Journal des Richard-Wagner- Verbandes Leipzig

Aktuelles aus der Geburtsstadt des Meisters 3/2019

Ein Mann geht oder Ist wirklich JEDER ersetzbar? Thomas Krakow gibt den Vorsitz des Richard-Wagner-Verbandes Leipzig auf

ie Nachricht war für viele Mitglieder eigenes Merchandising- und Marketing- Dein Schock: der - programm für die Wagner-Stadt aufgelegt Verband Leipzig ohne seinen Vorsitzenden hat und in der Leipziger Innenstadt mit ei- Thomas Krakow? Ungezählte Mails erreich- gener Geschäftsstelle präsent ist. »Richard ten den Mann, der dreizehneinhalb Jahre ist Leipziger«, dieses von ihm selbst ein- lang den Richard-Wagner-Verband Leipzig geführte erfolgreiche Motto, hat Thomas geprägt hat, mit ihm verbunden war wie Krakow angetrieben, oft über die Grenzen wohl kein anderer. Nicht zum ersten Mal der Belastbarkeit eines Menschen hinaus. hatte der Historiker und bekennende und Krakow wurde 2012 von Oberbürgermeister kenntnisreiche Wagnerianer Krakow diesen Jung zum Koordinator des Wagner-Jahres Schritt angekündigt, war seine Gesundheit 2013 für Leipzig berufen, trug Verantwor- doch schon seit Längerem angegriffen. tung für dessen Durchführung und Erfolg. Doch diesmal war es bitterernst: Der Das Autobahnschild für die Wagner-Stadt jahrelange Dauereinsatz, das leidenschaft- Leipzig schenkte er sich und der Stadt zum liche Engagement, die zahlreichen, oft eigenen Geburtstag, richtete im Jubilä- nervenaufreibenden und kräftezehrenden umsjahr den Internationalen Kongress der Kämpfe um den Umgang mit dem nicht Richard-Wagner-Verbände in Leipzig und immer unkomplizierten Erbe Richard gemeinsam mit der Universität Leipzig Wagners in dessen Geburtsstadt Leipzig eine einwöchige musikwissenschaftliche haben ihre Spuren hinterlassen. Nicht wie Konferenz zu Richard Wagner aus. Von ein Ehrenamt, eher wie einen Vollzeitjob 2008 bis 2014 war er zudem 1. Vizeprä- hatte Thomas Krakow den Verbandsvorsitz sident des Richard-Wagner-Verbandes gehandhabt, von vielen dafür geachtet und International und 2014/15 dessen Präsi- bewundert, manchmal beneidet und oft Verzehnfachung und Internationalisierung dent. Auf sein Betreiben hin errichtete der angefeindet, denn ein bequemer Streiter der Mitglieder ist unter seiner Leitung aus Richard-Wagner-Verband im Jahre 2010 für die Sache Richard Wagners war er nie, einem unauffälligen kleinen Verein einer die Richard-Wagner-Stiftung Leipzig, deren wollte er auch nie sein. Nun fordert der der mitgliederstärksten und aktivsten Vorstandsvorsitzender er bis 2018 war. Der Raubbau an seiner Gesundheit ihren Tribut, Richard-Wagner-Verbände weltweit gewor- Blick über den Tellerrand war ihm immer Prioritäten ändern sich. Krakows Bilanz den, der seit zehn Jahren auch Bücher, u. a. wichtig: Verbandskontakte und Verbands- aber kann sich sehen lassen. die Reihe »Leipziger Beiträge zur Wagner- reisen von New York bis St. Petersburg, zu Forschung«, CDs und DVDs publiziert, ein den Leipziger Partnerstädten wie Brünn In den dreizehneinhalb Jahren oder Lyon, aber auch die Darstellung Vorstandstätigkeit, davon elfeinhalb und Beförderung der vielen anderen Jahre als Vorsitzender, hat er sich Wagner-Orte in Sachsen, Sachsen- unschätzbare Verdienste um den Anhalt und Thüringen, die eng mit Leipziger Richard-Wagner-Verband, dem Leben und Wirken des Kompo- die Wagner-Stadt Leipzig und die nisten verbunden sind. Thomas mitteldeutsche Herkunftsregion Krakow sorgte für die Installierung des Komponisten erworben. Dass und Restaurierung von Gedenk- Richard Wagner ein Sohn der Stadt tafeln und -steinen nicht nur in Leipzig ist und diese seit 2013, Leipzig, sondern auch in Weißen- dem 200. Geburtstag des genia- fels für Wagners Mutter oder im len Komponisten, wieder weltweit Königsberger Dom. Wahrlich, eine wahrgenommen wird und neben beeindruckende Bilanz und längst ins öffentliche Bewusstsein nicht alles, wovon zu berichten wäre. gerückt ist, verdankt sich zu großen Die Schuhe, in denen die Nachfolger Teilen der engagierten Arbeit von Thomas Krakows gehen müssen, Thomas Krakow. Mit der mehr als sind sehr groß … wk

Richard ist Leipziger ... Journal 3/2019 Resümee der Bayreuther Festspiele 2019

Erlebnisreiche Stipendiatentage Vier Tage lang, vom 15. bis 18. August 2019, durften wir unsere Stipendiaten Inken Grabinski, Minsang Cho, Jussi Juola und Alexander Kaul durch Bayreuth begleiten. Sie erwartete drei Aufführungen im Fest- spielhaus und ein vielseitiges Rahmenpro- gramm. Hier unser Festspiel-Stenogramm: Tag 1. Schon der erste Tag mit Eröffnungs- empfang und Führung durch das Bayreuther Festspielhaus gestaltete sich sehr gesellig und informativ. Tag 2. Beeindruckende Vorstellung »« im Festspielhaus! Unseren Gehören zur »Tannhäuser«-Inszenierung Stipendiaten hat es gefallen. Freundliche Transparent und Leiter am Festspielhaus Pausen-Einladung der Festspielleitung auf dem Balkon. Gute Gespräche der Stipendia- Hohe Transparenz des Orchesterklangs ten-Betreuer der Wagner-Verbände. Am Ankunftstag in Bayreuth bekamen wir Tag 3. Empfang bei der Vorsitzenden des Stipendiaten im Rahmen des Fränkischen Stiftungsvorstands der Stipendienstiftung, Abends neben dem Genuss der regionalen Traditionelles Foto am Wagner-Denkmal Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, Alexander Kaul, Inken Grabinski, Jussi Juola, Köstlichkeiten bereits die Gelegenheit, und Verabschiedung unseres ehemaligen Minsang Cho neue Kontakte zu knüpfen und viele inter- Verbandsvorsitzenden Thomas Krakow essante Gespräche zu führen. Mich hat es sowie Gespräche auf der Dachterrasse. Be- den Frankfurtern unter Leitung von Dirk besonders gefreut, viele frühere Freunde such der Aufführung »«. Jenders in der Lohmühle. Künstlerischer aus Jugendorchestern und diversen Pro- Tag 4. Vormittags Einführungsvortrag von Gast ist Daniel Behle, der den Stipendiaten jekten wiederzutreffen. Nach dem Begrü- Dr. Sven Friedrich im Festspielhaus – gute wertvolle Tips geben kann. Vielen Dank! ßungsempfang auf dem Grünen Hügel Vorbereitung auf Kratzers »Tannhäuser« Zum Abschluss der Stipendiatentage 2019 am darauffolgenden Morgen erfolgte die am Nachmittag. Und nun endlich »Tann- erfolgt das traditionelle Stipendiatenkon- Besichtigung des Festspielhauses, wo- häuser« in der Inszenierung von Tobias zert. Zur Vorbereitung noch mal eben ein durch wir einen ausführlichen und äußerst Kratzer mit Valery Gergiev am Pult! Die Meisterkurs mit Dame Gwyneth Jones in interessanten Einblick in Geschichte und quirlige und effektvolle Inszenierung mit Haus Wahnfried. Richard Wagners Retter Architektur dieser einzigartigen Spielstätte Videos und Pausenperformance am Teich König Ludwig II. schwebt im Raum … Ein erhielten. Die Akustik des Festspielhauses führt zu ausgelassenen Diskussionen – wirklich umfangreiches Programm für ist gekennzeichnet durch eine hohe Trans- auch beim gemeinsamen Abendessen mit unsere Nachwuchskünstler! kmw parenz des Orchesterklangs, der sich trotz aller Durchsichtigkeit der Orchester- und Chorstimmen frei entfaltet und hervorra- gend trägt. Am Nachmittag kam »Parsifal« zur Aufführung. Als besonders eindrucks- voll empfand ich den homogenen und dif- ferenzierten Klang des Festspielorchesters unter der Leitung von Semjon Bytschkow und die Stimme der Kundry, verkörpert durch die Sopranistin Elena Pankratova. »Tristan und Isolde« am nächsten Tag unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann vermochte ebenfalls durch eine nuancenreiche Interpretation zu überzeugen. Darüber hinaus ist mir der Opernsänger Georg Zeppenfeld als König Marke in besonderer Erinnerung geblieben. Die »Tannhäuser«-Inszenierung von Tobias Kratzer folgte voll und ganz dem Motto des jungen Richard Wagners »Frei im Wollen, frei im Thun, frei im Parsifal: Eher klassisch inszeniert Elena Pankratova (Kundry), Andreas Schager (Parsifal), Geniessen«, einer klaren Auflehnung gegen Günther Groissböck (Gurnemanz) vorherrschende Konventionen. ak

