Die Studentenzeitung der Berliner Humboldt-Uni 4. JAHRGANG UnAUFGEFORDERT 41 50 Pfennig Für Nichtstudenten 100% Aufschlag Am Zeitungskiosk für alle 70 Pf. 25. November 1992 2 FRAKTIONEN UnAUFGEFORDERT

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"Studieren • ohne Ahi?" OJnAuf 401 wenn hierfür eine Sonderquote festgelegt wird und gleich­ möglich unabhängig erfolgen. Eine Studentin hat den verständlichen Wunsch geäußert, zeitig Auswahlkriterien benannt werden, aufgrund derer 3. Die Bewerberinnen sollen nicht einem wie auch der Leiter der Studienabteilung möge das künftige Ver­ die Bewerberinnen in eine Rangfolge für die zur Verfü­ immer objektiven oder willkürlichen "Eignungs­ fahren und die Modalitäten eines Studienzugangs nach § gung stehenden Studienplätze der Sonderquote gebracht prüfungsverfahren" unterzogen werden. 11 Berliner Hochschulgesetz (BerlHG) in dieser Zeitung werden können. 4. Bei den Entscheidungsprozeduren soll ein möglichst erläutern. Diesem Wunsch komme ich umso lieber nach, Hierbei liegt das Kernproblem darin, solche Auswahl­ hohes Maß an Gleichbehandlung der Bewerberinnen als damit Gelegenheit besteht, einige Unzulänglichkeiten kriterien zu benennen. Wenn eine vom Gesetz nicht schon allein aufgrund des Verfahrensablaufes erreicht des Artikels richtigzustellen. vorgesehene "Eignungsprüfung" vermieden werden soll werden. Seit mehreren Jahren eröffnet § 11 BerlHG die Möglich­ (und das halte ich für richtig), dann können solche Auf der ganz praktischen Ebene erspart dieses Verfah­ keit, ohne allgemeine oder fachgebundene Hochschul­ Auswahlkriterien nur formale sein. Das könnte dann ren den Bewerberinnen auch manche Laufereien: Sie/er zugangsberechtigung ein Studium aufzunehmen. Aller­ etwa dazu führen, daß eine errechnete Durchschnitts note reicht den Antrag auf Zulassung gem. § 11 BerlHG mit dings sind einige Mindestbedingungen zu erfüllen: Nach­ des Schulabschlusses plus Durchschnittsnote der Be­ den erforderlichen Unterlagen (Zeugnisse, Belege) und zuweisen ist ein Realschulabschluß oder vergleichbarer rufsausbildung, multipliziert mit der Zahl der Berufsjahre, einer Begründung des Studienwunsches beim Studen­ Schulabschluß, eine fur das angestrebte Studienfach darüber entscheidet, in welcher Rangfolge sich die ten-Sekretariat ein; nach Ablauf einer unterschiedlich geeignete abgeschlossene Berufsausbildung und danach Bewerberinnen wiederfinden. An der Sinnhaftigkeit ei­ langen Bearbeitungszeit erhält sie/er eine Mitteilung der eine mindestens vierjährige Berufserfahrung. nes solchen Verfahrens scheinen Zweifel angebracht. Präsidentin darüber, ob dem Antrag stattgegeben wurde Es handelt sich also zunächst um formale Anforderun­ Für Studiengänge, die aus mehreren Teilstudiengängen oder nicht. gen, die die Bewerberinnen nachzuweisen haben. Wich­ bestehen (Magisterstudiengänge) schreibt die Satzung tig hieran: Die Berufserfahrung muß nach der abge­ der HUB vor, daß der Prüfungsausschuß des ersten Zwei persönliche Anmerkungen seien mir noch gestat­ schlossenen Berufsausbildung liegen; auf das angestrebte Hauptfaches als 'federführenderPrüfungsausschuß" die tet: Studienfach braucht nur die abgeschlossene Berufsaus­ Stellungnahmen aller anderen Prüfungsausschüsse / a) Völlig zu Recht wird die Studienmöglichkeit gem. § bildung bezogen zu sein, nicht die Berufserfahrung. Fächer einzuholen hat. An diesen Verfahrensweg knüpft 11 BerlHG als eine Chance gesehen, Studienwünsche Ausfallzeiten bei der Berufserfahrung sind anzurechnen sich die Erwartung, daß bei möglichen unterschiedlichen nachträglich zu realisieren, die in der DDR vor 1989 z.B. Arbeitslosigkeit, Wehrdienst. DieFormulierung die­ Wertungen über den geeigneten Berufsabschluß für das nicht realisierbar waren (aus welchen Gründen auch ser Anforderungen ist allerdings so eindeutig, daß ein angestrebte Studium die jeweiligen Prüfungsausschuß­ immer). Gleichwohl ist dieser Paragraph kein Ermessens- oder Entscheidungsspielraum nicht besteht. mitglieder eher zu einer einvernehmlichen Empfehlung "Rehabilitierungsparagraph" in dem Sinne, daß politi­ Für eine Universitätsverwaltung wäre es anmaßend, im Sinne der Bewerberinnen gelangen, als wenn seitens sche Benachteiligung einen Vorrang bei den Zulassun­ wollte sie darüber entscheiden, ob eine bestimmte Be­ der Verwaltung oder der Antragstellerinnen bei zwei gen gem. § 11 BerlHG begründen würde. rufsausbildung für ein bestimmtes Fachstudium geeig­ oder drei Prüfungsausschüssen unabhängig voneinan­ b) Aus meiner Sicht ist es nur wünschenswert, wenn die net sei oder nicht. Deshalb ist in der, von der Senats­ der nachgefragt würde. vom Akademischen Senat beschlossene Satzung mög­ verwaltung für Wissenschaft und Forschung allerdings Bei diesen geisteswissenschaftlichen Studiengängen, lichst bald von der Senatsverwaltung für Wissenschaft noch nicht bestätigten, Satzung für die Humboldt-Uni­ ist es besonders schwierig, festzulegen, welche Berufs­ und Forschung bestätigt würde. An einer möglichen versität zum § 11 BerlHG vorgesehen: Wenn die Ver­ ausbildung für welche Studienfächer geeignet erschei­ Zugangsregelung für zulassungsbegrenzte Studiengänge waltung die formalen Voraussetzungen geprüft hat, wird nen. Es gibt kaum eine abgeschlossene Berufsausbil­ müßte nach meinem bisherigen Eindruck wohl nicht nur der Prüfungsausschuß des Faches, das als erstes dung, die z.B. für Philosophie oder Vietnamistik, für Ur- auf Fachbereichsebene (Benennung von Auswahl­ Studienfach genannt ist, eine Einschätzung geben, ob und Frühgeschichte oder Lusitanistik auf Anhieb als kriterien) intensiver nachgedacht werden, sondern auch die nachgewiesene Berufsausbildung für das angestreb­ geeignet einzuschätzen wäre. In erläuternden Gesprä­ auf der Ebene der Senatsverwaltung - etwa im i linblick te Fachstudium geeignet sei. Wenn der Prüfungsaus­ chen mit Vertretern der einzelnen Fachbereiche haben auf eine Änderung der Hochschulzulassungsverordnung. schuß dies bejaht, steht einer vorläufigen Immatrikulati­ wir darauf hinzuwirken versucht, die Anforderung "ge­ Dr. Pieper on nichts im Wege. eignete Berufsausbildung" außerordentlich weit zu in­ Leiter der Studienabteilung Die Betonung liegt hierbei auf vorläufig, denn nach § 11 terpretieren. Nach unserer bisherigen Erfahrung haben BerlHG können diese Studierenden zunächst nur befri­ sich die Fachbereiche diese Grundhaltung zu eigen stet für zwei Semester eingeschrieben werden. Die ange­ gemacht; dies auch im Hinblick darauf, daß die zwei Studenten für Studenten: sprochene Satzung sieht vor, daß nach Ablauf von zwei Semester der vorläufigen Immatrikulation für die Studie­ BAföG-Be ratung: Semestern der zuständige Prüfungsausschuß darüber renden eine "Probierphase" darstellen, in der sich erst entscheidet, ob die vorläufige Immatrikulation in eine wirklich zeigen kann, ob jemand für das angestrebte Mo 14.00- 16-OOUhr, Die 13.00- l5.00Uhr, endgültige einmündet oder ob sie um ein oder zwei Studium die nötigen Voraussetzungen mitbringt. Mi 12.00-14.00 Uhr, Do 13.30- l5.00Uhr, weitere Semester verlängert wird (gegebenenfalls mit Was nach dieser Darlegung wie ein bürokratisiertes HG 2078, Tel.: 2093 2303 • weiteren Auflagen) oder ob eine Fortsetzung des Studi­ Verfahren erscheinen mag, erweist sich nach unserer um abgelehnt wird. Auffassung bei genauerem Hinsehen als besonders fair Beratung Lehre und Studium: Von größerer Bedeutung ist, ob ein Studienzugang nach für die Antragstellerinnen: Mi 14.00- l6.00Uhr.Do 12.00- l4.00Uhr § 11 BerlHG auch für zulassungsbegrenzte Studiengänge 1. Es wird ausgeschlossen, daß nur ein Fachbereich oder HG 3107, Tel.: 2093 2603/04 (NC-Studiengänge) möglich sein soll. In der Rechts­ nur die Verwaltung über die vorläufige Immatrikulation vorschrift "Hochschulzulassungsverordnung für das entscheidet. Land "ist festgelegt, daß ein Studienzugang für 2. Die Entscheidung über die angemessene Berufsaus­ Bewerberinnen gem. § 11 BerlHG dann möglich ist, bildung soll von persönlichen Einflüssen soweit wie

Impressum UnAUFGEFQRDERT Die Studentenzeitung der Berliner Humboldt-Uni. Erstmals erschienen am 17. November 1989. Redaktiorvlnao Bach, Hannah Lund, Jens Schley (leitende Redakteure), Arlett Albrecht, Oliver Bast, Petra Böckler, Stefan Deutscher, Juliane Kerber, Ulrich Miksch, Rudi Neick, Katrin Pietzner, Stefan Söhnchen, Uwe Tigör, Alexandra, Franziska, Daniela, Gerhard, Helge Kontakt Humboldt-Universität zu Berlin, Unter den Linden 6,0-1086 Berlin; Hauptgebäude Raum 3022, Tel.: 2093 2288, fax: 2093 2770 Herauswerfer: Studentenrat der Humboldt-Uni, Unter den Linden 6, Berlin 0-1086: Tel.: 2093 2603/04 Redaktionsschluß: 13. November 1992 Sat; Hannah&lngo Druck: Contrast, Hauptstr. 159, 1000/62 gedruckt auf Umweltschutzpapier Nachdruck, auch auszugsweise, ist ausdrücklich erwünscht. Wir bitten aber um Quellenangabe und Belegexemplar. Für alle Fakten besteht das Recht auf Gegendarstellung in amgemessenen Umfang. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wider. Kürzel werden nur von Redaktionsmitgliedern verwendet. Die nächste Ausgabe erscheint vorraussichtlich 8. Dezember. Die Redaktionssitzungen sind öffentlich. Nächste am 24. November, 1. Dezem­ ber etc. pp. 18 Uhr in der Redaktion Redaktionsschluß für die nächste Nummer: 26.11.1992 Konto: Hannah Lund. Berliner Sparkasse, Kto.: 0104002077, BLZ 10050000 UriAUFGEFORDERT UnSPORTLICH 3 "WIR VERMARKTEN EINE IDEE" OLYMPIA 2000 in Berlin

