Freiburg · Mittwoch, 15. Januar 2020 http://www.badische-zeitung.de/weisser-mann-was-nun-die-tagung-queer-pop-in-freiburg Weißer Mann, was nun? Die Tagung „Queer Pop“ in Freiburg will nicht nur die Grenzen des Geschlechter-Denkens erweitern, sondern stellt dem Denken auch das Tanzen zur Seite F F O O T T O Als die 1984 mit ihrem Al- ordnung als das Selbstverständnis quee- Unis Seminare zu Queer Pop stattgefun- O : : A C N bum „West End Girls“ ihre erfolgreichste rer Popstars wider, das immerzu chan- den, sondern die Party wird mit Perfor- H N R I E S T T T

Zeit erlebten, waren sie noch Teil einer giert, sich neu erfindet und starres Scha- mances Studierender eröffnen, die quee- O E P K H O S schwul-lesbischen Subkultur, die sich in R blonen-Denken bewusst durchkreuzt. re Ästhetik auf die Bühne bringen. Dar- C O H L M Codes ausdrückte. Für das Publikum, das L Bei „Queer Pop“ geht es nicht nur um auf, wie auch heterosexuelle Menschen I D T sie an die Spitze der Charts hievte, stand Musik: Queere Strategien finden sich in sich queer inszenieren, darf man ge- ( D P A die geschlechtliche Identität der Musiker allen medialen Bereichen, vom Film über spannt sein, doch weist diese Frage auch ) zumindest nicht im Vordergrund. Anders Literatur und Mode bis zur Kunst und auf einen anderen Umstand hin: Queeres war das bei Boy George und seiner Band Fotografie. „Wir wollen uns mit queerer Denken hat sich von der reinen Auseinan- , die etwa zur gleichen Zeit Ästhetik beschäftigen, aber auch aufzei- dersetzung mit Genderrollen hin zu durch ihr androgynes Auftreten zu welt- gen, wie diese inzwischen Diskussionen grundlegenden sozialkritischen Fragen weiten Pop-Ikonen wurden. in allen gesellschaftlichen Feldern beein- weiterentwickelt, denen gerade für junge So unterschiedlich diese künstleri- flusst“, sagt Bettina Papenburg, eine der Menschen ein beträchtliches utopisches schen Positionen waren, so deutlich Veranstalterinnen der Tagung, die das Potenzial innewohnt. Neuen, progressi- machten sie, dass queere Ästhetik, anstatt Freiburger Institut für Medienkulturwis- ven Formen des Zusammenlebens jen- sich verschämt in Nischen einzurichten, Bettina Papenburg senschaft mit dem Institut für Medien- seits der traditionellen Familie entspricht Sookee dabei war, den Pop-Mainstream mit gro- und Kulturwissenschaft der Heine-Uni- der Zweifel an Kategorien wie Volk, Na- ßer Geste zu erobern. Das galt für David Das queere Denken folgt einer anglo- versität Düsseldorf ausrichtet. Nicht nur tion, „race“ und „class“, die als restriktiv Identitätskategorien demontiert und Bowie und Prince, das gilt heute für Stars amerikanischen Tradition, die als „Queer von der Kooperation, sondern auch von und ausschließend empfunden werden. Grenzen überschreitet, macht sich an- wie und Janelle Monáe: Theory“ bekannt geworden ist: Die Pole den internationalen Wissenschaftlern Queere Ästhetik ist so allgegenwärtig greifbar. Der Lust an der Befreiung der „Queer Pop“ heißt ein dreitägiges Sympo- eindeutigen Mann- oder Frauseins lösen und dem hochkarätigen Line-up der Party geworden, dass wir sie nicht mehr unbe- Zeichen wohnt immer auch die Frage in- sium an der Uni Freiburg, das ab Donners- sich in eine offene, „genderfluide“ Skala von der Berliner Rapperin Sookee bis zum dingt als solche wahrnehmen. Gleichzei- ne, wie negative Affekte wie Angst oder tag die vielfältigen Erscheinungsformen geschlechtlicher Zuschreibungen auf, die Autor, Musiker und DJ Thomas Meinecke tig sind schwule, lesbische oder Trans- Depression produktiv gemacht und Ver- queerer Ästhetik aus akademischer Per- mit Vieldeutigkeiten spielt und eine Fest- erhoffen sich die Veranstalterinnen eine Menschen im Alltag Stigmatisierung und letzlichkeit und Scham in Stärke umge- spektive betrachtet. Natürlich kommt legung verweigert. Sind Künstler wie überregionale Strahlkraft des Events. sexualisierter Gewalt ausgesetzt. „Queer wandelt werden können. Hannes Klug eine Tagung zu diesem Thema nicht ohne Princess Nokia, King Princess oder Ezra Wichtig ist für Bettina Papenburg und Pop“ versteht sich als inklusiv, doch legen – Party aus, die dem Denken das Tanzen zur Furman nun lesbisch oder schwul, bi- ihre Co-Veranstalterin Kathrin Dreck- die Veranstalterinnen Wert darauf, einen Symposium: 16. bis 18. Januar, Freiburg, Seite stellt und ihren Gegenstand so nicht oder pan- oder wie offen transse- mann, die Studierenden ihrer Fächer in sicheren Raum zur Verfügung zu stellen, Zentrum für Populäre Kultur und Musik. Info: nur theoretisch durchleuchtet, sondern xuell? Diese Frage spiegelt eher die Sehn- die Gestaltung der Tagung mit einzube- in dem rassistische, homo- oder transpho- http://mehr.bz/queerpop. Party: 17. Ja- auch ganz praktisch feiert. sucht einer Öffentlichkeit nach klarer Zu- ziehen. So haben nicht nur an beiden be Übergriffe nicht geduldet werden. Wer nuar, Freiburg, Freizeichen (Artik), 20 Uhr.

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