Handout VCV W -P-3-42-17
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vcv(w)-p-3-42-17 1 Die 100 VCV(W)-Vorträge über „Künste in der & um die Romantik“ - ein Zyklus von Vortragsabenden über vorwiegend (spät)romantische ( - aber auch prä/para/post/…/neo-romantische - ) Künste/…/Kunstwerke für Musik/Malerei/…/Architektur-Freundinnen/Freunde und alle anderen Kunstliebhaber(innen) an jedem 2. Dienstag in jedem Monat im „art hotel weimar“ („Freiherr v. Stein“-Allee 3 a/b) ab 20:00 Uhr (Gesamtleitung: Prof. Wolf-G. Leidel, Vorsitzender des VCV(W) [„Vox coelestis“-e.V. Weimar]) - ---------------------------------------------------------------------- Vortrag Nr. 017 ( = Projekt „VCV(W)-P-3-42-17“) ----------------------------------------------------------------------------------------------- Nicht zum öffentlichen Gebrauch: nur für VCV(W)-Mitglieder und Besucher/Gäste des o.g. Vortragzyklus’! ------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Stand vom 22. März 2007 --- VCV(W)-Projekt ( = VCV(W)-P-…) „3-42-17“ --- Irrtümer vorbehalten! --- All rights by VCV(W)! ----------------------------------------------------- Das Thema dieses 17. Abends: „Richard Strauss’ „Chef d’OEuvre“-Oper „Die Frau ohne Schatten“ (Abkürzung: „Fr.o.sch.“)“ ----------------------------------------------------- Hugo von Hofmannsthal (1894) TERZINEN ÜBER VERGÄNGLICHKEIT Noch spür ich ihren Atem auf den Wangen: wie kann das sein, daß diese nahen Tage fort sind, für immer fort, und ganz vergangen? Dies’ ist ein Ding, das keiner voll aussinnt, und viel zu grauenvoll, als daß man klage: Daß alles gleitet und vorüberrinnt; und daß mein eig’nes Ich, durch nichts gehemmt, herüberglitt aus einem kleinen Kind mir wie ein Hund unheimlich stumm und fremd. Dann: daß ich auch vor hundert Jahren war und meine Ahnen, die im Totenhemd, mit mir verwandt sind wie mein eig’nes Haar, so eins mit mir als wie mein eig’nes Haar! Die Stunden! wo wir auf das helle Blauen des Meeres starren und den Tod versteh’n, vcv(w)-p-3-42-17 2 so leicht und feierlich und ohne Grauen, wie kleine Mädchen, die sehr blaß ausseh’n, mit großen Augen, und die immer frieren, die Kaiserin?… an einem Abend stumm vor sich hinseh’n und wissen, daß das Leben jetzt aus ihren schlaftrunk’nen Gliedern still hinüberfließt in Bäum’ und Gras, und sich matt lächelnd zieren wie eine Heilige, die nun ihr Blut vergießt. Wir sind aus solchem Zeug wie das zu Träumen, und Träume schlagen so die Augen auf wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen, aus deren Krone den blaßgold’nen Lauf der Vollmond anhebt durch die große Nacht… …Nicht anders tauchen uns’re Träume auf, sind da und leben wie ein Kind, das lacht, nicht minder groß im Auf- und Niederschweben als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht. Das Innerste ist offen ihrem Weben; wie Geisterhände in versperrtem Raum sind sie in uns und haben immer Leben. Und drei sind Eins: ein Mensch, ein Ding, ein Traum. vcv(w)-p-3-42-17 3 Zuweilen kommen nie-geliebte Frauen im Traum als kleine Mädchen uns entgegen und sind unsäglich rührend anzuschauen, als wären sie mit uns auf fernen Wegen einmal an einem Abend lang gegangen, indeß’ die Wipfel atmend sich bewegen und Duft herunterfällt und Nacht und Bangen, und längs des Weges, uns’res Wegs, des dunkeln, im Abendschein die stummen Weiher prangen und, Spiegel uns’rer Sehnsucht, traumhaft funkeln, und allen leisen Worten, allem Schweben der Abendluft und erstem Sternefunkeln die Seelen schwesterlich und tief erbeben und traurig sind und voll Triumphgepränge vor tiefer Ahnung, die das große Leben begreift und seine Herrlichkeit und Strenge. ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: Das Opernhauptwerk Strauss’ größte Oper, seine „Haupt-Oper“ so-zu-sagen, ist „Die Frau ohne Schatten“. Es ist auch (neben Messiaens „Franz von Asissi“) das großartigste, was ich bisher ( - Staatsoper Berlin mit O. Suitner, noch in DDR-Zeiten zusammen mit meinem leider früh verstorbenem Freund HansPeter Jannoch - ) auf der Opernbühne sah: ein gewaltig-mystisches, „sonntäglich“ großes „Opus magnum“! Nach „Elektra“ und „Der Rosenkavalier“ und „Ariadne auf Naxos“ ist „Die Frau ohne Schatten“ die vierte Zusammenarbeit von Strauss zur „Fr.o.sch.“-Zeit Hofmannsthal und Strauss. Es sollte eine Märchenoper werden; man dachte zunächst an Hauffs „Kaltes Herz“, aber davon blieb zuletzt nur „der innerste Kern“ übrig. Hofmannsthal wollte für Strauss eine „…alte romantische Oper…“ schreiben „…und doch ein Ding, das nur heute entstehen konnte, real und symbolisch, fähig, die differenziertesten Menschen zu fesseln und auf die einfachsten zu wirken…“; die neue Oper sollte sich zur „Zauberflöte“ vcv(w)-p-3-42-17 4 verhalten wie „Der Rosenkavalier“ zu „Figaros Hochzeit“: „…ein Zaubermärchen, worin zwei Männer und zwei Frauen einander gegenüberstehen…“; vom Zaubermärchen stammt die Struktur der Suche: Die Kaiserin kann nicht Mutter werden, weil sie keinen Schatten wirft, „Fr.o.Sch.“-Roben und verläßt das Geisterreich, um im Reich der Menschen, im Hause des Färbers Barak den Schatten der Färberin im Tausch gegen „dauernde Jugendherrlichkeit“ zu erwerben. Auf dem Wege zur „vollkommenen“ Menschlichkeit sind eine Reihe von Prüfungen zu durchlaufen; „…das Menschliche fehlt: Dieses zu gewinnen, ist der Sinn des ganzen Stückes…“. Die Oper entstand während des Ersten Weltkrieges und wurde am 10. Oktober 1919 an der Staatsoper in Wien uraufgeführt. Die Handlung ist kompliziert: ein Kaiser im Märchenland zur Märchenzeit hat vor einem Jahr seine Frau gewonnen, die sich aus einer von einem Pfeil getroffenen Gazelle in ein junges schönes Weib verwandelt hat. Die Kaiserin ist die Tochter des Geisterfürsten Keikobad, gehört aber trotz ihrer Heirat nicht ganz zu den Menschen, weil sie keinen Schatten, das Symbol der Menschennatur und Fruchtbarkeit, besitzt. Da erscheint im kaiserlichen Palast ein Bote von Keikobad und verkündet der Kaiserin und der die Menschen hassenden Amme ( = „weiblicher Mephisto“), daß der Kaiser versteinert werde und die Kaiserin ins Geisterreich müsse, wenn es ihr nicht innerhalb von 3 Tagen gelänge, einen Schatten zu erhalten. Die Kaiserin beschließt, sich bei den Menschen einen Schatten zu erwerben, um sich und ihren Mann zu retten. Während der Kaiser für drei Tage zur Jagd aufbricht, um nach seinem verschwundenen Falken zu suchen, veranlaßt die Kaiserin, zu Menschen