Zürcherische Naturschutzobjekte von nationaler wissenschaftlicher Bedeutung

1. Einleitung

Von HANS LEIBUNDGUT

Die Vorstände der SChweizerischen Vereinigung für Heimatschutz und des Schweizerischen Bundes für Naturschutz haben im Jahre 1955 beschlossen, ein Verzeichnis von Landschaften und Naturdenkmälern aufzustellen, welche zum Wohle des ganzen Landes unbedingt erhalten werden müssen. Die Naturschutz- kommissionen der Naturforschenden Gesellschaften und die Sektionen der Ver- einigung für Heimatschutz wurden deshalb eingeladen, Objekte auszuwählen und vorzuschlagen. Nachdem seit einigen Jahren im Kanton Zürich eine Sektion des Schweize- rischen Bundes für Naturschutz besteht, welche sich allgemeine naturschütze- rische Ziele setzt, durfte sich die Naturschutzkommission der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich auf die Auswahl der Objekte von nationaler w i s s e n - s c h a f t 1 i c h e r Bedeutung beschränken. Damit sollte jedoch der Wert regional oder lokal bedeutsamer oder der aus rein ästhetischen, ideellen und namentlich sozialen Erwägungen schutzwürdigen Objekte nicht als zweitrangig dargestellt werden, denn in unserem stark industrialisierten und dicht besiedel- ten Kanton ist ein allgemeiner und umfassender Landschafts- und Naturschutz längst von allergrösster Wichtigkeit. Unsere Vorschläge erstrecken sich aus- schliesslich auf Objekte, welche in gesamtschweizerischer Betrachtung wissen- schaftlich unersetzbar erscheinen oder für die Zürcher Hochschulen eine ganz besondere Rolle spielen. Für jedes vorgeschlagene Objekt wurde ein wissenschaftliches Gutachten ausgearbeitet, so für die Sihllandschaft bei Hütten, Schönenberg, Hirzel; das Neeracher Ried; die Maschwander Allmend; das Robenhauser Ried; einen Teil der Albiskette und des Reppischtales; den Katzensee; den Rheinfall; die Lägernkette mit einzelnen besonderen Schutzobjekten; die Drumlinlandschaft bei . Diese Gutachten dürften von allgemeinem Interesse sein und werden deshalb in etwas gekürzter Form veröffentlicht. Wir möchten damit die wichtigsten, aus

Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 106, 1961 32 468 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961 wissenschaftlichen Gründen besonders schutzwürdigen Objekte hervorheben, zu deren weiteren Erforschung einladen und auch ersuchen, zusätzliche Schutz- gebiete vorzuschlagen, welche regional von wissenschaftlicher Bedeutung .sind, namentlich auch für den Naturkundeunterricht an den Mittelschulen. Die kan- tonalen Behörden sollen in einer weiteren Eingabe auch auf diese Objekte auf- merksam gemacht werden. Ein erneutes und vermehrtes Interesse aller Naturwissenschafter für die Belange des Naturschutzes ist dringend und entscheidend geworden. Die Natur bildet nach wie vor den Forschungsgegenstand der Naturforschung. Der Natur- schutz dient also der Bewahrung ihrer Forschungsgrundlage überhaupt und liegt somit im ureigensten Interesse der Naturforschung, ganz abgesehen von ihrer heutigen Verpflichtung, das richtige Mass von Ausnützung, Umwandlung und Bewahrung der Natur finden und einhalten zu helfen.

2. Das Naturschutzgebiet Albiskette—Reppischtal

Von HANS LEIBUNDGUT, Zürich

Die A 1 b i s k e t t e trägt, im Unterschied zu den meisten anderen weich ge- formten schweizerischen Molassebergen, einen überaus prägnanten Charakter. Sie erstreckt sich als nahezu 20 km langer, markanter Bergzug in NNW-Rich- tung zwischen den engen, aktiven Talrinnen der Sihl und Reppisch bis un- mittelbar an den Stadtrand von Zürich und erhebt sich mit Höhen von 800 bis 900 m durchschnittlich 300 bis 400 m über die flankierenden Täler. Die steilen Hänge sind von kurzen, aber tief eingeschnittenen Bächen zerfurcht, so dass schroffe Gräte mit Talmulden den ganzen Haupthang stark gliedern. An den Steilhängen tritt überall die obere Süsswassermolasse zutage. Die abge- schwemmten feinen Sande und Lehme sind am Hangfuss kegel- oder wulst- förmig abgelagert. Älterer Deckenschotter (löcherige Nagelfluh) schützt die Kuppe des Ütliberges. Das R e p p i s c h t a 1 zwischen Türlersee und Landikon zeigt den Charak- ter einer nacheiszeitliChen und heute noch aktiven Talbildung besonders schön. Immer wieder entstehen an den Steilhängen neue kleine Rutschungen und Molasseabbrüche, so dass kaum anderswo im Mittelland die Boden- und Vege- tationsentwicklung vom Rohboden bis zur Klimax an so klassischen Beispielen studiert werden kann. Das Vorhandensein aller Lokalexpositionen und Nei-

Abb. 1 Das Naturschutzgebiet Albiskette—Reppischtal; unten im Bild der Türlersee, oben rechts der Zürichsee. (Aufnahme der Eidg. Landestopographie vom 19. Mai 1946.)

470 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961 gungsgrade in diesem noch wenig beeinflussten Tal bewirkt zudem, dass wohl nirgends im ganzen schweizerischen Mittelland ein so reiches Mosaik von natürlichen Pflanzengesellschaften besteht. Die Vegetation der Albishänge ist gekennzeichnet durch den montanen Buchenwald, der in verschiedenen Ausbildungen weit ins Mittelland vorstösst. Auf flachen Rücken und in Mulden vermag sich der Eichen-Hagebuchenwald in trockenen und feuchten Untergesellschaften auszubilden. Daneben sind der submontane Ahorn-Eschenwald, der Bacheschenwald, der eibenreiche Steil- hang-Buchenwald, der Pfeifengras-Föhrenwald mit Waldföhre und Bergföhre, auf kleinen Flächen der Sumpfföhrenwald und der staudenreiche Schwarz- erlenwald gut ausgebildet. Unberührte Hangmoore sind noch in grosser Zahl vorhanden. Ausser den Arten der erwähnten Waldgesellschaften finden wir zahlreiche Glazialrelikte, wovon die bestandesweise vorkommende Bergföhre besonders zu erwähnen ist. Wir verzeichnen rund achtzig natürlich vorkommende Holz- gewächse sowie eine ausserordentlich artenreiche Krautschicht, worunter viele im Mittelland sonst seltene Arten, namentlich Orchideen, beachtenswert sind. Die Wälder bedecken im Reppischtal zwischen Türlersee und Landikon 50 Prozent der Gesamtfläche. Es handelt sich also um ein stark bewaldetes Gebiet. Dabei sind diese Wälder durch menschliche Einflüsse in ihrer Zusam- mensetzung nirgends wesentlich verändert worden, was ebenfalls als seltene Ausnahme für das Mittelland zu verzeichnen ist (Abb. 1) . Wie die Vegetation ist auch die Fauna ausserordentlich artenreich. Namentlich die Insekten, die Reptilien und die Vogelwelt zeigen ein überaus breites Artenspektrum. Neben Arten des Mittellandes und der Vorberge treten an den warmen Südhängen manche Arten auf, welche sonst nördlich der Alpen sehr selten sind. Das Reppischtal darf daher jedenfalls als eines der n a t u r w i s s e n- schaftlich interessantesten und reichsten Gebiete des ganzen nördlichen Mittellandes bezeichnet werden. Wenn da- bei berücksichtigt wird, dass dieses Gebiet in unmittelbarer Nähe der Univer- sität Zürich und der Eidgenössischen Technischen Hochschule mit ihren zoo- logischen, entomologischen, botanischen und forstlichen Instituten liegt, muss dessen möglichst ungestörte natürliche Erhaltung zweifellos als von grosser wissenschaftlicher Wichtigkeit und als Naturschutzaufgabe von nationaler Be- deutung bezeichnet werden. Dazu kommt, in Verbindung mit der ganzen Albis- kette, dessen soziale Bedeutung als Erholungsraum eines der dichtest besiedel- ten Gebiete der Schweiz. Wissenschaftliche und soziale Erwägungen haben dazu geführt, dass grosse Teile der Albiskette und des Reppischtales bereits geschützt sind. Das Pflanzen- schutzgebiet «Ütliberg» (Regierungsratsbeschluss vom 14. Dezember 1959) ist das grösste Pflanzenschutzgebiet des ganzen Mittellandes. Seit 1944 besteht eine Schutzverordnung für den Türlersee und seit 1953 für das Gebiet des Albis- passes. Es liegt daher nahe, auch das zwischen den bestehenden Schutzgebieten liegende Areal unter Einbeziehung der linken Reppischtalflanke, welche als Jahrgang 106 Naturschutz 471

