Deutscher Werkbund
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Deutscher Werkbund und »Konstruktion« bedingten Formgebung (auch als »Form follows function« bekannt), die man auch als »Sachlichkeit« bezeichnete – und die in den 1920er Jahren dann unter dem Topos »Neue Sachlichkeit« erneut thematisiert werden sollte. Diese Forderung nach einer technisch wie ästhetisch hochwertigen Qualitätsproduktion wurde in einen programmati - schen Gegensatz gesetzt zu einer scheinbar nur am Profit orientierten bisherigen Praxis des industrialisier - ten Kunstgewerbes. Um dem in diesem Zusammenhang beklagten Quali - tätsverfall des Kunstgewerbes entgegenzuwirken, sollte nun eine den spezifischen Bedingungen der maschinellen Produktion adäquate Gestaltungsweise entwickelt werden, die sich insbesondere durch Orna - mentlosigkeit und Schlichtheit der Formen auszeich - nete. In den zahlreichen Publikationen und Ausstel- lungen des Werkbundes sollte dieser neuen Ästhetik durch beispielhafte Formgestaltungen von Gebrauchs- gegenständen bei Konsumenten und Herstellern zu - gleich zu größerer Popularität verholfen werden. Außerdem hoffte man unter dem expansiven Motto Der Deutsche Werkbund (kurz DWB) wurde am »Vom Sofakissen zum Städtebau« auch weit über 6. Oktober 1907 als wirtschaftskulturelle »Vereini - die Industrieproduktion hinaus für die ganze Welt der gung von Künstlern, Architekten, Unternehmern alltäglichen Gebrauchsgegenstände einschließlich der und Sachverständigen« auf Anregung von Hermann Architektur einen damals sogenannten »modernen Muthesius in München gegründet. Stil unserer Zeit« von epochaler Dauerhaftigkeit etablieren zu können. Im Hintergrund stand dabei die Ziel berühmte Prognose Gottfried Sempers, dass der Neu - Der Deutsche Werkbund zielte auf eine »Veredelung anfang in der Architektur nur vom Kunstgewerbe und der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von den Kunstindustrien ausgehen könne. Entsprechend Kunst, Industrie und Handwerk, durch Erziehung, richtete man hinsichtlich der Verbreitung der neuen Propaganda und geschlossene Stellungnahme zu Formen besondere Erwartungen an die marktbeherr - einschlägigen Fragen« . Unter Berufung auf einen schenden Kräfte der industriellen Massenproduktion moralisch fundierten Qualitätsbegriff suchte man eine und wünschte schließlich auf diesem Wege auch eine neue Warenästhetik für die kunstgewerbliche Indus - Art »Geschmackskartell« aufzubauen. trieproduktion zu etablieren, die sich bislang überwie - gend mit Kopien und Adaptionen der alten hand - werklichen Formvorbilder mit ihrer oft reichen Orna - mentik begnügt hatte. Zentrales Anliegen war die Suche nach einer neuen durch »Zweck«, »Material« 1 Designobjekte von Wilhelm Wagenfeld aus den 30er Jahren Geschichte 1907 Gründung des Deutschen Werkbundes in 1932 Ausstellung: Werkbundsiedlung Wien München 1934 Auflösung des DWB durch die Nazis 1914 Ausstellung: Kölner Werkbundausstellung 1947 Neugründung nach föderalistischem Prinzip 1924 Ausstellung: Industrielle Formgebung in Berlin mit acht Landesbünden in Rheydt 1925 Herausgabe der Zeitschrift Die Form (bis 1934) 1952 Herausgabe der Zeitschrift Werk und Zeit 1927 Ausstellung: »Die Wohnung« Industrielle 1972 Gründung des Werkbundarchivs als Museum Formgebung in Stuttgart (Weißenhofsiedlung) der Alltagskultur des 20. Jahrhunderts im 1929 Ausstellung: Industrielle Formgebung in Martin-Gropius-Bau in Berlin Breslau (WUWA) 1929 »Film und Foto«-Ausstellung in Stuttgart (avantgard. Fotografie der zwanziger Jahre). 