Juristisches Repetitorium Verwaltungsrecht AT hemmer Sachverhalt Fall 14

Fall 14 Das Volksfest in Eppendorf

In Eppendorf findet alljährlich am zweiten Wochenende im Juni ein von der Freien und Hansestadt Hamburg veranstaltetes und festgesetztes Volksfest statt, und zwar auf einem Platz, der im Eigen- tum der Stadt steht und mehrmals im Jahr für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung gestellt wird. Dabei sind auch Veranstalter wie Schausteller usw. vertreten. Die Stadt, vertreten durch das Bezirksamt, schließt mit denjenigen Veranstaltern, die sie zulässt, „Mietverträge“ ab. Der Schausteller M, der bereits in früheren Jahren zugelassen war, wurde auch dieses Jahr zuge- lassen. Seine Ehefrau F, die ein von M unabhängiges Schaustellergeschäft betreibt, wurde dage- gen vom zuständigen Bezirksamt mit Bescheid vom 1. Juni nicht zugelassen mit der Begründung, die Begrenztheit des Platzes verlange eine Auswahl, wobei „Doppelverdiener“ zurückstehen müss- ten. M hingegen werde zugelassen, da er seit Jahren zugelassen und daher „bekannt und bewährt“ sei, während F die Erstzulassung begehrt. Per E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur vom 14. Juni beantragte F beim örtlich zustän- digen Verwaltungsgericht die Feststellung, dass die Ablehnung ihrer Zulassung zu dem Volksfest rechtswidrig war. F hielt diese Klage für erforderlich, da sie auf jeden Fall im nächsten Jahr an dieser Veranstaltung teilnehmen wollte und wieder mit einer Ablehnung aus den gleichen Gründen rechnete.

Wie wird das Gericht entscheiden?

Abwandlung: Das Bezirksamt hat auch mit der F einen Mietvertrag abgeschlossen, diesen jedoch kurz vor Beginn des Volksfestes wieder gekündigt.

Ist eine Klage der F zum Verwaltungsgericht zulässig?

RA Dr. Schlömer September 20 # Würzburg#4##4#Bayreuth#4##4#München#4#Passau#4## !Juristisches!Repetitorium! Frankfurt/M.#4#Bochum#4#Konstanz#4#Heidelberg#4#Freiburg#4#Mainz#4#Berlin#4#Bonn# Köln# 4# Göttingen# 4# Tübingen# 4# Münster# 4# Hamburg# 4# Osnabrück# 4# Gießen# 4# !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!hemmer! Potsdam# Hannover# 4# # 4# Dresden# 4# Marburg# 4# Trier# 4# Jena# 4# Leipzig# 4# Saarbrücken#Bremen#4#Halle#4#Rostock#4#Greifswald#4#Frankfurt/O.#4#Bielefeld#4# Mannheim # ______#______# # Verwaltungsrecht!AT!HH!8!Fall!14! ! ! ! B.!Begründetheit!§!113!V!iVm!§!113!I!4!analog! A.!Sachentscheidungsvoraussetzungen! I.!Anspruch!auf!Zulassung!aus!§!70!I!GewO! I.!§!40!I!1!VwGO! # # 1.!Anspruchsvoraussetzungen!#⊕# AGL#für#Kläger?# ! ! ! ! =>##Anspruch#auf#ermessensfehlerfreie## §#70#I#GewO# Auswahlentscheidung# # # (P)#Mietvertrag# #24Stufen4Theorie#(h.M.),## ⇒ ! ! 2.!Fehlerhaftes!Auswahlermessen! hier#„ob“#=>#§#40#I#1#VwGO#(+)# # # # VG#überprüft#nur#iRd#§#114#VwGO# ! II.!Statthafte!Klageart! # # # hier:##Ermessensfehlgebrauch?# # # FFKlage,#§#113#I#4#VwGO# ! ! ! a.!Auswahlkriterium!„bekannt!u.!bewährt“! # # # Zulassung#zu#Volksfest#=#VA# # # # # allg.#anerkannter#Grundsatz# # # # aber#Erledigung,#hier#sogar#vor#Klageerhebung# # # # # aber:#Kriterium#darf#nicht#zum#dauerhaften# # # # und#Situation#der#Verpfl.klage## Ausschluss#von#Neubewerbern#führen# # # # # # # !#113#I#4#zweifach#analog# # # # # hier#wohl#nicht#der#Fall#⇒#rm.#Kriterium# # # (P)#§#113#I#4#analog#oder#§#43#direkt?#str.#!# ! ! ! b.!Auswahlkriterium!„Doppelverdiener“! ! III.!42!II!VwGO!analog! # # # # Unvereinbarkeit#mit#Art.#6#GG#?# # # möglicher#Anspruch#aus#§#70#I#GewO# # # # # hier#2#unabhängige#Betriebe,#unabhängiges## ! IV.!68!ff!VwGO! Risiko## # ⇒#Diskriminierung#der#Ehe#⇒# # # Erforderlichkeit#?# Ablehnung#rw.# !#Erledigung#nach#Ablauf#Wdspr.frist#⇒#⊕# =>#F#hat#keine#ermessensfehlerfreie## !#Erledigung#vor#Klageerhebung,#aber#innerhalb# # # # # # # # Entscheidung#erhalten## Wdspr.frist# #str.#!# ⇒ II.!Erg.:!Klage!begründet! # # # # e.A.:#⊕,#arg.#Zweck#des#WS#⇒#Selbstkontrolle# ! # # # # h.M.:#(4),#arg.##4#Zweck#(Erlass#des#VA)#kann## Abwandlung! # # # # # # # # # # # # # # # # # nicht#erreicht#werden# 1.!40!I!1!VwGO! # # # # # # # # # ### # # # # 4#reiner#Formalismus# # „ob“#ist#weiterhin#entscheidend#⇒#⊕# ! V.!Frist! 2.!Klageart! str.,#e.A.:#§#74#II,#I#2#analog,#arg.#Unterfall#Vpfl.klage# # mögl.:##Vpfl.klage,#aber#auch# # #h.M.:#(4),#arg.#Frist#dient#Rechtssicherheit# # Anf.klage#gegen#die#Rücknahme#der#Zulassung# # # hier:#irrelevant# 3.!§!42!II! ! VI.!FF8Interesse!/!Sonst.!Vorauss.! # Mietvertrag#gibt#kein#subj.4öff.#Recht!# # # konkrete#Wdh.4Gefahr#⇒#hier#⊕# # erst#tats.#Zulassung#⇒#weiterhin#§#70#GewO! # # Rehabilitationsinteresse# # Zivilrechtsweg#nicht#einfacher#⇒#⊕# # # Vorbereitung#Amtshaftungsprozess#

