Mit großem Cityplan Peking Die Highlights der Stadt direkt erleben Durch Shoppingmeilen und Szeneviertel bummeln Die besten Adressen zum Ausgehen 15 x direkt erleben

Line 15 Line 15 Sommerpalast Zhongguancun Beidajie Line 8

13 (S. 64) 14 Line Olympiaviertel CHAOYANG

Line 13 Line 12 (S. 62) HAIDIAN

Anli Lu Line 13

Line 4 Line North 4th Ring Rd. E. Jianxiang Qiao North 4th Ring Rd. Middle Airport Express North 4th Ring Rd. Middle Beisihuan Zhonglu Beisihuan Donglu Beisihuan Xilu North 4th Ring Rd. W. (4. Ring)

Zhongguancun Beisihuan Xilu (4. Ring) Expressway

Badaling 5 Line 798 Art District (plus Caochangdi) (S. 58) 11

Dajie North 4th Ring Rd. E.

Line 10 Lu Anding Jingcheng Expressway Line 10

Z h o n g Airport Expressway gu

a n c u n Beisanhuan North 3rd Ring Beisanhuan Donglu (3. Ring) Beisanhuan Donglu Line 10 North 3rd Ring Rd. W. North 3rd Ring Rd. Middle East 4th Ring Rd. (3. Ring) Zhonglu Rd. Middle

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Line 4 Line n gme Vom Lama- zum Konfuziustempel hen (S. 38) Zizhu Des 5 Qiao Hou Hai und Qian Hai

(S. 42) 6 Dongzhimennei Dajie Dongzhimenwai Dajie Zizhuyuan ie Line 4 Nandajie Lu aj N. Xizhimenwai D Nandajie DONGCHENG

Di'anmen Zhangzi- Line 6 Line 6 u Dongdajie zhong Lu Dongsi 10 Tiao Gongren Tiyuchang Beilu Nongzhanguan Nanlu Y an L Linglong Lu Di'anmen Xidajie aojiayu

Beidajie

Xisanhuan Zhonglu XICHENG Kohlehügel und Beihai-Park 4 (S. 36) Fucheng Lu CHAOYANG Fucheng Lu Fuchengmennei Dajie Chaoyangmen Line 6

Dongsanhuan Beilu (S. 46) 7 East 3rd Ring N. Rd.

(3. Ring) (3. Nandajie

Line 2 Line 5 Xisanhuan Zhonglu Central Business District CBD Line 10 Line 9 Verbotene Stadt 10 (S. 55)

Line 2 Line 2 (S. 31) Bummel auf der Wangfujing

3 (S. 34) Line 10 Line Line 1 Dongchang'an Line 1 Line 14 Fuxing Lu Fuxing Lu Line 1 Jianguomennei Dajie Jianguomenwai Dajie Jianguo Lu

Dongsanhuan Fuxingmenwai Dajie Xichang'an Jie Jie Zhonglu (3. Ring) Sihui Qiao Tian’anmen Guangchang Auf der Großen Mauer 1 (S. 28) (S. 69) 15 Line 2 Xuanwumen Qianmen Qianmen Dongdajie (1. Ring) Lianhua Dongdajie Xidajie Rd. Ring 4th Middle East

Lianhuachi Xilu Qiao Lianhuachi Donglu Lianhuachi DongluG

u a Qianmen Dajie, Dazhalan, Liulichang n

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Sommerfrische am Xiang Shan G Ji Xian 109 14 (S. 66) 102 5 Line

Dongsanhuan Nanlu N 102 Y

Beijing (Peking) Puhuangyu Lu 108 N hel Tongzhou Caihuying You'anmen Xibin FengtaiLize Qiao Qiao Xianghe Line 14 107 siehe Detailkarte 0 1 2 km Fangshan Daxing 0 25 50 km

ihuying Nanlu Peking (Beijing)

Oliver Fülling

Diese Symbole im Buch verweisen auf den großen Cityplan! Huanying – Willkommen

Mein heimliches Wahrzeichen 4 Erste Orientierung 6 Schlaglichter und Impressionen 8 Geschichte, Gegenwart, Zukunft 14 Reiseinfos von A bis Z 16