2 Le Corbusier und P. Jeanneret: Modernes Wohnen, Doppelhaus Von 1907 bis 1947 Am 5. und 6. Oktober 1907 trafen angesehene Designobjekte aus den 50er bis 70er Jahren Künstler, Architekten, Kunsthandwerker, Industrielle, oben: Kaffee- und Teegeschirr von H. Gretsch, 1931 Kaufleute und Schriftsteller im Münchner Hotel Vier Jahreszeiten zusammen, die das Werk, also das Pro - sahen das entscheidende Problem in der Entfremdung dukt ihrer Arbeit, in den Mittelpunkt ihres Denkens des Produktes vom Schaffenden. Sie sahen auch, dass und Handelns stellten. Sie gaben sich den Namen es notwendig war, diese Entfremdung innerhalb der »Werkbund« und formulierten die Aufgaben in der industriellen Entwicklung zu überwinden. Bei der Satzung: »Der Zweck des Bundes ist die Veredelung Formel »Veredelung der gewerblichen Arbeit« ging der gewerblichen Arbeit im Zusammenwirken von es daher nicht nur um die Hebung der Qualität der Kunst, Industrie und Handwerk durch Erziehung, Produkte, sondern auch um die »Veredelung« des Propaganda und geschlossene Stellungnahme zu Arbeitsvorganges selbst. einschlägigen Fragen.« Mit dieser Zielsetzung vertrat der Werkbund einen ethisch fundierten Qualitätsbe - Hermann Hesse schrieb 1912 über den Werkbund: griff, der Materialgerechtigkeit, Zweckmäßigkeit, Ge - »Im Deutschen Werkbund arbeiten Künstler mit diegenheit und Nachhaltigkeit beinhaltete. Die Werk- Handwerkern und Fabrikanten zusammen und zwar bund-Gründung war ein Protest gegen Historismus gegen den Schund zugunsten der Qualitätsarbeit. und Kulturverfall der menschlichen Umwelt – der Ge - Es ist etwa der Ruskinsche Gedankenkreis, aber mo - räte und Möbel, der Wohnungen und Arbeitsstätten, derner, praktischer und weniger eng determiniert. der Häuser, Straßen, Städte und Landschaften. Sie Es handelt sich um den Geschmack als moralische war zugleich ein Aufruf zur künstlerischen, sittlichen Angelegenheit, aber Moral ist hier gleichbedeutend und sozialen Erneuerung. Die Werkbundgründer mit Volkswirtschaft.« 3 Walter Gropius: Gesellschaftsraum eines Wohnhochhauses Die Geschichte des Werkbundes lässt sich insgesamt dürfen. Ihr folgte 1929 die Bauausstellung »Wohnung nur als höchst wechselhaft beschreiben. Dabei bildet und Werkraum« in Breslau und im selben Jahr die der Erste Weltkrieg eine tiefe Zäsur in der Geschichte »Film und Foto«-Ausstellung in Stuttgart. Mit dieser des Werkbundes. In der Anfangsgeschichte gehörten wohl wichtigsten Schau der avantgardistischen Foto - Friedrich Naumann, Fritz Schumacher, Karl Schmidt grafie der zwanziger Jahre, die einen internationalen und Hermann Muthesius zu den maßgeblichen Per - Querschnitt von der UdSSR (El Lissitzky, Alexander sönlichkeiten. Der Höhepunkt und Endpunkt dieser Rodtschenko) bis zu den USA (Edward Weston) vor - ersten Phase war die große Ausstellung von 1914 in stellt, gelangen die visuellen Medien stärker ins Blick - Köln, die den Werkbund im Zuge