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RA#Dr.#Schlömer# Juristisches Repetitorium Verwaltungsrecht AT Hamburg hemmer Lösung Fall 14, Seite 1 von 7

der zweiten Stufe) die Frage des „wie“ der Aus- Lösung Fall 14 gestaltung des durch die Zulassung begründeten Rechtsverhältnisses. Davon zu unterscheiden ist Die Klage hat vor dem Verwaltungsgericht Aus- aber (auf der ersten Stufe) die Entscheidung sicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und soweit sie über die Zulassung zu der öffentlichen Einrich- begründet ist. tung. Diese Frage über das „ob“ der Zulassung ist stets öffentlich-rechtlich zu beurteilen (Zwei- A. Sachentscheidungsvoraussetzungen stufentheorie2). Nach anderer Ansicht ist diese Theorie abzu- I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 I VwGO lehnen, da ein einheitlicher Lebenssachverhalt künstlich aufgespalten werde. Vielmehr sei der 1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit gesamte Sachverhalt öffentlich-rechtlich zu beur- Das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Strei- teilen (sog. öffentlich-rechtliches Einheitsmo- tigkeit bestimmt sich hier nach der Natur des zwi- dell).3 schen der Freien uns Hansestadt Hamburg und Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über F tatsächlich bestehenden Rechtsverhältnisses, die Zulassung - und damit die erste Stufe i.S.d. wie es sich aufgrund des festgestellten Lebens- Zweistufentheorie - betroffen ist, kann der Streit sachverhaltes ergibt. Öffentlich-rechtlich sind da- dahinstehen, es liegt eine öffentlich-rechtliche bei Streitigkeiten, deren Streitgegenstand sich Streitigkeit vor. nach öffentlich-rechtlichen Normen beurteilt. Es ist deshalb zu prüfen, aus welchen Normen sich 2. Da die Streitigkeit auch nichtverfassungsrecht- ein Anspruch der F auf Zulassung ergeben licher Art ist und eine andere Rechtswegzuwei- könnte und erst dann ist festzustellen, ob diese sung nicht besteht, ist der Verwaltungsrechtsweg Normen dem öffentlichen Recht oder dem Privat- gemäß § 40 I VwGO eröffnet. recht angehören. Als Anspruchsgrundlage kommt § 70 I GewO in II. Statthafte Klageart Betracht. 1. Verpflichtungsklage Es handelt sich vorliegend um ein Volksfest i.S.d. Die Zulassung stellt einen (begünstigenden) Ver- § 60b I GewO. Diese Vorschrift enthält aber le- waltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG dar, der diglich eine Legaldefinition und besagt nichts grundsätzlich mit der Verpflichtungsklage nach über den strittigen Zulassungsanspruch. Eine § 42 I 2. Alt. VwGO zu erstreiten ist. Handlungsbefugnis auf dem Gebiet des öffentli- Jedoch ist das Volksfest mittlerweile beendet und chen Rechts könnte sich aus § 70 I GewO erge- der von F erstrebte Verwaltungsakt hat sich da- ben, der über § 60b II GewO entsprechend an- mit durch Zeitablauf erledigt4. Damit scheidet die gewendet werden kann. § 70 GewO setzt vo- Verpflichtungsklage als statthafte Klageart aus, raus, dass die Veranstaltung gemäß § 69 GewO da sie nunmehr sinnlos wäre.

von der Verwaltung festgesetzt ist. Dies ist aus- weislich des Sachverhalts der Fall. Anmerkung

