Die Kunst Der (Simulierten?) Rebellion: Zur Lyrik Des Prenzlauer Bergs
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GDR Bulletin Volume 18 Issue 2 Fall Article 4 1992 Die Kunst der (simulierten?) Rebellion: Zur Lyrik des Prenzlauer Bergs Wolfgang Müller Dickinson College Follow this and additional works at: https://newprairiepress.org/gdr This work is licensed under a Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 License. Recommended Citation Müller, Wolfgang (1992) "Die Kunst der (simulierten?) Rebellion: Zur Lyrik des Prenzlauer Bergs," GDR Bulletin: Vol. 18: Iss. 2. https://doi.org/10.4148/gdrb.v18i2.1062 This Article is brought to you for free and open access by New Prairie Press. It has been accepted for inclusion in GDR Bulletin by an authorized administrator of New Prairie Press. For more information, please contact cads@k- state.edu. Müller: Die Kunst der (simulierten?) Rebellion: Zur Lyrik des Prenzlauer Die Kunst der (simulierten?) Rebellion: Zur Lyrik des Prenzlauer Bergs Wolfgang Müller blockierte: Es ging nie über die Schmerzgrenze des Dickinson College Systems hinaus - ansonsten hätte die Stasi die verantwortlichen Autoren sehr schnell entweder Natürlich würde es nicht alles erklären, aber es hinter Gitter oder hinter die Grenze gebracht, wie wäre einmal sehr produktiv, die ganze DDR als ein das ja mit vielen Autoren auch geschehen ist - und Simulakrum zu sehen, im Kern ein Trugbild und dieses sanftere "Aufmucken" hat möglicherweise Blendwerk von Anfang an. Man erinnere sich potentiell oppositionelle Autoren von den "harten" daran, was Wolfgang Leonhard über eine frühe Sachen abgehalten. Unter dieses Verdikt fielen dann Besprechung innerhalb der Gruppe Ulbricht allerdings alle "Hierbleiber". berichtete: Es muß demokratisch aussehen, aber wir Auch der Vorwurf der "Stasischöpfung" trifft müssen überall die Macht haben, dekretierte Walter wohl so nicht zu. Sicher ist der Prenzlauer Berg von Ulbricht. Je gereifter der reale Sozialismus, desto IMs durchsetzt gewesen. Sascha Anderson und perfekter wurde die Maskerade, hinter der der Rainer Schedlinski, zwei der Wortführer der hoffnungslose Wettlauf der sozialistischen Utopie sogenannten "Prenzlauer-Berg-Connection", sind ja mit seiner immer miserableren Wirklichkeit wohl erst die Spitze des Eisbergs. Dennoch läßt sich versteckt werden sollte. Die Volkswahlen in der der Prenzlauer Berg nicht auf eine Art DDR waren natürlich keine Wahlen, sondern eine Schrebergarten der Stasi reduzieren, in der jedes Volkszählung. Die Erfolgsmeldungen der Industrie Radieschen numeriert war (Wolf Biermann). hatten wenig mit derem wirklichen Zustand zu tun - Prenzelberg war schließlich überall. Er war nur ein nach einem Witz jener Zeit gaben die Arbeiter vor kleiner Teil einer Kunst-und Literaturszene, die es in zu arbeiten, während die Regierung so tat, als würde der ganzen DDR gegeben hat. Als Stasischöpfung sie ihre Arbeiter bezahlen. Und das durch Marx hätte es einer abgestimmten Aktion von vielen verkündete Absterben des Staates wurde mit bedurft. Das ist aber unwahrscheinlich. Wozu hätte dialektischer Schläue durch seine allseitige man das auch schaffen wollen? Benutzen ja, aber Stärkung, d.h. Bürokratisierung und Militarisierung, extra schaffen? Und vor allem kann diese Szene vorangetrieben, bis daß die Einzelnen in einem keine willkürliche Schöpfung aus dem real• großen Spiel, das sie nur noch schwer zu sozialistischen Nichts gewesen sein, denn sie hat durchschauen vermochten, zu Statisten, zu eine Geschichte, die eng mit den Nöten und Winkelementen und Einsatzreserven zu verkommen Bedürfnissen einer Generation zusammenhing, die drohten. Das Gefühl, in einem Bereich inszenierter um die Mitte der fünfziger Jahre in die DDR Realität zu leben, ging so weit, daß einige Leute hineingeboren wurde - man erinnere sich an den annahmen, die Gegendemonstration im Januar 1989, vielzitierten Titel einer Lyrikanthologie von Uwe als verschiedene Leute in Ostberlin mit den Worten Kolbe. Rosa Luxemburgs für Meinungsfreiheit Mittelpunkt ihres neuen Ausdruckswillens war demonstrierten, wäre ein Werk der Stasi gewesen, auch anfangs nicht Berlin, sondern eine Stadt, die inszeniert, um zu zeigen, wie gefährlich doch der von Berlin aus gesehen in der Tiefe der Provinz, im Klassengegner sei. Kurz, die alten Männer der Tal der Ahnungslosen lag, nämlich Dresden. Dort Bewegung gaben auf einem Drittel Deutschlands fand sich in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre Sozialismus, und niemand durfte gehen. Es war ihr ein Kreis von Künstlern zusammen, die autonom Stück, ihr Spiel, ihre Simulation. Da wachten sie produzierten und neue Formen des Zusammenlebens eifersüchtig auf jeden, der abweichende Entwürfe und Zusammenarbeitens versuchen wollten. Man hatte. veranstaltete Lesungen, Ausstellungen und Doch kann man aus diesen Verhältnissen