Sommersemester 2006 DIE QUELLE Die Zeitung der Fachschaft Geschichte BESETZT Die Schlossbesetzung & das Leben danach

VERSETZTBachelorstudierende berichten VERNETZT Bundestagung der Fachschaften VERSENKT Eine Kugel geht baden

AUSSERDEM: - Das Projekt Zeitlupe - Bericht über die Nazidemos - Studium in Australien - Berufsorientierung . . . und vieles mehr . . . Die Quelle - Sommersemester 2006 Inhalt dieser Ausgabe

HILFE, ICH BIN EIN BACHELOR! Der erste exklusive Erfahrungsbericht. 5

BESETZT - UND JETZT? Über die Rektoratsbesetzung und das Leben danach. 6

VERSENKT!: Die ASten machen weiterhin mobil. Diesmal waren sie besonders kreativ. 9 HILFE! Ein Bericht über das erste Bachelor-Semester - Seite 5 BRAUNE SUPPE IN MÜNSTER: Die Nazis durften gleich zwei Mal in Münster aufmarschieren. Weit kamen sie nicht. 10

“PROJEKT ZEITLUPE”: Eine Gruppe Studierender hält das Leben von Zeitzeugin Erna de Vries für die Nachwelt fest. 12

“BUFATA” IN MÜNSTER & FREIBURG: Die bundes- weite Tagung für Geschichtsfachschaften gewinnt an Format. 14

“WAS SOLL DAS MAL WERDEN?”: Wie man auf die BESETZT - UND JETZT?: Die schwierigste Frage Antworten finden kann. 16 Rektoratsbesetzung und die “Offene Universität Münster”- Seite 6 IM MÄUSELOCH: Das Abenteuer Wohnungssuche in Münster. 17

SINN UND UNSINN IN AUSTRALIEN: Ein Jahr Geschichte und “Outdoor Education” auf der Südhalbkugel. 18

ERASMUS? : Das Erasmusstudium klingt bürokratisch, ist es aber nicht. 20

GESCHICHTE & FUSSBALL: Die Fachschaft Geschichte kann tatsächlich kicken. 21 “PROJEKT ZEITLUPE”: Studierende laden Erna de Vries zum Zeitzeugengespräch ein - Seite 12 “NEVER FORGET...”: Ein kleiner Nachruf an einige FachschaftlerInnen, die uns verlassen haben. 22

SONSTIGES: KURZ NOTIERT 4 WAHLEN ZUM SENAT 4 “F.L.O.H.” STELLT SICH VOR 11 FOTOS VON DEN ERSTIFAHRTEN 20 “BUFATA” IN MÜNSTER & FREI- DIE FACHSCHAFT IN BILDERN 23 BURG: Berichte über zwei bundes- weite Fachschafts-Treffen - Seite 14 Titelbild gezeichnet von Alexandra Kohlhöfer. Die Quelle - Sommersemester 2006 Eine Quelle für Alles!

Sie ist nicht verschlossen, nicht katalogisiert, nicht mit Ende der Besetzung deutlich zurückgegangen. ediert und auch nicht vergraben - sie ist einfach Warum weiter protestiert werden soll und wie das da: Die neue “Quelle”. am besten geht, zeigen wir im ersten Teil dieses Im Gegensatz zu gängigen, schonenden Repro- Heftes. duktionsmaßnahmen ist das Original dieses Der Bachelor Geschichte hat seine erste Runde Schriftstücks auf ganz un- überlebt. Mit welchen sanfte Weise vervielfältigt “Blessuren” die Studieren- worden - mit Hilfe der Auto- den der ersten Generation matikzufuhr eines Kopie- davon kamen, schildern wir rers. Ein Archivar würde im euch ebenso wie die Inhalte Dreieck springen, wenn man zweier Bundestagungen der auf diese Weise mit seinen Fachschaften Geschichte, in historischen Schriftstücken denen das Thema Bachelor umgehen würde. und Master höchste Priori- Unsere “Quelle” ist nicht nur tät genoss. praktisch im Format, zudem Auch zu einer nichthis- in einer Sprache verfasst, die ohne Sprachstudium torischen Quelle gehört ein historisches Thema. nachvollziehbar ist, sondern auch mit Illustra- Wie eindrucksvoll Studierende die national- tionen versehen, für die es keiner kunsthistorischer sozialistische Vergangenheit festhalten können, Kopetenz bedarf. Die “Quelle” eignet sich also zeigt ein Portrait des Projekts “Zeitlupe”. Dass nicht nur für ein Proseminar, sondern auch als wiederum an vielen anderen Orten historische Pausenlektüre zwischen den Veranstaltungen. Aufklärung ein Fremdwort ist, macht der gleich Während bei “richtigen” historischen Quellen die zweifache Naziaufmarsch in Münster deutlich. Kernaussage oft auf eine Zeile herunterge- Nicht zuletzt berichten wir über das Abenteuer brochen werden kann, muss sich der Leser hier Wohnungssuche in Münster, leisten Abhilfe bei bei der Menge an Themen und Informationen der Berufsorientierung, berichten über schön seine Favoriten suchen. Der “Mut zur Lücke” gelegene Universitäten in dieser Welt und lösen kann in der historischen Wissenschaft fatale gegen Ende des Heftes das Rätsel, warum Fussball Folgen haben - bei der Lektüre einer Zeitschrift und Geschichte eigentlich gut harmonieren ist es eine gängige Methode. können. Das bestimmende Thema der letzten Wochen war Eine quellenkritische Lektüre wünscht Euch zweifelsohne die mehrtägige Besetzung des Rektoratsflügels im Schloss. Die starke Resonanz, Thomas die sich auch in den Medien zeigte, ist allerdings und die gesamte Fachschaft Geschichte

IMPRESSUM Die “Quelle”, die “Wahlquelle” und das “Modul” sind offizielle und ausschließliche Presseorgane des Fachschaftsrates Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster.

Herausgeber: Fachschaftsrat Geschichte der WWU, Domplatz 20-22, 48143 Münster Redaktion: Thomas Miesseler, Daniel Vitt, Alexandra Kohlhöfer, Juliane Plöger, Martina Glanemann,Volker Petersen, Janna Söder, Arne Kunkel, Sarah Fournier, Ole Meiners Layout und Endkorrektur: Thomas Miesseler Kopie: M&M Copyshop, Wilmergasse Erscheinungsmodus: In der Regel ein Mal pro Semester Auflage: 400 V.i.S.d.P.: Ausschließlich die VerfasserInnen der jeweiligen Beiträge Anmerkung: Die Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Fachschaftsrats wieder. Kritik und Beiträge von “außen” sind ausdrücklich erwünscht! Seite 3 Die Quelle - Sommersemester 2006 Kurz notiert...

UMFRAGE IM FACH GESCHICHTE: WIE UMBAU IM F-HAUS GEHT ZU ENDE STEHST DU ZU STUDIENGEBÜHREN? Schmucke Hörsäle, ein ganz neuer Eingang mit schön In den nächsten Wochen werdet Ihr in einigen Veran- weichem Teppich, dazu ein neuer Aufzug. Das staltungen dazu aufgefordert, einen kurzen, anonymen Endergebnis am Hörsaaltrakt lässt sich sehen. Damit Fragebogen zum Thema Studiengebühren auszufül- geht - mal einige Schönheitsoperationen ausgenom- len. Die von der Fachschaft initiierte Erhebung men - die fast sechs Jahre andauernde Sanierung des möchte ein möglichst repräsentatives Meinungsbild Fürstenberghauses zu Ende! zum Thema schaffen. Es wird in einigen Wochen veröffentlicht. BALD NEUE KOPIERER? Einige von Euch mögen die Gerüchte gehört haben BÜCHERMARKT : FACHSCHAFT SPEN- – es soll neue Kopierer geben. Und das seit Ende DET 500 EURO FÜR “DRAUSSEN” E.V. Februar. Da in der Univerwaltung wohl etwas “ver- Bei unserem Büchermarkt im vergangenen Dezember gessen” wurde, gibt es die neuen Kopierer jetzt konnten wir 500 Euro einnehmen, die wir der lokalen vorrausichtlich erst im September. Also nutzt beruhigt Obdachlosenzeitung “Draußen” zukommen ließen. Eure Karten auf, so schnell wird das eh noch nichts.