Schattenhang ganz andere ökologische Bedingungen aufweist als der Sonnen- hang, in das als von nationaler Bedeutung bezeichnete Schutzgebiet einzu- beziehen. Dieser Schutz sollte vor allem im bezeichneten Gebiet bewirken: die Verhinderung jeder grundlegenden Veränderung des Landschafts- charakters; die Erhaltung der Naturwälder und Hangmoore; den Schutz der Tier- und Pflanzenwelt. Um so mehr, als hier voraussichtlich den Naturschutzbestrebungen vorläufig keine zwingenden technischen Notwendigkeiten zur Veränderung des Land- schaftscharakters und der natürlichen Verhältnisse entgegenstehen und wie kaum anderswo wissenschaftliche und soziale Interessen in gleich hohem Masse ins Gewicht fallen, ist zu hoffen, dass von seiten der Regierung des Kantons Zürich und der Gemeinden mit einem grossen Verständnis gerechnet werden darf.

3. Das Naturschutzgebiet Katzensee

Von ELIAS LANDOLT, Zürich

I. Bedeutung Die Katzenseen sind Moränenseen mit Grundwasserspeisung und bilden mit den umliegenden Wäldern und Mooren eine vom Menschen noch relativ wenig berührte Gegend von grossem landschaftlichem Reiz und wissenschaftlichem Interesse. Besonders eindrücklich ist die Vielfalt der Sumpf- und Waldvegeta- tion inmitten intensiver landwirtschaftlicher Kulturen und in unmittelbarer Nähe der dicht besiedelten Stadt (Abb. 1). Mögen an manchen Orten im Mittel- land einzelne der Pflanzengesellschaften besser ausgebildet sein, so gibt es doch kaum ein zweites Gebiet, wo von offenen Wassergesellschaften, Quell- und Flach- mooren bis zu Moorwäldern und Hochmooren fast alle bei uns möglichen. Nass- bodengesellschaften auf kleinem Raum vorhanden sind. D a s Katz e n s e e- gebiet stellt darum ein einzigartiges Schulbeispiel dar für Seenverlandung und Moorentwicklung (Abb.2).Mitüber 600 Arten v on Blütenpflanzen ist das weitere Katzenseegebiet für seine Ausdehnung äusserst artenreich. Wenn auch einzelne der früher ge- sammelten Arten heute im Gebiet nicht mehr vorkommen, so ist doch im ge- samten der Bestand an Sumpf- und Wasserpflanzen erstaunlich reichhaltig geblieben. Im Anhang werden die bemerkenswerten und selteneren im Gebiet aufgefundenen Blütenpflanzen angeführt. Da das Gebiet von mir nicht syste- matisch untersucht wurde, mag sehr wohl ein grosser Teil der in den letzten Jahren nicht mehr beobachteten Pflanzen noch vorhanden sein. Entsprechend 472 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961 der reichen Artenzahl bei Blütenpflanzen sind auch Kryptogamen sowie Tiere (besonders Insekten, Spinnen und Vögel) sehr reich vertreten. Nach der Zerstörung vieler Moore im Mittelland, besonders im Glattal und um Kloten herum, kommen verschiedene Pflanzen (zum Beispiel Viola stagnina Kit., Orchis palustris Jacq., Utricularia Bremii Heer) in der östlichen Schweiz fast nur noch im Katzenseegebiet vor, eine Tatsache, die die nationale Bedeu- tung des Gebietes unterstreicht (Abb. 3 und 4).

II. Heutiger Zustand und Bedrohung des Gebietes Für das ganze Gebiet besteht eine Schutzverordnung der kantonalen Regie- rung vom 12. Juli 1956. Die Hauptgefahren (abgesehen von einer direkten Über- bauung des Gebietes) für die Vegetation sind die folgenden: 1. S c h u t t a b l a g er ung. An verschiedenen Orten wird Schutt in die Sumpfgebiete abgelagert und die dort bestehende Vegetation zerstört. 2. W e e k e n d h ä u s e r. Besonders im Hänsiried sind zahlreiche Weekend- häuschen entstanden, die nicht nur das landschaftliche Bild beeinträchtigen, sondern auch durch Auffüllungen, Anlegen von Gärten und Seerosenkulturen die natürliche Vegetation stören oder gewaltsam verdrängen. 3. Landwirtschaftlicher Einfluss. Gebiete, dielandwirtschaft- lich wenig ertragbar sind, werden aufgeforstet oder melioriert. 4. Ausflugsverkehr und Badebetrieb. DurchdashäufigeBe- treten der See- und Moorgesellschaften wird die natürliche Lebensgemeinschaft der Pflanzen und Tiere gestört und manche Art zurückgedrängt oder ganz aus- gemerzt. Die kantonale Verordnung berücksichtigt die drei ersten Gefahren weit- gehend und bietet eine rechtliche Grundlage, um ihnen zu begegnen. Das Totalreservat zwischen den beiden Seen, das Reservat der Gemeinde Watt und die Besitzungen der Strafanstalt (sowie einzelner Privater), zu denen der allgemeine Zutritt verwehrt ist, sorgen dafür, dass die Vegetation wenig- stens an einzelnen Stellen dem direkten Einfluss der Badenden und Spazieren- den entzogen ist. Leider ist das Bestehen der kantonalen Schutzverordnung noch keine völlige Garantie für die Erhaltung des Gebietes. Nur eine gut e B e t r e u u n g s- organisation kann verhindern, dass einzelne Vor- schriften immer wieder übertreten werden. Eine solche Organisation fehlt vorderhand. Da die Schutzverordnung finanziell noch nicht gesichert ist (durch die zahlreichen Vorschriften wurde viele Grundstücke ent- wertet und deren Besitzer müssen vom Staat nun entschädigt werden), besteht zudem die Möglichkeit, dass sie bei einer eventuellen Volksabstimmung über die Finanzierung zu Fall gebraCht werden kann.

III. Umfang des anzustrebenden Schutzes Das in der kantonalen Schutzverordnung eingeschlossene Gebiet und der ab- gestufte Schutz der verschiedenen Zonen sollten im allgemeinen genügen, die Abb. 1 Das Naturschutzgebiet Katzensee; die Stadtgrenze geht mitten durch die beiden Seen. (Aufnahme der Eidg. Landestopographie vom 28. Juni 1957.)

landschaftliche Schönheit und vielfältige Vegetation des Katzenseegebietes zu wahren. Die Bestimmungen für die Zonen I und II müssen allerdings rigoros durchgeführtwerden. Es ist namentlich zu verhindern, dass weiter Schutt abgelagert wird; die bisherige Bewirt- schaftung darf nicht verändert werden und der Bade- betrieb muss auf das heutige Strandbad beschränkt bleibe n. Um die durch häufiges Betreten und den Badebetrieb gefährdete Reichhaltigkeit der Ufergebiete zu erhalten, sollten einzelne kleinere Ufer- parzellen mit Betretverbot belegt werden. In erster Dringlichkeit müssen indessen eine wirksame Betreuungs- und Überwachungsorganisation aufgezogen und die finanziellen Mittel für die Ab- lösung der nicht in Staats- oder Gemeindebesitz liegenden Grundstücke inner- halb der Schutzzonen sichergestellt werden. 474 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961

