerst unpassend gewählt ist (vgl. Alemann 2000: 110). Beyme erwähnt jedoch, dass vorherrschende begriffliche Alternativen, wie etwa die von Kirchheimer gleichbedeutende verwendete Allerweltspartei 4. Volkspartei Seite 29 und „catch-all Partei“, semantisch betrachtet auch keine größere Klarheit offerieren (vgl. von Beyme 2001a: 59).

Heftigere Kritik erntet der Begriff Volkspartei von den beiden Autoren Alf Mintzel und Richard Stöss Anfang der 1980er Jahre. So kritisiert beispielsweise Stöss die semantische Zusammensetzung des Begriffs als taktische Korrelation von zwei fundamental widerstrebenden Wortbestandteilen, um ein harmonisches Zusammenspiel zwischen Partei und Volk vorzutäuschen. Weiters lokalisieren die Autoren ein Problem hinsichtlich des Umstands, dass die Volkspartei einerseits als ein wissenschaftlich und politisch lancierter Ausdruck und andererseits als umgangssprachlich anerkannter Begriff fungiert (vgl. Stöss 1983: 121). „Damit verliere der Begriff „Volkspartei“ die Fähigkeit, als parteiensoziologische Typusbezeichnung genügend Präzision und Einvernehmlichkeit in der Konstruktion auszustrahlen“ (Hofmann 2004: 91). Mintzel bezeichnet den Begriff der Volkspartei sogar als Kampfbegriff, welcher aufgrund seiner umgangssprachlichen Verwendung als politischer Alltagsbegriff seine Funktion als wissenschaftlicher Ausdruck mit kürzerer Begriffsgeschichte konkurriert. Für ihn besteht die Gefahr, dass der Begriff der Volkspartei für die Forschung unannehmbar wird und meint weiter, dass die Wissenschaft diese Entwicklung nicht auch noch fördern sollte (vgl. Mintzel 1984: 323). Zudem wird von Stöss in seinen Analysen konstatiert, dass der funktionale Bestandteil des Typus, von ihm bezeichnet als „Legitimationseinrichtung staatlicher Herrschaft“ (Stöss 1983: 131), im Begriff „Volkspartei“ nicht ausreichend präzisiert bzw. vorsätzlich ausgelassen wird (vgl. Stöss 1983: 128).

Daher setzten sich die beiden Autoren Richard Stöss und Alf Mintzel „für die konsequente Eliminierung des Begriffs „Volkspartei“ aus der sozialwissenschaftlichen Fachsprache“ (Mintzel 1984: 323) ein und diskutieren über die Einführung eines neuen wissenschaftlichen Terminus namens Massenlegitimationspartei (vgl. Stöss 1983: 157).

Bei eingehender Analyse der wesentlichen Kennzeichen des neu entstandenen Typus im Sinne von Alf Mintzel und Richard Stöss sowie die empirische Anwendung des Terminus wird schnell ersichtlich, dass hierbei eine Substitution des Begriffs „Volkspartei“ durchgeführt wurde (vgl. Hofmann 2004: 92). „Umfassende, qualitative oder konzeptionelle Neuerungen bietet dieser Typus nur dann, wenn der Begriff Volkspartei 4. Volkspartei Seite 30 eben nicht als ein von politisch-polemischen (Selbst)-Zuschreibungen befreiter parteiensoziologischer, wissenschaftlicher Typus begriffen wird, sondern als alltagssprachlicher Kampfbegriff“ (Hofmann 2004: 92).

Offenkundig wird dies in jenen Punkten, in denen Stöss die Unterschiede der beiden Typen – Massenlegitimationspartei und Volkspartei – aufzeigt: der Kontextlosigkeit, der nicht vorhandenen gesellschaftlichen Verankerung und einer verstärkten Affinität der Parteien. Die (Demokratische) Massenlegitimationspartei kann somit als Durchschnittstypus bzw. als eine zusammenfassende Klasse betrachtet werden, denen es in ihrer Entwicklung durchaus gelungen ist, sich dem Idealtypus Volkspartei anzunähern, allerdings nicht zu erreichen (vgl. Hofmann 2004: 92).

Ferner erwähnt Alf Mintzel einige weitere Begriffe, welche unterstützend mitwirken sollen, den Ausdruck „Volkspartei“ aus den Sozialwissenschaften zu verabschieden und nicht mehr zu gebrauchen: - die Integrationspartei (Wiesendahl 1980) - die Dienstleistungspartei (Gottschalch 1976) - die Staatspartei (Narr 1976) (vgl. Mintzel 1984: 327)

Die größte Hoffnung in Bezug auf eine Neuerung setzt Mintzel aber auf sein in den 1970er Jahren entwickeltes Konzept der Massen- und Apparatpartei modernen Typs (vgl. Mintzel 1989: 11). Allerdings wird von Mintzel festgehalten, dass er nicht die Zielsetzung verfolgt, eine neue wissenschaftliche neutrale begriffliche Definition zu erfinden, sondern sein Fokus auf die Schaffung eines stichhaltigen theoretischen und analytischen Ansatzes bzw. eines ausreichend abgrenzenden Typus ausgerichtet ist (vgl. Mintzel 1984: 326).

„Die Substitutionskritik, die ihre Hochphase in den 70er und 80er Jahren hatte, produzierte aus der Kritik an der wissenschaftlichen Verwendbarkeit des Typus Volkspartei heraus hauptsächlich neue Typusbezeichnungen, aber auch neue Typuskonzeptionen, die jedoch nah an der der Volkspartei angelehnt waren“ (Hofmann 2004: 94). Erkennbar ist dies dadurch, dass diese Parteien, die unter dem neuen Typus verallgemeinert wurden, sich als jene Parteien darstellten, die parallel gleichermaßen als Volksparteien charakterisiert wurden. Da in den Volksparteikonzepten zahlreiche Überschneidungen und Ähnlichkeiten in den Merkmalen nachgewiesen werden konnten, sowie keine wesentlichen neuen 4. Volkspartei Seite 31

Erkenntnisse festgemacht werden konnten, gelang es nicht, das Konzept der Volkspartei bzw. den Begriff aus der wissenschaftlichen Diskussion zu entfernen (vgl. Hofmann 2004: 92f).

4.3.2. Gesellschaftskritische Analyse Wie zu Beginn dieses Abschnitts angeführt, wird zwischen drei unterschiedlichen Kritikebenen differenziert. Behandelt die erste Ebene die Substitutionskritik, wird in der zweiten Ebene eine gesellschaftskritische Analyse vollzogen. Jene Autoren, die als Vertreter hierfür genannt werden können, akzeptieren den Volksparteitypus und sind auch von dessen empirischer Gewissheit überzeugt. Vielmehr kann die Kritik an der Volkspartei als eine Kritik am gesellschaftlichen Umbruch verstanden werden (vgl. Hofmann 2004: 94). Beispielsweise erläutert Wiesendahl anschaulich, dass diese Kritik am Typus der Volkspartei primär aus dem Bereich der wissenschaftlichen Parteienforschung kommt, welche dem Transmissionsparadigma folgt (vgl. Wiesendahl 1980: 234ff).

Die Volkspartei zeigt sich in ihrer Konzeption nach Kircheimer sowie in ihrer empirischen Erscheinungsform als typologisches Kehrseitenmodell (vgl. Wiesendahl 1980: 236). „Als Kern des Volkspartei-Begriffs wurde der Anspruch auf Ausgleich und Versöhnung zwischen den Klassen gesehen und damit die Absage an klassenkämpferische Umgestaltung der Gesellschaft“ (Kaste/Raschke 1977: 26). „Deutlich wird dabei, dass die Autoren zwar ein eindeutig negativ perzipiertes Verständnis der Volkspartei hatten, was aus ihrem gesellschaftlichen Grundverständnis und einer einseitig gewichteten Konzeption des Typus resultierte, aber dessen typologische und empirische Relevanz nicht in Zweifel zogen“ (Hofmann 2004: 95).

4.3.3. Entwicklungstypologische Kritik Abschließend gilt es noch die dritte Kritikebene vorzustellen und zu erklären. Parteienforscher, welche den entwicklungstypologischen Ansatz analysieren, akzeptieren (wie auch jene Vertreter der gesellschaftskritischen Ebene) die empirische Bedeutung des Volksparteitypus (vgl. Hofmann 2004: 94f). Der wesentliche Unterschied zu den anderen beiden schon erläuterten Bereichen besteht darin, dass die Vertreter des dritten Sektors den 4. Volkspartei Seite 32

Volksparteitypus nicht mehr als den dominanten Typus der Gegenwart betrachten. Es wird von ihnen angenommen, dass sich die aktuellen Parteien hin zu einem neuen, moderneren Parteitypus gewandelt haben. Ein mögliches Indiz, weshalb die Parteienforschung auf der Suche nach einem neuen (dominanten) Parteitypus ist, könnte der Umstand sein, dass Volksparteien als reale Phänomene gesehen wurden. Anders formuliert können Parteien und Typus als identisch betrachtet werden (vgl. Hofmann 2004: 95).

Der gesellschaftliche Wandel und rasante politische Veränderungen resultieren in eine Entfernung der heutigen Parteien vom Volksparteitypus. Der Aspekt, dass jeder Epoche ein spezifischer Parteitypus zugrunde liegt, wird in der Literatur als der zweite (mögliche) Ansatz beschrieben, weshalb die Vertreter dieser Ebene sich von der Volkspartei als vorherrschende Form bereits verabschiedet haben und neue Vorschläge/Ansätze diskutiert werden. Als die wichtigsten und prominentesten Vertreter werden Katz/Mair, Beyme, Lösche und Grabow genannt (vgl. Hofmann 2004: 95).

Nachfolgend werden nun kurz die wichtigsten Erkenntnisse der genannten Autoren dargestellt sowie mit dem Volksparteitypus verglichen und etwaige Veränderungen erläutert.

Peter Lösche zufolge sind Parteien mit Veränderungen konfrontiert worden und daher muss zwangsweise ein neuer Parteitypus entstanden sein. Allerdings kann Lösche nicht nahtlos in das Raster der Entwicklungstypologie eingefügt werden, da er zum einen nur eine Typustransformation betrachtet, zum anderen von ihm der Typus „Volkspartei“ im Gegensatz zu den anderen Autoren dieser Ebene differenziert verwendet wird. Er interpretiert den Begriff „Volkspartei“ als „Label“, der es ermöglicht, unter ihm unterschiedliche Organisationsmodelle und konkrete Parteitypen zu generalisieren (vgl. Lösche 1999: 15). Abgesehen von der Diskussion über die begriffliche Anwendung, registriert Lösche Indikatoren des Wandels, primär im Bereich der Mitgliedschaften, welche aufzeigen, dass sich ein neuer Typus entwickeln und die alten Modelle ablösen wird (vgl. Lösche 1999: 18).

4. Volkspartei Seite 33

Wesentliche Veränderungen bei den Mitgliedschaften: - „Mitgliederschwund mit der Folge geringer sozialer Verankerung, - Überalterung der Mitgliedschaft mit nachlassender Attraktivität für junge Mitglieder, - geändertes Partizipationsverhalten Jugendlicher, mit dem Unwillen, sich langfristig zu engagieren, - Verlust der innerparteilichen Diskussion und der Streitkultur und letztlich - Dominanz der Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die die Partei als Karrierestütze nutzen“ (Lösche 2000: 779).

Die These einer neuerlichen Transformation des Parteitypus wurde im deutschsprachigen Raum wesentlich durch Klaus von Beyme kommuniziert. Von Beyme beschreibt die Entwicklung der Parteitypen eintretend in vier historischen Abschnitten, wobei die Volkspartei von ihm als vorletztes Stadium betrachtet wird, dessen Ablösung sich bereits seit den 1970er Jahren andeutet. Als terminologisch umstritten erachtet Klaus von Beyme den vierten Typ im Verlaufsmodell (vgl. von Beyme 2001b: 61f). Eine sinkende Mitgliederzahl, Überalterung der Mitglieder, wenige neue Mitglieder sowie eine instrumentelle Beziehung der Mitglieder zur Partei werden als die wesentlichen organisatorischen Kennzeichen des neuen Parteitypus genannt. Zudem verlieren die einzelnen Mitglieder an Stellenwert/Bedeutung in der Partei, da die Parteiarbeit vermehrt professionalisiert und von der Parteispitze selbst verrichtet wird (vgl. von Beyme 2000a: 84).

Ein hoher Grad an Autonomie der Parteispitze gegenüber der Mitgliedschaft kann festgestellt werden. Weiters kann ein Wandel hin zum Berufspolitiker/in festgestellt werden. Daraus resultieren einerseits eine Verminderung der Interessensartikulation und andererseits ein Bedeutungszugewinn im Bereich der Personalrekrutierungsfunktion (vgl. von Beyme 1997: 379). Wiederholt wird von ihm erwähnt, dass sein neu entwickelter Typus die Entwicklungsschritte der Volkspartei fortführt. Somit wird weniger ein qualitativer Typuswechsel, vielmehr ein quantitativer Typuswandel umgesetzt (vgl. von Beyme 2000a: 82).

Die Kartellpartei, entwickelt von den beiden Parteienforschern Richard Katz und Peter Mair, wird in der Literatur als der am meisten genannte neue Typusbegriff bezeichnet. Als 4. Volkspartei Seite 34

Grundlage wird von den beiden Autoren angenommen, dass jedes Zeitalter einen dominierenden Parteitypus besitzt, welcher sich in den Bereichen Struktur, Strategie sowie Verhältnis zu Staat und Gesellschaft von den früheren Parteitypen differenziert. In ihren Analysen kommen sie zu der Erkenntnis, dass sich ab 1970 das Verhältnis zwischen Staat und Gesellschaft verändert hat. Diese Entwicklung bedingt die Entstehung von Kartellparteien (vgl. Katz/Mair 1996: 536).

Als primäres Ziel dieses Parteiensystems wird nicht mehr der Wahlsieg betrachtet, vielmehr liegt der Fokus auf dem Verbleib im System bzw. der Abschottung des Systems gegenüber den Konkurrenten. Aufgrund dieser Sichtweise wandeln sich auch die Funktion und die Bedeutung des politischen Wettbewerbs (vgl. Katz/Mair 1995: 22).

Der Unterschied zwischen den regierenden Parteien sowie der Opposition wird immer geringer, da bei allen Politiker/innen – sowohl jene in der Regierung als auch jene in der Opposition – das Interesse auf Machterhalt und Sicherung ihrer Existenz als Berufspolitiker/in ausgerichtet ist. Das Risiko der Abwahl soll so vermindert werden (vgl. Wiesendahl 1999: 53).

Die Kommunikation mit ihren Mitgliedern erfolgt von der Parteiführung auf die gleiche Art und Weise wie mit den Wählern/innen: Über parteiexterne Medien und Kommunikationsnetze wird Kontakt mit den Mitgliedern aufgenommen. Abnahme der Einflussmöglichkeiten, Reduktion der Privilegien sowie eine Verringerung der Differenzen zu partizipierenden Nicht-Mitgliedern sind die offensichtlichen (neuen) Veränderungen für Mitglieder in der Kartellpartei (vgl. Katz/Mair 1995: 16).

Katz und Mair kommen zu der Schlussfolgerung, dass sich einerseits der Charakter der Parteien und andererseits die parteipolitischen Ziele in der Epoche der Kartellparteien verändert haben. „Parties are partnerships of professionals, not associations of, or for citizens” (Katz/Mair 1995: 22). “Stability becomes more important than triumph; politics becomes a job rather than a vocation” (Katz/Mair 1995: 23).

4. Volkspartei Seite 35

Als Abschluss in diesem Abschnitt wird noch der Idealtypus von Grabow vorgestellt und die wesentlichen Kennzeichen erklärt. Grabow zählt vier bedeutsame Merkmale auf: - Augenmerk liegt auf der Wählermobilisierung, - Personalisierung durch Fokussierung auf die Spitzenkandidaten, - Eingliederung sowohl von eigenen Experten/innen als auch externen Agenturen bei der Führung des Wahlkampfes und - Erhöhung der Geldmittel im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit und Wahlkampfführung (vgl. Grabow 2000: 26).

Grabow merkt an, das speziell beim ersten Kennzeichen „Wählermobilisierung“ sichtbar wird, dass sich ein Wandel in der gesellschaftlichen Struktur vollzogen hat. Die Zahl der Wechselwähler/innen steigt immer weiter an, woraufhin die Parteien gezwungen sind, noch intensiver als bisher um die Wähler/innen zu werben. Es ist ein Trend, der sich gegen die Integration (möglicher) Mitglieder, aber hin zur Mobilisierung (möglicher) Wähler/innen richtet, festzustellen (vgl. Grabow 2000: 25f). Es erfolgt eine verstärkte Personalisierung der Wahlkämpfe – die Spitzenkandidaten/innen stehen im Mittelpunkt. Resultierend daraus büßt das einzelne Mitglied enorm an Bedeutung ein. Diesem wird kaum mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Der negativen Mitgliederentwicklung mittels Rekrutierungskampagnen positiv entgegenzuwirken, scheitert bei Grabow an den hohen Kosten dieser Maßnahmen sowie an geringen Erfolgsaussichten bei Neurekrutierungen (vgl. Grabow 2000: 29).

Hinsichtlich entwicklungstypologischer Ansätze wurde im Rahmen dieser kurzen und prägnanten Ausführungen ersichtlich, dass ein breiter Konsens unter den Politikexperten/innen bezüglich der Nachfolge des bereits bestehenden Volksparteitypus besteht. Auch wenn unterschiedliche Begrifflichkeiten angewendet werden, zeigt die Entwicklung des neuen Modells bei allen in die gleiche Richtung. Jedoch muss die Frage erlaubt sein, inwiefern hier wirklich ein neuer Typus entsteht bzw. ob sich dieser von der Volkspartei tatsächlich differenziert. Ebenso lässt sich offenkundig feststellen, dass sich die neuen Parteimodelle bezüglich der organisatorischen Struktur nicht beträchtlich vom bereits existierenden Konzept der Volkspartei unterscheiden (vgl. Hofmann 2004: 104ff).

Offensichtlich ist, dass diejenigen Ansätze, welche die Gestaltung eines neuen (dominanten) Parteitypus titulieren, sich an dem bereits bestehenden Idealtypus der 5. Österreichische Volkspartei Seite 36

Volkspartei orientieren. Da, wo Unterschiede ausgemacht werden können, sind diese als logische (Weiter)-Entwicklungen des vorhandenen Volksparteitypus zu verstehen (vgl. Hofmann 2004: 108).

5. Österreichische Volkspartei

Nachdem in den ersten Kapiteln dieser Arbeit der Fokus auf dem Begriff, der Entstehung des Konzepts und der Kritik am Begriff sowie des Konzepts des Volksparteitypus gelegen ist, wird in den anschließenden Abschnitten die Österreichische Volkspartei analysiert. Zu Beginn wird die Parteiorganisation thematisiert.

5.1. Parteiorganisation der ÖVP „Eine Herkulesarbeit, die nur eine Volkspartei bewältigt, die sich bewusst ist: Gelingt diesmal die Reform nicht, so sind die nächsten Wahlen schon entschieden. Den Parteinamen können wir dann auch gleich ändern – schon mit 32 Prozent der Wähler/innen ist der Anspruch, Volkspartei zu sein, sehr ambitioniert“ (Khol 1991: 30).

Im folgenden Abschnitt gilt es die Parteiorganisation der ÖVP aufzuschlüsseln. Unter anderem wird versucht, die Frage zu beantworten, inwiefern die Parteiorganisation im Verhältnis zum schlechten Abschneiden bei Wahlen in den 1990er Jahren und in der heutigen Zeit steht. Entschied sich die Parteiorganisation damals und heute für die richtigen Schritte, um den negativen Trend zu stoppen? Der Fokus liegt in diesem Kapitel darauf, die wesentlichen Herausforderungen, mit denen sich die Parteien in Österreich, insbesondere die ÖVP, in den letzten Jahren ausgesetzt sah, zu erläutern bzw. welche Reformen/ Entwicklungen in der Parteiorganisation vollzogen wurden.

5.1.1. Teilorganisationen Die Österreichische Volkspartei setzt sich aus mehreren, unterschiedlichen Teilorganisationen – vielfach in der Literatur als „Bünde“ bezeichnet, zusammen. Nachfolgend werden nun die einzelnen Bünde kurz vorgestellt. Neben diesen sechs 5. Österreichische Volkspartei Seite 37

Teilorganisationen verfügt jedes Bundesland noch über eine eigene, unabhängige Landesorganisation.

5.1.1.1. Österreichischer Wirtschaftsbund Der österreichische Wirtschaftsbund wurde am 8. Mai 1945 als eine Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei (ÖVP) gegründet. Als freie Vereinigung der selbständig Erwerbstätigen und führenden Wirtschaftskräfte ist er heute die größte politische Interessenvertretung für Klein- und Mittelbetriebe in Österreich. Als Gründungsvater gilt . Seit 1999 heißt der Präsident des Österreichischen Wirtschaftsbundes Dr. Christoph Leitl. Der Abgeordnete zum Nationalrat Peter Haubner ist seit 2008 Generalsekretär des Wirtschaftsbundes. Flächendeckend auf Orts-, Bezirks- und Landesebene ist der Wirtschaftsbund in ganz Österreich vertreten. Der Wirtschaftsbund kann als ein wichtiger Impulsgeber, die umsatzstärkste Interessenvertretung und als eine effiziente Serviceorganisation betrachtet werden. Auch nach einem halben Jahrhundert ist die eigentliche Gründungsidee des österreichischen Wirtschaftsbundes „Stärke durch Gemeinsamkeit“ präsenter denn je. Mit ein Grund sicherlich die Entwicklung der Wirtschaft in den letzten Jahren – die Zahl der selbstständigen Wirtschaftstreibenden ist eine gesellschaftliche Minderheit. Heute zählt der Wirtschaftsbund über 100.000 Mitglieder (vgl. Wirtschaftsbund 2016).

5.1.1.2. Österreichischer Bauernbund Die Anfänge des österreichischen Bauernbundes gehen bereits in das Jahr 1886 zurück. Schon damals entstanden in einzelnen Bundesländern so genannte Bauernvereinigungen. Die Steiermark gilt als Vorreiter – hier wurde 1899 ein katholisch-konservativer Verein gegründet, der sich seit 1934 Bauernbund nennt. In den darauffolgenden Jahren kam es in den anderen Bundesländern zu ähnlichen Initiativen. In der Zwischenkriegszeit bildete sich aus diesen Vereinen der „Österreichische Reichsbauernbund“, der bis zum Jahr 1938 bestand. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der österreichische Bauernbund, bestehend aus neun Landesorganisationen, als eine Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei neu geschaffen. Auch wenn mittlerweile die Mitgliederzahl des Bauernbundes zurückgegangen 5. Österreichische Volkspartei Seite 38 ist, kann dieser noch immer neben zwei anderen Teilorganisationen, dem ÖWB und dem ÖAAB, als die bedeutendste Teilorganisation bezeichnet werden (vgl. Bauernbund 2016).

Schon bei der Gründung im Jahr 1920 umfasste der Bauernbund 220.000 Mitglieder. Kurz nach dem zweiten Weltkrieg erreichte er 405.000 Mitglieder. Heute zählt die Organisation noch immer mehr als 300.000 Mitglieder. Flächendeckend über ganz Österreich verteilt, kann diese Organisation als eine schlagkräftige, stark verwurzelte Institution bezeichnet werden. Im Laufe der Jahre schaffte es der Bauernbund immer wieder, die Politik der Partei und auch die Politik in Österreich maßgeblich mitzubestimmen. Josef Stöckler, Rudolf Buchinger, Andreas Thaler, Florian Födermayr, Josef Reither, Josef Kraus, Eduard Hartmann, Karl Schleinzer, Alois Derfler, Josef Riegler, Wilhelm Molterer und können stellvertretend dafür aufgezählt werden. Momentan ist der Oberösterreicher und Abgeordnete zum Nationalrat Ökonomierat Jakob Auer Präsident des Österreichischen Bauernbundes (vgl. Bauernbund 2016).

Grundsätze des Bauernbundes - demokratisch, freies und unabhängiges Österreich - verpflichtet sich zu christlich-humanistischen Werten und Traditionen - bekennt sich zur ökosozialen Marktwirtschaft - Lebenswirtschaft für Gesellschaft (vgl. Bauernbund 2016)

Vor der letzten Nationalratswahl 2013 gehörten von 51 ÖVP- Nationalratsabgeordneten immerhin 15 Abgeordnete dem Bauernbund an bzw. konnten diesem zugerechnet werden. Ebenso wurden zwei der letzten vier ÖVP-Obleute aus dem Bauernbund entsandt (vgl. Fritzl 2013).

5.1.1.3. Österreichischer Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenbund (früher: Österreichischer Arbeiter- und Angestelltenbund) Nur einen Tag nachdem die russischen Truppen Wien eingenommen hatten, wurde am 14. April 1945 der ÖAAB gegründet und ist somit älter als die „eigentliche Partei ÖVP“. Lois Weinberger wurde der erste Bundesobmann des noch jungen ÖAAB. Seit dem 19. April 2016 ist der Oberösterreicher August Wöginger geschäftsführender Bundesobmann des 5. Österreichische Volkspartei Seite 39

ÖAAB. Heute ist der ÖAAB die mitgliederstärkste Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei. Wie alle anderen Teilorganisationen ist auch dieser flächendeckend in ganz Österreich auf Landes-, Bezirks- und Ortsebene unterteilt und definiert sich in erster Linie als direkter Ansprechpartner der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Gemeinden und Betrieben (vgl. ÖAAB 2016).

Grundsätze, für die der ÖAAB eintritt: - Freiheit und Sicherung des Einzelnen sowie Stärkung der Eigenverantwortlichkeit - realistische Wirtschaftspolitik, welche die Wettbewerbsfähigkeit der eigenen Betriebe fördert und die unternehmerische Initiative stärkt - Chancengleichheit und Recht auf Eigentum

Weiters bekennt sich der österreichische Arbeitnehmer- und Arbeitnehmerinnenbund zu einem christlich-sozialen Weltbild, den Errungenschaften der 2. Republik und zu dem Staat Österreich. Bereits am 1. Bundestag, der am 9. Februar 1946 stattfand, lag das von Karl Lugmayr entworfene „Wiener Programm“ vor, welches drei wesentliche Prinzipien enthält, die nachfolgend kurz erklärt werden (vgl. ÖAAB 2016).

Personalitätsprinzip Das Personalitätsprinzip besagt, dass der Mensch keine Sache ist, über die nach Belieben verfügt und entschieden werden kann. Demnach besitzt ein Mensch Rechte und Pflichten, die nicht erst von einem Gesetzgeber bestätigt oder zugesprochen werden müssen.

Solidaritätsprinzip Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen, das von Natur aus auf ein Zusammenwirken mit anderen Menschen ausgelegt ist. Demzufolge gilt es als Einzelperson und als gesellschaftliches Teilgebilde auf andere Individuen oder Gruppen Rücksicht zu nehmen. Das Gemeinwohl steht im Vordergrund.

5. Österreichische Volkspartei Seite 40

Subsidiaritätsprinzip Aufgabe des Staates ist es, dafür zu sorgen, dass es Einzelpersonen und kleineren gesellschaftlichen Gebilden möglich ist, sich in Freiheit und Eigenverantwortung entfalten zu können. Kurz gesagt, soviel Hilfe als notwendig, soviel Eigenleistung und Selbstverantwortung als möglich (vgl. ÖAAB 2016).

5.1.1.4. Junge ÖVP Eine weitere, der insgesamt sechs Teilorganisationen der ÖVP, ist die Junge Österreichische Volkspartei (JVP). 1945 wurde die heutige JVP unter dem Namen Österreichische Jugendbewegung in Wien gegründet. Ähnlich aufgebaut wie alle anderen Teilorganisationen der ÖVP wird auch diese Organisation in Landes-, Bezirks- und Ortsgruppen unterteilt. Mehr als 100.000 ehrenamtliche Mitglieder, welche zwischen 16 und 35 Jahren alt sind, sind Teil der JVP. Potentielle Zielgruppe sind junge Menschen, egal ob nun Schüler/innen, Studenten/innen, Lehrlinge, Angestellte oder Selbstständige (vgl. Junge ÖVP 2016).

Interessant ist auch die Verteilung der unterschiedlichen Altersgruppen. Die jüngste Gruppe im Alter von 16-19 Jahren machen 30 % aller Mitglieder aus. Der größte Anteil (44%) der Mitglieder ist zwischen 20 und 29 Jahren alt, die kleinste Gruppe mit 26 % hat ein Alter zwischen 30 und 35 Jahren. Ganzheitlich gesehen, überwiegt der männliche Anteil in der Organisation: 55 % männliche Mitglieder gegenüber 45 % weiblichen Mitgliedern. Seit 2009 steht der derzeitige Außenminister als Bundesobmann der JVP an der Spitze dieser Teilorganisation. Acht Landtagsabgeordnete, 2 Abgeordnete zum Nationalrat, ein Regierungsmitglied sowie viele Gemeinderäte können der JVP zugezählt werden (vgl. Junge ÖVP 2016).

5. Österreichische Volkspartei Seite 41

5.1.1.5. Österreichischer Seniorenbund Die fünfte Teilorganisation der Österreichischen Volkspartei ist der Seniorenbund.

Die wichtigsten Fakten im Überblick zu dieser Teilorganisation: - besitzt mehr als 305.000 Mitglieder in ganz Österreich - gliedert sich in neun Landesorganisationen und über 2200 Orts- und Bezirksgruppen auf - die Leitung wird ausschließlich von ehrenamtlichen Obleuten übernommen - basiert auf drei organisatorisch getrennten Säulen, welche nachstehend erwähnt und erläutert werden (vgl. Seniorenbund 2016)

Der Seniorenbund ist seit seiner Gründung im Jahr 1952 ein gemeinnütziger Verein, der sich speziell für die Rechte der Senioren einsetzt. Umfassender Service und kostenlose Beratung im Bereich der Pflege und der Pension werden versprochen. Seit mehr als 35 Jahren gilt der Seniorenbund als eine gleichberechtigte Teilorganisation der ÖVP. Einbindung auf allen Ebenen der ÖVP, Stimmrechte in allen Gremien sowie Mitbestimmung und Mitarbeit bei Programmen bedeuten die Mitgliedschaft in dieser Teilorganisation. Die dritte organisatorische Säule ist die gesetzliche Interessenvertretung der älteren Generationen. Zu den wichtigsten „Errungenschaften“ zählen die Neugründung des Seniorenrates im Jahr 1997 und das Bundesseniorengesetz im Jahr 2000. Bis zu seiner Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten war Andreas Khol von 2005 bis Jänner 2016 Obmann des Seniorenbundes. Seit Jänner 2016 steht nun seine bisherige Stellvertreterin Ingrid Korosec an der Spitze des Seniorenbundes (vgl. Seniorenbund 2016).

5.1.1.6. Frauen in der ÖVP Die sechste und letzte Teilorganisation der ÖVP heißt Frauen der Österreichischen Volkspartei, kurz ÖVP Frauen. In dieser Teilorganisation werden Frauen aller sozialer Gruppen, die sich zum Programm der ÖVP bekennen und die Politik nach christlich- demokratischen Grundsätzen gestalten wollen, vereinigt. Wie alle anderen Teilorganisationen bekennen sich auch die ÖVP Frauen zu einem freien und unabhängigen Österreich, zur Demokratie, zum Rechtsstaat sowie zum Föderalismus 5. Österreichische Volkspartei Seite 42

(vgl. ÖVP Frauen 2016). Ein Leitsatz ihrer Strategie lautet: „Eine wirkungsvolle Frauenpolitik muss in allen Politikfelder verankert sein – von der Wirtschafts- über die Bildungs- bis hin zur Familienpolitik“ (ÖVP Frauen 2016).