Heiner Giersberg, Sprecher der "Gesellschaft Als der Spanier mit seinen Sportfunktionären gelben Olympia-Trabanten geträumt und so zur Vorbereitung der Olympischen Spiele September vergangenen Jahres zur der Olympia-Werbung ("Ein neues mbH", rutscht unruhig auf seinemBürosessel IOC-Tagung in Berlin weilte, durfte es an Lebensgefühl für Berlin") zu einer weiteren hin und her: "Ich kann nichts fehlen. Für Sama­ Großtat verholfen. überhaupt nicht verste­ ranch war die Schinkel- hen, warum die jungen Suite(3.000,-DMproTag) 'Unsere Zehn Gebote" Leute dieser Stadt nicht im Grand-Hotel reserviert, verstehen, wie wichtig 16 Mercedes-Limousinen die Olympischen Spie­ der S-Klasse bildeten den Derart abgehoben macht es natürlich Mühe, le für uns sind", - ruft er Fuhr-park, ein IOC-Funk­ den Berlinern begreiflich zu machen, warum in sein von grellgelben tionär fand seineLieblings- sie die Olympischen Spiele brauchen. Heiner Olympiamaskottchen schokolade auf dem Nacht­ Giersberg hielt im Gespräch mit UnAuf- behängtes Zimmer hin­ tisch, ein anderer die Tüte gefordert immer wieder feierlich ein Flug­ ein. "Wir bauen Woh­ mit den bevorzugten Kar- blatt mit zehn Punkten in die Höhe, auf nungen, schaffen die toffel-chips. Am Abend ent­ denen "exakt das steht, was sie wissen müs­ modernste Telekom­ blödete sich der regierende sen!". Seine Pressereferentin meinte munikation in die Stadt Bürgermeister der Stadt, scherzhaft: "das sind unsere zehn Gebote!" - und vor allem holen wir Eberhard Diepgen, nicht, ei­ und so lesen sie sich auch. Privatinvestoren hier­ nen Empfang im Pergamon- UnterPunkt 10 steht beispielsweise: "Schaut her, ist das so schwer zu Altar zu geben, just da, wo auf diese Stadt. Jetzt sind in Berlin Selbstbe­ begreifen, daß ohne fünfundfünfzig Jahre zuvor wußtsein und Mut gefragt. Bange machen Olympia diese Stadt schon einmal die Stadt­ gilt nicht. 'Nein' sagen und nichts tun ist überhaupt keine Stadt regierung mit ihrem Gau­ einfach. Deshalb sagt Olympia 'ja' zur Zu­ ist?" Scheinbar ja. 39 leiter Goebbels das Vergnü- kunft. Sagt 'ja' zu Olympia!" Und unter Prozent der Berliner, so Üwwi.'. I gen hatte, olympische Spiele Punkt drei wird dargestellt, was Olympia die Zahlen einer Emnid-Umfrage, sind der in Berlin zu feiern. heute bedeutet: "Money, Money. Olympia Meinung, Berlin sollte auf Grund der aktuel­ Befragt, wie die Olympia-GmbH denn mit rechnetsich: 3,3 Milliarden Mark Ausgaben, len Probleme auf die Spiele verzichten. diesem Spannungsfeld Olympiade Berlin aber 3,5 Milliarden Einnahmen. Kein Geld Bis zum 23. September 1993 hat Giersberg 1936 umzugehen gedenkt, war die Antwort des Steuerzahlers für Olympia. Im Gegen­ und seine GmbH noch Zeit, die Berliner von der Pressereferentin erschrek- teil: Wir machen der Notwendigkeit eines Olympiaspektakels kendeinfach: "Wirwerden die Gewinn ! Und erhal­ in ihrer Stadt zu überzeugen. Dann wird in Skulpturen von Arno Breker ten nebenbei noch Monte Carlo entschieden, welche Stadt im im Olympia-stadion in Glas­ eine Menge Vor­ Jahre 2000 beweisen darf, wie perfekt sich vitrinen stellen und kleine teile."- Olympia aus Sport Geld machen läßt. Schilder anbringen, von wem 2000, das Riesen­ das ist und was das sein soll. geschäft. Aus Sport Geld machen ! Damit hätten wir die Vergan­ Auf andere Sport­ genheit bewältigt." gruppen in der Stadt Um die Olympiabewerbung durch­ Die Tatsache, daß die olympi­ und deren Trai­ zusetzen, scheint der leere Haushalt der Stadt schen Spiele irgendwann ein­ ningsflächen kann plötzlich wieder Geld zu haben: 59 Millio­ mal für Sportler gedacht wa­ bei solcherart groß­ nen Mark werden allein für Werbung und ren, scheint der GmbH nicht zügigen Planungen Öffentlichkeitsarbeit bis dahin verpulvert besonders wichtig zu sein, in manchmal keine sein, der Berliner Senat nennt sogar 120 dem monatlich erscheinenden Rücksichtmehr ge­ Millionen Mark, die er für die Olympischen "Olympia-Magazin" (Auflage nommen werden. Spiele bereit ist, auszugeben. Seit 1991 küm­ 60.000) geht es nur um die Der Hochschul­ mert sich eine neugegründete "Olympia- poh tische Dimension der Spie­ sport und das Sport- GmbH" mit 44 Mitarbeitern um die erfolg­ le und die Vorstellung neuer wissenschaftliche reiche "Vermarktung der Olympischen Idee", Werbestrategien. Im Heft 9/ Institut befinden 92 wird beispielsweise der neu wie die Pressereferentin Simon der GmbH sich dadurch in ei­ geschaffene "Olympia-Trabi" erklärt. Das wichtigste Ziel scheint den ner prekären Hal­ im Maßstab 1:87 mit "Olym­ Olympiamanagern dabei die Überzeugung lensituation. pia-Bärchen" auf dem Dach vorgestellt, ein des IOC-Fürsten Samaranch und seiner Hof­ Die Studenten des Institutes für Sport­ Gymnasiast hatte eine Nacht lang nur von adligen zu sein. wissenschaften der Humboldt-Universität 4 UnSPORTLICH • stellten Anfang Mai diesen Jahres erschreckt Universität, Studenten, die in Fächer­ fest, daß auf dem Stadion der Weltjugend in kombination beispielsweise Sportwissen­ den Turnhallen und Umkleideräumen das schaften und Rehabilitationspädagogik stu­ Wasser abgestellt war und vor dem Haupt­ dieren, werden mehr Zeit für die Fahrten eingang des Stadions verdächtig große Bau- zwischen den einzelnen Studienorten ein­ fahrzeuge parkten. Auf Nachfrage erhielten planen müssen. sie die Antwort, daß das Stadion abgerissen Die meisten Seminare und Vorlesungen STUVE-TAGUNG IN wird und sie sich anderweitig eine Möglich­ werden zunächst als Übergangslösung in der EGSDORF keit suchen müßten, um zu trainieren. Die Konrad-Wolf-Str. 5 stattfinden, der endgülti­ Mitte Oktober wollte die studentische Humboldt-Universität, die für das Stadion ge Umzug in die "Herberge im Sportforum", einen Pachtvertrag hatte, kümmerte sich erst Liste "StuVe" alle Studenten, die entweder wo später einmal der Lehrbetrieb ablaufen im verstorbenen Studentenrat ar- gar nicht um dieses Problem und weiß wohl soll, ist noch völlig offen. beitetenoder in irgendeinem Selbst­ auch heute noch nicht, daß sie diese ideal "Die Mitnutzung eines Vorlesungsraumes verwaltungsgremium der Universität stu­ gelegene Sportstätte für immer verloren hat. im Funktionsgebäude (Fußball) wird zur Zeit dentische Interessen wahrnehmen, zu ei­ Für die "Spowis", die Studenten der geprüft, die V. und VI. Etage der Konrad- nem Treffen einladen, um aktuelle Fragen, Sportwissenschaften, scheint Olympia der Wolf-Str. in Hohenschönhausen bedürfen Probleme usw. zu beraten - allein die Ausschlag für den endgültigen Umzug ge­ einer malermäßigen Instandsetzung und ei­ Studentenfunktionäre kamen nicht oder wesen zu sein, durch den Abriß des Stadions ner Büro- bzw. Seminarraumgestaltung, be­ wollten nicht mehr. Drei Wochen später der Weltjugend und der Totalsanierung der versuchten es die StuVianer noch einmal vor der Studienbetrieb beginnen kann", so und ganze 20 Studenten kamen ins die Ergebnisse einer Besprechung zwischen Charitéheim nach Egsdorf. Das Essen war "Eine Lösung wird nicht verraten! ' ' dem Institut und dem Sportforum Berlin, gut und die Umgebung auch, bloß Sinn und dem jetzigen Nutzer der Gebäude in Zweck der Veranstaltung blieben ein wenig Hohenschönhausen - das Provisorium scheint im Dunkeln. Die ausgeschriebenen AStA- Werner-Seelenbinder-Halle stellte sich für weiterzugehen. Wahlen standen drohend im Hintergrund, die Berliner Senatsverwaltung für Wissen­ Ob der Umzug zum genannten Termin über­ sie waren Hauptpunkt der Diskussionen. schaft und Forschung die Frage eines neuen Daß die StuVe nun an den AStA-Wahlen hauptrealisiert werden kann, erscheint eben­ teilnimmt, stand hier außer Frage, daß sie Standortes für die Sportwissenschaften an falls fraglich. "Der Leerstand der Gebäude der Humboldt-Universität akut. allerdings von der den Studenten dieser ist gegeben, mit den Arbeiten kann umge­ Universität in der Realität weit entfernt Die Olympia-GmbH, die mit diesen Proble­ hend begonnen werden", meldete das Insti­ ist, wurde den StuVianern nicht so richtig men nur bedingt betraut ist, "suche intensiv tut für Sportwissenschaften am 19.10.1992 klar. Sätze wie: "Kommen denn ohne uns nach Ausweichmöglichkeiten für die Sport­ an die Humboldt-Universität, diese setzte AStA-Wahlen überhaupt zustande?", zeu­ ler an der HUB, ihr tue die ganze Vorgehens­ jedoch erst einmal das Referat Bauplanung gen vom anhaltenden Realitätsverlust der weise schrecklich leid." "Eine Lösung", so in Bewegung, um "Konzepte für eine zweck­ StuVianer, dann sprach man vom "Wahl­ Sprecher Giersberg, "ist schon gefunden. entsprechende Nutzung zu erarbeiten". kampf", einer "Regierungs-erklärung" des Die verrate ich aber nicht!" Braucht er auch neugewählten AStA's-alles ganz wie in der Trotz aller Unsicherheit wäre diese Lösung großen Politik. nicht, denn das Problem scheint bereits ge­ für beide Seiten, für die Universität einer­ löst. Marlis Dürkop kam auch zu Besuch, hörte seits und für die Stadt andererseits wohl die sich die Klagen der anwesenden Studenten Die Sportstudenten werden ein neues momentan annehmbarste Entscheidung für an, notierte alles und versprach Besserung. "Sportforum Hohenschönhausen" erhalten, einen neuen Standort der Sportwissen­ Als es an die Aufstellung von Kanidaten für mit Beginn des Jahres 1993 beginnt der schaften. Von Entlassungen ohnehin schon den Wahlvorschlag der StuVe ging, kam es Umzug, der Studienbetrieb soll zum gebeutelt, könnten "wir uns dann endlich zum Eklat: Es waren zwar fünfzig Personen Sommersemester in den neuen Räumen an­ mal in Ruhe austoben und müßten nicht notiert worden, die man zur Kanidatur laufen. ständig zwischen hundertfünfzig Häusern überreden wollte (nicht eine von denen Dies ist Ergebnis einer Tagung vom hin- und herrennen, um studieren zu kön­ war anwesend), als aber Sven Vollrath, 09.09.1992 in Hohenschönhausen, wo unter maßgebliches Mitglied der StuVe, erklärte, nen", beschreibt ein "Spowi" seine derzeiti­ er werde nicht kanidieren, wollten auch Anwesenheit eines Vertreters der Präsiden­ ge Studiensituation. tin der HUB, Marlis Dürkop und des Staats­ alle anderen anwesenden StuVianer nicht Den Sportwissenschaftlern ist es egal, ob mehr mitmachen. Sven Vollrath = StuVe ÌÌÌ sekretärs der Senatsverwaltung für Schule, Berlin die Olympischen Spiele bekommt. Die nachfolgende Diskussion gab wohl den Berufsbildung und Sport, Günter Bock, end­ Für den Fall einer erfolgreichen Bewerbung besten Einblick in die momentane Situation gültig über den neuen Standort des Institutes ist aber eine Fusionierung beider Fach­ dieser studentischen Liste: persönliche für Sportwissenschaften verhandelt wurde. bereiche der FU/HUB nicht zu befürchten. Differenzen und große Meinungsverschie­ Auch die Senats Verwaltung für Wissenschaft "Aber ich kann nur noch einmal sagen, wir denheiten- alles Dinge, die auch dem und Forschung bekundete ihr "ausdrückli­ wollen nicht nach Hohenschönhausen, nur Studentenrat überhaupt nicht fremd wa­ ches Interesse" an der Lösung Sportforum ren. weil es jetzt diese Berwerbung Berlins für Daß es auch ohne die StuVe einen AStA Hohen-schönhausen, "die Bedingungen für die Olympischen Spiele gibt. Olympia brau­ 'Studium und Forschung im Sportforum soll­ geben wird, werden die"Funktionäre mit chen wir nicht!" - NOlympia 2000! ten konzeptionell entwickelt werden", so Kind" (UnAuf Nr. 38) spätestens am ^Fe­ Herr Wolf vom Institut für Sportwissen­ bruar merken, dann sind die AStA-Wahlen vorbei. schaften optimistisch. jot Der neue Standort hat jedoch Nachteile: Wenn auch die Sportstätten zentral beiander THE UNAUF-INQUIRY-TEAM gelagert sind, so befindet sich das Institut nun weit ab von den Zentralgebäuden der UnAUFG£FORDERT UnGEHALTEN 5 In 3022 was Neues? Langsam und geisterhaft öffnet sich die Tür. Im Türrahmen stehen drei, vier schmächtige Gestalten. Die Neuen. "Tja ahm, können wir ...jaalso eigentlich wollten wir, äh zuschauen ?" Eine Stimme, die das Kürzel OJOFF trägt, donnert aus dem Hintergrund: "Aber klar doch, setzt Euch !" und "Habt Ihr schon 'nen Scheinstudium ?! Artikel mitgebracht ?" Damit hatten sie uns. Uns Neue. Jetzt sind wir dabei. Der "Rettungsring" hat SOS Schein oder Lichtschein - das ist nicht nur zweifeln und die vorbeieilenden "Erfahrenen" gefunkt. Nun stehen wir im Türrahmen und hier, sondern in nahezu allen deutschen zu Tränen rühren. wollen ein bißchen Revolution machen. Rot­ Hochschulen die Frage. Des Studiums letzter Aber spätestens mit der Zwischenprüfung schwarz (A). Neue Farben für die Un AUF. Schluß, des freien Studenten non plus ultra muß der gegängelte und in den Grundlagen Mit Traditionen wird gebrochen, von wegen scheint im Schein gefunden zu sein. gefestigte Studierende in das Licht der Kaffeetrinken bei der Arbeit. Nein - Neues Der Sinn des Erfinders ist klar - mehr Freiheit entlassen werden. Er weißjetzt, was Denken, Glasnost, Pivo und Perestroika - das Selbständigkeit für die Studierenden, mehr er will, zumindest sollte er es wissen. Und sind die Schlagworte. Von wegen alter Trott Möglichkeiten für die Lehrenden, ihr Wissen genau jetzt muß er dies dürfen können. und so. Wir werden den Uralt-Redakteuren loszuwerden-auch Sc/iemwissen wird so an Ungestört von Unnötigem! Eine enge das Fürchten lehren. "Nie wieder spießige den Mann/die Frau gebracht. Pervertiert ist Zusammenarbeit Dozent/Studierender mit Artikel. Nie wieder trostlose Redaktions­ dieses System jedoch zu einer bloßen Jagd dem Ziel der gegenseitigen Beförderung sitzungen. Gummibärchen für alle!" nach mehr oder weniger geliebten, nicht- einzig auf der Basis des Wissensdurstes, destotrotz geforderten Scheinen. ohne das vermeintliche Korsett Schein! Die P.S. : Der Stift, der diesen Unsinn schrieb, hat Kaum einer, der nicht x-mal hin- und Lehrenden wären gezwungen, mehr attrak­ das Kürzel ..., genauso unverständlich wie hergerechnet hat, ob die erforderliche tive Angebote zu unterbreiten, wenn sie auf OJOFF oder so. Zettelanzahl erreicht ist, um sich prüfen Zuhörer und Mitmacher Wert legen; die Für 'ne kurze handschriftliche Gegen­ lassen zu dürfen. Und kaum einer, der nicht Studierenden hätten mehr Zeit und Lust, das darstellung der Hauptverantwortlichen hab manche Lehrveranstaltung nur die ersten Ihrige zu tun. Eigenständige Forschung unter ich auch 'n bißchen Platz gelassen. Keiner und letzten zwei Male im Semester Anleitung - das sollte das Credo des hat gesagt, daß mir nichts mehr einfiel veranstaltet, um an das begehrte Stück Papier Hauptstudiums sein. zu gelangen. Dozenten schlagen sich mit Aber das alles kostet Geld, viel Geld, daß gelangweilten, uninteressierten Studenten dem Bildungsbereich seit Jahren vor­ herum - beide Seiten wissen : diese Beziehung, enthalten wird. Das ist eine Existenzfrage. die theoretisch eine Liebesbeziehung sein Die Scheinexistenz eines effektiven Studium sollte, ist doch nur eine Schein-Ehe. Das muß in eine reale gekehrt werden. Es ist Demnächst werden 10 Kilo Gummibärchen kostet beide Seiten nicht nur Nerven, sondern lange schon an der Zeit ! eingelagert...Für unsere lieben Kleinen! auch viel, viel Motivation. Die Unlust wird Einer der Uralt-Redakteure OJO immer größer, die Ergebnisse werden immer Anzeige kleiner. Kurz: die Bildung bleibt auf der Strecke. Daß ein vorgeschriebener Semesterplan, wie in längst vergessener Zeit, nicht die Lösung sein kann, ist offensichtlich. Genauso ist ein Hffli/BT IN DIE il t breiter gefächertes Grundlagenwissen unerläßlich, um keine Fachidioten heran- • Unsere SpezialStrecke - Flugtickets weltweit STUDENTEN/INNEN-, zuzüchten. Linienflüge aller namhaften Airlines: SCHÜLER/INNEN-, Dieses Grundwissen zu vermitteln, ist die - für Jugendliche, Studenten und Lehrer JEDERMANN/FRAU-, Existenzberechtigung des Grundstudiums. - für "Jedermann" LAST MINUTE-, CHARTER Hier ist folglich ein Semesterplan mit den UND UNIENFLÛGE Grundlagenfächern und den damit ver­ bundenen Möglichkeiten einer planbaren • Sprachreisen nach England, Malta, Frankreich, Spanien Nutzung der Räume sinnvoll.Die Erfahrung • Gruppenreisen nach Ihren Wünschen lehrt, daß die meisten Erstsemester dankbar • Individuaireisen nach Israel, Irland, Türkei sind für "Rettungsringe" und andere • Preiswerte Unterkünfte in London Vorgaben, auf die es sich stützen läßt. • BIJ-Bahnfahrkarten für Menschen unter 26 Jahren STUDENTEN Erinnert sei hier nur an den Semesterbeginn, • Internationale Studentenausweise, Jugend­ wenn die mit irrem Blick umhertaumelnden herbergsausweise REISESERVICE Anfänger vor dem nicht zu durchschauenden Marienstraße 25 Öffnungszeiten: MO-FR 10-18 Uhr O-1040 Berlin Vorlesungsverzeichnissen schier ver­ 2 81 6741 6 UnAKTUELL Un AUFGEFORDERT Zwischen Rebellion und Männerfreundschaft Die deutschen Burschenschaften und ihr zwei -felhaftes Comeback Burschenschaft (DB) wiedergegründet. Sie setzte sich von nun an, was von ostdeutschen Anhänger besonders gern betont wird, für die deutsche Einheit ein. Allein, es ging dabei weniger um die staatliche Einheit der beiden deutschen Staaten als viel mehr um die Grenzen von 1937. Manche Burschen­ schaft, wie die Münchener Danubia, unter­ stützen offen die Republikaner und bis heute heißen die ostdeutschen Länder Mittel­ deutschland. Hier lebten 1990 die Burschenschaften nach über 40jährigem Verbot wieder auf - am Ursprungsort burschenschaftlicher Geschich­ te wurde die" Jenensia" gegründet. 1992gibt es mindestens sechs studentische Verbin­ dungen allein in Jena, 60 Korporationen sollen sich insgesamt an Hochschulen und Universitäten der neuen Bundesländer ge­ bildet haben. Sich auf die guten Traditionen besinnend, distanzierte man sich 1990 in Eisenach von deutsch-nationalen Auf­ märschen der DB in Eisenach. In den folgenden zwei Jahren wurden die Stimmen der Burschenschaften vorsichti­ Die Farben der 1815 in Jena gegründeten entlassen werden. ger: man halte die Ostgrenzen nicht für Urburschenschaft haben in der deutschen In den 1840er Jahren betreibt eine sogenann - heilig, aber man könne den Polen keinen Geschichte unübersehbare Spuren hinterlas­ te Progressbewegung die Erneuerung der anderen Grenzverlauf aufzwingen. So sehe sen; mit schwarz-rot-goldenen Bändern zieht Hochschulen: Aufhebung der Fakultäten, ge­ man in diesem Punkt die Hauptaufgaben vor 175 Jahren eine aufbegehrende Studen- bührenfreies Studium, studentische Beteili­ beim Minderheitenschutz - der deutschen ten-schaftauf die Wartburg, um dem Beginn gung bei der Wahl von Professoren. Landsleute im Ausland ( so 1991 und 1992 der Reformation 1517 und den anti- Mit dem Scheitern der Revolution 1848/49 auf Tagungen der Deutschen Burschen­ napoleonischen Befreiungskriegen zu ge­ flaut aber auch die universitäre Rebellion ab. schaft). denken und einen freiheitliches einiges Nach der Reichsgründung verlor das politi­ Deutschland zu fordern. Man klagt das 1813 sche Ziel der deutschen Einigung an Bedeu­ Zum 175. Jahrestag des Wartburgfestes prä­ gegebene königliche Verfassungsverspre­ tung, bzw. schlug um in deutsch-nationale, sentierte man (und sogar frau) sich dann chen ein und damit verbunden u.a. bürgerli­ nationalistische Ideale. Brauchtum, Män­ erstaunlich offen: ein weiblicher Bursche che Rechtsgleichheit, Rede- und Pressefrei­ nerfreundschaft und Traditionen rückten in und ein Franzose hielten die Ansprachen und heit. den Vordergrund. Doch dabei vergaß man Wolfgang SchäublesahdieBurschemchatten sich für ein vereintes Europa engagieren. Schnell gründen sich an vielen deutschen zunehmend das liberale, demokratische Erbe Zeichnet sich ein neuer Trend ab? Welche Universitäten Burschenschaften. Am 18. der Burschenschaf ten. 1896 wurde beschlos­ Traditionen sind für die 1000 studentischen Oktober 1818, dem ersten Jahrestag des sen, keine Juden mehr in die Verbindungen Korporationen mit mehr als 155000 "Alten Wartburgfestes, wird die Allgemeine Deut­ aufzunehmen, als 1933 Literatur in Flam­ sche Burschenschaft gegründet. Der Kampf men aufging, nahmen Burschenschafter teil, Herren" oder Philistern und knapp 25000 um ein fortschrittliches Deutschland wird Goebbels berief sich auf eine Bücher­ Studenten für die Zukunft wichtig und prä­ immer massiver. verbrennung beim Wartburgfest 1817. Gro­ gend? Liegt heute das Hauptineresse in Freundschaftskreisen als Alternative zur Am 23. März 1819 tötet ein radikaler ße Teile der Deutschen Burschenschaft tra­ Anonymität der Massenuni und in den gün­ Burschenschafter den Lustspielautor und ten 1935 in den "Nationalsozialistischen Generalkonsul in Rußland August von Deutschen Studentenbund" über. stigen Karrierechancen? In welche Rich­ Kotzebue. Endlich ein Anlaß für die Herr­ Angesichts dieser Erfahrungen verboten 1945 tung streben die Burschenschaften heute? schenden, gegen die rebellierenden Studen­ die vier Besatzungsmächte die Bur­ ten vorzugehen. Die Burschenschaften wer­ schenschaften, 1949 stellte sich die den verboten, die Pressezensur verschärft, Rektorenkonferenz hinter diesen Beschluß. politisch unbequeme Professoren konnten Doch schon 1950 wurde die Deutsche UnAUFGEFORDERT 1 UnAKTUELL 7 "Uns liegt das Vaterland am Herzen" Gespräch mit einem Aktiven der Burschenschaft "Teutonia" Jena (von 1949 - 1992 im Westberliner "Exil")

