Aktuelle Bestandssituation Und Gefährdung Des Stachelsporigen Brachsenkrautes (Isoetes Echinospora DURIEU) in Baden-Württember

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Aktuelle Bestandssituation Und Gefährdung Des Stachelsporigen Brachsenkrautes (Isoetes Echinospora DURIEU) in Baden-Württember ©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at carolinea, 57 (1999): 43-56, 4 Abb., 2 Farbtaf.; Karlsruhe, 30.12.1999 43 K a r s t e n Horn & F rank Pätzold Aktuelle Bestandssituation und Gefährdung des Stachelsporigen Brachsenkrautes (Isoetes echinospora Durieu ) in Baden-Württemberg Frau Dipl.-Biol. Helga Rasbach zum 75. Geburtstag gewidmet Kurzfassung 1. Einleitung Das Stachelsporige Brachsenkraut (Isoetes echinospora), ei­ ne in Mitteleuropa reliktisch verbreitete Art oligotropher Seen, Die Ordnung Isoetales (Brachsenkrautartige Pflan­ hat seine letzten noch bestehenden Vorkommen innerhalb Deutschlands im Südschwarzwald (Feld- und Titisee). Tauch­ zen), die rezent nur aus der Familie Isoetaceae kartierungen in den Jahren 1998 und 1999 ergaben eine Ge­ (Brachsenkräuter) besteht (vgl. D o s t ä l 1984), ist welt­ samtpopulationsgröße von etwa 100 Pflanzen im Feldsee und weit lediglich mit 2 Gattungen ( Isoetes , Stylites) vertre­ 50 Pflanzen im Titisee. Damit sind die Bestände im Vergleich ten. Nach neuerer systematischer Auffassung wird die zu Untersuchungen im Zeitraum 1979/80 dramatisch zurück­ Gattung Stylites zu Isoetes gestellt (J e r m y 1990). Es gegangen; /. echinospora ist heute vom Aussterben bedroht. handelt sich um eine nahezu kosmopolitisch verbreite­ Als bedeutsamste Gefährdungsfaktoren sind die ständig vor­ te Gruppe von aquatisch, amphibisch oder terrestrisch anschreitende Eutrophierung sowie die immer mehr zuneh­ mende Freizeitnutzung beider Seen (Baden, Bootsverkehr) zu lebenden Pflanzen mit derzeit etwa 150 bekannten Ar­ nennen. An zwingend notwendigen Schutzmaßnahmen sind ten sowie zahleichen Hybriden (T a y l o r et al. 1993). für den Feldsee ein generelles Badeverbot und für den Titisee Zum überwiegenden Teil handelt es sich bei den Isoe- eine Einschränkung der Freizeitnutzung zu fordern. Für den tes-Arten um ozeanische Florenelemente der meridio- Titisee ist ferner die Erarbeitung eines umfassenden Manage­ nalen bis temperierten Zonen; die Diversitätszentren ment- und Renaturierungskonzeptes notwendig. der Gattung liegen in Nord- und Mittelamerika sowie im Mediterrangebiet (D o s t ä l 1984). In Europa kom­ Abstract men 11 Arten vor (J e r m y & A k e r o y d 1993), von de­ Recent population size and endangerment of the Spring nen lediglich /. echinospora (Stachelsporiges Brach­ Quillwort (Isoetes echinospora Durieu ) in Baden-Würt­ temberg (south-western Germany) senkraut) und I. lacustris (See-Brachsenkraut) auch The Spring Quillwort, which grows in oligotrophic lakes, shows Mitteleuropa besiedeln; die übrigen Arten sind auf das a relictic distribution in Central Europe. In Germany, remnant atlantische Südwesteuropa und das Mittelmeergebiet populations occur only In the southern part of the Black Forest beschränkt. (Feldsee, Titisee). During diving investigations in 1998 and Morphologisch sind alle Isoetes- Arten relativ gleichför­ 1999, two populations of about 100 and 50 plants were loca­ mig; ein gutes