zu gehen. Sie kommen in das Haus des unzufriedenen Färbers Barak, dessen Frau keine Kinder will und dessen mißgestaltete Brüder sie hassen und sich streiten. Kaiserin und Amme, als Mägde verkleidet, gelingt es, die Färberin zu bewegen, ihren Schatten für ein gutes Leben herzugeben; sie soll sich jedoch zunächst ihrem Mann verweigern. Als dieser heimkehrt, muß er sich allein auf sein Lager legen, während die Stimmen der Wächter die Gattenliebe preisen. Die beiden Gattenpaare sollen, so beschließt Keikobad, geläutert und Prüfungen unterzogen werden, weil die einen zu lebenslustig, die anderen zu stolz und erdenfern leben. Ein schöner Jüngling, von der Amme herbeigezaubert, versucht vergebens, die Färberin zu verführen, die schließlich bei ihrem Mann Hilfe sucht, der von Allem nichts vcv(w)-p-3-42-17 5 begreift. Als sie gesteht, ihren Schatten verkauft zu haben, will Barak sie töten, doch die Erde verschlingt beide. Der Kaiser hat seine Frau vergebens gesucht und glaubt an ihre Untreue, doch vermag er sie nicht zu töten. Die Kaiserin hat Mitleid mit Barak und verzichtet auf den aus dem Skizzenbuch von Friederike Schlesinger: der dritte Akt der Fr.o.Sch. im Bühnenbild von Alfred Roller nur mit Blut und Schuld zu erkaufenden Schatten. Visionär sieht sie ihren Gemahl langsam zu Stein werden, auch sie wird, als die Erde sich öffnet, wie das Färberehepaar von Strömen hinweggeschwemmt und vor einen düsteren Tempel gebracht. Die Kaiserin betritt den Tempel, um sich dem Urteil ihres Vaters zu stellen, die Amme wird zur Strafe für ihr Verhalten zu den verhaßten Menschen geschickt. Die Färber, die ihre Taten bereuten und sich vergeben haben, werden von Geisterstimmen aus einem unterirdischen Kerker nach oben befohlen, wo die Kaiserin ihren fast versteinerten Gemahl sieht. Sie wird aufgefordert, ihn zu befreien, indem sie vom Wasser des Lebens trinkt, durch das sie endlich den Schatten der Färberin erlange. Aber sie will ihr Glück nicht mit dem Unglück Anderer erkaufen, verzichtet und wird gerade dadurch gerettet. Sie erhält ihren Schatten, der Kaiser wird erlöst und erwacht zu neuem Leben, ebenso die Färbersleute. Mit den wieder vereinten Menschen jubeln die noch Ungeborenen… ----------------------------------------------------------------------------------------------------------------- Die „Fr.o.sch.“: ein „…dumpfes & schweres Stück…“ - nichts für das heutige „fast food“-Publikum… ( - ein Land wie unses, wasn solche Fußballern hat, brauchd keine Uniwersidätn!) Die „netzeitung[.de]“ informiert uns folgendermaßen: „…«Die Frau ohne Schatten» ungewohnt ungekürzt - 19. Feb 2007, 11:19 - Hamburgs Intendantin Simone Young hat Strauss' Märchen-Oper «Die Frau ohne Schatten» aufs Premierenprogramm der Staatsoper gesetzt - und dafür nicht nur Lob erhalten. Die Australierin Simone Young sucht als Intendantin in Hamburg zu punkten, wo immer sich künstlerisch Gelegenheit dazu bietet. Richard Strauss' Oper «Die Frau ohne Schatten» setzte sie nun entgegen sonstiger Gepflogenheiten ungekürzt auf den Spielplan der Staatsoper. Zwar ist sie nicht die Erste, die auf der Originalfassung besteht. Christian Thielemann hatte es ihr - mit Solti als Vorbild - in Berlin, dann in