+++ Wahlen +++ Wahlen +++ Wahlen +++ Wahlen +++ Wahlen +++ Wahlen +++

Liebe KommilitonInnen, liebe Studierende, 15000 stimmberechtigten Studierenden ist unser Wahlkreis der stärkste. alle Jahre wieder … finden im Sommersemester die Traditionell treten für den Senat die Listen an, die Wahlen zu den Fachbereichsräten (FBR) und zum auch für das SP kandidieren. Es kann jedoch auch Senat bzw. zum erweiterten Senat statt. Anders jedoch vorkommen, daß sich einige Listen – meistens die als die Wahlen im November, wo das Studieren- Linken – zusammenschließen und gemeinsam denparlament (SP), die Fachschaftsvertretungen (FSV) antreten. und die ausländische Studierendenvertretung (ASV) Der FACHBEREICHSRAT ist das höchste eine Woche lang an vielen verschiedenen Urnen auf Gremium auf der Fachbereichsebene. Ähnlich wie im dem Unigelände gewählt werden, ist diese Wahl eine Senat ist auch hier das Verhältnis der studentischen reine Briefwahl. Vertreter zu den Vertretern der Professorenschaft ein Ihr bekommt von der Univerwaltung Post, entweder Mißverhältnis. Obgleich die studentischen Vertreter hier an Eure Studiumsanschrift, oder – was wohl bei die absolute Mehrheit aller in einem Fachbereich den meisten der Fall sein wird – nach Hause zu Euren zusammengefaßten Personen repräsentieren, haben Eltern. Diese Unterlagen werden in der Woche vom wir im FB 08 Geschichte/Philosophie nur drei 12. bis 19. Juni 2006 verschickt und werden dem- ordentliche VertreterInnen, während es acht Pro- entsprechend etwas später eintreffen. Ihr sollt diese fessorInnen sind. Außerdem sind im FBR 08 auch Unterlagen ausgefüllt bis zum 10. Juli um 10 Uhr an noch drei wissenschaftliche MitarbeiterInnen ver- den Wahlleiter zurück schicken. Das könnt Ihr treten. postalisch machen, oder die Unterlagen beim Schloss Als höchstens Gremium des Fachbereiches werden abgeben bzw. in den Briefkasten werfen! hier Personalentscheidungen bei Neubesetzungen von Was ist nun aber der genaue Zweck dieser Wahl und Lehrstühlen, Studienordnungen der einzelnen Fächer, wer wird da von wem gewählt? die Verwendung von Haushaltsmitteln und vieles Nun, der SENAT ist das höchste Entscheidungs- weitere beraten und entschieden. gremium der Universität. Wie zuletzt bei der Frage Ihr seht also, es ist wichtig den KandidatInnen den der Studiengebühren zu merken, hat der Senat und Rücken zu stärken und diese Wahlen durchzuführen! nicht etwa das Rektorat das letzte Wort! (Auch wenn Denn obwohl unsere VertreterInnen immer in der unser Rektor da anderer Meinung war.) Im Senat sind Minderheit sind, ist deren Votum für verschiedene vier Studierende vertreten, deshalb gibt es auch vier Bereiche sehr wohl nicht nur wichtig, sondern sogar Wahlkreise. Für uns, die Geschichte studieren, ist es unablässig! der Wahlkreis 3 – zusammen mit der Philosophischen Nehmt also Eure Chance war, füllt die Wahlunterlagen Fakultät und der Musikhochschule der Uni. Mit etwa aus und schickt sie rechtzeitig ab! Michael Seite 4 Die Quelle - Sommersemester 2006 Hilfe, ich bin ein Bachelor! Ein exklusiver Erfahrungsbericht

Verschulung des Studienganges, Anwesenheits- ohne: Neun Klausuren am Semesterende zerren pflicht, Versuchskaninchen, unbekannte Studien- an den Nerven, selbst mit dem Mitleid der ordnung, unstudierbare Regelstudienzeit, im scheinbar immer nur teilnahmenachweise- Durchschnitt 28 SWS, Prüfungen über machenden Magister-Studenten. Und sogar die Prüfungen... - keine Ahnung, keinen Plan, keine Professoren sehnen sich nach den guten alten Freizeit? Zeiten... Wobei diese andererseits auch betonen, Alles halb so wild – wir sprechen aus Erfahrung. dass die Arbeitsmoral bei den „Neuen” wesentlich Nach zwei Semestern können wir Folgendes besser sei. Insofern lässt sich dem Notendruck berichten: Als Bachelor(-Student) braucht man vor also durchaus auch etwas Positives abgewinnen. allem eine Qualität, nämlich Gelassenheit. Denn Was man als Bachelor zwangsweise lernt, ist sich das vom Ersti-Chaos unabhängige Bachelor- seine Zeit gut einzuteilen. Denn wer bis spät in Chaos lässt sich mit Ruhe die Nacht arbeitet, um sich wesentlich besser aushalten. auf sein nächstes Seminar Bis jetzt jedenfalls haben vorzubereiten, hat sich das sich alle Probleme lösen und Ausschlafen am Wochenende alle akuten Fragen recht- verdient. Bei so viel Lernauf- zeitig klären lassen. Mittler- wand ist es ratsam, Priori- weile gibt es tatsächlich täten zu setzen, damit man Studienverlaufspläne und abends auch noch mal was sogar an einer Master- mit den Freunden unterneh- Ordnung soll Gerüchten men kann. Doch mit einer zufolge schon gearbeitet Prise Organisationstalent werden! und dem nötigen Durchhal- Dennoch sollte man alle tevermögen ist auch der Informationen, die man Spagat zwischen Lernen und bekommt, doppelt und Freizeit zu schaffen. dreifach kontrollieren und Trotz mancher Hindernisse, hinterfragen, bevor man sich Kopf hoch! Auch ein auf irgendetwas verlässt. Bachelor-Studium ist mach- Denn auch für die ZSB und bar! Vielleicht sollte man sich die Dozenten ist die neue irgendwann tatsächlich mit Studienordnung noch eine der Frage beschäftigen, ob große Unbekannte, die sich zu allem Übel dauernd man unbedingt in der Regelstudienzeit bleiben verändert. Aber die Fachschaftsvertreter sind ja muss, wenn die Alternative dazu sonst Dauerstress meistens auf dem neuesten Stand, also keine heißt. Doch letztendlich sollte jeder für sich selbst Panik! entscheiden, wie er sich sein Studium vorstellt und Realistisch betrachtet, wirkt die Regelstudienzeit welche Zeit er sich dafür nimmt. Schließlich ist allerdings wirklich schwer einzuhalten. Vor allem, der Bachelor noch in der Anfangsphase und es wenn man in den ersten Semestern zusätzlich müssen sich erst noch alle an ihn gewöhnen. Auch noch sein Latinum nachholen muss. Da ist es die Magister, denen man ihren Spaß lassen sollte, verständlich, wenn man zwischenzeitlich das wenn sie uns freundlich als „Bachelorette” Gefühl hat, dass einem alles über den Kopf bezeichnen. wächst. Auch die Prüfungsbelastung ist nicht Martina & Janna

Seite 5 Die Quelle - Sommersemester 2006 Besetzt! Ein Bericht über die Rektoratsbesetzung 2006

Am Mittwoch, dem 17. Mai 2006, riefen die verschlossen blieb. Noch am gleichen Tag Fachschaften der Universität sowie der Asta zur gründeten sich spontan Arbeitskreise, die alle Vollversammlung aller Studierenden auf. Die Interessierten über die Besetzung informierten. Fachschaft Geschichte informierte zunächst die Flyer wurden entworfen und gedruckt, Anwesenden und zog anschließend zusammen Presseerklärungen herausgegeben, gleichzeitig mit ihnen zum Schloss, wo der Senat der formulierte ein Arbeitskreis die Forderungen. In Universität tagte, um über die Einführung von den ersten Tagen entstand ein gutes Dutzend eigenständig und dezentral organisierter Arbeitskreise. Diese kümmerten sich um so grundlegende Dinge wie die Versorgung der BesetzerInnen, setzten sich aber ebenso mit den Inhalten des Hochschulfreiheitsgesetzes auseinander. Die Ergebnisse der inhaltlichen Arbeit – und hier vor allem die Forderungen – sollten dem Rektor am Montag (22. Mai 2006) in einem Gespräch vorgestellt werden, zu dem er sich am Samstagnachmittag (20. Mai 2006) auf dem Internationalen Sommerfest offen bereit erklärt hatte. Am Montagmorgen um 10 Uhr Außgerechnet am Tag des großen “Symposium sammelte jedoch die Kanzlerin Bettina Böhm ihre Oeconomicum” wird das Schloss besetzt. Angestellten um sich, um die Aufhebung der Studiengebühren zu beratschlagen. Die Redner Besetzung zu erreichen. Der Zugang blieb ihnen luden dann die Studierenden, die sich vor dem verwehrt mit dem Hinweis, das Gespräch mit dem Schloss versammelt hatten, zu der öffentlichen Rektor am selben Nachmittag abzuwarten. Dort Sitzung ein. Aufgrund der Brisanz des Themas sollte über die Forderungen verhandelt werden. beschloss man kurzfristig und sehr spontan Daraufhin kam es zur ersten Krise. Die Kanzlerin zusätzlich zur Teilnahme an der Senatssitzung, die teilte den BesetzerInnen mit, dass eine Anzeige Tür des Rektorates zu blockieren. Diesem Aufruf wegen Nötigung und Hausfriedensbruch folgten etwa 60 Menschen, während ca. 300 StudentInnen versuchten in den Sitzungssaal zu gelangen. Der Antrag der dort anwesenden StudentInnen sah vor, dass zunächst geprüft werden sollte, wie die Studienbedingungen ohne Gebühren verbessert werden könnten. Der Antrag wurde abgelehnt – wegen der lautstarken Empörung musste die Sitzung abgebrochen werden. Die Besetzung des Rektorates wurde im Laufe des Tages dann auf den gesamten linken Schlossflügel ausgeweitet und die Verwaltung bis auf die zentrale Raumvergabe für die kommenden Tage außer Kraft gesetzt. Die BesetzerInnen kamen mit dem Rektor überein, dass die Polizei nicht eingeschaltet wird, solange dessen Büroraum Die Barrikade trennt das Foyer vom besetzten Flügel

