Literatur Im 21. Jahrhundert
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Literatur im 21. Jahrhundert: Zeitgeistphänomene, Medienkonkurrenz, Funktion und ökonomische Aspekte der Ware Buch unter Bezugnahme auf aktuelle Entwicklungen in der Buchbranche Inauguraldissertation zur Erlangung des Akademischen Grades eines Dr. phil., vorgelegt dem Fachbereich 05 – Philosophie und Philologie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz von Anne-Marie Djakovi ć aus Stuttgart Mainz 2006 1 Inhaltsverzeichnis i. Allgemeine Hinführung 3 ii. Vorgehensweise 7 1. Methode 7 2. Anmerkung zum inhaltlichen Vorgehen 8 3. Fachgebiete 9 4. Material/Literatur 9 5. Ergebnisse 11 iii. Definition des Begriffs ,,Öffentlichkeit“ 13 I. Essay Literaturtheorie. Zum Literaturbegriff der Gegenwart 15 1. Empirische Theorie der Literatur (ETL) 21 2. Diskursanalyse/Diskurstheorie 29 3. Systemtheorie 36 4. Intertextuelle Literaturtheorie 48 5. Schlussfolgerung 55 6. Definition der Begriffe 56 II. Literarische Phänomene unserer Zeit inhaltlich betrachtet 59 1. Endstation Unterhaltung oder: Aufbruch zu einem neuen Literatur- verständnis 59 2. Die Ästhetisierung der Alltagskultur. Das Phänomen der so genannten Pop-Literatur 68 3. Literatur als Event, der Autor als Star: Benjamin von Stuckrad-Barre 87 3.1. Das Werk 109 3.2. Stuckrad-Barre 2004: Lebenskrise und Literatur 132 3.3. Der Film zum Buch, das Buch zum Film. Eine kritische Betrachtung des Films ,,Soloalbum“ 137 2 4. Florian Illies’ Generation Golf. Eine Inspektion. Die Beschreibung einer Generation und ihres Lebensgefühls. Inhalt, literarische Wirkung, Markterfolg 143 4.1. Kein Markterfolg: Generation Golf zwei 169 4.2. Mögliche Gründe für den ausbleibenden Erfolg 176 4.3. Florian Illies 2004: Vom Autor zum Herausgeber 184 5. Fazit 186 III. Literatur(-verständnis) und Markt: Aktionen an der Schnittstelle zwischen Buch und Leser 188 1. Das ,,Lustobjekt“ Buch an den Leser gebracht 2. Der ,,Welttag des Buches“ 2003 als Event: Intention, Aktionen, Chancen. Mit einer Umfrage unter Mainzer Buchhändlern 188 3. Literaturwerbung in der ,,FAZ“, der ,,Zeit“ und im ,,Spiegel“ analysiert 212 4. Literaturkritik als Vermittlungsinstanz zwischen Buch und Leser 226 5. Buchbesprechungen im Feuilleton. Eine Analyse ausgewählter Beispiele 230 IV. Zusammenfassung der Ergebnisse 246 V. Ausblick 262 Anhang 266 Literaturverzeichnis 342 Hinweis zum Urheberrecht 374 3 i. Allgemeine Hinführung Die Idee zur vorliegenden Arbeit ergab sich aus der Lektüre eines Buches von André Schiffrin. Schiffrin, eine Größe in der internationalen Verlagsbranche, lange Leiter des Pantheon Verlags (heute The New Press), 1935 in Paris geboren, aufgewachsen in New York, wo er nach wie vor lebt, schrieb im Jahr 2000 das auf eigenen, fundierten Buch- betriebs- und Lebenserfahrungen basierende Werk The Business of Books . Die deutsche Fassung Verlage ohne Verleger. Über die Zukunft der Bücher erschien im gleichen Jahr bei Wagenbach in Berlin. Inhaltlich beseitigte das Buch Seite für Seite das romantische Klischee vom Büchermachen und von der Verlagswelt als einer heilen Welt der Idealis- ten. Denn in Wirklichkeit erfuhr der Literaturbetrieb damals die ersten heftigen Wellen eines Umbruchs – ein