Seit November 2010 heißt die Bundesleiterin der ÖVP- Frauen Dorothea Schittenhelm – sie ist die Nachfolgerin von Maria Rauch-Kallat. Unterstützt wird Schittenhelm von der Generalsekretärin Janina Nolz, Bakk. Nach der letzten Nationalratswahl 2013 gelang es den ÖVP Frauen mit Sophie Karmasin ein Regierungsmitglied zu stellen. MMag. Dr. Sophie Karmasin bekleidet seit Mitte Dezember 2013 das Bundesministerium für Familien und Jugend. Weiters sind 13 Nationalratsabgeordnete Frauen auch Mitglied dieser Teilorganisation (vgl. ÖVP Frauen 2016).

5.1.2. Organisationsstruktur der Partei Franz Fallend konstatiert, dass die traditionelle Parteiorganisation der Österreichischen Volkspartei hinderliche Grundlagen für ein erfolgreiches Parteimanagement besitzt und deshalb besonders geeignet erscheint, um die Bedeutung von Parteiorganisationen bezüglich der Realisierung zentraler Parteiziele zu analysieren (vgl. Fallend 2004: 186). Die ÖVP zählt gleichermaßen wie die Partei der Sozialdemokraten (SPÖ) zu den Mitgliederparteien. Definierte früher ein großer Mitgliederstock ein Zeichen von Stärke, gilt dieser spätestens seit den 1980er Jahren als Hürde, da durch die Mitglieder der politische Spielraum der Parteiführung bei einem zunehmend mobiler werdenden Wählermarkt entscheidend beeinträchtigt wird (vgl. Mair 1997: 10f). Müller und Steininger erwähnen weiters, dass die ÖVP im Vergleich zu allen westeuropäischen Parteien vermeintlich diejenige Partei ist, welche durch den höchsten Grad an innerparteilichen Machtgruppen charakterisiert ist (vgl. Müller/Steininger 1994: 2). Wesentlich mehr von Bedeutung als bei den meisten anderen christdemokratischen Parteien nehmen in der Österreichischen Volkspartei die Gruppeninteressen eine gewichtige Rolle im innerparteilichen Leben ein. Orientiert entlang der wichtigsten Berufsgruppen der Gesellschaft, werden diese Gruppeninteressen in der Literatur vielfach als Bünde bezeichnet. Mühsame und zeitraubende Entscheidungsprozesse sowie ein negatives Image in der Öffentlichkeit, sind weitere Aspekte, die als hemmend im heutigen politischen Wettbewerb betrachtet werden können, da die meisten Konflikte überwiegend unter Miteinbeziehung der Öffentlichkeit kundgetan werden (vgl. von Beyme 2000: 127). 5. Österreichische Volkspartei Seite 43

Schon bei ihrer Gründung im Jahr 1945 haftete der Parteiorganisation der Österreichischen Volkspartei etwas Heimliches und Rätselhaftes an. Zwei Jahre vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde 1943, noch unter der Herrschaft der Nationalsozialisten, im Untergrund die Gründung der neuen christlich-sozialen und demokratischen Volkspartei eingeleitet, woraufhin die Gründung der ÖVP im Wiener Schottenstift noch vor Kriegsende vollzogen wurde(vgl. Wagner 2014: 300).

Wagner merkt an, dass bis in die Gegenwart innerparteiliche Strukturen, Autoritäten von Parteigremien sowie Bünden wie auch deren Wirkungsweise bezüglich der innerparteilichen Willensbildung weitgehend verschleiert bleiben. Hinzu kommt noch, dass das doppelte Organisationsprinzip bestehend aus territorialen und funktionalen Ebenen zu Doppelstrukturen führt, die die Übersichtlichkeit sowie auch die Transparenz in der Parteiorganisation der ÖVP behindern (vgl. Wagner 2014: 300f).

Seitens der ÖVP gibt es weder eine aktuelle Mitgliederübersicht noch eine offizielle Ausweisung der Parteifinanzen (vgl. Jungnikl/Gossy 2010). Gemessen an der Anzahl der wahlberechtigten Personen der Gesamtbevölkerung weist Österreich im internationalen Vergleich die höchste Dichte an Parteimitgliedern auf (vgl. Mair/van Biezen 2001: 9). So schreiben Ulrich von Alemann und Tim Spier, dass es beispielsweise in Österreich anteilsmäßig ungefähr vier- bis fünfmal so viele Parteimitglieder gibt wie in einigen anderen Ländern Westeuropas (vgl. von Alemann/Spier 2009: 32).

Auf den nächsten Seiten wird mittels Grafiken bzw. Tabellen ein Vergleich der Mitgliedschaften von SPÖ und ÖVP durchgeführt.

5. Österreichische Volkspartei Seite 44

SPÖ-Mitglieder (Stichtag: 31.12.1982) Bundesland Mitglieder Prozent 30.561 4,35 % Kärnten 52.527 7,49 % Niederösterreich 139.103 19,83 % Oberösterreich 101.113 14,42 % Salzburg 25.817 3,68 % Steiermark 101.269 14,44 % Tirol 14.761 2,10 % Vorarlberg 5.541 0,79 % Wien 230.438 32,86 % Gesamt 701.130 100 % Tabelle 1: SPÖ-Mitgliederstatistik; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985)

Auffallend ist, dass schon damals die Mitgliederzahlen der SPÖ in den beiden Bundesländern Tirol und Vorarlberg verhältnismäßig gering bzw. niedrig waren. Einzig in der „roten“ Bundeshauptstadt Wien konnte sich die SPÖ auf eine breite Mitgliederbasis berufen, da diese mit knapp 33 Prozent ein Drittel aller Mitglieder ausmachte.

Anton Kofler erklärt in seinem Buch „Parteiengesellschaft im Umbruch“, dass die oben angeführten Zahlenangaben aufgrund mehrerer unterschiedlicher Aspekte durchaus der Realität entsprechen: - Bei der SPÖ gibt es nur die direkte und unmittelbare Form der Mitgliedschaft. - Genaue Aufzeichnungen betreffend das Inkasso von Beitragsmarken in den Jahrbüchern belegen diese Zahlen. Würden diese Zahlen nicht korrekt sein, wäre das gesamte Finanzwesen als falsch zu betrachten. - Regionale Berichte legitimieren diese Zahlen, da sich diese bei Vergleichen mit jenen auf Bundesebene als überwiegend identisch herausgestellt haben (vgl. Kofler 1985: 47).

Die Ermittlung der Mitgliederzahlen lässt sich bei der SPÖ erheblich einfacher berechnen und aufzeigen als bei der ÖVP. Mehrere Autoren legten den Fokus ihrer wissenschaftlichen Recherchen in den letzten Jahren verstärkt auf die Mitgliederentwicklung bei der Volkspartei. Nachstehende Ausführungen, beginnend im 5. Österreichische Volkspartei Seite 45

Jahr 1968 und endend mit 1983, zeigen eine deutlich schwierigere Mitgliedererfassung auf (vgl. Kofler 1985: 47f).

Jahr ÖVP-Mitglieder Hinweis Autor 1968 570.000 abzüglich außerordentlicher Mitglieder Diem/ Neisser und Familienmitglieder 832.000 plus außerordentlicher Mitglieder und Familienmitglieder 1968 519.027 abzüglich außerordentlicher Mitglieder Stirnemann und Familienmitglieder 756.859 plus außerordentliche Mitglieder und Familienmitglieder 1968 607.000 Minimum - Zeitraum 1957 – 1965 Naßmacher 790.000 Maximum - Zeitraum 1957 – 1965 1973 995.000 Pol. Akademie 1977 932.661 Zeitraum 1974 – 1977 Bericht Generalsekretär 1980 1.167.888 Zeitraum 1977 – 1980 Bericht GS 1983 1.204.283 Zeitraum 1980 – 1983 Bericht GS Tabelle 2: ÖVP-Mitglieder-Statistik der Jahre 1968 - 1983; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985)

Wiederum ist es Kofler, der einige Beispiele illustrieren kann, weshalb diese Zahlen nicht korrekt sind: Beispielsweise wurde der Seniorenbund erst im Jahr 1977 als eigene Teilorganisation innerhalb der Partei akzeptiert. Bereits im Jahr 1983 hatte der Seniorenbund 172.000 Mitglieder, woraus sich der Sachverhalt ableiten lässt, dass es viele Doppelmitgliedschaften gegeben hat. Weiters führt Kofler an, dass eine Landesorganisation des Österreichischen Wirtschaftsbundes mit 24.760 Mitgliedern 14.957 ordentliche Mitglieder aufweist – der Rest setzt sich aus außerordentlichen Mitgliedern und Familienmitgliedern zusammen (vgl. Kofler 1985: 48).

Die folgende Analyse basiert auf einer Doppelzählung von 35 Prozent der im letzten Bericht des Generalsekretärs angeführten Mitgliederzahl. Ein ähnliches – realistischeres – Ergebnis wird erzielt, sofern bei den drei großen Teilorganisationen (Bauernbund, ÖAAB, Seniorenbund) ein Abzug von 25 Prozent, bei den drei kleineren Bünden (Wirtschaftsbund, 5. Österreichische Volkspartei Seite 46

Frauenbund, Junge ÖVP) eine Reduzierung um 60 Prozent gemacht wird (vgl. Kofler 1979: 25ff). Demzufolge ermittelt Anton Kofler in seinem Buch Parteiengesellschaft im Umbruch folgende Mitgliederzahlen der ÖVP für das Jahr 1981, klassifiziert nach Bundesländern und Teilorganisationen.

ÖVP Mitglieder – aufgeschlüsselt nach Bundesländern Bundesland Bericht Kofler Berechnung Prozent Kofler Generalsekretär Berechnung Burgenland 34.887 22.677 2,98 % Kärnten 47.733 31.026 4,08 % Niederösterreich 406. 117 263.976 34,77 % Oberösterreich 261.212 169.788 22,36 % Salzburg 66.763 43.396 5,71 % Steiermark 186.401 121.161 15,96 % Tirol 68.320 44.408 5,84 % Vorarlberg 26.184 17.020 2,24 % Wien 70.271 45.676 6,01 % Gesamt 1.167.888 759.128 100 % Tabelle 3: ÖVP- Mitglieder differenziert nach Bundesländern; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985)

ÖVP-Mitglieder, unterteilt nach ihren Teilorganisationen Teilorganisation Bericht Kofler Berechnung Prozent Kofler Generalsekretär Berechnung ÖBB 388.863 291.647 38,77 % ÖWB 152.906 114.679 15,24 % ÖAAB 271.995 203.996 27,12 % ÖSB 172.783 69.113 9,18 % ÖFB 76.565 30.626 4,07 % JVP 104.475 41.790 5,55 % Direkt 301 301 -- Gesamt 1.167.888 752.159 100 % Tabelle 4: ÖVP-Mitglieder strukturiert nach Teilorganisationen; Quelle: Parteiengesellschaft im Umbruch (1985) 5. Österreichische Volkspartei Seite 47

Bestätigt wird die Mitgliederzahl von ca. 750.000 ÖVP-Mitgliedern durch die EDV-Kartei der Bundesparteileitung der ÖVP: Demgemäß wurde Mitte 1982 die Mitgliederzeitung der Partei namens „Plus“ an 540.000 Haushalte bzw. 770.000 Einzelpersonen verschickt (vgl. Kofler 1985: 49).

Sowohl schon im Jahr 1981 als auch heute noch kann Niederösterreich als eine „schwarze Hochburg“ bezeichnet werden. Nach den Berechnungen von Kofler konnte die Volkspartei in Niederösterreich damals bereits über 260.000 Mitglieder oder knapp 35 Prozent verbuchen. Anhand der Tabelle, welche die einzelnen Teilorganisationen der Partei detailliert aufschlüsselt, stand der Bauernbund in Bezug auf die Mitgliederanzahl Anfang der 1980er Jahre auch noch an erster Stelle. Mit Respektabstand von knapp 90.000 Mitgliedern folgt der Arbeiter- und Angestelltenbund auf Platz 2, deutlich vor dem Wirtschaftbund. Die letzten beiden Plätze, die Mitgliederanzahl betreffend, nehmen die Frauen in der ÖVP (31.000 Mitglieder) sowie die Teilorganisation „Junge ÖVP“ (42.000 Mitglieder) ein.

Immer noch besitzen Mitglieder für Parteien einen hohen Stellenwert, da Parteien mit einer großen Anzahl an organisierten Mitgliedern Vorteile im Bereich der Wählermobilisierung gegenüber weniger strukturierten Parteien aufweisen. Oft ist es zielführender und erfolgreicher, mittels sozialen Netzwerken, anstatt zentral gesteuerten Medienkampagnen, mit den Wählern/innen in Kontakt zu treten und den Eindruck zu generieren, dass Parteien mehr verkörpern als nur Veranstaltungen der politischen Elite (vgl. Scarrow 2000: 84).

„Ein wichtiger Erklärungsfaktor für die hohe Organisationsdichte im österreichischen Fall dürfte weniger ein starkes politisches Interesse als vielmehr die ausgedehnte Praxis der Patronage gewesen sein, die in denjenigen Ländern von größerer Bedeutung ist, wo viele Ämter zu vergeben sind und eine Proporzdemokratie besteht“ (Müller 1994: 65). Allerdings stellt Scarrow in ihren Ausführungen, hinsichtlich Mitgliederentwicklung bei Parteien, einen Abwärtstrend fest. Dieses Szenario gilt nicht nur allein für Österreich, sondern trifft allgemein auf den gesamten OECD-Bereich zu (vgl. Scarrow 2000: 88f). „Die Rolle der Politik und damit der Parteien für die Verwirklichung individueller Lebensziele verlor an Bedeutung; gleichzeitig wuchsen die Ansprüche hinsichtlich politischer Partizipation, die in den bürokratisierten Parteien zu wünschen übrig ließ“ (Fallend 2005: 193). 5. Österreichische Volkspartei Seite 48

Daher reduzierte sich die Anzahl der Parteimitglieder im Zeitverlauf: Deklarierten sich im Jahr 1954 nach 28 Prozent der befragten Personen als ein Parteimitglied, kam es bis ins Jahr 2001 fast zu einer Halbierung dieser Zahl – konkret waren es nur mehr 15 Prozent, die sich als Parteimitglied bekannten (vgl. Ulram 2002: 88). Trotzdem kann sowohl die SPÖ als auch die ÖVP nach wie vor als eine Mitgliederpartei eingestuft werden. Unter Berücksichtung von Doppelmitgliedschaften hatte die ÖVP im Jahr 2003 ungefähr 1.063.137 Mitglieder. Werden die Doppelmitgliedschaften abgezogen, wird die Zahl der Mitglieder ca. 600.000 betragen (vgl. Fallend 2005: 192). „Eine Erhöhung des Mitgliederstandes dürfte allerdings nicht mehr primäres Ziel sein, wie auch daraus erschlossen werden kann, dass die Mitgliederstände der Landesorganisationen 1999 nur mehr teilweise, 2003 überhaupt nicht mehr, in den Berichten an den Bundesparteitag ausgewiesen wurden“ (Fallend 2005: 192).

Generell ist bei den österreichischen Parteimitgliedern eine loyal-passive Beobachterrolle vorherrschend: Lediglich ein Viertel von ihnen lässt sich zu der Gruppe der Parteiaktivisten hinzuzählen, die bei Wahlveranstaltungen aktive Überzeugungsarbeit für die Volkspartei leisten (vgl. Plasser/Ulram 2002: 95). Eine Umfrage belegt dieses Verhalten: Müller schreibt, dass bereits 1976 48 Prozent und knapp zwanzig Jahre später 1993 sogar 62 Prozent unter den ÖVP Mitgliedern nie für die Partei aktiv geworden sind. (vgl. Müller 1995: 190) Hierbei ist zu erwähnen, dass im Zuge des in den 1950er und 1960er Jahren festzustellenden Wandels von Massenparteien hin zu Volksparteien, den Parteimitgliedern im Allgemeinen heute nur mehr niedrige Einflussmöglichkeiten innerhalb der Parteiorganisation beigemessen werden kann. War es ihnen früher noch möglich, in gewisser Weise bei Parteitagen die Formulierung von Programm und Ausrichtung bei politischen Positionen ein Stück weit mitzubestimmen, ist dies heute alleinige Aufgabe des Parteivorstands (vgl. Katz/Mair 1995: 6ff). Strøm und Müller erklären auch, weshalb die Bedeutung der Parteimitglieder im Laufe der letzten Jahre immer mehr abgenommen hat: Gewöhnlich distanzieren sich Parteiführungen von einer weitgehenden Dezentralisierung politischer Entscheidungen und sind diesen gegenüber skeptisch ausgerichtet, da die Partei dadurch beispielsweise mit unattraktiven Wahlprogrammen oder schwierigen Kandidaten beeinträchtigt und in ihrem Handlungsspielraum eingeschränkt werden könnte (vgl. Strom/Müller 1999: 17).

5. Österreichische Volkspartei Seite 49

„Allerdings wird der Parteitag als reines Akklamationsorgan gesehen, das seit einer Parteireform 1991 ohnehin nur noch alle vier Jahre zusammentritt, so dass er selten traditionelle Entscheidungsstrukturen durch eigene Reformvorschläge zu durchbrechen vermag“ (Wagner 2014: 301). Zugleich kam es im Zuge der Parteireform im Jahr 1991 zu einer Reduzierung der Mitgliederzahl im Parteivorstand und Parteipräsidium, um die Entscheidungsfähigkeit zu optimieren (vgl. Müller 1997: 268f).

Vorrangiges Ziel der umgesetzten Reformen war es in erster Linie, die Effizienz der Partei zu erhöhen, um bei den nächsten Wahlen Stimmen zu gewinnen und dadurch neue Ämter besetzen zu können (vgl. Fallend 2005: 193). „Demgegenüber können die Versuche der ÖVP, die Parteimitglieder über eine Urabstimmung und über Vorwahlen zu mobilisieren, unter dem Aspekt des Ziels der Vergrößerung der innerparteilichen Demokratie betrachtet werden“ (Fallend 2005: 193). Als erste österreichische Partei vollzog die ÖVP im Jahr 1980 eine Urabstimmung. Im Rahmen dieser Urabstimmung wurden 836.475 Stimmzettel ausgegeben und mehr als die Hälfte (56,5 Prozent) oder 472.519 Stimmzettel wieder eingesammelt. Das Ergebnis dieser Urabstimmung offenbarte, dass 79,7 Prozent der Teilnehmer/innen sich für einen Fortbestand der Bünde ausgesprochen hatten und deren Abschaffung ablehnten. Offensichtlich war, dass sich die Mitglieder primär ihren Bünden verpflichtet sahen (vgl. Fallend 2005: 193). Hinzu kam, dass sich aufgrund dieser Urabstimmung die Kontroverse innerhalb der Partei erhöhte und die Reputation nicht vorantrieb sowie das Ausmaß bei nach außen gerichteten Aktivitäten der Parteimitglieder nicht steigerte (vgl. Müller/Plasser/Ulram 1999: 217f).

„Um die Widersprüche zwischen einem gewünschten Ausbau der Beteiligung ihrer Anhänger und dem wachsenden Unbehagen mit der österreichischen Parteipolitik und ihren Akteuren entgegenzutreten, versuchte die ÖVP in dem begrenzten Spielraum traditioneller Macht- und Organisationsstrukturen bereits früh, eine moderne Vorreiterrolle im Parteiengefüge Österreichs einzunehmen“ (Wagner 2014: 302). Bereits Josef Klaus, der einzige ÖVP- Bundeskanzler mit absoluter Mehrheit in der Geschichte der Österreichischen Volkspartei, suchte den Gedankenaustausch mit Experten/innen und Wissenschaftlern/innen. Unter Alois Mock gelang es, einen Journalisten als Parteisprecher zu engagieren, PR- und Medienberater zurate zu ziehen und in bis dahin unbekanntem Ausmaß Aufträge an Werbeagenturen zu vergeben (vgl. Müller/Plasser/Ulram 1999: 217). 5. Österreichische Volkspartei Seite 50

Indes blieb eine umfassende Restrukturierung der Parteiorganisation im Zuge der zunehmenden Professionalisierung jedoch aus (vgl. Fallend 2005: 201). Grundsätzlich war die Partei aufgeschlossen für Neuerungen: So begeisterte sich die ÖVP für eine strategische und politische Planung, interessierte sich für neue Möglichkeiten der Umfrageforschung und investierte in eine neue sowie verbesserte technische Ausstattung der Parteizentrale (vgl. Lederer 2007: 45f). Eine konsequente Neuordnung der innerparteilichen Willensbildung konnte allerdings nicht umgesetzt werden (vgl. Wagner 2014: 303).

Nur bei der Bundespartei erfolgte eine Verlagerung der Strukturentscheidungen nach außen hin, da die Kommissionen seit jeher als Mittel der friedlichen Konfliktbeilegung auftraten (vgl. Neuwirth/Stuhlpfarrer 2011). Müller, Plasser und Ulram schreiben, dass diese Alternative nicht für die Bünde in Frage kam, da die Bünde ansonsten um ihren Autonomiestatus zittern mussten sowie eine Zentralisierung der Beschlüsse befürchteten (vgl. Müller/Plasser/Ulram 1999: 217). Lauber und Gottweis merken an, dass die Sorgen der Bünde durchaus berechtigt waren: Schon im Zuge der Parteigründung und später im Laufe der Parteireformen in den 1960er und 1970er Jahren wurde versucht, die Macht der Bünde einzuschränken und sich auf die neuen, veränderten Umweltbedingungen einzustellen (vgl. Gottweis/Lauber 2006: 350). Vor allem Josef Taus wollte nach der Wahlniederlage bei der Nationalratswahl im Jahr 1979 mithilfe eines Reformkatalogs die Zurückstufung der Bünde vorantreiben und durchführen. Weiters versuchte er durch eine Verkleinerung der Führungsgremien die Zentralisierung und Kontrolle jeder einzelnen Teilorganisation zu bewerkstelligen (vgl. Plasser 1995: 569). Trotzdem änderte sich nichts an der Situation: bis weit in die 1980er Jahre wahrten die Bünde ihre Machtposition. Gerade bei Personalentscheidungen in den Parteigremien oder bei möglichen Kandidaturen von Nationalratsabgeordneten verfügen die Teilorganisationen der Partei nach wie vor über sehr viel Macht und haben einen hohen Stellenwert (vgl. Nick 1984: 118f).

5.1.3. Parteiorganisation der ÖVP Fazit Viele Parteienforscher teilen mittlerweile die Ansicht, dass es sich bei der ÖVP um eine Partei handelt, die sich - strukturell betrachtet - überlebt hat. Dennoch kann festgestellt werden, dass sich die Österreichische Volkspartei auf der Grundlage der Gegebenheiten 5. Österreichische Volkspartei Seite 51 eine eigene Überlebensstrategie entwickelt hat (vgl. Karlhofer 2011): „Inmitten der zunehmenden Säkularisierung und der Individualisierung der Lebenswelten herrschte durch die gesellschaftliche Verankerung der Bünde zumindest ein langfristiges Konzept, um den parteiinternen Zusammenhalt immer wieder zu generieren und die gesellschaftlichen Bande zu unterhalten“ (Wagner 2014: 314). Die Vorstöße der einzelnen Teilorganisationen der ÖVP, mit dem Zweck, die Machtstellung des Parteiobmanns zu begrenzen/einzuschränken und zu untergraben, um im Gegenzug die eigene Stellung zu erhöhen, waren zumeist ein Anlass, den Einfluss der Bünde zu reduzieren (vgl. Wagner 2014: 314).

Allerdings lässt sich eine (notwendige) fundamentale Reform äußerst schwierig umsetzen, da die Bünde innerhalb der Partei historisch tief verwurzelt sind. Dietmar Halper, Direktor der Politischen Akademie der ÖVP, bezeichnet die Bünde sogar als „unantastbare DNA der Partei“ (Weisgram 2011). Vorrangiges Ziel jeder Teilorganisation ist eine gute eigene Ausgangsposition innerhalb der Partei des Ausgleichs zu besitzen, um hinsichtlich Personal- und Sachentscheidungen gegenüber den anderen Bünden im Vorteil zu sein. Auftretende Minderheitenpositionen eines Bundes gegenüber den Anderen enden in machtgierigen Kämpfen um die Vormachtstellung und haben konstant ein Scheitern friedlicher Konfliktlösungen zur Folge (vgl. Weisgram 2011).

Lange Zeit wurde die Situation im Lager der ÖVP die vermehrten Verluste von Anhängern sowie die zunehmende Veränderung betreffend, falsch eingestuft und gedacht, dass nur die SPÖ davon betroffen sei und die eigene Partei nicht. Der Anreiz, die Macht der Bünde einzudämmen, blieb daher bereits im Ansatz stecken. Immerhin schafften es die beiden Bundesparteiobmänner Alois Mock und Erhard Busek in ihrer Amtszeit diese Missstände aufzuzeigen und die Bundespartei strukturell gegenüber den sechs Teilorganisationen der Partei sowie den Landesparteien zu festigen (vgl. Busek 1991: 19).

Enttäuschende Wahlresultate bzw. Zeiten in der Opposition waren schließlich Anlass genug, dass ein Umdenken innerhalb der Partei einsetzte und zu einem Veränderungsbewusstsein führte. Diese Veränderungen wurden aber nur in unbedeutenden Politik- und Organisationsbereichen eingeführt (vgl. Busek 2005: 69).

5. Österreichische Volkspartei Seite 52

Die momentan triste Ausgangslage der Bundespartei sowie niedrige, aber stabile Wahlprognosen bewirken, dass die Dominanz und Macht der einzelnen Landeshauptmänner gegenüber der Bundespartei nicht geringer werden wird und die Möglichkeiten, umfangreiche (notwendige) Parteireformen durchzuführen, weitgehend ausbleiben werden. Aus Angst, Einfluss zu verlieren, wird eine Aufwertung der Bundespartei strikt abgelehnt. Zugegeben, die Bündestruktur kann in der heutigen Zeit als nicht mehr zeitgemäß eingeordnet werden, allerdings bilden die Bünde durch ihren Organisationsgrad das Grundgerüst der Bundes-ÖVP. Ohne die sechs Teilorganisationen wäre die Bundespartei nicht überlebensfähig (vgl. Wagner 2014: 315). „Die Macht des gegenwärtigen Bundesparteiobmanns zur Durchsetzung der geforderten Veränderungen, die über kommissionsgesteuerte Kandidatenvorwahlen oder beschränkte Internetangebote für Mitglieder hinausgehen, erscheint angesichts der dominanten Landesfürsten zusätzlichen Begrenzungen unterworfen“ (Wagner 2014: 315). Kohlmaier zieht folgende Schlussfolgerung: Die viel zitierte „Partei aus einem Guss“ (Kohlmaier 1999: 23) ohne die Autorität und Macht der Bünde wird daher ein kaum zu realisierendes Zukunftsprojekt bleiben.

5.2. Politische Programme der ÖVP Nachfolgend werden nun die wesentlichen Reformen und Standpunkte der Österreichischen Volkspartei skizziert und vorgestellt.

Das ursprüngliche Bestreben der Gründungsväter der Österreichischen Volkspartei war es, eine neue bürgerlich-konservative, patriotische sowie soziale Partei basierend auf einem christlich-abendländischen Fundament, zu gründen. Im Gegensatz zu den Parteien während des Austrofaschismus sollte zu Beginn der Zweiten Republik der konfessionelle Hintergrund höchstens eine Leitlinie verkörpern. Schon bei den ersten programmatischen Leitsätzen wurde der Schwerpunkt auf die Bekundung zu Österreich, die eigene Unabhängigkeit von der katholischen Kirche wie auch Einsatz und Willen der Eingliederung der ganzen Bevölkerung festgelegt. Kurze Zeit nach ihrer Gründung trat innerhalb der Partei wie auch in den verbundenen Teilorganisationen stets eine Beunruhigung bezüglich eines programmatischen Organisations- bzw. Identitätsverlustes auf (vgl. Moser 2004: 33).

5. Österreichische Volkspartei Seite 53

Nach dem Bekenntnis zu einer sozialen Marktwirtschaft sowie dem Eintreten für eine christliche Soziallehre akzeptierte die Partei im Salzburger Programm von 1972 das Verlangen nach mehr Mitbestimmung. Die ÖVP definierte sich nun als eine Partei der fortschrittlichen Mitte, aufbauend auf den sechs christlich begründeten Werten Freiheit, Gleichheit, Leistung, Partnerschaft, Aufgabenteilung sowie Partizipation. Ziel dieses Programms war es, einen politischen Gegenentwurf zur regierenden SPÖ zu deklarieren (vgl. Kriechbaumer 2004: 114). Immerzu befanden sich die programmatischen Standpunkte in einem Spannungsfeld zwischen liberalen, konservativen, anti-sozialistischen und auch nationalistischen Bewertungen, die speziell mit Blickrichtung FPÖ ein teilweise ähnliches liberal- konservatives Wählerspektrum absichern sollte (vgl. Wagner 2014: 240). Gleichermaßen hatte die Volkspartei gegen die dominante und erfolgreiche SPÖ einen schwierigen Stand, weil christdemokratische Gegenmodelle anstatt wirkungsmächtiger Impulse meist als verengte Forderung einer emeritierten Wirtschaftspartei bezeichnet wurden (vgl. Ortner 2010).

Sehr oft herrschte in der österreichischen Bevölkerung Unklarheit über die programmatischen Überlegungen der Partei: Etwa 47 Prozent der Österreicher/innen kannten 2012 die inhaltlichen Standpunkte und Vorstellungen der Partei nicht (vgl. Seidl 2012b). Die ÖVP hatte stets die Ambition als Reformpartei ein Ausgleich/ eine Alternative zur sozialdemokratisch dominierten Sozialpartnerschaft zu sein und im Hinblick auf den gesellschaftlichen Wandel die notwendige Neuerung umzusetzen/voranzutreiben. Daher bemühte sich die Partei bereits in der Nachkriegszeit überwiegend fortschrittliche Vorkehrungen einzuleiten und dementsprechende Kampagnen zu betreiben (vgl. Wagner 2014: 240).

„Bislang konnte die Österreichische Volkspartei stets dann Erfolge vorweisen, wenn sie die konträren Positionen der Parteiflügel zu versöhnen imstande war, indem die verabschiedeten Programminhalte die Kontrahenten thematisch einbanden und so eine Art Klammerwirkung innerhalb der Partei entfalteten“ (Wagner 2014: 255). Solche Klammerwirkungen wurden beispielsweise kurzfristig durch die Programme der Ökosozialen Marktwirtschaft von Josef Riegler Anfang der 1990er Jahre wie auch unter Wolfgang Schüssels liberalem-marktorientiertem Kommunitarismus erzeugt. Es gelang dabei, einerseits die verschiedenen Interessen der einzelnen Teilorganisationen und 5. Österreichische Volkspartei Seite 54

Landesparteiorganisationen zu berücksichtigen und zum anderen auch die Belange der Kernwählerschaft zu erfüllen. Diese Maßnahmen hatten zur Folge, dass die Kritik aus den eigenen Reihen an der Führungsspitze der Partei ausblieb (vgl. Wagner 2014: 255).