15 x Beijing direkt erleben

1 Der größte Platz der Welt – Tian’anmen Guangchang 28 | Kaiserliche, sozialistische und ein bisschen deutsche Architektur umrahmen das weitläufige Symbol für den Ruf nach Demokratie. 2 Nahtstelle von Himmel und Erde – Erlebnis Verbotene Stadt 31 | Gewaltige Paläste und Museen mit der Essenz chinesischer Kunst. 3 Ein berühmter Boulevard – Bummel auf der Wangfujing 34 | Weltstadtboulevard mit ausgelassener Atmosphäre. 4 In kaiserlichen Gärten – Kohlehügel und Beihai-Park 36 | Zwei Lustorte der Kaiser: klassische Gärten als dreidimensionale Gesamtkunstwerke, Rückzugs- und Begegnungsorte der Beijinger. 5 Viertel der Gelehrsamkeit – vom Lama- zum Konfuziustempel 38 | »Unter den Talaren Muff von 1000 Jahren« findet man hier nicht, dafür aber geheimnisvolle buddhistische und konfuzianische Atmosphäre. 6 Malerische Weststadt – rund um Hou Hai und Qian Hai 42 | Ehemalige Prinzenresidenzen, alte Tempel, malerische Gassen und eines der schönsten Ausgehviertel säumen die Ufer der beiden Seen. 7 Straße der Tempel – entlang der Fuchengmennei Dajie 46 | Stille Tempel und interessante hutong abseits ausgetretener Pfade. 8 Das alte Händlerviertel – Qianmen Dajie, Dazhalan, Liulichang 50 | Traditionsreiche Geschäfte, quirliges Treiben und ein altes Kunstzentrum. 9 Begegnung mit dem Himmel – Himmelsaltar 53 | Himmelssöhne nannten sich die chinesischen Kaiser: Hier hielten sie für einen segensreichen Jahresverlauf Zwiesprache mit dem Himmel. 10 Kommerz und Religion im CBD – Central Business District 55 | Das moderne Gesicht der Stadt: Parks im Schatten wuchtiger Hochhäuser, Tempel neben schrillen Malls und hektischen Kleidermärkten. 11 Weltkunst – 798 Art District 58 | Tour de Force durch Chinas zeitgenössische Kunstszene mit Hunderten Galerien in maroden alten Fabrikgebäuden im Bauhaus-Stil.

2 12 Groß, größer, gigantisch – das Olympiaviertel 62 | Ein neuer Stadtteil rund um ›Vogelnest‹ und ›Wasserwürfel‹. 13 Klassischer Garten in Vollendung – der Sommerpalast 64 | Der berühmteste klassische Garten Chinas: das unbescheidene Geschenk des Qianlong-Kaisers an seine Mutter zu deren 60. Geburtstag. 14 Tempel und Paläste – Sommerfrische am Xiang Shan 66 | Waldige Berge, schlafende Buddhas, filigrane Stupas und der riesige Botanische Garten sorgen für das gute fengshui der Hauptstadt. 15 Wandern auf der Großen Mauer – von Jinshanling nach Simatai 69 | Einer der imposantesten Mauerabschnitte in einer grandiosen Bergwelt.

Noch mehr Beijing 72 Gebäude, Ensembles 72 Sakralbauten 73 Museen und Galerien 76 Parks und Gärten 78

Ausflüge 80 Große Mauer 80 Ming-Gräber 80 Östliche Qing-Gräber 81 Songzhuang Artists Village 82 Tempel der Roten Meeresschnecke 82 Wanping und Marco-Polo-Brücke 83 Yinshan-Pagodenwald 83

Zu Gast in Beijing

Übernachten 86 Günstig und nett 87 Stilvoll wohnen 88 Essen und Trinken 90 Cafés und Frühstücken 91 Gourmet-Lokale 92 Gut und günstig 93 Szene und Ambiente 94 Typisch Beijing 94 Vegetarisch 95 Pekingente 97 Einkaufen 98 Bücher und CDs 99 Delikatessen und Lebensmittel 99 Geschenke, Souvenirs, Design 100 Antik- und Trödelmärkte 101 Mode und Accessoires 101 Schmuck 103 Traditionsläden 103 Ausgehen – abends und nachts 104 Bars und Kneipen 105 Diskotheken 106 Kino 108 Konzerte und Oper 108 Livemusik 109 Schwul und lesbisch 110 Theater 110

