Research Collection

Doctoral Thesis

Aarburg ein Beitrag zur Geographie einer Schweizer Kleinstadt

Author(s): Disteli, Max Hans

Publication Date: 1954

Permanent Link: https://doi.org/10.3929/ethz-a-000090341

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ETH Library Prom. Nr. 2259

Aarburg

Ein Beitrag zur Geographie einer Schweizer Kleinstadt

Von der

Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich

zur Erlangung der

Würde eines Doktors der Naturwissenschaften

genehmigte

Promotionsarbeit

vorgelegt von

Max Hans Disteli

Dipl. Naturwissenschafter E.T.H.

von Ölten

Referent : Herr Prof. Dr. H. Gutersohn

Korreferent : Herr Prof. Dr. E. Imhof

1954

Satz, Druck und Einband: Lüdin AG, Liestal Druck der Abbildungen: Truninger, Zürich Meinen lieben Eltern

gewidmet Inhaltsverzeichnis Seite

Vorwort 7 Einleitung 8

I. Die Naturlandschaft 9 Untergrund und Relief 9 Die übrigen Naturelemente 12 Boden 12 Gewässer 13 Vegetation 13 Klima 14

II. Lage und Gründung Aarburgs 14 Die geographische Lage 14 Die topographische Lage 15 Gründung 15 Zusammenfassung 16

HI. Die Kulturlandschaft im 18. Jahrhundert 16 Einleitung 16 Das städtische Aarburg 17 Das Einzugsgebiet von Aarburg 17 Grösse, Lage, Grenzen des Gebiets 17 Die Gemeinden des Amtes und ihre Fraktionen 17 Die Stellung Aarburgs unter den Amtsgemeinden 19 Grösse von Aarburg 19 Gericht 20 Wirtschaftliche Stellung Aarburgs 20 Die wichtigsten Funktionen 22 Der Zoll zu Aarburg 22 Weinsteuer 22 Umschlags-, Stapel- und Handelsplatz 22 Die Salztransporte 22 Die Weintransporte und der Weinhandel 24 Menge des Umschlags 24 Firmen, Filialen 26 Abtransport des Weines 26 Die übrigen Warentransporte 26 Menge und Art der umgeschlagenen Waren 26 Aarburg als Marktort 28 Aarburg als Zentrum von Handwerk und Gewerbe 28 Struktur des städtischen Aarburg 29 Die Hafenzone 29 Die Zone der mechanischen Gewerbe 30 Die Zone der eigentlichen Stadt 32 Die Landschaft der engern Stadt 32 Die Wirtschaftsstruktur des Stadtbezirkes 34 Die Struktur des Handwerks 36 Die soziale Struktur der Bevölkerung 37 Das ländliche Aarburg 38 Die zwei Landwirtschaftszonen 38 Das südliche Landwirtschaftsgebiet 38 Art und Standort der Siedlungen 38 Ursprung und Organisation der Wässerung im Wiggertale 40

3 Die Anordnung des Grabensystems 41 Dichte des Grabennetzes 42 Wegnetz und Grabennetz 43 Die Pflanzen- und Tierwelt unter dem Einfluss der Wässerung 44 Die Wässerungszeiten 45 Die Besitzer der Wässermatten 45 Das nördliche Landwirtschaftsgebiet 46 Die Siedlungen und Wege 46 Die Bewirtschaftung des Gebiets 47 Der Stadtbegriff 48 Die Stadt des Historikers 48 Die Stadt des Soziologen 48 Die Stadt des Geographen 49 Zusammenfassung 49

IV. Die Entwicklung Aarburgs zur heutigen Kulturlandschaft 50 Vorbemerkungen 50 Die Industrialisierung 50 Kurze Vorgeschichte der Industrie im Gebiet von Aarburg 50 Die Fabriken und Handelsgeschäfte 50 Die Baumwollfabrik 50 Die Strickerei 51 Die Metallwarenfabrik 51 Die Gerberei 51 Die chemische Fabrik 51 Die Eisenwarengrosshandlung 51 Das Weinhandelsgeschäft Bühler 52 Der Einfluss der Fabriken auf die Wässerung 52 Der moderne Verkehr 53 Die Verkehrswege einst und jetzt 53 Ursachen und Folgen der Verlagerung der Verkehrsfunktionen 53 Die neuen Siedlungen 54 Ursprung und Anlage dieser Siedlungen 54 Siedlungen im Nordteil der Gemeinde 54 Beispiel einer Fehlentwicklung 54 Beispiel einer gesunden Entwicklung 55 die die besondere der die Beispiele, Wirkung Spekulation auf Siedlung zeigen sollen . 56 Die Siedlung im Feld 56 Die im hintern als Bruchstück einer .... 57 , Streifensiedlung Dürrberg Siedlung Siedlungen im Südteil der Gemeinde 57 Allgemeines 57 Spezielle Gebiete: Neuquartier und Brodheitere 57 Das Bahnhofquartier 58 Die heutige Stadt Aarburg 58 Die politische Entwicklung nach dem Abzug der Berner 58 Entwicklung der Siedlungen in ganz Aarburg 59 Die heutigen Stadtfunktionen Aarburgs 59 Die Landwirtschaft 59 Die Entwicklung der Landwirtschaft seit der französischen Revolution im Gebiet von Aarburg 59 Die Zurückdrängung der Landwirtschaft und ihre Folgen 61 Die jetzigen Landwirtschaftsbetriebe in Zahlen 61 Kulturlandverteilung 1942 62 Brotfruchtanbau und -ertrage 1942 63

4 Milchlieferung der Einzelbetriebe in die Genossenschaftshütte in den Jahren 1942 und 1950 64 Totale Milcheinlieferung verschiedener Jahre 65 Die Belieferung Aarburgs mit Frischmilch 65 „ Die Brotversorgung der Gemeinde 1942 66 Die Betriebe in ihrer Abhängigkeit von den Naturgrundlagen 67 Kurze Beschreibung dreier Landwirtschaftsbetriebe 68 Falkenhof im südlichen Hofgebiet 68 Grösse und Arrondierung 68 Fruchtwechselwirtschaft 68 Viehwirtschaft 68 Obstbau 69 Hühnerhaltung 69 Mauserei 69 Korbweidenernte 69

Wirtschaftsbeziehungen zur Umgebung 70 Tiefenlach im Klusengebiet 70 Grösse und Arrondierung des Betriebs 70 Lage und Bonität des Eigentumlandes 70 Viehwirtschaft und Ackerbau 70 Obstbau 71 Aushilfsdienste 71 Holzfuhren 71 Zukauf und Verkauf 72 Der Landwirtschaftsbetrieb der kantonalen Erziehungsanstalt im Südteil der Gemeinde 71 Die Erziehungsanstalt 71 Der Gishaldenhof 72 Grösse, Arrondierung 72 Wirtschaftsweise 72 Obstbau 72

V. Zusammenfassung 73 Literaturverzeichnis 75

Diagramme und Abbildungen Fig. Tafel 1. Geomorphologische Skizze des Gebiets 1 2. Geologie des Gebiets von Aarburg 2 3. Geologisches Profil in der Gegend von Aarburg-Olten 3 4. Grundwasserströme 3

5. Lageskizze von Aarburg 3 6. Das Amt Aarburg 4 7. Orte mit Zehntpflichtigen und Standort der Zehntscheune 4 8. Die Wasser- und Landstrassen für Wein und Salz 5 9. Handels- und Transitorte für Aarburg 5 10. Richtungen und wichtige Produkte des Transitverkehrs 6 11. Hafenzone mit Landhäusern 6