Generell war es ein schwieriges und mühsames Unterfangen für die Österreichische Volkspartei inhaltliche Neuerungen umzusetzen und durchzuführen. Abgesehen von der innerparteilichen Konfliktstruktur, konnte der eigene Handlungsspielraum aufgrund des meistens größeren sozialdemokratischen Regierungspartners als begrenzt eingestuft werden. Hinzu kam, dass programmatische Neuausrichtungen immer abhängig von reformbereiten Parteieliten bzw. Spitzenkandidaten/innen waren, welchen es speziell in Zeiten der Opposition an Opportunitäten zur langfristigen Verteidigung ihrer Vorhaben fehlte (vgl. Seidl 2011). Demzufolge verengte die Partei auf der programmatischen Ebene zunehmend (vgl. John 2011). Die Parteispitze legte den Fokus verstärkt entweder auf wenig riskante Konsensthemen oder bevorzugte die Projekte von Einzelnen, die zur Profilierung einspringen mussten – wie beispielsweise die Transparenzdatenbank von Josef Pröll (vgl. Müller 2011). Als offensichtlicher Nachteil parteipolitischer Profilierung zählt das IMAS International die hauptsächliche Konzentration auf wirtschafts- und arbeitsmarktpolitische Angelegenheiten bis in die Gegenwart auf (vgl. IMAS International 2013: 4).

Hinsichtlich ihrer angestrebten Reformen/ Initiativen agierte die ÖVP durchaus berechnend: So setzte sich die ÖVP anlässlich des vermehrten Erfolgs der Grünen mit der ökosozialen Marktwirtschaft ebenfalls für diese Form ein oder repräsentierte aufgrund liberalem Aufwinds das marktorientierte Wirtschaftsmodell von Wolfgang Schüssel. Trotz all dieser Maßnahmen schaffte es die ÖVP nicht, ihre traditionellen Werte und Konzepte wie Familie, Leistung sowie auch die verpflichtende Haushaltssanierung bei der wahlberechtigten Bevölkerung so zu verinnerlichen, als es der sozialdemokratischen Partei mit ihren Themen wie etwa der Bildungsgesellschaft, der Familiengerechtigkeit und der sozialen Gerechtigkeit gelang (vgl. Wagner 2014: 256).

Obendrein verursachte die Vorgabe, bei inhaltlichen Erneuerungen traditionelle Grundsätze lediglich zu modernisieren ohne das christdemokratische Erbe zu missachten, nicht nur für Kritik und Ablehnung beim unzufriedenen Reformflügel. Waren den reformwilligen Anhängern/innen die vorgebrachten Vorschläge zu wenig und wurde 5. Österreichische Volkspartei Seite 55 speziell vom Flügel des Wirtschaftsbundes die Drohung einer Parteineugründung in Erwägung gezogen, beharrte die katholisch-konservative Sektion der Partei vorwiegend auf die traditionellen Werte, die aus ihrer Sicht nicht ignoriert werden durften (vgl. Wagner 2014: 256). Primär neue Obmänner hatten es schwer: Zumeist entschieden sie sich dafür, unverbindliche und generell zustimmfähige Themen umzusetzen. Die Zweifelhaftigkeit der eigenen Meinung wurde dabei einzig von vorab festgelegten Ablehnungen bei der Einführung der Gesamtschule oder der Homoehe ausgesetzt, unbeachtet von Einigungsmöglichkeiten exakte Pläne aufzudecken. (vgl. Hajek 2011)

Schlussfolgernd kann festgestellt werden, dass in Österreich bis jetzt eine erfolgreiche Konzeption volksparteilicher/ christdemokratischer Programmatik lediglich durch ein, die Fraktionen verbindendes, Programm oder durch konfliktlose, unpräzise Skizzierungen und Rahmenvorschläge funktionierte. Die unbestimmten (Programm)Angebote sollten besonders zur Beruhigung der Parteiführung und der eigenen Anhängerschaft beitragen. Einzig die visionenhaften, alle Sektionen vereinigenden Vorhaben von Josef Riegler oder Wolfgang Schüssel erzeugten eine bestimmte Anziehungskraft über die eigene Anhängerschaft hinaus. (vgl. Wagner 2014: 256)

5.2.1. Der ideologische Konsens - Entstehung Pelinka definiert die traditionellen österreichischen Parteien zum Zeitpunkt ihrer Gründung als klassische Weltanschauungsparteien bzw. Klassenparteien. Aufgrund ihrer fragmentierten Konfliktlinien bestanden diese Parteien nur auf einem Vertretungsanspruch und bezogen sich daher lediglich auf eine bestimmte „Klasse“ der Bevölkerung, aber nicht auf die gesamte österreichische Bevölkerung. Er zeigt in seinen Ausführungen drei Widersprüche auf, die in der Gesellschaft vorherrschend waren: - der soziale Widerspruch - der nationale Widerspruch - der religiöse Widerspruch. (vgl. Pelinka 1988: 36f) Der soziale Widerspruch konnte primär zwischen dem auftretenden Bürgertum und der Arbeiterklasse festgestellt werden. Konflikte in Bezug auf deutsche Dominanz und nichtdeutschen Einwänden charakterisiert Pelinka als nationale Widersprüche. Der religiöse Widerspruch zeigte sich in Konflikten zwischen dem politischen Katholizismus 5. Österreichische Volkspartei Seite 56 und den säkularen Tendenzen. Die konfessionelle Konfliktlinie wurde durch die christlich- soziale Partei widergespiegelt. Jene Gruppen der Bevölkerung, die sich mit dieser Weltanschauung nicht identifizieren konnten, wurden vom Programm der Christlichsozialen Partei ausgeschlossen (vgl. Pelinka 1988: 40f).

5.2.2. Der „Neubeginn“ – Entideologisierung Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs entschieden sich die Gründungsväter der Österreichischen Volkspartei auf das ideologische Erbe der Vorgängerpartei aus der ersten Republik zu verzichten und für einen ideologischen Neuanfang. Die Partei bezeichnete sich als neue soziale und wirtschaftliche Integrationsparte (vgl. Karner 2005: 27). „Die ÖVP wurde als freie Partei in einem freien Staat gesehen, aber natürlich als Partei auf der Grundlage eines Wertesystems, das zum Teil aus der katholischen Soziallehre übernommen wurde. Ausgesprochen wurde dies aber nicht, im ersten Programm 1945 fehlten alle diese Bezüge in auffallender Weise“ (Khol/Lopatka/Molterer 2005: 9).

Die grundsätzliche Abgrenzung zur Christlichsozialen Partei und deren ideologischer Grundeinstellung war auch in den ersten Programmen der ÖVP ersichtlich. Khol, Lopatka und Molterer merken an, dass in den ersten Jahren nach der Gründung der ÖVP, die SPÖ mit einem umfangreichen, ideologisch ausgeprägten Grundsatzprogramm der Volkspartei, die ihrerseits bis dahin einzig programmatische Leitsätze formuliert hatte, überlegen war (vgl. Khol/Lopatka/Molterer 2005: 13).

Ein erster Schritt in Richtung Volkspartei gelang der ÖVP dadurch, dass sie sich der starken Bindung kirchlicher Einrichtungen entzog und sich als Partei für das Gesamtinteresse deklarierte (vgl. Prisching 1988: 529). „Die Gleichsetzung dieses Gesamtinteresses mit einem spezifischen Klassen- und Weltanschauungsinteresse wurde immer mehr zurückgenommen, die Bezüge auf die sozialen und konfessionellen Konfliktlinien wurden immer schwächer“ (Pelinka 1988: 42). Dieser Aspekt kann auch sehr gut in ihren Wahlprogrammen nachgelesen werden: wie beispielsweise dem Klagenfurter Manifest aus dem Jahr 1964: Hier wurde geschrieben, dass sich die Österreichische Volkspartei als eine politische Vereinigung aller Österreicher/innen betrachtet, welche sich „zur Ordnung der Gesellschaft auf der 5. Österreichische Volkspartei Seite 57

Grundlage der solidarischen Verbundenheit aller Bevölkerungsschichten bekennen“ (Kadan/Pelinka 1979: 135). Horner merkt an, dass allgemein ein Wandel bei den österreichischen Parteien und ihren Programmen in der zweiten Republik stattgefunden hat. Klare, programmatische Aussagen basierend auf der Ideologie der Partei wurden durch pluralistische Parteiprogramme ersetzt (vgl. Horner 1987: 271f). War die Österreichische Volkspartei kurz nach ihrer Gründung 1945 aufgrund ihrer katholischen Sozialethik noch links der politischen Mitte einzustufen, verlagerte sich diese Einordnung in der auftretenden Wirtschaftswunderzeit von links nach rechts. Da die ÖVP die Befürchtung hatte, Teile ihrer Wählerschaft an den neuen im Aufschwung befindenden Verband der Unabhängigen (VDU) abgeben zu müssen, entschied sie sich mit diesem Schritt nach rechts, auch dieses Wählerpublikum anzusprechen (vgl. Chorherr 2005: 31). Chorherr verweist hierzu auf eine Aussage des ehemaligen Bundeskanzlers Julius Raab: „Die Wende kam, als es darum ging, die VdU- Wähler/innen zu inhalieren“ (Chorherr 2005: 32). Da die katholische Soziallehre immer mehr an Bedeutung innerhalb der Partei verlor und zurückgestuft wurde, vollzog sich schließlich der Wandel von der linken Mitte zur rechten Mitte (vgl. Chorherr 2005: 32). Die alten Parteipositionen wurden aufgrund der ökonomischen und politischen Veränderung der ideologischen Ausrichtung der Partei zurückgedrängt. Faktoren wie auftretende Wachstumsprobleme in der Wirtschaft Ende der 1950er Jahre, tiefgreifender sozioökonomischer Wandel und vermehrte Eigensinnigkeit der beiden Koalitionsparteien zwangen die ÖVP zu einer ideologischen Neuorientierung (vgl. Müller 2006: 354f).

Die ersten Grundsatzprogramme der ÖVP definierten sich als ein Wahlprogramm ohne ideologische Grundlage, jedoch war das 1958 verfasste Grundsatzprogramm „Was wir wollen“ bereits ausführlicher und präziser formuliert als das 1952 entstandene Grundsatzprogramm „Alles für Österreich“. In beiden Programmen waren lediglich Grundsätze, welche die Partei verfolgte, angeführt. Ähnlich verhält es sich mit dem 1965 entworfenen Klagenfurter Manifest. Auch dieses Programm wird in der Literatur mehr als ein Wahlaufruf denn als ein richtiges, ausformuliertes Grundsatzprogramm bezeichnet (vgl. Khol/Lopatka/Molterer 2005: 13f). „So waren all diese Programme ein tastendes Suchen, waren weniger Grundsatz-, sondern Aktions- und fast immer Wahlprogramm zugleich und inhaltlich nicht flächendeckend“ (Khol/Lopatka/Molterer 2005: 14).

5. Österreichische Volkspartei Seite 58

Jedoch schreiben Khol, Lopatka und Molterer auch, dass die ÖVP überhaupt keine Grundsatzprogramme wie auch keine Ideologie benötigt, da die existierenden Aktions- und Wahlprogramme als die Programmatik der Partei angesehen werden können und sich die Partei mittels ihrer Regierungstätigkeit kennzeichnet. Als die ÖVP im Jahr 1970 von der Regierungsbank auf die Oppositionsbank wechseln musste, wurde das Verlangen nach einem eindeutigen, ausführlichen Programm laut. 1972 entstand das Salzburger Programm, welches über 20 Jahre hinweg die Grundlage der Partei bilden sollte. Vorgebracht in Diskussionen, inhaltlich anschaulich präsentiert, entwickelte sich dieses Programm zum Maßstab für die Politik (vgl. Khol/Lopatka/Molterer 2005: 14). Im neuen Parteiprogramm der Österreichischen Volkspartei charakterisierte sich die Partei als „party of the progressive centre, and of social integration, uniting different groups“ (Horner 1987: 272).

SPÖ

ÖVP

FPÖ

Abbildung 8: Einordnung der Parteien (links- rechts Dimension); Quelle: Ideology, Strategy and Party Change (1987)

Wie in der obigen Grafik von Horner ersichtlich, positionierte sich die ÖVP im Jahr 1970 in der politischen Mitte. Abgesehen von einer kurzen Ausnahme, wo die Partei kurz einen Ruck nach rechts einlegte, behielt die ÖVP ihre Position bis ins Jahr 1978 bei. Auffallend ist die konträre Position der beiden Großparteien bis ins Jahr 1966. Hier lag die Ausrichtung der ÖVP weiter links als bei der SPÖ. Danach entfernten sich die beiden Parteien in ihrer politischen Dimension wieder voneinander, wobei der Abstand in den Jahren 1970 – 1978 gleich geblieben ist. 5. Österreichische Volkspartei Seite 59

„Die Programme der österreichischen Parteien mit Beginn der 1970er wurden aber weniger mit weltanschaulichen bzw. ideologischen, als mit technokratischen Argumenten verkauft“ (Holzinger 2012: 24). Prisching beschreibt diese Phase der Programme als jene Zeit, in der die Parteien weniger Stellenwert auf die Ideologie legten, sondern mit rationaler Optimierungsrechnung agierten. Zu erwähnen ist aber weiters, dass sich die Positionierungen links gegen rechts, ländlich gegen progressiv, liberal gegen konservativ und sozialistisch gegen religiös nicht abgeschafft hatten. Vielmehr konnte es vorkommen, dass sich konträre Ansichten in eigenartigen Kombinationen darstellten (vgl. Prisching 2005: 229f).

Aiginger zeigt den Nutzen von Parteiprogrammen auf: - Absichten der Partei für Insider, Outsider und Hoffnungsgruppen deklarieren - Verlagerung der Entscheidung aus dem emotionalen Bereich in den rationalen Bereich - Motivation und Stärkung der Loyalität von Parteifunktionären (vgl. Aiginger 1985: 95).

Zudem stuft Aiginger die ÖVP als eine Partei ein, die der Programmarbeit einen niedrigen Stellenwert zuschreibt, da deren Handlungen zumeist nicht auf die Grundsatzprogramme zurückzuführen sind (vgl. Aiginger 1985: 95). Pelinka bestätigt diese Annahme von Aiginger insofern, da er schreibt, dass jedes Grundsatzprogramm der ÖVP seit der Gründung im Jahr 1945 oftmals mittels Wahl- und Regierungsprogrammen bzw. programmatischen Formulierungen erweitert und präzisiert wurde. Das primäre Ziel dieser Erweiterungen ist naheliegend: Strategische und taktische Ausrichtung der Partei hinsichtlich der Außenwahrnehmung im Kampf um Wählerstimmen. So können Grundsatzprogramme als Werbefunktion bzw. als Werkzeug zum Generieren von Wählerstimmen betrachtet werden (vgl. Pelinka 1985: 11ff). Beispielsweise wurde 1989 aufgrund der Befürchtung mögliche Wähler/innen zu verlieren, darauf verzichtet, programmatischen Umweltschutzbekenntnissen einen höheren Stellenwert beizumessen (vgl. Müller 2006: 357).

5. Österreichische Volkspartei Seite 60

5.2.3. Politisches Programm der ÖVP - Fazit Wie auf den vorigen Seiten ersichtlich, wird von mehreren Experten/innen der Programmarbeit der ÖVP ein überschaubarer Stellenwert zugerechnet. Stellvertretend können nochmals Aiginger und Pelinka angeführt werden. Beide erkennen, dass Grundsatzprogramme mehrmals mittels Wahl- und Regierungsprogrammen noch erweitert bzw. präzisiert wurden. Der Fokus liegt somit ganz klar auf der strategischen Ausrichtung der Partei. Eine ähnliche Ansicht teilen Daniel Dettling und Richard Schütze in einem Zeitungsartikel. Dabei äußern sie die Meinung, dass es der ÖVP an einem Masterplan fehlt. Zwar wird versucht mit allgemeinen – durchaus richtigen und wichtigen - Botschaften wie „Wirtschaft stärken, Familien entlasten, Haushalt konsolidieren und Bürokratie abbauen“ die Leute anzusprechen, jedoch fehlen konkreten Inhalte. Primäres Ziel sollte sein: Weg von einer Politik die „allen wohl- und niemanden wehtun“ (Dettling/ Schütze 2014) soll. Ein nachhaltiger Erfolg bei der Wählerschaft wird nur erreicht, wenn die drei „P“ der Politik aufeinandertreffen - nämlich Programm – Partei und Personal (vgl. Dettling/ Schütze 2014).

Neben Kritik an der derzeitigen Programmarbeit, präsentieren die beiden Autoren aber auch einen möglichen Lösungsansatz. Sie konstatieren zwei wesentliche Aspekte, welche die ÖVP verändern müsste: Es müsste anstelle dem Gegeneinander der Landesverbände und der Bünde ein parteiinterner Ideenwettbewerb werden aus dem sich auch ein neues attraktives Parteiprogramm entwickeln könnte. Dazu müssten den Botschaften überzeugende Inhalte hinzugefügt werden. Aus Partei, Programm und Personal sollte eine stimmige Verdichtung aus Denken, Handeln und Reden erfolgen (vgl. Dettling/ Schütze 2014).

5.3. Politische Führung der ÖVP Im nächsten Abschnitt dieser Arbeit wird versucht, einen Überblick über die politische Führung in der Partei zu geben. Hinsichtlich der Führung der Partei ergeben sich mehrere Fragen, die in diesem Kapitel beantwortet werden sollen: Sollte der Obmann/frau der Partei ein/e ausgelassene/r oder eher temperamentvolle/r Typ sein, um die Führungsposition innerhalb der Partei gegenüber den Widersachern erfolgreich behaupten 5. Österreichische Volkspartei Seite 61 zu können? Welcher politische Führungsstil eignet sich am besten, um an der Spitze der Partei bestehen zu können? Antworten auf diese gestellten Fragen gilt es in den nächsten Seiten der Arbeit zu erarbeiten und aufzuzeigen.

„Die ÖVP läuft Gefahr, dass der Parteiobmann zum Ehrenvorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Landesparteichefs verkommt“ (John 2010) – Erhard Busek, ehemaliger Bundesparteivorsitzender. Jene Aussage von Erhard Busek aus dem Jahr 2010 beschreibt äußerst treffend das politische (Führungs)Dilemma in der Österreichischen Volkspartei. Bereits seit ihrer Gründung beschäftigt die Partei dieses Problem: Die Führungsspitze der Partei befindet sich zwischen mehreren starken Machtzentren und wird mit Konflikten zwischen diesen unterschiedlichen Ebenen konfrontiert (vgl. Wagner 2014: 143). Der Föderalismus in der österreichischen Republik bestehend aus den neun Bundesländern und 83 Bezirken kennzeichnet auch den föderalen Aufbau der Österreichischen Volkspartei. Vor allem in den Bundesländern Vorarlberg, Ober- und Niederösterreich entstanden im Lauf der Zweiten Republik und aufgrund langer, uneingeschränkter Regierungsperioden mit den Landeshauptleuten starke Vetomächte. Dabei gilt es zu erwähnen, dass vielfach die mächtigen Landeshauptleute ihre Autorität dank einer Distanzierung gegenüber der Bundes-ÖVP besitzen (vgl. Fallend 2005: 198).

Eklatante Wahlniederlagen der Bundespartei, insbesondere in den 1980er und 1990er Jahren, hatten ein innerparteiliches Ungleichgewicht bzw. Übergewicht mit Vorteilen der Landesparteiorganisationen zur Folge (vgl. Wagner 2014: 143). Vielfach versagten die selbstbewussten Landesparteien der (angeschlagenen) Bundespartei bei Forderungen die Gefolgschaft, ängstigten die Bundespartei mit Abspaltungsplänen (vgl. Dachs 2003: 109), behielten Einnahmen zurück (vgl. Lahodynsky 2010) oder verweigerten die Unterstützung im Wahlkampf bei Nationalratswahlen (vgl. O.V. 2011a). Die größer werdende Unabhängigkeit wird auch bei den öffentlichen Auftritten der Landesparteien augenscheinlich. Die Parteibezeichnung wie auch das Parteilogo und der fehlende Bezug zur Bundespartei belegen diese Entwicklung. (vgl. Österreichische Volkspartei 2016) Die nachfolgende Grafik belegt diesen Verlauf.

5. Österreichische Volkspartei Seite 62

Abbildung 9: Landesparteiorganisationen der ÖVP; Quelle: https://www.oevp.at/die-partei/Oevp- Familie.psp?ref=m1 (Zugriff: 08.08.2016)

Der österreichische Föderalismus gewährt den jeweiligen Landeshauptleuten eine verhältnismäßig hohe Selbstbestimmung, insbesondere gegenüber der Bundespartei. Beispielsweise stammte von 1960 bis 2004 bei Wahlen in sechs von neun Bundesländern der Landeshauptmann durchgehend von der gleichen Partei (vgl. Pelinka 1998: 222). Ersichtlich wird die Macht der Landesparteiorganisationen auch bei eingehender Begutachtung der Bundesgremien (vgl. Nowak 2011): Im Bundesparteivorstand, welcher unter anderem auch für die Nominierung des Parteiobmanns und somit des Spitzenkandidaten zuständig ist, sitzen neben den Mitgliedern der Bundesregierung und den Obleuten der sechs Teilorganisationen auch noch die neun Landesparteiobleute. Es ist daher anzunehmen, dass sich schon aus statuarischer Betrachtungsweise her eine Abstimmung zuwider der Interessen der Landesparteiobleute kaum umsetzen lässt (vgl. Weißensteiner 2010). Beispielsweise forderte der damalige Obmann der Bundespartei und Vizekanzler Michael Spindelegger 2012 ein Durchgriffsrecht in Personalfragen bei Verstößen gegen den parteieigenen Verhaltenskodex, welches von den Ländern aber abgelehnt und daher nicht eingeführt wurde (vgl. Ettinger 2012). Weiteres Konfliktpotential für innerparteiliche Konfrontationen – neben dem territorialen Aufbau – ergibt sich durch die bündische Gliederung der ÖVP.

5. Österreichische Volkspartei Seite 63

Wie schon oben angeführt und kurz beschrieben, sind die einzelnen Bünde: - der Österreichische Wirtschaftsbund (ÖWB), - der Österreichische Bauernbund (ÖBB), - der Österreichische Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund (ÖAAB), - die Junge Volkspartei (JVP) - die ÖVP- Frauen - der Österreichische Seniorenbund.

In der Literatur wird die Junge ÖVP, die eigentlich den politischen Nachwuchs der Partei darstellen sollte, trotz ihrer konstanten Mitgliederzahl von etwa 100.000 Mitgliedern infolge der drei großen, mächtigen Bünde als praktisch bedeutungslos angesehen (vgl. Hartmann 1995: 323). Dazu verweist Wagner auf Weber und Huber die feststellen: Formal zwar als selbstständige und selbstfinanzierte Institutionen aktiv, versuchen speziell die drei großen Bünde ÖWB, ÖBB, ÖAAB aufgrund ihrer hohen Mitgliederzahl in Bezug auf die Programm- und Personalentscheidungen bei der Bundespartei Einfluss zu nehmen und Druck auszuüben. Grund für die hohen Mitgliederzahlen der Bünde ist die lange Zeit nicht existierende Direktmitgliedschaft in der Partei. Eine Mitgliedschaft in der Partei war schon mittels Beitritt zu einer oder mehrer Teilorganisationen möglich (vgl. Wagner 2014: 146). Zwar wurde die Direktmitgliedschaft, um die Bundespartei zu stärken, Anfang der 1980er Jahre installiert (vgl. Beck/Robert/Schaller 2003: 179), aber reine ÖVP-Mitgliedschaften können immer noch als eine Ausnahme bezeichnet werden (vgl. Müller 2006: 349).

Um die eigenen Interessen erfolgreich lancieren zu können, die sich meistens von den Interessen der anderen Teilorganisationen unterschieden, bevorzugten die Teilorganisationen verstärkt einen umstrittenen Parteiobmann, dem die breite, innerparteiliche Rückendeckung fehlte (vgl. Sully 1991: 49). Kriechbaumer schreibt, dass diese Bündestruktur bei weitem nicht mehr den gesellschaftlichen und politischen Gegebenheiten entspricht, dennoch die Kandidatenauswahl eines möglichen Regierungsteams mittels einer Interaktion der Bünde durchgeführt wird (vgl. Kriechbaumer 1981: 145).

Thomas Seifert erwähnt in seinen Ausführungen noch ein weiteres, durchaus gängiges Rekrutierungsmuster bei der Suche nach Kandidaten für Spitzenpositionen innerhalb der Partei: Es zeigt sich, dass alle Generalsekretäre, Bundesparteiobmänner und Bundeskanzler 5. Österreichische Volkspartei Seite 64 bis ins Jahr 1970 Mitglieder des katholisch beeinflussten Österreichischen Cartellverbandes (OCV) waren (vgl. Seifert 1998: 17ff). Pelinka bestätigt diese Aussage von Seifert: die Mehrheit der Regierungsmannschaft bestand bis in die 1970er Jahre aus Mitgliedern dieses Dachverbands. Lange Zeit machte es den Eindruck, dass Mitglieder studentischer Verbindungen einen Vorsprung vor anderen Bewerbern hatten und diese Verbindungen als eine Form der Vorfeldorganisation der Partei betrachtet werden konnten (vgl. Pelinka 1970: 539). Auch heute ist dieses Auswahlverfahren noch üblich.

Dieses Auswahlverfahren, das auf einer proportionalen und aufeinander folgenden Präferenz der Bünde- und Verbändeinteressen ausgestaltet ist, wurde bereits mehrfach in Form von parteiinternen Analysen diskutiert. Etwa ergab eine im Auftrag der ÖVP erarbeitete Studie, dass das bestehende Rekrutierungsverfahren mangelhaften Aktionsradius für Innovationen beinhaltet. Gleichermaßen wurde die Geschlossenheit der Verbände, die einen Einstieg in das politische System für Quereinsteiger/innen beinahe unmöglich machen, kritisiert (vgl. Stirnemann 1993: 672). „Die Kritik an den Mechanismen spiegelt auch eine Umfrage des Metis-Institut von 2004 wider, nach der beinahe zwei Drittel der Befragten die Politiker/innen als Systemfehler bezeichnen“ (Wagner 2014: 149).

5.3.1. Die Zeit als Oppositionspartei unter Alois Mock und die Rückkehr auf die Regierungsbank „In den 1980er Jahren durchlebte die ÖVP bei der Rekrutierung der politischen Elite eine Phase der Konflikte und des Scheiterns, wenn es um das Erreichen des Ziels ging, die Sozialdemokraten auf Bundesebene zu überflügeln“ (Wagner 2014: 149). Nach 17 Jahren in der Opposition schaffte es die ÖVP, den Aufschwung aus dem gewonnenen Bundespräsidentenwahlkampf 1986 mitzunehmen und ab 1987 immerhin als Juniorpartner in einer großen Koalition in der Regierung mitzuwirken (vgl. Wagner 2014: 150). Der Eintritt in die Regierung als Partner der SPÖ hatte für die ÖVP mehrere Folgen: Wie schon weiter oben angemerkt, war das innerparteiliche Gleichgewicht bzw. die Zufriedenheit der Teilorganisationen nur mit einer Regierungsbeteiligung zu erreichen, in der die Bünde ihre Interessen umsetzen und einzelne Ämter besetzen konnten (vgl. Kriechbaumer 1995: 58). Alois Mock, der neue, jedoch von Anfang an umstrittene Parteichef, folgte auf Josef Taus, der die Vormachtstellung der SPÖ mit ihrem Spitzenkandidaten nicht 5. Österreichische Volkspartei Seite 65 brechen konnte, als Bundesparteiobmann (vgl. Wagner 2014: 150). Der neue Parteichef versuchte mit einer Parteireform die Macht der Bünde einzuschränken, indem er den Vorzug der Bundespartei vor den Bünden und Teilorganisation festlegte (vgl. Kriechbaumer 1995: 65).

Die Bestellung von Alois Mock als Parteiobmann wird in der Literatur als eine typische Kompromisslösung innerhalb der Partei bezeichnet: Bereits bei seinem Aufstieg ins Unterrichtsministerium als Minister profitierte Alois Mock von den Regeln des föderalen Proporzes. Ähnlich verhielt es sich, als er in das Amt des ÖAAB- Vorsitzenden gewählt wurde – auch hier galt Mock als Kompromisslösung. Bezeichnend ist, dass Mock weder ministerielle noch fachliche Erfahrung und Kompetenz sowie Kenntnis in der Führung höherer Ämter vorweisen hatte können (vgl. Eichtinger/Wohnout 2008: 35).

Ständig wiederkehrende Obmann-Debatten führten dazu, dass die innerparteiliche Harmonie verloren ging. Anfangs gelang es Mock noch, die entstandenen Gräben mittels staatsmännischer Profilierung zu überlagern. Nach einigen verlustreichen Landtagswahlen in Salzburg, Kärnten und Tirol, spitzte sich die sowieso schon angespannte Machtkonstellation innerhalb der Partei noch weiter zu. Der geschwächte Niederösterreich- Block um Alois Mock, Robert Lichal und Siegfried Ludwig wurde mit einer „Reformgruppe“ bestehend aus den Steirer und Wiener Landesverbänden konfrontiert. Umfangreiche personelle wie auch eine programmatische Erneuerung, um gerade im urbanen Raum neue Wählerschichten zu erreichen, waren die zentralen Forderungen der beiden Landesverbände (vgl. Kriechbaumer 1995: 72f). Der damalige steirische Landeshauptmann verlangte den Rücktritt Mocks von seinem Amt als Parteiobmann (vgl. Wachter 1994: 106). Wagner schreibt, dass Huber und Weber festhalten, dass Mock anfangs noch auf eine Fortsetzung seines Amtes bestand, gab den Forderungen allerdings später nach, da vor allem der steirische Landesverband mit einer Abspaltung nach CSU- Vorbild bei einer Wiederwahl von Mock als Obmann der Partei gedroht hatte (vgl. Wagner 2014: 152). „Die Pläne wurden erst durch das Einlenken Mocks aufgegeben, der nicht nur in diesem Fall die leidvolle Erfahrung durchleben musste, als Parteiobmann ein Spielball der Länderinteressen zu sein“ (Wagner 2014: 152).

Mitte der 1990er Jahre gelang es Mock, zu dieser Zeit bereits von einer Parkinsonkrankheit beeinträchtigt, seine Sympathiewerte zu steigern: Innerhalb weniger Jahre verdoppelte er 5. Österreichische Volkspartei Seite 66 seine Zustimmungswerte von 41 Prozent auf 82 Prozent. Seine offene Aufopferungsbereitschaft erzeugte eine offensichtliche Hemmschwelle auf der Seite seiner politischen Gegner und bewahrte ihn vor direkten Attacken. Erst im Spätherbst seiner politischen Laufbahn, nachdem sich bei Mock die begrenzten Machtbefugnisse von Partei- auf Regierungsämter verlagert hatten, erfuhr er von der ÖVP Wertschätzung als Politiker. Vielfach wurde er nun als brillierender Politiker und Aushängeschild der Partei bezeichnet. Dennoch scheiterten seine Bemühungen als Parteiobmann innerhalb der ÖVP die Dominanz und Machtposition der Bünde und Landesorganisationen einzuschränken und die Position der Bundespartei zu stärken (vgl. Wagner 2014: 152f).