Sprachführer 112 Kulinarisches Lexikon 114 Register 116 Autor, Abbildungsnachweis, Impressum 120

3 Huanying – Willkommen Mein heimliches Wahrzeichen Die Beijinger lieben den Pomp, er steht für Macht, die Moderne, ja für die Stadt als Mittelpunkt zumindest der ostasiatischen Welt. Doch so groß ihr Stolz auf die Stadt ist, Heimat, das sind nicht die spektakulären Neubauten, sondern die alten Gassen (hutong) und Hofhäuser (siheyuan) mit ihren schmucken Hotels, Restaurants, Kneipen und Museen. Die Seele sind die Nachbarschaftstempel, die kleinen Märkte, der marode Charme weit verzweigter Hofhäuser und der träge Fluss des Alltags in den hutong. Hier ist es, wo man auch als Besucher den Puls der Stadt spürt. Erste Orientierung

Ankunft und Überblick und das ist bis heute so. In Dongcheng Egal, ob Sie auf dem Beijinger Flug hafen der Oststadt, stehen die teuers- landen oder in einen der drei riesigen ten und besten Hotels, hier verlaufen die Bahnhöfe im Zentrum, Westen oder Sü- nobelsten Einkaufsstraßen (Wangfu- den der Stadt einfahren, von überall ge- jing), entlang der Dongchang’an Jie langt man schnell und bequem mit der reihen sich die repräsentativsten Bauten U-Bahn in alle Teile der Metropole. auf. In den hutong verbergen sich zu Beijings Innenstadt besteht aus den schicken Villen umgebaute alte siheyuan, Stadtteilen Dongcheng und Xicheng. Im und Yuppies bevölkern die teuren Cafés. Zentrum steht der Kaiserpalast mit Hier findet man einige herausragende dem vorgelagerten Tian’anmen-Platz Sehenswürdigkeiten wie Lama- und (Platz des Himmlischen Friedens) wäh- Konfuziustempel oder die ehemaligen rend in den verbliebenen, noch immer Residenzen zu Reichtum und Ansehen verwinkelten hutong, den typischen gelangter historischer Persönlichkeiten. Beijinger Gassen, unzählige prinzli che Im Süden Dongchengs, der noch bis Palastanlagen, Tempel und wunder- 2010 den eigenständigen Stadtteil schöne Vier-Harmonien-Höfe, die si- Chongwen bildete, ist der Himmels - heyuan, auf ihre Entdeckung warten. tempel der große Höhepunkt. Noch bis etwa 1965 umgab eine ge- waltige Stadtmauer das Zentrum Bei- Xicheng D–F 4–10 jings. Sie musste schließlich dem Bau In den beschaulichen hutong von Xi- einer U-Bahn und der 2. Ringstraße wei- cheng , der Weststadt, versteck- chen. Mit dem Abriss der Mauer wurde ten sich die exquisiten ehemaligen Re- die traditionelle, zwischen 1522 und sidenzen hoher Mandarine und Prinzen, 1566 geschaffene Unterteilung in eine darunter die großartige Residenz des Innere und eine Äußere Stadt aufgeho- Prinzen Gong. Doch auch Künstler ben. Ihr Grundriss ist am Verlauf der bei- und Feingeister zog es in die friedvollen den zentralen Ringstraßen um die siheyuan, die sich hinter unscheinbaren nördliche und südliche Innenstadt noch Mauern verbergen. Xicheng war nie die sichtbar, während die Stationsnamen der große Show nach außen, sondern ein U-Bahn-Linie 2 teils noch die Namen der Stadtteil für den Alltag. Hier lebt und ar- alten Stadttore (men), wie Qianmen, beitet man, kauft ein und ist fern der , Hepingmen oder Besuchermassen unter sich. Selbst vie- Jian guomen tragen. le großartige Sehenswürdigkeiten die- Die modernen Stadtteile Chaoyang, ses Stadtteils wie der Beihai-Park, der Haidian, Shijingshan und Fengtai mit Tempel der Weißen Wolke und das ebenfalls herausragenden Sehenswür- Capital Museum liegen abseits der dig keiten umschließen die Innenstadt. Touristenströme. So konnte sich vor al- lem an den Ufern des Seengebietes Dongcheng G–J 4–10 eine feine Szene mit ge- Eine Redensart in Beijing lautete »Im Os- mütlichen Cafés, exquisiten Restaurants ten der Reichtum, im Westen der Adel«, und schmucken Teehäusern entwickeln. 6 Erste Orientierung