Seite 6 Die Quelle - Sommersemester 2006 anstünde, sollten die Verwaltungsbeamten nicht auf schriftlichem Wege, dass die Duldung im bis 12 Uhr ihre Räume betreten können. Nach Schloss aufgehoben wurde. Die aufgeführten zähen Verhandlungen erfolgte eine Stundung der Gründe waren allerdings kaum haltbar: Sach- Anzeige bis 14 Uhr, beschädigung, Verun- damit das Plenum – die reinigung, Umweltver- Vertretung der Studie- schmutzung und man- rendenschaft – dazu gelnder politischer Cha- Stellung nehmen konn- rakter der Besetzung te. Die Vollversamm- dienten als Vorwände, lung beschloss die notfalls durch die Polizei Freigabe aller Räum- das Gebäude räumen zu lichkeiten bis auf das lassen. Gleichzeitig lehnte Rektorat sowie die Pro- der Rektor jede Verhand- rektorate, damit zumin- lung ab. Aus diesen Grün- dest die beiden Hörsäle den beschloss das Plenum S1 und S2 für die wei- mehrheitlich, die Be- tere inhaltliche Arbeit setzung temporär auszu- Keine Zugeständnisse - Rektor Schmidt bei der Verhandlung genutzt werden kon- setzen, um die inhaltliche nten. Arbeit ungestört fortsetzen zu können. Die Das Gespräch mit dem Rektor verlief sehr Offene Universität Münster wurde gegründet, um ernüchternd, da dieser jegliche Zuständigkeit dem Protest ein weiteres Forum zu bieten. In der ablehnte und auf den Senat verwies. Er weigerte Zeit vom 29. Mai bis zum 2. Juni 2006 wurden sich ebenfalls, eine Empfehlung gegen Studien- verschiedene Veranstaltungen angeboten, darun- gebühren zu verkünden. Im an diesen ter ein Gespräch mit Politikern und Experten in richtungsweisenden Entschluss des Rektors der „Brücke” zum Thema Studiengebühren. Die setzten sich die BesetzerInnen noch intensiver mit Arbeit wird weitergehen und jede/r ist eingeladen den Gesetzesentwürfen des Landes und den mitzuwirken. Satzungen der Universität auseinander. Weitere Infos unter www.schlossbesetzung-ms.de Am Ende der Woche erfuhren die BesetzerInnen Sebastian

Quelle: WN vom 20.05.2006 Seite 7 Die Quelle - Sommersemester 2006 Und Jetzt? Das Leben nach der Besetzung: Die “Offene Universität Münster”

OUMS, die Offene Universität Münster, ist eine Abkürzung, die am 29.05.2006 entstand. Es ist ein Projekt der ehemaligen SchlossbesetzerInnen und anderen StudentenInnen, die gemeinsam für demo- kratische Verhältnisse - sowohl in der Universität als auch in der Gesellschaft - im Allgemeinen eintreten wollen. Die OUMS hat genau wie die Schlossbesetzung ein offenes Plenum als höchstes Beschluss- organ.Hier hat jede(r) das recht zu reden, Anträge einzubringen usw.. Termine und sonstige Informationen gibt es auf der Homepage www.schlossbesetzung-ms.de. Ein Arbeitskreis des Plenums hat auch bereits ein provisorisches und vorläufiges Selbstverständnis ausgearbeitet, wo die Ideen hinter der OUMS am besten erklärt sind: “Die Idee der OUMS entspringt dem Protest ständnis von sich und der Welt sowie einer gegen das Hochschulfreiheitsgesetz (HFG) und ständige Reflexion der bestehenden Verhältnisse die Einführung von Studiengebühren. Jedoch und ist somit die Basis für ein verantwortungs- sollen die Inhalte und die Konzeption der OUMS volles, selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft. darüber hinausgehen. HFG und Studiengebühren Wir wehren uns entschieden gegen eine können einen Schwerpunkt bilden, sollten aber neoliberale Deformierung des Bildungsbegriffs. keine isolierten Themen darstellen, sondern ihr Wir kämpfen dafür, dass Wissenschaft aus dem politischer, kultureller, ökonomischer und sozialer Korsett der wirtschaftlichen Verwertbarkeit befreit Kontext muss im Vordergrund stehen. Dazu ist wird. es uns wichtig, uns mit Der Zugang zur OUMS anderen Menschen und soll für alle unentgeldlich Gruppen in Münster und sein. Wir treten dafür ein, darüber hinaus zu vernet- dass Bildung als ein ge- zen, die unseren Grund- samtgesellschaftliches Be- konsens teilen. dürfnis anerkannt wird. Die Unser Ziel ist es, dass sich Unabhängigkeit von Bil- eine langfristige Arbeit dung und Forschung muss entwickelt, nicht nur für unbedingt hergestellt und die nächsten Wochen anschließend gewahrt wer- oder bis zur nächsten Se- den. Ziel ist die Ermög- natssitzung, sondern auf lichung eines für alle offe- Dauer. Die OUMS ist basisdemokratisch strukturiert. Das nen Zugangs zu Bildung. Mit der OUMS möchten Foto zeigt ein Plenum während der Schlossbesetzung. Außerdem möchten wir wir nicht nur Studierende der WWU Münster gängige Lehr- und Lernformen kritisch hinter- ansprechen, sondern alle Menschen und Gruppen, fragen. Ziel dabei ist bestehende Hierarchien die Interesse haben gemeinsam mit uns eine neue abzubauen und möglichst nicht mehr entstehen Konzeption von Bildung zu erarbeiten, die nicht zu lassen. Dem muss eine basisdemokratische beschränkt ist auf einen geschlossenen, elitären Struktur zu Grunde liegen. Bereich. Die OUMS sollte dazu genutzt werden, Die OUMS versteht sich ferner als politisch und sich mit Themen zu beschäftigen, die im regulären parteilich unabhängig. Die Inhalte der OUMS akademischen Alltag keine Beachtung finden bzw. sollten klar politisch emanzipatorisch, anti- nur aus einer ganz bestimmten (unkritischen) sexistisch, antirassistisch, antifaschistisch, Perspektive betrachtet werden. antiklassistisch und herrschaftskritisch sein. Eine Wir vertreten ein emanzipatorisches Bildungs- breite Öffentlichkeit für sie zu gewinnen ist unser verständnis. Bildung ist mehr als die Aneignung Ziel, nicht unsere Inhalte an der Mehrheit zu von Wissen. Sie dient einem umfassenden Ver- orientieren.” Hendrik u.a. Seite 8 Die Quelle - Sommersemester 2006 Versenkt! Auch die ASten mobilisieren weiter: Aktionswoche gegen Gebühren

Die Aktionswoche vom 19. bis 24. Juni hatte vor allem ein Ziel: Das Thema Studiengebühren einer breiten Bevölke- rung kritisch vor Augen zu führen. Dabei hat die wohl spektakulärste und aufwän- digste Aktion, die Versenkung einer Aa- seekugel, für das meiste Aufsehen gesorgt. Erst beim genauen Hinsehen konnte man feststellen, dass es sich um eine Kopie aus Kunststoff handelt. Die “vierte Aasee- kugel” ist das Projekt eines Kunststuden- ten. In Zusammenarbeit mit den Protesten der ASten ergab sich schließlich das Motto: “Studiengebühren bringen die Uni aus dem Gleichgewicht.” Infos zu weiteren Protestaktionen unter scheinodernichtsein.de und asta.ms Aus dem Gleichgewicht: Aaseekugel im Wasser Thomas