Seiten 2 / 3 Eröffnete feierliche Stunde Sara Mattheiß

Willkommensgruß der Stipendienstiftung Kulinarisches Bayreuth Mit Dirk Jenders und den Frankfurtern in der Betreuer Klaus-Michael Weinmann, Torsten Reh, Stipendiaten Lohmühle

Eine unvergessliche und inspirierende Zeit mich der Inbegriff von Innovation und Kre- beim Richard-Wagner-Verband Leipzig und Die Bayreuther Festspiele wollte ich ativität. Die bunte, vielschichtige Umset- bei der Richard-Wagner-Stipendienstiftung, unbedingt einmal selbst erleben, und der zung lässt Phantasie und Raum für eigene dass ich das alles erleben durfte. Ich habe Richard-Wagner-Verband Leipzig hat uns Assoziationen. Gustav Mahler folgend, der in Bayreuth eine sehr gute Zeit gehabt und eine unvergessliche und inspirierende Zeit einmal sagte: »Tradition ist die Weiterga- sehr viel gelernt. jj ermöglicht. Wir durften drei Vorstellungen be des Feuers und nicht die Anbetung der besuchen: »Parsifal«, »Tristan und Isolde« Asche«, sollte man das Erbe Wagners in Den Menschen mit seiner Kunst Gefühle sowie »Tannhäuser«. Als Klarinettistin Ehren halten, aber es auch für kommende vermitteln war ich auf das Orchester gespannt und Generationen spannend und faszinierend Nachdem ich die Oper »Tannhäuser« beeindruckt vom phantastischen Niveau inszenieren. Deswegen gibt es von mir gesehen habe – für mich eine außerge- der Instrumentalisten. Die eigenwillige einen klaren Daumen nach oben für Tobias wöhnliche Inszenierung – ging ich noch Konstruktion des Orchestergrabens unter- Kratzer und seinen »Gateau Chocolat«. ig ganz erfüllt von den Eindrücken ins »Haus stützt einen homogenen Klang, sodass eine Wahnfried«, da dort ein Meisterkurs ausgewogene Balance zu den SängerInnen Bayreuth – was für ein Platz! der Sängerin Gwyneth Jones stattfand. entsteht. Während »Parsifal« eher klassisch Ich habe im vorigen Sommer ein Projekt Drei Stipendiaten, die jetzt an deutschen inszeniert wurde, hat bei über Richard Wagner in Graupa gemacht großen Theatern engagiert sind, brachten »Tristan und Isolde« sphärischer gearbei- und durfte mit zwei großen Monologen verschiedene Stücke von Richard Wag- tet, den Raum der Bühne neu entdeckt und des Hans Sachs aus den »Meistersingern« ner zu Gehör. Ein Bariton aus Dortmund ein Spiel mit Licht und Schatten entstehen auftreten. Diese Musik und die Geschichte sang Wolframs Arie »O du mein holder lassen. Besondere Aufmerksamkeit erregte haben mich so beeindruckt, dass ich mehr Abendstern«. Frau Jones kritisierte den die Neuinszenierung von »Tannhäuser«. erleben wollte. So bin ich zum Vorsingen fehlenden Ausdruck seines Vortrags. »Man Für viele Wagnerianer ein Gräuel, war es für nach Leipzig gekommen, und glücklicher- soll immer ein Bild in seinem Kopf beim weise wurde ich Stipendiat für Bayreuth. Singen malen, damit das Publikum sich Was für ein Platz für Inspiration, Ken- einfühlen und verstehen kann, was der nenlernen, Wiedersehen, für Kunst und Sänger sich vorstellt«, sagte sie und erläu- für Wagner! Ich habe in Bayreuth viele terte uns, wie man Musik und Text gut zu- Freunde wiedergetroffen und viele neue sammen ausdrückt. Ich begriff, dass man interessante Persönlichkeiten verschiedener nicht nur eine gute Aussprache benötigt, Nationalitäten kennengelernt mit demsel- sondern auch eine inhaltliche Vorstellung ben Interesse an wunderbarer Musik wie des Textes. Am allerwichtigsten für mich ich. Wir durften drei Opern von Wagner als Stipendiat in Bayreuth war es, neue In- sehen, »Parsifal«, »Tristan und Isolde« spirationen zu erhalten. Die Vorstellungen, und »Tannhäuser«. Es ist mir unmöglich, die ich sonst nirgendwo zu sehen bekom- von diesen Produktionen einen Favoriten me, gaben mir ein neues Ziel, wie man zu benennen; ich habe jede Oper genossen. perfekt musiziert, damit das Publikum die Mir hat die magische Klangwelt des Fest- Konzentration nicht verliert. Der Meister- spielhauses sehr gefallen. Weil der Orches- kurs bestätigte noch einmal, welchen Weg terklang durch die Abdeckung des Grabens ich als Dirigent und Korrepetitor gehen nicht direkt in den Zuschauerraum kommt, sollte. Was für ein einzigartiges Programm sondern sich erst mit den Sängerstimmen für junge Musiker! Ich bedanke mich bei mischen muss, ergibt sich für die Sänger die der Richard-Wagner-Stiftung Leipzig und Möglichkeit, trotz des großen Orchesters verspreche, dass ich als ein Musiker leben Tannhäuser: Inbegriff von KreativitätDaumen leise zu singen, und man kann den Text werde, der den Menschen Gefühle mit hoch für Le Gateau Chocolat (Le Gateau Chocolat) gut verstehen. Ich bedanke mich herzlichst seiner Kunst vermitteln kann. mc

Richard ist Leipziger ... Journal 3/2019 Stimmungsvolles Preisträger-Konzert am Biedermeierstrand

ei schönstem Sonnenschein Oboenkonzert D-Dur von Bund einer lauen Brise fand das Richard Strauss. Ein vierter diesjährige Stipendiatenkonzert Preisträger, der Koreaner an ungewöhnlichem Ort im Freien Minsang Cho, konnte leider statt. Gleich neben der Schladitzer nicht persönlich erscheinen. Bucht, einem noch jungen Bade- paradies, betreibt der Haynaer Das fast zweistündige Konzert Strandverein e. V. einen geräumi- endete mit dem Siegfried-Idyll; gen Pavillon mit großer Bühne. Und unter diesen romantischen das ist wahrlich grandios: Im über- Umständen erzeugte das Stück dachten Publikumsbereich sitzend, eine fast surreale Stimmung. schaut man auf das Orchester und Einziger Wermutstropfen: überblickt zugleich einen Teil der Zu viele Stühle blieben leer. Preisträgerkonzert an ungewöhnlichem Ort Jussi Juola, Inken Grabinski, Seenlandschaft. So fand sich am Alexander Kaul, Markus Huber, Dr. Johannes Beermann Doch die Anwesenden waren 15. September 2019 auf der Bühne sich einig: Es war ein außeror- eine kleine Besetzung des Leipziger Sym- man gespannt sein. Mit dem berühmten dentlich schöner Nachmittag. Alle vier Preis- phonieorchesters unter Leitung von Markus Klarinettenkonzert A-Dur von Wolfgang träger durften im August die Bayreuther Huber zusammen, um gemeinsam mit den Amadeus Mozart präsentierte sich die an der Festspiele besuchen. Dabei wurden sie auf Stipendiaten zu musizieren. Der finnische Leipziger Musikhochschule studierende professionelle Weise von unseren Verbands- Bassbariton Jussi Juola kam als erster an Inken Grabinski, gefolgt von Alexander Kaul mitgliedern Torsten Reh und Klaus-Michael die Reihe und avancierte sogleich zum an der Oboe. Kaul erhielt aus den Händen Weinmann begleitet. Bei einem gemein- Publikumsliebling. Neben der »Leporello- von Dr. Johannes Beermann, Vorsitzender samen Abendessen nach dem Konzert in Arie« aus »« brachte er den des Stiftungsrates der Richard-Wagner-Stif- Leipzig äußerten sich alle Preisträger be- »Fliedermonolog« des Hans Sachs mit einer tung, den mit 5 000 Euro dotierten Nach- geistert über die freundliche und großzügige unvergleichlich samtigen, dabei voluminösen wuchspreis der Richard-Wagner-Stiftung Betreuung und natürlich auch die gelungene Stimme zu Gehör. Auf seine Karriere darf und bedankte sich mit dem anspruchsvollen Zusammenarbeit mit dem Orchester. bh