Als UnAuf zu Ohren kam, daß sich ein Uni kaum noch Ansprechpartner und Ich habe mich im Telephonbuch erkundigt, Geographieprofessor dieser Universität Zusammenhalt, wie es früher durch die was es in Berlin für Verbindungen gibt, weil "schon darauf freut, wenn es hier wieder Seminargruppen gegeben war, auch das ich ursprünglich mehrere testen wollte. Die bunt wird", von den Bändern, Mützen Wohnheim bietet dafür keinen Ersatz, im "Teutonia" erschien mir am interessante­ und Schärpen der farbentragenden Gegensatz eben zu den Burschenschaften. sten, weil sie aus Jena stammte. Ich wurde Studenten, schien es uns an der Zeit, selbst Außerdem finde ich an den Burschenschaften dann gleich zu einer Vortragsveranstaltung schon mal Ausschau zu halten , ob es sie ihr nationales Engagement, ihr Eintreten für eingeladen, und lernte dabei zwei Leute schon wieder gibt: propere junge Männer die Belange des Vaterlandes, gut. Zum Bei­ kennen, die selbst erst seit kurzem aktiv mit markigen Schmissen im Gesicht und spiel hat die Deutsche Burschenschaft 40 waren. Nach einigen weiteren Gesprächen, ebensolch markiger Ge­ die ich noch direkt sinnung. Schließlich hatten Burschenschaft-Alphabet: a\if(Burschenschafts- unlängst mal Werbeplakate jargon-Red.) dem Hau­ einer in Westberlin an­ Burschenschaft: Eine Form studentischer Verbindungen, zu denen auch studentische Corps, se der Teutonia führte, sässigen Verbindung unter Landsmannschaften, Sänger- und Turnerschaften sowie konfessionelle Verbindungen (CV, Wingolf) stellte ich schließlich dem Motto "Studieren mit gehören. Als eine Art Dach verband fungiert die Deutsche Burschenschaft mit ihrem jährlichem Burschentag. einen Aufnahmeantrag. Freunden" auf dem Män­ Im Gegensatz zu anderen Organisationen sind die Burschenschafter politisch sehrinteressiert (Tradition Dazu gehörte ein Le­ der Burschenschaft Jena [seit 1815], Selbstverständnis: patriotisch - national). Mitglieder einer zur nerklo geklebt. Die Suche Deutschen Burschenschaft gehörigen Verbindung können nur männliche Studenten deutscher benslauf und eine aus­ blieb (zum Glück?) nahezu Staatsbürgerschaft werden, die den Wehrdienst nicht verweigert haben und in der Burschenschaft die führliche Begründung erfolglos.Nicht, daß es nicht nichtkonfessionelle Ausrichtung beachten. Es gibt pflichtschlagende und fakultativschlagende des Antrags, der bei ei­ genü-gend propere junge Burschenschaften. ner Versammlung der Männer an der Humboldt- Burschentag: Jährliche Zusammenkunft von Delegierten aller zur Deutschen Burschenschaft gehörigen Burschenschafter vor­ Uni gäbe. Von denen trug Verbindungen zur Diskussion und Beschlußfassung zur Verfassung der Burschenschaft sowie zu gelesen wurde, und auf aber ledig-lich ein einziger allgemeinen Problemen. Zum Burschentag gehören die Totenehrung, ein ökumenischer Gottesdienst, der ich als Fux Mitglied die Farben einer Ver­ sowie der Kommers. der Burschenschaft bindung. Markige Schmisse Comment: Bezeichnung für die Regelwerke zu verschiedenen Teilen des Verbindungslebens, z.B. wurde. fehlen allerdings auch ihm. Fechtcomment, Kneipencomment usw.. Was heißt es, "Fux" Dafür läßt aber die Ge­ zu sein? sinnung keine Wünsche Fi» : Status eines Burschenschafters zwischen Eintritt und Vollmitgliedschaft, der mit Bestimmungsmensur und Burschenprüfung nach Einstufung durch den Leibbursch, Fuxmajor und Fechtwart beendet wird. Die Fuxzeit ist gewis­ offen (s.u.). Ohne jedwede sermaßen eine Lehrzeit Berührungsängste war er Gang: Einheit beim Fechten, die 5 Schläge für jeden der Gegner ausmacht, was von zwei Sekundanten in der Burschenschaft, bereit, mir bei einigen Glas unter Mithilfe des "Schleppfuxes" (Zuständigkeit auch für die Desinfektion der Klingen bei Treffern) bei der man sich mit überwacht wird. 30 Gänge bilden eine "Partie". Bier ein Interview zu ge­ allen Fragen des Ver­ währen. Inaktivierung: Verringerung der Pflichten innerhalb der Burschenschaft für Studenten höherer Semester bindungslebens - Rech­ Er ist seit einiger Zeit bei nach "hinlänglicher Mitgliedschaft" und der Absolvierung bestimmter Aufgaben te, Pflichten, Verfas­ der Burschenschaft "Teu­ sung, Comments, Kneipe: Nach Regeln ablaufende Zusammenkunft der Burschenschaftler, bei der ausschließlich Bier tonia" aktiv, die auf die konsumiert wird. Über Ablauf und Einhaltung der Regeln einer Kneipe wacht ein Präsidium mit dem Deutsche und Verbin- Jenaer Ur-Burschenschaft Kneipwart an der Spitze. dungsgeschichte, von 1815 zurückgeht.. Fechtregeln - vertraut Von 1949-1992 wirkte die Kommers: Feierliche Form der Kneipe, z.T. mit anderen befreundeten Burschenschaften (oft i n Kartellen machen muß. Dann vereinigt) gemeinsam abgehalten. Teutonia in Berlin, ist aber sucht man sich einen jetzt wieder an ihren Mensur: Nach gewissen Regeln (Fecht-Comment), die unterschiedlich sein können, durchgeführter Leibbursch, der einen Stammsitz Jena zurück­ Fechtkampf zwischen Studenten pflichtschlagender Burschenschaften. Die erste Mensur, mit der man die dabei behilflich ist und gekehrt, wo sich insgesamt Vollmitgliedschaft erlangt, heißt Bestimmungsmensur. gleichzeitig für seinen Fux eintritt, wenn die­ ein sehr verbindungs­ Pauken: Bezeichnung für die Fechtübungen, die auf dem Paukboden" durchgeführt werden, unter freundliches Klima heraus­ Anwesenheit eines Mediziners, des "Paukarztes". ser konstruiert wird und bildet, so daß besagter Geo- ein Schlagen eil order­ graphieprof vielleicht an Philistrierung: Übergang zumStand der "Alten Herren" mit Pflicht zur finanziellen Unterstützung der lich wird, wozu man einen Uniwechsel denken Burschenschaft mit nicht unbeträchtlichen Beträgen. als Fux ja noch nicht sollte. Jahre lang keinerlei Abstriche an der Deut­ befähigt und berechtigt ist. UnAuf: Warum bist Du Mitglied einer schen Einheit zugelassen, ein 1989 von der Zur Unterweisung der Fuxe werden vom Burschenschaft geworden? Burschenschaft aufgestellter Zehn-Punkte- "Fux major" auch sogenannte Fuxstunden M.T.*: Das hat mehrere Ursachen. Erstens Plan zur deutschen Wiedervereinigung nahm und vom Fechtwart 3 Stunden pro Woche Fechtunterricht abgehalten. Um die nötigen kannte ich schon länger jemanden, der in wesentliche Punkte des späteren Kohlschen Kenntnisse zu festigen, müssen die Fuxe Österreich Burschenschafter war und bei Zehn-Punkte-Plans bereits vorweg. Pflichten des Burschenschafters zur Auf­ mir schon zu DDR-Zeiten dafür Interesse Wie bist Du schließlich Burschenschafter rechterhaltung des Verbindungsleoens in geweckt hatte. Zweitens gibt es jetzt an der geworden? * Name ist der Redaktion bekannt 8 UnAKTUELL mmm Un AUFGEFORDERT besonderer Weise übernehmen, so z. B. als Bundesbrüdern. Klingen- oder Schleppenfux auf dem Mensur­ Wie steht Ihr denn beispielsweise zu Maast­ boden. - / .IcL i/>fj k richt, zum europäischen Einigungsprozeß, Heißt das, daß die Fuxe sozusagen zu it« ft. M zum Verhältnis Deutschlands zur USA? Butlern der anderen, älteren Bur­ Die sich abzeichnende EG ist für Deutsch­ schenschafter werden? land nicht akzeptabel, all die Reglemen­ Nein, ganz und gar nicht, es geht lediglich tierungen und Formatierungen der Bürokra­ darum, daß alle Neuen genau mit den Rech­ ten tendieren gefährlich in Richtung soziali­ ten und Pflichten vertraut werden; gerade \\ (w irJY i stische Planwirtschaft. Von den USA und bei uns in Berlin ist das Verhältnis von Fuxen Großbritanien verlangen wir, daß auch sie und Burschen ausschließlich von Kamerad­ oft eingestehen, im 2. Weltkrieg Kriegs-ver­ schaft und Hilfsbereitschaft geprägt. Bei brechen begangen zu haben. Die Mahn- und anderen Verbindungen mag das anders sein. Jk Protestaktionen von B urschenschaf tlern beim Am Ende der Fuxezeit steht schließlich die Besuch der britischen Königin in Dresden mündliche Burschenprüfung zur Verbin­ HbfÜi- _ begrüße ich. dungsgeschichte, Verbindungsregeln, allge­ Wie denkt Ihr über die Fremdenfeind­ (^2^ mein-politischen und historischen Themen, lichkeit und die daran geknüpfte Asyl­ sowie die erste Mensur. debatte im Lande? Stichwort Mensur - wie ist das nun mit In Berlin ist die Resonanz gering, man wird Die Überfälle und Krawalle lehnen wir na­ dem Fechten, den Schmissen? Ist das nicht eher noch angemacht. In Jena hingegen, türlich kategorisch ab, aber genauso die gefährlich? wohin wir nun, nach langjährigem Berliner Berichterstattung darüber. Viel zu wenig Also einmal, was die Gefahr angeht, sind auf Exil zurückkehren, und wo ich zum Wieder­ wird über die Probleme, die die Ausländer allen offiziellen Berliner Mensurböden stets aufbau der Teutonia ein Semester verbrach­ verursachen, berichtet, zum Beispiel die Paukärzte zugegen, desweiteren wird bei der te, ist das Interesse und die Unterstützung Überfremdung des deutschen Volkes und Bestimmungs-Mensur ein Augenschutz und sowohl bei den Studenten, aber auch Profes­ die von ihnen ausgehende Kriminalität. Isra­ eine Lederweste getragen und darauf geach­ soren, als auch bei Einwohnern, Gastwirten el würde niemals soviele NichtJuden auf­ tet, daß sich an Ausbildungsgewicht und und Stadtverwaltung sehr, sehr groß und das nehmen wie wir Nichtdeutsche. Körpergröße einigermaßen ebenbürtige Ge­ läßt uns die Zukunft sehr optimistisch sehen. gner gegenüberstehen. Man schlägt die Leider läßt mein Studiengang einen oli Bestimmungs-Mensur eher mit und nicht gänzlichen Wechsel nach Jena nicht zu, so gegen jemanden. Ziel ist vornehmlich, daß daß ich hier als Verkehrsgast bei einer hier die 30 Gänge einer Partie technisch sauber ansässigen Burschenschaft aktiv bin. "Ihr und die Dummheit zieht in Viererreihen und ohne Zwischenfälle geschlagen werden, Was gehört denn neben Kneipen und in die Kasernen der Vergangenheit. worauf die zwei anwesenden Studenten ach­ Mensuren noch zum Verbindungsleben? Glaubt nicht, daß wir uns wundern, wenn ihr ten müssen. Da es verschiedene Fechtstile Für politische Probleme haben wir ein be­ schreit. gibt, schließen sich die Verbindungen eines sonderes Interesse und deshalb gibt es ein Denn was ihr denkt und tut, das ist zum Comment zu sogenannten Waffenringen reges Vortragsprogramm mit Personen, die Schreien." Erich Kästner, 1932 zusammen und nur innerhalb dieser wird für bestimmte Dinge kompetent oder als dann Mensur geschlagen. 'Beamte oder Politiker sogar verantwortlich (entschuldigt bitte, aber die letzten Sätze Zu einem farbentragenden Studenten ge­ sind. Uns liegt dabei besonders unsere Nati­ hört auch seine Sauflust... dieses jungen Mannes kann ich nicht on und das Vaterland am Herzen. unkommentiert lassen - säzza) Ich kann natürlich nicht für alle Verbindun­ Wie sieht denn ein Burschenschaftler die gen sprechen, aber die burschenschaftlichen politischen Themen der Zeit? Kneipen dienen bei uns der bundesbrü­ Ich kann nur für mich sprechen, weiß mich derlichen Geselligkeit. Dazu gehört die Pfle­ aber in vielen Fragen einig mit meinen ge des Liedgutes entsprechend dem Allge­ meinen Deutschen Kommersbuch, wobei wir besonderen Wert auf vaterländische Lieder legen und auf ein bestimmtes Thema, zu dem auch Festreden gehalten werden. Auf einer Kneipe gilt ein spezielles "Knei- pen-Comment" und Verfehlungen dagegen werden vom Kneipen wart mit Bierstrafen geahndet (z.B. dem Bierverschiß, dem "spin­ nen ex pleno" u.a.), nach deren Buße der betreffende Bundesbruder wieder "bierehr­ lich" ist. Die Kneipe, die wir in Berlin immer auf unserem Haus, in Jena aber in Lokalen abhalten, gliedert sich in einen offiziellen und einen weniger offiziellen Teil. Wie reagieren eigentlich Kommilitonen auf Deine Farben und Deine burschen­ schaftliche Tätigkeit? UnAUFGEFOROERT Un VERÄUSSERLICH 9 Die Würde jedes Menschen ist uncmtasbar !