12. Standorte von Weinkellern und Landhäusern - 7 13. Standorte der Gewerbe und Fabriken 7

14. Stadtplan um 1840 mit Legende 8 15. Stadtplan 1946 mit Legende 9 16. Wo der Kleinstädter sein Land bewirtschaftete 10 17. Büntenbezirk in Stadtnähe 10

5 Fig. Tafel 18. Disposition der Landwirtschaftsgebiete zur Wässerung 11 19. Wässerwiese 12 20. Wässermatten und Kanäle 13

21. Der Verlauf der Oltnerstrasse im Wandel der Zeiten • 14

22. Vergleich von Grosstadt und Kleinstadt I 14 23. Vergleich von Grosstadt und Kleinstadt II 14 24. Industrie und Wasserkraft in Aarburg 15 25. Bevölkerungsbewegung von Aarburg, und Ölten 16 26. Streifensiedlung an der Oltnerstrasse 17 27. Siedlungsbild bei Bodenspekulation 17 28. Grenzstreifenbebauung im Feld 17 29. Sporadische Bebauung im untern Dürrberg 18 30. Steuerung der Überbauung durch die Besitzverhältnisse in der Brodheitere 18 31. Landwirtschaftsbetriebe in Aarburg 19

32. Der grosse gemauerte Weinkeller am alten Flusshafen

33. Stark unterkellertes Wohnhaus am alten Flusshafen 34. Die alte Häuserreihe des Stadtdreiecks 35. Stadthaus mit vorkragendem bemaltem Giebel und mit Aufzug 36. Das Pfarrhaus mit dem überdimensionierten Tor 37. Stätswasserbach mit säumenden Kirschbäumen 38. Auflaufrinne mit dachförmigem Wässergelände 39. Abzweigbritschen an der alten Strasse 40. Sperberzuchtwuhr in der 41. Der Hohlweg der alten Strasse 42. Lebhecken längs eines Wässergrabens 43. Die Klusenebene

44. Aarburg um 1840 45. Aarburg um 1950

6 Vorwort

Zu Beginn des Jahres 1946 riet mir Herr Prof. Dr. H. Gutersohn, Vorstand des Geo¬ graphischen Institutes der ETH, als Diplomarbeit das Städtchen Aarburg geographisch zu untersuchen. Dank seiner Leitung vermochte ich in einem halben Jahr einige Grundzüge dieser Gemeinde zu skizzieren. Das Objekt birgt aber soviel geographisch wertvolle Zu¬ sammenhänge, dass es sich verlohnte, die Arbeit zu vertiefen und vor allem die Quellen zu fassen, die zu einer fundierten Einsicht in die Mannigfaltigkeit landschaftlicher Kausali¬

täten führen. So entstand in mehrjähriger, immer wieder unterbrochener Arbeit die vor¬ liegende Untersuchung, die nicht als Monographie, sondern als ein Beitrag zur Geographie der Kleinstadt Aarburg aufzufassen ist. In meinen Bemühungen unterstützte mich je und je Herr Prof. Gutersohn, dessen Auffassung von Geographie in der vorliegenden Arbeit mit zum Ausdruck kommen sollte. In zahlreichen Diskussionen mit Herrn Pd. Dr. E. WiNKLER'habe ich ferner wertvolle Anregungen über Wesen und Methodik der Geographie erhalten. Ich danke diesen beiden Lehrern herzlich für die empfangene Schulung. Der Geograph ist stets auf zahlreiche persönliche Auskünfte im Untersuchungsgebiet angewiesen, ein Hinweis auf die vielseitige Bedeutung landschaftskundlicher Arbeit. Bei der Sammlung von Unterlagen aller Art waren mir folgende Herren behilflich: Die Land¬ wirte Häfeli, Hess, Moor, und Schär, die Gärtnermeister Haller und Bühler, Küfer¬ meister Blaser, Max Sandmeier, Kaufmann, Briefträger Blaser, Gemeindeammann Meyer, Bauverwalter Walder, Postverwalter Morf, Eichmeister Bohnenblust. Alt Ge¬ meindeschreiber Bolliger öffnete mir Archiv und Museum zur Benutzung. Allen Genannten sei gedankt. Das Personal des Staatsarchives Bern unterstützte mich in vorzüglicher Weise durch briefliche Auskünfte und durch Bereitstellung von Akten. Auch ihm sei bestens ge¬ dankt. Ebenso dem Staatsarchiv Aarau für einige Angaben.

Max Hans Disteli

7 Einleitung

Wer von Bern oder Luzern nach Ölten fährt, dem fällt kurz vor Ölten eine mächtige, auf steilem Fels thronende Burg mit angebauter zweitürmiger Kirche auf: Festung und Kirche von Aarburg. Zu Füssen der beiden markanten Bauwerke liegt das Städtchen Aar¬ burg im Südwesten des Kantons , bekannt als eines der schönsten Städtebilder der Schweiz. Die , die dem Ort die erste Silbe des Namens gegeben hat, scheidet hier den Aargau vom Kanton Solothurn. Von Süden her mündet bei Aarburg das breite fruchtbare Wiggertal, das den Weg in die Zentralschweiz ebnet. Geographisch wirft die Landschaft von Aarburg folgende Hauptprobleme auf, die im folgenden zu lösen versucht werden:

a) Wie konnte an dieser Stelle ein Städtchen von der skizzierten Art entstehen und sich entwickeln ? b) Welches sind dessen physiognomische, strukturelle, physiologische, funktionelle Eigenschaften ? c) Ist Aarburg eine Stadt? d) Welches wird die mutmassliche Zukunftsentwicklung von Aarburg sein ? Diese Hauptfragen lösen sich wieder in zahlreiche Teilfragen auf, die den natürlichen und historischen Faktoren, den Landschaftsbildnern, und ihrem Einfluss auf das Land¬ schaftsganze gelten müssen.

Aus dieser Fragestellung ergibt sich der Gang der folgenden Untersuchung:

Sie geht aus von der Naturlandschaft als dem «Gefäss», in dem das aargauische Seld- wyla sich entwickelte und führt weiter zur Zergliederung dieser Entwicklung. Der Haupt¬ teil der Arbeit gilt der Schilderung von Altaarburg, weil nur daraus das Verständnis für die jetzigen Verhältnisse erwächst. Geographischem Usus gemäss ist aber auch die Gegen¬ wart gebührend berücksichtigt worden, die zum Teil von ganz andern Faktoren gelenkt wird. In vermehrtem Masse ist dabei unveröffentlichtes statistisches Material verarbeitet worden.