Anmerkung: Eine Erledigung liegt vor, wenn die mit dem VA verbundene rechtliche Beschwer nachträglich Fehlt es an einer Festsetzung gem. § 69 GewO weggefallen ist, d.h. wenn sein vollziehungsfähi- wird in den Flächenländern im Regelfall auf das ger Inhalt gegenstandslos geworden ist. Ent- Kommunalrecht abgestellt, das einen Zulas- scheidend ist also der Wegfall des Regelungsge- sungsanspruch für öffentliche Einrichtungen re- haltes der Verwaltungsmaßnahme5. gelt. In Hamburg wäre ggf. an Freiheitsrechte

i.V.m. Art. 3 I GG als Anspruchsgrundlage zu 2. Fortsetzungsfeststellungsklage denken.1 In Betracht kommt auch die Widmung als Anspruchsgrundlage. Bei dieser Sachlage könnte als statthafte Klage-

art die Fortsetzungsfeststellungsklage analog Problematisch könnte noch sein, dass die Stadt § 113 I 4 VwGO in Frage kommen, da Erledi- Mietverträge mit den zugelassenen Schaustel- gung des VA durch den Zeitablauf vorliegt. lern abgeschlossen hat. Hiervon wird jedoch nur Hier ist streitig, ob bei Erledigung vor Klageerhe- das Benutzungsverhältnis zwischen der Stadt bung, § 113 I 4 VwGO analog angewandt wird, und den Schaustellern betroffen, also (quasi auf oder ob auf § 43 VwGO abgestellt werden kann.

1 So z.B. für Art. 12 GG i.V.m. Art. 3 GG: BVerwG 33, 303 3 vgl. Ossenbühl DVBl. 73, 289. (numerus clausus) und für Art. 5 GG i.V.m. Art. 3 GG: 4 Vgl. HEMMER/WÜST, VerwR II, Rn. 109 ff. BVerwG 47, 247 (Pressefahrten). 5 Vgl. HEMMER/WÜST, VerwR II, Rn. 107 f. 2 Vgl. KOPP/SCHENKE, § 40 VwGO, Rn. 20; HEMMER/WÜST, VerwR II, Rn. 6.

RA Dr. Schlömer September 19 Juristisches Repetitorium Verwaltungsrecht AT Hamburg hemmer Lösung Fall 14, Seite 2 von 7

Das BVerwG hat diese Frage (NVwZ 2000, 64) wo nur bestimmte Fallgruppen anerkannt sind. offen gelassen. Es könnte an einer Regelungslü- Dies könnte im Ergebnis zu einer Mehrbelastung cke fehlen, wenn die Feststellungsklage gem. der Gerichte führen, und im Fall vorprozessualer § 43 I VwGO statthaft ist. Erledigung könnte der Bürger die Feststellung a. betreiben, wenn er irgendein anerkennenswertes Interesse hat, im Fall der Erledigung nach Klage- Für die Feststellungsklage wird vorgebracht, ergebung nur in ganz bestimmten Fallgruppen. dass diese Klageart statthaft ist, da die Berechti- Zum zweiten ergeben sich Unterschiede hin- gung der Behörde den Verwaltungsakt zu erlas- sichtlich des Klagegegners, da bei der Feststel- sen, ein dann erledigtes, aber feststellungsfä- lungsklage das allgemeine Rechtsträgerprinzip higes Rechtsverhältnis darstellt. Es wird insbe- Anwendung findet, bei der Fortsetzungsfeststel- sondere auf den Vergleich mit der vorbeugen- lungsklage aber § 78 VwGO analog angewandt den Feststellungsklage hingewiesen, wo die wird. Zum dritten bestehen Unterschiede hin- Frage, ob aufgrund einer Norm künftig ein Ver- sichtlich Tenor und Rechtskraft eines Urteils, da waltungsakt erlassen werden kann, ebenfalls ein bei der Fortsetzungsfeststellungsklage sehr prä- feststellungsfähiges Rechtsverhältnis darstellt. zise die Feststellung getroffen wird, dass der Schließlich sei die allgemeine Feststellungsklage konkrete Verwaltungsakt rechtswidrig war, dies auch nicht subsidiär. Aus dem Wortlaut des bei der allgemeinen Feststellungsklage nicht § 43 II VwGO, „hätte verfolgen können“, folge le- zwingend erfolgen muss. diglich, dass der Kläger vor Erledigung des Ver- waltungsakts fristgerecht Anfechtungs- oder Ver- Daher ist die Fortsetzungsfeststellungsklage pflichtungsklage erheben muss. Sinn der Subsi- analog § 113 I 4 VwGO die richtige Klageart. diarität sei es die Umgehung der strengen Sa- churteilsvoraussetzung der anderen Klagearten Anmerkung: zu verhindern. Bei vorprozessualer Erledigung Eine andere Ansicht ist hier selbstverständlich des Verwaltungsaktes innerhalb der Frist, be- gut vertretbar. stehe diese Umgehungsgefahr nicht mehr, die Ein sehr gute Zusammenfassung des Streitstan- 6 Feststellungsklage sei daher nicht subsidiär. des findet sich auch bei Schenke JuS 2007, 697. b. Lesenswert auch Funke/Stocker JuS 2019, Für die Beibehaltung der analogen Anwendung 979.