Abb. 2 Kleiner oder

Anhang Liste der bemerkenswerteren und selteneren Sumpf- und Wasserpflanzen, die aus dem Katzenseegebiet angegeben wurden Pflanzen, die von mir noch in den letzten Jahren beobachtet wurden, sind mit bezeichnet

Ophioglossum vulgatum L. Carex leporina L. Typha latifolia L. Carex elongata L. Sparganium ramosum Huds. Carex pallescens L. Sparganium simplex Huds. Carex piluli f era L. Sparganium minimum Fries Carex diandra Schrank Potamogeton densus L. Carex limosa L. Potamogeton pusillus L. Carex fusca All. Potamogeton coloratus Vahl Carex gracilis Curtis Najas marina L. Carex Hostiana DC. Triglochin palustris L. Carex f lava L. Scheuchzeria palustris L. Carex lepidocarpa Tausch Agrostis canina L. Carex Oederi Retz Calamagrostis lanceolata Roth. Carex lasiocarpa Ehrh. Sieglingia decumbens (L.) Bernh. Carex Pseudocyperus L. Glyceria fluitans (L.) R. Br. Rhynchospora alba (L.) Vahl Carex dioeca L. Rhynchospora fusca (L.) Aiton Carex pulicaris L. Schoenus nigricans L. Carex disticha Huds. Cladium Mariscus (L.) Pohl Carex chordorrhiza L. Isolepis setacea (L.) R. Br. Carex paradoxa Willd. Blysinus compressus (L.) Pane Carex echinata Murray Eleocharis acicularis R. Br. Carex vulpina L. Eleocharis pauciflora Link. Jahrgang 106 Naturschutz 475

Eleocharis palustris R. et Sch. Hippurus vulgaris L. Eleocharis uniglumis Link. Callitriche hamulata Katz. Trichophorum alpinum (L.) Pers. Callitriche stagnalis Scop. Eriophorum vaginatum L. Callitriche cophocarpa Sendtner Eriophorum gracile Roth. Hypericum humifusum L. Cyperus flavescens DC. Hypericum acutum Mönch Cyperusfuscus L. Hypericum Desetangsii Lamotte Jnncus alpinus Vill. Hydrocotyle vulgaris L. Juncus bulbosus L. Cicuta virosa L. Lemna trisulca L. Sinm erectum Huds. Iris Pseudacorus L. Oenanthe aquatica (L.) Poiret Spiranthes aestivalis (Lam.) Rich. Peucedanum palustre Hoff m. Epipactis palustris Crantz Pyrola minor L. Orchis latif olia L. Oxycoccns quadripetalus Gilib. Orchis palustris Jacq. Andromeda polifolia olia L. Liparis Loeselii (L.) Rich. Viola stagnina Kit. Salix repens L. s. 1. Viola palustris L. Salix aurita L. Lycopus europaeus L. Polygonum Bistorta L. Scutellaria galericulata L. Polygonum amphibium L. Menyanthes tri f oliata L. Polygonum mite Schrank Veronica Anagallis -aquatica L. Polygonum minus Huds. Veronica scutellata L. Stellaria graminea L. Pedicularis palustris L. Sagina nodosa Fenzl Utricularia vulgaris L. Nymphaea alba L. Utricularia neglecta Lehm. Nuphar luteum (L.) Sm. Utricularia intermedia Hayne Ceratophyllum demersum L. Utricularia minor L. Ranunculus sceleratus L. Utricularia Bremii Heer Ranunculus Lingua L. Pinguicula vulgaris L. Thalictrum flavum L. Galium boreale L. Drosera rotundifolia L. Galium uliginosum L. Drosera anglica Huds. Galium elongatum Presl. Parnassia palustris L. Galium palustre L. Comarum palustre L. Gnaphalium uliginosum L. Lotus uliginosus Schkuhr Senecio paludosus L. Lathyrus palustris L. Bidens cernuus L. Polygala amarella Crantz Taraxacum palustre (Lyons) Symons Myriophyllum verticillatum L. Crepis paludosa (L.) Mönch Abb. 3 Grosser oder «unterer« (südwestlicher) Katzensee. Blick vom Nordufer gegen Süd- osten. Im Hintergrund ist das Strandbad erkennbar; September 1946. (Photo M. WEISS, Kantonales Hochbauamt.) 4

Abb. 4 Landzunge zwischen den beiden Katzenseen. Der von einem breiten Schilfgürtel umsäumte Föhren-Birken-Moorwald wird in der Mitte von einem künstlich erweiterten Ver- bindungsgraben durchbrochen. Er bildet im südlichen Teil ein Totalreservat, während der nördliche Teil zur Strafanstalt Regensdorf gehört; September 1946. (Photo M. WEISS, Kantonales Hochbauamt.) 478 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961

4. Naturschutzgebiet Neeracher Ried

Von JULIE SC HINZ , Zürich, Obmann des Neeracher Riedes

Das 105 ha umfassende Neeracher Ried ist das letzte ausgedehnte Flachmoor des Kantons Zürich (Abb. 1 und 2) . Phragmitetum, Scirpetum, Caricetum elatae, Molinietum und Filipenduletum kommen in grossen, reinen Beständen vor, zeigen aber auch alle Übergangs- phasen mit typischen Begleitpflanzen. Neben vielen anderen Seggen dehnt sich Carex elata All. in weitem Umkreis aus. Eleocharis palustris (L.) R. et S. ssp. uni, glumis (Link) Volkart, Scirpus lacustris L., Schoenus nigricans L. sind an mehr oder weniger ausgedehnte, bestimmte Standorte gebunden. Die seltene Binsen- schneide, Mariscus Cladium (Sw.) O. Kuntze (Abb. 3) hat sich prächtig ent- wickelt und bezieht immer mehr Flächen. Auffallend verbreitet ist das gelb- blühende Senecio paludosus L., Menyanthes trifoliata L. und Eriophorum an- gustifolium Roth, die beide dem Untergang geweiht waren, haben sich gut er- holt. Ranunculus lingua L., Sparganium erectum L. und S. minimum Fries blühen und tragen Früchte. Utricularia vulgaris L. blüht, wenn auch selten, in Torfgräben. Iris pseudacorus L. gedeiht gut, während Iris sibirica L. vollständig fehlt. Inula salicina L., hat sich erfreulicherweise vermehrt. Die gesamte Flora und Fauna sind untrennbar miteinander verbunden, aber abhängig von der Bewässerung. Nur wenn das Neeracher Ried regelmässig ge- nügend und zur rechten Zeit künstlich bewässert wird, wenn die Streue eben- falls regelmässig geschnitten und weggeführt wird, kann es uns als Flachmoor erhalten bleiben. Je früher und länger, je intensiver zu bestimmten Zeiten be- wässert wird, desto mehr Vogelarten stellen sich nebeneinander und nachein- ander, zu kürzerem oder längerem Aufenthalt ein, der in gewissen Fällen tage- bis monatelang ausgedehnt wird. Setzt die Bewässerung aus irgendeinem zwin- genden Grunde verspätet ein, oder setzt sie gar aus, so hat dies naturgemäss schwerwiegend nachteilige Folgen auch für die wasser- und landbewohnenden Amphibien, die hier ihren Fortpflanzungsgeschäften obliegen. Bleiben solche Gebiete sich selbst überlassen, so verlanden Torflöcher und Tümpel, inter- essante Algenfundorte verschwinden, Bäche versiegen und trocknen aus, lang- sam aber stetig dringt der Wald ein. Ein künstlich bewässertes Ried bedarf dringend intensiver Bewirtschaftung, der Hege und Pflege. Der gesamte Vogelbestand an Zug- wie an Brutvögeln ist in hohem Masse abhängig vom jeweiligen Wasserstand zu den verschiedenen Jahreszeiten. Könnte das Schutzgebiet zur Herbst-Zugszeit mehr oder weniger intensiv be- wässert werden, würde es wenigstens Tümpel aufweisen, so hätten Enten und Wasserläufer Gelegenheit zur Rast während der grossen Wanderung nach dem Süden. Dies haben nasse Jahre bewiesen.