8 Die Naturlandschaft

Untergrund und Relief

Die Ausführungen dieses Abschnittes stützen sich auf die Untersuchungen von Kehrer, Mühlberg und Niggli (Lit. 16, 53, 54, 55). Das Gebiet von Aarburg befindet sich an der Grenze von Mittelland und Jura. Am Aufbau beteiligen sich drei Hauptablagerungen: Gesteine der Jurazeit, Gesteine der Tertiärzeit und Eiszeit. Die Niederterrasse, die durch die Bäche der sich zurückziehenden Würmgletscher geschüttet wurde, bildet den Untergrund der Böden der wichtigsten Täler unseres Untersuchungsgebietes. So sind Aare-, Wigger- und Pfaffberntal in einer Mächtigkeit bis zu 40 m mit mehr oder weniger horizontal ge¬ lagerten Kiesschichten, die von Sandbänken durchsetzt sind, erfüllt. Die Verwitterungsrinde ist bis 1,5 m dick. Bildungen der Hochterrasse sind die Hügellandschaften westlich des unteren Wiggertales, südlich von bis in die Gegend von , wo die Molasse auftaucht. Dieselbe Formation, die geologisch älter ist, als die Niederterrasse, tritt in der Zone westlich des Borngewölbes auf. Zu einem sanften Höhenrücken geformt, streichen die teils sandigen, teils mehr mergeligen Schichtenfolgen gegen Aarwangen. Man kann diese Oberflächenformen als orographische Fortsetzung des Bornes betrachten. Bis nah an den Jura stösst an den östlichen Rand des Wiggertales die Molasse, die der Tertiärformation angehört (Fig. 1). Vom Lauterbach über Schwarzhaar zur Gyshalden erstreckt sich ein nach Süden ex¬ ponierter Abhang. Er überdeckt Jura, Niederterrassenschotter und Molasse. Es handelt sich dabei wahrscheinlich um eine Rissmoräne, einem Stück älterer Diluviallandschaft (TA Bl. 163, 166). Wo die Halde, die eine Neigung von 10-14% aufweist, in die horizontale Talsohle übergeht, treten Quellen aus. Dieser Quellhorizont lässt auf eine für Wasser schwer durchlässige Grundlehmschicht schliessen (Fig. 2). Schliesslich bilden noch jurassische Formationen wesentliche Teile der zu untersuchen¬ den Landschaft. Der Hauptteil entfällt auf den weissen Jura oder Malm, von dem wiederum die Effingerschichten die mächtigsten Gesteinskomplexe darstellen. Sie bestehen aus unver¬ wittert blaugrauen, verwittert gelblichbräunlichen Mergeln. Wo diese Schichten aufhören und die unteren, die Birmensdorferschichten anfangen, treten häufig Felsquellen aus. Wegen der Wasserundurchlässigkeit und dem dadurch bedingten Gleithorizont entstehen ferner Rutschungen (Fig. 2, oberhalb des Längackers). Bemerkenswert ist, dass wir die Effinger¬ schichten trotz ihrer Mächtigkeit von 150-200 m bis an ihre untere Grenze beobachten können, was nur in einem stark aufgebrochenen und zum Teil denudierten Gewölbe mög¬ lich ist. Ueber den Effingermergeln liegen verschiedene Gesteinsbänke des Sequans. Crenu- laris- und Wangenerschichten weisen starke Zerklüftung, viele Nischen und Höhlen auf. Einer Fensterbank ähnlich formen diese harten grauen Felsen den linken Talrand und die nördlichen Teile des rechten. Vom Sälischlösschen (650 m ü.M.) zieht sich das Felsband schräg hinunter, bildet den nördlichen Engpass, steigt ins Aarebett ab, um hier bei Nieder-

9 wasser in Form von Felsköpfen über die Wasseroberfläche zu ragen, klimmt dann auf der linken Talseite wieder empor, um die höchste Erhebung von 670 m zu erreichen, um dann zuerst nach Südwesten, endlich nach Westen umzubiegen. Spalten und Nischen an schwer zugänglichen Stellen sind geeignete Brutorte für Tag- und Nachtraubvögel. Fallen dem Wanderer tagsüber Falken und Bussarde als gewandte Flieger über der Klusenlandschaft auf, so hört er nachts die charakteristischen Rufe der Eulen. Ein Rumpfstück des Südschenkels der Born-Engelbergantiklinale ist in der Form des Schlossfelsens zu Aarburg vor dem völligen Abtrag verschont geblieben (Fig. 3). Der Sporn besteht aus den oben genannten widerstandsfähigen Sequanschichten. Die Bornantiklinale ist kein regelmässiges Gewölbe, sondern nach Süden geneigt, wobei der Südschenkel rechts beim Aaredurchbruch von Aarburg senkrecht, aber verschoben steht, während er auf dem gegenüberliegenden Ufer durch nachwirkenden Schub überkippt ist. Die Born-Engelbergkette als südlichste Jurafalte ist jünger als die Hauensteinkette und zum Teil auf den Widerstand des stark gerafften Hauensteingebiets zurückzuführen. Die grösste Bedeutung für das Entstehen der Kulturlandschaft muss der Talbildung zugeschrieben werden. Betrachten wir kurz die hier wichtigste Erscheinung, den Aaredurch¬ bruch Ölten-Aarburg! Zwei Gründe werden für diese Klusenbildung angeführt: Entweder war eine tektonische Querstörung im Borngewölbe vorhanden oder das Flussbett schon vor der Auffaltung zum Gebirge angelegt, so dass der Fluss sich immer tiefer eingesägt hat, während der Berg durch die Schubkräfte langsam in die Höhe wuchs (Antezedenz). Frei, der die Talbildung im Reuss-Emmegebiet eingehend studiert hat (Lit. 12), gibt folgende Hypothese an: Für die erste Anlage des Aaretals zwischen Aarburg und Ölten macht er die Wigger, zusammen mit der parallel verlaufenden Pfaffnern, die beide schon vor der Faltung einen Teil des Napfgebiets entwässerten, verantwortlich. Zu jener Zeit floss die Aare noch durch das Gäu, das heutige breite Tal der Dünnern, dann über Kleinholz, Fustligfeld, Meisenhard gegen Nordosten. In der Gegend von Wil-Starrkirch soll die Aare dann die Wigger aufgenommen haben. Zeitweilig soll jene auch den Weg Oltenhammer-Frohheim- Hagberg-Rankwage benützt haben. Nach demselben Verfasser fand die Hauptdurchtalung in der zweiten Zwischeneiszeit, also zwischen Mindel und Riss, statt. Langeten und Roth mit andern Zuflüssen verstärkten die Wigger. Die Aare floss bei Aarau in einer Höhe von höchstens 385 m ü. M. Das Aaretal war also am Ende dieser Interglazialzeit bis weit unter das Niveau der spätem Niederterrassenschotterfläche, die Seitentäler wenigstens bis zur heutigen Tiefe eingeschnitten. Für die Zeit der Ablagerung der Hochterrasse und der Riss- vergletscherung ist für die Gegend von Olten-Aarburg ein Niveau von ca. 460 m anzu¬ nehmen. So ist auch die Möglichkeit gegeben, dass die Wigger zeitweise von Zofingen durch das Tal von gegen Kölliken abfloss, weil die Striegelpasslücke niedriger als 500 m ist. Erst später fand dann die Schüttung der Niederterrassenschotter in Form der riesigen verkitteten Geröll- und Sandmassen statt. Die erste Anlage des Flusslaufes der Aare zwischen Wangen an der Aare und Aarburg ist wahrscheinlich auf Schmelzwasserrinnen zurückzuführen, ebenso das Tälchen der Wart¬ burghöfe zwischen Sälischlössli und Engelberg. Entscheidend bleibt, dass die grosse End¬ moräne von Wangen dem Fluss den alten Weg durch das Gäu verlegt hat. Es ist nicht zu bezweifeln, dass das Gäu ein Urstromtal der Aare ist, steht doch die Grösse des Dünnern- flüsschens in Missverhältnis zur 3 km breiten Talsohle. Nach dem Durchbruch des Moränen¬ walles fand die Aare die Schmelzwasserrinne, folgte dieser bis Aarburg und geriet hier ins Bett der Wigger, bis sie schliesslich bei Ölten wieder den alten Lauf vorfand. Das Wiggertal ist das wichtigste bei Aarburg ins Aaretal einmündende Tal. Unterhalb Zofingens, kurz vor der Mündung, erreicht es die erstaunliche Breite von 2,5 km. Woher stammen die riesigen Schottermassen, die das Tal birgt? Zuerst brachten die Gletscher der Risseiszeit, von Westen und Süden vorstossend, Geschiebe und Lehm. Als dann diese