von § 113 I 4 VwGO wird eingewandt, dass der Verwaltungsakt kein feststellungsfähiges Anmerkung: Rechtsverhältnis darstelle.7 Auch sei die Befug- nis zum Erlass eines Verwaltungsakts nicht auf Genau genommen handelt es sich im vorliegen- die Feststellung eines Rechtsverhältnis gerichtet. den Fall um eine in zweifacher Hinsicht analoge Aus dem Text des § 43 II VwGO, „hätte verfol- Anwendung des § 113 I 4 VwGO. gen können“ ergebe sich, dass die Feststel- § 113 I 4 VwGO regelt unmittelbar nur den Fall, lungsklage auch subsidiär sei bei Erledigungssi- dass sich der angegriffene Verwaltungsakt nach tuationen, denn vor Erledigung der Verwaltungs- Erhebung, aber noch vor Entscheidung einer An- aktes hätte der Kläger schließlich Anfechtungs- fechtungsklage erledigt. oder Verpflichtungsklage erheben müssen.8 Die erste Analogie ergibt sich aus der Anwen- c. dung des § 113 I 4 VwGO auf die Situation der Insgesamt ist der zuletzt genannten Ansicht Verpflichtungsklage. der Vorzug zu geben. Zwar überzeugt das Ar- Die zweite Analogie ergibt sich daraus, dass gument, der Verwaltungsakt sei kein Rechtsver- § 113 I 4 VwGO auch dann anwendbar ist, wenn hältnis nicht, da die Befugnis einen Verwaltungs- sich der Verwaltungsakt schon vor der Klageer- akt zu erlassen ein feststellungsfähiges Rechts- hebung erledigt hat. Beachten Sie im Übrigen die verhältnis darstellt. Gegen die Anwendung von Ausführungen zur Fortsetzungsfeststellungs- § 43 I VwGO spricht aber, dass es dann vom Zu- klage in den Polizeirechtsfällen. fall, nämlich dem Erledigungszeitpunkt abhän- gen würde, ob die Feststellungsklage oder die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft ist. Dies ist problematisch, da es hier zu System- und Wertungswidersprüchen kommt:9 Zum einen ist das Feststellungsinteresse bei § 43 I VwGO wesentlich weiter zu verstehen, als das Fortset- zungsfeststellungsinteresse bei § 113 I 4 VwGO,

6 Renck JuS 1970, 113 f.; Schoch/Pietzcker § 42 I VwGO Rn. 8 Schmitt-Glaeser/Horn Vewaltungsprozessrecht, Rn. 361. 86; Schrödter DVBl 1973, 366. 9 Kopp/Schenke § 113 Rn. 99 m.w.N.; Ehlers Jura 2001, 415; 7 Rozek JuS 2000, 1162; Fechner NVwZ 2000, 127. Schenke NVwZ 2000, 1255.

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Verfristung unzulässig ist, dann kann diese Un- Zusammenfassung der Argumente zulässigkeit nicht durch eine (zufällige) Erledi- (vgl. dazu auch Besprechung im Kurs) gung umgangen werden.10 § 43 direkt § 113 I 4 analog Vorliegend war jedoch im Zeitpunkt der Erledi- gung (zweites Wochenende im Juni) der Ableh- keine Regelungslücke § 43 nicht statthaft nungsbescheid der F maximal zwei Wochen alt Normen, die zu VA er- VA ist kein R.verh. und damit nicht bestandskräftig, da die Wider- mächtigen, begründen spruchsfrist des § 70 I VwGO (ein Monat) noch ein R.verh. (Vgl. zur vor- nicht abgelaufen war. beugenden F.kl.) Ob jedoch bei der Fortsetzungsfeststellungs- Zweck der Subsidiarität § 43 II „hätte verfolgen klage ein Vorverfahren durchzuführen ist, wenn ist aber entfallen können“ das erledigende Ereignis noch vor Ablauf der Wi- kein zwingendes Argu- Statthaftigkeit soll nicht derspruchsfrist eintritt, ist umstritten. ment (ist bei § 113 I 4 vom Zufall abhängen 1. Mindermeinung: Vorverfahren erforderlich VwGO direkt auch Zufall) Nach einer Ansicht ist auch bei dieser Konstella- 11 Rechtsschutz bei FFKl tion ein Widerspruchsverfahren durchzuführen. intensiver, da VA und Der Zweck des Vorverfahrens liege primär in der nicht nur zugrundelie- Selbstkontrolle der Verwaltung und dieser Zweck gendes R.verh. geprüft könne auch durch die Feststellung der Rechts- wird (z.B. form. RM, Er- widrigkeit eines Verwaltungsakts erreicht wer- messen) den. 2. Herrschende Meinung: Vorverfahren nicht er- Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungs- forderlich klage setzt voraus, dass die ursprüngliche Klage, Die herrschende Meinung lehnt dagegen die Er- hier die Verpflichtungsklage, zulässig war. Zu forderlichkeit eines Vorverfahrens bei Erledigung prüfen sind also die Zulässigkeitsvoraussetzun- vor Ablauf der Widerspruchsfrist ab.12 Der Zweck gen der Verpflichtungsklage - abgesehen von des Vorverfahrens - der in der Situation der Ver- Verwaltungsrechtsweg und Statthaftigkeit, da pflichtungsklage im Erlass des begehrten Ver- diese schon geprüft wurden. waltungsakts besteht - könne nicht mehr erreicht III. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog werden, die Durchführung wäre reiner Formalis- Die F müsste im Zeitpunkt der Erledigung einen mus. möglichen Anspruch auf Zulassung zu dem Zudem bindet die Feststellung der Rechtswidrig- Volksfest gehabt haben. keit durch die Behörde andere Behörden nicht; Es erscheint möglich, dass die Klägerin einen dem Bürger sei daher sofort gerichtlicher Schutz Anspruch auf Zulassung aus § 70 I GewO hatte. zuzusprechen. Weiter kommt ein Verletzung der F in ihren Hier wird der herrschenden Meinung aufgrund Grundrechten aus Art. 3 I, 6 I und 12 I GG in Be- der überzeugenderen Argumentation gefolgt. tracht. Auch dies scheint nach dem Sachverhalt Nach alledem muss die F hier kein Wider- zumindest als möglich, so dass die F auch inso- spruchsverfahren durchführen, da sich der Ver- weit klagebefugt ist. waltungsakt vor Ablauf der Widerspruchsfrist er- IV. Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO ledigt hat.

