Welternährungwelternährung DIE ZEITUNG DER DEUTSCHEN WELTHUNGERHILFE
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Deutsche Post, Entgelt bezahlt G 3059 WelternährungWelternährung DIE ZEITUNG DER DEUTSCHEN WELTHUNGERHILFE DWHH — 1. QUARTAL 2005 — 34. JAHRGANG — WWW.WELTHUNGERHILFE.DE DIREKT VON DER KUH NACH DER FLUT GEWALTLOS GEFRAGT Dossier: Milcherzeugung Sonderberichte Die »Kriegsmütter« Models in Afrika aus Südostasien von Liberia aus Afrika Seiten 9–11 Seiten 3 und 4 Seite 7 Seite 8 Absender: Deutsche WHH e.V. · Friedrich-Ebert-Straße 1 53173 Bonn Absender: Deutsche WHH e.V. EDITORIAL Langer Atem ist gefragt Die Hilfsbereitschaft für die Flutopfer in Asien war bisher beeindruckend. Sie ist ein Zeichen dafür, dass die Welt zusammengewachsen und uns das Schicksal von Menschen auf der anderen Seite des Globus nicht gleichgültig ist. Bei vielen, die durch die Katastrophe alles verloren haben, ist diese Bot- schaft angekommen. Neue Hoffnung keimt auf, dass sie nochmals eine Chance bekommen. Dass sie ihrem Leben in Armut entrinnen, ihre Kinder sogar zur Schule schicken können. Sollen sie nicht ent- täuscht werden, brauchen sie verlässliche Unter- stützung – und wir einen langen Atem. Wir in Deutschland wissen, dass der Wiederaufbau nicht in ein paar Tagen erledigt ist, dass er gemein- sam mit der einheimischen Bevölkerung organisiert werden muss. So geht die Deutsche Welthunger- hilfe nun auch in Süd- und Südostasien vor. Glücklicherweise kooperieren wir mit erfahrenen und langjährigen Partnerorganisationen in Indien, Thailand und Sri Lanka, um weitere gemeinsame Projekte zu planen. Dabei verbindet uns das ge- meinsame Ziel: Nach der ersten Nothilfe konzen- trieren wir uns darauf, vor allem den Ärmsten neue und tragfähige Lebensperspektiven zu eröffnen. Iris Schöninger © Lohnes Fröhliche Farben für einen neuen Anfang nach der Flutwelle: In den Werften von Cuddalore werden die neuen Boote vor der Jungfernfahrt bemalt. PROJEKTE Neue Boote, neue Hoffnung »Aktion Bonn hilft« unterstützt Fischer im indischen Cuddalore Sechs Wochen lang haben sie das Meer gemieden, die Fischer von wurden bereits der Welthungerhilfe übergeben, zusammengebracht Cuddalore. Zu schrecklich waren die Erinnerungen nach der großen von Schulen, Unternehmen und privaten Spendern. Gagandeep Flut. Ende Februar erhielten dann die ersten Familien reparierte Singh Bedi, oberster Regierungsbeamter für den Distrikt Cuddalore, © Lohnes schätzt die Unterstützung der Bonner sehr: »Die Zusage einer dauer- und neue Boote von der Deutschen Welthungerhilfe, finanziell haften Zusammenarbeit bietet den Menschen hier eine verlässliche Der Wiederaufbau ist angelaufen unterstützt von der »Aktion Bonn hilft«. In Kürze werden auch die Perspektive.« Jetzt gehe es vor allem darum, die zerstörten Dörfer Dörfer an der Küste Südostindiens wieder aufgebaut. nicht genauso wiederherzustellen wie vor der Katastrophe, sondern Partnerschaften nach dem Tsunami: mit Verbesserungen. In Pudhupettai beispielsweise soll ein vernetztes Neben Bonn haben sich weitere Städte bereit er- Abwassersystem die unhygienische Abwasserbeseitigung aus der Zeit Von Stefanie Koop klärt, mit der Deutschen Welthungerhilfe langfris- vor dem Tsunami ersetzen. Neue Brunnen werden