10 Gletscher, wie die anderer Eiszeiten, die nicht mehr so stark nach Norden vorzudringen vermochten, zurückwichen, da ergossen sich aus den Gletscherzungen Schmelzwasser, die das Geschiebe abtransportierten. Kanter wurden zu Gerollen geschliffen, Moränen zu Schotterbänken verschwemmt. Die Aarburger Klus besitzt einen engen Eingang. Die Ge¬ steinsmassen konnten nicht rasch genug weggeführt werden und stauten sich so auf, was zu den breiten Talausgängen von Leimgruben, Küngoldingen und Mühletal Anlass gab. Die Oberflächenformen sind ein getreues Abbild der Gesteinsart und deren Lagerungs¬ form. Vier verschiedene Bauelemente (Fig. 1) bestimmen das Relief des Gebiets. Der Nieder- terrassenschotter weist ebene und sanft gewellte Bodenformen auf. Stufen trennen die Flächen. Ein dem Napf ähnliches Hügelland breitet sich östlich des Wiggertals aus. Es zeigt ziemlich tiefe Erosionsschluchten, Bergkämme und Plateaus. Im Westen dagegen steht ein rund modelliertes Gelände mit Hubein und Buhlen. Diese zwischen Langeten und Wigger gelegene Landschaft stellt im nördlichen Teil den östlichsten Ausläufer des Depressions¬ gebietes dar, das sich vom Moléson bis gegen Aarburg erstreckt. In der grossen Eiszeit hatte hier der Rhonegletscher während langer Zeit sein Zungenbecken und drang nur vorüber¬ gehend weiter vor. Gegen Süden, etwa von Pfafmau weg, steigt die Landschaft nach und nach zum Kulminationspunkt des Napfgipfels auf.

Die Verschiedenartigkeit der Gebiete östlich und westlich des unteren Wiggertales mag durch vergleichende Höhenangaben einiger Kulminationspunkte verdeutlicht werden.

1. Gebiet östlich von Zofingen und westlich der Uerke (TA 166):

Werdacker 643 m Hagart 653 m

Rottannen 641 m Munihubel 652 m

Auf der Linde 586 m Beim hohen Marchstein . 664 m

Fernchrüti 645-653 m

2. Gebiet zwischen Zofingen und . Höchste Erhebungen (TA 163, 165):

Weiden 457 m Glashütte 488 m

Ramooswald 478 m Gruberhöhe 569 m

Geisshubel 471 m Griengruben 571 m Langholz 503 m Benzlingen 518 m

Unterwald 510 m Fennern 515 m

Ober-Riken 512 m Sennhof 502 m

Die beiden Gebiete gehören somit verschiedenen Höhenstufen an. Im Räume zwischen Wigger- und Suhretal fügen sich höchste Punkte und Plateaus ungefähr in eine Ebene. Die Fastebene wurde durch die Einwirkung der Gletscher und Gletscherflüsse wieder in Riedel gegliedert. Im Vergleichsgebiet westlich von Zofingen liegen die Höhenpunkte in viel stärker voneinander abweichenden Koten.

Bei der Ausbildung der Formen spielt hier vor allem die örtliche Verschiedenheit der Gesteine eine wesentliche Rolle, viel weniger die Lagerungsform, da sie geringe Abweichun¬ gen hat. DieWeichheit des Reliefs in diesem Raum geht auch deutlich aus dem topographischen Atlas Blatt 163 hervor, wo die Abstände der Höhenkurven viel grösser sind als im Ver¬ gleichsgebiet auf Blatt 166. Im Norden dieser Hügelzone ragt steil und mit scharfem Felsgrate der südlichste Kettenjuraberg. Über 300 m über dem Aarestädtchen steht der höchste Punkt des Bornes,

260 m über derselben Stelle das Sälischlösschen auf der rechten Seite der Klus. Schliesslich erklimmt die gleiche Jurafalte im Engelberg mit 312 m über Aarburg (400 m ü. M.) beinahe wieder die Höhe des Bornes. Das ganze Gewölbe ist schräg durchschnitten. Unter den schroff abfallenden Felswänden folgt, auf den Effingermergeln aufsitzend, eine Zone von Verwitterungsschutt, der den Felsen entstammt. Bei stärkeren Regenfällen entspringen dem unteren Rand der Kalkfelsen zahlreiche Quellen, die aber trübes Wasser giessen und bei

11 Einsetzen trockener Witterung gleich wieder versiegen. Nachdem das Wasser in die Klüfte der etwa 10 m mächtigen Kalkbank eingesickert ist, hat es nur einen kurzen Weg zurück¬ zulegen, bis es wieder austritt. Besseres Wasser und ausdauernden Erguss liefern zahlreiche tiefer gelegene Quellen. Der Name Born des Berges bedeutet wohl einen quellenreichen Raum.

Im Steinbruch Fluhacker am Engelberg ist in den Wangenerschichten ein Keilgraben in einer Breite von etwa 2 m zu sehen. Grössere, zusammenlaufende Verwerfungen er¬ scheinen weiter südwärts. Die Einsattelung zwischen Sälischlösschen und der Ruine Wart¬ burg könnte auf die Fortsetzung nach Westen einer dieser Verwerfungen zurückgeführt werden. Die Brüche, die in der Nähe des Antiklinalscheitels liegen, sind Folgen der Zug¬ wirkung bei der Auffaltung. So entstanden zwei Kuppen, deren eine die Ruine einer von den Bernern im Jahr 1415 zerstörten Zwingherrenburg krönt, während die andere ein Re¬ staurant für Ausflügler trägt. Im Sattel zwischen den beiden Hügeln aber verlief einst die Grenze des mächtigen Bern gegen die Herrschaft Gösgen, woran jetzt noch ein Marchstein erinnert. Die geologisch jüngsten Formen im Gebiet sind die Bachschuttkegel. Sie entstehen dort, wo das steilere Bachbett in einem Knick in ein Bett geringeren Gefälles übergeht. Der jetzt eingedeckte Kohlgrubenbach hat innerhalb der Klus einen grossen Kegel gegen den Dürrberg geschüttet (Fig. 2). So ist eine Anhöhe entstanden, über die die Staatsstrasse nach Ölten führt. Die Häusergruppe in der Nachbarschaft der Kulminationsstelle der Strasse trägt den Namen «Auf der Höhe». Die Strasse hat von dort bis zum Kirchhof ein Gefälle von 28%o. Der Schuttkegel verdankt seine Entstehung vor allem episodisch auftretenden Hochwassern. Die Anordnung der Geschiebe und Gerolle ist dachziegelartig.