Fraglich ist, wann bei der Fortsetzungsfeststel- Anmerkung: lungsklage ein Vorverfahren durchzuführen ist. Vom BVerwG wird die Durchführung eines Vor- Dass die Durchführung eines Vorverfahrens er- verfahrens nach Erledigung nicht nur für entbehr- forderlich ist, wenn das erledigende Ereignis erst lich, sondern sogar für unstatthaft gehalten, da nach Ablauf der Widerspruchsfrist eingetreten § 68 VwGO die Widerspruchsbehörde nicht zu ist, ist unumstritten. Entscheidungen gemäß § 113 I 4 VwGO er- Dann wäre nämlich eine Anfechtungs- oder Ver- mächtige. pflichtungsklage wegen Fristversäumung unzu- lässig; die Klage nach § 113 I 4 VwGO setzt aber V. Klagefrist grundsätzlich nach ihrem Anwendungsbereich Strittig ist, ob die Erhebung der Fortsetzungsfest- nur eine bereits begonnene Klage fort, das heißt, stellungsklage fristgebunden ist. wenn schon diese ursprüngliche Klage wegen

10 HEMMER/WÜST, Basics ÖR, Rn. 576. 12 Vgl. zur h.M. HEMMER/WÜST, Basics-ÖR, Rn. 577 ff. 11 KOPP/SCHENKE, § 68 VwGO, Rn. 34.

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Nach einer Ansicht ist § 74 II, I 2 VwGO auf die (Erledigung vor Klageerhebung) kein Feststel- Fortsetzungsfeststellungsklage analog anzu- lungsinteresse mehr begründet. Hier könne der wenden, da auch bei dieser Klageart ein Vorver- Betroffene ebenso gut sofort vor dem nach Art. fahren nicht erforderlich ist, sie aber als Unterfall 34 S. 3 GG zuständigen Zivilgericht klagen, da der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage frist- dieses gem. § 17 II GVG die Vorfragenkompe- gebunden sein müsse. tenz habe, inzident über die Rechtmäßigkeit ei- Nach herrschender Meinung13 ist keine Klagefrist nes Verwaltungsakts zu entscheiden. Das Füh- einzuhalten. Fristen dienen der Rechtssicherheit. ren von zwei Prozessen widerspricht dem Grund- Bei erledigten Verwaltungsakten könne es aber satz der Prozessökonomie. nicht darum gehen, möglichst schnell zu klären, ob der Verwaltungsakt rechtswidrig war. Vorliegend ergibt sich das Fortsetzungsfeststel- lungsinteresse daraus, dass die F auch in Zu- Die Verwaltung wird zudem durch das Erforder- kunft an dem jährlich stattfindenden Volksfest nis des Feststellungsinteresses und dem Institut teilnehmen will und deshalb die konkrete Gefahr der Verwirkung vor einer Klage noch Jahre nach einer Wiederholung der angegriffenen behördli- Erledigung geschützt chen Entscheidung besteht. Hier kann der Streit jedoch offen bleiben, da, auch wenn man mit der ersten Ansicht die Frist- VII. Passive Prozessführungsbefugnis gebundenheit bejaht, die F hier innerhalb der Mo- Klagegegner ist analog § 78 I Nr. 1 VwGO die natsfrist des § 74 II, I 2 VwGO Klage erhoben Freie und Hansestadt Hamburg hat.

VIII. Beteiligungs- und Prozessfähigkeit, §§ 61 f. VwGO Anmerkung: Die F ist gemäß §§ 61 Nr. 1, 62 I Nr. 1 beteilig- Soweit eine Streitfrage offen bleiben kann, muss ten- und prozessfähig. sie von Ihnen nicht entschieden werden.