Unterscheidungsmerkmal bietet die Pe­ ted in the Feldsee and Titisee respectively. In comparison with risporstruktur der Megasporen. Danach läßt sich die investigations from 1979/80, we can therefore provide eviden­ ce of dramatic decline, and the species appears to be in dan­ Gattung in vier Sektionen gliedern (vgl. Dostäl 1984). ger of becoming extinct. Main factors contributing to the spe­ Die beiden einheimischen Arten unterscheiden sich cies’ decline include continued eutrophication and habitat de­ deutlich in Bau und Größe der Megasporen. I. echi­ gradation associated with leisure activities at both lakes nospora besitzt Megasporen mit kegelförmigen, spit­ (swimming, boat trips). As an immediate conservation measu­ zen oder schwach gestutzten Stacheln (deutscher Na­ re, it is proposed that swimming in the Feldsee is prohibited, me!) und wird zur Sektion Echinatae gerechnet, I. la­ and that restrictions are placed on leisure activities in the Titi­ custris hingegen weist Megasporen auf, deren Ober­ see. In addition, the development of a management and resto­ ration programme is necessary for the Titisee. fläche dicht mit feinen Höckern und Warzen besetzt ist; das See-Brachsenkraut wird in die Sektion Isoetes Autoren (= sect. Cristatae) gestellt. Korelliert mit dem unter­ Karsten Ho r n , Staatliches Museum für Naturkunde, Bio- und schiedlichen Ploidiegrad beider Arten Ist die Größe geowissenschaftliches Forschungsinstitut, Erbprinzenstraße der Megasporen. Während die Megasporen der diploi­ 13, D-76133 Karlsruhe; den I. echinospora (2n = 22) 400 - 550 pm im Durch­ Frank Pätzold , Toronto-Straße 2-2, D-76549 Hügelsheim. messer erreichen, sind die Megasporen der dekaploi- den /. lacustris (2n = 110) mit einem Durchmesser von 500 - 700 pm signifikant größer. Neben diesen mikro­ morphologischen Merkmalen gibt es auch eine Reihe von Feldmerkmalen, die in den meisten Fällen eine si­ ©Staatl. Mus. f. Naturkde Karlsruhe & Naturwiss. Ver. Karlsruhe e.V.; download unter www.zobodat.at 44 carolinea, 57 (1999) chere Unterscheidung beider Arten erlauben: Die ein frühwärmezeitliches Rückwanderungselement’'- Pflanzen von I. echinospora weisen einen “igelförmi­ abschließend schlägt der Autor die Bezeichnung “Rel gen” Wuchs mit in der Regel relativ wenigen (15 - 30, stant-Relikt” vor. Andere Autoren wie Lan g (1955) be­ maximal 50) 3 - 15 (- 18) cm langen, in alle Richtun­ zeichnen das Stachelsporige Brachsenkraut als Spät­ gen spreizenden, hell- oder gelbgrünen Blättern auf, eiszeitrelikt. Eine korrekte Datierung vorausgesetzt wobei die äußeren oftmals bogig zurückgekrümmt existieren sogar Mikrosporenfunde aus dem sind (Taf. 1a); I. lacusths zeigt hingegen meist einen Riß/Würm-Interglazial (Jungpleistozän) des Federsee­ aufrechten Wuchs, wobei der obere Teil der zahlrei­ gebietes in Baden-Württemberg (G ö tt lic h 1957). Un­ chen (oft 50 oder auch deutlich mehr), 3-25 geachtet dieser noch nicht abschließend geklärten (- 40) cm langen, dunkelgrünen Blätter zuweilen si­ Frage läßt sich I. echinospora auf jeden Fall als Relikt chelförmig nach außen gekrümmt sein kann (Taf. 1b). der spät- bis frühpostglazialen Periode bezeichnen, Die Blätter von I. echinospora sind schlaff (außerhalb während der die Art weit häufiger war als heute (vgl. des Wassers zu einem Büschel