sauberes Wasser tig den Wiederaufbau in Regionen zu unterstüt- liefern und so helfen, Krankheiten zu vermeiden. Zudem möchten chon vor der Katastrophe herrschte im Distrikt Cuddalore zen, die vom Tsunami verwüstet wurden. Bisher die indischen Partner der Welthungerhilfe erdbeben- und flutsichere gibt es folgende Kooperationen: nicht gerade der Wohlstand. Immerhin: Man hatte sein Aus- Häuser bauen und Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten für den kommen. Wie eine Perlenkette reiht sich hier Fischerdorf an Indien: Bonn, Frankfurt und Leverkusen unterstüt- ärmeren Teil der Bevölkerung schaffen. zen den Wiederaufbau im Distrikt Cuddalore. Fischerdorf, gut zwei Drittel der Menschen an der Küste leb- S Sri Lanka: Hamburg und Kiel sind im Rahmen des ten vom Fischfang. Kaum einer der hölzernen Katamarane hielt der Bis die Regierung Grundstücke für neue Dörfer in sicherem Ab- Bündnisses »Hamburg hilft« eine Partnerschaft mit zerstörerischen Kraft des Tsunami am 26. Dezember 2004 stand. stand zum Meer zur Bebauung freigegeben hat, leben die Menschen dem Distrikt Jaffna eingegangen. Hamm unter- Selbst größere Boote wurden weit ins Landesinnere geschleudert, in provisorischen Unterkünften. Schon jetzt aber planen sie für die stützt ebenfalls ein Projekt in dieser Region. Biele- ganze Dörfer fortgespült. Eingestürzte Hauswände, Berge Zukunft: Die Dorfgemeinschaften treffen sich und ent- feld fördert den Wiederaufbau in Mullaittivu, von Ziegelsteinen und bizarr in die Höhe ragende Ze- werfen mit farbiger Kreide das Bild ihres künftigen Dor- Hannover unterstützt Projekte im Distrikt Killinochi. »Die mentbodenplatten zeugen noch immer von der Wucht fes. So haben auch diejenigen, die des Lesens und Schrei- Indonesien: Frankfurt leistet finanzielle Hilfe für der Wellen. Partnerschaft bens nicht mächtig sind, eine Chance, ihre neue Umge- die Instandsetzung der Kinderabteilung des Kran- bung mitzugestalten. kenhauses in Banda Aceh. Mit Unterstützung der Deutschen Welthungerhilfe be- bietet den Für weitere Informationen rund um das Thema gannen die langjährigen indischen Partnerorganisatio- Menschen eine Die Menschen sollen selbst zu Wort kommen, sei es »langfristige Projektpartnerschaften« wenden Sie nen Indo-Global Social Service Society und Life Help Center verlässliche bei der Auswahl von Booten oder der Diskussion über sich bitte an unser Team »Projektgruppe Fluthilfe«, for the Handicapped sofort damit, die Flutopfer mit dem Perspektive.« Hausmodelle. Dies ist ganz im Sinne der »Aktion Bonn Telefon: (0228) 22 88 252 bei der Deutschen Welt- Nötigsten zu versorgen. Die Welthungerhilfe und die hilft«. Welthungerhilfe-Mitarbeiter Martin Dietz in Cud- hungerhilfe, Bonn. Stadt Bonn schlossen unter dem Motto »Bonn hilft« die dalore macht deutlich: »Es geht vor allem um ein res- erste Partnerschaft in Deutschland, um den Wiederaufbau Cuddalores pektvolles Miteinander. Die Menschen hier müssen sich mit dem, zu unterstützen. Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte in seiner was wir ihnen zur Verfügung stellen, identifizieren können.