Die Beteiligten- und Prozessfähigkeit der Beklag- ten ergibt sich aus § 61 Nr. 1 2. Alt. VwGO und VI. Fortsetzungsfeststellungsinteresse § 62 III VwGO. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist gemäß § 113 I 4 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger IX. Zuständigkeit und Form ein berechtigtes Interesse an der Feststellung Laut Sachverhalt hat F die Klage beim sachlich hat. und örtlich zuständigen Verwaltungsgericht Anerkannt sind insbesondere folgende Fallgrup- (§§ 45, 52 VwGO) erhoben und die Vorschriften pen: über die ordnungsgemäße Klageerhebung mit • das Vorliegen einer konkreten Wiederho- qualifizierter elektronischer Signatur 16 lungsgefahr; (§ 55a VwGO) beachtet. • ein Rehabilitationsinteresse (insbesondere X. Zwischenergebnis bei diskriminierenden Verwaltungsakten); Nach alledem ist die Klage zulässig. • die Vorbereitung eines Amtshaftungsan- spruchs; • ein sonstiger schwerwiegender Grundrechts- B. Begründetheit der Klage eingriff (ggf. auch Unterfall des Reha-Interes- Die Klage ist begründet, soweit die Versagung ses).14 der Zulassung rechtswidrig war und die Klägerin • (von vielen wird auch anerkannt) sich typi- dadurch in ihren Rechten verletzt ist, also wenn scherweise kurzfristig erledigende Verwal- die F im Zeitpunkt der Erledigung einen An- tungsakte (inbes. im POR), da es sonst ohne spruch auf Erlass des begehrten Verwaltungs- Zulassung der Fortsetzungsfeststellungs- akts hatte, §§ 113 V i.V.m. 113 I 4 VwGO analog. klage nie zu einer Hauptsacheentscheidung I. Anspruch auf Zulassung zum Volksfest aus und damit zu einem effektiven Rechtsschutz § 70 I GewO 15 gem. Art. 19 IV GG kommen würde. Gem. § 70 I GewO ist jedermann, der dem Teil-

nehmerkreis der festgesetzten Veranstaltung an- Anmerkung: gehört, nach Maßgabe der für alle Veranstal- BVerwG und h.M. gehen davon aus, dass die tungsteilnehmer geltenden Bestimmungen zur Vorbereitung eines Amtshaftungsanspruchs bei Teilnahme an der Veranstaltung berechtigt. der analogen Anwendung des § 113 I 4 VwGO Damit wird der Grundsatz der sog. Marktfreiheit normiert. Ausweislich des Sachverhalts werden

13 BVerwG, NvwZ 2000, 63 (= L&L 2000, 197). 15 vgl. dazu Kopp/Schenke § 113 Rn. 145 m.w.N. 14 NVwZ 1999, 290 = L&L 1999, 382; strittig, ob eigene Fall- 16 zum Streit um die korrekte Rechtsbehelfsbelehrung diesbe- gruppe oder Unterfall des Rehabilitationsinteresses. züglich, vgl. Lösung Fall 2.