Diskussionsabende im privaten Rahmen. Im schließen, daß alle Lebensäußerungen innerhalb Mittelpunkt standen erst einmal bildende Künstler dieses Trugbilds trügerisch waren? Sollte man z.B. wie Ralf Winkler (A.R. Penck), Cornelia Schleime, mit Lutz Rathenow annehmen, daß es sich bei der Ralf Kerbach und Dokumentarfilmer Jürgen sogenannten Dichtung des Prenzlauer Bergs oder der Böttcher (Strawalde), die mit Autoren zusammen• Prenzlauer-Berg-Connection^ zum Teil um eine arbeiteten. Und das besonders nach 1979, weil es Stasischöpfung gehalten haben könnte, die eine seit dem Zeitpunkt ein Gesetz gab, nach dem jedes echte oppositionelle Kunst und Literatur verhindert Wort, das nicht in ein Bild eingebunden war, dem hätte? Ich vermute schon, aber nur in dem ganz Kulturministerium zur Zensur vorgelegt werden weiten Sinne, in dem alles, was in der DDR offiziell mußte. Das hatte zur Folge, daß jetzt viele Maler die und inoffiziell herausgegeben wurde, Opposition Worte ihrer Dichterfreunde mit in das Bild 21 Published by New Prairie Press, 1992 1 GDR Bulletin, Vol. 18 [1992], Iss. 2, Art. 4 Die Kunst der (simulierten?) Rebellion: Zur Lyrik des Prenzlauer Bergs Wolfgang Müller blockierte: Es ging nie über die Schmerzgrenze des Dickinson College Systems hinaus - ansonsten hätte die Stasi die verantwortlichen Autoren sehr schnell entweder Natürlich würde es nicht alles erklären, aber es hinter Gitter oder hinter die Grenze gebracht, wie wäre einmal sehr produktiv, die ganze DDR als ein das ja mit vielen Autoren auch geschehen ist - und Simulakrum zu sehen, im Kern ein Trugbild und dieses sanftere "Aufmucken" hat möglicherweise Blendwerk von Anfang an. Man erinnere sich potentiell oppositionelle Autoren von den "harten" daran, was Wolfgang Leonhard über eine frühe Sachen abgehalten. Unter dieses Verdikt fielen dann Besprechung innerhalb der Gruppe Ulbricht allerdings alle "Hierbleiber". berichtete: Es muß demokratisch aussehen, aber wir Auch der Vorwurf der "Stasischöpfung" trifft müssen überall die Macht haben, dekretierte Walter wohl so nicht zu. Sicher ist der Prenzlauer Berg von Ulbricht. Je gereifter der reale Sozialismus, desto IMs durchsetzt gewesen. Sascha Anderson und perfekter wurde die Maskerade, hinter der der Rainer Schedlinski, zwei der Wortführer der hoffnungslose Wettlauf der sozialistischen Utopie sogenannten "Prenzlauer-Berg-Connection", sind ja mit seiner immer miserableren Wirklichkeit wohl erst die Spitze des Eisbergs. Dennoch läßt sich versteckt werden sollte. Die Volkswahlen in der der Prenzlauer Berg nicht auf eine Art DDR waren natürlich keine Wahlen, sondern eine Schrebergarten der Stasi reduzieren, in der jedes Volkszählung. Die Erfolgsmeldungen der Industrie Radieschen numeriert war (Wolf Biermann). hatten wenig mit derem wirklichen Zustand zu tun - Prenzelberg war schließlich überall. Er war nur ein nach einem Witz jener Zeit gaben die Arbeiter vor kleiner Teil einer Kunst-und Literaturszene, die es in zu arbeiten, während die Regierung so tat, als würde der ganzen DDR gegeben hat. Als Stasischöpfung sie ihre Arbeiter bezahlen. Und das durch Marx hätte es einer abgestimmten Aktion von vielen verkündete Absterben des Staates wurde mit bedurft. Das ist aber unwahrscheinlich. Wozu hätte dialektischer Schläue durch seine allseitige man das auch schaffen wollen? Benutzen ja, aber Stärkung, d.h. Bürokratisierung und Militarisierung, extra schaffen? Und vor allem kann diese Szene vorangetrieben, bis daß die Einzelnen in einem keine willkürliche Schöpfung aus dem real• großen Spiel, das sie nur noch schwer zu sozialistischen Nichts gewesen sein, denn sie hat durchschauen vermochten, zu Statisten, zu eine Geschichte, die eng mit den Nöten und Winkelementen und Einsatzreserven zu verkommen Bedürfnissen einer Generation zusammenhing, die drohten. Das Gefühl, in einem Bereich inszenierter um die Mitte der fünfziger Jahre in die DDR Realität zu leben, ging so weit, daß einige Leute hineingeboren wurde - man erinnere sich an den annahmen, die Gegendemonstration im Januar 1989, vielzitierten Titel einer Lyrikanthologie von Uwe als verschiedene Leute in Ostberlin mit den Worten Kolbe. Rosa Luxemburgs für Meinungsfreiheit Mittelpunkt ihres neuen Ausdruckswillens war demonstrierten, wäre ein Werk der Stasi gewesen, auch anfangs nicht Berlin, sondern eine Stadt, die inszeniert, um zu zeigen, wie gefährlich doch der von Berlin aus gesehen in der Tiefe der Provinz, im Klassengegner sei. Kurz, die alten Männer der Tal der Ahnungslosen lag, nämlich Dresden. Dort Bewegung gaben auf einem Drittel Deutschlands fand sich in der zweiten Hälfte der siebziger Jahre Sozialismus, und niemand durfte gehen. Es war ihr ein Kreis von Künstlern zusammen, die autonom Stück, ihr Spiel, ihre Simulation. Da wachten sie produzierten und neue Formen des Zusammenlebens eifersüchtig auf jeden, der abweichende Entwürfe