5.3.2. Neuausrichtung unter Josef Riegler und Erhard Busek Nach dem Rückzug von Alois Mock aus der Partei drängten sich Fragen nach einer grundsätzlichen Neuausrichtung der ÖVP auf. Wissenschaftliche Studien, welche für die bevorstehende Nationalratswahl im Jahr 1990 eine herbe Niederlage für die Österreichische Volkspartei prophezeit hatten, trieben den Entschluss, einen neuen Obmann zu installieren, voran (vgl. Müller/Plasser/Ulram 1999: 232). Wie schon unter der Obmannschaft von Alois Mock, der damals als eine Kompromisslösung zwischen den konkurrierenden Bünden zum Obmann gewählt wurde, entwickelte sich auch dieses Mal ein ähnliches Szenario. Der traditionelle Bauernbund und der liberale Wirtschaftsbund konnten sich schließlich als Kompromisslösung auf Josef Riegler und dessen Konzept der Ökosozialen Marktwirtschaft einigen (vgl. Wagner 2014: 153). Es wurde aber schnell offensichtlich, dass sich der neue Obmann im rauen politischen Alltag nicht wohlfühlte und auf die innerparteilichen Attacken gegen ihn keine Antworten wusste (vgl. Wagner 2014: 153).

Bei der anstehenden Nationalratswahl im Oktober 1990 offenbarten sich die Schwächen des Obmannes deutlich: seine fehlende Ausstrahlung, wie auch das geringe Durchsetzungsvermögen bei Konflikten innerhalb der Partei waren maßgeblich für das schlechte Abschneiden bei dieser Wahl verantwortlich. Am Wahlabend bekam die ÖVP 32 Prozent aller Wählerstimmen und musste im Vergleich zur letzten Wahl einen Verlust von beinahe einem Viertel der Stimmen hinnehmen. Im direkten Vergleich zwischen den beiden Spitzenkandidaten war die Niederlage noch offensichtlicher: Der amtierende SPÖ- 5. Österreichische Volkspartei Seite 67

Kanzler Vranitzky lag in dieser Abstimmung etwa 50 Prozentpunkte vor dem ÖVP- Spitzenkandidaten Josef Riegler (vgl. Sommer/Plasser/Ulram 1991: 142).

Nachdem Riegler im Frühjahr 1991 verkündet hatte, beim anstehenden Parteitag nicht mehr als Kandidat anzutreten, entstand erneut eine öffentlich geführte Diskussion über vorhandene und fehlende Kompetenzen der möglichen Kandidaten. Es entwickelte sich eine Pattsituation – einerseits die Reformer und andererseits die traditionelle Sektion der ÖVP (vgl. Kriechbaumer 1995: 83). Die Fraktion der Niederösterreicher rund um Siegfried Ludwig und Robert Lichal sprachen sich für eine politisch neue Lösung aus und favorisierten den Quereinsteiger und früheren IBM-Manager Bernhard Görg für die Position des ÖVP-Obmanns. Demgegenüber versuchte die Landesorganisation der ÖVP Steiermark den Bundesminister für Wissenschaft und Forschung, Erhard Busek, zur Kandidatur zu überzeugen. Schlussendlich ließ sich Busek für die Wahl zum Obmann aufstellen, nachdem sich die Partei kurz vor der Zerreißprobe befand, da sich dieses Mal kein Konsenskandidat finden ließ. Bereits davor gab es einen Vorschlag von der Wahlkommission, der Busek als den ÖVP-Obmann und den Neueinsteiger Görg für ein Ministeramt präferierte (vgl. Wagner 2014: 155).

Mit den beiden Kandidaten Busek und Görg trafen bei der erstmalig durchgeführten Mitgliederabstimmung über den Vorsitzenden der Partei zwei parteigebundene, allerdings komplett unterschiedliche Charaktere aufeinander: Auf der einen Seite mit Görg ein Unternehmensberater, der eine Mitgliedschaft im Cartellverband vorweisen konnte und auf die Unterstützung Nieder- und Oberösterreichs sowie der Jugendorganisation hoffen durfte. Demgegenüber war die Aussicht für Busek, der bereits seit Mitte der 1960er Jahre als zweiter Klubsekretär für die ÖVP im Nationalrat arbeitete und in diesen knapp drei Jahrzehnten seiner Parteitätigkeit mehrere Konsensentscheidungen miterleben hatte müssen, als Sieger dieser Abstimmung hervorzugehen durchaus realistisch, denn Busek galt als Vertreter des Wirtschaftsbundes (vgl. Wagner 2014: 155). Der letzte Obmann, den der Wirtschaftsbund stellen durfte, war Hermann Withalm und dessen Amtsperiode lag schon wieder zwei Jahrzehnte zurück. Durch Busek konnte nun die lange Zeit des Wartens aus der Sicht des Wirtschaftsbundes auf einen neuen Obmann aus ihren Reihen beendet werden (vgl. Wagner 2014: 155). „Busek hatte bereits im Wien der 1970er Jahre Furore gemacht, als er die im Straucheln begriffene Landespartei im roten Wien völlig neu organisierte und der Partei trotz großer 5. Österreichische Volkspartei Seite 68

Widerstände ein urbanes Programm mit der Unterstützung alternativer Partizipationsformen, wie etwa Bürgerinitiativen, gegeben hatte“ (Wagner 2014: 156). Der Favorit (Busek) konnte sich schlussendlich gegen den Quereinsteiger (Görg) durchsetzen und wurde der neue Parteiobmann der ÖVP nach Josef Riegler. Im Jahr 1991 kam es zu einer Reform: Um die Entscheidungsfähigkeit nachhaltig zu optimieren, wurden die Parteiführungsorgane, wie etwa das Parteipräsidium und der Parteivorstand, verkleinert. Ziel war es, ein kleineres und flexibleres Führungsgremium aufzustellen (vgl. Müller 1997: 268f).

Das neue Parteipräsidium setzte sich zusammen aus: - dem Parteiobmann und seinem Stellvertreter - den Generalsekretären - dem Klubobmann - dem Nationalratspräsidenten der ÖVP - dem Ehrenobmann (vgl. Wagner 2014: 157).

Der Bundesparteivorstand bestand nur noch aus dem Obmann, dem Generalsekretär, den Landesparteiorganisationen, dem Nationalratsklub sowie dem Städte- und Gemeindebund. Außerdem wurde der Vorstand auf höchstens zehn Mitglieder reduziert und die Anzahl der Mitglieder der Bundesparteileitung auf 30 Mitglieder gesenkt. Erstmals wurde die Macht der Bünde augenscheinlich eingeschränkt, da bloße Mitglieder bei Teilorganisationen aufgrund des Verlustes des aktiven und passiven Wahlrechts von nun an kein Recht mehr auf eine Kandidatur hatten bzw. an keinen offiziellen Entschlüssen mitbestimmen konnten (vgl. Wagner 2014: 157f). Weiters verweist Wagner in seiner Analyse auf Zöchling, welche konstatiert, dass der neue Obmann obgleich seiner Offenheit, Intellektualität und Beweglichkeit in der österreichischen Bevölkerung deutlich unbeliebter als beispielsweise Alois Mock war. Zudem hält er fest, dass es Busek an innerparteilicher Rückendeckung mangelte, um die beiden Ämter – Parteichef und Spitzenkandidat – voneinander trennen zu können. Das maßgebliche Versprechen, die Volkspartei zu erneuern, dass sich viele Mitglieder durch die Wahl von Busek zum Obmann erhofft hatten, konnte er trotz einer ersichtlichen Aufbruchsstimmung nicht erfüllen (vgl. Wagner 2014: 158). Auer und Marschitz stellen sogar fest, dass sich die Kluft aufgrund von Kampfabstimmungen und entzweiender Bekenntnisse noch vergrößert hatte (vgl. Auer/Marschitz 1996: 167). 5. Österreichische Volkspartei Seite 69

Erhard Busek schaffte es auch als Bildungsminister im vierten Kabinett unter der Führung von Bundeskanzler nicht, das erhoffte Bild eines führungsstarken Obmanns wiederzugeben: Da die Regierungskoalition die verfassungsändernde Zwei- Drittel-Mehrheit verlor, ergaben sich für Busek obendrein nur wenige Gestaltungsmöglichkeiten im politischen Alltag (vgl. Wagner 2014: 162). „So kam es nicht überraschend, dass nicht nur die fortwährende Stellung als Juniorpartner einer SPÖ- geführten Regierung dem Verständnis der eigenen Stärke widersprach, auch die Debatten über das traditionelle Obmann-Morden, die die Partei überdies in Umfragen hinter die FPÖ zurückfallen ließen, spitzten die prekäre Situation für Busek weiter zu“ (Wagner 2014: 162). Unter diesen Voraussetzungen war es kaum vorstellbar, dass Busek beim nächsten Parteitag noch einmal das Vertrauen geschenkt bekommen würde und er noch einmal zum Obmann der Partei gewählt werden würde. Ebenso sprach auch die Zusammenkunft der Parteikommission, bestehend aus den Bünde- und Landesorganisationen, die die Kandidatenvorschläge erarbeiteten, unter der Leitung des Niederösterreichischen Busek- Gegners Erwin Pröll, gegen eine Wiederwahl von Erhard Busek (vgl. Fallend 2005: 193).

Als Ausweg aus der hoffnungslosen Situation empfahl Busek den Wirtschaftsbund- Gefährten Wolfgang Schüssel als seinen Nachfolger zum Parteiobmann, da dieser den eingeschlagenen urban-liberalen Weg zu einer Volkspartei der Mitte am ehesten fortzuführen gedachte. Dieser Vorschlag spaltete die Kritiker Buseks, zumal aus dem parteiinternen Meinungsvorschlag hervorging, dass mit Wolfgang Schüssel die Kombination von Programm und Person am erfolgreichsten blieb (vgl. Kriechbaumer 1995: 93f). Schließlich wurde Wolfgang Schüssel nach langer interner Diskussion auf dem Parteitag mit über 95 Prozent der Stimmen als Nachfolger von Erhard Busek zum neuen Bundesparteiobmann der ÖVP berufen (vgl. Wagner 2014: 162). Eine Wahl mittels Kampfabstimmung, wie es 1991 bei Busek der Fall war, wiederholte sich somit nicht. Künftig standen die Parteitage wieder im Zeichen der Inszenierung des neuen Obmanns wie auch der Optimierung der Ausgangsposition der neugewählten Personen (vgl. Ettinger 2011b).

5. Österreichische Volkspartei Seite 70

5.3.3. Impulse zur Wiederherstellung der ÖVP unter Wolfgang Schüssel Als bereits vierter ÖVP Spitzenkandidat bei Nationalratswahlen seit 1986 kandidierte der neue ÖVP Bundesparteiobmann Wolfgang Schüssel bei den kurzfristig angesetzten Neuwahlen im Jahr 1995. Da in den Verhandlungen über den Haushalt zwischen den beiden Parteien SPÖ und ÖVP keine Einigung erzielt werden konnte – die ÖVP scheiterte mit ihren Pläne bezüglich einer Strukturreform bei der Haushaltssanierung – waren die Neuwahlen unvermeidbar geworden (vgl. Dachs/Müller/Tálos 2006: 36). Wagner verweist auf Lackner, der in einem Artikel konstatiert, dass gute Umfrageergebnisse die ÖVP veranlasste von der alten „Stärke“ zu träumen: Schüssel gelang es die ÖVP wieder näher an die SPÖ heranzubringen. Er schaffte es sogar, den beliebten Sozialdemokratischen Bundeskanzler Franz Vranitzky im direkten Vergleich zu überholen. Außerdem verbreitete sich in der österreichischen Bevölkerung die Meinung, dass die ÖVP eher wählbar sei als die SPÖ (vgl. Wagner 2014: 163). Unter Berücksichtigung des Charakters von Schüssel erstaunte dieses Lob, da der neue Obmann noch immer als eine Kompromiss- und Durchschnittslösung im Gleichgewicht der Bünde- und Länderinteressen betrachtet wurde. Bereits früher war Schüssel Bestandteil des Verhandlungsteams der ÖVP bei Koalitionsverhandlungen gewesen und agierte nicht unbedingt als Erneuerer. Vergleichbar mit Busek, seinem Vorgänger als Parteiobmann, verkörperte Schüssel das urban-liberale Milieu ohne wirklich Volksnähe zu zeigen (vgl. Wagner 2014: 163).

In Anbetracht der aussichtsreichen Grundstimmung gegenüber der ÖVP startete die SPÖ auf Anraten von Werbeagenturen relativ spät mit dem eigentlichen Wahlkampf (vgl. Wagner 2014: 164). „Anstatt aber wie die Volkspartei schließlich mit Aplomb ihren anfänglichen Vorteil zu verspielen, setzten die Sozialdemokraten auf programmatische Unterschiede, indem sie vor allem die Furcht vor einer Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei schürten“ (Wagner 2014: 164). Mithilfe dieser Strategie gelang es der SPÖ, die Wahl zu gewinnen sowie den Vorsprung gegenüber der ÖVP wieder auszubauen – ein Rückschlag für die ÖVP und ihren neuen Obmann Wolfgang Schüssel, der versucht hatte, genau dieses Szenario zu verhindern (vgl. Wagner 2014: 164). Wagner bezieht sich auf Wachter, der festhält, dass sich die ÖVP Mitte der 1990er Jahre mit mehreren Wahlniederlagen auf Landesebene konfrontieren musste. Paradoxerweise konnte Schüssel von diesen Wahlniederlagen „profitieren“, da die der Bundespartei kritisch ausgerichteten Landeshauptleute geschwächt wurden und so für kurze Zeit keine 5. Österreichische Volkspartei Seite 71

Kritik am Kurs der Bundespartei und ihrem Obmann ausübten (vgl. Wagner 2014: 166f). Zudem erfuhr Schüssel als Wirtschaftsbündler den Beistand des Wirtschaftsbundes, der hinsichtlich der Proporzgedanken und den beiden Obmännern Busek und Schüssel nicht so schnell wieder einen Spitzenkandidaten würde stellen können. Gleichermaßen reduzierten sich die gezielten Angriffe von den Landesorganisationen und ihren mächtigen Landeshauptleuten, da diese noch immer ihre Wahlniederlagen aufzuarbeiten hatten (vgl. Wagner 2014: 167).

Auffallend war, dass dieses Mal die Obmänner der Bünde keine Kritik an Kurs und Obmann aussprachen (vgl. Wineroither 2009: 270). Nur mehr den dritten Platz nahm die ÖVP nach diversen Umfragen ein und wurde somit von der FPÖ überholt. Die Vergangenheit hatte gezeigt, dass schlechte Umfragewerte bisher immer genutzt wurden, um an der Ablöse der Parteispitze zu arbeiten (vgl. Müller/Plasser/Ulram 2004: 167). Die Bilanz der letzten Jahrzehnte war für die Österreichische Volkspartei durchaus bescheiden: Der Partei gelang es das letzte Mal unter Josef Klaus – damals in einer Alleinregierung – den Kanzler zu stellen. In den darauf folgenden Jahren erreichte immer die SPÖ den ersten Platz, konnte den Bundeskanzler stellen und die ÖVP war nur als der „kleine Juniorpartner“ Teil der Regierung. Folglich entschied sich die Parteispitze der ÖVP dazu, neue strategische Überlegungen angesichts möglicher (neuer) Regierungspartner/Koalitionspartner anzudenken. Daher kam es gegen Mitte der 1990er Jahre zu einer Erweiterung der Koalitionsfestlegung in Richtung FPÖ und gleichzeitig zu einer Abkehr von einer strukturellen Koalitionsbeschränkung auf die Sozialdemokratische Partei Österreichs. So verhalf beispielsweise die ÖVP mit ihren Stimmen 1996 dem umstrittenen FPÖ-Kandidaten Wilhelm Brauneder zum dritten Nationalratspräsidenten und näherte sich der FPÖ weiter an (vgl. Wagner 2014: 168). Wolfgang Schüssel gelang es, nach einem stark auf ihn ausgerichteten Wahlkampf, für weitere Überraschungen zu sorgen: Begleitet von Massenprotesten, eröffnete er, nachdem die Partei bei den Nationalratswahlen hinter der SPÖ und der FPÖ nur den dritten Platz erreicht hatte, Koalitionsverhandlungen mit der zweitplatzierten FPÖ (vgl. Lengauer/Pallaver/Pig 2007: 115ff).

Auch innerhalb der Partei wurde der Schritt nach rechts in Richtung FPÖ durchaus kritisiert und war nicht unumstritten. Jedoch wusste Schüssel die richtigen Argumente vorzubringen, um die traditionellen Vetomächte zu überzeugen und zu besänftigen: Die 5. Österreichische Volkspartei Seite 72

Gelegenheit vom Juniorpartner zum Anführer einer Koalitionsregierung aufzusteigen, überzeugte die Vetospieler. So votierte lediglich der ÖVP-Chef der Wiener Landesorganisation gegen eine Regierung mit der FPÖ (vgl. Wagner 2014: 169). Wagner ergänzt: „Die ÖVP verlangte nach Jahrzehnten ausbleibender Kanzlerschaft vehement nach dem hohen Regierungsamt, sodass allein schon die bloße Aussicht dies auch als drittstärkste Partei zu erreichen, für eine bislang nicht dagewesene innerparteiliche Geschlossenheit sorgte“ (Wagner 2014: 169). Wagner verweist auf Ortner, welcher bemerkt, dass Schüssel persönlich viel Missbilligung erntete, als sich nach langen Verhandlungen mit der rechtspopulistischen FPÖ die Koalition wirklich abzeichnete. Zudem musste sich Schüssel mit dem Vorwurf, dem Rechtsextremismus gegenüber zu leichtsinnig zu sein, auseinandersetzen. Sein Verhalten wurde nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland stark kritisiert und erfuhr starke Ablehnung (vgl. Wagner 2014: 169). Zentraler Vorwurf war, dass er (Schüssel) das eigene (angekündigte) Oppositionsversprechen übergangen hat und die FPÖ gestärkt habe. Doch die Partei stand hinter ihrem Obmann und unterstützte den neuen Kanzler. Der allgemeine Tenor lautete, dass sich die FPÖ innerhalb des Verfassungsbogens bewege und der umstrittene FPÖ-Chef Jörg Haider kein Ministeramt übernehmen bzw. bekommen werde (vgl. Wagner 2014: 169f).

Generell sah sich die Volkspartei im Umgang mit der FPÖ unter Jörg Haider mit Herausforderungen konfrontiert: Der neue Bundeskanzler agierte in der anfänglichen Phase ausgesprochen ruhig, beruhigte die Lage in den eigenen Reihen und schritt nur sporadisch, jedoch dann umso effektiver, ein. Die Beförderung von loyalen Weggefährten wie und Maria Rauch-Kallat in die Parteizentrale sowie die Stellung als stärkerer Regierungspartner schwächte traditionelle Konflikte innerhalb der Partei weiter ab (vgl. Wagner 2014: 170).

Zusätzlich führte der nie zuvor dagewesene Außendruck aufgrund der gesellschaftlichen Abneigung gegenüber der FPÖ-Koalition zu einer internen Geschlossenheit und zog eine Veränderung der ÖVP nach sich: Hierbei verweist Wagner auf Wachter, der erläutert, dass sich die ÖVP von einer zerstrittenen Gruppierung hin zu einer loyalen „Führerpartei“ wandelte. Je mehr Kritik die Partei aus dem Inland und den europäischen Nachbarländern einstecken musste, desto disziplinierter verhielt sich die Partei (vgl. Wagner 2014: 170f).

5. Österreichische Volkspartei Seite 73

Weiters hält Rauscher in einem Artikel fest, dass Schüssel auch im Regierungsteam selbst für Ruhe und Harmonie sorgte: So bekam das Außenministerium zugesprochen und wurde Kabinettchefin. Der FPÖ-Sympathieträger Karl-Heinz Grasser übernahm das Finanzministerium (vgl. Rauscher 2011). Mit Wilhelm Molterer als Landwirtschaftsminister, als Wirtschaftsminister und als Bildungsministerin verfügte Schüssel über ein neues, homogenes und loyales Team. Vielfach wirkte das Kabinett Schüssel II wegen der zahlreichen personellen Veränderungen und einer gewissen politischen Inhomogenität wie eine ÖVP- Alleinregierung (vgl. Dachs/Müller/Tálos 2006: 50). Schüssel profitierte auch davon, dass sich das Kabinett nicht mit fehlenden Profilierungsmöglichkeiten auseinandersetzen musste, wie einst Erhard Busek als Bildungsminister, der bei den medialen Auftritten von Alois Mock das Nachsehen hatte. Mit der Eingliederung der jeweiligen Obleute der Teilorganisationen in die wöchentlichen Ministerratsvorbesprechungen sowie intensiven Erfahrungsaustausch mit den Landesparteiobleuten wusste Wolfgang Schüssel als Kanzler für eine nachhaltig konfliktfreie Arbeitsweise zu sorgen (vgl. Wineroither 2009: 298ff).

Allerdings ließ sich die Zusammenarbeit mit dem Koalitionspartner FPÖ nicht immer vollkommen konfliktfrei gestalten. Unterschiedliche Ansichten zwischen den beiden Parteien gab es beispielsweise hinsichtlich der Bürokratie und der Zuwanderung. In beiden Fällen forderte die FPÖ eine Reduzierung/Abbau von Missständen (Bürokratie) und eine massive Beschränkung (Zuwanderung) (vgl. Wagner 2014: 171). Zwar waren diese Vorhaben durchaus mit der liberalen, staatsreduzierenden Ausrichtung der ÖVP konform, dennoch erwies sich eine Verständigung mit der regierungsunerfahrenen, typischen Oppositionspartei FPÖ als kompliziert (vgl. Dachs/Müller/Tálos 2009: 48ff).

5.3.4. Wilhelm Molterer, Josef Pröll, Michael Spindelegger – die ÖVP in der Krise Bei den Nationalratswahlen 2006 erlebte die ÖVP eine böse Überraschung: Nach Jahren in der Opposition gelang es der SPÖ den ersten Platz zurückzuerobern und die ÖVP auf den zweiten Platz zu verdrängen. An Stelle eines erneuten Wahltriumphs unterlag die ÖVP der SPÖ mit ihrem neuen Spitzenkandidaten . Der geschlagene ÖVP- Obmann Wolfgang Schüssel führte zwar noch die Koalitionsverhandlungen, legte im Anschluss darauf aber alle seine Ämter nieder. Wilhelm Molterer, der ÖVP-Klubobmann, 5. Österreichische Volkspartei Seite 74 galt als designierter Obmann-Nachfolger, nahm dieses Amt an. Eine erneute Regierungsbildung mit der FPÖ war nach dem Obmannwechsel von Schüssel zu Molterer nicht mehr realistisch (vgl. Sommer 2007: 3ff).

Wilhelm Molterer bekleidete mehrere Ämter innerhalb der Partei, bevor er an die Spitze der Partei treten durfte. Seine politische Laufbahn begann er als Direktor des Bauernbundes, wurde darauf ÖVP-Generalsekretär und war danach lange Zeit als Landwirtschaftsminister in der Regierung engagiert. Anschließend wurde er unter Schüssel zum Klubobmann im Nationalrat bestimmt. Trotz all dieser Erfahrungen, die der neue Obmann im Lauf der Zeit sammeln konnte, war sein Weg an die Spitze der Partei absolut nicht vorgezeichnet. Wagner verweist hierbei auf Zöchling, welche Molterer in einem Artikel als kompetenten Arbeiter bezeichnet, welcher sich als Bauernbündler vor allem durch die Förderung Josef Rieglers und aufgrund des Bündeproporzes einen Platz innerhalb der Funktionärsriege zu Beginn der 1990er Jahre verdiente bzw. erarbeitet hatte (vgl. Wagner 2014: 174).

Die machtpolitische Ausgangsposition bei Molterer’s Amtantritt präsentierte sich jedoch katastrophal aus der Sicht der ÖVP: Mit vier von neun Landeshauptleuten, dem Bundeskanzler wie auch dem Bundespräsidenten, hatte der große Konkurrent – die SPÖ – die ÖVP überholt. Nun befand man sich zwischen den Sozialdemokraten und der Freiheitlichen Partei. Ebenso besaß der ehemalige Bundeskanzler und nun im Nationalrat tätige Schüssel noch beachtlichen Einfluss. Faktoren, die das Arbeiten innerhalb der Partei nicht wirklich erleichterten (vgl. Völker 2011). Mithilfe einer Statutenänderung gelang es Molterer seine eigene Position zu festigen. Zusammenkünfte des Parteivorstandes wurden reduziert und Sitzungen des Parteipräsidiums fanden nur noch nach Aufforderung des Parteiobmanns (also ihm selbst) statt (vgl. O.V. 2007). „Das Vorhaben des Bauernbundes, mit ihrem Kandidaten Molterer moderne Visionen, feste Werte - mit Laptop und Lederhose, mit anderen Worten die traditionellen Bündestrukturen der Partei mit modernen, gegenwartsnahen Themen zu verbinden - verfing allerdings nicht“ (Wagner 2014: 175). Gleichermaßen schaffte es die ÖVP unter der Führung von Molterer nicht, sich hin zur jungen, urbanen Mittelschicht zu öffnen (vgl. Wagner 2014: 175). Die schwache Position des Spitzenkandidaten Molterer wurde bei den kurzfristig festgelegten Nationalratswahlen 2008 augenscheinlich: Lediglich ein Viertel der 5. Österreichische Volkspartei Seite 75

Jungwähler/innen beurteilte Molterer als sympathisch – noch weniger, nämlich nur mehr sechs Prozent der ÖVP-Wähler/innen argumentierten ihre Stimme für die Partei mit der Persönlichkeit sowie den Eigenschaften des angetretenen Spitzenkandidaten (vgl. Ulram 2008: 11). Resultierend daraus ergab sich ein großer Verlust an Wählerstimmen und mit einem Prozentanteil von nur noch 25,6 Prozent aller Stimmen das zweitschlechteste Wahlergebnis für die Österreichische Volkspartei in der zweiten Republik (die letzte Nationalratswahl 2013 mit eingerechnet). Es zeigte sich, dass die Partei nicht nur in den Städten (traditionell) schlechte Ergebnisse einfuhr, sondern vor allem in den schwarzen „Hochburgen“ und ihren Kernländern enorm an Zuspruch verlor. Beispielsweise erreichte die ÖVP in Oberösterreich etwa acht Prozent, in Vorarlberg etwa zehn Prozent und in Tirol sogar zwölf Prozent weniger an Stimmen gegenüber der letzten Nationalratswahl 2006 (vgl. Wagner 2014: 175).

Nach dieser Wahlniederlage war der Schuldige für dieses Ergebnis schnell gefunden: Wilhelm Molterer. Wenige Tage nach der Wahl zog Molterer die Konsequenzen und trat zurück, da er auch keine Rückendeckung von den Teilorganisationen und den einzelnen Landesverbänden mehr erfuhr. Zeitgleich empfahl er den bisherigen Umweltminister und aus dem Bauernbund stammenden Josef Pröll als seinen Nachfolger (vgl. Wagner 2014: 176). „Trotz des schlechtesten Wahlergebnisses eines designierten ÖVP-Parteiobmanns überhaupt waren mit der Obmannswahl Josef Prölls in Wels 2008 erneut die jahrzehntelangen Hoffnungen verbunden, die strukturelle Zerrissenheit durch Bünde und Landesparteien zu überwinden und dem natürlichen Führungsanspruch der Volkspartei mit einem klar umrissenen Programm Nachdruck verleihen zu können“ (Wagner 2014: 176).

Ungeachtet anfänglich erfolgreich bestrittener Landtagswahlen brachte es der neue Obmann nicht fertig, die entstandene Unruhe innerhalb der Partei einzudämmen. Auch agierte er bei Personalentscheidungen unglücklich: So nominierte er etwa den Bauernbündler Ernst Strasser für das EU-Parlament, der sich Anfang 2011 in einer Lobbyisten-Affäre selbst zu Fall brachte, als er verdeckt recherchierenden Journalisten seine politische Arbeit gegen Zahlung offerierte (vgl. Wagner 2014: 176). Ähnlich verlief es auf lokaler Ebene: Ziel war es, bei der Landtagswahl in Wien die zerfallene ÖVP unter der Leitung der Spitzenkandidatin Christine Marek an die dominierende Sozialdemokratische Partei anzunähern. Allerdings konnte die Spitzenkandidatin dieses Ziel keineswegs erfüllen und verbuchte mit etwa 14 Prozent und 5. Österreichische Volkspartei Seite 76 dem Verlust von einem Drittel der Stimmen das zum damaligen Zeitpunkt schlechteste Ergebnis für die ÖVP bei Landtagswahlen in Wien in der Zweiten Republik (vgl. Zandonella/Reichmann 2011: 26f).

Die in ihn gesetzten Hoffnungen und die entstandene Aufbruchsstimmung, welche sich mit der Wahl von Josef Pröll zum Parteiobmann innerhalb der Partei gebildet hatte, verblasste im politischen Alltag sehr schnell. Josef Pröll repräsentierte bald das Bild eines gescheiterten Obmanns, der sich zwischen zwei „Fronten“ wiederfand: Auf der einen Seite gab es den Koalitionspartner und auf der anderen Seite „herrschte“ die eigene, parteiinterne Opposition. Anders als bei seinen Vorgängern, die nach Wahlniederlagen die Konsequenzen daraus zogen, beendeten gesundheitliche Probleme die Amtszeit von Josef Pröll als Parteiobmann der ÖVP (vgl. Wagner 2014: 177). Sofort begannen Diskussionen um mögliche Nachfolgekandidaten. Da der ÖAAB mit Alois Mock Anfang der 1990er Jahre zum letzten Mal einen Obmann stellen durfte, beharrte dieser auf das Proporzrecht und präsentierte mit Michael Spindelegger einen Kandidaten, welcher sowohl die Interessen der Bünde als auch der Länder einkalkulierte. Der aus Niederösterreich stammende Spindelegger konnte schon zahlreiche Funktionen vorweisen: So war er unter anderem ÖAAB-Bundesobmann, Zweiter Nationalratspräsident, stellvertretender Klubobmann im Nationalrat und auch Vertreter der Angestellten und Beamten (vgl. Wagner 2014: 177).

Pöll schreibt, dass vor allem seine Gabe, bei Treffen bzw. Gesprächen am internationalen Parkett zu vermitteln, den neuen Obmann auszeichnete (vgl. Pöll 2011a). Ettinger stimmt in dieser Hinsicht zu und ergänzt noch, dass sein Vermittlungs-Talent die fehlende Begabung, die Wähler/innen mit mitreißenden Ansprachen begeistern und überzeugen zu können, ausglich (vgl. Ettinger 2011a): Sein „unaufgeregtes und seriöses“ (Pöll 2011b). Wesen verhalf ihm überdies hinaus sogar zu politischen Weggefährten und Verbündeten in den Lagern der Opposition und auch der Sozialdemokratie (vgl. Wagner 2014: 178).