Streicherklänge aus dem »mystischen Abgrund« Gewandhaus-Geiger Karl Heinrich Niebuhr im Gespräch mit Dr. Birgit Heise

r ist erst 34 Jahre alt, hat aber schon Violinen wurde von Dr. Birgit Heise Emehr als 300 Vorstellungen als hinsichtlich verschiedener Spielweisen Geiger im Bayreuther Festspielorchester systematisch angesprochen und deren absolviert. Rechnet man die Probentage gezielte Anwendung bei Wagner auch hinzu, so ist es ein ganzes Lebensjahr, anhand von einigen Klangbeispielen vor- welches Karl Heinrich Niebuhr allein geführt; Karl Heinrich Niebuhr beschrieb dem von Richard Wagner begründeten die unterschiedlichen Anforderungen Unternehmen gewidmet hat. Seit elf bei der praktischen Ausführung der oft Jahren schon verbringt der Gewand- schwierigen Passagen und die daraus hausmusiker seinen »Sommerurlaub« zu entstehende Wirkung. Hervorgehoben großen Teilen im »mystischen Abgrund« wurde die besondere Möglichkeit der des Orchestergrabens, nicht selten bei Über den Einsatz der Violinen in Wagners Werken Violine, die »Intensität« des Tones fast unerträglichen Temperaturen. Ohne Dr. Birgit Heise, Karl Heinrich Niebuhr flexibel zu gestalten. Der interessante Begeisterung für Wagners Musik ist so und instruktive Abend schloss mit einer etwas undenkbar, doch ziehen ihn auch die nunmehr am Musikwissenschaftlichen Fragerunde unter Einbeziehung des Publi- besondere Atmosphäre Bayreuths, die große Institut der Universität als Privatdozentin kums. Zu Beginn der Veranstaltung hatten Tradition, das hohe musikalische Niveau tätig, hatte Karl Heinrich Niebuhr für den die Anwesenden Gelegenheit, Sung-Ah Park und die Wiederbegegnung mit Kollegen aus 16. Oktober 2019 zu einem Gespräch über wiederzubegegnen. Sie wird zukünftig an der aller Welt in jedem Jahr erneut dorthin. den Einsatz der Violinen in Wagners Wer- Musikhochschule Leipzig für die Bayreuth- ken eingeladen und etablierte damit gleich- Stipendiaten zuständig sein. Am Klavier Vorstandsmitglied Dr. Birgit Heise, ehe- zeitig eine Veranstaltungsreihe, die jährlich erfreute sie das Publikum mit dem Brautlied malige Kustodin des Museums für Musik- fortgeführt werden soll, bezogen auf jeweils aus »« in der Bearbeitung von instrumente der Universität Leipzig und andere Instrumente. Die Vielseitigkeit der Franz Liszt. rp

Seiten 4 / 5 www.bayreuth-tourismus.de Bayreuth entdecken

ENTDECKEN SIE DAS BAYREUTH RICHARD WAGNERS 2020

IM RICHARD WAGNER MUSEUM IM FESTSPIELHAUS

HAUS WAHNFRIED BIS ZU 4 FÜHRUNGEN TÄGLICH

Thomas Köhler © Nationalarchiv der BIS MÄRZ UND AB SEPTEMBER 2020 Richard-Wagner-Stiftung, Bayreuth © Andreas Harbach

AUF DEM WALK OF WAGNER BEI FÜHRUNGEN

VON WAHNFRIED BIS ZUM FESTSPIELHAUS AUF DEN SPUREN RICHARD WAGNERS DURCH DAS HISTORISCHE BAYREUTH © Simeon Johnke © Andreas Harbach © Corinna Weih

Bayreuth Marketing & Tourismus GmbH Opernstraße 22 95444 Bayreuth Tel.: 0921/ 88 5-760 www.bayreuth-tourismus.de MA RK E T I N G & T OURIS M U S GM B H

Anzeige-RWV-Leipzig.indd 1 05.11.19 15:48 Richard Wagner, die Eidgenossen und wir Unsere zweite Verbandsreise in die Schweiz

om 2. bis 6. September 2019 machten In der Villa Wesendonck konnte sie uns Vsich 22 Mitglieder und Freunde unse- einen Eindruck von Wagners Zeit im Asyl res Verbandes auf, um Richard Wagners vermitteln. Ein Abendessen mit Präsident Spuren in der Schweiz zu folgen. Auf dem Stefan Gallati und Vorstandsmitgliedern Hinweg besuchten wir Hohenschwangau der Schweizerischen Richard-Wagner- Nah am Genius Loci Im Haus Tribschen einschließlich seines Wagner-Raums, die Gesellschaft rundete den Tag ab. Auch Kinderstube und Sommerfrische König Gallati vermochte uns bildhaft deutlich erhielten wir eine eigene Werkeinführung Ludwigs II. und konnten verstehen, warum zu machen, welchen Eindruck und welche für das abendliche Konzert – im Wohn- ein junger Thronfolger, der in einer so Spuren die Schweiz in dem deutschen zimmer des Meisters. So gut vorbereitet zauberhaften Umgebung aufwuchs, eine Dichterkomponisten hinterlassen hat. Am erlebten wir die Aufführung des zweiten solche Sehnsucht nach der Atmosphäre in nächsten Morgen entführte er uns in den Akts von »Tristan und Isolde« im Rah- Richards Werken entwickelte. Auf der Wei- Kurort Seelisberg, fast 400 Meter über dem men des Lucerne Festivals. Die Leistung terfahrt grüßten uns die Alpen im schöns- Vierwaldstätter See und der Rütli-Schwur- des Concertgebouw-Orchesters und der ten Sonnenschein. Eva Martina Hanke, Wiese gelegen, wo Wagner mit seiner Solisten hinsichtlich der Intensität des exzellente Kennerin von Wagners Verhält- ersten Frau Minna einige Sommerwochen Werkes beeindruckten uns und sorgten für nissen in der Schweiz, führte uns in sein verbrachte. Die profunden Geschichts- reichlich Gesprächsstoff. Von der Dachter- Zürich ein und brachte uns die Stadt näher. kenntnisse Gallatis erlaubten uns, den Ort rasse konnten wir in der Pause den Anblick wie auch Richards Erlebnisse besser ein- der Stadt im warmen Abendlicht genießen. zuordnen. Der Fernblick auf die Berge, die Nächster Höhepunkt wurde am Folgetag Gipfel, die Hochebenen – Richard wusste, der Besuch in Mariafeld, wo Wagner im wo es schön ist. Kreis der Familie um Eliza Wille häufig zu Gast war. Dieses prächtige und bedeu- In Luzern besuchten wir das Wohnhaus tungsvolle Haus hat einen sehr intimen Wagners in Tribschen. Auch wer Bayreuth Charakter, weil die Räume von der Familie kennt, war vom Umfang der Sammlung, Wille weiterhin bewohnt werden. Unsere der Liebe zum Detail und der Atmosphä- Dankbarkeit für die charmante Führung re dieses Wagners-Orts ergriffen. Wir durch die familiär aus Leipzig und dem hatten Glück: Dank der Gastfreundschaft Baltikum stammende jetzige Hausherrin Seelisberger Idyll Stefan Gallati, von Museumsdirektorin Katja Fleischer Christine Wille brachten wir mit einer Leipziger Wagner-Freunde Lohengrin-Schale aus Meissener Porzellan zum Ausdruck. Den Rückweg nutzten wir für einen Besuch von Wolframs-Eschen- bach, dem Geburtsort des Minnesängers. Auch hier war der Wagner-Bezug greifbar, denn abseits großer Touristenströme stellt die Stadt ein Musterbeispiel spätmittelal- terlicher Romantik dar.

Übervoll mit Eindrücken und Freude über das Erlebte gilt unser Dank Thomas Kra- kow, der diese Reise noch konzipierte und Kenntnisreich im Garten der Villa Wesendonck vorbereitete, und den durch ihn aktivierten Eva Martina Hanke Schweizer Wagner-Freunden. Er gilt aber auch unserem Busfahrer Peter Richter. bz

Resümee der Reiseteilnehmerin Helga-Franziska Humbaur »Aus meiner Sicht war es eine gelunge- ne Reise auf höchstem Niveau. Danke nochmals an den exzellenten Fahrer Peter Richter und den souveränen Reiseleiter Benedikt Zimmermann. Sie beide haben wesentlich dazu beigetragen, dass die Gastfreundlich auf Mariafeld Musizierender Reiseleiter Reise zu einem Erlebnis werden konnte, Hausherrin Christine Wille Benedikt Zimmermann das sich in der Erinnerung festsetzt.«