Im Rahmen der Aktrionswoche wurde das Banner “Eintritt frei” vom Schloss an die Aaseebrücke ummontiert Immern noch schwache Resonanz innerhalb der Studierendenschaft - Fachschaft startet Umfrage Die Sensibilisierung für das Thema Studiengebühren in der Bevölkerung wächst, allerdings nicht die Beteiligung innerhalb der Studierendenschaften. Zu den Protesten im April kamen zwar bis zu 2.000 Studierende, jedoch muss beachtet werden, dass dies nur 5% der eingeschriebenen Studierenden der WWU sind. Einige Wochen später, am Tag der Rektoratsbesetzung, waren es nur noch 1.000 Studierende. Zur landesweiten Demo gegen die erste Lesung des Hochschulfreiheitsgesetzes im Düsseldorfer Landtag am 22. Juni kamen lediglich 500 Studierende. Diese ernüchternden Zahlen geben uns den Anlass, eine fachinterne Umfrage zum Thema zu starten. Ein differenzierter Katalog an Antworten soll ein möglichst repräsentatives Bild zeichnen, aus dem sich erkennen lässt, warum 90% - 95% der Studierenden an den Protesten nicht teilnehmen. Das Um- frageblatt wird in zahlreichen Veranstaltungen verteilt. Es werden keine persönlichen Daten abgefragt. Thomas Fotos: www.asta.ms Seite 9 Die Quelle - Sommersemester 2006 “Braune Suppe schmeckt nicht” Gleich zwei Mal durften Nazis in Münster aufmarschieren

Am 18.2.2006 war es soweit: Nach 8 Jahren Pause der Route: an der Kreuzung vor dem Hiltruper marschierten wieder junge Nazis durch Münster. Bahnhof, der hermetisch von der Polizei Organisator der Aktion war ein Nationalsozialist abgeriegelt worden war. Etwa um 13h waren an namens Axel Reitz. Sein Demonstrationszug von dieser Kreuzung bereits einige hundert ca. 150 Personen konnte jedoch an der Kreuzung GegendemonstrantInnen angekommen. Die Bremer Straße / Polizei begann da- Hansaring durch mit, den Leuten klar eine massive Blok- zu machen, dass sie kade seitens der den Protest der GegendemonstrantInnen Hiltruper verstehen zum Stillstand ge- könne und sie ihn bracht und zum unterstützen wür- Umkehren bewegt den. ABER, die werden. Reitz kün- angemeldete Demo digte an, Münster von Reitz sei geneh- recht bald einen migt und die Staats- neuen Besuch abzu- diener seien ge- statten, was am 6. Das Transparent der Fachschaft Geschichte bei zwungen, deren Mai 2006 auch ge- der Demo im Februar Rechte umzuset- schah. Diesmal mit circa 65 Rechten an seiner zen. Alles in allem trat die Polizei sehr solidarisch Seite versuchte er die geplante Route durch- auf und teilte sogar mit, dass bisher 69 Nazis am zusetzen. Bahnhof seien, aber schon ca. 300 Gegendemon- Die Nazidemo war auf ca. 11h angesetzt und man strantInnen. Kurz darauf begann das Debakel. erwartete, dass nach der Eröffnungskundgebung, Die Polizei informierte die Menge an der der eigentliche Marsch um 12h beginnen würde. Kreuzung zum Hiltruper Bahnhof, dass weitere Gegen 9h trafen bereits 300 GegendemonstrantInnen erste Gegendemonstran- von der Marktallee auf dem tInnen ein und sammelten Weg zu ihnen seien, um die sich am bis 11.30h offiziell Blockade hier zu unterstützen. freigegeben Bereich der In dem Moment wurde klar, Gegendemo an der Markt- dass die Polizei andere Pläne allee, der direkt an der Auf- hatte. Einige dutzend Gegen- marschroute lag. Die Bürger demonstrantInnen verließen Hiltrups, die direkt an der daraufhin die Kundgebung, geplanten Route wohnten, um nachzusehen, wieso die hatten zu einem großen Teil Polizei die angekündigte Plakate mit antifaschis- Räumung der Demonstra- tischen Sprüchen in ihre tionsroute für Reitz nun mit Wohnungs- und Autofens- einigen hundert Menschen ter gehangen. Nach und verstärkte. nach sammelten sich aller- Schnell wurde klar, dass die dings auch mehr Gegende- Nazidemo von der Polizei monstrantInnen auf der kurzfristig umgeleitet wurde. gegenüberliegenden Seite Penetrant und rechtsradikal - Drahtzieher Axel Reitz Die Polizei versperrte jede

Seite 10 Die Quelle - Sommersemester 2006

Straße, jeden Weg, jeden Parkplatz der zur Max- die anwesenden Polizisten, so wurden sie einfach Winkelmannstraße führte, einer Parallelstraße zu an den Straßenrand gedrängt und mussten Hiltrups Einkaufsmeile, der Marktallee. Man zusehen, wie der Nazizug mit ihren Hassparolen sammelte sich sehr schnell und suchte nach an ihnen vorbei zog. Möglichkeiten, die Route erneut zu blockieren. Zusammenfassend kann man sagen, dass der Eine Gruppe von ca. 190 Personen schaffte es, Erfolg vom 18. Februar, die nationalistische die Polizeisperre zu umgehen und mit einer Demonstration zum Erliegen zu bringen, nicht Sitzblockade die neue Route zu versperren. wiederholt werden konnte. Es ist aber ebenso Spätestens hier endete dann auch die Toleranz der wichtig, festzuhalten, dass Reitz es erneut nicht Polizei. Die TeilnehmerInnen der Sitzblockade geschafft hat, seine Route durchzusetzen. Er wurden erkennungsdienstlich behandelt und von verlor seit dem letzten Misserfolg mehr als die der Demoroute gebracht. Dieser Aufschub hatte Hälfte seiner MitdemonstrantInnen. Es bleibt einer weiteren Gruppe genügend Zeit gegeben, abzuwarten, ob Reitz noch einmal genug Leute ebenfalls einen Zugang zur Route zu erarbeiten. findet, einen dritten Versuch zu starten. Eins ist Zahlenmäßig waren sie jedoch weit weniger als sicher: Widerstand wird ihn erwarten! Sebastian F.L.O.H. Das Forum Links Orientierter HistorikerInnen stellt sich vor

16 Jahre ist es nun her, dass einige StudentInnen Dafür stellen wir folgende Fragen: F.L.O.H ins Leben gerufen haben. Mittlerweile - Ist die Verwirklichung einer Utopie möglich? ist das Forum ein fest etablierter Lese- und - Welche Rolle spielt der Begriff Solidarität? Diskussionskreis, der sich kritisch mit - Was bedeutet Freiheit? gesellschaftstheore- Des weiteren veran- tischen Schriften aus stalten wir z.B. Film- der politischen Ideen- abende, Lesungen und geschichte befasst. ZeitzeugInnen- Wir haben kein starres Gespräche. Größere Konzept, sondern Projekte der letzten entwickeln gemein- Jahre waren unter sam neue Themen- anderem eine Exku- schwerpunkte und rsion nach Buchen- Projekte. Die Gruppe wald und eine Fahrt lebt von der Kreati- nach Auschwitz. vität und dem Enga- Kommt doch ein-fach gement eines jeden. mal vorbei! Immer Mit unserem Forum donnerstags ab 20:00 möchten wir die hochschul- und allge- Uhr im Fachschaftsraum (Raum 031 im meinpolitische Diskussion unter den Studierenden Kellergeschoß des Fürstenberghauses). Falls ihr anregen, wie z. B. Globalisierung, Innenpolitik nicht reinkommt, klopfen! und Gender-Fragen. Gerade diese Themen zeigen die Notwendigkeit einer kritischen Auseinander- Wir freuen uns auf Euch! setzung mit der Gesellschaft und den herrschen- Euer F.L.O.H. den Zuständen.

Seite 11 Die Quelle - Sommersemester 2006 Projekt Zeitlupe Zeitzeugengespräch mit Erna de Vries in der Villa ten Hompel