Umbruch und Strukturwandel, der sich seitdem rasend schnell und gegenwärtig in noch verstärktem Ausmaß vollzieht. Regelmäßig melden Bran- chenmagazine wie ,,buchreport.express“, ,,buchreport.magazin“ oder das Feuilleton der renommierten ,,Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ Verlagsfusionen, Konzernübernah- men einst unabhängiger Verlagshäuser, Verlagsniedergänge oder berichten von deren Überlebenskampf auf dem Buchmarkt. Ähnliches gilt für den Buchhandel, der in glei- cher Weise mehr durch Tiefs denn durch Hochs auf sich aufmerksam macht. Ein Bei- spiel hierfür ist etwa die zunehmende Marktdominanz der Buchhandlungsketten zu Las- ten der freien Buchläden. Die dabei auftretenden Symptome und unausweichlichen ,,Nebenwirkungen“ sind dem Gros der Bevölkerung unbekannt oder gleichgültig, dem sensiblen Beobachter, dem an Literatur über das Lesen hinaus Interessierten jedoch bleibt diese Entwicklung nicht verborgen. Ursachen dafür nennt Schiffrin vor allem für den US-Buchmarkt, dem verständlicher- weise sein Hauptaugenmerk gilt. Doch auch für die deutsche Buchbranche resultiert aus seinen Beobachtungen nichts Gutes. Die Lektüre von Schiffrins Buch weckte bei mir das Bedürfnis nachzuforschen: Wie sieht die nationale Situation rund um Literatur, Verlage, Buchhandel aus? 1 Betreibt Schiffrin in seinen Ausführungen (unterstützt durch den Verleger Klaus Wagenbach im ,,Nachwort“) mit seinen negativen Prognosen für die Zukunft der Bücher und ihre Branche lediglich Schwarzmalerei? Oder ist die Lage tat- sächlich ernster, als es den Anschein hat? Tatsache ist, dass Handlungsvorgaben und 1 Lokal wurde der Fokus auf die Gutenberg-Stadt Mainz (Buchhandel) gelegt, regional auf Frank- furt/Main (stellvertretend für den hiesigen Verlagsbereich). Einzelheiten hierzu sind u. a. den Interviews im Anhang zu entnehmen. 4 Arbeitsweisen, die in den übrigen Wirtschaftsbereichen längst Usus sind, in den Buch- betrieb mit einer Radikalität einzogen, deren Konsequenzen bereits in ihren ersten Ausmaßen nachdenklich stimmten. Im Hinblick auf den gegenwärtigen Stand der Bran- che und weiter auf deren Bestehen in der Zukunft sind sie jedoch alarmierend. Zu den oben genannten Fragen, die vor allem die wirtschaftliche Seite der Literatur, des Büchermachens und -verkaufens betrafen, addierten sich konsequenterweise weitere, die in dieser Arbeit in den Vordergrund rücken sollen : Wie ist es generell um die Litera- tur im 21. Jahrhundert bestellt? Welche dem Zeitgeist zugehörigen Phänomene lassen sich beobachten? Besonders was die junge deutsche Literatur angeht, auf die ich bei diesem Projekt aus persönlichem Interesse heraus einen Schwerpunkt setze, erschien es der Nachforschung wert, welche Bücher, Themen und Autoren zeitweise im (Lese- )Trend lagen und wie es um deren Status und Selbstpräsentation bestellt war und ist. Wie werden hier von Verlagsseite aus mittels Marketing und Öffentlichkeitsarbeit Buch und Autor im Wortsinn ,,vermarktet“? In welcher Form werden Bücher als Markenpro- dukte, der Autor als Personenmarke gehandelt? Und, um nochmals auf den Verkaufsas- pekt zu sprechen zu kommen: Wie geht das gegenwärtige Literaturverständnis mit dem Markt konform, sprich welche Aktionen finden an der