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von der Stadt Hamburg Schausteller zugelassen. lung verlangt, sondern eine an materiellen Ge- Bei der Klägerin handelt es sich um eine Schau- rechtigkeitskriterien ausgerichtete Gleichbe- stellerin, so dass die Voraussetzungen von § 70 I handlung.18 Es ist daher im Prinzip nicht zu be- GewO gegeben sind. anstanden, wenn die Stadt den Ehemann der F, 1. Begrenzung durch vorhandene Kapazitäten der seit Jahren zum Volksfest zugelassen ist, aufgrund seiner „Bekannt- und Bewährtheit“ er- Gem. § 70 III GewO kann der Veranstalter aus neut zugelassen hat, während die Ehefrau F die- sachlich gerechtfertigten Gründen, insbesondere ses Kriterium nicht nachweisen kann. wenn der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreicht, einzelne Aussteller, Anbieter oder Be- Jedoch ist zu beachten, dass das Prinzip „be- sucher von der Teilnahme ausschließen. kannt und bewährt“ dann zu einer rechtswidrigen Auswahlentscheidung führt, wenn Neubewerber Hierbei ist zu berücksichtigen, dass insbeson- faktisch auf Dauer ausgeschlossen werden, weil dere wegen Platzmangels von der Stadt eine Er- dann gegen das Gebot der wettbewerblichen messensentscheidung zu treffen ist, bei der eine Chancengleichheit verstoßen wird. Reihe von allgemein anerkannten Auswahlkrite- rien existieren. Die Klägerin hatte daher einen Somit ist die Verweigerung der Zulassung nicht Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entschei- aufgrund dieses Auswahlkriteriums rechtswidrig. dung. Fraglich ist, ob sie einen ermessensfehler- b) Auswahlkriterium „Doppelverdiener“ freien Versagungsbescheid erhalten hat. Dieses Auswahlkriterium könnte mit Art. 6 I GG 2. Fehlerfreies Auswahlermessen unvereinbar sein. Eheleute dürfen nicht allein Zu den anerkannten Auswahlkriterien gehören deshalb, weil sie verheiratet sind, von der Staats- insbesondere das Prioritätsprinzip, das Losver- gewalt benachteiligt werden. Die eheliche Le- fahren, das Rotationsverfahren, die Attraktivität bens- und Wirtschaftsgemeinschaft kann zwar des Angebotes und das Prinzip „bekannt und be- zum Anknüpfungstatbestand für wirtschaftliche währt“. Rechtsfolgen genommen werden. Jedoch müs- sen sich für eine Differenzierung zu Lasten Ver- Die Entscheidung der Stadt könnte deshalb heirateter aus der Natur des geregelten Lebens- rechtswidrig sein, weil die Stadt hinsichtlich der verhältnisses einleuchtende Sachgründe erge- Zulassung der F ihr Auswahlermessen fehlerhaft ben. Die Berücksichtigung der durch die eheliche ausgeübt hat. Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft gekenn- Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese Ermes- zeichneten besonderen Lage der Ehegatten darf sensentscheidung vom Verwaltungsgericht nur bei der konkreten Maßnahme den Gerechtig- in einem eng begrenzten Rahmen überprüft wer- keitsvorstellungen der Gemeinschaft nicht wider- den kann (vergleiche § 114 S.1 VwGO). Rechts- sprechen und somit nicht als Diskriminierung der widrig ist die Auswahlentscheidung nur, wenn ein Ehe anzusehen sein.19 Ermessensfehler vorliegt. In Betracht kommt ein Anmerkung: Ermessensfehlgebrauch. Ein solcher liegt vor, wenn die Entscheidung der Behörde auf unsach- Vertretbar wäre es auch gewesen, eine Ermes- gemäßen Erwägungen beruht. sensüberschreitung wegen der Nichtbeachtung von Art. 6 I GG anzunehmen. Hier hat die Stadt zwei Kriterien für die Bevorzu- gung des M genannt: Erstens das Kriterium „be- Vorliegend betreiben die Eheleute getrennte kannt und bewährt“, zweitens das Merkmal „Dop- Schaustellergeschäfte. Es ist daher nicht ge- pelverdiener“. Fraglich ist, ob dies sachgerechte rechtfertigt, die Eheleute als einheitliches Unter- Zulassungskriterien sind. nehmen anzusehen und daher nur einmal in Be- zug auf die Tätigkeit des Ehemannes zuzulas- a) Auswahlkriterium „bekannt und bewährt“ sen. Die Stadt hat dies auch nicht getan, sondern Der Grundsatz „bekannt und bewährt“ ist ein ihre Entscheidung damit begründet, dass „Dop- 17 sachlich begründeter Verwaltungsgrundsatz. pelverdiener“ zurückstehen müssten. Diese Ar- Die Verwaltung handelt daher nicht rechtsfehler- gumentation widerspricht jedoch den Gerechtig- haft, wenn sie erprobten und seit Jahren zuge- keitsvorstellungen, da sie die Eheleute diskrimi- lassenen Veranstaltern den Vorzug gibt. Es niert. Zwar wirtschaften die Eheleute letzten En- braucht daher nicht ein rotierender Wechsel des „in einen Topf“, jedoch wäre dies nur dann stattzufinden. Auch ein striktes Prioritätsprinzip sachlicher Anknüpfungspunkt und mit Art. 6 I GG (sog. „Windhundverfahren“ = Vorrang der frühe- vereinbar, wenn die Eheleute für ihren jeweiligen ren Anmeldung) unabhängig von „bekannt und Gewerbebetrieb typischerweise Ausgaben er- bewährt“ braucht nicht eingehalten zu werden, sparen oder ihr geschäftliches Risiko mindern da Art. 3 I GG nicht eine formelle Gleichbehand- würden. Dies ist hier nicht der Fall.

17 BVerwG, DÖV 1982, 82. 19 BVerfGE 32, 267 (268). 18 OVG Lüneburg, NVwZ 1983, 49 ff.

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Somit verstößt die Nichtzulassung aufgrund des die Begünstigung durch den Rücknahmeakt kei- Auswahlkriteriums „Doppelverdiener“ gegen Dis- nesfalls endgültig beseitigt wurde, vergleiche kriminierungsverbot aus Art. 6 I GG. Es reicht im § 43 II HmbVwVfG.20 Rahmen der Fortsetzungsfeststellungsklage 3. Bei der Klagebefugnis wäre dann zu erörtern auch aus, wenn ein tragendes Kriterium rechts- gewesen, dass der öffentlich-rechtliche An- widrig war. Daher ist es irrelevant, dass die Be- spruch der F auf Zulassung zum Volksfest kei- hörde durchaus mit dem Kriterium „bekannt und nesfalls bereits mit Abschluss des ursprüngli- bewährt“ arbeiten durfte. Folglich war der ableh- chen Mietvertrages, sondern eben erst mit tat- nende Bescheid rechtswidrig. sächlicher Zulassung erfüllt wird. Weiterhin ergibt Die Klägerin hatte somit einen Anspruch auf eine sich möglicher Weise ein Anspruch aus ermessensfehlerfreie Auswahlentscheidung, die § 70 I GewO. aber nicht erfolgt ist. 4. Schließlich hätte noch unter dem Prüfungspunkt II. Ergebnis allgemeines Rechtsschutzbedürfnis das Ver- Es war ermessensfehlerhaft, dass die Stadt da- hältnis zu eventuellen Rechtsbehelfen vor den rauf abgestellt hat, dass „Doppelverdiener“ unter ordentlichen Gerichten geklärt werden müssen. Eheleuten zurückstehen müssen. Nachdem die zivilrechtliche Leistungsklage auf Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen Die zulässige Klage ist somit auch begründet. Es kein gegenüber der Verwaltungsgerichtsklage wird vom Verwaltungsgericht festgestellt werden, einfacherer Weg ist, entfällt nicht wegen deren dass die Nichtzulassung rechtswidrig war. bloßer Möglichkeit das Rechtsschutzbedürfnis