In seiner Zeit als Parteiobmann gelang es Spindelegger aber nicht, seine Position bei den Wählern/innen zu verbessern und sie von ihm zu überzeugen. Etwa zwei Drittel der Wahlbevölkerung betrachteten Spindelegger im Jahr 2012 als einen umstrittenen Spitzenkandidaten, welcher leicht auszutauschen sei (vgl. Seidl 2012b). Generell war das Bild, das die Bevölkerung von der Österreichischen Volkspartei zu dieser Zeit hatte, kein 5. Österreichische Volkspartei Seite 77

Gutes: So meinten drei Viertel der befragten Personen, dass die ÖVP eine Partei ist, in der altgediente Politiker/innen das Sagen hätten (vgl. Seidl 2012b). Das IMAS International verschärft und konkretisiert die Aussagen von Seidl noch: So vertraten zu diesem Zeitpunkt mehr als zwei Drittel der Österreicher die Ansicht, dass die Leistung von den Politiker/innen des Landes überwertet wird (vgl. IMAS International 2009a: 2a).

Die Ernennung von Spindelegger zum neuen Parteiobmann wurde nicht von allen Bünden akzeptiert. So kritisierte etwa der Präsident der Wirtschaftskammer und der Obmann des Wirtschaftsbunds Christoph Leitl die schnelle Bestätigung Spindeleggers und erklärte mit Nachdruck, dass er sich Wirtschaftsminister und Wirtschaftsbündler ebenso gut hätte vorstellen können. Auch andere Parteien meldeten sich zu Wort – wie etwa die Grünen: Sie schlussfolgerten, dass die ÖVP mit Spindelegger weiter „verniederösterreicht“ werde (vgl. O.V. 2011b). Ähnlich wie Pröll ging auch Spindelegger jeglicher Konfrontation mit den Bünden von Beginn seiner Amtszeit an aus dem Weg. Er vertrat die Sichtweise, dass die Bünde eine breite Vielfalt der Bevölkerung – vom Landwirt bis hin zum Unternehmer – repräsentieren und sah in dieser Hinsicht keine Notwendigkeit, etwas zu verändern. Vielmehr wollte er, dass diese Breite weiterhin innerhalb der Partei anzutreffen ist (vgl. O.V. 2011c). Nach dem gesundheitlichen Rücktritt von Josef Pröll als Obmann und der Ernennung von Michael Spindelegger kam es in der Regierungsmannschaft der österreichischen Volkspartei zu Veränderungen. Als der große Verlierer bei der Regierungsumbildung etablierte sich der Bauernbund, welcher nach dem Abgang von Josef Pröll und Fritz Kaltenegger nur mehr mit vertreten war. Als mächtigstes Bundesland (ÖVP-interne Sichtweise) gestaltete sich Niederösterreich heraus – Spindelegger sowie Mikl-Leitner stammen beide aus Niederösterreich. Spindeleggers neues Regierungsteam, setzte geografisch betrachtet, die schwarze Länderlogik fort: zwei Niederösterreicher, zwei Oberösterreicher, zwei Tiroler, zwei aus der Steiermark, ein Burgenländer und ein Wiener (vgl. O.V. 2011d).

5.3.5. Rücktritt Spindeleggers – Neuanfang/Neustart unter Mitterlehner Als Michael Spindelegger im Frühjahr 2011 die ÖVP von Josef Pröll übernommen hatte, erreichte die Volkspartei bei Umfragen Werte von knapp 26 Prozent. Bei den letzten Nationalratswahlen im Jahr 2013 rutschte sie zum ersten Mal in der Parteigeschichte unter 5. Österreichische Volkspartei Seite 78 die 25 Prozent Marke und kam auf 23,99 Prozent. Zwar konnte sie vor der FPÖ den zweiten Platz verteidigen, jedoch reduzierte sich der Vorsprung auf knappe vier Prozent (vgl. O.V. 2014a). Nach vermehrter offener Kritik in Bezug auf seine Haltung zur Steuerreform und der mangelnden Performance der Bundespartei zog Michael Spindelegger die Konsequenzen und trat Ende August 2014 von all seinen Ämtern zurück. Zu diesem Zeitpunkt landete die ÖVP in Umfragen bei etwa 20 Prozent (vgl. O.V. 2014b). Er argumentierte seinen Rücktritt damit, dass es ihm am Schluss innerhalb der Partei an Loyalität und Paktfähigkeit zu seiner Person mangelte (vgl. O.V. 2014e). Schon nach einer Krisensitzung im Jänner 2014 stufte der Meinungsforscher Peter Hajek Spindelegger als angezählt ein und betrachtete die Situation als ernst (vgl. O.V. 2014d). Spindelegger und die ÖVP: „In der Beziehung ist es aufgrund seines abrupten Abgangs eindeutig zu einem Riss gekommen“ (O.V. 2014f).

Ausschlaggebend für seinen Rücktritt dürfte am Ende auch die Kritik der beiden Landeshauptleute Josef Pühringer (Oberösterreich) und Günter Platter (Tirol) gewesen sein, welche eine rasche Zustimmung zur Steuerreform von Spindelegger verlangten. Franz Fischler, ehemaliger EU-Agrarkommissar, erachtet speziell die Übernahme des Finanzministers als einen Fehler des zurückgetretenen Spindeleggers. Er teilte die Ansicht, dass vor allem in einem kleinen Land wie Österreich der Finanzminister profunde Kenntnisse in diesem Bereich mitbringen sollte (vgl. O.V. 2014g).

Spindelegger hinterlässt seinem Nachfolger eine Partei mit fünf Landeshauptleuten sowie fünf Landtagsmehrheiten. Erwin Pröll gelang es immerhin die absolute Mehrheit in Niederösterreich bei der Landtagswahl 2013 zu bewahren (vgl. O.V. 2014a). Unter ihrem neuen Bundesparteiobmann Reinhold Mitterlehner konnte die ÖVP ordentlich Selbstvertrauen tanken und befand sich zunächst im Aufwind. Mitterlehner gelang es, positive Stimmung innerhalb der bei den letzten Nationalratswahlen nicht gerade erfolgsverwöhnten Volkspartei zu verbreiten. Anton Pelinka ist der Ansicht, dass der neue Obmann und Parteichef bisher seine Arbeit gut umsetzt, da er bei Fragen zu seinem Koalitionspartner auf „Verbalradikalismus“ (Pelinka 2014) verzichtet, aber auch ausdrücklich formuliert, nicht bereit zu sein, bestimmte Eckpunkte der Partei aufzugeben (vgl. Pelinka 2014). 5. Österreichische Volkspartei Seite 79

Lisa Nimmervoll bezeichnet es als Ironie des Schicksals, dass gerade Reinhold Mitterlehner die Nachfolge von Michael Spindelegger antritt und die geschwächte ÖVP als Obmann übernimmt. Im Jahr 2008, nur durch Intervention des oberösterreichischen Landeshauptmanns Josef Pühringer, zum Wirtschaftsminister gemacht, etablierte sich Mitterlehner in seinem Ministeramt als bessere Alternative zum jeweiligen Parteichef (vgl. Nimmervoll 2014).

Durchaus überrascht zeigte sich Mitterlehner den raschen Stimmungswandel betreffend. Am Ende seiner Amtszeit symbolisierte Spindelegger Überforderung und Selbstisolation. Demgegenüber repräsentiert Mitterlehner Selbstbewusstsein und Offenheit. Positiv vernommen wird der Aspekt innerhalb der Partei, dass der „Neue“ wesentlich mehr als sein unmittelbarer Vorgänger kommuniziert (vgl. Bauer 2014a). Mit der Wahl von Mitterlehner zum Obmann verschob sich das Machtgefüge in der Partei. Der Wirtschaftsbund befindet sich im Aufwind und die „schwarzen“ Oberösterreicher gewinnen an Einfluss. Speziell der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll kämpft mit dieser Entwicklung. Forciert von Landeshauptmann Josef Pühringer und dem Wirtschaftsbund-Obmann Christoph Leitl wurde Mitterlehner zum Obmann ernannt und Erwin Pröll bei dieser Wahl ausgespielt (vgl. Bauer 2014b). Nicht nur die innerparteiliche Herkunft unterscheidet den alten und den neuen Obmann der VP: Mitterlehner kommt aus dem Wirtschaftsbund, Spindelegger hat seine Wurzeln im ÖAAB. Karin Leitner stellte auch einen unterschiedlichen Arbeits- und Umgangsstil fest: Am Ende der Amtszeit von Spindelegger wirkte die ÖVP unkoordiniert, da Spindelegger sich immer mehr zurückzog und nicht mehr die Parteilinie kommunizierte. Mitterlehner setzt auf Pünktlichkeit, Geschlossenheit innerhalb der Partei und Disziplin. Anders als sein Vorgänger versucht er die Länder- und Bündeobleute wieder verstärkt einzubinden und mehr mit ihnen zusammenzuarbeiten (vgl. Leitner 2014). Kritischer betrachtet Thomas Prior von der Presse die neue Situation in der Österreichischen Volkspartei: Er schreibt, dass sich die ÖVP unter dem neuen Obmann Mitterlehner in gleichem Ausmaß inhomogen wie unter Spindelegger, Pröll und Molterer verhält. Im Bereich der Wirtschaftspolitik wird keine gemeinsame Linie verfolgt, auf der gesellschaftspolitischen Ebene sucht sich die Partei selbst. Den Landeshauptleuten unterstellt Prior, dass diese die Länder-Interessen gegenüber den Interessen der Bundespartei nach wie vor bevorzugen (vgl. Prior 2014). In einer im Jahr 2014 durchgeführten Umfrage lagen die SPÖ, ÖVP, FPÖ buchstäblich gleichauf bei 25 bzw. 26 Prozent. In der Kanzlerfrage konnte mit 22 5. Österreichische Volkspartei Seite 80

Prozent den ersten Platz knapp vor Reinhold Mitterlehner mit 21 Prozent behaupten. Nachfolgende Tabelle widerspiegelt das Abschneiden der beiden Spitzenkandidaten von SPÖ und ÖVP in verschiedenen politischen Bereichen bei dieser Umfrage:

Politischer Bereich Bundeskanzler Faymann Vizekanzler Mitterlehner Wirtschaftsaufschwung 14 % 38 % Außenpolitik 24 % 30 % Einsparung Verwaltung und 15 % 29 % Staat Arbeitsplätze 27 % 21 % Bildung 27 % 19 % Soziale Gerechtigkeit 35 % 24 % Frauenthemen 26 % 9 % Tabelle 5: Vergleich der beiden Spitzenkandidaten; Quelle:http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/3893490/Match-zwischen-SPO-OVP-und- FPO-vollig-offen (Stand: 1. August 2016)

In Bereichen der Wirtschaft, der Außenpolitik sowie beim Einsparungspotential im Bereich der Verwaltung und Staat konnte der Vizekanzler besser abschneiden. Bei Bildung, Arbeitsplätze, Soziale Gerechtigkeit und vor allem Frauenthemen erreichte Werner Faymann die besseren Umfragewerte.

Zwei Jahre später – Ende Jänner 2016 – zeigen neue Umfragewerte Verluste für die beiden Großparteien: Aufgrund der Flüchtlingskrise bzw. Flüchtlingspolitik, welche die beiden Regierungsparteien zunehmend überforderte, sanken die Werte der SPÖ und der ÖVP. Hätte zu diesem Zeitpunkt eine Nationalratswahl stattgefunden, hätte die FPÖ mit etwa 30 Prozent den ersten Platz erreicht. Die ÖVP hätte sich mit 24 Prozent gegenüber der SPÖ mit 23 Prozent im Rennen um den zweiten Platz durchgesetzt. Angenommen der Bundeskanzler würde direkt gewählt werden, hieße der nächste Bundeskanzler Heinz- Christian Strache (FPÖ). 19 Prozent hätten ihm ihre Stimme gegeben – Vizekanzler Mitterlehner wäre mit 16 Prozent Vizekanzler geblieben; SPÖ-Vorsitzender und Bundeskanzler Werner Faymann hätte sein Amt mit 15 Prozent verloren. (vgl. Himmelbauer 2016) 5. Österreichische Volkspartei Seite 81

Mitterlehner vertritt nicht mehr den Anspruch, dass eine Volkspartei sämtliche Bevölkerungsschichten eines Landes erreichen kann. Vielmehr muss die ÖVP versuchen, den Fokus auf ihre Zielgruppe, den leistungsorientierten Mittelstand, zu richten und mit ihrem Programm zu erreichen bzw. zu überzeugen (vgl. Bauer 2014a).

War die Österreichische Volkspartei in den ersten Jahrzehnten nach ihrer Gründung aufgrund ihrer regionalen Stärke sowie ihrer Bündestruktur erfolgreich, erweist sich diese Organisationsstruktur als nicht mehr zeitgemäß. Mitterlehner wird die schwierige Aufgabe zuteil, die Partei reformieren zu müssen. Durch den großen Einfluss der Bünde verkümmert die Partei, da primär die Klientelpolitik im Vordergrund steht (vgl. O.V. 2014h). Es ist illusorisch, die Bünde abzuschaffen – allerdings kann er ihren Einfluss schrittweise eingrenzen. (vgl. Toth 2014)„Mitterlehner, so lautete das Motto nach dem beleidigten Abgang des Vorgängers, sei die letzte Chance der Partei“ (Pelinka 2014). „Die verzweifelte Parole veranlasste die Funktionäre, sich um den neuen Mann zu sammeln – nicht wegen dessen relativ liberalen Kurses, sondern weil sie fürchteten, Mitterlehners Scheitern werde mit dem Untergang der ÖVP einhergehen“ (Pelinka 2014).

Abgestempelt als bloßer Übergangskandidat und Platzhalter für den aufstrebenden Außenminister Sebastian Kurz galt Reinhold Mitterlehner zu Beginn seiner Amtszeit. Selbstbewusstsein besitzt Mitterlehner genug, um mehr als der 16. Parteiobmann zu sein, welcher keine Zeichen hinterlässt (vgl. O.V. 2014h). Zumindest als ältester ÖVP-Chef bei Amtsantritt wird Mitterlehner mit seinen 58 Jahren in Erinnerung bleiben. Finden die nächsten Nationalratswahlen planmäßig 2018 statt, wird er zudem die Position des Bundesobmanns länger bekleiden als seine beiden Vorgänger – auch wenn Mitterlehner das Amt nach der Wahl an Sebastian Kurz abtreten würde/müsste (vgl. Bauer 2014a).

5.3.6. Obmänner der ÖVP Die durchschnittliche Amtszeit eines Bundesobmanns der Österreichischen Volkspartei dauert etwa viereinhalb Jahre. Demgegenüber liegt die Amtszeit des SPÖ-Vorsitzenden bei etwa neun Jahren und ist daher doppelt so lange wie bei der ÖVP. Seit der Angelobung von Erwin Pröll zum niederösterreichischen Landeshauptmann im Jahr 1992 wurde der Bundesobmann der Partei fünf Mal ausgetauscht (vgl. O.V. 2016b). Reinhold Mitterlehner, momentan an der Spitze der Partei, löste im August 2014 den überraschend 5. Österreichische Volkspartei Seite 82 zurückgetretenen Michael Spindelegger ab. Seit dem Jahr 2007 hatte die Partei nicht weniger als drei Mal den Spitzenkandidaten gewechselt. Mitterlehner ist bereits der 16. Obmann der Österreichischen Volkspartei seit der Gründung im Jahr 1945 (O.V. 2014h). „Seine Vorgänger scheiterten an sich selbst (Wilhelm Molterer), an der Partei (Josef Pröll) oder an beidem (Michael Spindelegger)“ (Bauer 2014a).

Die Mehrheit der ÖVP-Obmänner wurde zum Rücktritt gedrängt. Seit Beginn der zweiten Republik hatte die Österreichische Volkspartei zahlreiche Obmänner. Meistens waren parteiinterne Machtkämpfe bzw. Konflikte zwischen den Teilorganisationen und der Bundespartei der Auslöser für einen Rücktritt des Obmanns (vgl. Markus 2012). Stellvertretend dafür werden Beispiele aus der Regierungszeit von Bruno Kreisky aufgezählt: Vor allem in dieser Zeit wurden die Obmann-Debatten hart durchgeführt. Hermann Withalm folgte Josef Klaus nach, entschied sich aber bereits nach einem Jahr zurückzutreten und den Platz an der Parteispitze für Karl Schleinzer zu räumen. Dieser kam jedoch bei einem Autounfall im Jahr 1975 tragisch ums Leben. Statt Schleinzer hieß der neue VP-Obmann nun Josef Taus. Taus wollte die Macht der drei großen Bünde – Bauernbund, Wirtschaftsbund und ÖAAB – eingrenzen, da deren Intrigen und Personaldiskussionen ausschlaggebend für interne Turbulenzen waren. Diese Forderung wurde von den Bünden aber abgelehnt und der Obmann musste gehen (vgl. Markus 2012). Auch Beliebtheit und durchaus wichtige „Meilensteine“ wie Staatsvertrag, Vollbeschäftigung und Wirtschaftswunder schützten einen VP-Obmann nicht vor einem internen Aufstand. Sowohl Leopold Figl, der von Julius Raab entmachtet wurde als auch Raab selbst mussten dieses Schicksal zur Kenntnis nehmen (vgl. Markus 2012).

Gernot Bauer stellt fest, dass der Verlauf, die Mechanismen sowie das Endergebnis der Obmanndebatte in der Österreichischen Volkspartei seit Jahrzehnten nach einem bestimmten Schema ablaufen. In seinem Artikel über den Rücktritt von Michael Spindelegger skizziert er, wie die ÖVP in den letzten Jahrzehnten ihre Obmänner zum Rücktritt bewegt hat. So merkt er etwa an, dass ab einem gewissen Zeitpunkt der Obmann feststellen muss, dass seine Autorität öffentlich von verschiedenen Seiten innerhalb der Partei angegriffen wird und er die Rückendeckung verliert. Konträr zur „normalen“ Hetze wird in der Österreichischen Volkspartei der Obmann zum Opfer und tritt nicht als Täter in Erscheinung (vgl. Bauer 2014c).

5. Österreichische Volkspartei Seite 83

Grundsätzlich kann zwischen zwei verschiedenen Strategien bei der „Demontage“ des Obmanns differenziert werden: geordnet- schubweise oder ungeordnet- eigendynamische. So können die Rücktritte von Alois Mock (1987) sowie Josef Riegler (1991) beide in die erste Kategorie geordnet eingestuft werden. Sowohl Mock als auch Riegler waren erschöpft, kraftlos und konnten bzw. wollten den innerparteilichen Kritikern/innen nichts mehr entgegensetzen. Ungeordnet und eigendynamisch verlief der Ablauf etwa bei Erhard Busek und Michael Spindelegger. Beide wehrten sich nach Kräften und verweigerten den Rücktritt, bis der innerparteiliche Druck zu groß wurde und die Rückendeckung fehlte. Als ein Leitfaden könnte in dieser Hinsicht folgende Aussage gelten: Mindestens zwei der drei großen und mächtigen ÖVP-Landesorganisationen (Niederösterreich, Oberösterreich, Steiermark) sind notwendig, um einen ÖVP-Bundesobmann absetzen zu können. Allerdings können regelmäßige Obmannwechsel auch als ein Nachweis auf große Personalreserven ausgelegt werden (vgl. Bauer 2014c). Auch muss immer wieder mit Überraschungen betreffend den Nachfolger gerechnet werden. Dazu gibt es mehrere Beispiele: Dank seiner Autorität kürte Wolfgang Schüssel Wilhelm Molterer im Jahr 2007 zum Parteichef, obwohl Josef Pröll als Favorit galt. Als Erhard Busek im Jahr 1995 zum Rücktritt bewegt wurde, avancierte Wolfgang Schüssel zum neuen starken Mann in der ÖVP. Christoph Leitl und Andreas Khol waren die damaligen Gegenkandidaten von Erhard Busek um die Position des Obmanns und wurden von Busek durch dieses Manöver verhindert bzw. ausgebremst (vgl. Bauer 2014c).

Neun der bisherigen 15 Parteiobmänner seit 1945 gelang es nicht, länger bzw. überhaupt vier Jahre an der Parteispitze zu bleiben. Alleine in der Amtszeit des mittlerweile zurückgetretenen Bundeskanzlers Werner Faymann benötigte die ÖVP vier Bundesparteiobmänner: Wilhelm Molterer, Josef Pröll, Michael Spindelegger und Reinhold Mitterlehner. Dabei verweilte Spindelegger mit drei Jahren und drei Monaten länger als seine unmittelbaren Vorgänger Wilhelm Molterer (1,4 Jahre) und Josef Pröll (2,4 Jahre) an der Spitze der Partei (vgl. O.V. 2014g).

Spindelegger hatte die sechst-kürzeste Amtszeit unter allen VP-Obmännern seit 1945 – wobei anzumerken ist, dass Leopold Kunschak, der erste Parteiobmann bereits nach 144 Tagen den Platz an der Spitze räumte, da er anschließend Nationalratspräsident wurde. Mit etwas mehr als zwölf Jahren erreichte Wolfgang Schüssel die mit Abstand längste Amtsdauer in der Österreichischen Volkspartei und war gleichzeitig auch der letzte ÖVP- 5. Österreichische Volkspartei Seite 84

Bundeskanzler. Einzig Alois Mock (fast zehn Jahre) und Julius Raab (rund acht Jahre) waren für ÖVP-Verhältnisse lange Parteichefs. Lediglich sechs ihrer Obmänner (Karl Schleinzer, Leopold Figl, Josef Klaus, Julius Raab, Alois Mock und Wolfgang Schüssel) standen länger als vier Jahre an der Parteispitze (vgl. O.V. 2014g).

Erwin Pröll, Landeshauptmann von Niederösterreich und damit Obmann der mächtigsten Landesorganisation, verkörpert eine Schlüsselrolle in den Obmann-Debatten. Bereits 1995 nahm er die Rolle des „Königsmacher“ ein, indem er die Wahlvorschlagskommission leitete, welche Erhard Busek durch Wolfgang Schüssel substituierte.

Im Vergleich mit den anderen Parteien (SPÖ, FPÖ) schneidet die ÖVP und Wolfgang Schüssel mit seinen zwölf Jahren als längster Parteichef mittelmäßig ab: - Friedrich Peter war von 1958 bis 1978 Parteivorsitzender der FPÖ und liegt auf Platz 1. - Bruno Kreisky liegt mit 16 Jahren und neun Monaten (1967 – 1983) als SPÖ- Vorsitzender auf dem zweiten Platz. - Jörg Haider war immerhin auch 13,6 Jahre Parteichef der FPÖ und landet auf dem dritten Platz. - Wolfgang Schüssel nimmt mit seinen zwölf Jahren den sechsten Platz in diesem Ranking ein (vgl. O.V. 2014g)

Interessantes Detail am Rande: Die FPÖ belegt auch in der Rangliste der kürzesten Amtszeit aller Obmänner den ersten Platz. Matthias Reichhold beendete im Jahr 2002 bereits nach 40 Tagen seine Obmanntätigkeit (vgl. O.V. 2014g).

5. Österreichische Volkspartei Seite 85

Die ÖVP-Obmänner seit 1945: - Leopold Kunschak April – September 1945 - Leopold Figl 1945 – 1953 - Julius Raab 1953 – 1961 - 1961 – 1964 - Josef Klaus 1964 – 1970 - Hermann Withalm 1970 – 1972 - Karl Schleinzer 1972 – 1975 - Josef Taus 1975 – 1979 - Alois Mock 1979 – 1989 - Josef Riegler 1989 – 1990 - Erhard Busek 1990 – 1995 - Wolfgang Schüssel 1995 – 2007 - Wilhelm Molterer 2007 – 2008 - Josef Pröll 2008 – 2011 - Michael Spindelegger 2011 – 2014 - Reinhold Mitterlehner seit 2014 (vgl. Österreichische Volkspartei 2016a)

Gernot Bauer differenziert ÖVP-Obmänner unter anderem dadurch, inwieweit sich diese von ihrem Bund bzw. Bundesland loslösen konnten: Er schreibt, dass Wolfgang Schüssel als ÖVP-Obmann die Abkapselung vom Wirtschaftsbund gut gelang. Wilhelm Molterer und Josef Pröll wurden beide aus dem Bauernbund für die Position des Obmanns entsandt. Im Gegensatz zu Pröll, der seinen Bauernbund-Wurzeln stets treu blieb, konnte sich Molterer dieser entziehen. Michael Spindelegger entfernte sich weder von seinem Bund (ÖAAB) noch von seinem Bundesland (Niederösterreich). Der momentane Obmann Reinhold Mitterlehner erinnert in seinem Auftreten und Verhalten mehr an Schüssel als an Spindelegger (vgl. Bauer 2014a).

5.3.7. Politische Führung der ÖVP Fazit Als Einleitung in dieses Kapitel wurden mehrere Fragen den richtigen Führungsstil sowie die (notwendigen) Charaktereigenschaften der Führungspersönlichkeit für die Österreichische Volkspartei betreffend formuliert, die das Erarbeiten von neuen 5. Österreichische Volkspartei Seite 86

Erkenntnissen erleichtern sollten. Am Ende dieses Kapitels angelangt, gilt es nun ein kurzes Resümee zu ziehen sowie die gewonnenen Erkenntnisse zusammenzufassen.

In ihrem 71jährigen Bestehen (seit der Gründung im April 1945) benötigte die Partei nicht weniger als 16 Bundesparteiobmänner. Vor allem in den letzten Jahren – nach dem Rücktritt von Wolfgang Schüssel und dem Amtsantritt von Wilhelm Molterer im Jahr 2007 reduzierte sich die Amtszeit der Obmänner erheblich. Nicht weniger als vier Obmannwechsel fanden innerhalb dieses Zeitraums statt. In keiner anderen politischen Partei in Österreich wird dermaßen oft ein Obmanntausch vollzogen.

Verlorene Nationalratswahlen/ Bundespräsidentenwahlen oder ein übermächtiger Spitzenkandidat einer anderen Partei führten zumeist dazu, dass damit begonnen wurde, die Autorität des Obmanns öffentlich zu untergraben und diesen in Frage zu stellen. Gesundheitliche Probleme wie sie Josef Pröll hatte, sind die Ausnahme für einen Rücktritt. Der Obmann stellt das schwächste Glied innerhalb der Partei dar. Die Bünde wie auch die Landesorganisationen und ihre Landeshauptleute verfolgen die eigenen Interessen und Ziele. Versuche, die Macht der Bünde bzw. der Landesorganisationen zu beschränken, scheiterten fast immer und hatten meistens einen Rücktritt des Obmanns zur Folge. Andreas Wagner erklärt: „Zwar gab es bislang mehrere Ansätze, die Macht der Teilorganisationen zu beschneiden und den Vorrang der Bundespartei statutarisch zu begründen bzw. zu stärken, eine ausnahmslose Verdrängung bzw. Auflösung der Bünde in den Organisationsstrukturen der Bundespartei ist bislang infolge der vielen Verflechtungen und etablierten Proporzstrukturen der österreichischen Sozialpartnerschaft weder gelungen noch zukünftig vorstellbar“ (Wagner 2014: 180).

Die Frage nach dem richtigen Führungsstil bzw. der richtigen Führungspersönlichkeit für die Österreichische Volkspartei lässt sich somit nicht eindeutig beantworten. Unter den 16 Bundesparteiobleuten befanden sich die verschiedensten Charaktere. Jedoch ist der Charakter/die Persönlichkeit zweitrangig, wenn die Rückendeckung der Landeshauptleute bzw. der Teilorganisationen im Lauf der Amtszeit abhanden kommt und die Diffamierung des Obmanns beginnt.

5. Österreichische Volkspartei Seite 87

Gernot Bauer charakterisiert drei wesentliche Bestandteile, welche der Obmann besitzen muss, um eine erfolgreiche Politik betreiben zu können: - Sachwissen, - Organisationstalent, - Kommunikation (vgl. Bauer 2014a).

Josef Pröll galt als ein Kommunikationstalent, sein Organisationstalent war jedoch mangelhaft, weshalb er scheiterte. Zudem überforderte ihn die Doppelbelastung als Parteichef und Finanzminister. Sein Nachfolger Michael Spindelegger ließ die (notwendigen) Kompetenzen für die Ausübung des Finanzministers vermissen und hatte Probleme mit der Kommunikation innerhalb der Partei. Mitterlehner lernte aus den Fehlern seiner Vorgänger und hatte nie im Sinn, das Finanzministerium zu übernehmen (vgl. Bauer 2014a). Mitterlehner zog aus dem Scheitern seiner Vorgänger Molterer, Pröll und Spindelegger die richtigen Schlüsse. Vergleiche mit dem längst dienenden Obmann Wolfgang Schüssel werden innerhalb der Partei schon angestellt. Als gelernter Politiker ist Mitterlehner darauf konzipiert, sich in der Partei durchzusetzen und zu überleben. Barbara Toth formuliert es sehr treffend: Auch wenn Mitterlehner nur als Übergangskandidat gilt, will er mit der Partei etwas erreichen und die Partei wieder an die Spitze führen. In letzter Zeit wurde von keinem anderen Obmann ein Neustart so schlagartig durchgezogen (vgl. Toth 2014).

Die kommenden Nationalratswahlen im Jahr 2018 werden in jeder Hinsicht eine Entscheidung bringen: Kann Mitterlehner den momentanen Rückstand auf den ersten Platz reduzieren und die Wahl gewinnen, wird er weiterhin Obmann bleiben. Verliert er jedoch die Wahl, wird eine Obmanndiskussion nicht lange auf sich warten lassen.

5.4. Wählerschaft der ÖVP „Ein Sozialdemokrat braucht nur einen Grund, um SPÖ zu wählen. Bei der ÖVP reicht ein Grund, um die Partei nicht zu wählen“ (Rösner 2011). Diese Aussage über die Wählerschaft der ÖVP stammt von Fritz Kaltenegger, einem ehemaligen ÖVP- Generalsekretär.

5. Österreichische Volkspartei Seite 88

Trotz zahlreicher Wahlerfolge, wie beispielsweise die Alleinregierung unter Josef Klaus in den 1960er Jahren, sieht sich die ÖVP seit ihrem Bestehen mit einer höchst heterogenen und schwierigen Wählerschaft konfrontiert (vgl. Nimmervoll 2008). Die absolute Mehrheit und die erste Alleinregierung sollte für längere Zeit der letzte große Wahlerfolg gewesen sein, der der Partei gelang. Knapp fünf Jahrzehnte später schaffte die ÖVP wieder den Sprung an die Spitze und konnte eine Wahl für sich entscheiden. Die Ursache für zahlreiche Wahlniederlagen liegt auf der Hand: „Das Kernproblem der ÖVP bestand seit jeher im Zusammenspiel der Bünde und der Abhängigkeit von der Kernwählerschaft, sodass die Parteigeschichte oftmals von vielschichtigen Konflikten bei der Ansprache, Integration und Bindung der eigenen Anhängerschaft gekennzeichnet war“ (Wagner 2014: 370).

Der Stil und die Ausrichtung des Wahlkampfes wurden maßgeblich beeinflusst durch die pluralistische Parteiorganisation der Bünde. Unkoordiniert und kaum mit den Wahlkampfanstrengungen der Bundespartei verbunden – so liefen bis in die Mitte der 1990er Jahre die Wahlkämpfe der Partei ab (vgl. Wagner 2014: 370). Mit Hilfe einer Segmentierung der Wählerschichten gelang es ab Mitte der 1990er Jahre die Wahlkampfauftritte der Partei zu verbessern. Die Parteiführung beauftragte ein Marktforschungsinstitut eine Clusteranalyse durchzuführen, mit dem Ziel, die Bevölkerung in drei Gruppen einzuteilen und die Wahlkampfstrategie danach auszurichten bzw. auf die jeweiligen Gruppen optimal abzustimmen (vgl. Auer/Scheucher 1995: 158f). Höhere Angestellte sowie jüngere, reformorientierte Wähler/innen bildeten die erste Gruppe, welche von dem Spitzenkandidaten Erhard Busek betreut sowie überzeugt werden sollten, die Partei zu wählen. Auer und Scheucher meinen hierbei wertkonservative Individualisten und libertäre Postmaterialisten, die es umzustimmen und zu gewinnen galt (vgl. Auer/Scheucher 1995: 158f).