Abb. 1 Zonenplan aus der Verordnung zum Schutze des Neeracher Rieds vom 19. Juli 1956.

Jahrgang 106 Naturschutz 479

Verordnung zum Schutze des Neeracherriedes vom 19.1.111 1956 Zonenplan .. .o. 00000.00a0000 00000^oaoa ^ o00 .000aoo0000000 (_ ass / ^ ._0000oo^ , ..00 000a

1.Zone : Bauverbot, 105 ha 2. Zone: Nur IandwirtschaftIiche Bauten zulässig, 140 ha 3. Zone: Bauten zuIässig mit BewiIIigung, 35 ha 4. Zone : WaId, 20 ha Grenze des Verordnungsgebietes, totaI 300 ha Gemeindegrenzen 0 100 200 300 400 Einzelbäume und grössere Sträucher, Baum- und Strauchgruppen 480 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961

Unter den vielen rastenden Gästen im Frühling seien nur wenige hervor- gehoben. Purpur-, Nachtreiher und die Grosse Rohrdommel wurden mehrmals beobachtet. Der scheue Zwergreiher brütet Jahr um Jahr im dichten Rohr- kolben- und Schilfbestand. In kalten Wintern suchten Grau-, Zwerg-, Saat- und Blässgans das Schutzgebiet auf. Krick-, Schnatter-, Pfeif-, Spiess-, Löffel-, Kolben-, Tafel-, Moor-, Reiher- und Schellenten stellen sich einzeln bis in Scharen ein. Stock- und Knäckente brüten, bei der Löffelente liegt Brutver- dacht vor. In ansehnlicher Zahl sind die Raubvögel vertreten, die ihre Nah- rung aus dem Neeracher Ried beziehen. Schelladler, Rauhfussbussard, Wespen- bussard, vier Weihenarten, Fischadler, Wanderfalke, Merlin werden neben den Brutvögeln des Schutzgebietes und seiner Umgebung zu gewissen Jahres- zeiten gesehen. Gross ist die Zahl der Watvögel – Limicolae: Gold-, Sand- und Flussregenpfeifer, Sichel- und Alpenstrandläufer, Knutt, Sanderling, Stelzen- und Teichwasserläufer sind seltenere Gäste, währenddem Kampfläufer, Dunkler-, Bruch- und Waldwasserläufer, Rot- und Grünschenkel jeden Früh- ling beobachtet werden können. Kiebitz und Bekassine brüten in einigen Paaren auf trockeneren Stellen des Caricetums. Herings-, Sturm-, Zwerg- und Dreizehenmöwe sind Durchzügler, während seit 1947 eine zweite schweize- rische Lachmöwenkolonie herangewachsen ist mit ungefähr 500 Brutpaaren. Trauer-, Weissflügel- und Bartseeschwalbe haben in den letzten Jahren zu- genommen. Es gibt verschwindend wenige schweizerische Gebiete, wo auf kleinem Raum eine so grosse und stetig wachsende Zahl an Vogelarten regelmässig beobach- tet werden kann. Unter den vielen Singvögeln hat sich in den letzten Jahren der seltene Rohrschwirl zu längerem Aufenthalt im ausgedehnten Mariscus Cladium-Bestand eingestellt (Brut?). An Bächlein und Tümpeln rasten regel- mässig Blaukehlchen, während Schaf-, Masken- und Nordische Schafstelzen das Caricetum aufsuchen. 1927 wurden 70 Spezies und Subspezies beobachtet, 1960: 122, im ganzen bisher 206. Seitdem die Lachmöwe in grosser Zahl im Neeracher Ried brütet, hat der Besuch der Bevölkerung gewaltig zugenommen. Nestbau, Brutgeschäft, Füh- rung der Jungen können von der Fahrstrasse Niederglatt–Neerach aus mühelos beobachtet werden. Das Neeracher Ried ist zu einem wahren Refugium der gehetzten, nervösen Stadtbevölkerung geworden, die hier familienweise bei einem Stück «Urlandschaft» ihre Freizeit, ihre Sonn- und Feiertage verlebt. Aus dem Lärm und Getriebe der Großstadt, aber auch aus der näheren und weiteren Umgebung, aus anderen Kantonen, ja selbst aus dem Ausland stellen sich Besucher ein, sowohl Botaniker wie Ornithologen. Naturschutz ist zum Menschenschutz geworden! Die nationale Bedeutung des Naturschutzgebietes Neeracher Ried steht ausser Zweifel. Jahrgang 106 Naturschutz 481

Abb. 2 Der Lindenbuck im Naturschutzgebiet Neeracher Ried. (Photo JULIE SCHINZ.)

Abb. 3 Mariscus Cladium im Naturschutzgebiet Neeracher Ried. (Photo JULIE ScHINZ.) 482 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961

5. Der Pfäffikersee und das Robenhauserriet als Naturreservate

Von WERNER LÜDI, Zollikon

Der Pfäffikersee liegt in einem ausgesprochen diluvial geformten Becken, 537 m ü. M. Glaziale Bildungen in Form gegen NNW gerichteter Hügelchen (Drumlins) bekleiden in dichtem Schwarm seine Westseite und sehr aufgelöst auch die Ostseite. Eine niedrige Endmoräne schliesst gegen Norden ab. Die Seeufer laufen flach aus und tragen Verlandungsbestände und Flachmoor- bildungen, stellenweise auch hygrophiles Gehölz. Auf der Südseite des Sees sind diese Flachmoorbildungen sehr ausgedehnt und bilden das Robenhauser- riet. In der Südostecke fliesst der Kempterbach als einziges Gewässer von einiger Bedeutung in den See. Wahrscheinlich hat er wesentlich zur Bildung des Robenhauserrietes beigetragen, indem er im Spätglazial und in der frühen Postglazialzeit bedeutende Schuttmengen in den Südteil des Sees hineinbrachte und damit den Seeboden stark aufhöhte. Mit der Ausgleichung der Hänge und der Waldbildung ging die Schuttzufuhr stark zurück, und es waren vor allem gelöste Mineralstoffe und Reste von Lebewesen, die zur Ablagerung kamen. Jahrtausende lang bildete sich auf dem Grund des Sees, auch im gesamten Robenhausen-Teilstück, Seekreide, und diese mächtige Schicht erhöhte den flachen Seeboden im Gebiet des Robenhauserrietes so stark, dass sich wurzelnde Pflanzen ansiedeln konnten. Die Verlandung begann, und Torfbildung setzte ein, nach den Pollendiagrammen im Frühsubboreal oder im Spätatlantikum. Bedeutende Torfschichten sind im Laufe der Zeit entstanden, die aber im enge- ren Deltagebiet des Kempterbaches nach EDWIN MESSIKOMMER I von dicken Schichten mineralischer Erde überdeckt sind. Eine solche Überdeckung alter Torfbildungen mit jungem Mineralboden, meist sandiger oder lehmiger Art, findet sich auch an vielen anderen Orten unseres Landes da, wo Bäche bei Hochwasser ihren Feinschutt ablagern. Sie steht in Verbindung mit der Rodung der Hänge durch den Menschen und namentlich mit der Anlage von Äckern. Auf dem entblössten Boden nahm die Erosionstätigkeit des Wassers wieder stark zu, nachdem sie infolge der dichten Bewaldung bereits in der älteren Postglazialzeit weitgehend zur Ruhe ge- kommen war. Der blaue Pfäffikersee mit seinen Sumpfufern und den grünen, gut angebau- ten Hängen, auf denen kleine Bauerndörfer stehen, bietet dem Auge ein lieb- liches, gut erhaltenes Landschaftsbild, an das sich im Süden das Robenhauser- riet harmonisch anschliesst (Abb. 2). Den Verlandungs- und Sumpfbeständen kommt zudem eine ganz beson- dere Bedeutung zu als Naturdenkmal; denn sie sind ausgezeichnet durch den Reichtum an Lebewesen, die sich dort im Wasser und auf den nassen Böden

1 Biologische Studien im Torfmoor von Robenhausen. Diss. Phil. II, Universität Zürich 1927 (171 S., Taf.). Jahrgang 106 Naturschutz 483 n ö

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Abb. 1 Der Pfäffikersee und das Robenhauserriet, gezeichnet nach der Landeskarte der Schweiz 1 : 25 000, Blatt 1092 Uster. Die dicke Grenzlinie umschliesst das von der Kommission für die Erstellung einer Liste der zu erhaltenden Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung in die Liste aufgenommene Gebiet (Beschluss vom 23. Juni 1961).