Die übrigen Naturelemente

Der Boden

Der Charakter der Humusdecke ist abhängig von Klima, Muttergestein, Exposition und Oberflächenform. Die Aufnahmen des landwirtschaftlichen Produktionskatasters (Lit. 44) bringen eine erste Übersicht über einige Merkmale der Böden von Aarburg. Wir haben demnach zwei Haupttypen zu unterscheiden :

a) Die lehmig-sandigen Böden der Niederterrassenschotter und Alluvionen. Sie sind meist tiefgründig, wechseln aber doch stark in der Mächtigkeit auf kurze Entfernung. b) Die flachgründigen Juraböden. Sie sind weniger fruchtbar, trocknen schnell aus und werden rissig. Im obern Dürrberg enthält die Humusdecke viele Kalksteintrümmer, die von den Bauern Bluststeine genannt werden.

Die Gemeinde lässt sich in drei Bodenbezirke einteilen :

1. Der Raum zwischen Aare und Bahnlinie nach Rothrist mit Brodheiteri, Hofmatt, Para¬ dies mit frischem und tätigem Boden, der grossteils ebenes Gebiet betrifft. Von fünf Salzsäureproben verliefen zwei positiv, Kalk ist also nicht überall vorhanden.

2. Der Raum südlich der genannten Bahnlinie mit Schwarzstier und Baumschulen. Hier gibt es Stellen mit dünner Humusdecke. Östlich der Nussmatt (TA Bl. 163) reicht der Kiesuntergrund bis 30 cm an die Oberfläche, und in einem Bezirk von etwa 4 ha steht der Untergrund nahe der Bodenoberfläche. Der Boden ist daher trocken und

massig fruchtbar. Teilweise wird hier heute noch gewässert, um die Bodenschicht zu verstärken und dadurch grössere Erträge zu bekommen. Vier Salzsäureproben ver¬ liefen positiv.

12 3. Das Gebiet östlich der Bahnlinie, dessen Böden mit Ausnahme des Gyshaldenhofes überall flachgründig und mittelmässig fruchtbar sind. Die Juraböden, die sich gegen Rindel ausbreiten und die zum Tiefelachhof gehören, sind von besonders zäher Struktur und aus den Effingerlehmen entstanden. Mulden, wie die des Kohlgruben- bächlis, tragen Sumpfpflanzen. Vier Salzsäureproben zeigten stark positive Wirkung. Im Gebiet stocken zahlreiche Kirschbäume.

Gewässer

Der wichtigste Fluss ist die Aare, deren Bedeutung für die Kulturlandschaft im nächsten Kapitel erläutert werden soll. Als Zuflüsse nimmt sie die Pfaffnern und die Wigger im betrachteten Gebiet auf. Diese Flüsschen liefern vor allem Energie für Fabriken und Ge¬ werbe und dienen der Bewässerung von Wiesland und zur Aufnahme von Abwassern. Wich¬ tiger, aber nur in einigen tiefen Kiesgruben sichtbar, ist das System von Grundwasser¬ strömen, das die Täler um Aarburg erfüllt (Fig. 4), (Lit. 15). Das bis 2 km breite Urstromtal der Wigger enthält die meisten Wasserfassungen, ohne die viele Industriebetriebe nicht ansässig wären und wahrscheinlich auch die Bevölkerungs¬ dichte heute nicht so hoch läge. Vor Erstellung der zentralen Wasserversorgung am Ende des letzten Jahrhunderts gebrauchte man vor allem in der Ebene Sodbrunnen zur Hebung des Grundwassers. Teils versorgten sie ein Haus, teils mehrere Häuser mit Trink- und Brauch¬ wasser (Lit. 51).

Bei Niederwasser der Aare kann man am Ufer des alten Flusshafens das Ausfliessen des kristallklaren und kalten Grundwassers, das Hägeler genannt wird, beobachten. Der Name Hägeler soll nach einem Gutachten der Nomenklaturkommission des Kantons Lu- zern vom Hägeli, einem sehr scheuen Fisch, abzuleiten sein, der sich ebenso selten wie der Grundwasserstrom zeige. Nach Beobachtungen von Dr. B. Siegfried in Zofingen steht das Grundwasser im November am tiefsten und erreicht den Höchststand jeweils im Mai (Lit. 46). Bei Hochwasser der Aare tritt diese als Vorfluter auf und staut das Grundwasser, das dann in die Keller der nahe dem Ufer gelegenen Häuser eindringt. Fels- und Moränenquellen finden sich an den Abhängen im Dürrberg und in der Stein- billen, wo sie zu früher Besiedlung dieser Gebiete Anlass geben mochten (Fig. 2).

Vegetation

In einer seit Jahrhunderten praktisch vollständig in Kultur genommenen Landschaft hat sich die ursprüngliche Pflanzenwelt weitgehend verändert; ja, natürliche und durch den Menschen beeinflusste Vegetation1) ist kaum auseinanderzuhalten. Den landschaftlichen Rahmen der Gemeinde bildet der Wald, der mit 133 ha mehr als ein Drittel von Aarburgs Fläche besetzt. Seine Hochstämme beschatten die Abhänge der Klus und schützen vor den Wirkungen von Erosion und starker Denudation. Der Aarburger Wald innerhalb der Gemeinde besteht hauptsächlich aus Rotbuchen, die die ursprünglich weitverbreiteten, aber nur zu Brennholz nützlichen Hagebuchen ersetzen. Darin behaupten sich Eiche, Esche, Ahorn, Linde, Ulme, während Fichte und Weisstanne dem Bestände nur eingestreut sind und im ganzen wenig auffallen. Schlanke, hohe Föhren mit ihrer braunroten Rinde und den schirmartigen Kronen der im Baumschluss gewachsenen Bäume überragen in der Säli- halde und Kohlgrube einen Jüngern Bestand. Der Föhrenüberhalt bei einem Kahlschlag Hess hier nur die Föhren stehen, ein Bild, das wohl nach und nach durch die moderne Wald¬ wirtschaft verschwinden wird.

J) Lit. 11.

13 Klima

Entsprechend der Regenschattenlage am Jurasüdfuss weist das Gebiet etwas kleinere jährliche Niederschlagsmengen auf als zum Beispiel Zürich. So verzeichnen die Stationen Ölten im 36jährigen Mittel1) 1864-1900 1007 mm, Zürich dagegen 1147 mm Niederschlag. Jedoch decken sich die Temperaturkurven der beiden Stationen fast im gesamten Ver¬ lauf. Temperaturmittel für Ölten:

I —1,2° C VII 18,4° C

Winde aus SW herrschen in unserem Gebiet vor. Die Zahl der Nebeltage ist im unteren Aaretal beträchtlich grösser als in Zürich. Mit 0-70 Tagen Frost liegt unsere Gegend mit Zürich in einer für Obstbau ausgesprochen günstigen Zone.

Lage und Gründung Aarburgs

Die geographische Lage

Unter den zahlreichen, fast parallel laufenden südlichen Seitentälern, die zwischen Solothurn und Turgi ins Aaretal münden, ist das Wiggertal besonders ausgezeichnet. Die gute Fruchtbarkeit des Bodens, die Breite des Tales, die natürliche Fortsetzung der Route, die von der Oberrheinischen Tiefebene über den untern Hauenstein zur Zentralschweiz und weiter über den Gotthardpass auf kürzestem Wege dem südlichen Nachbarland zustrebt, sind Voraussetzungen, die eine frühe Besitznahme und Gestaltung der Gegend zur Folge hatten. Am bequemsten und schnellsten reiste und transportierte man noch bis zum vor¬ letzten Jahrhundert talwärts zu Wasser. Güter und Personen für die Nordost- und Ost¬ schweiz aus welschen Landen benutzten daher so lang wie möglich die Aare, während die inneren Stände von der Westschweiz aus am besten über Aarburg zu erreichen waren, wo das Verkehrsmittel gewechselt werden musste. So ist Aarburg Schnittpunkt zweier bedeu¬ tender Verkehrsachsen unseres Landes, und wir werden deren Wirkung auf die Landschaft weiter unten zu erörtern haben.