Der dazumal amtierende Außenminister Alois Mock widmete sich der zweiten Gruppe, bestehend aus verunsicherten Materialisten und traditionellen Sozialstaats- und Wachstumsorientierten. Vor allem ältere, schlechter gebildete Durchschnittsverdiener des Dienstleistungsgewerbes haderten in den 1990er Jahren mit Tumulten in der Parteienlandschaft Österreichs und versprachen sich von dem Außenminister eine neue Stabilität und urgierten sozialstaatliche Lösungskompetenz von der ÖVP (vgl. Auer/Scheucher 1995: 158f). 5. Österreichische Volkspartei Seite 89

Alois Mock war es auch, der sich um die dritte Gruppe, zusammensetzend aus skeptischen Traditionalisten mittleren Einkommens, beheimatet in eher ländlich geprägten Gebieten, annehmen sollte. Nach dem Zerfall des Ostblocks sowie dem Beitritt von Österreich zur Europäischen Union lag es an Alois Mock, Vertrauen im Sinne der Wahlkampfausrichtung „Wirtschaft, Sicherheit, Heimat“ an diese Gruppe auszustrahlen (vgl. Auer/Scheucher 1995: 158f).

Die getätigten Anstrengungen und die Aufteilung der Wählerschaft in drei Gruppen wurden jedoch nicht belohnt und der erhoffte Erfolg blieb aus: Dem Spitzenkandidaten der freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) Jörg Haider war es mittels eines populistischen und medienwirksamen Wahlkampfs gelungen, die Strategie der ÖVP zu durchkreuzen. Die gesetzten Ziele wie der sozialdemokratischen Partei die Kanzlerschaft abzuringen in Verbindung mit dem eigenen Anspruch, die stärkste Kraft in der Parteienlandschaft in Österreich zu sein, konnten nicht realisiert werden (vgl. Wagner 2014: 372).

„Begünstigt wurde der permanente Rückstand auf die SPÖ durch den beträchtlichen Grad an Faktionalismus und interner Zerstrittenheit, die bei der Volkspartei bereits inmitten der Legislaturperiode überdurchschnittlich hoch waren“ (Wagner 2014: 372). „Aber auch Wahlkampftermine begründeten zusätzliche konstante innerparteiliche Konflikte mit Ausnahme der Schüssel- Regierungen“ (Wagner 2014: 372). Zu einem Rückgang der innerparteilichen Konflikte kam es erst in den Jahren 2000 – 2007. Der Vorteil, dass die ÖVP in dieser Zeit den Kanzler in der Regierung stellte, war ausschlaggebend für eine Reduzierung der Streitigkeiten um mögliche Positionen und Ämter, die es mit Vertretern der Teilorganisationen zu besetzten galt (vgl. Wagner 2014: 372).

5. Österreichische Volkspartei Seite 90

Sozialstruktur der ÖVP-Wähler/innen nach Berufsmilieu 1969 – 1983 (Werte in Prozent)

50 45 Selbstständige 40 35 Angestellte/ 30 Beamte 25 Arbeiter/ 20 Facharbeiter 15 Landwirte 10 5 0 1969 1973 1978 1983

Abbildung 10: Sozialstruktur der ÖVP-Wähler/innen; Quelle: Schwarz-bunter Vogel. Studien zu Programm, Politik und Struktur der ÖVP (1985)

Bei ihrer Gründung galt die ÖVP als eine Partei für Gewerbetreibende und die Bauernschaft. Im Laufe der Jahre entwickelte sie sich zu einer Arbeitnehmerpartei (vgl. Plasser 1988: 60). Wie in der Grafik ersichtlich, bestand die Wählerschaft der ÖVP im Jahr 1969 noch aus 19 Prozent Selbstständigen/ Gewerbetreibenden, 35 Prozent Landwirten, 23 Prozent Arbeitern und 29 Prozent Angestellten. In den darauf folgenden Jahren veränderte sich diese Struktur der ÖVP-Wählerschaft erheblich. Die oben abgebildete Grafik belegt diesen „Trend“: Beamte und Angestellte bilden mittlerweile die größte Wählergruppe der ÖVP. Im Jahr 1983 bekam die ÖVP von 67 Prozent der unselbstständig Erwerbstätigen der Bevölkerung ihre Stimme, lediglich 20 Prozent der Landwirte und 12 Prozent der Selbstständigen entschieden sich am Wahltag die ÖVP zu wählen.

5. Österreichische Volkspartei Seite 91

5.4.1. Rückgang des katholisch-ländlichen Bestands Der Aufschwung, der der rechtspopulistischen FPÖ unter der Führung von Jörg Haider ab den 1980er Jahren gelang, beunruhigte die österreichische Parteienlandschaft. Weiters kam hinzu, dass sich die anerkannten Parteien im Nationalrat mit wesentlichen gesellschaftlichen und auch ökonomischen Veränderungen in Österreich auseinandersetzen und der Bevölkerung Lösungsvorschläge präsentieren mussten (vgl. Wagner 2014: 373). Frühzeitig wurde von der Parteiführung der ÖVP festgestellt, dass durch ein Abschmelzen der wahlberechtigten Bevölkerung aus der Landwirtschaft aufgrund der voranschreitenden Industrialisierung und der Ausweitung des Dienstleistungsbereichs, eine zielgerichtete Ansprache der „neuen, angestellten Mittelschicht“ (Plasser 1995: 569) unabdingbar war (vgl. Wagner 2014: 373). Mittlerweile sorgte sich die ÖVP um ihre Kernwählerschaft, da durch die Erfolge der FPÖ traditionelle Strukturen aufgeweicht worden sind. Speziell bei der Arbeiterschaft konnte die FPÖ punkten, fügte allerdings nicht nur der traditionellen Arbeiterpartei SPÖ Verluste zu, sondern führte auch die beispielsweise von der ÖVP als selbstverständlich gehaltenen Alleinregierungen in der Steiermark zu einem Ende (vgl. Wagner 2014: 373).

Da die Wahlkämpfe der Partei bis dahin noch selbstbewusst und mit einer gewissen Stärke geführt worden sind, waren die erlittenen Einbrüche innerhalb der christdemokratischen Wählerschaft doch eine gewisse Überraschung. So konnte sich die ÖVP Anfang der 1980er Jahre doch über eine verlässliche Unterstützung bei wichtigen Bevölkerungsteilen, wie beispielsweise den Landwirten und Gewerbetreibenden, sicher sein. Regelmäßige Kirchgänger/innen wählten ebenso bevorzugt die ÖVP anstatt der SPÖ (vgl. Kofler 1985: 13ff). Das Jahr 1986 sollte alles verändern: Bezeichnet als „Wendejahr“, symbolisierte dieses Jahr einerseits einen starken Einbruch bei Parteibindungen in Österreich und sorgte andererseits mit einer Verdoppelung der Stimmen im Vergleich zur letzten Nationalratswahl 1983 bei der FPÖ für eine Etablierung in der österreichischen Parteienlandschaft. Lediglich in ländlich-peripheren Gebieten fand die ÖVP Rückhalt und wusste eine starke Wahlgemeinde hinter sich (vgl. Müller/Nissel 1996: 270). Sieder, Steinert und Talos schreiben, dass seit dem politischen Wendejahr 1986 theoretisch bürgerliche Mehrheiten rechts von der Mitte existierten, jedoch eine andere Koalition als die innerhalb des sozialpartnerschaftlichen Gefüges mit der SPÖ vorerst unvorstellbar war (vgl. Sieder/Steinert/Tálos 1996: 26f). „In der Phase der Verunsicherung hatten aber auch 5. Österreichische Volkspartei Seite 92 einige restaurative Elemente volksparteilicher Verankerung in der österreichischen Bevölkerung Bestand und verhinderten eine Erosion“ (Wagner 2014: 374). Beispielsweise war die ÖVP in den Fremdenverkehrsregionen Tirol und Vorarlberg vorherrschend. Ebenso konnte sich die Partei in Oberösterreich, Niederösterreich und der Südoststeiermark behaupten und ihre Führungsposition behalten (vgl. Müller/Nissel 1996: 270ff).

Trotz turbulenter Zeiten und unabhängig unwiderlegbarer Erosionstendenzen, bekannte sich die Partei weiterhin zu ihrer konfessionellen Prägung, da diese eine lange historische Tradition besaß: Schon im Jahr 1949 gab es mehrfach Aufforderungen von der Bewegung „Katholische Aktion“, die ÖVP zu wählen (vgl. Wagner 2014: 374). Die katholische Kirche oder Persönlichkeiten katholischer Vereinigungen nutzen auch in den darauf folgenden Jahrzehnten ihre Stimme und haben für die Volkspartei geworben (vgl. Steger 1985: 72f). „Als aber in den 1960er und 1970er Jahren der Zerfall konfessioneller Selbstverständlichkeiten in der österreichischen Gesellschaft und abgemindert auch in der Umgebung der ÖVP weiter voranschritt, zog diese Entwicklung auch die Gefahr eines verminderten Beistands durch die Kirche nach sich, was sich in der Folgezeit auch auf die konfessionell geprägten Teilorganisationen und das direkte Umfeld der eigenen Anhängerschaft auswirken sollte“ (Steger 1985: 78). So schreibt Ulram, dass sich in den 1970er Jahren noch 78 Prozent der ÖVP-Anhänger im parteipolitischen Netzwerk befunden haben, knapp drei Jahrzehnte später jedoch ein Rückgang um 30 Prozent auf 48 Prozent festgemacht werden konnte (vgl. Ulram 1997: 515).

Gelang es der ÖVP im Jahr 2002 noch mehr als zwei Drittel der regelmäßigen Kirchenbesucher zu überzeugen, reduzierte sich der Anteil im Jahr 2008 auf nur noch 50 Prozent. Wesentlich bedenklicher war die Entwicklung bei den gelegentlichen Kirchgängern/innen: War es Anfang der 2000er Jahre noch ein Drittel, das sich mit den Vorstellungen der ÖVP identifizieren konnte, sank es innerhalb eines Jahrzehnts auf ein Viertel. Natürlich hatte dieser Verlauf der abnehmenden Mobilisierung auch Konsequenzen in Bezug auf die Wählerstruktur der Volkspartei: Nahmen 2001 nur noch 33 Prozent der Anhänger/innen zumindest einmal pro Woche an einem Gottesdienst teil, waren es im Jahr 1955 noch doppelt so viele gewesen (67 Prozent) (vgl. Plasser/Ulram 2002: 93). Zusätzlich erschwerte die Koalition unter dem Bundeskanzler Wolfgang Schüssel mit der FPÖ im Jahr 2000 das Erfassen konfessionell geprägter Anhänger/innen, 5. Österreichische Volkspartei Seite 93 weswegen die Einbindung katholischer Wählergruppen noch seltener funktionierte (vgl. Zulehner 2000: 232f). „Zu allen Rekrutierungsschwierigkeiten kam hinzu, dass die zunehmende Profilierung der SPÖ unter den sporadischen Kirchgängern die Zustimmung der Katholiken für die ÖVP noch deutlich weiter erodieren ließ“ (Wagner 2014: 376).

Gelang es der Volkspartei mit Fortdauer der Zeit immer weniger Katholiken/innen für die Partei zu gewinnen, reduzierte sich außerdem der Wählerzulauf seit den Nationalratswahlen 2006 bei den Bekenntnislosen auf 15 Prozent. Diese beiden Aspekte – Verlust der katholischen Kernwähler/innen und das Nichterreichen der bekenntnislosen Wahlberechtigten – führten zu einem Abwärtstrend für die Partei, welcher auch durch Zuwächse an Wählern/innen in anderen Bereichen nicht aufgefangen werden konnte (vgl. Wagner 2014: 376). Negative Auswirkungen hatte zudem das Schrumpfen des landwirtschaftlichen Sektors in den letzten Jahrzehnten, demzufolge es zu einer Abnahme der traditionellen Kernwählerschicht der ÖVP kam. Anzumerken ist, dass zwar nach wie vor traditionelle Beweggründe bei der Stimmenabgabe und der Parteibindung einen hohen Stellenwert hatten, allerdings bloß nur mehr bei einem Viertel der ÖVP-Wähler/innen (vgl. Nemella/Sebinger 2005: 24). Rainer Nick schreibt, dass es die Volkspartei in den 1970er Jahren schaffte, 84 Prozent aller Landwirte zu erreichen, die konstant den Gottesdienst besuchten, hingegen nur jeden achten Arbeiter ohne Bindung zur Kirche (vgl. Nick 1985: 29). Weiters verweist Wagner in seinen Ausführungen auf Votzi, der erkannte, dass die Partei an mehreren Seiten zu kämpfen hatte, um ihre Wählerschaft nicht zu verlieren: Aufgrund der zunehmenden Wahlerfolge der FPÖ gelang es dieser, die Beamtenschaft, die sich über Jahre als treue Wähler/innen erwiesen hatte, von der ÖVP loszueisen. Die daraus resultierenden Einbußen an Wählern/innen konnte aber durch eine gestiegene Zustimmung im Bereich der Angestellten ausgeglichen werden (vgl. Wagner 2014: 376).

Mithilfe eines neuen Programms, das unter anderem Themen wie zukünftige Sparprogramme oder das Verbot der Einführung neuer Steuern beinhaltete, erhoffte man sich in der ÖVP in den 1990er Jahren die Angestellten und auch alle anderen Erwerbstätigen verstärkt anzusprechen und davon überzeugen zu können (vgl. Wagner 2014: 376f). 5. Österreichische Volkspartei Seite 94

„Diese Vorgehensweise verfing Mitte der 1990er Jahre deutlich stärker als personelle Fragen, wie etwa die nach der Spitzenkandidatur Wolfgang Schüssels“ (O.V. 1995: 4).

Folgende Grafik soll einen Überblick über das Abschneiden der jeweiligen Partei bei spezifischen Themen in der Bevölkerung geben. Demnach befindet sich die ÖVP bei allen Themen entweder im Mittelfeld oder am Ende des Rankings. Beispielsweise liegt die SPÖ beim Thema Arbeitsplatzsicherung und Rentensicherung unangefochten an der Spitze. Vergleichsweiße mäßig schneidet hierbei die ÖVP ab. Schlusslicht bildet die ÖVP beim Thema der Ausländerfrage. Lediglich 13 Prozent denken, dass die ÖVP dieses Problem in den Griff bekommt – Spitzenreiter ist die FPÖ, der in dieser Hinsicht Vertrauen geschenkt wird.

Abbildung 11: evaluierte Kompetenzen der einzelnen Parteien; Quelle: Parteien auf komplexen Wählermärkten (1999)

Wagner bezieht sich hierbei auf Votzi, welcher in einem Artikel konstatiert: Aufgrund der geringen Kompetenzwerte richtete die ÖVP unter der Führung von Wolfgang Schüssel vorerst den Fokus auf die Themen der Budgetsanierung und der Arbeitsplatzsicherheit, da hierbei die größte Steigerung realisierbar war. Allerdings brachte diese arbeitnehmerfreundliche Ausrichtung Auseinandersetzungen mit dem Wirtschaftsbund mit sich, da dieser Flügel der Partei eine deutlichere Abgrenzung zur FPÖ verlangte, um die ÖVP-Wahlverluste im Bereich der Selbstständigen Wähler/innen möglichst gering zu halten bzw. zu reduzieren, da es der FPÖ bereits gelungen war, die ÖVP in diesem Bereich zu überholen (vgl. Wagner 2014: 378). In der Koalition mit der FPÖ führte Kanzler Wolfgang Schüssel die Partei in Richtung liberaler und wertkonservativer Wählergruppen, worauf sich für die ÖVP Kompetenzvorsprünge in gewissen Politikfeldern ergaben (vgl. Plasser/Ulram/2006: 369).

5. Österreichische Volkspartei Seite 95

Infolge dieser Entwicklung schaffte es die Volkspartei im Laufe der gesamten 2000er Jahre bei Wahlen auf Landtags-, Nationalrats-, und EU-Ebene zweistellige Zuwachsraten unter den Selbstständigen zu erzielen. Außerdem erarbeitete sich die Partei mit diesem neuen Kurs einen Vorteil/Vorsprung gegenüber der SPÖ und der FPÖ in den Bereichen Interessensschutz der Wohnungseigentümer, bei den unternehmerischen Freiheiten, als auch bei den Interessen von Unternehmern/innen und Kapitalanleger/innen (vgl. Filzmaier/Perlot 2008: 21). Angesichts dieser wirtschaftsfreundlichen Kehrtwende konnten sich die Sozialdemokraten bei den Wählergruppen Senioren, Beamten und Arbeitern wieder von der Volkspartei absetzen und einen Vorsprung aufbauen. Themen wie Chancengleichheit, Schaffung von neuen Arbeitsplätzen und Bildungseinrichtungen waren ebenfalls in sozialdemokratischer Hand (vgl. Haller 2008: 408).

5.4.2. Verlust der Wechselwähler/innen und der Rückgang städtischer Repräsentanz „Die gesellschaftliche Aufbruchstimmung seit den späten 1980er Jahren erreichte die Volkspartei insofern nur sehr begrenzt, als sie sich ab diesem Zeitpunkt vermehrt mit parteiinternen Obmanndebatten auseinanderzusetzen hatte“ (Wagner 2014: 378). Gerade zu dieser Zeit kam der ÖVP in weiten Teilen ihre Stammwählerschaft abhanden, da es der Partei nicht gelang, sich bei sozial- und wirtschaftspolitischen (hinter der SPÖ) bzw. kulturell- und sicherheitspolitischen (hinter der FPÖ) Fragestellungen zu empfehlen. Gleichzeitig konnte die ÖVP aber auch keine Wählerzuströme verzeichnen, weshalb die erlittenen Verluste nicht kompensiert werden konnten (vgl. Wagner 2014: 378). Ferner sah sich die ÖVP mit einem ansteigenden volatilen Wählerverhalten konfrontiert: War im Jahr 1979 der Anteil der Wechselwähler/innen mit bloß sieben Prozent der Wahlberechtigten noch sehr gering, hatte sich dieser bei der Nationalratswahl 1990 mehr als verdoppelt und machte hier immerhin schon 16 Prozent aus. Bei der Nationalratswahl 1999 stieg der Prozentsatz der Wechselwähler/innen weiter an und erlangte 21 Prozent, bevor er im Jahr 2000 den neuen Höchststand mit 48 Prozent markierte (vgl. Fallend 2004: 82). Innerhalb von zehn Jahren hatte sich der Wert von 16 Prozent (1990) auf 48 Prozent (2000) somit verdreifacht.

Simultan dazu verringerte sich die Verlässlichkeit der traditionellen Kernwählerschaft offensichtlich: Wurden im Jahr 1979 noch 82 Prozent der konstanten Parteiwähler/innen 5. Österreichische Volkspartei Seite 96 erreicht, musste die ÖVP in den darauf folgenden Jahren immer größere Verluste hinnehmen. Konnten bei der Nationalratswahl 1986 zumindest noch 68 Prozent der Stammwähler überzeugt werden, verzeichnen die Statistiken für das Jahr 2002 mit gerade einmal 55 Prozent den neuen Tiefststand (vgl. Hofinger/Breitenfelder/Salfinger 2003: 171). Plasser führt zwei wesentliche Gründe an, die für einen Verlust an Wählerstimmen bzw. Bedeutung für die ÖVP ausschlaggebend waren: eine Verminderung der katholisch- ländlichen Wählerstrukturen in Kombination mit einem sinkenden Interesse an Parteibindungen (vgl. Plasser 1989: 48ff).

Ausgerechnet die FPÖ verhalf der ÖVP den Trend zu stoppen: Durch interne Streitigkeiten kam es zu Abspaltungen in der FPÖ, wodurch die ÖVP von einer erhöhten Volatilität profitieren konnte. Gerade die unmissverständliche Mittenstellung der Volkspartei in der Parteienlandschaft Österreichs, die bis dahin zumeist für ein Abwandern der Wählerschaft verantwortlich war, sollte sich nun als ein wesentlicher Vorteil gegenüber der FPÖ herausstellen (vgl. Wagner 2014: 379). Bei sämtlichen darauf anstehenden Nationalratswahlen schaffte es die ÖVP modernitätskritische Protestwähler/innen vom freiheitlichen Lager zu überzeugen und so Zugewinne zu verzeichnen (vgl. Filzmaier/Perlot 2008: 22). Dennoch erwies sich die Rückkehr in das Kanzleramt am Ballhausplatz schwieriger als gedacht: zunehmende Probleme, die eigene Wählerschaft zu mobilisieren, verhinderten den Weg an die Spitze. Speziell bei der Nationalratswahl 2006 musste die ÖVP zahlreiche Wählerstimmen, einerseits an die Sozialdemokraten und zum anderen an das Nichtwählerlager, abtreten (vgl. Filzmaier/Perlot 2008: 23).

Unter Wolfgang Schüssel vollzog sich ein Wandel in der Volkspartei hin zu einer Partei der Höhergebildeten, der Älteren und Angestellten und illustrierte sowohl den eintretenden gesellschaftlichen als auch den demografischen Wandel der österreichischen Dienstleistungsgesellschaft. Die vorherrschende praktische und strukturelle Vormachtstellung des Bauernbundes sowie der bedeutende Einfluss bei landwirtschaftlichen Werten implizierten bei solcherlei Veränderungen aber ein hohes Maß an Konflikten (vgl. Müller/Ulram 1995: 149).

Ein ähnliches Ergebnis präsentierte auch das österreichische Market- Institut im Jahr 2009: Hierbei wurde unter anderem ermittelt, für welche Schichten der Bevölkerung die 5. Österreichische Volkspartei Seite 97

Volkspartei am meisten eintritt. Resümee: Die ÖVP setzt sich meistens für Landwirte, Beamte, Angestellte sowie Besserverdienende ein. Ein anderes Bild zeigte sich beim Blick auf andere Schichten der Bevölkerung: Hinter der SPÖ und teilweise sogar abgeschlagen hinter der FPÖ und den Grünen lag die ÖVP bei Arbeitslosen, Frauen und Familien, gleichwohl auch bei Arbeitern/innen, Jugendlichen sowie Pensionisten (vgl. Seidl 2009).

Für urbane und leistungsorientierte Bürger/innen sowie für Jugendliche und Familien konnte die Volkspartei in letzter Zeit keine attraktiven programmatischen Angebote darbieten (vgl. Burgstaller 2011). Gleichermaßen waren die umgesetzten Sozialreformen der ÖVP-FPÖ Koalition und finanzielle Zäsuren im Rahmen der Pensionsreform bei den Wählern/innen noch nicht vergessen. Vor allem Menschen der unteren Beamtenschicht und die Gruppe der Hilfsarbeiter wendeten sich Anfang der 2000er Jahre von der Partei ab. Haller schreibt, dass sich die Quote der ÖVP-Wähler/innen unter den einfachen Arbeitern von 23 Prozent im Jahr 1986 auf drei Prozent im Jahr 2003 reduzierte. Ähnlich verhielt es sich bei den Hilfsarbeitern: Hier sank der Anteil von ehemals 36 Prozent auf ein viertel davon – neun Prozent (vgl. Haller 2008: 414). Das Problem, die urbane Bevölkerung zu überzeugen, sollte die Volkspartei noch länger beschäftigen: Auch die Obleute die auf Wolfgang Schüssel folgten (Molterer, Pröll und Spindelegger) wussten nichts der schwindenden Repräsentanz bei der urbanen Bevölkerung maßgeblich entgegenzusetzen und in Griff zu bekommen (vgl. Wagner 2014: 381). Auch der mit bisweilen nur vier Prozent der Arbeiterschaft bei Landtags- und Gemeinderatswahlen in Wien 2005 und 2010 erreichte Wähleranteil bescheinigte die nicht vorhandene Konkurrenzfähigkeit der Volkspartei im urbanen Gebiet (vgl. Filzmaier/Perlot/Beyrl 2011: 57).

5.4.3. Rückschlag und steigende Erwartungshaltungen Alle Parteien in Österreich sahen sich in letzter Zeit mit erschwerten Voraussetzungen im politischen Wettstreit konfrontiert: Während sich in den letzten Jahrzehnten der Anteil der mobilen Wähler/innen und faktischen Wechselwähler/innen vervierfachte, halbierte sich der Anteil der Parteimitglieder im selben Zeitraum (vgl. Plasser/Ulram/Gilg 2007: 156). Auch dem neuen Obmann Michael Spindelegger gelang es nicht, das Hauptproblem der 5. Österreichische Volkspartei Seite 98

Volkspartei mit den Kennzeichen einer städtisch-defizitären, ländlich geprägten und überalterten Wählerschaft zu lösen (vgl. IMAS International 2011). Lediglich 13 Prozent der österreichischen Bevölkerung unter 30 Jahren und gar nur 15 Prozent der Wiener entschieden sich am Wahltag für die ÖVP zu votieren. Wien war allerdings keine Ausnahme: Auch in vielen anderen kleineren und mittleren Städten erreichte die Volkspartei nicht mehr als 19 Prozent der Wahlberechtigten (vgl. IMAS International 2009b: 1).

Deutlich eingeschränkt wurden die Aussichten auf Wahlerfolge durch die sozialstrukturelle Eingrenzung auf nur wenige Bevölkerungsteile der Gesellschaft: Studiert man die Statistik des Wahlausgangs in den 20 größten Gemeinden Österreichs, so wird ersichtlich, dass es die ÖVP erst in der zehntgrößten Stadt Dornbirn schaffte, eine relative Mehrheit der Stimmen zu erlangen. Die wahlberechtigte Bevölkerung erteilte in nur drei kleineren Gemeinden der Volkspartei die Mehrheit der Stimmen, jedoch nie mit mehr als 32 Prozent. Bei den verbleibenden sechzehn Gemeinden und primär den größten Gemeinden des Landes ging die SPÖ als Wahlsieger hervor und die ÖVP kam hinter den Sozialdemokraten und dem BZÖ über den dritten Platz nicht hinaus. Insbesondere in den Städten herrscht eine große Unzufriedenheit mit den etablierten Parteien vor. Vor allem Höhergebildete und Jüngere – immerhin ein Drittel der Bevölkerung – wünschen sich ein größeres Parteienangebot (vgl. Seidl 2012a).

Die starke Dependenz der ÖVP von den Bünden, besonders der des Bauernbundes, wurde nicht nur auf Gemeindeebene sondern auch auf Länderebene augenscheinlich: Lediglich in den ländlich geprägten „ÖVP-Festungen“ Niederösterreich, Oberösterreich und Vorarlberg, in denen die Volkspartei seit mehreren Jahrzehnten mit teilweise absoluter Mehrheit die Regierungsverantwortung für das Bundesland inne hatte, konnte sich die ÖVP durchsetzen und Wahlsiege einfahren. In den übrigen Bundesländern kam die Partei über die Rolle einer Kleinstpartei nicht mehr hinaus und verzeichnete beispielsweise in Wien und Kärnten bloß 13,99 Prozent bzw. 16,8 Prozent aller abgegebenen Wählerstimmen. Wagner weist darauf hin, dass die ÖVP bei den letzten elf Landtagswahlen von 2009 – 2013 neun Mal deutliche Verluste von zeitweise 7,5 Prozent der Stimmen hinnehmen musste und den Abwärtstrend fortsetzte (vgl. Wagner 2014: 382).

5. Österreichische Volkspartei Seite 99

„Durch die letzten Erfolge der Rechtspopulisten Österreichs verfestigte sich das Bild einer ländlich, rückständig und träge wahrgenommenen Partei zusätzlich“ (Wagner 2014: 382). Im Vergleich dazu charakterisierte sich die FPÖ, die im Wählerschnitt zwölf Jahre unter dem der Volkspartei lag, gerade beim jungen Wahlvolk als attraktive Partei. Wie schon bei früheren Nationalratswahlen musste die ÖVP die meisten Stimmen, abgesehen von dem Nichtwählerlager, an die freiheitliche Partei Österreichs abtreten. Das Image einer modernen, zielbewussten, aufstrebenden Partei kam der Volkspartei seit dem Beginn der Schüssel Regierungen daher abhanden (vgl. Wagner 2014: 384).

Nur elf Prozent der Wechselwähler/innen entschieden sich bei der Nationalratswahl 2008 dafür, der ÖVP ihre Stimme zu geben. Bei dieser Wahl wurde die höchste Zahl der Wechselwähler/innen sowie spät entscheidenden Personen in der Geschichte der zweiten Republik festgestellt. Vergleichsweise dazu votierten bei der Bestätigung von Wolfgang Schüssel nach dem Ende der Koalition mit der FPÖ immerhin noch 48 Prozent aller Wechselwähler/innen für die ÖVP (vgl. GfK Politikforschung 2008: 7).

Da in den vorigen Absätzen die negative Entwicklung der Wechselwähler/innen und das Abhandenkommen thematisiert wurde, beweist die Literatur, dass auch ein umgekehrtes Szenario möglich ist: Die enorme Verankerung der Volkspartei im religiös beeinflussten Umfeld des österreichischen Wahlvolks erweist sich nach wie vor als ungebrochen stark. Mit knapp 90 Prozent katholischer Wählerschaft behauptet die Volkspartei den größten Anteil dieser Konfession für sich. Weitere 70 Prozent der wöchentlichen Kirchgänger/innen betonen, bei der Wahl für die ÖVP zu votieren. Nemella und Sebinger merken an, dass sich die Wahlentscheidungen der regelmäßigen, wie auch unregelmäßigen, Gottesdienstbesucher/innen in allen Bevölkerungsgruppen Österreichs, abgesehen von wenigen Prozentpunkten seit den 1980er Jahren, weitreichend konstant verhalten haben (vgl. Sebinger/Nemella 2005: 450). IMAS International bestätigt diese These: „Die Volkspartei war und ist nach wie vor konfessionell verhältnismäßig homogen strukturiert: 90 Prozent der Anhängerschaft sind katholischen Glaubens, nur sieben Prozent sind – das ist der geringste Wert aller Parteien – ohne Konfession“ (IMAS International 2006: 3a).

5. Österreichische Volkspartei Seite 100

5.4.4. Aufschlüsselung der ÖVP-Wählerschaft bei der Nationalratswahl 2008 nach dem Alter Folgende Grafik widerspiegelt die ÖVP Wählerschaft bei der Nationalratswahl 2008. Deutlich ersichtlich ist, dass sich die ÖVP mit dem Problem einer überalterten Anhängerschaft – mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen kam von der Gruppe der über 55Jährigen – beschäftigen und auseinandersetzen muss. Bei der Gruppe der 35- 44Jährigen sowie der 45-54Jährigen gelang es der ÖVP knapp 16 bzw. 18 Prozent der Wählerstimmen zu bekommen. Bei der jüngsten Wählergruppe der unter 24jährigen blieb die Partei einstellig und kam über sechs Prozent nicht hinaus.