"Mehr als 300.000 Menschen haben auf der zu diesem Staat - Vorwärts unter Führung stellen. Straße JA zu diesem Staat gesagt." Der der Chrislich-Demokratischen Union und Helmut Kohl forderte wehrhaft "Standhaf- Regierungschef, der diese Worte sprach, hieß ihres Vorsitzenden" wohnte offenbar Hel­ tigkeit gegen Rechts- und Linksradikale". nicht etwa Willi Stoph, und sie fielen auch mut Kohl bei. Wenn Herr Kohl am 8. November seinen nicht nach einer der unsäglichen Demonstra­ Das ganze kann aber auch ein Mißverständ­ Weg durch die Linden fortgesetzt hätte, wäre tionen, die in der DDR zur Selbstbe- nis Herrn Kohls gewesen sein. Denn da sein ihm dann angesichts der Holzkreuze am Weg am Brandenburger Tor bereits ge­ Zaun der Humboldt-Universität klargeword­ waltsam unterbrochen wurde, erreichte er en, daß es nicht das Gleiche ist, ob ein paar womöglich den Lustgarten gar nicht, wo er Autonome Eier und Farbbeutel auf Politiker sich an einer großen Schauwand neben der werfen, zu deren Schutz unverzüglich Bühne, über das tatsächliche Thema der Heerscharen von behelmten Polizisten und Demonstration hätte informieren können. Zivilfahndern in Marsch gesetzt wurden, Später wurde auch die Rede des Bundes­ oder aber ob Rechtsradikale, von den Polizi­ präsidenten gewaltsam unterbrochen. Von sten aus den verschiedensten Gründen wenig Eiern, Farbbeuteln und Pfeif­ konzerten. Es war in der Tat un­ erträglich, wie eine Gruppe ran­ dalierender Eiferer sich anmaßte, 300.000 friedlichen Demonstran­ ten ihre Meinung aufzuwingen. Denn nicht nur die Würde derje­ nigen Menschen ist unantastbar, denen einige vor sich hin sekt- ierende, "linke", sogenannte au­ tonome Kreise dies gnädigerweise zu konzedieren bereit sind, son­ dern die aller Menschen. Auch die des Bundespräsidenten, die des CDU-Ortsvereins Kötzschenbro- Ohne Worte! Foto: Fisahn da, der außer zum Demonstrieren, auch um seinen "Ritschie" mal Uve zu behelligt, Vietnamesen unter dem Beifall sehen, nach Berlin gekommen war. Genau­ weihräucherung von den Herrschenden der Bürger in ihren Wohnheimen aus­ so die desjenigen Menschen, der ohne inzeniert worden waren. räuchern, Schwarze aus fahrenden Straßen­ Wurfgeschosse zeigen wollte, daß er von Es war vielmehr Bundeskanzler Kohl, der am bahnen stoßen, Asylbewerberheime ver­ der Umsetzung des "hehren" Demon­ 9.November 1992 eine Berliner Demonstrati­ wüsten oder Mahn- und Gedenkstätten der strationsmottos eine andere Auffassung hat, Judenverfolgung im Dritten Reich schänden? on vom Vortage auf diese Weise charakteri­ als die gegenwärig Regierenden. Zu sehen, sierte. Demnach müssen also am 8. November wie dann aber flugs, Entsetzen und in Berlin zwei Demonstrationen mit - man Betroffenheit heuchelnd, politisches Kapi­ OH stelle sich vor - insgesamt über 600.000 Teil­ tal aus der Störung der Abschluß­ nehmern stattgefunden haben! kundgebung geschlagen wurde, war nicht Die eine, unter dem Motto "Die Würde des viel erträglicher. Fast schien es, als hätte Menschen ist unantastbar", vereinte ungefähr Kohl die Randalierer selbst zur Demon stra- 300.000 friedliche Menschen (von den Unzu­ tion bestellt, auf daß sie ihm mit Eiern und Deutsch reden! ist friedenen wird noch zu sprechen sein), die Farbbeuteln seinen "Staatsnotstand" gemeinsam gegen Ausländerhaß protestier­ herbeiwürfen. ten, ansonsten aber, wie zum Beginn der die deutscheste Abschlußkundgebung von Hanna-Renate "Brutale Gewalt, deren Opfer in den ver­ Drohung, die es Laurien zur Eröffnung bemerkt, sehr unter­ gangenen Wochen in mehreren deutschen schiedlicher Meinung waren; auch darüber, Städten Ausländer geworden sind, hat jetzt gibt. wie der Staat Bundesrepublik Deutschland nach den Politikern gegriffen", leitartikelte beschaffen sein sollte. Das zeigten verschie­ dieFAZ(09.11.1992). Aus Bayern kam das denste Plakate, Spruchbänder und Fahnen. großzügige Angebot, die einschlägig ge­ An dieser Demonstration nahm ich teil, einer machten Erfahrungen beim Münchner Peter Mile anderen, wahrscheinlich unter dem Motto: "Ja Weltwirtschaftsgipfel zur Verfügung zu Kunst zum Begreifen Eine Schule der Sinne