Drachenskulptur und Weiße Pagode im Beihai-Park westlich des Kaiserpalasts

Der Süden Xichengs, bis 2010 noch ressantesten Künstlervierteln – 798 der eigenständige Stadtteil Xuan wu, Art District und Caochangdi. Im Norden wartet nicht mit spektakulären Sehens- schließt das Olympia gelände Chao - würdigkeiten auf. Dafür findet man hier yang ab. viele kleinere und größere buddhisti- sche und daoistische Tempelanlagen, Haidian Karte 2, A–D 1–3 das muslimische Viertel mit der schmu- und Shijingshan Karte 2, A–C cken Moschee, quirlige Einkaufsstra- 4–6 und außerhalb A 4–6 ßen und -gassen wie Qianmen Dajie, Haidian 海淀 und das südlich davon Dazhalan und Liulichang mit ihrem gelegene Shijingshan 石景山 waren bis bunten Treiben sowie alte Theater eben- ins 19. Jh. die grüne Lunge Beijings. so wie beschauliche Parks, in denen Während der Qing-Zeit entstanden am man sich zu den traditionellen Morgen- Stadtrand große Gartenanlagen als Er- aktivitäten der Beijinger gesellen kann. holungsorte für das Kaiserhaus oder ho- he Mandarine. Der Sommer palast (Yi- Chaoyang Karte 2, E–J 1/2, he Yuan) ist bis heute der berühmteste G–J 3–8 Garten Chinas, aber auch die Parks an Einst ein langweiliger, durch seine Bot- den Hängen der Westberge wie der Park schaftsviertel geprägter Bezirk, be- des Duftenden Berges (Xiangshan gann die moderne Entwicklung Chao - Gong yuan) oder Badachu, die Acht yangs 阳 mit dem Bau der 3. und 4. Großen Stätten, zeugen vom Glanz Ringstraße. Erst kamen die Hotels, dann der Kaiserzeit. 1898 wurde in Haidian schossen Bürotürme im glitzernden die Beijing-Universität (Beida), die CBD (Central Business District) im Ost- erste Universität der Stadt gegründet, teil der Stadt wie Pilze aus dem Boden. und heute ist dieser Stadtteil Sitz der Inzwischen ist Chaoyang das wichtigste meisten Hochschulen und das ›Silicon und modernste Geschäftsviertel Beijings Valley‹ Chinas. Dank der vielen Studen- mit Wolkenkratzern, Retortenvorstäd- ten hat sich eine bunte Subkultur aus ten, den grellsten Szene- und den inte- Kneipen, Galerien und Cafés entwickelt. 7 Schlaglichter und Impressionen