Annähernd 300 Personen waren es, die sich am Mutter getrennt zu werden, kehrt Erna allerdings Mittwoch, dem 31. Mai 2006, zusammenfanden, 1942 nach Kaiserslautern zurück und arbeitet dort um im Geschichtsort Villa ten Hompel den in einer Eisengießerei. Bericht der Holocaust-Überlebenden Erna de Als ihre Mutter Jeanette Korn schließlich im Juni Vries zu verfolgen. Auf bewegende Weise erzählte 1943 deportiert werden soll, setzt Erna bei der die aus Lathen stammende 83jährige von ihren Gestapo durch, dass sie ebenfalls deportiert und Erlebnissen während der NS-Zeit. gemeinsam mit ihrer Mutter in das Vernichtungs- Zur Welt kommt Erna de Vries, geb. Korn, am lager Auschwitz-Birkenau gebracht wird. Durch 21. Oktober 1923 in Kaiserslautern als einziges die unmenschlichen Lagerbedingungen, die Kind eines Protestanten und einer Jüdin. Die tägliche Willkür und den Terror der Wachmann- Spedition ihres Vaters wird von Ernas Mutter schaften ist Erna de Vries schließlich so ge- Jeanette nach dessen frühen Tode 1931 mit dessen schwächt und krank, dass sie selektiert und in den Teilhaber weitergeführt. berüchtigten Todesblock Schon sehr früh bekommt 25 gebracht wird. Dort die junge Erna de Vries wartet sie eine schreckliche Diskriminierung und Nacht lang mit 600 ande- Unterdrückung der Juden ren Häftlingen auf die be- nach der Machtergreifung vorstehende Vergasung, bis der Nationalsozialisten am sie am nächsten Morgen eigenen Leib zu spüren. unerwartet in letzter Minu- So muss das Fuhrunter- te einem so genannten nehmen aufgrund der Mischlingstransport zuge- Repressalien aufgegeben teilt wird, der sie nach Ra- werden, sie selbst kann vensbrück bringen soll. keine durchgängige schu- Beim Abschied von ihrer lische Ausbildung genie- Mutter, die als Jüdin in ßen und wird immer Auschwitz inhaftiert bleibt, wieder auf den Straßen erteilt diese Erna den Auf- angefeindet. trag, den sie noch heute Am 10. November 1938, verfolgt: „Du wirst über- während der Reichspo- Erna de Vries hat die Konzentrationslager Auschwitz leben, und dann wirst du und Ravensbrück überlebt. gromnacht, muss Erna de erzählen, was man mit uns Vries mit eigenen Augen erleben, wie die elterliche gemacht hat.” Wohnung von einem aufgebrachten Mob zerstört Wie Erna de Vries später erfährt, wird ihre Mutter wird. Heute kommentiert sie dieses Erlebnis als am 08. November 1943 in Auschwitz-Birkenau entscheidend in ihrem Leben: „In diesem Moment ermordet. In Ravensbrück muss Erna unter bin ich eigentlich erwachsen geworden. Ich anderem im angeschlossenen Siemens-Lager wusste, mit uns kann man machen was man will.” arbeiten, bis das Konzentrationslager 1945 kurz Noch am Abend werden Mutter und Tochter aus vor Kriegsende evakuiert wird und die noch dem Gau Saarpfalz verwiesen und fliehen zu lebenden Inhaftierten auf einen Todesmarsch Verwandten nach Köln. Ernas Mutter kehrt nach nach Norden aufbrechen müssen. Fast am Ende kurzer Zeit nach Kaiserslautern zurück, sie selbst ihrer Kräfte angelangt, werden Erna und andere bleibt jedoch und findet 1941 eine Anstellung als Überlebende während des Marsches von ameri- Lernschwester in einem jüdischen Krankenhaus. kanischen Truppen befreit. Aus Angst, durch eine Deportation vor ihrer

Seite 12 Die Quelle - Sommersemester 2006

Im Anschluss an diese erschütternden Schilde- Wir beabsichtigen, durch diesen Doppelweg rungen machte das Publikum von der Möglichkeit sowohl einen Film zu schaffen, der für den Ein- gebrauch, Fragen an Frau de Vries zu stellen, satz in Schulen und Bildungseinrichtungen bevor der Abend gegen 22:00 Uhr seinen geeignet ist, als auch durch das komplette Zeit- Ausklang fand und die Zuhörer ergriffen und zeugengespräch Historikern und Interessierten beeindruckt die Villa ten Hompel verließen. gerecht zu werden, die sich eingehender mit dem Das Projekt Zeitlupe freut sich sehr, dass das Leben von Erna de Vries auseinander setzen Zeitzeugengespräch mit Erna de Vries auf so möchten. Um den Einstieg in die Thematik zu großes Interesse und Resonanz gestoßen ist. Wir erleichtern, sollen zusätzlich weiterführende bedanken uns bei allen, die gekommen sind und Materialien und Unterrichtshilfen zur Verfügung entschuldigen uns bei denen, die aufgrund des gestellt werden. Sämtliche Ergebnisse unserer überwältigenden Andrangs keinen Platz mehr Arbeit, DVD und Materialien, werden kostenlos bekommen konnten. als Download auf unserer Homepage mit der Das Projekt Zeitlupe besteht aus zehn Geschichts- Adresse www.zeitlupe.eu angeboten. studenten der Universität Münster. Wir haben uns Wir möchten uns an dieser Stelle noch einmal bei auf eigene Initiative zusammen gefunden und der Fachschaft Geschichte für die finanzielle und arbeiten seit nun fast einem Jahr selbstständig moralische Unterstützung, die sie uns auf unserem und in unserer Freizeit an der Aufarbeitung des bisherigen Weg entgegen gebracht hat, bedanken. Schicksals von Erna de Vries während des Dank sagen möchten wir auch den Mitarbeitern Nationalsozialismus. Ziel unseres ersten Projektes des Geschichtsorts Villa ten Hompel, ohne deren „Erna de Vries | Ich wollte noch einmal die Sonne Engagement und professionelle Mitarbeit das sehen” ist es, ihre Geschichte zu erhalten und einer Zeitzeugengespräch nicht hätte stattfinden breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. können. Ganz besonderer Dank gilt Stefan Querl, Aus diesem Grund arbeiten wir an der Erstellung der uns von Anfang an mit seinem Enthusiasmus einer DVD, auf der ein ca. 30 minütiger Doku- und seinem Vertrauen in unserem Vorhaben mentarfilm und ein komplettes Zeitzeugen- bestärkt und angetrieben hat. gespräch mit Erna de Vries enthalten sein werden. Das Projekt Zeitlupe

Foto: Das Projekt Zeitlupe zusammen mit Erna de Vries in der Bibliothek der Villa ten Hompel (o.l.) Hannah Lüttig, Alexandra Hebbelmann, Andree Wilhelm, Ann-Mirja Böhm, Oliver Marke, Sven Keinert (u.l.) Jessica Strothmann, Claudia Robbers, Erna de Vries, Jan Telgkamp

Seite 13 Die Quelle - Sommersemester 2006 Blühende (Hochschul-)Landschaften Teil 1: Treffen der Fachschaften Geschichte in Münster

Freitag Nachmittag an der Uni: Während der eine Totalausfall blieb. Am Ende waren also München, Teil der Studis schon bei Mama auf dem Sofa Bamberg, Freiburg, Karlsruhe, Mainz, Trier, hockt und ein anderer - dem Wochenende Bonn, , Marburg und Tübingen gebührend - zumindest keinen Gedanken mehr angereist. an seine Vorlesungswoche verwendet, stürmt ein Unser Programm war ein Mix aus Vortrag, dritter möglicherweise gerade noch aus seinem Diskussionen, Arbeitsgruppen und Stadt- Seminar oder gar der Bibliothek heraus - der rundgang. Hervorzuheben ist dabei auf jeden Fall Campus entleert sich also zügig seiner Bewohner. die tolle Stimmung, die sich schnell unter den Im Raum der Fachschaft Geschichte kommen zu Fachschaften entwickelte und dazu beitrug, dass dieser Zeit knapp 30 Verrückte zusammen. Ihnen es nicht zu verkrampften Grundsatzdebatten und ist weder das Wochen- „Hardliner-Positionen” ende zu heilig noch kam. So eine BuFaTa eine 600km-lange lauter engagierter Fach- Anreise zu weit, um schaftler wird nämlich sich einer sogenann- schnell zu einer hoch- ten BuFaTa hinzu- politischen Angelegen- geben! BuFaTa? Ja, es heit - das soll sie auch, gibt so etwas wie eine schließlich geht es um deutschlandweite nichts geringeres als Vernetzung der Fach- Hochschul- und Bil- schaften unseres dungspolitik. Doch an- Faches, die im Wort- statt Weltfrieden und ungetüm „Bundes- lebenslanges Glück zu fachschaftentagung” fordern, konzentriert ein Zuhause hat. Jedes Abschlussdiskussion der Tagungsteilnehmer im Fachschaftsraum. man sich besser auf die Semester einmal veranlasst sie besagte Verrückte fachbezogenen Probleme. Dies ist uns in Münster dazu, eine Uni ihrer Wahl mit Diskussionsfracht gut gelungen. zu überfallen. Das Tolle daran: schnell hat man Konkret ging es um die Einführung der neuen raus, daß es den anderen noch viel schlechter geht, Bachelor- und Master-Abschlüsse. In Münster hat als im eigenen Chaos aus Studienstrukturreform, man damit ja erste Erfahrungen sammeln dürfen. Lehrstuhlvakanz und Gebührenordnung über- Interessanterweise kam beim Austausch über haupt denkbar schien. Ziele und Umsetzung dieser Studienreform Was konkret aber spielte sich ab auf der BuFaTa heraus, daß manche Unis keine große Eile haben, der Geschichtsfachschaften im Dezember 2005 sich mit diesem Thema überhaupt zu befassen. hier in Münster? Nachdem die ausrichtende In vermeintlich bildungs-politischen Paradiesen Fachschaft bemüht war, allen übrigen Fach- wie Bayern wartet man offenbar ab, wie schaften des Landes Kunde von der baldigen Nordrhein-Westfalen den Karren „Bachelor” erst Zusammenkunft zu schenken, dabei auf den einmal an die Wand fährt. Im bundesländer- Widerstand veralteter Telefon- und E-Mail- eigenen „Fahrplan” bestehen Unterschiede von Verzeichnisse stieß und manchmal den Eindruck bis zu 5 Jahren, was die Umsetzung des Bologna- gewann, zwischen Aasee und Alpen seien maximal Prozesses angeht. Noch ist offen, ob die noch zwei Geschichtsinstitute am Leben, durften „Frühchen” (NRW) den „Nachzüglern” (Bayern) Anmeldequoten von 25% als großer Erfolg gegenüber im Vorteil sind. gewertet werden. In unserem Fall durften wir uns Nachdem wir uns ein kleines theoretisches über eine besonders starke Resonanz aus Fundament geschaffen hatten - „wo” stehen die süddeutschen Unis freuen, während der Osten ein Unis eigentlich in unserer Gesellschaft? - wurde