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Dem einem wirkte das Foyer der Kommode ein geschlagen ist, wer mit den Händen über das Holz bißchen wie der Hinterhof vom Tacheles, der andere fährt, spürt diese Entstehungsgeschichte. schlängelte sich gekonnt zwischen den drei geboge­ Im Frühsommer dieses Jahres nahm die Textil- nen, riesigen Mikadostäben hindurch, die sich da gestalterin Antje Vogel für ein verlängertes Wo­ zwischen Fußboden und der acht Meter hohen Decke chenende eine Gruppe Studenten auf. Aus einem spannten. Am ersten Tag schüttelten die Pförtner den Stoffberg, in dem von der LPG-Bekleidung bis zum Kopf, an den folgenden verließen sie schon mal ihren verlebten seidenen Tanzkleid alles vorhanden war, Glaskasten und drehten eine Runde zwischen der entstanden Blumenbäume, Häuser in denen ein alten Ladentheke, den Holzköpfen und der Scheu­ Mond hängt, Meeresgründe und die Erfahrung, daß nentür. jeder Stoff seine Geschichte hat und das Zuein- "Kunst und Begreifen" wurde von Studentinnen des anderbringen von Farben und Geweben ein FB Rehabilitationswissenschaften, von Holz­ Geschichtenerzählen ist. bildhauern, Graphikern, Malern und Textilgestaltern Die Studentinnen, die sich an beiden Seminaren (die zusammengetragen; nicht alles schließlich gezeigt. mit Fotos auf der Ladentheke in der Ausstellung Die Arbeiten sind in Seminaren außerhalb des Vor­ dokumentiert waren) beteiligten, absolvieren an der lesungsverzeichnisses in Mecklenburg entstanden. Im Universität eine Ausbildung zum Sonderschullehrer März reiste der Holzbildhauer Lothar Oertel mit und zum Diplom-Erziehungswissenschaftler. Studenten in die Künstlerkolonie Klein-Hundorf. Die Verbindung von Pädagogik und kreativem Material und Werkzeuge waren den Studenten bei der Handeln fiel im Studium (mitverschuldet durch die Ankunft weitgehend unbekannt. Aus Astgabeln, eher trockene Landes-Lehrerprüfungsordnung) nur Schwartenhölzern, Brennholzscheiten entstanden durch Nichtvorhandensein auf. Besonders die lehrer­ abstrakte und figürliche Formen, sie waren im Holz bildenden Bereiche haben sich wohl noch immer nur aufzuspüren und herauszuarbeiten. Die gespaltene den Vorwurf gefallen zu lassen, daß in der Ausbil­ Astgabel birgt einen Leib, der hastig aus dem Holz dung nur das Minimum an Wissen vermittelt wird, was für die Ausübung des späteren Berufes unbedingt den Fähigkeiten" angeboten werden. nötig ist. Damit ist man von der universellen, weil Die beiden Reisen nach Mecklenburg haben den universitären Bildung selbstbestimmter Menschen ein Studenten ausnahmslos Kontakt zu Künstlern gelie­ ganzes Stück entfernt! fert, die dem Problem einer Behinderung - gleich ob Gerade der Umgang mit behinderten Menschen - für diese psychischer oder körperlicher Natur sei - als den diese Studierenden ausgebildet werden - Laien gegenüberstehen. Diese Unbefangenheit postuliert ein kreatives Bemühen um Interesse an der ermöglichte die Erkenntnis, daß für die Entwicklung Welt der Dinge und der Menschen da, wo ein des Interesses an der Welt der Menschen und der Abgewandtsein von ihnen unverrückbar erscheint. Dinge künstlerische Rezeption ebenso wie der Umwelt so zu strukturieren, daß sie mit möglichst Umgang mit künstlerischen Materialien und Techni­ vielen Sinnen erfaßbar und interessant wird, setzt ken für ausnahmslos jede Persönlichkeit in jedem voraus, daß ein eigenständiges Strukturieren ermög­ Alter bedeutsam sein kann. licht wird, Fragen offen bleiben und Antworten ausgelassen werden, um Nachdenken anzuregen. Gegenstände, ob als Bild oder Figur, müssen variabel miteinander kombinierbar, in verschiedene Zusam­ menhänge versetzbar sein. Da, wo Menschen es erst lernen müssen, ihre Umwelt für sich zu strukturieren Markus Obstück und Ada Sasse - und in diese Situation gelangt jeder nicht nur einmal FB Rehabilitationswissenschaften - müssen Möglichkeiten zum "Erlernen der ordnen­ (Tel.: 2805 185/47)

UnAUFGEFQRDERT ReAKTIONEN 2

Editorial:"Der König ist tot, es lebe die Königin" ?

Eine Szene am Mittagstisch bei Familie Meier: Sie: "Warum sagst Du eigentlich nie, daß Dir mein Essen schmeckt?" Darauf Er: "Wenn's mir nicht schmeckt, werd ich's Dir sicher sagen!"- und kaut weiter. So ähnlich geht es der Redaktion von UnAUF auch. Unerwartet zahlreiche und heftige Reaktionen zeitigte der Artikel "Gespräche mit H. Fink" in der vorrangegangenen Nummer. Diesmal hates also manchem Lesern nicht geschmeckt Da solche Meinungsäußerungen eher der Seltenheit angehören, wollte Freude in der Redaktion aufkommen, die uns dann aber doch im Halse steckenblieb - zu einseitig war das, was uns erreichte. Die Vorwürfe reichten von "Trendwende in der UnAUF" bis hin zu "Bei Euch hat wohl der RCDS die Regie übernommen". Das schlimmste jedoch war die Bemerkung, ob wir nach dem Motto handelten: "Der König ist tot, es lebe die Königin!" Erstaunlicherweise kam dies fast ausschließlich von Nichtstudenten! Es zeugt von wenig Objektivität, aus einem Artikel ein Urteil über die gesamte Zeitung abzuleiten, und von Unachsamkeit, denn im Impressum wird darauf hingewiesen, daß namentlich gekennzeichnete Artikel nicht unbedingt die Meinung der Redaktion widergeben. Und da wir uns als eine Zeitung von Studenten für Studenten verstehen, die Podium für viele Meinungen ist, werden wir auch dem Aufruf zur Zensur kein Gehör schenken. Auch weiterhin werden bei uns RCDS oder Burschenschaften oder... zu Wort kommen können, wenn auch nicht immer unkommentiert. Nicht jeder "Schrott" wird bei uns ein Podium finden, auch zu dem Herrn Fink persönlich angreifenden Artikel mag der eine oder andere Redakteur diesen Begriff passend finden, denn der Artikel gehört sicher nicht zum Besten, was je in der UnAUF erschien. Und glücklicherweise ist auch die UnAUF-Redaktion keine homogene Masse, wie der untenstehende Beitrag von Stecher beweist, auch wenn in Grundpositionen Einhelligkeit herrscht. Insoweit mögen die Vorwürfe recht haben, aber auch wir können für uns ein objektiveres Urteil wünschen, als es in diesem speziellen Fall in der Tat war. Zum Schluß noch eine Bemerkung: Wir sind jetzt natürlich nicht tödlich gekränkt, sonder nutzen nur etwas, das auch im Impressum nachzulesen ist das Recht auf Gegendarstellung und Klarstellung. Erspart uns auch in Zukunft nicht Eure Reaktionen. Wir freuen uns auch darüber, zeigt es doch, daß UnAUF diskutiert wird

ÜberGeifer (Gespräche mit H. Fink -UnAUF 40) Es ist uns ein Rätsel- ein trauriges...! fen, kam man sich recht verloren vor. Verunsichert Eines bis dahin schönen Abends begegnete ich in der Schau an! Sogar die Raumsituation an der Humboldt- reihten sich unzählige Studenten vor dem Sekretariat letzten Nummer [UnAUF 40, S. 12] einem "Gespräch Uni hat sich mittlerweile "gewendet" und erscheint schier auf. Da der Andrang zunehmend größer wurde, wagte es mit Heinrich Fink", der darin allerdings kaum zu Worte kriminell. kaum jemand, die Reihe zu verlassen, obwohl es den kam. Lesend spürte ich einen Ärger wachsen, der sich in Etwas Unmögliches ist möglich geworden, denn bei uns meisten ungewiß war, ob sie nun am richtigen Platz Ekel wandelte. Der Wunsch nach einer passenden sitzen sie vor der ersten Reihe. standen oder nicht. Gegenpolemik wich bald dem, mich für diesen Müll zu Den ersten 40 Studenten, die bereits 45 Minuten vor Nach einer Wartezeit von gut ein einhalb Stunden kam entschuldigen, wenn es denn sonst keiner für nötig hielt. Vorlesungsbeginn vor dem Hörsaal stehen, mag es ge­ man dann endlich an die Reihe. Im Büro wurde vielen Immerhin stehe auch ich seit Jahren im Impressum lingen, einen ordentlichen Sitzplatz zu finden, doch die jedoch mitgeteilt, daß sie nicht nur im falschen Raum, dieses Blattes, obwohl die Diplomarbeit mich in letzte restlichen 100, die noch kommen werden, bekommen sondern auch im falschen Gebäude seien. Einige der Zeit zu sporadischer Arbeit zwang. die Ehre erteilt, ihren Kommilitoninnen die Füße küssen angehenden Biologen durften beispielsweise vom Zu den Fakten, die Ilko-Sascha Kowalczuk darbietet, zu dürfen. Selbst das akademische Viertel bietet nicht Hauptgebäude in die Invalidenstraße wandern, wo man kann ich nichts sagen; ich habe das Buch noch nicht die Möglichkeit zur Rekreation, da bereits vor dem nächsten Chaos zum Opfer fiel. Ganze Wände gelesen. Allerdings bin ich der Meinung, daß man auch Vorlesungsbeginn die Luft zum Schneiden dick ist - mit waren dort mit Stundenplänen tapeziert, deren Abkür­ in weniger Zeilen einem Manne vorwerfen kann, sein tief durchatmen ist da also nischt! zungen die Neuanfänger geradewegs in den endgültigen Buch sei pappig. Die geballte Ungezogenheit, mit der I- Die Erstsemester sind enttäuscht und demotiviert. Schon Wahnsinn trieben. Selbst Studenten höherer S. K. seine als Rezension getarnte Privatrechnung mit nach 10 Tagen weicht der anfängliche Enthusiasmus Semestergaben zu: "Da blicken wir auch nicht mehr Heinrich Fink vor großem Podium zu begleichen dem Frust, so daß Sätze wie - "... eigentlich wollte ich durch." versucht, verblüfft mich. Und das nicht nur wegen ihrer studieren und nicht als Sardine konserviert werden ..." - Darüberhinaus hatte man den Zettel mit der Ankündi­ Redundanz. Bislang gehörte er eher zu den Getreuen, häufig zu hören sind. gung der Einführungs vorlesung für die Erstsemester im nun geifert er wie der vom Vater zu wenig geliebte Sohn. Es stellt sich die Frage, wie dieses Problem zu lösen ist, FB Biologie schon abgemacht. Anscheinend rechnete Fast verwundert mich, daß er Fink erst in der neunzehnten oder anders, wie kam es überhaupt dazu? niemand mehr damit, daß am letzten Einschreibungstag Zeile die Selbstgerechtigkeit vorwirft, in der er da schon Die Dozenten, die sicherlich nicht die Schuld am Platz­ sich noch Biologiebewerber immatrikulieren würden. Die eine Weile munter selber plätschert (das Foto illustriert mangel tragen, versuchen mit großem Bemühen geräu­ Organisatoren haben sicherlich nicht mit einem derarti­ die anmaßende Haltung des einstigen Fans wundervoll !). migere Hörsäle für die jeweiligen Vorlesungen zu orga­ gen Tohuwabohu gerechnet. Aber nicht nur Studenten, Ist es vielleicht die Enttäuschung, daß auch Fink in nisieren. Ein positives Resultat läßt sich jedoch in den sondern auch Dozenten werden unter Druck gesetzt. seinem Buche nicht das schafft oder angeht, was schon seltensten Fällen nachweisen. Eine Raumplanänderung wurde (bewispielsweise) von anderen nicht gelang - Objektivität, Klärung aller Warum die von den "oben Verantwortlichen" angekur­ einer Lehrkraft als äußerst dringlich betrachtet, "denn Probleme, Ablösung von der eigenen Geschichte, die belte Organisation im Chaos geendet ist, scheint nie­ dann", so der Dozent, "stehen wir ja auch besser da" - vor übrigens deutlich länger ist als die seines rotzigen mand zu wissen oder wissen zu wollen. dem Senator nämlich. Rezensenten? Sicher ist nur, daß den Erstsemestern der Spaß auf dem Ich weiß es nicht; er vermutlich auch nicht. Es handelt "Pfad der Integration" ersteinmal verloren gegangen ist. sich jedenfalls weder um eine Rezension im her­ Unser Wunsch wäre es,daß für die zukünftigen Alexandra Kolle, kömmlichen Sinne noch um Meisterwerk aus literarischer Studentinnen eine Lösung gefunden werden könnte, die Daniela, oder logischer Sicht - es ist schlicht peinlich. Ichbedaure, sogar unabhängig von einer Einführung des NC zu Fran z.iska(N ach nainen ??) daß dieses Traktat so erschienen ist und entschuldige realisieren wäre. mich dafür, auch wenn ich an der ausgebliebenen Ein weiteres abschreckendes Phänomen für die Abstimmung über sein Erscheinen nicht teilgenommen Erstsemester waren die Immatrikulationstage. Inmitten habe. Stecher der vielen Studenten, die zielgerichtet irgendwohin lie­ • 3 UnVERZAGT g UflAUFGEFORDERT Wenn Sie diese Werbung nicht hätten, müßten Sie diese Zeitung lesen!*