zusammenfallend), D o s t ä l 1984, P h il ip p i 1993, L a n g 1994). So ist i. durchscheinend, enden allmählich in einer feinen Spit­ echinospora subfossil aus zahlreichen Mooren und ze und sind an der Basis oft rötlich oder rotbraun über­ Seesedimenten in verschiedenen Landesteilen Ba­ laufen (so bei den Pflanzen im Titisee; vgl. auch den-Württembergs, den benachbarten Vogesen, der B r a u n 1862), während I. lacustris über steife (auch Eifel und auch in Nordwestdeutschland belegt (Ober­ außerhalb des Wassers ihre Form behaltend), kaum schwaben: G ö t t l ic h 1957; Nordschwarzwald: Lang durchscheinende, kurz zugespitzte Blätter verfügt. Vor 1955, 1958; S c h l o s s 1987; Südschwarzwald: O ber ­ allem I. lacustris zeigt im Hinblick auf Richtung und d ö r fe r 1931; Lan g 1952, 1954, 1955; LOTTER & HÖL­ Länge der Blätter eine große Variabilität (D o s t ä l ZER 1989, 1994; Vogesen: F ir b a s et al. 1948, 1984). So sind Pflanzen mit stark zurückgekrümmten S c h lo s s 1979; Eifel: S t r a k a 1975; Nordwestdeutsch­ Blättern bekannt, die bei flüchtiger Betrachtung leicht land: M ü lle r 1970, M ü l l e r & K l e in m a n n 1998). ln für I. echinospora gehalten werden können. Solche der nachglazialen Wärmeperiode sind in Mitteleuropa Formen sind beispielsweise im Titisee häufig zu finden dann offensichtlich die meisten für Brachsenkräuter (Taf. 1c). Interessant ist, daß die Blätter von I. lacu­ besiedelbaren Gewässerstandorte durch zunehmende stris mit einsetzendem Herbst teilweise einen gelbgrü­ Verlandungsvorgänge verloren gegangen, während nen Farbton annehmen und dann von denen des Sta­ sich die Pflanzen in Nordeuropa bis in die heutige Zeit chelsporigen Brachsenkrautes hinsichtlich der Farbe an vielen Stellen halten konnten (W e l t e n 1967, kaum mehr zu unterscheiden sind (Beobachtung vom En d r e s s & G r ae se r 1972, vgl. auch Lan g 1994). 24.9.1999 im Feldsee). Auch bei solchen habituell ab­ Die rezenten, teilweise weit voneinander entfernt lie­ weichenden Formen erlaubt die Sporenkontrolle (s. genden mitteleuropäischen Vorkommen von I. echi­ oben) stets eine eindeutige Artdiagnose.2 nospora befinden sich in den Niederlanden, in Belgi­ en, in Frankreich (Vogesen), in der Tschechischen Republik (Böhmerwald) sowie in Deutschland. In 2. Verbreitung von Isoetes echinospora Deutschland ist das Stachelsporige Brachsenkraut re­ zent nur in Schleswig-Holstein sowie in Baden-Würt­ In ihrer Arealdiagnose charakterisieren Meusel et al. temberg (Südschwarzwald) sicher nachgewiesen wor­ (1965) /. echinospora als zirkumpolar-amphiatlantisch den (B e n n e r t 1999); eine von D o s t ä l (1984) ange- verbreitete Art mit Verbreitungsschwerpunkten in Eu­ zweifelte und in modernen Florenwerken (B e n k e r t et ropa und Nordamerika (vgl. auch Donat 1933). Dane­ al. 1996, B e n n e r t 1999) nicht berücksichtigte Angabe ben sind vereinzelte Vorkommen in Asien (Sibirien, existiert ferner aus dem thüringischen Vogtland (Pör- Kamtschatka-Halbinsel, Japan) bekannt (vgl. Bennert mitzer Teich bei Plothen; S c h w a r z 1925, vgl. auch 1999). In Europa, wo das Stachelsporige Brachsen­ R o t h m a le r 1929). Diese Angabe konnte im Gelände kraut überwiegend nordisch-subozeanisch verbreitet nie bestätigt werden;
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