Seiten 6 / 7 Ein Lob der Provinz! Aschersleben, Ballenstedt und »Der fliegende Holländer« in Halberstadt

as heißt hier Provinz? Die Tagesfahrt Naumburg (u. a. Schloss Cecilienhof in Wmit 55 Mitgliedern unseres Verban- Potsdam) gestalteten Grabstätte. Nach dem des und Freunden Richard Wagners aus in den Klosterstuben pünktlich servierten Leipzig, ganz Sachsen, Hessen sowie Bayern Mittagessen lohnte ein Blick auf diese Resi- Stein gewordene Sentimentalität Bestehornfabrik und Baden-Württemberg galt einer Gegend, denz der Anhaltiner, die malerisch angeleg- Aschersleben mit Grafikstiftung Neo Rauch die im 10. Jahrhundert Wiege des ersten te Stadt und ihre Umgebung. Deutschen Reiches war, gesegnet mit Ge- schichte, Kultur und anmutiger Landschaft. In der alten Bischofsstadt Halberstadt, Für die perfekte Durchführung stand erneut Bistum seit 804, faszinierte der Dom als unser Dreamteam Benedikt Zimmermann gotische Kathedrale. Der vor allem während als Reiseleiter und Busfahrer Peter Richter. des 4. Kreuzzugs bei der Plünderung Kons- tantinopels 1204 durch Bischof Konrad von Das Programm begann in Aschersleben, Krosigk zusammengetragene Domschatz mit 1266 Jahren die älteste Stadt Sachsen- gilt als der bedeutendste in Deutschland, Anhalts. Der Maler Neo Rauch verbrachte weil niemals ausgeraubt. Die Stadt selbst hier seine Kindheit und Jugend, bis er zum ist bis heute gezeichnet von einem unorga- Studium der Malerei in seinen Geburtsort nischen Wiederaufbau nach sinnloser Zer- Getümmel im historischen Gewölbe Leipzig zurückkehrte. Seine Grafikstiftung störung deutscher Kulturlandschaft durch Klosterstuben Ballenstedt, Leipziger Gäste befindet sich in einem im Zuge einer anglo-amerikanische Bomben am Landesgartenschau umgebauten Industrie- 8. April 1945. Koskela als Holländer konnten überzeugen. gebäudekomplex. Leiterin Dr. Christiane Sehr gut gefiel auch der Damenchor. Schon Wisniewski und ihre Mitarbeiterin Silvia Am 1945 an der Richard-Wagner-Straße in den ersten, noch unsicheren Takten des Käther führten sachkundig durch das Haus zerstörten Stadttheater debütierten Gustav Orchesters in der Ouvertüre wurde klar, und die aktuelle Ausstellung »Das Kolle- Gründgens und Theo Lingen. Hier gab es dass die Stimmen nicht mehr als zweifach gium«. Fazit: Dieser kulturelle Nukleus seit 1904 eine bedeutende Wagner-Tradi- besetzt waren. Dieses birgt die Chance, verträgt mehr als die 7 000 Besucher vom tion, nun fortgesetzt im 1949 errichteten durch einen recht klaren Satz wesentlich Vorjahr. Neubau mit der ausverkauften Premiere zur Textverständlichkeit beizutragen. von Richard Wagners »Der fliegende Zeitweise barg diese geringe Tiefe jedoch Die Grafen von Aschersleben waren der Holländer«. Großer Applaus und Standing auch das Risiko, die Gesamtdynamik auf Ursprung des Geschlechts der Askanier im Ovations am Ende. Die künstlerische Leis- zittrige Beine zu stellen. Inszenierung, Harzvorland, deren berühmtester Spross tung war beeindruckend, und die meisten Bühnenbild und Kostüme waren wohltuend Albrecht der Bär (ca. 1100–1170) die Mark Besucher wussten die großen Anstrengun- unaufregend und bestens geeignet, sich Brandenburg gründete. Findet sich sein gen, die eine Wagner-Oper mit sich bringt, an erbaulichem Musiktheater zu erfreuen. Name und Wappentier in Ortsnamen und zu würdigen. Gerade die Hauptrollen, Ein Besuch ist unbedingt zu empfehlen. Wappen wie Bernburg oder Berlin, so Annabelle Pichlers strahlender, jugendlich Der Gesprächsstoff auf der Rückfahrt fanden er und seine Gattin Sophie ihre letzte wirkender Sopran als Senta, gepaart mit reichte bis nach Mitternacht und somit bis Ruhe auf Schloss Ballenstedt in einer letzt- ihrer ausdrucksstarken Bühnenpräsenz, zum Ende eines abwechslungsreichen und malig von dem Architekten Paul Schultze- oder Gijs Nijkamp als Daland und Juha gelungenen Ausflugs. tk

Kein Zickenkrieg, sondern Ernst Annabelle Pichler (Senta), Kammersängerin Begeisterter Schlussapplaus Gerlind Schröder (Mary), Damenchor Leipziger Verbandsmitglieder

Richard ist Leipziger ... Journal 3/2019 einer anderen Welt nur für sich und ihre Liebe leben zu können. Zwar verzichtet »Laß den Tag dem Tode weichen« Lübbe auf die von Wagner geforderten »Tristan und Isolde« an der Oper Leipzig glühenden Umarmungen und lässt das liebende Paar im Liebesduett an den ent- gegengesetzten Enden der Bühne stehen, erreicht aber gerade dadurch eine innige »Was wird das für Musik! Ich könnte mein als Refugium, bis sie sich schließlich selbst Verbundenheit. Und gewährt Tristan und ganzes Leben nur noch an dieser Musik ar- blendeten. Schauspielintendant Enrico Isolde am Ende des dritten Aufzugs nach beiten. O, es wird tief und schön«, frohlock- Lübbe wählte einen weißen Lichtrahmen als einem leidenschaftlichen Kuss überzeu- te Richard Wagner am 8. Dezember 1858 Grenze zwischen Realität und Traumwelt. gend die Vereinigung in »des Welt-Atems im Tagebuch für Mathilde Wesendonck, In des Schiffswracks unergründlichen wehendem All«. Wunderbar gelingen um wenig später zu notieren: »Kind! Dieser Tiefen irrlichtern Tristans und Isoldes Barbara Kozelj als Brangäne ihre Warnun- Tristan wird was Furchtbares! Dieser letzte Gedanken und Wunschvorstellungen, in gen an die Liebenden: »Habet Acht! Bald Akt!!! – Ich fürchte, die Oper wird entweicht die Nacht!« Eine stimmli- verboten – falls durch schlechte Auf- che und darstellerische Offenbarung führungen nicht das Ganze parodiert ist der König Marke von Sebastian wird – nur mittelmäßige Aufführun- Pilgrim in seiner Verzweiflung über gen können mich retten! Vollständig den Verrat des »Treusten aller Treu- gute müssen die Leute verrückt en«. Leider lässt Daniel Kirch keinen machen ...« Verboten wurde die Oper Zweifel daran, dass Tristan für ihn nicht, aber sie galt lange Zeit als eine mörderische Partie darstellt, unspielbar und wurde zu Wagners wobei Meagan Miller ihre Isolde Lebzeiten nur selten aufgeführt. bravourös zu Ende singt. Richard Wagners »tiefe und schöne«Musik Am Leipziger Opernhaus wagte man lotete das Gewandhausorchester sich nach 22(!) Jahren wieder an die unter Ulf Schirmer in allen Nuancen »Handlung in drei Aufzügen«. Ein aus. Verrückt von der »vollständig Boot diente Tristan und Isolde in Vereinigung in »des Welt-Atems wehendem All« guten«Inszenierung wurde glückli- Willy Deckers Inszenierung von 1997 Tristan (Daniel Kirch), Isolde (Meagan Miller) cherweise niemand. uo

(M)Ein Leben mit Richard Wagner

Ruth Streller, Gründungs- und standen. 1948 bewarb ich mich für Ehrenmitglied unseres Verbandes, die Statisterie (Komparserie) und feierte am 27. September 2019 ihren später für den Bewegungschor, und 90. Geburtstag. Bereits seit 36 Jah- konnte dadurch meinen Traum, ren organisiert sie die Opernexkur- selbst auf der Bühne zu stehen, sionen. Wir sagen danke, gratulie- verwirklichen. Am liebsten erinnere ren herzlich und wünschen ihr noch ich mich an meine Mitwirkung im viele schöne Opernerlebnisse. 3. Aufzug der »Meistersinger« zur Doch lassen wir sie selbst zu Wort Eröffnung des neuen Opernhauses kommen. 1960 am heutigen Augustusplatz in der Inszenierung von Joachim usik und Theater – die Kultur Herz. Das war der Höhepunkt Mwar mein Lebensinhalt und ist meiner »Hobby-Laufbahn«. Weitere es bis heute geblieben! Als 18-Jährige Höhepunkt der »Hobby-Laufbahn« Ruth Streller als Auftritte hatte ich im 2. Aufzug von erlebte ich 1947 im Haus Dreilinden »Nürnberger Turm« in den »Meistersingern« »Rienzi« 1962 und am Ende des (heute Musikalische Komödie) meine 2. Aufzugs des »Fliegenden Hollän- erste Wagner-Oper, »Tristan und Isol- Den absoluten Rekord halte ich wahrschein- ders«, ebenfalls 1962. Herz’ »Jahrhundert- de«, und ich war vor allem vom 3. Aufzug lich bei »Parsifal«, den ich bis 2018 außer Ring« sah ich von 1973 bis 1976 zweimal. mit seinem wundervollen Bühnenbild so in Leipzig insgesamt 46-mal in Berlin, beeindruckt, dass ich alle elf Vorstellungen Chemnitz, Dessau, Dresden, Weimar und Im Jahre 2000 reisten wir zu Dritt an die besuchte. Um nur einige weitere Beispiele Bayreuth gesehen und siebenmal konzer- Westküste der USA, nach Hawaii. An mei- zu nennen: Im »Fliegenden Holländer«war tant gehört habe. Zu den Bayreuther Fest- nem Geburtstag saßen wir abends auf dem ich 19-mal, in der »Walküre«sechsmal, spielen fuhr ich von 1990 bis 2017 elfmal. Hotelbalkon und tranken Wein. Da erschien 15-mal in den »Meistersingern«, achtmal Mein Interesse ist allerdings nicht nur auf auf dem Pazifischen Ozean ein Schiff mit im »Tannhäuser«, dreimal im »Lohen- Richard Wagner beschränkt. In Dreilinden drei roten Segeln. Der fliegende Holländer grin«– 1991 sogar in Taormina, Sizilien. sah ich alle Opern, die auf dem Spielplan grüßte uns, ein unvergessliches Erlebnis! rs