Symbol neuer Macht ten am gigantischen Terminal 3 des Bei- Beijing, das ist die Vergangenheit, Ge- jinger Flughafens ankommt. Niemand genwart und Zukunft Chinas in einer Geringeres als der Brite Sir Norman Fos- Stadt. Nirgends sonst wirkt sich die gro- ter durfte den milliardenschweren Bau ße Politik unmittelbarer aus. Ständig ist planen, dessen Hallen einen Drachen – die Stadt bemüht, besser als alle ande- glücksbringende Wesen aus der chinesi- ren Städte des Landes zu sein. So wie schen Mythologie, die unmittelbar an der einst die Kaiser ihre Stadt als Abbild des Erschaffung der chinesischen Kultur be- Universums errichteten, haben sich Chi- teiligt waren – symbolisieren, während nas Herrscher des 21. Jh. ihre Haupt- rote Säulen und ein dezent goldenes stadt als das Abbild eines neuen, macht- Dach Assoziationen an die Paläste und vollen erschaffen. Die spektaku- Tempel der Stadt wecken sollen und so lärsten Stadien für die Olympiade 2008, chinesische Tradition mit moderner For- die modernsten Einkaufszentren, die mensprache vereinen. Doch schon 2017 breitesten Boulevards und ein effizientes soll dieser Flughafen wieder Geschichte U-Bahn-System mussten her. Binnen ei- sein, denn dann wird in Daxing im Süden ner Dekade ist das zweitgrößte und mit der Stadt der größte Airport der Welt, bis zu 11 Mio. Passagieren pro Tag am ausgelegt für bis zu 200 Mio. Passagiere stärksten genutzte U-Bahn-Netz der im Jahr, in Betrieb gehen. Welt entstanden. Fast 30 000 Stadtbus- se auf über 900 Linien sorgen dafür, dass Abbild des Universums kein Beijinger länger als 8 Min. bis zur Mehr als 800 Jahre war Beijing die phy- nächsten Haltestelle laufen muss. Viel al- sische Nachbildung des Universums und te Substanz ist seit den 1980er-Jahren bis in die zweite Hälfte des 20. Jh. be- im Namen der Modernisierung zerstört hielt es weitgehend seine ursprüngliche worden, aber zugleich wurden Hunderte Gestalt bei. Das Zentrum wurde vom Millionen Yuan investiert, um die unzäh- ummauerten Kaiserpalast, dem Sitz des ligen Kulturdenkmäler zu restaurieren. Kaisers und Mittlers zwischen Erde und Beijing hat sich neu erfunden und eine Kosmos, gebildet. Umgeben war der Pa- Brücke aus der Vergangenheit in die Zu- last von einem Meer einstöckiger, tradi- kunft geschlagen. Das macht einen Be- tioneller chinesischer Hofhäuser, den such so faszinierend und aufregend. Vier-Harmonien-Höfen (siheyuan). Diese gruppierten sich in einem mehr oder Ein neuer ›neuer‹ Flughafen weniger schachbrettförmigen Netz en- »Beijing zeigt sich nicht vorher, Beijing ger Gassen, den hutong, die die gesam- packt den Ankömmling; wenn man es te Stadt durchzogen. sieht, ist man auch schon da«, beschrieb Mao Zedong ließ seine Hauptstadt der französische Autor Pierre Loti seinen ab 1949 nach dem Muster eintöniger Eindruck von Beijing im Jahr 1900 voller sowjetischer Planstädte ausbauen. Die Ehrfurcht. Nicht anders ergeht es dem kaiserliche Kernstadt blieb mit Ausnah- modernen Reisenden, der nach Stunden me des Tian’anmen-Platzes aber erhal- des Fluges über karge Wüstenlandschaf- ten. Mao brach dieses System nur inso- 8 Schlaglichter und Impressionen

Erinnerung an die Tradition – ein überdimensionierter Vogelkäfig mitten im Central Business District fern auf, als er die imperiale Geste der Neue und Fortschrittliche erst einmal auf Vergangenheit mit der Inszenierung der Eis gelegt. Noch bis Mitte der 1990er- Masse vereinte. Er ließ dafür die alten Jahre stellte Beijing eher ein überdi- kaiserlichen Ministerien abreißen und mensioniertes Dorf im trägen Fluss der den Platz des Himmlischen Friedens an- nahen, jeden allzu großen Modernisie- legen. Mit dem riesigen Platz wollte er rungswillen erstickenden Politik dar. die proletarische Öffentlichkeit durch Doch dank der Sicherheit und Stabilität das Mittel der Massenornamentierung vermittelnden ordnungsgemäßen Füh- inszenieren. Ansonsten schloss er sich rungswechsel an der Staatsspitze trau- im westlich vom Kaiserpalast gelegenen ten sich die ersten Investoren in die Gartenviertel genauso von Hauptstadt. Sie kamen erst langsam den ›proletarischen‹ Massen ab wie und dann in Scharen. einst die Kaiser von ihren Unter tanen. Für sie waren – und sind teils noch – die über Jahrzehnte vernachlässigten Vom Riesendorf … hutong Slumgebiete, mit denen man Ta- Nach Mao Zedong kam ab 1978 die bula rasa und dann größtmöglichen Moderne. Erste Hochhäuser wie das Profit macht. Nicht einzelne Häuser 101 m hohe, 1985 erbaute CITIC-Ge- werden abgerissen, sondern ganze bäude an der U-Bahn-Station Jianguo- Stadtviertel. Riesige Bürokomplexe und men im Osten der Stadt ragten einsam Einkaufszentren wie die APM Mall oder aus dem flachen Häusermeer. Doch mit das Oriental Plaza an der Wangfujing der gewaltsamen Niederschlagung der entstanden und haben der Stadt eine Demokratiebewegung 1989 wurde alles moderne Fassade verpasst. 9 Schlaglichter und Impressionen