UnAUF wird drei Jahre alt

Berlin im Jahre 2000: Zwischen Neuer Wache diese Seite abgestürzt. Wer macht uns die unserer S tudentenrätler können wir gleich in und Humboldt-Universität erhebt sich ein schönste neue?" sind keine Seltenheit. Um deren Büro gehen!" - beschrieb ein mehrstöckiges Bürogebäude mit den Lettern das Stiefkind des Studentenrates wollten sich Redaktionsmitglied der zweiten Generation "Un-Aufgefor- recht wenige Studenten kümmern und immer die oft bemängelte Funktion als Sprachrohr dert" auf dem weniger wollten es lesen. Von der einstmals des Studentenrates. Dach. In der Ta­ gigantischen Auflage von 5.000 Exemplaren Nun ist der Studentenrat tot und die Readküon gesschau be­ UNAUFGEFORDERT sind ganze 2.000 übrig geblieben, und auch vollständig mit neuen Leuten besetzt. Der ginnen viele Mel­ diese Zahl begann im Sommersemester 1992 "Rettungsring", die Information für Erst­ JUBILÄUM dungen mit: mächtig zu wackeln. Die ewigen Geschichten semester zum Wintersemester 1992/93, "Wie in einem über den Studentenrat und seiner Intrigen brachte den Erfolg nach langer Abwesenheit vorabveröffent­ und die Erfolge und Niederlagen des Rektors wieder in das Redaktionsbüro. Sätze wie: lichten Bericht Fink (dessenwegen auch schon einmal eine "Hier soll es den der UnAufgefor- Sondernummer erschien) interessierten bald Rettungsring dert vermeldet, nur noch die Studenten, die eben in diese geben, habt Ihr ...", der SPIE­ Dinge auch verwickelt waren. Die un­ noch welche?", GEL ist ein Jahr verkauften Exemplare jener Nummern mit dem Stu­ zuvor pleite ge­ stapeln sich heute im Redaktionsbüro schon denten in unser gangen, zu viele in einer Höhe von fast zwei Metern. Die Büro hinein­ Abonenten waren zu dem Berliner Journal Zeitung wurde allmählich zum "Insiderblatt", gestürmt kamen gewechselt... die Bemerkungen des Setzers (säzza) waren oder Telefon­ ... Wunschträume eines armen studentischen oft nur für Eingeweihte verständlich (aber anrufe von Sekre­ fast immer geistreich!-säzza) und Namens­ Redakteurs angesichts der leeren Artikelliste tariaten der Uni­ kürzel wie "bakunin", "maier" oder "em- für die nächste Ausgabe der Studentenzeitung versität, einmal meß" schreckten den Leser eher ab. der Humboldt-Universität. mit einigen Ex­ Außerdem wußte nie einer, wann und wo die Am 16. November 1989, l:04:57Uhr MEZ emplaren vorbei- nächste Nummer zu erhalten war, zu konfus zukommen, war die erste Un Aufgerf ordert (damals "noch lief die Arbeit in der Redaktion ab. Auch gab namenlos") fertig. Im Morgengrauen wurde es oft Streit darüber, wozu und für was diese "weil da alles so die "heiße Ware" über die scharf bewachte Zeitung eigentlich da sei. "Um eine genau und aktuell 'drin steht", kamen uns wie Grenze geschmuggelt, illegal wurde sie im 'Weltbühne' zu machen mit den Ansichten Märchen vor. Auch die vielen Studenten, die AStA der TU gedruckt (dem dafür nochmals seitdem zu uns gekommen sind und gedankt sei) und einen Tag später wurde die mitarbeiten wollen, haben wir zunächst wie "Erste freie Studentenzeitung" (UnAuf Nr.25/ * m Wesen von einem anderen Stern angeguckt 1991) in den Osten - das gab es seit zwei Jahren nicht mehr. gebracht, wo sie Inzwischen sind wir so viele, daß wir zu den UnAÜFGEFORDERT 31 den 14 Redak- Redaktionssitzungen in einen größeren teuren aus der Raum umziehen müssen. Die darauf­ Hand gerissen folgende Nummer 40 ist nach einer Woche wurde und heute fast vollständig verkauft - es scheint, Un Auf­ als Legende gilt: . i gefordert wird wieder das, was sie sein soll, "Ich durfte sie eine Zeitung von und für Studenten. zwei Stunden lang Die ersten drei Hürden haben wir geschafft, in der Bibliothek die nächste sieht zwar noch vollkommen lesen, dann mußte unbezwingbar aus, aber wer weiß, wenn dies ich sie weiter­ so weitergeht, sollte die Redaktion sich schon geben", erinnert einmal nach dem Grundstückspreis für das sich ein Studentan *^B ^^^p ^^^H ^^^9^' ^•S^**L***< Gelände zwischen neuer Wache und diese denkwürdigen Tage. Zwei Jahre später Humboldt-Universität erkundigen... : f sah alles ganz anders aus : zwei oder auch nur 'LDT4JMïV£RSÎï4l ?< ••' '' jot ein Redakteur bemühen sich nächtelang, eine Zeitung vollzukriegen. Sätze wie: * UnA UF Nummer 33 mit dem Zusatz "3 Uhr "UnAuf-Kreativ: Kurz vor Druck ist uns morgens. Wir sind zu müde, um uns noch blöde• Grund zum Feiern Foto: Fisahn res einfallen zu lassen!" 4 UnDEUTSCH UnAUFGEFORDERT Der bange Stier in Berlin ! Die HUB als Pferd vor dem Europa-Karren

Der Stier, der einst das Mädchen Europa So daß pikanterweise jeder, der zur statt). nach Kreta und somit unseren Kontinent zu Diskussion über "Europa nach Maastricht" Die Themen des ersten Tagesblieben regional seinem Namen brachte, dieser Stier kam wollte, begrüßt wurde mit einem Plakat zur tagespolitisch. Manfred Stolpe sprach über jetzt an die Humboldt-Universität. Wie es Volksabstimmung. die Förderung des Landes Brandenburg durch diese gewaltigen Tiere an sich haben, lief er Dieses mit weltmännischer Geste auf­ die EG, Dr. Peter Radunski über die schnaubend und Staub aufwirbelnd durch, nehmend, warf Dr. Martin Bangemann in besondere Lage Berlins. Der Hauptstadt, zu schnell, als daß man seine Spur hätte seiner Begrüßungsansprache den Initiatoren wahlweise als Naht-oder Schnittstelle zweier verfolgen mögen. Kulturen bezeichnet, "Europa trifft sich komme demnach die an der Spree", Rolle eines Mittlers "Der Kontinent im zwischen Ost und West Kreuzverhör", zu. Sie symbolisiere die "EG-Politiker Zukunft der euro­ werben in Berlin päischen Integration: die für Europa". Daß Öffnung nach Osten, die Berlin Anfang No­ Einbindung ganz Euro­ vember Gastgeber pas. Berlin liegt im war für die "Euro­ Herzen Europas ... und patage", einer im Zentrum Berlins dreitägigen Kon­ befindet sich die Hum­ ferenz, an der rund boldt-Universität, mag 400 Repräsen­ das geneigte Publikum tanten aus Kultur, den Satz fortsetzen, und Politik und Wis­ versteht spätestens jetzt senschaft aller ihre besondere Af­ Länder teilnah­ finität zu europäischem men, fand in der Gedankengut. Presse reichhal­ Am Mittwoch dem tigen Nieder­ 4.11., standen dit- Euro­ schlag. Daß zur Miteinladenden und zum patage im Zeichen der Wissenschaft. des Flugblattes große Uninformiertheit vor Tagungsort die Humboldt-Universität als Zahlreiche Symposien, über die ganze Stadt und lud sie zu seiner nächsten Gastvorlesung wissenschaftliche Einrichtung erkoren war, verteilt, luden dazu ein, über alles zu an der HU ein (diese findet im Rahmen einer weniger. debattieren, das als mit der EG verknüpfbar e Vorlesungsreihe zur EG seit 1991 am Problematik erscheint: der Binnenmarkt - in Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Doch werden die Studenten der aima mater zwei Monaten zu vollenden, die Umwelt­ berolinensis hauptsächlich aus der Zeitung problematik in Europa, Migrations­ erfahren haben, wie die führenden Europäer, bewegungen, soziale Sicherheit. Auch diese die Anführer der europäischen Idee ihre 1 "TIM f Veranstaltungen waren dankbarerweise der Gemeinschaft zu vertiefen gedenken. Denn Öffentlichkeit zugänglich, damit auch inneruniversitär publik war diese Ver­ J_»J^H Studenten und solchen, die sich nicht von anstaltung nicht. Berufs wegen mit der EG beschäftige, Dabei hatte der Einladungstext auf das informieren können. Davon wußte jedoch :s fej^ europäische Engagement der Humboldt- fH> - * *»••» %h kaum jemand, der nicht persönlich ein­ Universität - das der Studenten ein­ Ht** « 'iiL • MJX? ai geladen war. geschlossen - hingewiesen, und die Konzep­ Z/Éi <ÌW * tion der knapp zwei Dutzend "Diskussions­ mk Es stießen sehr konträre Meinungen panels" war auf Gäste konträrer Meinungen aufeinander, beispielsweise wenn an der ausgerichtet. H \i HU selbst zur offiziösen Diskussion über Kurz vor Beginn der Veranstaltung am 3. "Ökonomische Fragen der Europäischen November machte die Hochschule als Integration" Wissenschaftler wie Herbert Öffentlichkeit für verschiedenste Ansichten Giersch vom Kieler Institut für Well­ dann auch ihrem Namen alle Ehre. Vielfarbig wirtschaft eingeladen waren, die im Juni die leuchtete es den Eintretenden entgegen, "Elf kritischen Thesen zu Maastricht" gediegen dunkelblau-gold wiesen Plakate unterzeichnet hatten. (endlich!) zum Audimax, doch davor Am meisten Aufmerksamkeit erregte der kontrastierte ein leuchtend hellblau unter­ Standpunkt des EG-Kommissars für den legtes "Ja zum Referendum in Deutschland". K/Iehr Zentralisierung oder Regionalisierung. Bangemann uncj Binnenmarkt, Bangemann, der voll Pathos [Stolpe freuen sich Foto: Harre] UnAUFGEFORDERT UnDEUTSCH 5 und in völliger Nichtachtung der deutsch­ Hauses"spielen werden. kaltes Buffet aufbauen". britischen Spannungen eine Föderation Bleibt zu hoffen, daß die geplante Daher: Wenn der Stier das nächste Mal forderte:"Mit Maastricht wird der euro­ "Transparenz" der europäischen Be­ kommt, gilt es, ihn bei den Hörnern zu päische Bundesstaat noch nicht konstituiert, schlüsse auch diese Universität erreicht packen. aber schon die nächste Etappe muß den und aufräumt mit dem Klischee der Durchbruch bringen." Ein vielleicht schönes "Eurokraten, die sich im Audimax ihr lotte Ziel, doch taktisch unklug an dem Tag geäußert, an dem Mr.Major im Unterhaus die ohnehin skeptischen Engländer zum Staatenbund überreden mußte.'Töricht und uninformiert" quittierte der Premier die mangelnde Feinabstimmung des Kom­ missars. ERASMUS -das ist ein Aktionsprogram anderen Austausch-Programmen liegtdarin, Am letzten Tag schließlich wandte sich der der EG zur Förderung der Mobilität von daß die Anerkennung der im Ausland Blick nach Osten, die neuen Bundesländer Hochschulstudenten, und wird seit 1987 erbrachten Studienleistungen für die wurden zum zentralen Thema. Minister und als eine von vier sog. "Aktionen" zur Ausbildung an der deutschen Hochschule Staatssekretäre begrüßten ihre derzeitige Förderung der Zusammenarbeit von gewährleistet wird. Sonderstellung, forderten gleichzeitig aber Hochschulen in den EG-Mitgliedsländern Bemerkungen:Weiterbildung wird nicht mehr Flexibilität für den Augenblick, da der durchgeführt. gefördert, Direktbewerbung an einer EG-Wettbewerb gerade den neuen Ländern Am ERASMUS-Programm teilnehmen ausländischen Hochschulke eigener Wahl zu schaffen machen werde. Derzeitige können Studenten aller Fachbereiche, ist nicht möglich. Unterstützungsmaßnahmen wurden mit wobei diese mindestens 3 Semester Die Bewerbung für ERASMUS ist nur bei Bedarfszahlen konfrontiert. Die letzte absolviert haben müssen. ERASMUS- den verantwortlichen Hochschullehrern Diskussion bewies nochmals, wie spannend Teilstipendien werden auch für Graduierte möglich. Eigentlich müßte in jedem und effektiv es sein kann, wenn zuständige bis zur Promotion vergeben. Fachbereich eine Koordinationsstelle für Politiker sich in der Öffentlichkeit mit Die Vergabe dieser Stipendien verfolgt ERASMUS existieren, die Auslandskurse Fachfragen von Wissenschaftlern, Wir­ einerseits das Ziel, den Studenten oder und -aufenthalte vermittelt (Kurse im tschaftsbeauftragten oder einfach zukünftig Graduierten den Studienaufenthalt im Ausland als Bestandteil des Lehrplanes), europäischen Bürgern auseinandersetzten Ausland zu ermöglichen und hilft ihm das ist noch nicht so, wird aber sicher noch. müssen. andererseits, die ausläündischen Mehr­ Wenn sich aber die Veranstalter wundern, kosten zu decken. Informationen bei: wo im günstigen Moment das Echo, die Die Höchstdauer des geförderten Ausland­ Fragen der Studentenschaft sind, bleibt aufenthaltes beträgt 12, die Mindestdauer Dr. Buchmann festzustellen, daß die Kommunikation 3 Monate. Der Austausch erfolgt im Akadem. Auslandsamt zwischen diesen Ebenen noch sehr dünn ist. Rahmen fester Austausch-Programme Das Engagement der EG für die Mobilität R.2093a zwischen den Hochschulen, die in den junger Leute ist bekannt (Konkrete Angebote Tel.2093-2871 alten Bundesländern seit Jahren bestehen, an der HU s. rechts). Doch es scheint und an der HUB erst neu geschaffen Nachtrag. : 28 ERASMUS-Projekte sind angebracht, daß, wenn an einer Universität werden müssen, aber auch partiell durch bestätigt, wovon die Mehrzahl schon im über Europa diskutiert wird, mehr Studenten neue Westprofs übernommen (und nächsten Semester anlaufen wird.UnAuf daran beteiligt werden, also umgekehrt sie mitgebracht, Anm.d.Red. ). werden veröffentlicht nachstehend die Liste. sich für ihre Idee von Europa einsetzen Der Vorteil von ERASMUS gegenüber Petra Böckler können. Daß dies bei den Europatagen, bei dieser Auswahl an Themen und "Kapazi­ täten" jedes Genres in nur geringem Umfang . Die an ERASMUS angeschlossenen Fachbereiche und ihre Ansprechpartner: \ geschehen ist, lag neben dem sturen Blick des Studenten auf seinen ausgefeilten * Germanistik (3 Programme!): Dr.D.Boehlke ' Terminkalender auch daran,daß schlichtweg • Romanistik: Prof.Dr.Dül • niemand von seinen Chancen wußte. * Agrarwlssenschaften: Prof. Dr. Heinz J Besagte Plakate wurden geklebt- doch erst • Informatik/Elektronik: Frau Meffert • am Vorabend der Tagung, zu einer Zeit, da * Elektrotechnik: Prof.Dr.Heymann * niemand sich an der Uni aufhält, der nicht muß. Und selbst dem Interessierten verriet • Mathematik: Dr.Kleinert • • Fremdsprachenzentrum: Herr Szudra • nicht das Blaugold, sondern erst die • Rechtswissenschaften: Nachfrage, daß diese Veranstaltungen Frau Prof. Will • • Geschichte: öffentlich waren und nicht wie viele andere Frau Lanz • in der HU bei den Studenten, sondern auch • Psychologie: Prof.H.D. Schmid * für sie abgehalten wurden. • Asienwissenschaften: Prof. Kubitschek • , Pharmazie: Dr.Schaefer . Das Interesse der schließlich doch an­ • Internat. Beziehungen: Dr. Lohr • wesenden Studenten wurde freudig begrüßt. , Lebensmitteltechnologie: Prof.Dr.Kroh. * Peter Radunski zeigte sich von der "Hauptrolle" überzeugt, die "die 18-bis 30- • (Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit! Anfragen lohnen sich, denn die • jährigen beim Aufbau des Europäischen * Bewerbungen für das Sommeresemester laufen schon!) 6 UnGEFRAGT Un AUFGEFORDERT "Die Studentenschaft muß aus den Socken kommen !"