Seiten 8 / 9 RICHARD WAGNER. ALLE OPERN IN DREI WOCHEN. 20. 06. –––– 14. 07. 2022

INFORMATION & TICKETS: WWW.OPER-LEIPZIG.DE zum 100. Geburtstag Wagners treffen Wagner in Leipzig

ch hatte ein unglaubliches Glück, dass uns darauf, nach den Festspielen Kontakt Imir Wolfgang Wagner auf dem Weg zum aufzunehmen. Viele seltsame Gestalten Festspielhaus direkt in die Arme lief. Auf- bevölkerten die Gänge, die ich später auf geregt war ich schon, als ich mein Sprüch- der Bühne wiedersah. Man schrieb das lein aufsagte, wer und woher ich sei und ob Festspieljahr 2004, Skandalregisseur er nicht unsere Ausstellung in Leipzig im Christoph Schlingensief hatte das Zepter in kommenden Jahr eröffnen wolle. Meine Bayreuth übernommen und das Festspiel- Hier lässt’s sich gut ausruhen Wolfgang Wagner begeisterte Schilderung über die umfang- haus mit seiner »Parsifal«-Inszenierung reiche Sammlung mit Objekten zu Richard gewaltig aufgemischt. Ein gelungener Coup Tapferkeitsmedaille verdient, er humpelte Wagner im Stadtgeschichtlichen Museum Wolfgang Wagners, der, getrieben von der noch, und unter dem rechten Hosenbein schien ihn auf Anhieb davon zu überzeu- Suche nach neuen Regielösungen, dadurch lugte zuweilen der bandagierte Fuß hervor. gen, dass da etwas Besonderes zu erwarten seine Position als Festspielleiter zu festigen Gudrun Wagner, damals schon schwer- war. Er verwies mich an seinen Pressespre- vermochte. krank, wie ich erst später erfuhr, war ganz cher, und ich begab mich hochgestimmt Grande Dame, man merkte ihr nicht das in die Vorstellung, um dann in der ersten Inzwischen nahm die von Musikwissen- Geringste an. Unsere erste Station war die Pause im Pressebüro vorzusprechen und schaftlerin Kerstin Sieblist kuratierte Ausstellung im Neubau Böttchergäßchen. mein Anliegen vorzutragen, wo ich von Ausstellung unter dem Titel »Wagners Direktor Dr. Volker Rodekamp verabschie- Peter Emmerich als Kollegin freundschaft- Heimkehr« Gestalt an. Viele der überaus dete sich bald, ihn erwarteten unaufschieb- lich aufgenommen wurde. Wir einigten herzlichen Telefongespräche mit Gudrun bare Termine, aber Dr. Georg Girardet, Wagner, persönliche Referentin der Fest- Beigeordneter für Kultur, hatte sich den Tag spielleitung, drehten sich um das Besuchs- freigehalten. Kerstin Sieblist fand in beiden programm, das ich vorbereitete. Jedesmal, Wagners aufmerksame Zuhörer bei ihrer wenn ich anrief, wurde ich sofort zu ihr Ausstellungsführung, die die Begegnung mit durchgestellt. Der Eröffnungstermin im Fe- ihrem berühmten Vorfahr sichtlich genos- bruar 2005 rückte näher, als von Bayreuth sen. Natürlich erregten auch bei ihnen die die ernüchternde Nachricht kam, Wolfgang »Reliquien« – ein Taktstocksplitter und eine Wagner könne ihn nicht wahrnehmen, Locke Richard Wagners sowie ein eigenhän- er läge im Krankenhaus. Da die Wagners diges Manuskript zur Grundsteinlegung des aber ohnehin planten, am Internationa- provisorischen Festspielhauses 1872 – len Richard-Wagner-Kongress im Mai in besonderes Vergnügen. »Danke für die Leipzig teilzunehmen, erhielten wir die hervorragende Ausstellung«, schrieben Zusage, wir könnten fest mit einem Besuch beide am Ende ins Gästebuch. Während am 9. Mai rechnen. Überglücklich fand ich Gudrun Wagner noch durch die Ausstellung mich am Morgen des denkwürdigen Tages schlenderte, nutzte ich die Gelegenheit, im Hotel »Fürstenhof« ein, um das Ehepaar um Wolfgang Wagner auszufragen. Dabei Die Wollallergie hab’ ich von meinem abzuholen. Wolfgang Wagner hätte eine verriet er mir auch, dass er die Wollallergie Großvater geerbt Ursula Oehme, Wolfgang seines Großvaters geerbt habe, die diesen Wagner, Kerstin Sieblist zeitlebens Samt und Seide vorziehen ließ. »Kommst du, Wolfgang«, rief Gudrun Wagner dann und wann, und er antwortete stets: »Ja, Gudrun, gleich«, kam aber nicht, worauf wir wie die Schulkinder kicherten.

Ein Gespräch bei Oberbürgermeister Wolfgang Tiefensee und die Eintragung Wolfgang Wagners ins Goldene Buch der Stadt Leipzig gehörten ebenso zum Besuchs- programm wie die gemeinsame Fahrt zum Klingerhain, wo sich die Wagners höchst er- staunt über den Sockel von Max Klinger zeig- ten, von dem sie noch nie gehört hatten. Ein Fotoalbum mit den Stationen ihres Leipzig- Besuchs wurde bei den nächsten Festspielen Nie davon gehört Vor dem unvollendeten Hervorragende Ausstellung Eintragung dankbar entgegengenommen, und ich schaue Wagner-Denkmal Max Klingers im Klingerhain im Gästebuch (Inv.-Nr. A/2845/2009) mir die Aufnahmen noch heute gern an. uo

Seiten 10 / 11 Ausstellung »Der Prinzipal« und Festakt Bayreuth 2019

ls Wolfgang Wagner in diesem Beim Festakt spielte, am AFestspielsommer zu seinem Vorabend der Eröffnung der 100. Geburtstag mit Festspiele, das Orchester einem Festakt im Festspielhaus unter Leitung von Christian und einer Jubiläumsausstel- Thielemann: vom Vorspiel der lung mit dem Titel »Der Prinzi- »Meistersinger« zur Romer- pal. Wolfgang Wagner und die zählung (mit Stephen Gould) ›Werkstatt Bayreuth‹« im Richard und zu »Wotans Abschied« Wagner Museum geehrt wurde, (mit Günther Groissböck). erinnerte man sich an einen durch- Es sprachen Katharina setzungsfähigen »Chef«, dem frän- Wagner, der Bayerische Staats- kische Bauernschläue zugeschrie- minister für Wissenschaft und ben wurde. Anders hätten die Kunst, Bernd Sibler, Chris- Festspiele auch 1951 nicht wieder eröffnet Raumeindruck Kapitel Jugend in Wahnfried tian Thielemann, schließlich Ioan Holen- werden können, bei denen er sich vorrangig der (1992 bis 2010 Direktor der Wiener um die Organisation kümmerte. Anders die bis zum 20. Januar 2020 verlängert Staatsoper). Den Schluss machte »Isoldes wäre es auch nicht möglich gewesen, den wurde, präsentiert einige Objekte, die Liebestod«, noch einmal von »Jahrhundert-Ring« Patrice Chéreaus und das Leben und Wirken, auch die von ihm Waltraud Meier gesungen. fp Götz Friedrichs »Tannhäuser« von 1972 ermöglichten bekannten Inszenierungen langfristig und stilbildend durchzusetzen. beleuchten: u. a. mit Videos, einer Fotoserie Der Prinzipal. Wolfgang Wagner »Er war ein Festspielleiter, wie es ihn nicht von Stefan Moses, dem Skript seiner Auto- und die »Werkstatt Bayreuth« mehr geben wird«, so Direktor Dr. Sven biographie und jener Ausgabe des »Play- Verlängert bis 20. Januar 2020. Friedrich bei der Eröffnung der Jubiläums- boy«, in der er im Interview bekannte, dass Richard Wagner Museum Bayreuth, ausstellung im Museum. Die Ausstellung, er nicht an seinem Posten kleben würde. www.wagnermuseum.de