Seite 14 Die Quelle - Sommersemester 2006 von Herrn Tippach das für und wider des BA jagen. Herr Ehbrecht führte dabei intensiv in die Geschichte an der Uni Münster unseren Gästen Stadtgeschichte ein. Den Abschluss bildeten am dargelegt. Überraschende Resonanz: mit dem letzten Tag drei Arbeitsgruppen. Darin wurden großen Lehrangebot in Münster lassen sich Texte zu den Themen „Humboldtsches Bildungs- vergleichsweise viele Module anbieten; andere ideal”, „Einführung von Master-Studiengängen” Unis träumen von solcher Themenvielfalt! Aber und „Ökonomisierung des Studiums” diskutiert es gab auch warnende Worte von uns an die und schließlich gemeinsam Thesen formuliert, anderen: vor allem in der Einführungsphase was Studienstrukturreformen an unseren Unis herrscht schnell Chaos, dies vor allem zulasten berücksichtigen müssen. der Studienanfänger. Von diesen „Kinderkrank- Auch in diesem Sommersemester werden sich die heiten” wussten mehrere Fachschaften zu Fachschaften treffen, diesmal in Freiburg. Die berichten. Ein Novum in der BuFaTa-Geschichte Diskussion wird von neuem beginnen, aber man war die Fachschaftsbörse, auf der jede Fachschaft wird auf den Ergebnissen des Münsteraner ihre tägliche Arbeit präsentierte: es sind die Treffens aufbauen können. Zu wünschen bleibt, Flugblätter, Infohefte und Sammelaktionen, die daß noch mehr Fachschaften sich an diesen eine Fachschaft häufig so hilfreich für die von ihr wichtigen Terminen zusammenfinden. Denn es repräsentierten Studierenden macht. Und da gab geht ja nicht nur um Protest gegen Dinge, die man es von anderswo durchaus anregendes zu betrach- bald nicht mehr hören kann (Bachelor, Studien- ten: aus Münster wurde u.a. der Büchermarkt mit gebühren, etc.). Es geht um Ideen, wie die Fach- Interesse registriert (und mittlerweile andernorts schaften besser werden können! Für dieses Ziel kopiert); andere Fachschaften geben wahre sind die Fachschaften übrigens auch immer wieder Enzyklopädien für Erstsemester heraus. Natürlich auf Nachwuchs angewiesen - wenn’s euch also ließen wir es uns nicht nehmen, unsere Gäste reizt, die Uni „von innen” kennenzulernen, dann einmal durch die Münsteraner Innenstadt zu kommt gerne mal bei uns vorbei… Philipp Teil 2: Treffen der Fachschaften Geschichte in Freiburg Die Bufata vom 16.-18. Juni in Freiburg konnte inhaltlich direkt an den Themen aus Münster anschließen. Die circa 20 Teilnehmer aus neun verschiedenen Universitäten erarbeiteten in zwei Gruppen schwerpunktmässig die Themen “Bachelor-Master” und “Lehramtsausbildung”. Zuvor wurden in einem Plenum die Grundsatzpapiere aus Münster und der aktuelle Stand der Bach- elor-Master-Einführung in den unterschiedlichen Universitäts- standorten diskutiert. Bei letzterem stellten wir gravierende Unterschiede, vor allem in der Verteilung sogenannter Credit

Points, fest. Auch weitere Probleme taten sich auf, die die Mobilität Freiburg im Breisgau. Das “Münster” bildete die Vorlage gar schon auf Bundesland-Ebene deutlich einschränken. für den Kirchturm der münsteraner Lamberti-Kirche Demnach erarbeitete die Bachelor-Gruppe einen Brief an die bundesweiten Geschichtsseminare, der die erörterten Mängel schildert und ferner dazu anregt, eine Podiumsdiskussion zu dem Thema auf dem diesjährigen Historikertag in Konstanz durch- zuführen. Die Lehramtsgruppe formulierte derweil prägnante Kernforderungen an den Aufbau gestufter Lehramtsstudiengänge. Dazu gehört beispielsweise die die Ablehnung des Lehramtsba- chelor und stattdessen die Forderung nach einem fachwissen- schaftlichen Bachelor mit einem anschließenden “Master Of Education”, der für alle zugänglich sein muss. Die BuFaTa Geschichte tagt in Freiburg Das Treffen in Freiburg hat deutlich gemacht, dass sich die BuFaTa als Instituion immer weiter festigt. Ein Internetforum und eine neue Homepage soll die Kommunikation zwischen den Fachschaften erleichtern. Die nächste BuFaTa findet im November/Dezember in Bonn statt. Thomas Seite 15 Die Quelle - Sommersemester 2006 “Was soll das mal werden?” Berufschancen für Historiker

Wer von euch hat diese Frage noch nicht gehört? gut. Ihr werdet mit der Zeit immer besser „Geschichte aha. … Und was machst du dann einschatzen können, was euch in diesem Fach am so??” Die Frage nach der Zeit nach dem Studium meisten interessiert. Es lohnt sich dann auch, die muss sich früher oder später jeder Student stellen. Vorlesungsverzeichnisse anderer Unis im Lesesaal Manch einer hat einen ausgeklügelten Lebensplan der ULB durch zu schauen. parat, manch einer schafft es nie das Studium Vielleicht stellt ihr ja sogar fest, dass ihr an einer ordentlich zu beenden und ins Berufsleben über anderen Uni bessere Angebote findet und verlasst zu treten. uns, was wir bedauern würden. Besonders in einer Zeit, in der das Studium der Die Praxis, in den Semesterferien seine Hausarbei- Geschichte massiven Änderungen unterworfen ten zu schreiben, ist wohl so alt, wie der Studien- ist, muss sich jeder Student mit seiner Studiums- gang selbst. Leider sind besonders die Sommer- planung auseinandersetzten. Wer dies für semesterferien die Zeit, in der ihr am besten ein überflüssig hält, soll doch bitte das Zahlenbild auf Praktikum absolvieren könnt. Praktika sind für der Rückseite vervollständigen. Historiker, die ja hauptsächlich theoretisch Alle Anderen sollten sich von folgenden arbeiten, sehr wichtig. Daher solltet ihr euch schon Gedanken leiten lassen. Sicher kann dieser Artikel früh um solche Stellen bemühen. Ihr seht so schon kein verbindlicher Leitfaden sein, dennoch im Studium, ob der Job, den ihr wollt, wirklich könnten euch diese Tipps nützlich sein. etwas für euch ist, oder ihr einer Idee nachhängt, Oft fragen besonders Studenten im Grund- die in der Realität gar nicht existiert. Die Uni und studium, warum sie alle Epochen behandeln auch das Arbeitsamt haben deshalb Praktikums- sollen, obwohl sie „nur” Neuere Geschichte börsen eingerichtet. Auch die Fachschaftler haben studieren. Ihr solltet euch vor Augen halten, dass Praktika gemacht und geben euch da gerne ihr, genau wie Ärzte oder Ingenieure, Fachleute Auskunft. auf eurem Gebiet werdet. Niemand kann wissen, Bleibt noch, euch trotz der eindringlichen Worte was später von euch verlangt wird. Es wird euch ein erfolgreiches Studium zu wünschen. Denkt sicher später ärgern, wenn ihr niemandem erklären auch daran, dass diese Zeit neben Arbeit auch könnt, was Soldatenkaiser sind oder warum Spaß bringen soll! Darauf weisen nicht zuletzt Heinrich IV. nach Canossa ging. auch die Dozenten in ihrer Einführungs- Deshalb sollte euer Studium breit angelegt sein. veranstaltung hin. Sie werden es wissen, denn sie Besucht die Veranstaltungen, die ihr braucht und sind ja schon seit durchschnittlich 40 Semestern die euch interessieren. Die Auswahl dafür ist recht an der Uni. Stefan

Seite 16 Die Quelle - Sommersemester 2006 Im Mäuseloch Das Abenteuer Wohnungssuche in Münster