einer großen Ideo - feld des Werkbundes. logiedebatte (der sogenannte Typenstreit) an den Rande einer Spaltung brachte. Nachdem sich die erste Von 1918 bis 1933 war Theodor Heuss Geschäftsfüh - Generation der Werkbundgründer gegen Ende des rer und Vorstandsmitglied. Nach der Machtergreifung Krieges zurückgezogen hatte, gelangte der Werkbund der Nationalsozialisten 1933 wurde die Satzung des im Laufe der zwanziger Jahren zunehmend unter den Werkbundes den nationalsozialistischen Vorstellun - Einfluss der Bauhaus-Ideen; Walter Gropius war schon gen angepasst. Entgegen späteren Legenden blieb lange vor dem Ersten Weltkrieg Mitglied des Werk - der Werkbund aber bis 1938 unter eigenem Vorsitz bundes, jedoch in einer gewissen Allianz mit Henry bestehen und wurde erst dann aufgelöst. van de Velde und Bruno Taut an seinem Widersacher Muthesius 1914 zunächst gescheitert. Ludwig Mies Die Neugründung des Werkbundes erfolgte 1947 in van der Rohe wurde in den 1920er Jahren schließlich Rheydt in einem von Hans Schwippert organisierten eines der führenden Mitglieder, wobei die Ausstellung Treffen, an dessem Abschluss das »Rheydter Mani - Neues Bauen und die Werkbund-Ausstellung »Sied - fest« stand. Dem föderalististischen Prinzip entspre - lung am Weißenhof« 1927 in Stuttgart sicherlich als chend entstanden in schneller Folge Landeswerk- Meilensteine dieser Phase des Werkbundes gelten bünde, so der Werkbund Berlin. 4 1947 bis 1987 sowie die Schließung der Bundesgeschäftsstelle in Theodor Heuss wird 1949 nach seiner Tätigkeit als Frankfurt. Nach der Übernahme des Dachverbandes Geschäftsführer des Werkbundes zum Bundespräsi - durch den Landwerkbund Bayern wird in den kom - denten der Bundesrepublik ernannt. 1952 wird die menden vier Jahren die schlechte Finanzlage in Zeitschrift »werk und zeit« erstmalig veröffentlicht. Angriff genommen. Die Geschäftsstelle wechselt zu - Als Signet diente der »Hahn« (Entwurf Prof. Ewald nächst nach München, später dann zurück nach Mataré) des Deutschen Werkbundes in leicht abge - Darmstadt (1999). Seit 1998 wird jährlich ein Werk - wandelter Form. Im Jahr 1953 erfolgt die Gründung bundtag mit wechselndem Thema ausgerichtet. des Rates für Formgebung in Darmstadt. Dieser ver- Zu seinem hundertsten Geburtstag werden zwischen öffentlicht bis 1961 den Katalog »Deutsche Waren - den Landeswerkbünden, die im Deutschen Werkbund kunde«, in dessen Inhalt vorbildliche Gebrauchsgeräte e.V. vertreten sind, und denen, die zwischenzeitlich beschrieben werden. ausgetreten waren, Verhandlungen über eine Wieder - vereinigung aller Landesbünde begonnen. Durch die Bei der 1957 im Berliner Hansaviertel stattfindenden Moderation von Hans-Hörg Oehm (BW) und Yvonne Interbau nimmt auch der Deutsche Werkbund teil. Ein Endes (BW) sowie die Satzungsarbeit von Georg Drost Jahr später entwirft Walter Rossow den Außenraum (Bayern) konnte diese Vereinigung im Sommer 2008 für den Pavillon zur Weltausstellung in Brüssel. 1960 vollzogen werden. Der Vorsitz des Deutschen Werk - findet in München eine Werkbundtagung mit dem bundes wird nun turnusmäßig zwischen den Landes - Thema »Die Landschaft muss das Gesetz werden« statt. verbänden wandern. In den Jahren 1965 und 1966 folgen weitere Werk -