Bach und eine Uraufführung von Biller zu Michaeli

er Sächsische Kammer- Zeitgenössischer Kontrapunkt Dchor und sein Dirigent zu Bachs Werken war die Fabian Enders begingen in Uraufführung der Kantate der Peterskirche Leipzig das »Irritationen« aus der Feder Michaelisfest 2019 mit zwei seines 16. Amtsnachfolgers und der glanzvollen, mit Trom- Ehrenmitglieds des Richard- peten und Pauken prunken- Wagner-Verbandes Leipzig den Kantaten, die Johann Georg Christoph Biller. Im Sebastian Bach zu diesem Text von Carola Moosbach einst großen Feiertag schrieb. schafft der Mensch sich nun die Die Bachzeit verehrte die Monster selbst, damit Ängste Engel als Kämpfer und Sieger und Spaltung, das »Gewebe des über Satan und das Böse. Im Lebens zerreißt«. Dafür fand Eingangschor zu »Herr Gott, der Komponist dissonanzenrei- dich loben alle wir« BWV 130 entfachte Starker Beifall für alle Mitwirkenden che, paukengrundierte Klangeruptionen, die Fabian Enders, Georg Christoph Biller Fabian Enders mit vorandrängendem Enders und seine Mitteldeutschen Virtuo- Tempo und prächtiger Klangentfaltung sen zu größter Wirkmächtigkeit führten. In den kämpferischen Impetus dieser in einer Paraphrase auf Bachs Arie »Bleibt, ihr immer neuen Aufschwüngen wie Flam- Streit« BWV 19 bot dem agilen Sächsi- Engel, bleibt bei mir«, von der Chansonette men himmelwärts stürmenden Musik. Die schen Kammerchor Gelegenheit, seine viel Ute Loeck ausdrucksstark vorgetragen, ha- Fanfaren der Arie »Der alte Drache brennt gerühmte Strahlkraft zu beweisen. Die ben bei Biller »die Engel abgedankt«. Doch vor Neid« gestalteten Thomas Wittig, Bass, Engel als Beschützer besingt Bach in den mündet das Werk in den Appell »höchste die Trompeten um Falko Lösche und Peter eher lyrischen Arien, die durch Corinna Zeit zu reden, … zu handeln«, mit dem zitat- Gotterbarm an den Pauken hochvirtuos. Gönners glanzvollen Sopran und Marie haften Widerschein von Luthers »Ein feste Die Fugen- und Koloraturenherrlichkeit Biebers warm timbrierten Alt einfühlsam Burg«. Starker Beifall für Georg Christoph des Eingangschors zu »Es erhub sich ein und klangschön zur Geltung kamen. Biller und alle Mitwirkenden! rw

Richard ist Leipziger ... Journal 3/2019 Zum 150. Geburtstag von Siegfried Wagner

Der fremdbestimmte Sohn nung von einem Besuch Siegfried Wagners Zeichnungen von Siegfrieds engem, sich im Ausstellung über Siegfried Wagner in in Weimar bei Elisabeth Förster-Nietzsche Jahr 1941 outenden Freund Franz Stassen, den Richard-Wagner-Stätten Graupa im Nietzsche-Archiv (1929) und Einblicken dessen homosexuelle Bildinhalte in anderen Gleich zwei Ausstellungsaufträge über in die poetischen Welten von einigen der 14 Arbeiten des Künstlers deutlicher zu erken- Siegfried Wagner (1869–1930) gingen an vollendeten Opern Siegfried Wagners. nen sind, war bereits 1911 der Versuch, die »artes-projekte« (Dr. Verena Naegele und offizielle Bayreuther Hagiographie mit der Sibylle Ehrismann), die mit einem identi- Die Ratlosigkeit und Verlegenheit gegenüber individuellen Persönlichkeitstextur des schen Konzeptkern die Ausstellungen »So der Person Siegfried Wagner hat sich also »begehrtesten Junggesellen Deutschlands« wird mir der Weg gewiesen« im Richard- noch immer nicht geändert. Im Schmuck- zur parfümiert-markanten Synthese zu brin- Wagner-Museum Tribschen/Luzern, dem band »Siegfried Wagner und seine Kunst« gen. Sogar ein renommierter Dirigent wie Geburtsort Siegfrieds (bis November 2019), mit Texten des Bayreuth-nahen Richard- Frank Strobel, der Siegfried Wagners Oper und »Der fremdbestimmte Sohn« in den Biographen Carl Friedrich Glasenapp und »An allem ist Hütchen schuld« am 9. und Richard-Wagner-Stätten Graupa (bis 10. August 2019 während der Bayreuther 16. Februar 2020) realisierten: multi- Festspiele im Markgräflichen Opernhaus mediale Environments mit Nischen für dirigiert hatte, konnte bislang für Siegfried Dokumente und Gegenstände aus den Wagner keine Lanze mit Breitenbasis eigenen Beständen der beiden Museen. brechen. rhd

Anders als die fragmentarische Spuren- Siegfried Wagner – suche des Richard Wagner Museums Der fremdbestimmte Sohn Bayreuth im Frühjahr 2019 unternimmt Bis 16. Februar 2020. »artes-projekte« den Versuch, die Zur Finissage am 16. Februar 2020, schillernde Persönlichkeit Siegfried 15 Uhr, Vortrag von Roland H. Dippel: Wagners mit zwangsläufigem Mut zu Lichtgestalten für Schwule. Antiheroen Risiko und Lücken ohne Etiketten zu im musikdramatischen Schaffen Sieg- porträtieren. Das bewegt sich in Graupa »Ich gratuliere, es ist ein Knäblein!« fried Wagners. Richard-Wagner-Stätten zwischen den Polen einer Filmaufzeich- Vorherbestimmtes Schicksal Graupa: www.wagnerstaetten.de

Siegfried Wagner – Der Vortrag von Roland H. Dippel war der »Meistersohn« keine leicht verdauliche Kost. Doch Dippel, Fidi, wie Siegfried Wagner genannt wurde, u. a. Mitglied in der Internationalen Sieg- lebte, liebte und kleidete sich wie ein Dan- fried Wagner Gesellschaft, hatte sich auch dy, und auch die Ehe mit der 28 Jahre jün- viel vorgenommen: die Würdigung der geren Engländerin Winifred konnte wohl künstlerischen Leistung Siegfried Wag- nur partiell über seine sexuellen Präferen- ners, seines umfangreichen, in seiner Zeit zen hinwegtäuschen. Was bedeutete das höchst individuellen Schaffens, dem »viele für sein Werk, für sein Leben? Roland H. Wagnerianer keine Chance geben, mit dem Dippel – Kulturjournalist, Kulturmanager Argument, dass da nichts Wirkliches – und freischaffender Theaterdramaturg – über Richard Wagner hinaus« – gekommen schickte sich anlässlich des 150. Geburts- sei. Roland H. Dippel versuchte in seinem tages von Siegfried Wagner am 19. Juni inhaltlich und dramaturgisch breit gefä- 2019 in der Stadtbibliothek an, den Sohn cherten Vortrag viele verschiedene inhalt- Richard und Cosima Wagners aus dessen Mammutaufgabe, interessant und inspiriert liche Ebenen miteinander zu verknüpfen: Schatten herauszuheben und Werk und Roland H. Dippel bei seinem Vortrag das gesamte biografische, künstlerische, Persönlichkeit des Opernkomponisten, ideologische, sexuelle und mitmenschliche Dirigenten und Festspielleiters von Bay- nettistin Inken Grabinski, die zur Zeit an der Beziehungsgeflecht, in dem sich Siegfried reuth unter besonderer Berücksichtigung Musikhochschule Leipzig ihr Master- Wagner zeitlebens befand – eine Mam- seiner Homosexualität zu betrachten. studium absolviert, und der an der Musik- mutaufgabe, durchaus interessant und hochschule Rostock studierende Oboist inspiriert, die aber sowohl einen Einzelvor- Zu Beginn präsentierten junge Nachwuchs- Alexander Kaul, der mit dem Nachwuchs- trag, als auch mitunter Teile des allmählich musiker ihr Können: Dominik Geschko- preis der Richard-Wagner-Stiftung ausge- ermüdenden Publikums gelegentlich zu witsch, Klavier, und Jonas Busse, Oboe. zeichnet wurde. Alexander Kaul bedankte überfordern schien. Von Roland H. Dippel Blumen und die Unterlagen für ihr sich mit einem sehr berührenden Solo aus angeregt, möge, wer Genaueres wissen will, Bayreuth-Stipendium bekamen die Klari- »Parsifal«. selbst nachlesen. wk