« So wie Neujahrsansprache für solche langfristige Partnerschaften von Län- Pudhupettai mit seinen ersten Schritten des Wiederaufbaus als Mo- dern, Regionen und Städten plädiert. dell für andere Dörfer gelten kann, könnte die Zusammenarbeit von »Aktion Bonn hilft«, Welthungerhilfe und dem Distrikt Cuddalore Seitdem engagieren sich Bonner Bürger in verschiedensten Aktio- auch Vorbild für weitere Partnerschaften werden. nen für die indische Region, so mit Benefizkonzerten, Lesungen oder ONLINESPENDEN: www.welthungerhilfe.de Sponsorenläufen. Mit beachtlichem Ergebnis: Über 400 000 Euro Stefanie Koop ist Mitarbeiterin der Deutschen Welthungerhilfe in Bonn. 2 | Welternährung 1/2005 Nachrichten ZURÜCK VON DER REISE Mehr Armut – häufiger Krieg Vom Offizier zum Entwicklungshelfer Armut gefährdet in erster Linie den innerstaatlichen Frieden Projektleiter Marcus Sack wechselte für drei Monate aus dem Kongo nach Bonn Untersuchungen zeigen: Je ärmer ein Land ist, sich Konflikte um Wasser, Ackerland oder Roh- desto eher bricht dort ein Bürgerkrieg aus. Je stoffe, um ethnische oder religiöse Macht. Von Michael Ruffert höher das Nationaleinkommen, desto geringer Die Kluft zwischen armen und reichen Staa- die Gefahr eines Waffengangs. Bricht das Wirt- ten und zwischen Arm und Reich innerhalb schaftswachstum um fünf Prozent ein, steigt die ür drei Monate arbeitet er in der Marcus Sack ist für seine Arbeit im Kri- einzelner Länder ist in den letzten Jahrzehnten statistische Wahrscheinlichkeit eines bewaffne- Welthungerhilfe-Zentrale in Bonn, sengebiet gut gerüstet: Bevor er bei der dramatisch tiefer geworden. Parallel dazu kon- F normalerweise lebt er in einer der Welthungerhilfe begann, war er Berufs- ten Konflikts um 50 Prozent. Verdoppelt sich zentrieren sich bewaffnete Auseinandersetzun- unruhigen Regionen der Demokratischen offizier bei der österreichischen Armee. das Bruttosozialprodukt von 250 auf 500 $ pro gen stärker auf die armen Regionen der Erde. Republik Kongo. Im Distrikt Ituri koordi- »Ich kann bei der Welthungerhilfe viel Kopf, halbiert sich die Wahrscheinlichkeit, dass Interessant dabei: Es lässt sich kein statistischer niert Marcus Sack vier Projekte der Welt- einsetzen, was ich beim Militär gelernt es den nächsten fünf Jahren zum Bürgerkrieg Zusammenhang zwischen Wohlstand und zwi- hungerhilfe. Es geht darum, die Ernäh- habe«, meint Sack. Kennengelernt hatte er kommt. schenstaatlichen Kriegen herstellen. Armut ge- rung von Flüchtlingen, Vertriebenen und die Deutsche Welthungerhilfe bei einem Natürlich sind die Ursachen für Bürgerkriege fährdet offenbar vor allem den innerstaatlichen Rückkehrern zu sichern, Straßen und Einsatz in Tadschikistan. Ihre Arbeit über- vielfältig. Doch statistisch lässt sich der Zu- Frieden. Schulen zu bauen, die Landwirtschaft zeugte ihn so, dass er von der Armee in sammenhang eindeutig nachweisen. Das zeigen Wer Bürgerkriegen vorbeugen will, muss also die Entwicklungs- und Nothilfe wech- verschiedene Studien der letzten Jahre (u.a. Collier die Armut bekämpfen. Besonders friedenswirk- selte. and Hoeffler, 2002 und Macartan Humphreys, sam ist die Entwicklungszusammenarbeit mit 2003 und 2005). Offen ist, ob Armut zu Krieg den ärmsten Staaten. In der Realität konzentrie- führt oder umgekehrt Konflikte die Armut ver- Ex-Feinde kooperieren ren die meisten Industrieländer ihre Wirt- stärken. In der Regel gilt beides. Wohlhabende