Vierteljahrsschrift d. Naturf. Ges. Zürich. Jahrg. 106, 1961 33 484 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961 zusammengefunden haben, .sowie durch die Vielheit der Biozönosen, die von ihnen gebildet werden. Zwar ist das eigentliche Torfmoor weitgehend abge- baut worden, hat aber dadurch kaum an Interesse verloren, weil viele Stadien der Moorerneuerung anzutreffen sind mit reicher und interessanter Flora und Fauna. Da die höheren Pflanzen am leichtesten zu überblicken sind und dem Be- sucher am meisten auffallen, geben wir im Nachstehenden einen kurzen Über- blick über ihre Verbreitung im Gebiet. Wir stützen uns dabei auf eigene Be- obachtungen und auf die Zusammenstellung, die EDWIN MESSIKOMMER im Jahre 1927 ergeben hat. Einzelne der noch von MESSIKOMMER gefundenen Arten mögen allerdings in der Zwischenzeit verschwunden sein; aber der Gesamt- habitus der Pflanzenwelt hat sich erhalten. Aus der grossen Artenzahl treffen wir eine Auswahl, in der die dominanten, die besonders charakteristischen und die seltenen Arten vorhanden sind. Auf die vielen Pflanzengesellschaften, die zu unterscheiden sind, können wir nicht näher eintreten, versuchen aber, um doch eine Giederung zu erhalten, eine Anordnung der Arten in vier Haupt- gruppen: Wasserpflanzen im engeren Sinn, Pflanzen der Verlandungsbestände, der Flachmoore und der Übergangsmoore. Natürlich ist dies eine sehr grobe Einteilung, da manche Arten mehreren dieser Gruppen zugerechnet werden können und die Gruppen selber, besonders die Verlandungsbestände und Flachmoore nicht homogen sind, sondern recht verschiedenartige Standorte und Vergesellschaftungen einschliessen. Im o f f e n e n Wasser des Sees, der kleinen Teiche, der Torfstiche, der Wassergräben, in der aus dem See ausfliessenden Aa und auch im Moor finden sich schwimmend neben der weissen und der gelben Seerose und andern allgemein verbreiteten Wasserpflanzen auch manche selteneren Arten, wie Potamogeton alpinus, P. coloratus, P. gramineus, P. nodosus (MESSIKOMMER gibt in seinem Verzeichnis insgesamt zehn verschiedene Laichkrautarten an), Sparganium minimum (ob noch?), Lemna trisulca, Ranunculus circinatus, R.

Abb. 2 Blick vom Moorrand bei Robenhausen über das Ried gegen den See hin; links hinten Pfäffikon. (Photo W. LtiDs.) Jahrgang 106 Naturschutz 485 fluitans (neben dem häufigen R. trichophyllus), Myriophyllum spicatum und M. verticillatum, Utricularia neglecta, U. minor, U. intermedia. Unscheinbar wächst am Grunde der Gewässer Naias marina. In den Verlandungsbeständen, die vom offenen Wasser zum Sumpfland überführen, herrschen im tieferen Wasser Schilf (Phragmitetum) und Teichbinsen, auch Cladium mariscus. Im untiefen Wasser ist der Haupt- verlander Carex elata (Caricetum elatae). Stellenweise wirken als Ver- lander in grösserem Umfange auch Equisetum fluviatile und verschiedene Carices (Carex diandra, C. paradoxa, C. gracilis, C. polygama, C. acutifolia, C. vesicaria, C. inflata) und Gräser (Calamagrostis lanceolata, Agrostis alba, Pha- laris arundinacea, Glyceria fluitans und G. plicata) . Als weitere charakte- ristische Begleiter nennen wir Typha latifolia, Sparganium erectum, Sp. sim- plex, Alisma plantago aquatica, Oryza oryzoides, Poa palustris, Eleocharis uni- glumis, E. palustris, Carex vulpina, C. lasiocarpa, Iris pseudacorus, Acorus cala- mus, Ranunculus lingua, Thalictrum f lavum, Epilobium hirsutum, Cicuta virosa, Lythrum salicaria, Lysimachia vulgaris, Lycopus europaeus, Scutellaria galeri- culata, Scrophularia alata, Veronica scutellata, V. anagallis-aquatica, Mentha aquatica, Senecio paludosus, Pulicaria dysenterica. Räumlich ausgedehnt und floristisch reich entwickelt sind im Gebiet d i e F l a c h m o o r e, worunter hier Sumpfbildungen verstanden werden, in denen das Grundwasser nur vorübergehend frei über dem Boden steht und deren Bodenazidität gewöhnlich um den Neutralpunkt schwankt. Durch die letztere Eigenschaft werden die gewöhnlich stark bodensauren, aber auch floristisch gut unterschiedenen Übergangsmoore abgetrennt. Die Flachmoore umfassen eine bedeutende Zahl von Biozönosen, wie das Caricetum hostianae, das Schoenetum nigricantis, das Juncetum subnodulosi, das Molinietum coeruleae,

Abb. 3 Torfstich im Robenhauserriet. Im Wasser weisse Seerose, Laichkraut (Potamogeton natans), Equisetum fluviatile, Utricularia neglecta; hinten Bestand von Cladium mariscus, fruchtend; links vorn Rhynchospora alba. (Photo W. Ulm.) 486 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961 das Geranieto-Filipenduletum. Die nachstehende Auswahl von dominanten oder sonstwie charakteristischen Arten kann einen Begriff von der reichen floristischen Zusammensetzung dieser Reihe von Pflanzengesellschaften im Robenhauserriet geben:

Ophioglossum vulgatur Gymnadenia conopea Dryopteris thelypteris Gymnadenia odoratissima Dryopteris cristata Herminium monorchis Triglochin palustris Epipactis palustris Agrostis canina Liparis loeselii Festuca arundinacea Spiranthes aestivalis Cyperus flavescens Salix repens Cyperus fuscus Ranunculus aconitif olius Schoenus nigricans Ranunculus flammula Schoenus ferrugineus Dianthus superbus Eleocharis pauciflora Lotus uliginosus Scirpus silvaticus Lathyrus paluster Blysmus compressus Geranium palustre Eriophorum gracile Hypericum acutum Eriophorum angustifolium Hypericum desetangsii Eriophorum latifolium Viola palustris Carex dioeca Epilobium palustre Carex disticha Epilobium tetragonum Carex echinata Hydrocotile vulgaris Cares fusca Selinum carvifolium Carex flava Peucedanum palustre Cares lepidocarpa Primula farinosa Carex oederi Centaurium pulchellum Carex distans Gentiana pneumonanthe Carex hostiana Gentiana asclepiadea dazu die oben bei den Verlandungs- Pedicularis palustris bestanden genannten und andere mehr Pinguicula vulgaris (im Verzeichnis von MESSIKOMMER Galium uliginosum 30 Carex-Arten) Inula salicina Juncus conglomeratus Achillea ptarmica Juncus subnodulosus Senecio erucifolius Juncus acuti f lorus und andere mehr Senecio aquaticus Tofieldia calyculata Pulicaria dysenterica Orchis incarnata und andere mehr