Abbildung 12: Alter der ÖVP-Wählerschaft; Quelle: Wandel und Fortschritt in den Christdemokratien Europas (2014)

5.4.5. Wählerschaft der ÖVP Fazit Abschließend gilt es nun noch einmal die wichtigsten Erkenntnisse des Kapitels über die Wählerschaft der ÖVP zusammenzufassen und aufzuzeigen. Die österreichischen Parteien sowie deren Wählerschaft sahen sich ab den 1960er und 1970er Jahren mit nachhaltigen Veränderungen konfrontiert, die sich in einer ansteigenden Flexibilität und Bindungslosigkeit äußerten (vgl. Wagner 2014: 384). Bezeichnend für die Wählerschaft der ÖVP sind nach wie vor der hohe Anteil von Landwirten sowie die hohe Quote von regelmäßigen Gottesdienstbesuchern/innen im 5. Österreichische Volkspartei Seite 101

Vergleich zu den anderen Parteien in Österreich. Vor allem im Bereich der Landwirte kann die Volkspartei nach wie vor auf eine breite Unterstützung zählen. Trotzdem sieht sich die Partei mit verschiedenen Problemen konfrontiert: Etwa der zunehmenden Wählermobilisierung, dem Rückgang der Mitgliedschaften in der Partei und ihre Positionierung. Ihre Ausrichtung hin zur Mitte kann für die Partei noch zu einem großen Verhängnis werden und die Konkurrenzsituation im Kampf um potentielle Wählerstimmen zuspitzen. Gerade die Grünen, die mittlerweile die zweithöchste Quote bei den Kirchenbesuchern/innen aufweisen, entwickeln sich in diesem Bereich für die ÖVP als großer Konkurrent (vgl. Jungnikl 2009).

Die Zahl der ÖVP-Wechselwähler/innen könnte sich durch die Abnahme der ideologischen Barrieren erhöhen, wobei ebenfalls mitteorientierte Parteien, wie etwa die Grünen, davon profitieren würden.(vgl. Jungnikl 2009) Kurzum kann gesagt werden, dass es die ÖVP in den letzten Jahren verabsäumt hat, im Bereich der Wählermobilisierung sich zu konsolidieren und dem Abwärtstrend erfolgreich entgegenzuwirken. Es gelang nicht, neue Wählerschichten zu überzeugen, bei Wahlen für die Volkspartei zu votieren. Im Gegenteil - die Partei musste vielmehr Verluste im Sektor der Beamten und im öffentlichen Dienst sowie beim jungen Wahlvolk hinnehmen. Bislang schaffte es die ÖVP nicht, sich den neuen gesellschaftlichen und demographischen Veränderungen und Herausforderungen anzupassen bzw. Lösungsansätze zu präsentieren. (vgl. GFK Austria Politikforschung 2008: 7) Zunehmende Politikverdrossenheit und Protestwahlen (wie beispielsweise die Wahl des Bundespräsidenten) aufgrund koalitionsbedingter Uneinigkeit und Streitereien zwischen den beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP erschweren es für die ÖVP noch zusätzlich, neue Wählergruppen zu motivieren bzw. die Wahlbeteiligung zu erhöhen.

Als deutlich schwieriger kann die Situation in den größeren Städten des Landes betrachtet werden: Mit 9,24 Prozent der abgegebenen Stimmen und dem vierten Platz hinter der SPÖ, der FPÖ und den Grünen bei der letzten Landtagswahl in Wien kann nicht mehr von einer Großpartei ÖVP gesprochen werden. Die ehemaligen „schwarze Hochburgen“ Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg konnten zwar den ersten Platz bei den letzten Landtagswahlen noch für sich behaupten, mussten allerdings, wie beispielsweise in Oberösterreich, Stimmenverluste im zweistelligen Prozentbereich verbuchen. 5. Österreichische Volkspartei Seite 102

Zwischenzeitliche Zugewinne im Bereich der „blue-collar“ Arbeiter/innen, den Angestellten sowie den Selbstständigen, die während der Kanzlerschaft von Wolfgang Schüssel erzielt wurden, gingen in den letzten Jahren wieder verloren (vgl. Fallend 2004: 86).

Augenscheinlich wurde dabei eine gewisse Diskrepanz zwischen der alten-traditionellen Kernwählerschaft der Partei und neuen Wählergruppen der Volkspartei. Bevorzugte die Kernwählerschaft Stabilität vor Veränderung und Fortschritt, sprachen sich Jungwähler/innen und Höhergebildete für einen Fortschritt in der Volkspartei aus (vgl. SORA 2013: 11). Für die ÖVP gilt es, die „Brennpunkte“ wie etwa Schwund der Parteimitglieder sowie der überalterten Mitgliedschaft der Partei in den Griff zu bekommen bzw. eine moderne zeitgemäße Politik zu betreiben, um die daraus resultierenden Verluste durch neue Wählergruppen kompensieren zu können.

6. Schlussbetrachtung Seite 103

6. Schlussbetrachtung

Betrachtet man die aktuellen Entwicklungen und die jüngsten Umfragewerte, entsteht der Eindruck, dass die besten Jahre der Volksparteien hinter ihr liegen. Umfragen wie beispielsweise von Peter Hajek oder der Unique research weisen Werte von 18 Prozent für die Österreichische Volkspartei aus. Anfang des Jahres erreichte die ÖVP in Umfragen noch um sechs Prozent mehr und konnte den zweiten Platz hinter der FPÖ erreichen. Seit Ende Mai – nach der Stichwahl um den Bundespräsidenten zwischen Ing. Norbert Hofer (FPÖ) und Dr. (unterstützt von den Grünen) - rangiert die ÖVP nur mehr auf dem dritten Platz hinter FPÖ und SPÖ. Uneingeschränkt an der Spitze und großer Nutznießer der schlechten Performance der beiden Regierungsparteien ist die FPÖ. Nach diesen Umfragewerten würden SPÖ und ÖVP gemeinsam nur mehr 42 Prozent aller Wählerstimmen bekommen – weit entfernt von der 50 Prozent Marke.

Abbildung 13: Umfragewerte; Quelle: http://www.nationalratswahl.at/umfragen.html (Stand: 10. August 2016)

Seit der Gründung hatte die Österreichische Volkspartei immer wieder mit Rückschlägen und Krisen zu kämpfen. Viele dieser Krisen hatte die Partei selbst zu verantworten, da praktisch von Anfang an ein parteiinterner Machtkampf um die wichtigen Positionen und Ämter stattfand. Dennoch gelang es der Partei in den ersten Jahrzehnten ihres Bestehens leichter, die Wähler zu überzeugen. Damals war es von Vorteil, dass das Angebot an Parteien sehr eingeschränkt war. In der heutigen Zeit nutzen politisch engagierte Menschen die Schwäche der beiden Großparteien aus und gründen neue Parteien. Die Entscheidung für die Wähler/innen, welcher Partei sie ihre Stimme geben, wird immer schwieriger. Somit wird der Wahlkampf um die Wählerstimmen immer härter. Die Anzahl der Wechselwähler steigt mit jeder Wahl an. 6. Schlussbetrachtung Seite 104

Von Arnim kennzeichnet drei wesentliche Indikatoren, welche für den Verlust von Wählerstimmen bzw. der Bedeutung von Volksparteien – auch für die ÖVP – zutreffen: - Rückgang der Wählerschaft - Überalterung und Schwund der Mitglieder - niedrigere Wahlbeteiligung der Bürger/innen (vgl. von Arnim 2009: 190)

Abbildung 14: Nationalratswahlen; Quelle: Politik in Österreich (2006)

Seit 1970 – der Ära von Bruno Kreisky (SPÖ) verlor die ÖVP zunehmend an Wählerstimmen – abgesehen von der Nationalratswahl 2002. Das historisch schlechteste Ergebnis erreichte die Partei bei der letzten Nationalratswahl 2013 mit knapp 24 Prozent. Des Weiteren verzeichnet die Volkspartei einen massiven Rückgang der Parteimitgliedschaften: In einem Zeitraum von dreißig Jahren hat sich der Prozentanteil eingeschriebener Parteimitglieder um die Hälfte reduziert. Zählten Ende der 1960er Jahre 27 Prozent aller Wahlberechtigten noch als Mitglieder der Partei, verringerte sich der Prozentsatz im Jahr 2004 auf nur mehr 15 Prozent. Eine ähnliche Entwicklung ist bei der Überalterung der Mitglieder festzustellen: Vor 35 Jahren betrug der Anteil der Parteimitglieder, welche älter als 60 Jahre waren, rund ein Fünftel. Bis ins Jahr 2001 stieg dieser Wert an: Mehr als ein Drittel aller Parteimitglieder hatte im Jahr 2001 das 60. Lebensjahr erreicht bzw. überschritten (vgl. Plasser/Ulram 2006: 554ff). Auch der Rückgang der Wahlbeteiligung in Österreich kann als eine Ursache für den Verlust von Wählerstimmen angeführt werden. In den Anfängen der Zweiten Republik erreichte die Wahlbeteiligung mit 96,8 Prozent ihren Höchststand. Wurde im Jahr 1990 die 90 Prozent 6. Schlussbetrachtung Seite 105

Marke bei der Wahlbeteiligung nicht mehr erreicht, lag sie knapp 20 Jahre später bei der Nationalratswahl 2008 nur mehr bei 78,8 Prozent (Vgl. Khol/Lopatka/Molterer 2005: 376).

Es stellt sich nun die Frage: Muss angesichts dieser Entwicklungen vom Ende der Volkspartei gesprochen werden? „Allen Substanzverlusten und Endzeitprognosen zum Trotz ist es der Volkspartei gelungen, sich im politischen Alltag und auf der politischen Bühne zu halten“ (Pracher 2012: 75). Für Tilmann Mayer besitzen Volksparteien durchaus eine Zukunft – er merkt aber an, dass der Weg zurück zu alter Stärke mit viel Aufwand und Engagement verbunden sein wird (Vgl. Mayer 2009: 12). Die ÖVP muss den Hebel bei der Bundespartei ansetzen – die Landesorganisationen wie etwa Niederösterreich und Oberösterreich konnten ihre Vormachtstellung behaupten und die Wahlen gewinnen (vgl. Hofer 2010: 171ff).

Anton Pelinka sieht die Zukunftsaussichten der Partei kritischer: Seiner Meinung ist „die ÖVP nicht mehr zeitgemäß und muss sich neu erfinden“ (Pelinka 2012). „Sie wirkt von ihrer bündischen Struktur bis zum demonstrativ zur Schau gestellten Traditionskatholizismus wie ein liebenswürdiges, aber verstaubtes Museum“ (Pelinka 2012). Zwar bezeichnet sich die ÖVP noch als Volkspartei, allerdings fokussiert sich die Partei auf Wählersegmente, die in der heutigen Gesellschaft unweigerlich erodieren. Die Partei verliert ihre Kernwählerschicht, da die Landwirte sowie die katholische Bevölkerung nur mehr einen kleinen Anteil der wahlberechtigten Bevölkerung repräsentieren. Weiters rechnet Pelinka mit der Organisationsstruktur der ÖVP ab: Für ihn ist die bündische Struktur überholt. Er versteht, dass es 1945 durchaus sinnvoll war, das berufsständische Denken fortzusetzen und die ÖVP als eine Partei von Landwirten, Arbeitnehmern/innen und Selbstständigen zu deklarieren. Heutzutage wird es immer schwieriger, Menschen einem bestimmten Berufsstand zuzuordnen, daher betrachtet Pelinka diese Einteilung der ÖVP als veraltet (vgl. Pelinka 2012).

Der ehemalige EU-Agrarkommissar Franz Fischler stützt die Äußerungen von Anton Pelinka: Fischler sieht für die ÖVP in ihrer derzeitigen Zusammensetzung keine Zukunft. Sinnbildlich für das „Aus“ der ÖVP war für Fischler etwa die deutliche Niederlage bei der Bundespräsidentenwahl. Die Tatsache, dass die SPÖ bei dieser Wahl gleichfalls schlecht abgeschnitten hatte, ist nur ein schwacher Trost (vgl. Fischler 2016). 6. Schlussbetrachtung Seite 106

Fakt ist, dass die beiden ehemaligen Großparteien keine Regierungsmehrheit mehr innehaben. Das traditionelle System der ÖVP hat ausgedient – einzelne Wahlerfolge auf Länderebene beschönigen die momentane Situation – können aber das bevorstehende Ende der Partei nicht verhindern, sondern höchstens hinausschieben. Fischler prophezeit für die ÖVP ein ähnliches Schicksal wie es anderen Mitte-rechts-Parteien in den letzten Jahren in Europa ergangen ist: ihren Zerfall (vgl. Fischler 2016). Neben der Kritik über die Entwicklung der Partei nennt der ehemalige EU- Agrarkommissar aber auch eine Lösungsmöglichkeit, die die Partei retten könnte. Die Parteiführung darf sich nur mehr aus Bundespolitiker/innen zusammensetzen, welche ferner die Ermächtigung besitzen, die im Bund notwendigen Personalentscheidungen ohne äußeren und inneren Einfluss von den Teilorganisationen selbstständig treffen zu können. Thematisch sollte die ÖVP den Fokus auf die bürgerlichen Tugenden, auf Europa sowie auf die Nachhaltigkeit legen. Fischler würde sich neue, kreative Köpfe aus allen Bereichen der Gesellschaft für die Partei wünschen. Vor allem Frauen, junge Menschen und jene Leute der Gesellschaft, die zum Unternehmertum tendieren und nach Neuerungen streben. Eine klare Absage erteilt er dem Anspruch, dass die Volkspartei alle Interessen der Gesellschaft repräsentieren soll/muss (vgl. Fischler 2016).

Ähnlich sah es Erhard Busek vor einigen Jahren: Der ehemalige Bundesobmann der Partei schlug damals eine Neugründung der ÖVP vor. Seine Forderungen waren, dass sich die Partei schlanker präsentieren müsste, um mit den Gegebenheiten der heutigen Zeit zu korrespondieren. Im Falle einer Neugründung würde sich Busek für klare Abgrenzungen einsetzen. Beispielsweise würde er bei Gegnern der Globalisierung sowie Widersachern der Europapolitik strikte Trennlinien ziehen und diese Gruppen nicht als Zielgruppe der Partei sehen und daher auch nicht vertreten. Die neue Ausrichtung der Partei sollte liberaler sein (vgl. Pelinka 2012). „Statt die Partei der geschützten Werkstätten in der Landwirtschaft und im öffentlichen Dienst zu sein, wäre die neue ÖVP die Partei des frischen Windes von Wettbewerb und Flexibilität“ (Pelinka 2012).

Ähnlich formuliert es Pelinka in einem Artikel für die Zeitschrift „Die Zeit“ im Jahr 2011: “Die ÖVP ist zu einer Allerweltspartei verkommen. Sie ist konturlos und beliebig. Neugründung lautet daher das Gebot der Stunde“ (Pelinka 2011).

6. Schlussbetrachtung Seite 107

Primär gilt es für die ÖVP sich in dem grundlegend veränderten gesellschaftlichen Milieu neu auszurichten. Weiters müssen sich die führenden Kräfte der Partei damit abfinden, dass die Österreichische Volkspartei keine Großpartei mehr ist und bei Wahlen 45 Prozent erreichen kann. Vorrangiges Ziel der Partei muss es sein, sich zu stabilisieren (vgl. Pelinka 2012). Angesichts einer möglichen Neu-Ausrichtung warnt Pelinka jedoch davor, „dass es keinen Sinn macht, als zweite FPÖ („Strache light“) das Sprachrohr zorniger Modernisierungsverlierer sein zu wollen“ (Pelinka 2012). Fischler untermauert diese These von Pelinka, in dem er ergänzt: „Gegen die Populisten von rechts und links wird die ÖVP nur erfolgreich sein, wenn sie aufhört, nach jeder Niederlage einen Teil von deren Argumenten zu übernehmen, und wenn sie sich stattdessen daran erinnert, dass in der Politik die Offensive noch immer die beste Verteidigung ist“ (Fischler 2016).

Zwar kritisiert Christian Rainer ähnlich wie Pelinka und Fischler die Struktur der Partei sowie ihre Haltung bei speziellen Themengebieten, jedoch zeigt er in seiner Analyse über die Parteien in Österreich bei der ÖVP einen Vorteil gegenüber den anderen Parteien auf. Im personellen Bereich bewertet Rainer die ÖVP als überlegen positioniert und breiter aufgestellt als die SPÖ, die FPÖ und die Grünen. Der Außenminister Sebastian Kurz, Justizminister und Finanzminister Hans Jörg Schelling führt Rainer als Argumentation für seine Aussage an (vgl. Rainer 2015).

Eine Frage mit der sich die Parteispitze noch auseinandersetzen wird müssen, betrifft zukünftige Koalitionspartner. Angesichts des Wahlverhaltens der Wähler/innen und der Gewissheit, dass bei der nächsten Nationalratswahl die Bundespartei der ÖVP gemeinsam mit der anderen (ehemaligen) Großpartei keine 50 Prozent mehr erreichen wird, gilt es neue Koalitionsformen zu ermitteln. Es würden sich einige Möglichkeiten anbieten – vergleichsweise eine Neuauflage mit der FPÖ wie unter Obmann Wolfgang Schüssel oder eine Dreierkoalition SPÖ-ÖVP-Grüne oder Neos. Beispielsweise gab es in Oberösterreich bis Herbst 2015 eine Landesregierung zwischen der ÖVP und den Grünen. Für die beiden Großparteien gilt es, aus der Wahlniederlage um das Amt des Bundespräsidenten zu lernen und die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Deshalb wurde bereits Mitte Mai 2016 – kurz nach der Wahlniederlage – in einer Zukunftskonferenz eine Analyse durchgeführt und Schlussfolgerungen für die Zukunft gezogen. Unter anderem wurde im Rahmen dieser Konferenz der Regierungsstil 6. Schlussbetrachtung Seite 108 thematisiert: Daher will man zukünftig neue Instrumente verwenden und bestehende Politrituale besprechen. Angedacht wurde auch die Möglichkeit, Bürger/innen vermehrt an der Politik mittels einer direkteren Demokratie teilhaben und mitwirken zu lassen. Ebenso gibt es ein klares Bekenntnis zum strukturellen Aufbau der Partei: Eine strukturelle Veränderung bzw. eine Abschaffung/Auflösung der Teilorganisationen wurde nicht diskutiert. Im Gegenteil: Innerhalb der Partei werden die Bünde nach wie vor als Vorteil gegenüber den anderen Parteien betrachtet, da sie einen Zusammenhalt in der Volkspartei vermitteln (vgl. O.V. 2016a). Somit eine klare Absage an jene Experten/innen, die sich im Zuge einer Parteireform eine strukturelle Veränderung erhofft hätten. Äußerst zutreffend erweist sich hierbei eine Aussage von Gernot Bauer:„Die ÖVP steht sich bei ihrer Erneuerung selbst im Weg – ein fast unüberwindliches Hindernis“ (Bauer 2016).

Auf lange Sicht gesehen wird die Österreichische Volkspartei die momentane Schwäche- Phase überstehen. Jedoch wird sich die Partei von dem Anspruch, bei Nationalratswahlen mehr als 30 Prozent erreichen zu können, verabschieden müssen, da die Zeiten der absoluten Mehrheiten auf Bundesebene vorbei sind und aufgrund neu entstandener Parteien, der „Kampf“ um Wählerstimmen für die alten, etablierten Parteien härter geworden ist. Zusätzlich erschweren neue Parteien wie die NEOS für die ÖVP im urbanen Bereich die Situation.

Österreichische Volkspartei – eine Volkspartei befindet sich auf der Suche nach ihrem Volk.

7. Literaturverzeichnis Seite 109

7. Literaturverzeichnis

Bücher und Zeitschriften

Aiginger, Karl (1985): Die wirtschaftsprogammatischen Vorstellungen der ÖVP 1945 bis 1985. In: Junius Verlag (Hrsg.): Schwarz-bunter Vogel. Studien zu Programm, Politik und Struktur der ÖVP. Wien. S. 95 – 124. Alemann, Ulrich von (2000): Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland. Opladen. Alemann, Ulrich von/ Spier, Tim (2009): Parteimitglieder nach dem „Ende der Mitgliederpartei“. Ein Überblick über Forschungsergebnisse für Westeuropa seit 1990. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, Jg. 37, H. 1, S. 29-44. Alemann , Ulrich von/ Erbentraut, Philipp/ Walther, Jens (2010): Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland. Wiesbaden. Arnim, Hans Herbert von (2009): Volksparteien ohne Volk. Das Versagen der Politik. München. Auer, Clemens Martin/ Scheucher, Christian (1995): Der Nationalratswahlkampf 1994 der Volkspartei. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 1995, Jg. 19, H. 1, S. 153-169. Auer, Clemens Martin/ Marschitz, Walter (1996): Die Diskussion zum neuen Grundsatzprogramm der Volkspartei. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 1995, Jg. 19, H. 1, S. 167-192. Beck, E. Robert A./ Schaller, Christian (2003): Zur Qualität der britischen und österreichischen Demokratie. Empirische Befunde und Anregungen für Demokratiereform. Wien. Beyme, Klaus von (1987): Parteien, In: Beyme, Klaus von/ Czempiel, Ernst O./ Kielmansegg, Peter von/ Schmoock, Peter (Hrsg.): Politikwissenschaft . Eine Grundlegung. Der demokratische Verfassungsstaat. Stuttgart. S. 118-140. Beyme, Klaus von (1997): Funktionswandel der Parteien in der Entwicklung von der Massenmitgliederpartei zur Partei der Berufspolitiker. In: Gabriel, Oscar W./ Niedermayer, Oskar/ Stöss, Richard (Hrsg.): Parteiendemokratie in Deutschland. Bonn. S. 359-383. Beyme, Klaus von (2000a): Parteiensystem in der Krise? Grenzen der rechtlichen Regulierung als Mittel gegen die Parteienverdrossenheit. In: Gewerkschaftliche Monatshefte (2). S. 78-86. Beyme, Klaus von (2000b): Parteien im Wandel. Von den Volksparteien zu den professionalisierten Wählerparteien. Wiesbaden. Beyme, Klaus von (2001a): Funktionswandel der Parteien in der Entwicklung von der Massemitgliederpartei zur Partei der Berufspolitiker. In: Gabriel, Oskar W./ Niedermayer, Oskar/ Stöss, Richard (Hrsg.): Parteiendemokratie in Deutschland. Bonn. S.315 -339 Beyme, Klaus von (2001b): Von den Volksparteien zu den professionalisierten Wählerparteien. Anmerkungen zur Weiterentwicklung politologischer Parteien-Typologien. In: Gegenwartskunde (I). S. 57-67. 7. Literaturverzeichnis Seite 110

Buchhaas, Dorothee (1981): Die Volkspartei. Programmatische Entwicklung der COU 1950-1973. Düsseldorf. Buchner , Dennis (2007): Volksparteien in der Krise? Zur Reform- und Strategiefähigkeit der SPD am Beginn des 21. Jahrhunderts. Potsdam. Bukow, Sebastian (2013): Die Professionalisierte Mitgliederpartei. Politische Parteien zwischen institutionellen Erwartungen und organisationaler Wirklichkeit. Wiesbaden. Busek, Erhard (1991): Ziele der ÖVP-Regierungspolitik. In: Österreichische Monatshefte, Jg. 47, H. 6, S. 19-22. Busek, Erhard (2005): Sechzig Jahre ÖVP. In: Wiener Jahrbuch für Politik 2004/2005, Jg. 2, H. 1, S. 64-83. Chorherr, Thomas (2005): Eine kurze Geschichte der ÖVP. Ereignisse – Persönlichkeiten – Jahreszahlen. Wien. Dachs , Herbert (2003): Politische Parteien in Österreichs Bundesländern – zwischen regionalen Kalkülen und bundespolitischen Loyalitäten. In: Dachs, Herbert (Hrsg.): Der Bund und die Länder. Über Dominanz, Kooperation und Konflikte im österreichischen Bundesstaat. Wien. S. 69-138. Dachs, Herbert/ Müller, Wolfgang C./ Tálos, Emmerich (2006): Rahmenbedingungen Kontexte. In: Dachs, Herbert/Müller, Wolfgang/ Tálos, Emmerich (Hrsg.): Politik in Österreich. Das Handbuch. Wien. S. 35-104. Decker, Frank (2011): Parteien und Parteiensysteme in Deutschland. Stuttgart. Detterbeck, Klaus (2005): Cartel parties in Western Europe? In: Party Politics, H. 11, S. 173 – 191. Detterbeck, Klaus (2011): Parteien und Parteiensystem. München. Downs, Anthony (1957): An Economic Theory of Democracy. New York. Eichtinger, Martin/ Wohnout, Helmut (2008): Alois Mock. Ein Politiker schreibt Geschichte. Wien. Fallend, Franz (2004): Rejuvenation of an ‘Old Party’? Christian Democracy in Austria. In: van Hecke, Steven/ Gerard, Emmanuel (Hrsg.): Christian Democratic Parties in Europe since the End of the Cold War. Leuven. S. 79-104. Fallend, Franz (2005): Die Österreichische Volkspartei (ÖVP): Erfolgreiche Wahlstrategie bei unmoderner Parteiorganisation. In: Zolleis, Udo (Hrsg.): Zwischen Anarchie und Strategie. Der Erfolg von Parteiorganisationen. Wiesbaden. S. 186-206. Filzmaier, Peter/ Perlot, Flooh (2008): Sind Christdemokraten wählbar? Die Volkspartei in Österreich. In: Köhler, Thomas (Hrsg.): Stromabwärts: in Mäandern zur Mündung, Christdemokratie als kreatives Projekt. Wien. S. 19-27. GfK Austria Politikforschung (2008): Die Wahlanalyse 2008. Wer hat wen warum gewählt? Wien. Gottweis, Herbert/Lauber, Volkmar (2006): Politikbereiche. In: Dachs, Herbert (Hrsg.): Politik in Österreich. Das Handbuch. Wien, S. 607-806. 7. Literaturverzeichnis Seite 111

Grabow, Karsten (2000): Abschied von der Massenpartei. Die Entwicklung der Organisationsmuster von SPD und CDU seit der deutschen Vereinigung. Wiesbaden. Haller, Max (2008): Die österreichische Gesellschaft. Sozialstruktur und sozialer Wandel. Frankfurt am Main. Hartmann, Gerhard (1995): Die Vorfeldorganisationen der ÖVP. In: Kriechbaumer, Robert/ Schausberger, Franz (Hrsg.): Volkspartei – Anspruch und Realität. Zur Geschichte der ÖVP seit 1945. Wien. S. 317 – 335. Hofer, Thomas (2010): Einzigartig in Mitteleuropa – eine Bilanz der Landtagswahl 2008 in Niederösterreich. In: NÖVP (Hrsg.): Land. Zeit. Weg – 65 Jahre Volkspartei Niederösterreich. St. Pölten. S. 170 – 177 Hofinger, Christoph/ Breitenfelder, Ursula/ Salfinger, Brigitte (2003): Der Wahltag als Wandertag. Die Wählerströme bei der Nationalratswahl am 24. November 2002. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 2002, Jg. 26, H. 1, S. 155-175. Hofmann, Bernd (2004): Annäherung an die Volkspartei. Eine typologische und parteiensoziologische Studie. Wiesbaden. Holzinger, Barbara (2012): Die Volkspartei schafft sich ab. Eine Analyse der Wahlverluste der ÖVP. Salzburg. Horner, Franz (1987): Austria 1949 – 1979. In: Budge, Ian/ Robertson, David/ Hearl, Derek (Hrsg.): Ideology, Strategy and Party Change: Spatial Analyses of post-war Election Programmes in 19 Democracies. Cambridge University Press. S. 270 – 293. Hornig, Eike-Christian (2008): Die Spätthese der Mitgliederparteien in Westeuropa, In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, H. 37, S. 45 -62. IMAS International (2006): Die religiösen Bindungen als politische Trennungsmerkmale. Linz. IMAS International (2009a): Der Blick in den politischen Spiegel. Linz. IMAS International (2009b): Der horizontale Sozialkonflikt Linz. IMAS International (2011): Abschied von Wählern und Milieus, Wien. IMAS International (2013): Parteien auf der demoskopischen Waagschale. Wien. Janda , Kenneth (1980): Political Parties. A Cross-National Survey. New York. Jun, Uwe (2004): Der Wandel von Parteien in der Mediendemokratie. SPD und Labour Party im Vergleich, Frankfurt am Main. Jun, Uwe (2013): Typen und Funktionen von Parteien. In: Niedermayer, Oskar (Hrsg.): Handbuch Parteienforschung. Wiesbaden. Kadan , Albert/ Pelinka, Anton (1979): Die Grundsatzprogramme der österreichischen Parteien. Dokumentation und Analyse. St. Pölten. Karner , Stefan (2005): Die Österreichische Volkspartei. Ein Abriss ihrer Entwicklung 1945 – 1995. In: Khol, Andreas/ Lopatka, Reinhold/ Molterer, Wilhelm (Hrsg.): Zukunftsfest. 60 Jahre Österreichische Volkspartei. Wien. S. 23 – 68. 7. Literaturverzeichnis Seite 112

Kaste , Hermann / Raschke, Joachim (1977): Zur Politik der Vo1kspartei. In: Narr, Wolf-Dieter (Hrsg.): Auf dem Weg zum Einparteienstaat. Opladen. S. 26-74. Katz, Richard S. / Mair, Peter (1995): Changing Models of Party Organization and Party Democracy. The Emergence of the Cartel Party. In: Party Politics, Jg. 1, H. 1, S. 5-28. Katz, Richard S. / Mair, Peter (1996): Cadre, Catch-All or Cartel?: A Rejoinder. In: Party Politics, Jg. 2, H.4, S. 527-536. Khol , Andreas (1992): 1991 – das Jahr der Parteireform. In: Österreichische Monatshefte, Jg. 48, H. 6, S. 29-32. Khol , Andreas/ Lopatka, Reinhold/ Molterer, Wilhelm (2005): Zukunftsfest. 60 Jahre Österreichische Volkspartei. Wien. Kirchheimer, Otto (1965): Der Wandel des westeuropäischen Parteiensystems. In: Politische Vierteljahresschrift, 6. Jg., S. 20 – 41. Kirchheimer , Otto (1967): Deutschland oder Der Verfall der Opposition. In: Politische Herrschaft. Fünf Beiträge zur Lehre vom Staat. Frankfurt am Main. S. 58-91. Kofler, Anton (1979): Parteienfinanzierung und deren Auswirkungen auf innerparteiliche Strukturen, dargestellt am Beispiel der ÖVP. Innsbruck. Kofler , Anton (1985): Parteiengesellschaft im Umbruch. Partizipationsprobleme von Großparteien. Wien. Kohlmaier, Herbert (1999): Elegie auf Schwarz. Eine politische Konfession. Wien. Kriechbaumer, Robert (1981): Die Reform- und Programmdiskussion der ÖVP. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik. Sonderband I. Die österreichische Innenpolitik 1970-75, Jg. 1, H. 1, S. 101-148. Kriechbaumer, Robert (1995): Die Geschichte der ÖVP. In: Kriechbaumer, Robert (Hrsg.): Volkspartei – Anspruch und Realität. Zur Geschichte der ÖVP seit 1945. Wien. S. 11-102. Kriechbaumer , Robert (2004): Die Ära Kreisky. Wien. Lederer , Andreas (2007): „It's advertising, stupid!“ – Strategien und Praktiken politischer Werbung im Nationalratswahlkampf 2006. In: Plasser, Fritz/Ulram, Peter (Hrsg.): Wechselwahlen. Analysen zur Nationalratswahl 2006. Wien. S. 39-79. Lengauer, Günther/ Pallaver, Günther/ Pig, Clemens. (2007): Redaktionelle Politikvermittlung in österreichischen Wahlkämpfen, 1999-2006. In: Plasser, Fritz/ Ulram, Peter A. (Hrsg.): Wechselwahlen. Analysen zur Nationalratswahl 2006. Wien. S. 103-151. Lösche, Peter (1995): Haben die Volksparteien noch eine Chance? Die SPD als 'lose verkoppelte Anarchie'. In: Gellner, Winand / Veen, Hans-Joachim (Hrsg.): Umbruch und Wandel in westeuropäischen Parteiensystemen. Frankfurt am Main. S. 181-193. Lösche, Peter (1999): Parteienstaat in der Krise? Überlegungen nach 50 Jahren Bundesrepublik Deutschland. Bonn. 7. Literaturverzeichnis Seite 113