Teil 2 des Interviews mit der Präsidentin glaublichen Erhöhung, fast einer Verdopp­ berücksichtigen. Sie darf nicht ausbilden für der Humboldt- Universität, Marlis Dürkop: lung oder Verdreifachung der Studenten- den blauen Dunst, sondern muß die Arbeits­ Mitte Oktober waren die ersten 100 Tage und Studentinnenzahlen kaum gestiegen, marktentwicklungen, die Entwicklungen im der Präisdentin der Humboldt-Universität das bemängelt auch die Hochschulrektoren- Bereich der Technik berücksichtigen - ge­ zu Berlin abgelaufen. Anlaß für UnAuf- konferenz. gen oder für welche sollte man ausbilden. gefordert, mit Marlis Dürkop, der neuen Wird sich das Land Berlin drei Universi­ Die Universitäten dürfen sich nicht nur den Präsidentin der HUB, ins Gespräch zu kom­ täten leisten können? gesellschaftlichen Gegebenheiten anpassen, men über die Humboldt-Universität, ihre Das muß es! Das ist ein wichtiger Faktor für sondern müssen vorwärtsschauen, die Ge­ Vorstellungen eines künftigen Universitäts• großstädtisches Hauptstadtleben. Andere sellschaft auch vorantreiben. Man darf nicht konzeptes und der momentanen Krise an Weltstädte haben acht oder zehn Universitä­ so tun, als ginge einen die Gesellschaft, die den Hochschulen Deutschlands. Der erste ten. Ich weiß gar nicht, warum wir nicht drei ja bezahlt für diese Ausbildung, nichts an. Teil des Interviews erschien vor vierzehn haben sollen. Sie sind an eine Universität gekommen, Tagen in Nr. 40. die in den letzten drei Jahren hauptsäch­ lich mit sich selbst beschäftigt war. An dem Schreibtisch, an dem Sie jetzt arbei­ UnAufgefordert: Frau Dürkop, die Uni­ Ein Leben lang lernen ten, hat vor einem halben Jahr noch Rek­ versität "als ein öffentlicher Ort der Aus­ tor Fink gesessen. Die Diskussionen um einandersetzung", wie soll das aussehen? seine Person haben tiefe Gräben zwischen Dürkop: Ich möchte sehr aufgeschlossen Es gibt Pläne, die Studenten zu zwingen, die Anghörigen dieser Universität geris­ sein im Zulassen von Menschen, die hier die Regelstudienzeit einzuhalten, alle zu­ sen. Sind Sie der Nachfolger von Heinrich etwas machen wollen. Das wird sicher auch sätzlichen Semester sollen aus eigener Fink? bald Kritik hageln . Tasche bezahlt werden. ... zum Beispiel? Aber das tun doch die Studierenden im Mo­ Es gibt Kritik daran, daß wir an den Veran­ ment sowieso. Solche Pläne übersehen, daß, staltungen von Rudolf Bahro festhalten wol­ im Unterschied zur ehemaligen DDR, im Kein rechtsstaatliches Verfahren len, oder daran, daß wir uns öffnen für viele Westen gut 50% der Studierenden ihr Studi­ Veranstaltungen, die die Wirtschaft hier um sowieso selber bezahlen. Warum sollen Ich bin offiziell die Nachfolgerin von Herrn macht. Das sind ja an sich Felder, die in den sie dann noch einmal bezahlen, wenn sie Fink. polarisierten Köpfen konträr gesehen wer­ deswegen länger studieren müssen, um ihren An dieser Universität ist unglaublich viel den. Ich sehe sie aber nicht konträr, sondern Lebenserwerb zusätzlich zum Studium zu gearbeitet worden in den letzten zwei Jah­ finde, es muß ein neuer Weg des Zusammen- verdienen - das scheint mir sozial eine sehr ren, was innere Strukturen angeht. Aber die arbeitens von gesellschaftlichen Gruppen ungerechte Lösung zu sein, die sich hoffent­ Rahmenbedingungen sind doch sehr weitge­ gefunden werden. Und wenn es dazu kommt, lich nicht durchsetzen wird. hend vorgegeben worden von außen Die daß jemand, der eigentlich hier zu einer Die Diskussionen um die kurzen Studien­ Struktur- und Berufungskommissionen sind Weiterbildungsveranstaltung der Wirtschaft zeiten sind ebenfalls kurzsichtig, es muß sich mit ihren westlichen Mitgliedern vom wollte, zufällig zu Herrn Bahro gerät oder das ganze Bildungsdenken ändern. Das Mo­ Wissenschaftssenator eingesetzt worden Sie umgekehrt, fände ich das wunderbar. dell, "ein Leben lang lernen" ist durchaus haben in sehr unterschiedlicher Weise gear­ eine Idee, die gesellschaftlichen Strukturen beitet, das weiß jeder, der sich ein bißchen angemessen ist. Wir müssen uns immer wie­ auskennt in der inneren Struktur dieser Uni­ Mehr Geld für Bildung ! der umstellen auf neue Berufe und neue versität. Das sind im Grunde die Kern­ Anforderungen, und dann muß sich langfri­ strukturen, die hier entstanden sind. Die stig ein Bildungsmodell durchsetzen, wo Ehrenkommission, die Herr Fink eingesetzt jeder Mensch nach einer bestimmten Zeit Nun sind dieses alles sehr schöne Vorstel­ hat, bleibt selbstverständlich bestehen, eben­ aus einem Beruf wieder herauskann und sich lungen. Läßt sich dies aber überhaupt so die Rehabilitierungskommission. auf neue Anforderungen, unabhängig vom angesichts der momentanen Krise an den Herr Fink hat sich sehr engagiert für diese Alter, einstellen kann. Dieses Idealbild vom bundesdeutschen Hochschulen und Uni­ Universität, ich begreife gut, daß sich die 23-jährigen Doktoranten, der schon Berufs­ versitäten umsetzen? Studenten sohinter ihn gestellt haben. Er hat erfahrung hat und möglichsteine Familie, ist Dieses unglaubüch reiche Land muß mehr viele Dinge ausgesprochen und in Gang absurd. Geld für Bildung ausgeben, das ist der einzi­ gesetzt an dieser Universität, und er hat eine ge Weg, den wir haben. Der Gedanke, daß Die Universitäten haben es in den letzten Identifizierung mit dieser Universität er­ alles zu teuer ist, ist sehr kurzsichtig gedacht. zehn Jahren sehr stark versäumt, sich darauf möglicht, das kann ich gut nach vollziehen. Denn, je besser der Bildungsstand eines einzustellen, welche Berufsanforderungen Wie würden Sie mit dem heutigen Ab­ Volkes ist, desto qualifizierter ist dieses Volk. auf ihre Absolventen und Absolventinnen stand die ganze Diskussion um Herrn Fink Die Bildungsausgaben sind trotz einer un­ zukommen. Auch das muß eine Universität bewerten, die die Universität ja für meh- UnAUFGEFORDERT UnGEFRAGT 7 rere Wochen fast lahmlegte? auf ihr Studium einzulassen. Was man jetzt so aus der einjährigen Distanz Kreativität kann nur entstehen, wenn man dieser ganzen Vorgänge erkennen kann ist, sich wirklich auch die Muße nimmt, sich auf daß Herr Fink einer der ersten prominenten etwas einzulassen. Wenn man jeden Tag hier Personen in der ehemaligen DDR war, die nur drei Stunden herkommt und dann wieder mit diesen Stasivorwürfen konfrontiert wur­ etwas anderes macht, dann wird man ewig so den. Er hat sozusagen die geballten Vorurtei­ eine Zerrissenheit bewahren und wahrschein­ le beider Seiten aufsichgezogen, sowohl der lich kaum dieses Gefühl der Kreativität und DDR-Bürger als auch der im Westen. Nor­ Freude an der wissenschaftlichen Arbeit ent­ malerweise kann man sich schützen in einem wickeln können. Rechtsstaat mit dem Hinweis auf bestimmte Sie haben einen ziemlich streng geregel­ Verfahren. Ein solches gab es nicht, es muß­ ten Tagesablauf. Haben Sie überhaupt te eingeklagt werden. Jetzt nach einem Jahr noch Zeit, Befindlichkeiten von Studen­ hat sich die Öffentlichkeit an die Frage "Stasi" ten aufzunehmen? in gewisser Weise gewöhnt und geht nicht Zuwenig. Ich würde gern mit Studenten­ mehr so emotional damit um, wie das noch vertretungen reden, wenn es sie denn gäbe. bei Herrn Fink war. Ich kann natürlich jetzt hier nicht durchs Als Heinrich Fink Rektor war, konnte Haus rennen und irgendjemanden anspre­ man mitbekommen, daß es zum Teil per­ chen, das war ein bißchen blöd. Aber ich sönliche Spannungen zwischen Manfred werde manchmal von Reportern gefragt, wie Er hardt und Herrn Fink gab. Wie ist denn denn so die Stimmung ist und dann wüßte ich Ihr Verhältnis zu dem Wissenschafts­ es gerne ein bißchen genauer, deswegen sind senator? Grund zur Freude ? Foto:Harre solche Gespräche schon wichtig ... Wir kommen gut miteinander aus. Natürlich ... wie ist denn Ihrer Meinung nach die heißt das nicht, daß wir uns nicht zur Wehr Stimmung momentan? setzen. Ich denke, ein offensives Umgehen Heißt das, daß die Naturwissenschaften Das kommt drauf an, welcher Gruppierung mit den Konflikten ist jetzt möglich. Das nach Adlershof auswandern werden? man angehört. Wenn man zu den wenigen war, aus begreiflichen Gründen, vor andert­ Ja, ich denke, das steht. Professoren aus dem Osten gehört, die jetzt halb Jahren nicht so. Die Rahmenbe­ Es gibt an der Humboldt-Universität mo­ gerade ihren Ruf bekommen haben, ist die dingungen sind im politischen Bereich ge­ mentan keine funktionierende Studenten­ Stimmung gut. Wenn man zu denjenigen setzt worden, recht einseitig, wie ich finde, vertretung und es gibt hier einen Streit gehört, die sich mitten im Personal­ aber dagegen zu rebellieren heißt nur, daß übernahmeverfahren befinden, was unge­ wir uns den Kopf blutig stoßen. Seine Rechte nicht wahrnehmen, fähr 3.000 Leute betrifft, ist die Stimmung ist fahrlässig ! wahrscheinlich unsicher bis deprimiert oder hoffnungsfroh, wenn einem eine Stelle zu­ Ein belebendes Element gesagt wird. Was die Studierenden angeht, darüber, ob ein AStA oder ein Studenten­ das wird ganz normal sein, denke ich. rat besser wäre für die Studentenschaft. .Haben Sie eine Vorstelliung davon, wel­ Wird denn die Humboldt-Universität im Was würden Sie denn den Studenten ra­ chen Ruf die Humboldt-Universität mo­ Zentrum des Regierundssitzes Berlins ten, was sie machen sollen? mentan im Ausland genießt ? präsent bleiben können oder haben wir Auf alle Fälle erst einmal ihre Rechte wahr­ Da ist ein großes Interesse zu spüren. Neu­ uns im Kampf um die Gebäude und Grund­ nehmen. Mit dieser Diskussion ist nieman­ lich hat zum Beispiel der italienische Bot­ stücke im zukünftigen Regierungssitz dem geholfen. Ich habe mich dafür einge­ schafter bei einem Besuch an der schon den Kopf blutig gestoßen? setzt, daß der Studentenrat erhalten bleibt, Humboldt-Universität gesagt, daß seine Re­ Nein, wir haben eine Menge eigene Grund­ einfach aus der spezifischen Kenntnis, wie gierung sehr interessiert sei an einem stärke­ stücke, und es ist uns von Mitgliedern des das hier ist. Man darf die demokratischen ren Austausch mit deutschen Universitäten, politischen Senats und vom Regierenden Rechte nicht verfallen lassen, das finde ich besonders mitder Humboldt-Universität. Ich Bürgermeister zugesichert worden, daß ein fahrlässig, das finde ich wirklich fahrlässig. habe ihn gefragt, ob dieses Interesse auch mit Interesse des Landes daran besteht, daß die Ich verstehe, daß da so eine gewisse der FU und TU bestünde. Er hat sehr nach Humboldt-Universität hier in diesem Be­ Zwischenphase sein muß, wo man erst ein­ Worten gesucht, obwohl er gut deutsch reich bleibt. Die Landesregierung möchte mal wieder neuen Anlauf nimmt, aber es sprach, und sagte dann, es sei doch viel hier kein Museums- und Regierungszentrum wird nun mal langsam Zeit, daß die erregender hier an der Humboldt-Universi­ haben, in dem sich kein Mensch mehr befin­ Studentenschaft aus den Socken kommt. tät. det. Wir sind als "belebendes Element" er­ Wie sieht der ideale Student aus? wünscht. Der Adlershof-Beschluß beinhal­ Den gibt es nicht. Sie wollen doch jetzt nicht tet ja die Zusicherung, daß uns die frei­ etwa von mir hören: fleißig, ordentlich ... Ein großes Interesse im Ausland werdenden Gebäude erhalten bleiben. Das ... ernsthaft, würde ich sagen, ernsthaft in ist auch einer der Gründe, warum ich die welcher Richtung auch immer. Das, was Adlershof-Entscheidung jetzt richtig finde, man jeden Tag tut, in dem Moment ernst denn dann haben wir einfach mehr Platz für nehmen, in dem man es tut. Was mich immer Hat man nicht oft das Gef ühhdaß viele, die die geisteswissenschaftlichen Fächer und sehr bestürzt, ist, wenn Studierende sich diese Kontakte suchen, hierherkommen können uns hier entsprechend entwickeln. nicht die Zeit nehmen und die Intensität, sich mit der Vorstellung: hier ist es noch exo- 8 UnBESTÄNDIG S UnAUFGEFÛRDERT