Die lokale Topographie von Aarburg war zum mindesten seit dem Mittelalter ver¬ antwortlich für die strategische Bedeutung des Raumes. Für die Habsburger, deren Stamm¬ sitz im Gebiet des grossen Mündungstrichters von Brugg, dem Tor zum schweizerischen Mittelland, liegt, galt die Sperre von Aarburg als wichtiges äusseres Verteidigungswerk der Dreistromlandschaft. Dicht bewaldete Höhenzüge im Amt Aarburg zwischen den Flüsschen Roth und Wigger und noch höhere, reich gegliederte, ebenfalls mit Wald bedeckte Molasse¬ kämme zwischen Wigger und Suhre, trugen dazu bei, die Transporte in die wegsame über¬ wachte Ebene, auf den Fluss und den Engpass zu zwingen und einem evtl. Angreifer die Aufgabe stark zu erschweren. Überspringen wir einige Jahrhunderte, so sehen wir die Berner als Beherrscher des Felsens. Das Amt Aarburg war eine der sechs aargauischen Landvogteien des mächtigen eidgenössischen Standes. Korridorartig schmal hingen Ober- und Unter¬ aargau hier zusammen. Auf zwei Seiten grenzten katholische, den Bernern zeitweise feind¬ lich gesinnte Stände, Solothurn und Luzern, an bernisches Untertanenland. In einer Epoche, die häufig zu Rivalitäten politischer und konfessioneller Art zwischen Eidgenossen führte, lag es für Bern nahe, die wichtige und verwundbare Stelle seiner Herrschaft dadurch zu

x) Maurer und Billwiller, Klima der Schweiz.

14 schützen, dass es die schon bestehende Burganlage stark erweiterte und befestigte. Musste das kostspielige, mit einer ständigen Garnison versehene Festungswerk auch nie seine Kriegs¬ tüchtigkeit erweisen, verfehlte es gewiss nicht des drohenden und mahnenden Eindrucks auf die Nachbarn im Norden und Süden. Noch in der Gegenwart ist diese Festung das weithin sichtbare Wahrzeichen Aarburgs (Lit. 18, 19).

Die topographische Lage

Die Aare, die zunächst in nordöstlicher Richtung längs dem Südfuss des Borns fliesst, wendet sich plötzlich, einen rechten Winkel bildend, nach Nordwesten, um in einem von das etwa 90 auf 70 m verengten Bett den Südschenkel des Gewölbes zu durchschneiden, dem rechts vom Burgfelsen, links von einem niederen, steil aufgerichteten Felsband, «Hutter- hübel», fortgesetzt wird. Über die Engstelle schwingt sich heute in einem einzigen Bogen eine Betonbrücke, die den schwachen Lokalverkehr zwischen den beiden Ufern vermittelt. Der nordostwärts streichende, markante Burgfelsen trennt die Gemeinde in zwei Teile:

a) einen nördlichen, in der Klüse gelegenen, kesselartigen, dem Aaretal angehörenden und zuzurech¬ b) einen südlichen, vor dem Schlossberg sich ausbreitenden, dem Wiggertal nenden Abschnitt.

Beide Landschaften sind, abgesehen von steilen Fusswegen, nur durch die Strasse ver¬ bunden, die im genannten Engpass sich gerade noch durchzwängt. Nebst der Bewältigung des Lokalverkehrs hat diese Strasse einen weitaus intensiveren Fernverkehr zu leiten. Wir auch die erwarten, dass sich da, wo sich infolge des Reliefs die Verkehrswege scharen, dichteste Besiedelung und die grösste menschliche Geschäftigkeit findet. Ein entsprechender Landschaftsteil schiebt sich tatsächlich zwischen die beiden oben genannten. der bebauten Es ergibt sich nun folgende ursprüngliche Gliederung für die Beziehungen und besiedelten Fläche Aarburgs zu Relief und den übrigen Naturelementen (Fig. 5).

1) Die südliche Ebene mit Einzelhöfen und besonders günstigen Bedingungen für die Landwirtschaft, da die Bodenerträge durch Wässerung erhöht werden können, was für eine Zeit, die Düngemittel noch nicht systematisch zu verwenden wusste, von hoher Bedeutung war. 2) Die nördliche Klüse als land- und waldwirtschaftliches Nutzgebiet, im Unterschied nah dem nördlichen zu 1) aber ohne künstliche Bewässerung und hauptsächlich von Stadtrand gelegenen Höfen oder vom Städtchen aus fernbewirtschaftet. 3) Eine Vorstadt im Brennpunkt des Verkehrs, die im wesentlichen wieder zerfällt in a) Wohnsiedlungen und die Wasserkraft eines Kanals, des Tychs, nutzende Gewerbe; in die Klus b) den Flusshafen am Südostufer der Aare vor deren Einbiegung ; in 4) ein ummauertes, dicht hinter dem Schlossfelsen eingeschobenes Häuserdreieck städtischer Bauweise als Gewerbe- und Wohnplatz.

Gründung

Nachdem wir gesehen haben, in welch wichtigem Kraftfeld von Beziehungen unser Untersuchungsobjekt liegt, scheint die Anlage einer Siedlung durchaus verständlich. Nun Aar¬ sind aber die genannten Faktoren nur zum Teil als Gründe für die Entstehung von burg anzusprechen, sie förderten vielmehr dessen Entwicklung. Die ersten Urkunden erst nach der von «Statt und Veste» Aarburg tauchen nicht ganz zufällig Eröffnung des Gotthardpasses auf (Lit. 17) und weisen, die Zollabgaben näher bezeichnend, auf die wachsende Verkehrsbedeutung der Gegend hin. Die Nachbarstadt Zofingen war schon zur

15 Römerzeit ein Weiler oder ein Dorf, was durch Funde bezeugt ist, obschon sie, wie damals auch Aarburg, abseits der grossen römischen Überlandstrassen1) lag. Sicher ist, dass zu jener Zeit römische Flosse und Schiffe aareabwärts schwammen (Lit. 2, S. 10, 11). Zofingen wird urkundlich um 883 als eine mit Ringmauern versehene Münzstadt erwähnt (Lit. 21 Bd. I, S. 448). In jener Epoche grosser Unsicherheit, die dem Zerfall des Karolingerreiches folgte, mag auch eine kleine Fischer- und Schifferortschaft Aarburg mit vielen andern Städten des Mittellandes ein befestigter Platz, ein burgum geworden sein, wo die Hintersassen Schutz vor Plünderung und Verschleppung fanden, während der Feudalherr mit seinem Gesinde den festen Schlossturm, den Bergfried, in Aarburg Harzerturm genannt, bewohnte, der sich kühn über den Felsen erhebt (Lit. 18, 19). Natürliche Grenzen, wie Flüsse, bildeten zeitweise auch die Grenzen der Gaue. So schied die Aare bei Aarburg Buchsgau, Sisgau und Aargau, später Solothurn und Bern, was beim Ausbau der Festung insofern berück¬ sichtigt wurde, dass die Geschütze auch das gegenüberliegende Ufer bestreichen konnten (Lit. 47).