… zur Weltstadt orientierung verspürt. Dem neuen Bei- Beijing hat sich ohne Zweifel zur Welt- jing werfen Kritiker Vergänglichkeit, stadt gemausert. Dabei ist es eine Geschichtsvergessenheit und Disney- höchst anachronistische Stadt geblie- fizierung vor. Heimat, das sind für sie ben, aber immerhin eine, in der eine nicht die spektakulären Neubauten, gewisse Stadtplanung, nicht zuletzt sondern die alten Gassen und Hofhäu- dank der strengen Auflagen des Inter- ser. Glücklicherweise haben nun end- nationalen Olympischen Komitees an lich auch die Planer reagiert. Investoren die Austragungsorte einer Olympiade, haben sich der traditionellen siheyuan nunmehr ernst genommen und lang- angenommen und reißen sie nicht mehr sam sichtbar wird. ab, sondern entwickeln in ihnen schmu- Der niederländische Architekt Rem cke Hotels, Restaurants, Museen oder Koolhaas bezeichnete Beijing als das Galerien. Die Altstadt macht zwar le- Gegenteil einer traditionellen Stadt, als diglich noch 0,4 % der gesamten Bei- einen Ort mit einer größtmöglichen Dif- jinger Stadtfläche aus, aber sie ist noch ferenz seiner einzelnen Teile – komple- immer so groß, dass, wird sie erhalten, mentär und konkurrierend. Die Haupt- man als Besucher in ihr verloren gehen stadt, so Koolhaas, sei ein modernes kann. Damit das nicht geschieht, florie- Konstrukt aus opportunistischem Aus- ren die hutong-Touren mit der Rikscha. beuten von Zufallstreffern, Unglücksfäl- In den Gassen wachsen und gedeihen len und Unfertigem. Schließlich nahm atmosphärevolle Szeneviertel wie ent- er einen der umstrittensten Aufträge an, lang der Nanluogu Xiang im Stadtteil die man in China bekommen konnte – Dongcheng oder der Dazhalan im den Bau des neuen Gebäudes des größ- Stadtteil Xicheng (früher Xuanwu). ten staatlichen Fernsehsenders CCTV, des CCTV Tower. Nicht nur die Annah- Tourismusmetropole me des Auftrags durch Koolhaas war Heimat außerhalb der hutong konnten kontrovers, sein gigantisches Bauwerk, allerdings schon die Kaiser nicht schaf- das 2008 fertiggestellt wurde, gehört fen. Ihre Hauptstadt sollte mit den ho- überhaupt zu den umstrittensten der hen Mauern, Toren und der klaren Stadt. In seine Pläne hat er daher sogar räumlichen Gliederung die Macht, ja die das Thema Öffnung und Demokratie ein Anwesenheit des Kaisers symbolisieren. bisschen als Kommentar eingebaut, in- Was für die Bewohner einst erdrü- dem er das Bauwerk so plante, dass Be- ckender Beweis dafür war, in der Haupt- sucher ungehindert bis in die Spitze des stadt zu leben, ist heute Beijings größ- Gebäudes gelangen können. tes Kapital. Hunderte von grandiosen Palästen, Gartenanlagen, Tempeln und Altstadtflair Altären verteilen sich über die Stadt Eine neue urbane Identität konnte mit und machen sie zu einem einzigartigen diesem oder anderen Megaprojekten Reiseziel. Die Liste der Sehenswürdig- wie dem 2007 fertiggestellten National keiten ist so lang, dass selbst mehrere Centre for the Performing Arts von Paul Besuche nicht ausreichen, um alles zu Andreu noch nicht geschaffen werden. sehen. Zugegeben, die großen High- Künstler und Bewohner kritisieren die lights besichtigt man im Strom riesiger, Entfremdung, Sterilität und Heimatlo- gelenkter Besuchermassen, aber im Sog sigkeit in ihrer Stadt, während man als der Restaurierungen wurden eben auch Besucher zuweilen eine gewisse Des- viele alte Hofhäuser aufwendig saniert. 10