Fortsetzung von Seite 7 Mal, das war eine ganz harte Woche, habe (KdS) und ihres Koordinierungsrates (KoRa) ich gedacht: "Ohje, auf was habe ich mich tendierte seit dem letzten halben Jahr stark tisch? denn da eingelassen?" - Reue war das nicht, nach Null, was das Verhältnis von Aufwand Nein, es ist dieses Ost-West-Zusammen- ich habe nur begriffen, daß es in der Praxis und Nutzen angeht, in der Öffentlichkeit wachsen, das die Menschen interessiert. doch ein bißchen anders aussieht, als in der hörte man kaum noch von der KdS. Wenn man hier ist, kann man sich dem nicht Theorie. Thomas Neie, geschäftsführendes Mitglied mehr entziehen. Das, was die Leute in Frau Dürkop, wir danken Ihnen für das der KdS von der Humboldt-Universität, Saarbrücken oder in Passau schaffen, den Gespräch! meinte angesichts der aberwitzigen Diskus­ deutschen Einigungsprozeß zu ignorieren, sion über die goße Bedeutung der KdS in das geht hier nicht. Hier ist man persönlich Tag der offenen Tür im FB Cottbus verwundert: "Ich weiß nicht, aber betroffen. Rehabilitationswissenschaften merkt ihr nicht, daß wir seit einem Jahr nur Gab es eigentlich in den ersten hundert "Die guten finsteren Zeiten"(Konzert noch zu uns selber reden und keinen mehr Tagen Ihres Amtes Phasen, wo Sie es be- mit Ecke Maaß) erreichen?" Die Arbeit und die Verwaltung -Lieder über die kleine Stalinzeit in der des Büro des Koordinierungsrates lagen al­ kleinen DDR leinig in seiner Hand, umso frustrierter war Worauf habe ich mich da -Liebeslieder er nach Cottbus gekommen, die Anzahl der Aktenordner mit abgehefteten Briefen, Pro­ eingelassen -Friedhofslieder tokollen und Einladungen war stetig gestie­ Am 26. 11.92 gen, die Anzahl der Erfolgsmeldungen ex­ Albrechtstr. 22, Berlin 0-1040 reut haben, sich zur Wahl gestellt zu ha­ trem gesunken: "es fällt mir nicht gerade ben? Beginn: 18 Uhr leicht darzustellen, was diese KdS ist und Bereut habe ich es nicht. Nur ein einziges anschl. Tanz open end was sie eigentlich macht", schrieb er nach einem Jahr Arbeit resiginiert in die Einla­ dung für das Treffen in Cottbus - zu unter­ schiedlich waren die Aufassungen über Sinn und Zweck dieses universitätsübergreifenden Gremiums. Ich lade Sie herzlich zur Im April 1990 in der Noch-DDR gegründet, war die KdS wie vieles andere auch nur feierlichen

(KoRa) - Universität Leipzig (Studentenrat) das meiste Geld kam vom Bundesministerium kussion um die Auflösung der KdS hat bei - Universität Jena (Studentenrat) mit für Bildung und Wissenschaft aus Bonn. vielen Anwesenden tiefe Betroffenheit aus­ Auslegern nach Weimar, Rostock, Merseburg Umgedreht begiffen die Studentenrätler in gelöst. Nicht, aus Trauer darüber, eine und Ilmenau. Bestimmte Arbeiten waren mit Cottbus immer noch nicht, daß hinter ihnen übergreifende Organisation aller Student­ bestimmten Personen verknüpft, mit dem kaum noch jemand steht. An den wenigsten lnnenschaften abzuschaffen, die es sowieso Weggang dieser schienen auch die Arbeiten ostdeutschen Hochschulen und Universitä­ in diesem Sinne nicht gab, sondern das Er­ nicht mehr erfüllbar, ein Zustand, der 1990/ ten gibt es noch eine funktionierende lebnis einer engen persönlichen Bindung 91 noch nicht bestand. Conny Kugge aus Studentenvertretung wie etwa in Leipzig einiger Mitglieder an diese Konferenz, die Jena meinte nach beschlossener Auflösung oder Merseburg, den Studenten ist es zu 99% an diesem Abend zu Tränen und gegenseitiger der KdS ängstlich, "wiedersehen tun wir uns grundsätzlich egal, was ihre Studenten­ Schulzuweisung führte. aber trotzdem, oder?" - viele kamen nur vertreter treiben oder ob es sie überhaupt "Irgendwann werden sie erkennen müssen, nach Cottbus, um die anderen wieder einmal noch gibt. "Ich sehe sowieso nicht ein, ir­ daß dies hier nicht ihr Leben ist. Und es ist zu treffen, über Probleme wurde zwar gendwelche Studenten zu vertreten, die es traurig anzusehen, wie sehr sich einige ge­ diskuitert, um praktikable Ideen zur Lösung sowieso nicht interessiert!", rief ein Mitglied gen diese Erkenntnis sperren." - meinte ein dieser Probleme ging es nur am Rande. des Studentenrates Leipzig entrüstet in die Mitglied der KdS nach der langen und quä­ Der Zusammenbruch der KdS liegt aber Diskussion über ein zukünftiges Vertretungs- lenden Diskussion. "Morgen werden sie ir­ auch daran, das viele Studentenvertretungen modell hinein, und Andrea Hacker vom gend etwas neues gründen, denn aufhören einfach nicht begriffen, zu was die Konfe­ Studentenrat der Universität Rostock können sie nicht!" Er ist am Sonntagmorgen renz wirklich da war. "Wir verstehen die präzisierte dies noch: "Wir sprechen sowie­ abgefahren - und hat recht behalten. KdS als Gremium des Erfahrungs- und so nicht für die Studenten!" - ja aber für wen jot Ideenaustausches, sehen in ihr aber kein denn dann? Kleinanzeige Verkaufe: IBM-kompatiblen PC, Intel 486- 33 MHz, 256 kB Cache, 16 MB RAM (max. 32 MB), 210 MB Festplatte 15 ms, 2 Diskettenlaufwerke, Maus, Cherry-Tastatur, 2 ser., 1 par. Schnittstelle, 1 MB SuperVGA Trident 8900C (256 Farben, 1024x768, 70 Hz), großer Tower, OS/2 2.0 mit Handbüchern, allerdings ohne Monitor für 3500..4000 DM; 24-Nadeldrucker NEC P2+ mit automatischem Einzelblatteinzug für ca. 450,- DM, phantastisch geeignet für OS/2, Windows, Programmierung, Textverarbeitung (Public Domain EmTeX vorhanden), Grafik, DTP etc. pp., aber zu schwer fürs Flugzeug. Stefan Deutscher (über UnAUF-Redaktion)

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entscheidendes Instrument der studentischen Nach hitziger Diskussion wurde am Sonn­ Interessenvertretung. Dieses ergibt sich dar­ abend, den 7.11.1992 die Auflösung der KdS aus, daß die KdS nicht auf basisde­ mit Mehrheit der wenigen Anwesenden be­ Buchhandel mokratischer Legitimation beruht", schrie­ schlossen. Um das letzte Standbein der KdS ben die "brandenburgischen Studier­ aber zu retten, das Büro der KdS in Berlin, "Antiquariat endenvertretungen in einer Erklärung an die beschlossen die verbliebenen Tagungs­ in Cottbus Sitzenden - an ihrer basisdemo­ teilnehmer am Tag darauf die Einrichtung kratischen Legitimation halfen sie durch ihr eines "Informationsbüros" in Berlin. Hier Fernbleiben von der Arbeit auch nicht mit. sollen Informationen gesammelt und an die Die KdS wurde zunehmend ein Legi­ Mil. - Fi. Hl - 1» Uhr einzelnen Studentenräte weitergeleitet wer­ Sa. Ill - 14 Uhi timationsorgan für die verschiedenen staat­ den, die Arbeit in diesem Büro wird zunächst NiiK1 Si'hiiiih;iiisti Str. K lichen Gremien und Ministerien: "die "Stu­ von Thomas Neie weitergeführt und im März denten haben ja teilgenommen, wir schlie­ oder April nächsten Jahres will man sich ßen sie nicht aus - aber mitbestimmen lassen wieder treffen, um vielleicht eine neue Kon­ wir sie auch nicht!" - die KdS billigte allein ferenz der Studentlnnenschaften Ost­ durch ihre Existenz diesen gesellschaftli­ deutschlands zu gründen. chen Zustand einer zynischen Demokratie, Zum Schluß noch eine Bemerkung. Die Dis­