Wir sitzen auf dem Badewannenrand, mitten in Erst zwei Wohnungsbesichtigungen. Ich bin ein der Küche. Neben uns die Spüle, gegenüber der blutiger Anfänger auf dem Gebiet der WG- Herd. Praktisch, wenn man sich nicht nur waschen, Zimmer-Suche. Vielleicht sollte ich doch lieber sondern gleichzeitig Kaffee kochen und die eine Freundin überreden mit mir ne WG zu Mitbewohner am Frühstücken hindern kann. gründen. Ein schöner Altbau, der seinem Präfix alle Ehre Erinnerungen an frühere Wohnheimtage: 60er- macht. Ein betagter Holzfußboden, verdeckt Jahre-Bau mit PVC-Boden, dessen Oberfläche durch einen öseligen, unverklebten Teppich- boden, der jeden Men- schen mit rudimentärem Stilgefühl erschaudern lässt. Ich habe Nachsicht mit den Bewohnern. Sie sind anderweitig beschäf- tigt. Die Vermieterin habe lange unter Verfol- gungswahn gelitten, er- zählt man mir. Irgendwie scheint das ins Bild zu passen. Ein Konglomerat von leicht Verrückten. Die Wände sind zuge- pappt mit Allem, was sich irgendwie zum Verhüllen der Tapete eignet. Schö- ne, hohe Decken, denke ich mir. Doch leider so hoch, dass man im Win- ter sicher gar nicht gegen die kalte Luft anheizen sich gegen jegliches Putzmittel resistent zeigte. kann, ohne sein studentisches Budget völlig über Gruppenduschen mit Wasser-Temperatur-Regler zu strapazieren. im Nebenraum und Überschwemmungen nach Die Mädels der anderen Wohngemeinschaft sind jedem Duschgang. zu cool für mich. Immer Party und so. Wenn sich´s Ich erwarte nicht (mehr) viel, warte auf die mit dem Studium vereinbaren lässt, sinniere ich. nächsten Anzeigen, spreche auf Anrufbeant- Sie studieren ja auch nicht auf Bachelor. Da kann worter im Wissen um die an Sicherheit grenzende ich nicht mithalten. Wahrscheinlichkeit, keinen Rückruf zu Auch meine Bekannte hat da schon so ihre bekommen. Warum inserieren solche Leute Erfahrungen. Die eine Wohnung hatte einen überhaupt, frage ich mich da. schönen Garten, der aber leider nur durch das Ich bin gespannt, was mich noch erwartet. Noch Zimmerfenster ihrer Mitbewohnerin zu erklettern besteht Hoffnung. Und ich bin durch meine war. Das Fenster des nächsten Zimmers war so jüngsten Erfahrungen gegen so einiges gewap- klein, dass selbst so manches Kellergeschoss einer pnet… Bibliothek dagegen lichtdurchflutet erscheint. Juliane

Seite 17 Die Quelle - Sommersemester 2006 Sinn und Unsinn in Australien Zwei ungewöhnliche Auslandssemester

Manche Dinge sind einfach so. Man weiß, dass bekommt, heißt das nicht notwendigerweise auch, man sie tun muss. Ein innerer Drang. Rationale dass kein Auslandsbafög gewährt wird. Stipendien Überlegungen? Nahezu überflüssig. wären eine weitere Option. In diesen Dingen hilft Doch schon stieß ich bei meiner Auslands- ebenfalls das IEC weiter. Natürlich gibt es auch semester-Planung auf die erste Hürde: In welchem ungewöhnliche Alternativen, wie mein schwe- Land möchte ich denn eigentlich studieren? Erst discher Freund Johan eindrucksvoll unter Beweis Abstriche mussten gemacht werden und Eines stellt: Sein Heimatland finanziert ihm das wurde schnell klar: Alle Wünsche lassen sich nicht komplette Auslandsstudium und die australische erfüllen. Doch sonnig und englischsprachig sollte Uni finanziert ihm dann noch zwei „Auslands- es schon sein. Am Ende stand Australien. Wow, semester” in Kalifornien. Dort ist schließlich seine Australien. „Weiter weg geht wohl nicht?”, Freundin zu Hause und Schwedisch(!) als Wahl- erinnere ich mich nur an die Reaktion meiner fach scheint ihm da auch nicht ganz ungelegen Mutter. Egal, es musste einfach sein. zu kommen… Wie auch im Vorfeld meines Unterfangens, so Nun war mein Auslandsstudium an der La Trobe sollte ich wohl an dieser Stelle zunächst einmal University (www.latrobe.edu.au) im Bundesstaat die formale Seite des Ganzen klären. Welche Victoria nicht ganz alltäglich. Im ersten Semester Möglichkeiten bieten sich die Studienträume standen „Outdoor Education” und „History” auf umzusetzen? Wenn es nicht Europa sein soll und dem Programm. Mein Studium in Münster der Fachbereich kein Austauschprogramm hingegen umfasst Geschichte und Sport (Sek.I/ anbietet, heißt eine mögliche Antwort „Study II). Geschichte macht also Sinn, aber was ist denn Abroad”. So kann man im Prinzip jeden beliebigen Kurs (unabhängig vom Studiengang) an der Aus- landsuniversität belegen. Mit Rat und Tat steht einem hierbei das International Education Centre (siehe www.ieconline.de) zur Seite (und das nicht nur für aus- tralische Unis!). Der Haken an der Sache liegt wie so oft im Finanziellen. Die auslän- dischen Unis lassen sich ihre Dienstleistungen meist üppig honorieren, wie mein Beispiel mit 7.500AUD (ca. 4400EUR) pro Semester er- nüchternd deutlich macht. Einen Lichtblick bot das Bafög-Amt. Dabei gilt es zu bedenken: Nur weil man keine Inlandsförderung Auf der Südhalbkugel steht die Welt Kopf

Seite 18 Die Quelle - Sommersemester 2006 nun „Outdoor Education”? Für mein Sportstu- einer amerikanischen Freundin nach Thailand. dium nur als Exkursion vorgesehen, bildet dieser Fasziniert von einer Welt irgendwo zwischen Studiengang in Australien die „Wildnisführer” von unglaublichen Unterwasserwelten, Full-Moon Morgen aus. Gilt der australische doch als der Party und immer noch sichtbaren Zerstörungen giftigste Kontinent der Welt, so erschien mir ein durch den Tsunami, begab ich mich im Juli 2005 wenig Skepsis gegenüber den bevorstehenden mit neuem Elan an mein Geschichtsstudium in Trips als angemessen. Diese sollte jedoch schnell Melbourne. Victorias Hauptstadt (ebenfalls zur verfliegen. lebenswertestesten Stadt gewählt) machte es mir Durch meine Kurse hatte ich das inklusive, wofür einfach mich schnell einzuleben. Und schließlich andere tief in die Tasche greifen müssen: Kanu konnte ich mittlerweile sogar Englisch! fahren auf Flüssen und Seen, steile Felswände „Heil Hitler”, mit diesen Worten begrüßte mein erklimmen und ausgestattet mit Kompass und Geschichtsdozent des Kurses „” Geländekarte durch uns des Öfteren. die Wälder tigern… Anfangs skeptisch, so Doch es stand an zivi- lernte ich doch schnell lisatorischen An- die unkomplizierte nehmlichkeiten selbs- und trotzdem diffe- tverständlich immer renzierte Betrach- nur das zur Verfügung, tungsweise zu schät- was auf dem eigenen zen. Als einziger Rücken in den Busch Deutscher im Hörsaal getragen wurde. Wei- fiel ich schnell auf, wie tere Details und Anek- sich auf zahllosen doten, die sich daraus Partys herausstellen ergaben, überlasse ich sollte. Der enge Kon- Eurer Phantasie. So takt mit den Dozen- wurden Federkern- ten (bei denen man matratze und Dusche immer auf offene Oh- nach zahllosen, mehr- ren stieß) ist mir posi- tägigen Trips unbe- tiv in Erinnerung ge- zahlbar. Nach einem Rock Climbing blieben. Aber das hatte halben Jahr „Outdoor schließlich auch seinen Education” hatte ich also meine Erfahrungen Preis. Im wahrsten Sinne des Wortes. gesammelt und es wurde Zeit für etwas Neues. Da die Semester versetzt zu den Deutschen Glücklicherweise war mein Auslandsaufenthalt anfangen, hatte ich nach Studienende im Novem- von vorne herein auf ein Jahr ausgelegt ber noch ausreichend Zeit, weitere Ecken des (schließlich sei es einfacher zu verkürzen als zu Kontinentes zu bereisen. Was ich gelernt habe? verlängern - so der Tipp im Vorfeld). Es ist gut eine Vereinigung auf dem Campus zu Der Clou: La Trobe hatte nicht nur den Campus haben, die sich „More beer club” nennt und in Bendigo (rund 150 km nördlich von absolut ratsam, einen Tauchschein (Great Barrier Melbourne), sondern unter Anderem auch noch Reef!) mitzubringen. einen in Melbourne. Mein Glück. Interesse geweckt? Dann schneit doch einfach mal Während den Semesterferien begab ich mich auf bei der Fachschaft Geschichte rein. Ich erzähl Tour in Tasmanien (Was für ein Sternenhimmel!) Euch gerne, wie ich meinen Lebensunterhalt und den Uni-Angeboten (im Pazifik mit verdient habe, warum der tasmanische Teufel uns Delphinen zu schwimmen, zu angeln, etc.) war nicht schlafen ließ und wie bedrohlich Kängurus auch kaum zu widerstehen. Paradoxerweise sein können. verschlug es mich nach dem ersten Semester mit Tobias