für eine eventuelle Anfechtungsklage; das glei- Anmerkung: che gilt für das Verhältnis zwischen § 256 I ZPO Bei der ursprünglich zulässigen Verpflichtungs- und § 113 I 4 VwGO. Weiterhin würde einer Ver- klage hätte ein sogenanntes Bescheidungsurteil pflichtungsklage auf Zulassung zum Volksfest gemäß § 113 V 2 VwGO ergehen müssen. Das das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, da insoweit Gericht kann sein Ermessen nicht an die Stelle eine Anfechtungsklage ausreichenden Rechts- des Ermessens der Behörde setzen. Ein Vornah- schutz gewährt.21 meurteil gemäß § 113 V 1 VwGO käme nur in

Betracht, wenn eine Ermessensreduzierung auf Null gegeben wäre. Exkurs: Bei der Prüfung eines Zulassungsanspruchs ist zu differenzieren: Abwandlung: Innerhalb des Einrichtungsgebrauchs gibt es Es ergeben sich ausschließlich bei der Zulässig- Spezialgesetze, die für eine bestimmte Benutzer- keit weitere Probleme: gruppe den Zugangsanspruch eigenständig re- 1. Im Rahmen des Verwaltungsrechtswegs wäre geln. Beispiele sind § 5 PartG i.V.m. hier zusätzlich zu erörtern, dass es der F nicht Art. 21, 3 GG, § 70 GewO. um die Einhaltung des zivilrechtlichen Vertrages, Jede Nutzung über den Einrichtungsgebrauch sondern weiterhin um den öffentlich-rechtlichen hinaus ist „Sonderbenutzung“. Dieser Begriff lei- Zulassungsanspruch geht. Es kommt also wei- tet sich aus der Negation des Rechts auf Zugang terhin auf das „ob“ der Entscheidung an. Dies ist ab. Sonderbenutzung ist daher Einrichtungsge- nach der Zweistufentheorie eine öffentlich-recht- brauch durch Ortsfremde, durch Überschreitung liche Streitigkeit. der Zulassungsbegrenzung, die Nutzung bei Ge- 2. Bei der statthaften Klageart könnte fraglich fahrerhöhung, bei Kapazitätserschöpfung sowie sein, ob die F ursprünglich auf Abschluss eines widmungsfremde Nutzung. Die Erteilung der Vertrages hätte klagen müssen. Nachdem dies Sondernutzung ist gesetzlich nicht vorgeschrie- aber ein zivilrechtlicher Vorgang ist (vergleiche ben, sie ist dem Einrichtungsträger aber auch möglichen Anspruch auf Vertragsabschluss aus nicht verwehrt. Deshalb steht die Entscheidung §§ 826, 249 BGB), käme sie hiermit vor dem Ver- im – gesetzlich nicht geregelten – pflichtgemä- waltungsgericht nicht weiter. ßen Ermessen des Einrichtungsträgers. Geht es dabei um Sondernutzung, die noch im Sachzu- Sie könnte aber eine Anfechtungsklage erheben. sammenhang zum Widmungszweck steht, leitet Angefochten würde dann die in der Kündigung sich aus der individualfördernden Zielrichtung konkludent enthaltene Rücknahme der ursprüng- lichen Zulassung. Ist die Anfechtungsklage erfolgreich, so lebt die ursprüngliche, von der Rücknahme gewisserma- ßen überlagerte, Begünstigung wieder auf, weil

20 HEMMER/WÜST, VerwR I, Rn. 101. 21 Vgl. HEMMER/WÜST, VerwR I, Rn. 101.

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der Einrichtung ein Recht auf ermessensfehler- freie Bescheidung ab.22 Widmungsfremde Nut- zungen liegen außerhalb des auf Begünstigung des Einzelnen angelegten Einrichtungszweckes. Die Vergabe steht im Ermessen, ein Recht auf Bescheidung besteht nicht.23

Vertiefungsfragen 1. Welche Funktionen hat das Widerspruchsverfahren? 2. Was versteht man unter Devolutiveffekt, was unter Suspensiveffekt? 3. Nach herrschender Meinung genügt als Sachurteils- voraussetzung für eine Anfechtungs- oder Verpflich- tungsklage nicht, dass überhaupt ein Vorverfahren durchgeführt wurde. Vielmehr muss das Wider- spruchsverfahren auch ordnungsgemäß durchgeführt worden sein. Wann ist das der Fall? 4. Die Schausteller S und K haben sich auf dem Volks- fest beide um den einzigen Platz für einen Auto-Scoo- ter beworben. S erhält den Zuschlag. Welche Klageart ist für K statthaft?

Zur eigenständigen Wiederholung Zur eigenständigen Wiederholung Fortsetzungsfeststel- lungsklage empfehlen wir Euch folgendes Video auf youtube: https://www.youtube.com/watch?v=qRmqaI5rtQU&t

22 VGH München, NVwZ 1982, 120; BVerwG, NJW 1993, 609 23 BVerwGE 39, 236 ff.; GewArch 1975, 88; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1989, 135

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