Lösche, Peter (2000): Verkalkt - verbürgerlicht - professionalisiert. Der bittere Abschied der SPD von der Mitglieder- und Funktionärspartei. In: Universitas, H. 650, S. 779-793. Luthardt, Wolfgang (1991): „Krise“ der Volkspartei – oder „Differenzierung“ und „Verfestigung“ im bundesdeutschen Parteiensystem. In: Journal für Sozialforschung, Jg. 2, H. 31, S. 127 – 145. Mair, Peter (1997): Party System Change. Approaches and Interpretations. Oxford. Mair, Peter/ van Biezen, Ingrid (2001): Party membership in twenty European democracies, 1980- 2000. In: Party Politics, Jg. 7, H. 1, S. 5-21. Mayr, Tilmann (2009): Von der Mitte her denken. Das bürgerliche Lager und das Potential der Volksparteien. In: Kronberg, Volker/ Mayer, Tilmann (Hrsg.): Volksparteien: Erfolgsmodell für die Zukunft? Freiburg im Breisgau. Mintzel, Alf (1984): Die Volkspartei. Typus und Wirklichkeit - Ein Lehrbuch. Opladen. Mintzel, Alf (1989): Großparteien im Parteienstaat der Bundesrepublik. In: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 11, S. 3-14. Mintzel, Alf (1996): Strategie und Organisation. Soziokulturelle Schwächen von SPD und FDP in Bayern. In: Immerfall, Stefan/ Kuntz, Aline M./ Mintzel, Alf/ Thurner, Paul (Hrsg.): Parteien in Bayern. Vier Studien. Passau. S. 103 – 171. Müller , Heribert/ Nissel, Heinz (1996): Geographische Analyse politischer Wahlen. Wahlgeographische Untersuchungen zum Wahlverhalten und zur Wahlkreisgliederung in Österreich im räumlichen und zeitlichen Wandel. Endbericht Institut für Geographie der Universität Wien. Wien. Müller, Wolfgang C./ Plasser, Fritz/ Ulram, Peter (1995): Wähler und Mitglieder der ÖVP, 1945- 1994. In: Kriechbaumer, Robert/ Schausberger, Franz (Hrsg.): Volkspartei – Anspruch und Realität. Zur Geschichte der ÖVP seit 1945. Wien. S. 163-200 Müller, Wolfgang C. (1994): The Development of Austrian Party Organizations in the Post-war Period. In: Katz, Richard S./ Mair, Peter (Hrsg.): How parties organize: Change and Adaption in Party organizations in western democracies. London. S. 51 – 79. Müller, Wolfgang C./ Steininger, Barbara (1994): Party organisation and party competitiveness: the case of the Austrian People's Party. In: European Journal of Political Research, Jg. 26, H. 1, S. 1- 29. Müller, Wolfgang C./ Ulram, Peter (1995): The Social and Demographic Structure of Austrian Parties, 1945-93. In: Party Politics, Jg. 1, H. 1, S. 145-160. Müller, Wolfgang C. (1997): Die Österreichische Volkspartei. In: Dachs, Herbert (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems Österreichs. Die Zweite Republik. Wien. S. 265-285. Müller, Wolfgang C./ Plasser, Fritz/ Ulram, Peter (1999): Schwäche als Vorteil, Stärke als Nachteil. Die Reaktionen der Parteien auf den Rückgang der Wählerbindungen in Österreich. In: Mair, Peter/ Müller, Wolfgang C./ Plasser, Fritz (Hrsg.): Parteien auf komplexen Wählermärkten. Reaktionsstrategien politischer Parteien in Westeuropa. Wien, S. 201-245. 7. Literaturverzeichnis Seite 114

Müller, Wolfgang C./ Plasser, Fritz/ Ulram, Peter (2004): Party Responses to the Erosion of Voter Loyalities in Austria. Weakness as an Advantage and Strength as a Handicap. In: Mair, Peter/ Müller, Wolfgang C./ Plasser, Fritz (Hrsg.): Political parties and electoral change. Party responses to electoral markets. London. S. 145-178. Müller, Wolfgang C. (2006): Die Österreichische Volkspartei. In: Dachs, Herbert et. al (Hrsg.): Politik in Österreich. Das Handbuch. Wien. S. 341 – 363. Nick , Rainer (1984): Schwesterparteien. CDU, CSU und Österreichische Volkspartei – ein Vergleich. Innsbruck Nick, Rainer (1985): Die Parteistruktur der ÖVP. In: Pelinka, Anton (Hrsg.): Schwarz-bunter Vogel. Studien zu Programm, Politik und Struktur der ÖVP. Wien. S. 21-36. Niedermayer, Oskar (2000): Modernisierung von Wahlkämpfen als Funktionsentleerung der Parteibasis. In: Niedermayer, Oskar / Westle, Bettina (Hrsg.): Demokratie und Partizipation, Festschrift für Max Kaase. Wiesbaden. S. 192-210. Niedermayer, Oskar (2013): Die Analyse einzelner Parteien. In: Niedermayer, Oskar (Hrsg.): Handbuch Parteienforschung. Wiesbaden. Nohlen , Dieter (2001): Kleines Lexikon der Politik, Beck’sche Reihe, München. O.V. (1995): Scheinbare Konsolidierung. In: Österreichische Monatshefte, Jg. 1995, H. 8, S. 4-10. Pelinka, Anton (1970): Elitenbildung in den österreichischen Großparteien. In: Wort und Wahrheit – Zeitschrift für Religion und Kultur, Jg. 25, Heft 1, S. 534-541. Pelinka, Anton (1985): Die programmatische Entwicklung der ÖVP. In: Junius Verlag (Hrsg.): Schwarz-bunter Vogel. Studien zu Programm, Politik und Struktur der ÖVP. Wien. S. 10 – 20. Pelinka, Anton (1988): Abstieg des Parteienstaats – Aufstieg des Parlamentarismus. Zum Wandel des österreichischen Parteiensystems. In: Pelinka, Anton/ Plasser, Fritz (Hrsg.): Das österreichische Parteiensystem. Wien. S. 35 – 52. Pelinka, Anton (1998): Austria. Out of the shadow of the past. Boulder/ Colorado. Plasser, Fritz (1988): Das österreichische Parteiensystem zwischen Erosion und Innovation. Eine empirische Langzeitanalyse. In: Pelinka, Anton/ Plasser, Fritz (Hrsg.): Das österreichische Parteiensystem. Wien. S. 53 – 78. Plasser, Fritz (1989): The Austrian Party System between Erosion and Innovation. An Empirical Long-term Analysis. In: Pelinka, Anton/Plasser, Fritz (Hrsg.): The Austrian Party System. Boulder and London. S. 41-67. Plasser, Fritz (1995): Josef Taus. In: Dachs, Herbert (Hrsg.): Die Politiker. Karrieren und Wirken bedeutender Repräsentanten der Zweiten Republik. Wien. S. 565-572. Plasser, Fritz/ Ulram, Peter (2002): Das österreichische Politikverständnis. Von der Konsens- zur Konfliktkultur? Wien. Plasser, Fritz/ Ulram, Peter (2006): Das Parteiensystem Österreichs. In: Niedermayer, O./Stöss, R./Haas, M. (Hrsg.): Die Parteiensysteme Westeuropas. Wiesbaden. S. 351-372. 7. Literaturverzeichnis Seite 115

Plasser, Fritz/ Ulram, Peter/ Seeber, Gilg (2007): Was Wähler(innen) bewegt: Parteien-, Themen- und Kandidatenorientierung 2006. In: Plasser, Fritz/ Ulram, Peter (Hrsg.): Wechselwahlen. Analysen zur Nationalratswahl 2006. Wien. S. 155-194. Pracher, Johannes (2012): Volksparteien. Vom Erfolgs- zum Auslaufmodell. Eine Analyse anhand der deutschen Parteienlandschaft. Linz. Prisching, Manfred (1988): Politische Entrepreneure. Über das Wesen des parteipolitischen Konkurrenzmechanismus. In: Pelinka, Anton/ Plasser, Fritz (Hrsg.): Das österreichische Parteiensystem. Wien. S. 527 – 556. Prisching , Manfred (2005): Zur Zukunft der Volksparteien in Österreich. Die Epoche einer Volkspartei. In: Khol, Andreas/ Lopatka, Reinhold/ Molterer, Wilhelm (Hrsg.): Zukunftsfest. 60 Jahre Österreichische Volkspartei. Wien. S. 227 – 250. Saalfeld, Thomas (2007): Parteien und Wahlen. Baden-Baden. Sandgruber, Roman (2006): Vom Wiederaufbau in die Mitte Europas – 60 Jahre ÖVP Oberösterreich. Linz. Sartori, Giovanni (1976): Parties and Party Systems. A Framework for Analysis. Cambridge. Scarrow, Susan E. (2000): Parties without Members? Party Organization in a Changing Electoral Environment. In: Dalton, Russel J./Wattenberg, Martin P. (Hrsg.): Parties without Partisans. Political Change in Advanced Industrial Democracies. Oxford. S. 79-101 Sebinger, Sarah/ Nemella, Joachim (2005): Parteipräferenz und politische Partizipation. In: Schulz, Wolfgang/ Haller, Max/ Grausgruber, Alfred (Hrsg.): Österreich zur Jahrhundertwende. Gesellschaftliche Werthaltungen und Lebensqualität 1986 – 2004. Wiesbaden. S. 433-460. Seifert, Thomas (1998): Sprungbretter zur Macht. Kaderschmieden in Österreich. Wien. Sieder, Reinhard/ Steinert, Heinz/ Tálos, Emmerich (1996): Wirtschaft, Gesellschaft und Politik in der Zweiten Republik. In: Sieder, Reinhard (Hrsg.): Österreich 1945 – 1995: Gesellschaft, Politik, Kultur. Wien. S. 9-34. Smith, Gordon (1990): Core Persistence: Change and the 'People's Party'. In: Mair, Peter / Smith, Gordon (Hrsg.): Understanding Party System Change in Western Europe. London. S. 157-168. Sommer, Franz (2007): Voll daneben oder knapp vorbei? Die Nationalratswahl 2006 aus der Sicht der empirischen Wahlforschung. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 2006, Jg. 30, H. 1, S. 3- 17. Sommer , Franz/ Plasser, Fritz/ Ulram, Peter (1991): Eine Kanzler- und Protestwahl. Wählerverhalten und Wahlmotive bei der Nationalratswahl 1990. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 1990, Jg. 14, H. 1, S. 95-149. Sontheimer, Kurt (1989): Otto Kirchheimer als Politikwissenschaftler – am Beispiel seiner Beiträge zur Parteienentwicklung. In: Luthardt, Wolfgang/ Söllner, Alfons (Hrsg.): Verfassungsstaat, Souveränität, Pluralismus. Otto Kirchheimer zum Gedächtnis. Opladen. S. 183 – 188. Steffani , Winfried (1997): Gewaltenteilung und Parteien im Wandel. Opladen. 7. Literaturverzeichnis Seite 116

Steger, Gerhard (1985): ÖVP, Kirchen und politischer Katholizismus. In: O.V. (Hrsg.): Schwarz- bunter Vogel. Studien zu Programm, Politik und Struktur der ÖVP. Wien. S. 64-94. Stirnemann, Alfred (1993): Zwischen Zielgruppen- und Kommunikationsproblemen: Die Parteireform der ÖVP 1991. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 1992, Jg. 16, Heft 1, S. 669- 693. Stöss, Richard (1983): Einleitung: Struktur und Entwicklung des Parteiensystems der Bundesrepublik - Eine Theorie. In: Stöss, Richard (Hrsg.): Parteien Handbuch. Die Parteien der Bundesrepublik Deutschland 1945-1980. Opladen. Strøm, Kaare und Müller, Wolfgang C. (1999): Political Parties and Hard Choices. In: Müller, Wolfgang C./ Strøm, Kaare (Hrsg.): Policy, Office or Votes? How Political Parties in Western Europe make hard decisions. Cambridge. S. 1-35. Sully , Melanie (1991): Das Dilemma der Alt-Parteien. In: Freie Argumente, Jg. 1991, Heft 4, S. 45–56. Treibel, Jan (2012): Was bedeutet innerparteiliche Willensbildung? Forschungsstand und theoretische Zugänge, in: Korte, Karl-Rudolf/ Treibel, Jan (Hrsg.): Wie entscheiden Parteien?, Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Baden-Baden. S. 7-34. Ulram, Peter (1997): Politische Kultur der Bevölkerung. In: Dachs, Herbert (Hrsg.): Handbuch des politischen Systems Österreichs. Die Zweite Republik. Wien. S. 514-525. Vielhaber, Barbara (2014): Mitgliederpartei oder Professionelle Wählerpartei. Wiesbaden. Wachter, Hubert (1994): Alois Mock. Ein Leben für Österreich. St. Pölten Wagner, Andreas (2014): Wandel und Fortschritt in den Christdemokratien Europas. Christdemokratische Elegien angesichts fragiler volksparteilicher Symmetrien. Wiesbaden. Weber, Max (1988): Die Objektivität sozialwissenschaftlicher und sozialpolitischer Erkenntnis. In: Winckelmann, Johannes (Hrsg.): Max Weber. Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre. Tubingen. S. 146- 214. Wiesendahl, Elmar (1980): Parteien und Demokratie. Eine soziologische Analyse paradigmatischer Ansätze der Parteienforschung. Opladen. Wiesendahl, Elmar (1999): Die Parteien in Deutschland auf dem Weg zu Kartellparteien. In: Amim, Hans von (Hrsg.): Adäquate Institutionen: Voraussetzungen für „gute" und bürgernahe Politik? Berlin. S. 49-73. Wiesendahl, Elmar (2006a): Mitgliederparteien am Ende? Eine Kritik der Niedergangsdiskussion. Wiesbaden. Wiesendahl, Elmar (2006b): Parteien. Frankfurt am Main. Wiesendahl, Elmar (2011): Volksparteien: Aufstieg, Krise, Zukunft. Opladen. Wineroither , David (2009): Kanzlermacht – Machtkanzler? Die Regierung Schüssel im historischen und internationalen Vergleich. Wien. 7. Literaturverzeichnis Seite 117

Zandonella , Martina/Reichmann, Alexander (2011): Die Wiener Landtags- und Gemeinderatswahlen 2010. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 2010, Jg. 34, H. 1, S. 21-34. Zulehner, Paul (2000): Die Kirche und die neue Regierung. In: Österreichisches Jahrbuch für Politik 1999, Jg. 23, H. 1, S. 229-241 .

Internetquellen

Bauer, Gernot (2014a): Hat ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner das Zeug zum Bundeskanzler? Online einsehbar unter: http://www.profil.at/oesterreich/hat-oevp-chef-reinhold-mitterlehner-zeug- bundeskanzler-378367 (Zugriff: 25.07.2016) Bauer, Gernot (2014b): ÖVP: Reinhold Mitterlehner und die neue Macht der Oberösterreicher. Online einsehbar unter: http://www.profil.at/oesterreich/oevp-reinhold-mitterlehner-macht- oberoesterreicher-378699 (Zugriff: 31.07.2016) Bauer, Gernot (2014c): Rücktritt Michael Spindelegger: Wie man einen ÖVP-Parteiobmann demontiert. Online einsehbar unter: http://www.profil.at/oesterreich/oevp-ruecktritt-michael- spindelegger-wie-oevp-parteiobmann-377604 (Zugriff: 31.07.2016) Bauer, Gernot (2016): V wie Verluste. Online einsehbar unter: http://www.profil.at/oesterreich/verluste-oevp-volkspartei-6349907 (Zugriff: 27.07.2016) Bauernbund (2016): Der Österreichische Bauernbund. Online einsehbar unter: http://www.bauernbund.at/unterseiten/ueber-uns/ (Zugriff: 01.07.2016) Burgstaller, Katrin (2011): ÖVP tritt die „Leistungsträger“ von morgen mit Füßen. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1304552419929/OeVP-tritt-die-Leistungstraeger-von- morgen-mit-Fuessen (Zugriff: 10.07.2016) Dettling, Daniel/ Schütze, Richard (2014): Wie kommt ÖVP aus 20-Prozent-Ghetto? online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/1555507/Wie-kommt- OVP-aus-20ProzentGhetto (Zugriff: 29.07.2016) Ettinger, Karl (2011a): Der schwarze Softie in der Rolle des Feuerwehrmannes. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/650596/Der-schwarze-Softie-in-der-Rolle- des-Feuerwehrmannes (Zugriff: 22.06.2016) Ettinger, Karl (2011b): Ein Armutszeugnis für die ÖVP: Hurra, wir leben noch! http://diepresse.com/home/meinung/kommentare/leitartikel/663610/Ein-Armutszeugnis-fur-die- OVP_Hurra-wir-leben-noch (Zugriff: 02.06.2016) Ettinger, Karl (2012): Spindelegger - Ein schwarzer Kapitän bei hohem Wellengang. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/1279643/Spindelegger_Schwarzer- Kapitaen-bei-hohem-Wellengang (Zugriff: 31.05.2016) 7. Literaturverzeichnis Seite 118

Fischler, Franz (2016): In der jetzigen Konstruktion hat die ÖVP keine Zukunft. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/4975490/In-der-jetzigen-Konstruktion- hat-die-OVP-keine-Zukunft (Zugriff: 26.07.2016) Fritzl, Martin (2013): Die ÖVP – eine Partei unter Kuratel des Bauernbundes. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/meinung/kommentare/leitartikel/1399557/Die-OVP-eine-Partei- unter-Kuratel-des-Bauernbundes (Zugriff: 25.07.2016) Hajek, Peter (2011): Die ÖVP sucht ihre Zukunft – und damit auch sich selbst. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/meinung/gastkommentar/651835/Die-OVP-sucht-ihre-Zukunft- und-damit-auch-sich-selbst (Zugriff: 30.05.2016) Himmelbauer, Leo (2016): 30 Prozent würden FPÖ wählen – Nur 16 Prozent für Faymann. Online einsehbar unter: http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/4910391/30-Prozent- wurden-FPO-waehlen-Nur-16-Prozent-fur-Faymann (Zugriff: 29.07.2016) John, Gerald (2010): Verhinderter Jägermeister – Eifersüchtiger Platzhirsch. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1289609048418/Doppelportraet-Verhinderter-Jaegermeister- eifersuechtiger-Platzhirsch (Zugriff: 28.05.2016) John, Gerald (2011): Status Quo der Volkspartei. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1308680011903/Status-Quo-der-Volkspartei-Die-Wolln-ma-net-Partei (Zugriff: 30.05.2016) Junge ÖVP (2016): Die Junge ÖVP. Online einsehbar unter: http://junge.oevp.at/ (Zugriff: 01.07.2016) Jungnikl, Saskia (2009): ÖVP-Kinder wählen grün. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1256744013944/derStandardat-Analyse-OeVP-Kinder-waehlen-Gruen (Zugriff: 14.07.2016) Jungnikl , Saskia/ Gossy, Florian (2010): ÖVP ist knapp bei Kasse. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1285199698457/OeVP-ist-knapp-bei-Kasse (Zugriff: 17.05.2016) Karlhofer , Ferdinand (2011): Spindelegger und sein Team: Chef unter Aufsicht. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1302745642306/OeVP-Umbau-Spindelegger-und-sein-Team-Chef- unter-Aufsicht (Zugriff: 20.05.2016) Lahodynsky , Otmar (2010): Die Rache des Onkels. Online einsehbar unter: http://www.profil.at/home/die-rache-onkels-niederoesterreichs-volkspartei-beitragszahlungen- 278363 (Zugriff: 28.05.2016) Leitner , Karin (2014): Wie Mitterlehner die ÖVP auf Disziplin umpolt. Online einsehbar unter: http://kurier.at/politik/inland/politik-von-innen-wie-mitterlehner-die-oevp-auf-disziplin-und- streitverbot-umpolt/90.611.263 (Zugriff: 30.07.2016) Marits , Mirjam (2008): Faymann punktet, kaum Vertrauen in die Politik. http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/413944/Erstwaehler_Faymann-punktet-kaum- Vertrauen-in-die-Politik (Zugriff: 08.06.2016) 7. Literaturverzeichnis Seite 119

Markus , Georg (2014): Tatort ÖVP. Online einsehbar unter: http://kurier.at/politik/tatort- oevp/810.885 (Zugriff: 31.07.2016) Müller , Walter (2011): Prölls „Lieblingsprojekt“ droht Millionenflop zu werden. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1295570812308/Proells-Lieblingsprojekt-droht-Millionenflop-zu- werden (Zugriff: 30.05.2016) Neuwirth, Dietmar/Stuhlpfarrer, Martin (2011): ÖVP erfindet sich neu: Ein Anflug bunter Vögel. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/645600/OVP-Wien- erfindet-sich-neu_Ein-Anflug-bunter-Vogel (Zugriff: 20.05.2016) Nimmervoll, Lisa (2008): Die hohe Kunst, eine moderne Volkspartei zu sein. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1227287063110/Die-hohe-Kunst-eine-moderne-Volkspartei-zu-sein (Zugriff: 04.07.2016) Nimmervoll , Lisa (2014): Mitterlehner – Django, liberal und pragmatisch. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/2000004812503/Django-liberal-und-pragmatisch-als-OeVP-Joker (Zugriff: 30.07.2016) Nowak , Rainer (2011): Die Republik der Funktionäre. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/650912/Die-Republik-der-Funktionaere (Zugriff: 31.05.2016) O.V. (2007): Neue ÖVP-Statuten geben Wilhelm Molterer noch mehr Macht. Online einsehbar unter: http://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20070419_OTS0285/oesterreich-neue-oevp- statuten-geben-wilhelm-molterer-noch-mehr-macht (Zugriff: 06.06.2016) O.V. (2011a): Länder und Bünde halten die ÖVP in Schach. Online einsehbar unter: http://www.pressreader.com/austria/der-standard/20110414/281676841457064 (Zugriff: 31.05.2016) O.V. (2011b): Kein Mangel an Zurufen für ÖVP-Chef. Online einsehbar unter: http://orf.at/stories/2053632/2053522/ (Zugriff: 01.07.2016) O.V. (2011c): Die Pläne des neuen Parteichefs. Online einsehbar unter: http://orf.at/stories/2053423/2053246/ (Zugriff: 01.07.2016) O.V. (2011d): Spindelegger: Erste Wahl. Online einsehbar unter: http://orf.at/stories/2054027/2054026/ (Zugriff: 01.07.2016) O.V. (2014a): Spindelegger übergibt eine 24 Prozent-Partei. Online einsehbar unter: http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/politik/sn/artikel/oevp-spindelegger-uebergibt- eine-24-prozent-partei-118658/ (Zugriff: 27.07.2016) O.V. (2014b): „Gegen Populisten in der ÖVP“: Spindelegger zurückgetreten. Online einsehbar unter: http://www.salzburg.com/nachrichten/oesterreich/politik/sn/artikel/gegen-populisten-in-der- oevp-spindelegger-zurueckgetreten-118614/ (Zugriff: 28.07.2016)

7. Literaturverzeichnis Seite 120

O.V. (2014c): Finanzminister Spindelegger „ein Fehler von Anfang an“ – ÖVP tagt ab 19 Uhr. Online einsehbar unter: http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/3860162/Finanzminister-Spindelegger-ein- Fehler-von-Anfang-an-OVP-tagt-ab (Zugriff: 24.07.2016) O.V. (2014d): Für Beobachter ist Spindelegger angezählt. Online einsehbar unter: http://kurier.at/politik/inland/oevp-krise-fuer-beobachter-ist-spindelegger-angezaehlt/45.736.944 (Zugriff: 28.07.2016) O.V. (2014e): Rücktritt: Michael Spindelegger legt alle Ämter zurück. Online einsehbar unter: http://www.trend.at/politik/oesterreich/ruecktritt-michael-spindelegger-377601 (Zugriff: 28.07.2016) O.V. (2014f): Spindelegger: Ex- ÖVP-Chef, 55, sucht. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/wirtschaft/economist/kordiconomy/3880399/Spindelegger_ExOVPChef -55-sucht (Zugriff: 27.07.2016) O.V. (2014g): ÖVP-Obmann für 4,6 Jahre + Reaktionen zu Reinhold Mitterlehner. Online einsehbar unter: http://wirtschaftsblatt.at/home/nachrichten/oesterreich/3860569/OVPObmann-fur- 46-Jahre-Reaktionen-zu-Reinhold-Mitterlehner (Zugriff: 29.07.2016) O.V. (2014h): ÖVP-Obmann Mitterlehner: Zwischen Sisyphus und Herkules. Online einsehbar unter: http://www.tt.com/home/8885065-91/%C3%B6vp-obmann-mitterlehner-zwischen-sisyphus- und-herkules.csp (Zugriff: 30.07.2016) O.V. (2014i): ÖVP erhält Obmann Nummer 16. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/2000004767066/OeVP-erhaelt-Obmann-Nummer-16 (Zugriff: 31.07.2016) O.V. (2016a): ÖVP unterzog sich einer schonungslosen Analyse. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4993028/OVP-unterzog-sich-einer-schonungslosen- Analyse (Zugriff: 26.07.2016) O.V. (2016b): Erwin Pröll und seine Obmänner. Online einsehbar unter: http://kurier.at/politik/inland/landeshauptmann-erwin-proell-und-seine-oevp- obmaenner/192.261.921/slideshow (Zugriff: 31.07.2016) ÖAAB (2016): Der ÖAAB. Online einsehbar unter: http://ooe-oeaab.at/ (Zugriff: 01.07.2016) Ortner, Christian (2010): Warum die ÖVP in der Schweiz eine Partei der äußersten Linken wäre. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/meinung/quergeschrieben/christianortner/607631/Warum-die-OVP-in- der-Schweiz-eine-Partei-der-aeussersten-Linken-waere (Zugriff: 24.05.2016) Österreichische Volkspartei (2016a): Die Partei – Eine Geschichte der ÖVP. online einsehbar unter: https://www.oevp.at/die-partei/Eine-Geschichte-der-Oevp.psp?p=5 (Zugriff: 31.07.2016) Österreichische Volkspartei (2016b): Landesorganisationen der ÖVP. Online einsehbar unter: https://www.oevp.at/die-partei/Oevp-Familie.psp?ref=m1 (Zugriff: 08.08.2016) 7. Literaturverzeichnis Seite 121

ÖVP – Frauen (2016): ÖVP Frauen. Online einsehbar unter: http://www.frauenoffensive.at/ (Zugriff: 01.07.2016) Pelinka, Anton (2011): Keine Volkspartei. Online einsehbar unter: http://www.zeit.de/2011/17/A-Proell (Zugriff: 28.07.2016) Pelinka, Anton (2012): ÖVP – Rettet die Volkspartei. Online einsehbar unter: http://www.zeit.de/2012/17/A-OeVP (Zugriff: 28.07.2016) Pelinka, Anton (2014): ÖVP – Auf der Überholspur. Online einsehbar unter: http://www.zeit.de/2014/49/oevp-reinhold-mitterlehner (Zugriff: 28.07.2016) Pöll, Regina (2011a): Spindelegger, graue Maus in der Poleposition. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/650156/Spindelegger-graue-Maus-in-der- Poleposition (Zugriff: 20.06.2016) Pöll, Regina (2011b): Das dichte Netzwerk des Herrn Spindelegger. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/650576/Das-dichte-Netzwerk-des-Herrn- Spindelegger (Zugriff: 22.06.2016) Prior, Thomas (2014): ÖVP: Eine Partei hebt ab. Online einsehbar unter: http://diepresse.com/home/politik/innenpolitik/4595529/OVP_Eine-Partei-hebt-ab (Zugriff: 28.07.2016) Rainer , Christian (2015): Programmänderung. Online einsehbar unter: http://www.profil.at/meinung/christian-rainer-leitartikel-programmaenderung-5584694 (Zugriff: 27.07.2016) Rauscher, Hans (2011): Fall Grasser: War das Bürgertum bei Verstand? Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1314652891740/Fall-Grasser-War-das-Buergertum-bei-Verstand (Zugriff: 03.06.2016) Rösner, Christian (2011): Wie manipulativ sind Parteien? Online einsehbar unter: http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/oesterreich/politik/25659_Wie-manipulativ-sind-die- Parteien.html?em_cnt=25659 (Zugriff: 04.07.2016) Seidl, Conrad (2009): Harte Zeiten für die Pensionistenpartei. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1254310539162/Harte-Zeiten-fuer-die-Pensionistenpartei (Zugriff: 10.07.2016) Seidl, Conrad (2011): Mit voller Kraft zurück. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1304552485702/Conrad-Seidl-Mit-voller-Kraft-zurueck (Zugriff: 26.05.2016) Seidl, Conrad (2012a): Österreich ist auf dem falschen Weg. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1334795863057/Umfrage-73-Prozent-glauben-Oesterreich-ist-auf-dem- falschen-Weg (Zugriff: 17.07.2016) Seidl, Conrad (2012b): Wenig Einigkeit hinter Michael Spindelegger. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1333185068510/OeVP-Wenig-Einigkeit-hinter-Michael-Spindelegger (Zugriff: 24.05.2016) 7. Literaturverzeichnis Seite 122

Seniorenbund (2016): Der Seniorenbund. Online einsehbar unter: http://www.seniorenbund.at/ (Zugriff: 01.07.2016) Toth, Barbara (2014): Sie nennen ihn Django. Online einsehbar unter: https://www.falter.at/archiv/FALTER_20140910AEE897D97D/sie-nennen-ihn-django (Zugriff: 27.07.2016) Völker , Michael (2011): Das Ende seiner Wende. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1315005537899/Das-Ende-seiner-Wende (Zugriff: 06.06.2016) Weisgram, Wolfgang (2011): „Wir sind nicht die Democrazia Cristiana“. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1315006479514/OeVP-Wir-sind-nicht-die-Democrazia-Cristiana (Zugriff: 20.05.2016) Weißensteiner, Nina (2010): Die dunklen Mächte in der Volkspartei. Online einsehbar unter: http://derstandard.at/1289608684865/Landeschefs-Die-dunklen-Maechte-in-der-Volkspartei (Zugriff: 31.05.2016) Wirtschaftsbund (2016): Der Österreichische Wirtschaftsbund. Online einsehbar unter: http://www.wirtschaftsbund.at/Content.Node/bundesleitung/wir-ueber-uns/ueber_uns.php (Zugriff: 01.07.2016)