Seite 19 Die Quelle - Sommersemester 2006 Erasmus? Klingt bürokratisch. Ist es aber nicht. Da Studenten und Studentinnen so reisefreudig sind vor Unibeginn dazusein. Das ist natürlich auch eine und das neue Europa mitkreieren, gibt es in fast jeder gute Gelegenheit, schon mal etwas zu reisen und erste Quelle die Erasmuserfahrungen eines Mitgliedes Kontakte zu knüpfen. Die Plätze werden in fast allen unserer lieben Fachschaft zu lesen. Aber man sollte Fächern angeboten. Im Historischen Seminar ist Fr. Erfahrungen im Ausland am besten selber sammeln. Prof. Dr. Hensel die Erasmuskoordinatorin. Deshalb gibt es nun einfach mal eine Infopackung Seit dem SoSe 2006 ist es Pflicht, vor dem Aufenthalt und ein paar Ratschläge. Den ersten gleich vorweg: ein Learning Agreement abzuschließen. Wenn ihr MACHT ES AUF JEDEN FALL!!! eure Veranstaltung ggf. mit Klausuren abgeschlossen Das Sokrates/Erasmus-Programm ist in der Regel die habt, werden diese von der Gasthochschule auf dem einfachste Möglichkeit, ein Auslandssemester zu Transcript of Records eingetragen. Das wird dann machen. Die Plätze sind allerdings auf Europa entweder an euch oder an die Uni geschickt. Ihr müsst beschränkt. Das Stipendium bezahlt euch die diese Unterlagen dann nach eurer Rückkehr zusam- Studiengebühren und jeden Monat ein Taschengeld men mit dem Data-Sheet und dem Fragebogen zwischen 80 und 100 Euro. Meistens ist auch ein beim Auslandsamt einreichen. Alle Unterlagen und Sprachkurs an der Gastuni enthalten. Es hängt von Infos findet ihr auf www.uni-muenster.de/ der Uni und dem Land ab, ob ihr Wohnheimsplätze auslandsamt angeboten bekommt oder vor Ort suchen müsst. Ok, das hört sich jetzt nach viel an, ist aber nicht so Letzteres ist meistens sogar besser, da die Chance wild. Es warten trotzdem Partys, interessante größer ist, mit Muttersprachlern zu wohnen. Wenn Menschen und unvergessliche Reisen auf euch! Also, ihr selber sucht, ist es ratsam, schon circa einen Monat was macht ihr noch hier!? Alex Erstifahrt mit der Fachschaft

ACHTUNG ERSTIS: Eure Erstifahrt findet im Wintersemester statt! Mehr Bilder auf www.uni-muenster.de/geschichte/fachschaft Seite 20 Die Quelle - Sommersemester 20062005 Geschichte & Fußball Die Fachschaft Geschichte kann tatsächlich kicken Das Jahr 2006 steht in Deutschland ganz im Verfahren ist aber inzwischen von der Online- Zeichen des Fußballs. Überhaupt hat der Fußball Anmeldung abgelöst worden. Daneben gibt es hierzulande eine lange Tradition. Mit Blick auf noch die regelmäßig stattfinden-den Turniere des die Weltmeisterschaft 1954 in der Schweiz vertritt HSP, die im Semesterprogramm aufgeführt sind. manch einer sogar die Auffassung, der damalige Wir Fachschaftler spielen an verschiedenen Orten. Sieg hätte stark zur nachfolgenden Entwicklung Im Sommer kann man an der Sentruper Höhe, der BRD und zum Wirtschaftswunder beigetra- einer öffentlichen Sportanlage, oder auch einfach gen. Dies scheint zwar übertrieben, doch die bloße vorm Schloss spielen, wenn man genug Mitspieler Idee zeigt den enormen Einfluss, den der Fußball zusammen bekommt. Im Winter haben wir in den auf deutsche Fans hat. letzten Jahren in einer städtischen Sporthalle Die Anfänge des Fußballs sind wohl bei den gespielt. Chinesen zu finden. Doch auch in der europä- Zu Beginn eines jeden Semesters gibt es nun auch ischen Antike wurde Fußball gespielt, wenn auch den so genannten Instituts-Cup. Dabei wird nur zu militärischen Trainingszwecken. seitens des HSP angefragt, welche Institute denn Der moderne Fußball entwickelte sich im 19. wohl mutig genug sind, in einer über mehrere Jahrhundert in England und bereits 1890 gründet Wochen laufende Liga gegen die Fachschaft sich auch in Deutschland ein nationaler Fußball- Geschichte und andere hochkarätige Teams verband. Gewinner des ersten nationalen Finales anzutreten. Die Fachschaft selbst tritt mit den war übrigens der VfB , der sich 7:2 in „Kleinen Paulys” an und ist auch dieses Jahr beim Hamburg gegen den DFC Prag durchsetzte. Cup dabei. Mit zwei Siegen, zwei Unentschieden Angesichts der offensichtlich historischen Bedeu- und nur einer Niederlage konnten wir uns für die tung des Fußballs beschäftigen sich auch Mitglie- Finalrunden qualifizieren. Am 24.06.* treten die der der Fachschaft seit Jahren mit dieser Sportart. acht besten Mannschaften (vorher 12) gegen- In Münster gibt es viele Möglichkeiten zu spielen. einander an.. Neben den vielen Vereinen ist besonders das Wir sind für dieses Mal guter Dinge, haben wir Angebot des Hochschulsports interessant, der bis doch eins der besten Teams der letzten Semester zu sechs Termine in der Woche für interessierte zusammengestellt. Wer übrigens mitkicken Studenten anbietet. Bis vor einigen Jahren wurden möchte, der kann sich einfach mal in der Fach- diese Termine noch in einer ausgelost, d.h. schaft sehen lassen. Wir haben keine Ansprüche, es erschienen alle Interessenten und es wurden würden es aber gerne sehen, wenn ihr euch nicht alle Plätze live zugelost. Dieses, einer Pokal- selbst verletzt. Wenn doch haben wir auch ein auslosung an Spannung in nichts nachstehende Kühlpack für euch. Also drückt uns die Daumen und vielleicht sehen wir uns ja bald mal. Denn ihr wisst ja: „Wichtig ist aufm Platz!”

Stefan

* Termin ist nach Redak- tionsschluss!

Seite 21 Die Quelle - Sommersemester 2006 “Never forget!”

„So, ihr Mausies!” Mit diesen Worten moti- vierte Melanie fast jedes Semester die An- hängerschaft des ESAKS. Auch bei diversen Cocktail-Partys war sie immer mit dabei und führte Generationen von Erstsemestern in Münsters Nachtleben ein. Nun zieht das „Zarte Reh” als Magistra der mittelalterlichen Geschichte, ausgerüstet mit Steinmetzhammer, Abschluss und Grabungs- dreck unter den Fingernägeln hinaus in die noch unerforschte Welt. Dafür viel Erfolg!

„Hey hey Wickie, hey Wickie hey”: Raoul, der Ostsee-Pirat. Als Student, DJ, Dozent, Leiter verschiedener Exkursionen und Fußballer hat sich Dr. phil. Raoul Zühlke – oder schlicht „Raoul” – soweit wir denken können um Fach und Fachschaft Geschichte verdient gemacht. Wir hoffen, dass er auch in Zukunft nicht den Mut verliert, auf unbekannten Pfaden zu wandeln. Denk dran Raoul: das geht auch schneller!

Dr. Zühlke als “Arzt” auf Exkursion

Würde es uns überhaupt noch geben, wenn Sara nicht sooooo viele Jahre der Fachschafts- arbeit treu geblieben wäre? Wer weiß... Denn sie war „Arschtritt”/ „Anstoß”, den wir „Neue” oft brauchten, um wieder auf den Boden des FS-Raumes zu kommen. Nun gut, wir haben viel von ihr gelernt. Und auch wenn sie sich jetzt ganz ihrem Studium widmet, können wir wenigstens nochmal bei unserer nächsten Party zu ihrer Musik tanzen. Danke!

Seite 22 Das Modul - Sommersemester 2006

Martin Janna Marina Dennis Fabian Arne

Thomas Sarah Jan I Philipp Julia Frédéric Das sind wir...

Sara Sven Stefan Daniel Ole Kati

Alex Jens Michael Bernhard Björn Andreas

Jan II Volker Hendrik Martina Juliane Tobias Seite 23 OHNE FOTO: Jan III Wenn alles schief läuft...

... folge den Ziffern mit einem Stift.

Und es wird geholfen.