Die Ü b er g a n g s m o o r e, die mit Bezug auf die Artenzusammenset- zung und die ökologischen Verhältnisse von den eigentlichen Flachmooren zu den Hochmooren überleiten, sind im Moorgebiet von Robenhausen reich ent- wickelt, vor allem auf alten, wenig tief gehenden und wieder verlandeten Torf- stichen, stellenweise auch auf schwingenden Böden. Meist ist dominant Rhyncho- spora alba (Rhynchosporetum albae), und oft breiten sich bereits dichte Spha- gnum-Decken aus. Diese Bestände enthalten eine Reihe von Arten, die bei uns selten sind, Lycopodium inundatum, Scheuchzeria palustris, Rhynchospora fusca, Carex chordorrhiza (ob noch vorhanden?), Drosera intermedia. Daneben weiter verbreitete Arten, wie Trichophorum alpinum, Carex lasiocarpa, Dro- sera anglica (auch der Bastard mit D. rotundif olia), Comarum palustre, Menyan- thes trifoliata, Carex limosa, Eriophorum vaginatum, Trichophorum caespito- Jahrgang 106 Naturschutz 487 sum (stellenweise bestandbildend), Drosera rotundifolia, Oxycoccus palustris, Andromeda polifolia, die mit Ausnahme der fünf erstgenannten auch für das Hochmoor charakteristisch sind. Richtiges Hochmoor ist kaum mehr vorhan- den, da die Reste der alten Landoberfläche meist ausgetrocknet und mit Heide- kraut überwachsen sind. Doch bilden sich neue Anfänge dazu mit kleinen Bülten von Sphagnum magellanicum da und dort aus den Übergangsmooren heraus. Auf die G e h ö 1 z b e s t ä n d e treten wir nicht näher ein. Sie sind floristisch kaum von besonderem Interesse, immer wieder abgeholzt oder ausgeholzt und von kleiner Ausdehnung, wie ein Blick auf Abb. 3 zeigt. Da sie als Zuflucht für die Vögel sehr wichtig sind, so wäre es wünschenswert, dass ihre Entwicklung an geeigneten Stellen gefördert würde. Der grosse Artenreichtum, der bei den höheren Pflanzen sehr auffallend in Erscheinung tritt, findet sich auch bei den nieder en Pflanz en. MESSI- KOMMER hat insbesondere die Algen sehr eingehend untersucht und stellt eine ganz unerwartet hohe Vielgestaltigkeit der Formen fest, allein bei den Desmi- diaceen rund 280 Arten und Varietäten. Darin kommt auch der reiche Wechsel der standörtlichen Bedingungen zum Ausdruck, der Arten mit ganz verschieden- artigen Standortsansprüchen die Existenz erlaubt. Mit der Kleintierwelt wird es sich nicht anders verhalten. Auffallend sind dem aufmerksamen Be- sucher zum Beispiel die zahlreichen ans Wasser gebundenen Insektenarten, besonders die schönen Libellen. Für die Amphibien und für einzelne Reptilien ist das Ried und das Ufergebiet des Sees ein ideales Wohngebiet und ebenso für viele Vögel, was die «Ala» veranlasst hat, dort mehrere Vogel- reservate einzurichten. Östlich der Reuss wird in der Schweiz kaum ein Gebiet zu finden sein, das auf so kleinem Raume einen solchen Artenreichtum und eine solche Vielgestaltig- heit der ans Wasser gebundenen Lebewesen aufweist, wie das Robenhauserriet und die Uferlandschaft des Pfäffikersees. Auch die Reste des vorgeschichtlichen und frühgeschichtlichen Menschen erwecken hier besonderes Interesse. An den Ufern des Sees und im Robenhauserriet lebte der mesolithische, der neolithische und auch der bronzezeitliche Mensch in einer Reihe von Siedlungen. Im Ried hat JAKOB MESSIKOMMER 1858 einen Pfahlbau entdeckt und ausgegraben. Es war eine der ersten derartigen Siedlungen, die bekannt geworden sind, und in weiser Voraussicht hat MESSIKOMMER ein grosses Stück des Pfahlbaus in Ruhe gelassen und der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft zur späteren Erforschung vermacht. Der Platz ist bis jetzt unberührt geblieben, und die heutige Generation, die mit viel feiner ausgearbeiteten Methoden ar- beiten kann, ist froh über ein solches Vermächtnis. Auch die Römer siedelten in der Gegend; denn unweit des Ostufers des Sees hat sich das römische Kastell als Ruine erhalten. So vereinigen sich Landschaft, Pflanzen- und Tierleben und vorgeschichtliche Reste am Pfäffikersee zu einem Naturdenkmal von hohem Wert, von nationaler Bedeutung. Es ist unsere Pflicht, es der Nachwelt zu erhalten. Der Regierungs- rat des Kantons Zürich hat dies frühzeitig erkannt und durch seinen Beschluss 488 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1951

vom 2. Dezember 1948 den Pfäffikersee und sein Umgelände, einschliesslich des Robenhauserrietes zum Landschafts-Schutzgebiet erklärt (Abb. 1). Das bedeu- tet vor allem den Schutz der Landschaft gegen jede wesentliche Veränderung. Der NatursChutz muss aber noch etwas weiter gehen: das Rob e n h a u s e r - r i e t, oder doch ein charakteristischer Teil von ihm, sollte ein t o t a l e s N a t u r r es er v a t werden, in dem jeder menschliche Eingriff, der nicht im Interesse der Erhaltung seines Landschaftsbildes und seiner Lebewelt liegt, jede wesentliche Störung des tierischen Lebens zu unterbleiben hat. So müsste zum Beispiel das weitere Torfstechen und das Pflücken der Blumen, auch das Pflanzensammeln durch Botaniker (Seltenheitenjäger) ganz aufhören, während die bisherige landwirtschaftliche Nutzung in Gestalt der Streue-Ernte in ge- wissem Umfang weitergehen könnte, ja in den Teilen, die ihren gegenwärtigen Zustand als offenes Flachmoor behalten sollen, weitergehen muss. Trotzdem sollte menschlicher Besuch nicht ganz ferngehalten werden. Er muss aber auf zweckmässig angelegte Wege, die, ohne störend zu wirken, einen guten Einblick zur Naturbeobachtung erlauben, beschränkt sein. So wird sich die Schönheit der Landschaft und der Reichtum ihrer Lebewelt, an der sich noch viele Gene- rationen von Naturfreunden erfreuen möchten, erhalten.

6. Die Drumlinlandschaft und das Moorgebiet Unterwetzikerwald-Hiwilerriet als Naturreservat

Von W. HÖHN-OCHSNER und K. SUTER, Zürich

Der vorliegende Bericht hat das auf Abbildung 1 umgrenzte Gebiet Unter- wetzikerwald-Hiwilerriet zum Gegenstand. Der grössere Teil dieses Gebietes liegt im sich nach Südosten öffnenden Winkel, den die beiden Bahnlinien Wetzikon-Rüti und Wetzikon-Hinwil miteinander bilden, und der kleinere Teil, nämlich der Abschnitt Bönlerstuck-Ambitzgiriet-Jungholz, westlich der Bahn- linie. Wetzikon-Rüti. Das ganze Gebiet ist knapp zwei Quadratkilometer gross und umfasst als markante Aufragungen die Drumlinhügel Schwändi (560 m), Spitzholz (564 m), Jungholz (555 m) und Hatsberg (558 m) und ferner einige zwischen diesen Hügeln eingebettete, langgestreckte und von herrlichen Mooren bedeckte Wannen. Politisch gehört dieses naturwissenschaftlich hoch- interessante und auch landschaftliCh reizvolle Gebiet, dem eine naturwissen- schaftliche Bedeutung von nationalem Interesse zukommt und das darum ge- schützt werden sollte, zu den drei Gemeinden Wetzikon (Bönlerstuck, Unter- wetzikerwald, Hatsberg, Schwändi), Hinwil (Hiwilerriet, Oberhöflerriet) und Gossau (ein kleiner Zipfel des Oberhöflerrietes). Ein Teil des Hiwiler-Ober- höflerrietes steht bereits unter Naturschutz. Der obere, südliche Teil des Glattales zwischen Pfäffiker- und ist Jahrgang 106 Naturschutz 489