Schnittstelle Markt – Leser statt, mit denen letzterer auf Literatur aufmerksam gemacht werden soll? Bei alledem stellt sich die Frage nach der heutige Funktion von Literatur. Während im ausgehenden 18. und bis ins 20. Jahrhundert hinein ein Buch noch als Ratgeber und Orientierungshilfe in allen Lebenssituationen, zur Lösung von weltlichen wie religiös motivierten Problemen und Konflikten genutzt wurde, in bürgerlichen Kreisen sogar der sozialen und kulturellen Identitätsbildung diente, Bücher als Status- und Bildungssym- bol galten, ist von dieser Wertschätzung und von solch hohem Prestige von Literatur heute kaum noch etwas vorhanden. Lesen galt einst als angesehene ,,kulturelle Tätig- keit“ 2, förderte Bildung und Informationsfluss und damit das Entstehen einer politischen und öffentlichen Meinung. Doch wie sieht es mit dem einstigen Kulturgut heute aus? Besteht die Leistung und der Wert von Literatur tatsächlich nur noch in der reinen, un- komplizierten und schnelllebigen Unterhaltung, wie sie auf der Ebene der Bilder oder in der Kombination von Bild und Text das Fernsehen, Kino oder die zahllosen PC-Spiele 2 Reinhard Wittmann: Geschichte des deutschen Buchhandels, 2. durchgeseh. Aufl., München 1999, S. 209 5 und das Internet bieten? Der passive Konsum von Bildern ist einfacher, so dass sich hier zwangsweise die Frage nach den Kräfteverhältnissen innerhalb dieser Medienkonkur- renz aufdrängt. Inwiefern existiert diese überhaupt noch oder hat sich nicht inzwischen zugunsten von Fernsehen und Internet entschieden? Denn gerade diese bildmediale Konkurrenz hat Auswirkungen auf die allgemeine Wahrnehmung von und den Umgang mit Literatur, besonders bei den ,,jüngeren“ Generationen, den (Nicht-)Lesern der Ge- genwart und Zukunft. Dies steht in der vorliegenden Arbeit ebenso zur Diskussion wie der angesichts der aktuellen Zustände bei den Konsumenten, Verlagen und im Handel vorhandene – problematische – Literaturbegriff. Hat das einstige Bildungssymbol Buch, passend zur generellen Tendenz zur Oberflächlichkeit und nüchternen Verwirtschaftli- chung, hier nicht eine deutliche Profanisierung und einen klaren Wertverlust erlitten? Der immer wieder gern angeführte Hinweis, dass doch angesichts der ständig steigen- den Zahl der Neuerscheinungen zu den auf dem Buchmarkt bereits vorhandenen Titeln alles in bester Ordnung sei, führt zu der grundlegenden Frage, ob Symptom (Bücherflut) und Diagnose (alles in bester Ordnung) tatsächlich kongruent sind oder nicht eine mit einem Scheinargument bemäntelte Literaturinflation vor dem Hintergrund der tatsäch- lich höchst kritischen Lage der Branche stattgefunden hat. Mit den schon angeführten Fragestellungen beschäftige ich mich in diesem Projekt. Viele weitere Aspekte haben sich aus dieser Auseinandersetzung ergeben. Doch über all dem stand die große Frage nach der Situation der Literatur – konkret der Bücher – und ihrer Autoren, Verleger und Vertreiber (Buchhandel) in der heutigen Zeit. Die Ver- pflichtung zu größtmöglicher Aktualität sowie der große Umfang der Thematik ergaben die absolute Notwendigkeit der Reduktion auf einen inhaltlich und daraus resultierend quantitativ sinnvollen Umfang. Das bedeutete den Verzicht auf Inhalte und Themen, die in ihrer