Seiten 12 / 13 Richard Wagner in Frankreich: Übersetzung und Parodie

rofessor Albert Gier aus Heidelberg, riser Fassung nach 164 Proben im März 1861 PGermanist, Romanist und Spezialist stattfand, aber nach nur drei Abenden wieder für Romanische Philologie und Literatur- abgesetzt wurde, weil Wagner seine Partitur wissenschaft mit Schwerpunkt Opern- und tief gekränkt zurückzog. Trotz – oder gerade Operettenlibretti und Musik in der Literatur, wegen – des »Tannhäuser«-Scheiterns begann seinen anspruchsvollen Vortrag am entwickelte sich in Frankreich eine Wagner- 18. September 2019 in der Stadtbibliothek Begeisterung, eine Bewegung »Wagnérisme« mit einem informativen Überblick über die einer beträchtlichen Anzahl von Künstlern, französischen Wagner-Aufführungen vor angeführt von Charles Baudelaire, die den und nach 1900. Er war dankenswerterweise Erneuerer der Musik feierten. Zwischen 1861 Anspruchsvoller Vortrag Professor Albert Gier für den erkrankten Referenten Dr. Heinz und 1891 war die künstlerische Avantgarde Irrgeher aus Wien eingesprungen, der über Frankreichs durch Wagner stärker geprägt Anhand von Textbeispielen aus der »Walkü- Angelo Neumann sprechen wollte. als jene in Deutschland. Durch seine Partei- re« demonstrierte der Referent die Tücken nahme für den Deutsch-Französischen Krieg der Übersetzung und verglich die konkur- Zunächst reüssierte Wagner 1860 in Paris 1870/71 und besonders durch seine anti- rierenden französischen Übersetzer Viktor mit Konzerten im Théâtre Italien, in denen französische Satire »Die Kapitulation« erfuhr Wilder, der die Flüssigkeit der Sprache Auszüge aus seinen Werken aufgeführt und Wagner erheblichen Widerstand an subven- priorisierte, und Alfred Ernst, der näher an vom Publikum positiv aufgenommen wurden. tionierten Theatern. Ab 1891 wendete sich Wagners Text war und von ihm präferiert Wagners Bemühungen um die Aufführung das Blatt, und Wagner avancierte bis zum wurde. Zum Schluss präsentierte Professor seiner Oper »Tannhäuser« führten dank der Ersten Weltkrieg zum meistgespielten Kom- Gier eine bisher unbekannte französische Vermittlung der Fürstin Metternich und an- ponisten auf französischen Bühnen. (Der Parodie der »Walküre« (»La Walkyrie ou derer Persönlichkeiten dazu, dass Napoleon erste französische Gesamt-»Ring« wurde le sabre de mon père«), in der der Autor III. die Inszenierung an der Opéra anordnete 1904 in Lyon, der erste »Ring«-Zyklus in sowohl Wagner als auch die französische und die skandalträchtige Aufführung der Pa- Paris 1911 aufgeführt.) Wagner-Übersetzung aufs Korn nimmt. ca

Gottfried Keller und Richard Wagner Zum 200. Geburtstag des Dichters

»Richard Wagner ist ein sehr genialer und Initiative in seiner Wohnung »Walküre« I kurzweiliger Mann, von der besten Bildung »uraufgeführt« mit Wagner am Klavier und und wirklich tiefsinnig. Sein neues Opern- als Hunding/Siegmund sowie der jungen buch, die ›Nibelungen‹-Trilogie, ist eine Emilie Heim als Sieglinde. Und Keller mit- glut- und blütenvolle Dichtung an sich und tendrin. Dass er frühzeitig so vehement für hat einen tiefen Eindruck auf mich Wagner Partei ergriff, war erstaunlich, im- gemacht«, teilte der gerade von einem merhin war er musikalisch kaum vorbelastet. siebenjährigen Berlin-Aufenthalt nach Zürich zurückgekehrte Gottfried Keller der Der Autor solch populärer Werke wie »Der Schriftstellerin Ludmilla Assing in Berlin grüne Heinrich«, »Die Leute von Seldwyla« am 21. April 1856 mit. Und bald finden wir oder der »Züricher Novellen« versuchte sich Schätzte Wagner als genialen Mann den 37-Jährigen in Züricher Intellektuellen- zunächst – erfolglos – als Landschaftsmaler. Gottfried Keller (Denkmal in Zürich) kreisen wie in der Tafelrunde von Mariafeld. Im Jahre 1819 als Sohn eines Drechsler- Schweizer Bürger wie Sulzer, der Stadt- meisters in Zürich geboren, verlor er seinen Viktor Widmann vom 9. November 1884 schreiber, später Keller, aber auch deutsche Vater früh, geriet in verwahrloste Kreise und äußerte sich Keller offenbar letztmalig zum Emigranten wie Herwegh, der Chirurg wurde mit 15 Jahren der Schule verwiesen. Phänomen Wagner. Hier heißt es: »Daß Sie Billroth, der Historiker Mommsen, Semper Eine höhere Schulbildung konnte er sich den Shakespearschen ›Sturm‹ als Oper be- und die Wagners sind regelmäßig als Gäste erst später aneignen. 1861 ernannte ihn die arbeiten, ist sehr erfreulich und wird, sofern des Ehepaars Wille willkommen. Auch zu Regierung des Kantons Zürich zum Leiter der junge Komponist sich bewährt, gewiß ein den zugezogenen Wesendoncks hatte man der Staatskanzlei, der er, aller materiellen glückliches Ereignis herbeiführen. Sie erwer- Kontakt. Alles wird zusammengehalten und Sorgen enthoben, 15 Jahre lang blieb. In ben sich auch ein Verdienst in einer Zeit, wo arrangiert von der Salonière, Dichterin, den 1870er und 1880er Jahren wurden die Richard Wagner es fast allen Komponisten Ehefrau und Mutter Eliza Wille-Sloman. Am Bezüge zu Wagner spärlicher. In einem Brief unmöglich macht, zu schaffen, ohne Selbst- 26. April 1856 wurde auf Richard Wagners an den Schweizer Literaturkritiker Josef dichter oder Pfuscher zu sein.« eb

Richard ist Leipziger ... Journal 3/2019 Max ist schuld oder Eine sich selbst erfüllende Prophezeiung Weltstar Bernd Weikl stellte sein Buch in der Moritzbastei vor

ls die Lesung mit dem »Leiermann« lichkeit kein gutes Haar an ihrem Sohn, um Aaus Schuberts »Winterreise« endet, der sich von allen Seiten bemitleiden zu lassen. frierend seine Leier dreht, aber von nieman- dem gehört wird, geht ein Aufatmen durch Bereits am 3. Juni 2019 hatte die Wiener die Zuschauerreihen in der Ratstonne der Staatsoper zum Gespräch mit Bernd Weikl Moritzbastei an diesem 15. Oktober 2019. und Moderator Thomas Dänemark über das Die todtraurige Geschichte einer Mutter- Buch geladen. Für die Leipziger Premiere Sohn-Beziehung mit ihren verstörenden holte sich der Künstler die Schauspielerin Einzelheiten schlug sich aufs Gemüt. »Max Sibylle Kuhne als Verstärkung, die auch Quicklebendig und gefeiert ist schuld oder Eine sich selbst erfüllende den Text für die Lesung einrichtete. Von Bernd Weikl, Sibylle Kuhne Prophezeiung« nannte Kammersänger Bernd Anfang an besteht kein Zweifel, dass es Weikl, der mit seiner »Jahrhundertstimme« sich um Bernd Weikls eigene Geschichte schlag? Denn während sein ebenfalls in einem breitgefächerten Repertoire von handelt, obwohl Namen, Orte und Personen weltberühmtes Alter Ego am Ende seine Mozart und Verdi über die Operette bis hin frei erfunden sind. »Das Buch ist für alle große Schuld akzeptiert, sich das Leben zur Moderne Weltkarriere machte, als Hans gedacht, die sich ständigen Anfeindungen nimmt, im Familiengrab beigesetzt wird – Sachs in Richard Wagners »Meistersingern« ihrer Mitmenschen ausgesetzt sehen, die »Dort liegt jetzt Max neben seiner lieben Geschichte schrieb, aber auch als Regis- behaupten, sie würden ihre Mutter nicht Mutter ...« – und sich die Dorfbewohner seur und Autor wissenschaftlicher Werke lieben«, erklärt der Künstler, als der Abend weiter genüsslich über ihn das Maul hervortrat, sibyllinisch seine Novelle. Was dank Veranstaltungsmanager Lutz Hesse in zerfetzen, ist Bernd Weikl quicklebendig hat es mit diesem ominösen Fluch auf sich? der Galerie Barbakane bei einem Glas Wein und wird gefeiert. Zum Glück. uo Eine Wahrsagerin prophezeite der Mutter ausklingt. Bernd Weikl hat sich im Laufe von Max, sie würde einen Sohn bekommen, seines Lebens selbst immer wieder diese Bernd Weikl: Max ist schuld oder Eine sich der sie unglücklich macht. Die wiederum tut Vorwürfe »wohlmeinender« Zeitgenossen selbst erfüllende Prophezeiung. Novelle, nicht nur alles dafür, dass sich die Prophezei- anhören müssen, die ihn stark belasteten. 21 x 11 cm, 104 S., 1. Auflage Leipzig 2019, ung erfüllt, sondern lässt auch in der Öffent- Vielleicht wirkt das Buch als Befreiungs- ISBN 978-3-00-062367-7, 10,00 Euro

