Juristisches Repetitorium Verwaltungsrecht at Hamburg Hemmer Fall 14 Das Volksfest in Eppendorf
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Juristisches Repetitorium Verwaltungsrecht AT Hamburg hemmer Sachverhalt Fall 14 Fall 14 Das Volksfest in Eppendorf In Eppendorf findet alljährlich am zweiten Wochenende im Juni ein von der Freien und Hansestadt Hamburg veranstaltetes und festgesetztes Volksfest statt, und zwar auf einem Platz, der im Eigen- tum der Stadt steht und mehrmals im Jahr für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung gestellt wird. Dabei sind auch Veranstalter wie Schausteller usw. vertreten. Die Stadt, vertreten durch das Bezirksamt, schließt mit denjenigen Veranstaltern, die sie zulässt, „Mietverträge“ ab. Der Schausteller M, der bereits in früheren Jahren zugelassen war, wurde auch dieses Jahr zuge- lassen. Seine Ehefrau F, die ein von M unabhängiges Schaustellergeschäft betreibt, wurde dage- gen vom zuständigen Bezirksamt mit Bescheid vom 1. Juni nicht zugelassen mit der Begründung, die Begrenztheit des Platzes verlange eine Auswahl, wobei „Doppelverdiener“ zurückstehen müss- ten. M hingegen werde zugelassen, da er seit Jahren zugelassen und daher „bekannt und bewährt“ sei, während F die Erstzulassung begehrt. Per E-Mail mit Qualifizierter elektronischer Signatur vom 14. Juni beantragte F beim örtlich zustän- digen Verwaltungsgericht die Feststellung, dass die Ablehnung ihrer Zulassung zu dem Volksfest rechtswidrig war. F hielt diese Klage für erforderlich, da sie auf jeden Fall im nächsten Jahr an dieser Veranstaltung teilnehmen wollte und wieder mit einer Ablehnung aus den gleichen Gründen rechnete. Wie wird das Gericht entscheiden? Abwandlung: Das Bezirksamt hat auch mit der F einen Mietvertrag abgeschlossen, diesen jedoch kurz vor Beginn des Volksfestes wieder gekündigt. Ist eine Klage der F zum Verwaltungsgericht zulässig? RA Dr. Schlömer September 20 # Würzburg#4#Erlangen#4#Bayreuth#4#Regensburg#4#München#4#Passau#4#Augsburg# !Juristisches!Repetitorium! Frankfurt/M.#4#Bochum#4#Konstanz#4#Heidelberg#4#Freiburg#4#Mainz#4#Berlin#4#Bonn# Köln# 4# Göttingen# 4# Tübingen# 4# Münster# 4# Hamburg# 4# Osnabrück# 4# Gießen# 4# !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!hemmer! Potsdam# Hannover# 4# Kiel# 4# Dresden# 4# Marburg# 4# Trier# 4# Jena# 4# Leipzig# 4# Saarbrücken#Bremen#4#Halle#4#Rostock#4#Greifswald#4#Frankfurt/O.#4#Bielefeld#4# Mannheim # ______________________________________________________________#_________# # Verwaltungsrecht!AT!HH!8!Fall!14! ! ! ! B.!Begründetheit!§!113!V!iVm!§!113!I!4!analog! A.!Sachentscheidungsvoraussetzungen! I.!Anspruch!auF!Zulassung!aus!§!70!I!GewO! I.!§!40!I!1!VwGO! # # 1.!Anspruchsvoraussetzungen!#⊕# AGL#für#Kläger?# ! ! ! ! =>##Anspruch#auf#ermessensfehlerfreie## §#70#I#GewO# Auswahlentscheidung# # # (P)#Mietvertrag# #24Stufen4Theorie#(h.M.),## ⇒ ! ! 2.!FehlerhaFtes!Auswahlermessen! hier#„ob“#=>#§#40#I#1#VwGO#(+)# # # # VG#überprüft#nur#iRd#§#114#VwGO# ! II.!StatthaFte!Klageart! # # # hier:##Ermessensfehlgebrauch?# # # FFKlage,#§#113#I#4#VwGO# ! ! ! a.!Auswahlkriterium!„bekannt!u.!bewährt“! # # # Zulassung#zu#Volksfest#=#VA# # # # # allg.