Abb. 1 Die Drumlinlandschaft und das Moorgebiet Unterwetzikerwald—Hiwilerriet (oben rechts Ettenhausen). (Aufnahme der Eidg. Landestopographie vom 5. August 1954.) 490 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961 eine Landschaft von grosser Eigenart, die sowohl hinsichtlich ihres Reliefs als auch ihrer Entstehung und ihres gesamten geographisch-geologischen Charak- ters in der ganzen Schweiz einzig dasteht. Höchst typisch für sie ist das Vor- kommen von ungefähr 130 langgestreckten, markanten Hügeln, der sogenann- ten Drumlins (ein irischer Ausdruck), die parallel zueinander von Südosten nach Nordwesten dahinziehen, das heisst in der Richtung der Längsachse des Tales. Diese Hügel sind im allgemeinen 10 bis 20 m hoch und 150 bis 600 m lang, doch vereinzelte erreichen 30 bis 40 m Höhe und bis über 1000 m Länge. Sie weisen charakteristische Formen auf, die an Walfischrücken erinnern; in der Regel ist aber ihr talaufwärts gerichteter Hang (Luv) etwas steiler als der tal- auswärts gerichtete (Lee) . Was die innere Struktur dieser Drumlins anbelangt, so ist besonders auf- fallend, dass sie ganz oder wenigstens zum Teil aus glazialem Gesteinsmaterial bestehen, das heisst aus ungeschichtetem Geschiebelehm, in den massenhaft gerundete oder mindestens kantenbestossene, gekritzte Geschiebe – namentlich faust- bis kopfgrosse Gesteine – eingebettet sind. Es handelt sich um Grund- moränengeschiebe, das der ehemalige Linth/Rheingletscher, der durch das Glattal zog, abgelagert hat. Vereinzelte Drumlins besitzen überdies in ihrem Innern einen festen Kern aus anstehender Molasse oder aus alten verkitteten Kiesen, dem das Moränenmaterial angeschmiegt wurde. Wie die Untersuchungen in der Schweiz und auch im Ausland ergeben haben, können Drumlins nur in Gebieten, die einst vergletschert waren, vorkommen. Das trifft auch für die Drumlins des Glattales zu, welche samt und sonders innerhalb der Endmoränen der letzten Vergletscherung (Wärm) liegen, also innerhalb der schönen Endmoränenkränze, die den Greifen- und den Pfäffiker- see am Nordende umschliessen. Bezeichnend für diese Drumlins ist auch, dass ihre Längsachsen mit der Fliessrichtung des ehemaligen Gletschers überein- stimmen. Dieser Schluss liess sich auf Grund der Tatsache ziehen, dass ihre Längsachsen die gleiche Richtung wie die Gletscherschrammen aufweisen, die vereinzelt im anstehenden Gestein des Glattales auftreten. Nach Form, Richtung, Gesteinsaufbau und Vorkommen hängt die Entstehung der Drumlins mit der letzten Vergletscherung zusammen. Darüber sind sich alle Forscher, die sich mit ihrer Genese befasst haben, einig, doch nicht über die. Art und Weise dieser glazialen Einwirkung. Eine Ansicht geht dahin, diese Grundmoränenhügel seien vom Gletscher während eines länger dauernden Ruhestadiums aufgebaut worden; seine Stosskraft im gefällsarmen Talboden (2,5 %) sei so gering gewesen, dass es ihm nicht mehr möglich war, dieses Grundmoränenmaterial bis an seine Stirne zu verfrachten; es sei somit unter dem Gletscher, mitten im Tale drin, in Form parallel angeordneter Hügel liegen geblieben. Nach einer andern Ansicht hätte der ehemalige Gletscher bei seinem Rück- zuge im Glattal zwischen dem heutigen Greifen- und Pfäffikersee Endmoränen abgelagert. Geraume Zeit später sei er von neuem vorgestossen, und zwar über diese Endmoränen hinweg, und habe deren Gesteinsmaterial weiter zermalmt und geschrammt und sie selber zu den heutigen Drumlins umgeformt. Diese Jahrgang 106 Naturschutz 491 gleichsinnig orientierten, zueinander parallelen und in Form und Grösse auf- fallend miteinander übereinstimmenden Hügeln wären somit als das Abbild und der Ausdruck des besondern Bewegungsmechanismus des Gletschers zu betrachten. Wie dem auch immer sei, jedenfalls steht soviel fest, dass diese ganze Drumlinschar geologisch, morphologisch und landschaftlich etwas für die Schweiz ganz Einzigartiges darstellt. Diese Einmaligkeit wird noch durch eine Reihe weiterer Merkmale wirksam betont, so zum Beispiel durch die Vege- tationsverhältnisse. Die meisten Hügel sind nämlich von Wald bedeckt, oft ganz, doch oft nur auf ihren Schattenseiten; die Sonnenseiten sind dann angebaut. Als eine weitere Eigenart sind die vielen Moore und Sümpfe anzusehen, die sich in den diese Hügel voneinander trennenden Mulden, deren Boden mit un- durchlässigem Grundmoränenlehm überstrichen ist, im Laufe der Zeit ge- bildet haben. Viele Moore sind in den letzten Jahrzehnten infolge durchgreifen- der Meliorationen zur Gewinnung von Kulturland leider schon verschwunden. Auch in siedlungsgeographischer Hinsicht besitzt diese Drumlinlandschaft mit ihren Einzelhöfen und Weilern, vereinzelt auch kleinen Dörfern, ihren beson- deren Reiz. K. SUTER

Die geologisch einzigartige Drumlinlandschaft, welche das Gebiet des Unter- wetzikerwaldes, des Hiwiler- und des Oberhöflerrietes sowie westlich der Bahn- linie Wetzikon—Bubikon noch das Ambitzgi- und Bönlerriet umfasst (Abb. 2 und 3), gehört auch pflanzengeographisch zu den wenigen im Kanton Zürich noch erhalten gebliebenen naturnahen Landschaften. Die relative Unberührt- heit dieser wechselvollen Moor- und Moränenlandschaft kommt schon dadurch zum Ausdruck, dass auch nicht eine einzige menschliche Siedlung innerhalb des genannten Areals sich vorfindet. Die walfischrückenartigen Drumlins tra- gen auf ihren Kuppen und Flanken vorwiegend geschlossenen Fichtenwald, der insofern lokalklimatischen Einflüssen unterworfen ist, als dies durch die südexponierten, teilweise mit Föhren bewachsenen Seiten charakterisiert wird. Parallel dazu zeigt auch der Unterwuchs auffällige Unterschiede: die Nord- seiten mit vorwiegend Sauerklee-Brombeer-Vegetation, die trockenere, nähr- stoffärmere Südflanke mit viel Heidelbeergesträuch und Polytrichum-Filz. Parallel zu diesen Drumlins verlaufen in der einstigen Stossrichtung der letzten Vergletscherung schmale Moorstreifen auf den wasserundurchlässigen Grundmoränenmulden. Im Spitzwinkel zwischen den Bahngeleisen verlaufen diese Riedflächen als höchstens 40 m breite Bänder mindestens 1 km weit, beid- seitig von Wald umsäumt. Da das aus den Drumlins austretende Wasser reich an Mineralsalzen ist, konnten sich hier nur Flachmoorgesellschaften ansiedeln. Für diese ist besonders die hier dominierende Moosschicht charakteristisch, indem Sichel- und Braunmoose vorherrschen, wie Drepanocladus intermedius, Campylium stellatum und C. elodes, Acrocladium cuspidatum, an weniger feuchten Stellen Climacium dendroides, Fissidens adianthoides und Thuidium delicatulum. Die höhere Riedvegetation wird an den Randzonen vom Stauden- ried (Filipenduletum), im zentralen Teil von Kleinseggen- und Pfeifengras- gesellschaften gebildet. Abb. 2 Im Bönlerriet. (Photo W. HÖHN, 26. Februar 1961.) Abb. 3 Der Drumlin KHatsberg.. (Photo W. HÖHN, 26. Februar 1961.) 494 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961