Unsere Unterstützerinnen – Die Fünf von der Geschäftsstelle

eine Sache ist bei ihnen in guten nicht, bei Wagner aber blieb sie. Ursula SHänden: Seit die Geschäftsstelle des Hartmann ist eine geborene Wagner, ihr Leipziger Richard-Wagner-Verbandes Großvater hieß dazu noch Richard, das vor gut drei Jahren in die Nikolaistraße verpflichtet geradezu, ebenso wie mitzu- umzog, stellen sich die fünf Leipzigerin- tun beim Einsatz des Verbandes für die nen abwechselnd in den Dienst Richard Aufwertung Wagners in seiner Geburts- Wagners, mit Freude, Engagement und stadt. Sigrun Becker wiederum zog es natürlich ehrenamtlich. Sie machen es zum Richard-Wagner-Verband, nachdem möglich, dass der kleine Laden täglich sie eine Veranstaltung mit Friedhelm geöffnet sein kann: Christine Scheune- Eberle und den Bayreuth-Stipendiaten mann, Sigrun Becker, Ingeborg Marschall, Im Dienste Richard Wagners in der Alten Nikolaischule begeistert hatte. Christine Scheunemann, Sigrun Becker, Ursula Hartmann und Christine Grünei- Ingeborg Marschall, Ursula Hartmann, Ingeborg Marschall schmökert in der sen, musikbegeisterte Ruheständlerinnen Christine Grüneisen zahlreichen Wagner-Literatur, wenn gerade zwischen 69 und 78. Sie stehen dem Leiter nichts los ist in der Geschäftsstelle, und der Geschäftsstelle abwechselnd zur Seite, Produkte des Wagner-Verbandes jederzeit die Mitarbeit von Christine Scheunemann sorgen dafür, dass Verbandsmitglieder, bekannt zu machen und unter die Leute zu verdankt sich zu einem gewichtigen Teil Wagner-Freunde und interessierte Touris- bringen, Informationen weiterzugeben oder einer fesselnden Veranstaltung mit Thomas ten immer jemanden antreffen, auch wenn neue Mitglieder zu werben. Letzteres ist Krakow und Ursula Oehme. Das Werk des Josef Hauer selbst nicht Dienst tut. Nur eine schon mehrfach erfolgreich erprobte Leipzigers Richard Wagner lieben alle fünf, dank der ehrenamtlichen Helferinnen, die Fähigkeit von Christine Grüneisen. Mit 15 und man kann sie auch am Stand des kommen, wann immer sie gebraucht wer- sah sie »Rienzi« im Leipziger Opernhaus Verbandes in der Oper oder am Glühwein- den, gibt es die Möglichkeit, die zahlreichen und verliebte sich augenblicklich in den stand auf dem Weihnachtsmarkt antref- Bücher, CDs und anderen Merchandising- Rienzi-Darsteller. Den bekam sie natürlich fen – ihnen ein großes Dankeschön! wk

Seiten 14 / 15

Mi 18.03.2020 – 19 Uhr Verschiedenes Stadtbibliothek Leipzig, Liebe Verbandsmitglieder, Veranstaltungsraum »Huldreich Groß«, 4. OG, Wilhelm-Leuschner-Platz 10, wir wünschen Ihnen ein Veranstaltungen 04107 Leipzig friedvolles, erbauliches und »Siegfried« und »Die Meistersinger gesegnetes Weihnachtsfest. von Nürnberg« im Vorharz Mi 15.01.2020 – 19 Uhr In der Hoffnung, dass Sie uns Stadtbibliothek Leipzig, Veranstaltungs- Zur Rezeption Wagners in Halberstadt auch weiterhin die Treue raum »Huldreich Groß«, 4. OG, Vortrag und Gespräch mit Johannes Rieger, Wilhelm-Leuschner-Platz 10, 04107 Leipzig Intendant des Nordharzer Städtebund- halten, freuen wir uns mit Gefühlswegweiser: Was Richard theaters Ihnen auf ein ereignisreiches Wagners Leitmotive erzählen Eintritt: frei neues Verbandsjahr mit Vortrag und Gespräch Richard Wagner. mit Prof. Dr. Wolfgang Fuhrmann, Berlin Eintritt: frei Verbandsreisen Der Vorstand

Di 13.02.2020 – 14 Uhr 19.04. – 27.04.2020 Wagner-Büste am Schwanenteich, Chicago/USA – Georgiring, 04109 Leipzig »« Feierliche Kranzniederlegung zum Informationen und Anmeldung: Impressum 137. Todestag Richard Wagners RAIFFEISEN- und VOLKSBANKEN Anschließend offene Gespräche im TOURISTIK – Susann Krause, Opern-Café, Oper Leipzig Tel.: 0341 96 27 91 13, © Richard-Wagner-Verband Leipzig e. V. [email protected] Di 13.02.2020 – 19.30 Uhr Postanschrift Richard-Wagner-Platz 1, 04109 Leipzig Hochschule für Musik und Theater 10.05. – 13.05.2020 »Felix Mendelssohn Bartholdy«, Kammer- Richard Wagners »Meistersinger« Geschäftsstelle musiksaal, Grassistraße 8, 04107 Leipzig Nikolaistraße 42, 04109 Leipzig in Oslo/Norwegen Öffnungszeiten Konzert der Bayreuth-Stipendiaten Mit Besuch des Munch-, des Ibsen- und Mo, Di, Mi, Fr 10–12 Uhr und 13–16 Uhr 2020 des Polarschiffmuseums Do 13–18 Uhr Eintritt: frei, um eine Spende wird gebeten Informationen und Anmeldung: [email protected] ArtMaks Kulturreisen, Tel. 0531 60 18 80 51, www.wagner-verband-leipzig.de So 23.02.2020 – 15 Uhr info@artmaks de www.facebook.com/Richard.Wagner.Verband Alte Handelsbörse, Naschmarkt, Anmeldeformulare für beide Reisen 04109 Leipzig Telefon +49 (0)341 30 86 89 33 finden Sie auf unserer Homepage unter Fax +49 (0)341 30 86 89 35 Notenspursalon »Richard Wagner« www.wagner-verband-leipzig.de Eintritt: 15 Euro. Verbandsmitglieder, Redaktion Ursula Oehme (v.i.S.d.P.), Schüler und Studenten 12 Euro Thomas Krakow, Winifred König, Josef Hauer

Informationen und Karten in der Texte Christa Asperger (ca), Dr. Eckhard Budde (eb), Geschäftsstelle und der Musikalienhandlung Personalien Minsang Cho (mc), Roland H. Dippel (rhd), Inken Oelsner, Schillerstraße 5, 04109 Leipzig Grabinski (ig), Dr. Birgit Heise (bh), Jussi Juola (jj), Kammersängerin Sigrid Kehl 90 Alexander Kaul (ak), Winifred König (wk), Thomas Sigrid Kehl ist eine lebende Legende. Krakow (tk), Ursula Oehme (uo), Prof. Reinhard Mi 26.02.2020 – 18 Uhr Pfundt (rp), Dr. Frank Piontek (fp), Ruth Streller (rs), Neues Rathaus, Ratskeller, Ihr Repertoire ist umfangreich, aber gerade Klaus-Michael Weinmann (kmw), Roland Wörner Lotterstraße 1, 04109 Leipzig im Wagner-Fach reüssierte die Sängerin, (rw), Benedikt Zimmermann (bz) u. a. 1976 im legendären Jahrhundert- Jahreshaupt- und Fotografien Bayreuther Festspiele/Enrico Nawrath, Mitgliederversammlung »Ring« von . Sie beging nach Felix Caffier, Lorenz Degen, Volkmar Heinz, Nicht öffentlich, nur für Verbandsmitglieder Redaktionsschluss ihren 90. Geburtstag, Ralf Rainer Hoffmann, Helga-Franziska Hum- wozu ihr die Oper Leipzig eine Matinee baur, Anne-Monika Lipus, Nationalarchiv der Do 12.03.2020 – 19 Uhr Richard-Wagner-Stiftung Bayreuth, Nordharzer ausrichtete. Wir gratulieren herzlich und Städtebundtheater/Ray Behringer, Ursula Oehme, Oper Leipzig, Wagner-Foyer, würdigen das Ehrenmitglied unseres Oper Leipzig/Tom Schulze, Privat, Michael Ranft, Augustusplatz 12, 04109 Leipzig Verbandes in der nächsten Ausgabe. Richard-Wagner-Stätten Graupa, Christine Scheu- nemann, Jörg Singer, Stadtgeschichtliches Museum Leipziger Buchmesse Buchvorstellung Leipzig, Klaus-Michael Weinmann, Esther Widmer, Leipziger Beiträge zur Wagner-Forschung 8 Fleißige Helfer gesucht! Benedikt Zimmermann Peter Uhrbach: Wagners Werk und Vom 13. bis zum 18.12.2019 ist unser Titelbilder Wirkung im Deutschen Kaiserreich Verband wieder mit einem Stand auf dem Oben: Thomas Krakow in der historischen Eine Dokumentation zeitgenössischer Leipziger Weihnachtsmarkt vertreten. Schulbank der Alten Nikolaischule, Sommer 2012 Unten: Thomas Krakow beim Aufbau des Schildes Presseberichte Zum Glühweinverkauf werden noch »Richard Wagner in Leipzig« an der A 9, Hrsg. Richard-Wagner-Verband Leipzig | fleißige Helfer gesucht. Bitte melden Sie 6. Februar 2013 Sax-Verlag Beucha-Markkleeberg 2020 sich in der Geschäftsstelle unter der Redaktionsschluss 21.11.2019 Mit: Oper Leipzig N.N., Peter Uhrbach, Telefonnummer 0341 30 86 89 33, Prof. Reinhard Pfundt, Ursula Oehme unter [email protected] Gestaltung Gabine Heinze/TOUMAart Eintritt: frei oder kommen Sie persönlich vorbei. Druck Merkur GmbH Leipzig

Seite 16