#anerkannter#Grundsatz# # # # aber#Erledigung,#hier#sogar#vor#Klageerhebung# # # # # aber:#Kriterium#darf#nicht#zum#dauerhaften# # # # und#Situation#der#Verpfl.klage## Ausschluss#von#Neubewerbern#führen# # # # # # # !#113#I#4#zweifach#analog# # # # # hier#wohl#nicht#der#Fall#⇒#rm.#Kriterium# # # (P)#§#113#I#4#analog#oder#§#43#direkt?#str.#!# ! ! ! b.!Auswahlkriterium!„Doppelverdiener“! ! III.!42!II!VwGO!analog! # # # # Unvereinbarkeit#mit#Art.#6#GG#?# # # möglicher#Anspruch#aus#§#70#I#GewO# # # # # hier#2#unabhängige#Betriebe,#unabhängiges## ! IV.!68!FF!VwGO! Risiko## # ⇒#Diskriminierung#der#Ehe#⇒# # # Erforderlichkeit#?# Ablehnung#rw.# !#Erledigung#nach#Ablauf#Wdspr.frist#⇒#⊕# =>#F#hat#keine#ermessensfehlerfreie## !#Erledigung#vor#Klageerhebung,#aber#innerhalb# # # # # # # # Entscheidung#erhalten## Wdspr.frist# #str.#!# ⇒ II.!Erg.:!Klage!begründet! # # # # e.A.:#⊕,#arg.#Zweck#des#WS#⇒#Selbstkontrolle# ! # # # # h.M.:#(4),#arg.##4#Zweck#(Erlass#des#VA)#kann## Abwandlung! # # # # # # # # # # # # # # # # # nicht#erreicht#werden# 1.!40!I!1!VwGO! # # # # # # # # # ### # # # # 4#reiner#Formalismus# # „ob“#ist#weiterhin#entscheidend#⇒#⊕# ! V.!Frist! 2.!Klageart! str.,#e.A.:#§#74#II,#I#2#analog,#arg.#Unterfall#Vpfl.klage# # mögl.:##Vpfl.klage,#aber#auch# # #h.M.:#(4),#arg.#Frist#dient#Rechtssicherheit# # Anf.klage#gegen#die#Rücknahme#der#Zulassung# # # hier:#irrelevant# 3.!§!42!II! ! VI.!FF8Interesse!/!Sonst.!Vorauss.! # Mietvertrag#gibt#kein#subj.4öff.#Recht!# # # konkrete#Wdh.4Gefahr#⇒#hier#⊕# # erst#tats.#Zulassung#⇒#weiterhin#§#70#GewO! # # Rehabilitationsinteresse# # Zivilrechtsweg#nicht#einfacher#⇒#⊕# # # Vorbereitung#Amtshaftungsprozess# # # # # # !#h.M.:#(4)#bei#Erledigung#vor#Kl.erhebung# FortsetzungsFeststellungsklage! ! VII.!Form!der!Klageerhebung! # # elektronische#Klageerhebung,#§#55a#VwGO#(+)# Erledigung!des! Erledigung!des! # # !#Zulässigkeit#(+)# ! VA!nach! VA!vor! ! Klageerhebung! Klageerhebung! ! Situation!einer! str.:# ! AnFechtungs8 §#113#I#4#direkt# §#113#I#4#analog# klage! ! oder#§#43#direkt# ! str.:# Situation!einer! §#113#I#4#zweifach# ! VerpFlich8 §#113#I#4#analog# analog# ! tungsklage! oder#§#43#direkt# ! RA#Dr.#Schlömer# Juristisches Repetitorium Verwaltungsrecht AT Hamburg hemmer Lösung Fall 14, Seite 1 von 7 der zweiten Stufe) die Frage des „wie“ der Aus- Lösung Fall 14 gestaltung des durch die Zulassung begründeten Rechtsverhältnisses. Davon zu unterscheiden ist Die Klage hat vor dem Verwaltungsgericht Aus- aber (auf der ersten Stufe) die Entscheidung sicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und soweit sie über die Zulassung zu der öffentlichen Einrich- begründet ist. tung. Diese Frage über das „ob“ der Zulassung ist stets öffentlich-rechtlich zu beurteilen (Zwei- A. Sachentscheidungsvoraussetzungen stufentheorie2). Nach anderer Ansicht ist diese Theorie abzu- I. Verwaltungsrechtsweg, § 40 I VwGO lehnen, da ein einheitlicher Lebenssachverhalt künstlich aufgespalten werde. Vielmehr sei der 1. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit gesamte Sachverhalt öffentlich-rechtlich zu beur- Das Vorliegen einer öffentlich-rechtlichen Strei- teilen (sog. öffentlich-rechtliches Einheitsmo- tigkeit bestimmt sich hier nach der Natur des zwi- dell).3 schen der Freien uns Hansestadt Hamburg und Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über F tatsächlich bestehenden Rechtsverhältnisses, die Zulassung - und damit die erste Stufe i.S.d. wie es sich aufgrund des festgestellten Lebens- Zweistufentheorie - betroffen ist, kann der Streit sachverhaltes ergibt. Öffentlich-rechtlich sind da- dahinstehen, es liegt eine öffentlich-rechtliche bei Streitigkeiten, deren Streitgegenstand sich Streitigkeit vor. nach öffentlich-rechtlichen Normen beurteilt. Es ist deshalb zu prüfen, aus welchen Normen sich 2. Da die Streitigkeit auch nichtverfassungsrecht- ein Anspruch der F auf Zulassung ergeben licher Art ist und eine andere Rechtswegzuwei- könnte und erst dann ist festzustellen, ob diese sung nicht besteht, ist der Verwaltungsrechtsweg Normen dem öffentlichen Recht oder dem Privat- gemäß § 40 I VwGO eröffnet. recht angehören. Als Anspruchsgrundlage kommt § 70 I GewO in II. Statthafte Klageart Betracht. 1. Verpflichtungsklage Es handelt sich vorliegend um ein Volksfest i.S.d. Die Zulassung stellt einen (begünstigenden) Ver- § 60b I GewO. Diese Vorschrift enthält aber le- waltungsakt i.S.d. § 35 S. 1 VwVfG dar, der diglich eine Legaldefinition und besagt nichts grundsätzlich mit der Verpflichtungsklage nach über den strittigen Zulassungsanspruch. Eine § 42 I 2. Alt. VwGO zu erstreiten ist. Handlungsbefugnis auf dem Gebiet des öffentli- Jedoch ist das Volksfest mittlerweile beendet und chen Rechts könnte sich aus § 70 I GewO erge- der von F erstrebte Verwaltungsakt hat sich da- ben, der über § 60b II GewO entsprechend an- mit durch Zeitablauf erledigt4. Damit scheidet die gewendet werden kann. § 70 GewO setzt vo- Verpflichtungsklage als statthafte Klageart aus, raus, dass die Veranstaltung gemäß § 69 GewO da sie nunmehr sinnlos wäre. von der Verwaltung festgesetzt ist. Dies ist aus- weislich des Sachverhalts der Fall. Anmerkung Anmerkung: Eine Erledigung liegt vor, wenn die mit dem VA verbundene rechtliche Beschwer nachträglich Fehlt es an einer Festsetzung gem. § 69 GewO weggefallen ist, d.h. wenn sein vollziehungsfähi- wird in den Flächenländern im Regelfall auf das ger Inhalt gegenstandslos geworden ist. Ent- Kommunalrecht abgestellt, das einen Zulas- scheidend ist also der Wegfall des Regelungsge- sungsanspruch für öffentliche Einrichtungen re- haltes der Verwaltungsmaßnahme5. gelt. In Hamburg wäre ggf. an Freiheitsrechte i.V.m. Art. 3 I GG als Anspruchsgrundlage zu 2. Fortsetzungsfeststellungsklage denken.1 In Betracht kommt auch die Widmung als Anspruchsgrundlage. Bei dieser Sachlage könnte als statthafte Klage- art die Fortsetzungsfeststellungsklage analog Problematisch könnte noch sein, dass die Stadt § 113 I 4 VwGO in Frage kommen, da Erledi- Mietverträge mit den zugelassenen Schaustel- gung des VA durch den Zeitablauf vorliegt. lern abgeschlossen hat. Hiervon wird jedoch nur Hier ist streitig, ob bei Erledigung vor Klageerhe- das Benutzungsverhältnis zwischen der Stadt bung, § 113 I 4 VwGO analog angewandt wird, und den Schaustellern betroffen, also (quasi auf oder ob auf § 43 VwGO abgestellt werden kann. 1 So z.B. für Art. 12 GG i.V.m. Art. 3 GG: BVerwG 33, 303 3 vgl. Ossenbühl DVBl. 73, 289. (numerus clausus) und für Art. 5 GG i.V.m. Art. 3 GG: 4 Vgl. HEMMER/WÜST, VerwR II, Rn. 109 ff. BVerwG 47, 247 (Pressefahrten). 5 Vgl. HEMMER/WÜST, VerwR II, Rn. 107 f. 2 Vgl. KOPP/SCHENKE, § 40 VwGO, Rn.