Nach Südosten verbreitern sich die Riedstreifen, so dass deren zentrale Par- tien nicht mehr von mineralstoffreichem Grundwasser gespeist werden. Hier beginnen die besonders interessanten Hochmoorbildungen. Infolge von schon jahrhundertalter Torfausbeute stellen diese Flächen noch Zeugenlandschaften von ehemals viel mächtiger entwickelten Hochmooren dar. Schachbrettartig sind hier Bestände verschiedenen Alters und verschiedener Assoziationen an- einandergereiht. Da schreitet unser Fuss über hochliegende, alte Hochmoor- reste mit ausgedehnten Zwergstrauchbeständen, wo das Heidekraut (Calluna vulgaris) die Vorherrschaft führt, wo Weiss- und Flaumbirken aller Alters- stufen nebst Gesträuch des Faulbaums, mit Waldföhren und den wenigen Resten der in grauer Vorzeit hier einst reichlich vertretenen Bergkiefer (Pinus montana) den Hochmoorwald aufbauen. Auf tiefer gelegenen und stärker durchnässten Moorpartien treten uns die eigentlichen Pioniere der Hochmoorbildung entgegen, von Wasser vollgesogene, purpur und gelbbraun gefärbte Polster der Torfmoose (Sphagnum Warnstorfii), Sp. ,subsecundum, Sp. magellanicum, Sp. palustre), über die die fadendünnen Stengelchen der Moosbeere (Oxycoccus) dahinkriechen, oder zwischen denen der nordische Sumpfrosmarin (Andromeda) seine zart rosa gefärbten Glöck- lein erhebt, und wo der Sonnentau (Drosera) seine Blattrosetten ausbreitet. Hier entfaltet das scheidige Wollgras (Eriophorum vaginatum) schon anfangs März seine Blütenähren. Noch zeugen zahlreiche tiefe Tümpel, die von dunkelbraunem Moorwasser erfüllt sind, von -der intensiven Torfausbeute der vergangenen Kriegsjahre. Aber gerade hier hat sich eine besonders reiche Wasserflora erhalten: weisse Seerosen, schwimmendes Laichkraut, Sumpfblutauge, Tausendblatt, kleinster Igelskolben, Zweizahn, Rohrkolben, Moorschachtelhalm und verschiedene Seggenarten.

Abb. 4 Im Schwändiriet, Unterwetzikerwald. (Photo W. HözN, 26. Februar 1961.) Jahrgang 106 Naturschutz 495

Als besonderes botanisches Juwel muss das Bönlerstuck genannt werden. Es beherbergt heute noch alle Moortypen vom Flachmoor über das Zwischenmoor mit den ausgedehnten Schnabelsaatbeständen (Rhynchospora), der seltenen Sommer-Drehwurz, ferner zahlreiche Schlenken mit Scheuchzeria, Lycopodium inundatum und den zwei Seggen Carex chordorrhiza und Carex heleonastes, welch letztere hier den einzigen Standort im Kanton Zürich besitzt. Dicht da- neben treten wir wieder in die typischen Hochmoorbestände mit all den schon früher genannten botanischen Seltenheiten. Das ganze Ried war in der frühen Nacheiszeit noch ein offenes Seebecken, das dann im Verlaufe von Jahrtausenden verlandete. Noch zeugen die tiefsten Schichten im Moor, die aus Seekreide und Lebertorf bestehen, vom frühesten Zustand. Eine ganz besonders reiche Algenflora lebt verborgen in den Moos- filzen dieses Moores. Was dem gesamten Moorgebiet noch einen besondern Wert in pflanzengeo- graphischer Hinsicht verleiht, sind die Einstrahlungen von subalpinen Floren- elementen, wie Arnica montana, Schlangenknöterich (Polygonum Bistorta), Gentiana asclepiadea, Trollius europaeus, Primula farinosa und Trichophorum alpinum und T. caespitosum. An diese wundervolle Moorlandschaft ist natürlich auch eine besonders reiche Tierwelt gebunden. Die Gehölze und Moore stellen einmal für die höhere Tier- welt ein unvergleichliches Refugium dar, im besondern für Reh und Hase. Auch der Fuchs hat in den unabgebauten Torfschichten des Hiwilerrietes seine Höhlen gegraben. Ringelnatter und Bergeidechse besitzen hier ein ausgiebiges Jagdgebiet. Die zahlreichen Moortümpel werden schon anfangs März von zahl- losen Grasfröschen und Kröten zur Laichablage aufgesucht. Als Dauerbesiedler treffen wir hier Wasserfrösche und Alpenmolche. Gross ist sodann die Zahl der Wasserschnecken und Zwergmuscheln, der Libellen und Eintagsfliegen, deren

Abb. 5 Moortümpel im Hiwilerriet; Algenwatten. (Photo W. HÖHN, 26. Februar 1961.) 496 Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich 1961

Larven die Tümpel bevölkern, nebst einer ungezählten Menge von Wasser- käfern und Wasserwanzen. Die Spinnenfauna ist durch einen besondern Reich- tum vertreten: Streckfuss-, Quadrat- und Hornspinnen, die ihre Radnetze teils über die Wasserflächen, teils zwischen den Riedgräsern ausspannen, Sack- und Wolfspinnen, die sich neben den Wasserläufern auf der Oberfläche der Tümpel tummeln. Zwischen untergetauchten Wasserpflanzen hat die seltene Wasser- spinne ihre Taucherglocke eingesponnen und halten sich ungezählte Wasser- käfer und Wasserwanzen verborgen. Im Grunde der Moorgräben flitzen Scharen von Gründlingen dahin. Tausende von Fliegen und Mücken schwirren und tanzen im Sonnenschein über dem Moor, während im Dschungel der Riedgräser Schrecken und Zikaden herumturnen. Wald und Gebüsch bieten einer reichen Vogelwelt Lebensmöglichkeit. Rohrammer und Teichrohrsänger gehören zu den regelmässigen Brütern in diesem Moorgebiet. Stockenten besuchen regel- mässig die kräuterreichen Moortümpel, Gold- und Grauammern, verschiedene Meisenarten suchen Gebüsche und Bäume des Moorwaldes ab. Regelmässig stellen sich auch Kiebitze und Sumpfschnepfen ein, und schon seit Jahren be- siedeln Fischreiher einen Horst in der Nähe des Oberhöflerrietes. Nun sind glücklicherweise schon vor Jahren Gemeinde- und Kantonsbehör- den auf den Wert und die Schönheiten dieser Landschaft aufmerksam geworden. Durch Regierungsratsbeschluss vom 14. April 1937 sind die Bergföhren im Hi- wilerriet bei Bossikon als Glazialrelikt unter Schutz gestellt worden. Eine Par- zelle wurde angekauft. Durch Beschluss des Gemeinderates Hinwil vom 7. No- vember 1955 wurde der «Unterwetzikerwald», umfassend die Moore »Hiwiler- und Oberhöflerriet», unter Schutz gestellt, soweit das Gelände innerhalb der Gemeindemarken von Hinwil liegt. Noch nicht geschützt sind die dicht daran angrenzenden Moor- und Drumlingebiete der «Hanfländer», des «Hatsberges», des «Schwändihügels» und, jenseits der Bahnlinie, das «Bönlerstuck», das «Am- bitzgiriet» mit dem Kirch- und Jungholz. Diese letztgenannten Areale bilden mit den schon bestehenden Schutzzonen eine landschaftliche Einheit, die der Nachwelt in dem Zustande, in welchem sie sich heute befindet, erhalten bleiben sollte (Abb. 4 und 5) . Eine grosse Gefahr für die noch bestehenden Moore besteht darin, dass sie als Ablagerungsplatz für Bauschutt und sonstigen Abraum ausersehen werden. Heute schon wurden beim unlängst abgebrannten Gehöft Schwändi auf beiden Seiten des Flurweges, der von dort durch das Ried in den Unterwetzikerwald führt, die Reste des verbrannten Heustockes, verkohltes Gebälk und Mauer- reste ins Ried abgelagert. Es ist zu befürchten, dass dieses Beispiel nur den An- fang bildet und zu weitern Verschandelungen des Landschaftsbildes führt. W. HÖHN-OCHSNRR