Zusammenfassung

Aarburg liegt an der Grenze von Kettenjura und Mittelland. Zu einem Teil befindet es sich in einer Schrägkluse der Born-Engelbergfalte, einer Vorkette des Hauensteins, zum andern Teil in der breiten Mündung des Wiggertales. Während die fruchtbaren Ebenen in- und ausserhalb der Klus aus Terrassenschottern bestehen, formen Kalkbänke und Mergel den Klusenrand. Im Schnittpunkt wichtigster Verkehrswege gelegen, wuchs im Schutz des burggekrönten Felssporns, der als Sperre von strategischem Werte diente, ein ummauertes Städtchen, während vor dem Felsriegel dank Flusshafen und Kanal eine unbefestigte gewerbereiche Vorstadt aufblühte. Fischfang und Schiffahrt treibende Bauern dürften eine erste Siedlung nächst dem Flusshafen begründet haben.

Die Kulturlandschaft im 18. Jahrhundert

Einleitung

Um die heutige, in langer Zeit gewordene Kulturlandschaft zu verstehen, ist es nötig ihre früheren Funktionen und Strukturelemente herauszuschälen. Da das nie lückenlos erfolgen kann, gilt es, irgendwann einzuhaken, einen Querschnitt durch die mannigfachen Zustände und Vorgänge einer Entwicklungsphase der Landschaft zu legen und die Bezie¬ hungen zu ihrem heutigen Momentbilde aufzuhellen. Warum habe ich zeitlich gerade das 18. Jahrhundert ausgewählt? Zu dieser Zeit herr¬ schen noch die Verhältnisse der alten Eidgenossenschaft, wir stehen am Vorabend des An¬ bruchs des Maschinenzeitalters, und endlich liegen nach jahrhundertelanger bernischer Ver¬ waltung genügende Quellen vor, um Aarburgs Landschaft zu skizzieren. Ich greife dabei auf einige detaillierte Pläne aus der Mitte des 19. Jahrhunderts, die noch durchaus Verhältnisse aus der zu betrachtenden Epoche aufweisen.

x) Broyesenke-Aarberg-Solothurn-Wiedlisbach-Oberer Hauenstein-Kaiseraugst und Wiedlis- bach-Olten-Vindonissa.

16 Das städtische Aarburg

Das Einzugsgebiet von Aarburg Grösse, Lage, Grenzen des Gebiets

Mit 46 km2 Fläche war das Amt Aarburg die kleinste Landvogtei, über die die Berner herrschten (Fig. 6). Es umfasste zur Hauptsache das oben beschriebene, hügelige Depressions¬ land, das dem Napfschuttkegel vorgelagert ist, und gegen NW und W durch die beiden Flüsse Aare und Roth natürlich begrenzt wurde. Nachbarn waren dort Solothurn und das bernische Amt Aarwangen. Die südliche Grenze gegen das luzernische Amt verlief, etwa der heutigen Kantonsgrenze entsprechend, von einer Dreiländerecke beim Kloster St. Urban in östlicher Richtung über Hügel und durch Wälder hinüber ins Wiggertal. Dort überquerte sie noch den Fluss und folgte dann einem Wässergraben talwärts. Unterhalb von Zofingen, das nicht zum Amte gehörte, bog dann die Landmarch gegen E um und schloss auf der rechten Talseite Mühletal, Küngoldingen und mit ein. Das Amt Aarburg wird als Verwaltungseinheit im habsburgischen Urbar 1394 erwähnt (Lit. 17 II, S. 750), dürfte aber schon lange vorher bestanden haben.

Die Gemeinden des Amtes und ihre Fraktionen um 1783

Die Zahlen in Klammern geben die Anzahl der Häuser an (Quelle 20). Für die Flurnamen TA Bl. 149, 163, 165, 166, 168.

A. Orte im Gerichtsbezirk Aarburg

1. Gemeinde Oftringen und Mühletal

Dorf (24+1 Wirtshaus) Nigglishäuser (8) Schür (2) Schwarzhaar (16) Strass (4) Schneggenberg (6) Bachthalen (2) Mühletal (5) Birkenfeld (7) Loohof(l) Öltrotten (3) Küngoldingen (21) Lauterbach (5) Hinterer Bühnenberg (3) In der Höhli (1) Schürli (1) Beim Weiler (1) Seilerhof (1) Langeren (7) Im Loch (2) Lindacher (1) Byfang (1) Beim Schulhaus (2) Nüchteren (5) Weichler (6) Winterhalden (13) Bei der Linde (1) Aeschenbach (2) Schnepfwinkel (1) Rottannen (2) Bühnenberg (7) Finsterthüelen (9) Wartburghof (1) Hottigergass (5)

2. Gemeinde Niederwil

Dorf (14) Holzweid (5) Aesch (2) Grüth (5) Im Weier (2) Säget (8) Dietiwart (1) Leimgruben (11) Jöhnli (3) Bonigen (3) Geisshubel (1 kleines Bad) Ruberen (6) Hungerzeig (11) Winterhalden (2) AufdemHölzli(14) Rönnhalden (1) Fröschenthal (4) Fleckenhausen (12) Buchrain (12) ImGfill(17+l Spital) Rothrist (7, davon 1 Wirtshaus) Im Holz (15) Im Zimmerli (4) Wysshalden (4) Im Galli (6) Stampf! (3) Sennhof (1) Oberweil (8) Im Gländ (18)

3. Gemeinde

Dorf (15, davon 1 Pintenschenke) Weissenberg (17) Zofingerstrass (7) Vorder Schleipfen (20) Auf Egg (8) Tannacher (3)

2 Disteli, Aarburg 17 St. Ulrich (2) Im Gländ (5) Aesch (1) Oberer Weier (3) Säget (3) Hüssi (1) Hintere Schleipfen (7) Nutzi (1)

4. Gemeinde Wald

Gländ (1) Weiergut (6) Küherain (1) Unter-Rümlisberg (9) Stockmatt (2) Weierdentsch (3) Ober-Rümlisberg (11) Leidenberg (4) Iselishof(3) Oeschlisweier (2) Geissbach (9) Untere Sage (1 Säge) Auf derRüti(ll) Probstholz (5) Obere Sage (4+1 Wirtshaus) Kätzigen (2) Ober-Benzlingen (4) Unter-Sennhof (2) Neben dem Wald (11) Nieder-Benzlingen (1) Ramoos (2) Kratzeren (9) Leim (3)

5. Gemeinde Riken

Friedau (2) Winkel (7) Hohwart (6) Auf der Weid (2) Tannacker (10) Morgenthal (5) Auf der Felli (4) Ober-Ricken (14) Im Mätteli (3) Neustadt (2) Unter-Ricken (2) Walliswil (6) Moosmatt (2) Vorholz (6) Gruben (3) Anbinde (1) Hintere Glashütten (13) Balzenwil (12) ' Im Rank (6) Vordere Glashütten (15) Hasli(4) Brunnrain (10) Gadligen (7) Im Saal (1)

6. Gemeinde Aarburg

Stadtbezirk:

Städtchen (54, darunter 3 Wirtshäuser und 2 Pintenschenken) Vorstadt (39, darunter 2 Pintenschenken, 1 Säge, 2 Mühlen, 1 Kupferhammerschmiede, 1 Eisen¬ hammerschmiede, 1 Ziegelhütte, 2 Färbereien, 1 Spital, 1 Schleife, 1 Reibe)

Hofmatt (4) Gishalden (1) Tiefllach (2) An der Strass (6) Spiegelberg (3) Dürrberg (7) Steinbillen (6) Reiterliloch (4) Hinter dem Tor (2)

B. Orte im Gerichtsbezirk

7. Gemeinde Brittnau

Dorf (43, davon 1, Mühle, Schürberg (28) Oberer Sennhof + 1 Wirtshaus, 1 Pintenschenke) Grod (9) Unterer Sennhof (6) Im Acker (4) Liebigen (9) Leidenberg (4) Hard (3) Bergacker (2) Fenneren (5) Altachen (3) Rossweid (8) Geissbach (7) Vorstadt (22) Mättenwil (6) Bösenwil (8) Graben (6) Bötschishalden (5)

Aus dieser Aufstellung geht deutlich hervor, dass die Streusiedlung im Amt Aarburg vorherrschte und sowohl dem Talboden als auch der Hügelzpne eigen war. Studer führt diese Eigenart des süd- und südwestlichen Kantonsteils auf spätere Besiedlung oder frühere Lockerung der Dreizelgenwirtschaft zurück (Lit. 31). Wir werden weiter unten noch einen möglichen andern Grund für diese Besiedlungsweise anführen. Aarburg und Zofingen

18 bilden Ausnahmen in der offenen Überbauung, was mit deren besonderer Lage und den dadurch bedingten speziellen Funktionen zusammenhängt. Innerhalb der rein landwirtschaftlichen Gemeinden zeigt einzig Brittnau einen stark ausgebildeten Dorfkern.

Die Stellung Aarburgs unter den Amtsgemeinden

Grösse von Aarburg

Von allen Amtsgemeinden weist Aarburg den kleinsten Flächeninhalt auf. Hinsichtlich der Einwohnerzahl stand es 1764 an 4. Stelle. Auf den Einwohner entfiel 1764, wie auch heute noch, die geringste Fläche, wie die folgende Tabelle zeigt:

Fläche pro Fläche pro Gemeinde Fläche (ha)2) Bevölkerung1) Bevölkerung3) Einwohner Einwohner 1764 1941 1764 1941

Riken .... 1862 751 2 484 2,48* 0,75*

Vordemwald . 1014 565 1282 1,80 0,79

Oftringen . . . 1286 884 4 837 1,45 0,27

Brittnau . . . 1 367 955 2 791 1,43 0,49

Niederwil . . . 1 185 1 121 3 682 1,05 0,32

Strengelbach . 603 604 2111 1,00 0,29

Mühletal4) . . 146 177 286 0,83 0,51

Aarburg . . . 441 785 2 932 0,56 0,15

Wohl ist dies zum Teil eine Folge der Topographie, der Höhenlage, der Fruchtbarkeit und leichten Bestellbarkeit des Talbodens, was auch bei der Nachbargemeinde Niederwil (jetzt Rothrist) zum Ausdruck kommt. Aber der Amtshauptort fällt mit 0,56 ha/Person so sehr aus der Reihe, dass hier noch andere Ursachen im Spiele sein müssen: Funktion und Struktur der Gemeinde. Bilden möglichst grosse Flächen von landwirtschaftlichem Kul¬ turland und Forsten die Hauptstrukturelemente von Dörfern wie Riken oder Oftringen, die Landwirtschaft also die Hauptfunktion, so eignet dem Zentrum Aarburgs dank dessen Lagepotential sowohl eine andere Hauptfunktion als auch eine andere Zusammensetzung. Viele Leute konnten sich hier im Hauptberuf, oder, was vorherrschend war, neben der Führung eines kleinen Landwirtschaftsbetriebes, dem Handel, dem Verkehrsgewerbe, einem Handwerk widmen. Das erlaubte ihnen, sich mit Bargeld oder durch Tausch aus der Um¬ gebung Nahrungsmittelzuschüsse zu beschaffen, da die ländlichen Bezirke gewöhnlich mehr Lebensmittel erzeugten als sie selbst brauchten. Vergleichen wir die beiden letzten Kolonnen der obigen Tabelle miteinander, dann erkennen wir den grundlegenden Wandel, den die Landgemeinden seit 1764 im Sinne einer relativen Verminderung der Nährfläche und da¬ durch bedingter Zufuhr lebenswichtiger Produkte von aussen erlitten haben. In Aarburg, wo die Nährfläche pro Einwohner schon damals sehr klein war, hat sie sich auf ein Viertel jenes Betrages vermindert. Dazu tritt für immer mehr Bewohner eine völlige Lösung von der Landwirtschaft und die Verteilung der grossen Stücke Kulturlandes auf relativ wenige Besitzer, was die Gütersplitterung verhindert und die Produktivität in der Landwirtschaft erhöht hat. Die Zunahme der landlosen Bevölkerung dauert in der Gegenwart an.

!) Lit. 36. 2) Lit. 3. 3) Lit. 9. 4) Mühletal war eine der ärmsten Gemeinden im Amt (Lit. 32). * in ha

19 Gericht

Das Gericht Aarburg versammelte mit Ausnahme von Brittnau Vertreter sämtlicher Amtsgemeinden im Städtchen. Die Stellung Aarburgs in dieser Institution geht aus der folgenden Tabelle hervor:

Ort Zahl der Gerichts- Oberamtmann Amtsweibel Stadtbott sässen

6 . . 1 Aarburg . 1 2

- - - Mühletal . . .

- - - Niederwil . . .

- - - Oftringen . . .

- - - Riken ....

- - - Strengelbach .

- - - Wald ....

(Lit. 20)

Aus diesen Angaben ersehen wir deutlich die zentrale Stellung Aarburgs innerhalb der Amtsgemeinden. Wir wissen aber auch, dass die Leitung des Gerichts in den Händen des bernischen Oberamtmannes (= Vogtes) oder seines Stellvertreters, des Amtsuntervogts, lag. Vergleichsweise besass zum Beispiel Zofingen völlige Souveränität in der Rechtsprechung.

Wirtschaftliche Stellung Aarburgs unter den Amtsgemeinden

Eine wichtige Einnahmequelle an Bargeld bildeten die durch den Warenverkehr an¬ fallenden Gebühren aus den Land- oder Susthäusem in Aarburg. Wie die Verteilung des Erlöses vorgenommen wurde, zeigt eine Landhausabrechnung (nach dem Original von 1760/61 zusammengefasst und prozentual berechnet)1):

Von den Totaleinnahmen bekamen :

/o die Landhausgenossen 27,52 der Landhausmeister 21,16 das Berns Schloss Aarburg zu Händen .... 24,10 die Gemeinde Aarburg 9,07 Niederwil (Rothrist) 3,63 Oftringen 3,63 Riken 3,63 Strengelbach 3,63 Wald 3,63

Total 100,00

Wir stellen fest, dass sich Aarburg dank den vermehrten Aufgaben wiederum einer ge¬ wissen Vorzugsstellung unter den Amtsgemeinden erfreute, was sich aber ohne vogteiliche Be¬ vormundung und Abgabelasten zweifellos bedeutend stärker, im Sinne eines Aufschwunges der Gemeinde wohl bis heute ausgewirkt hätte. Die besondere strategische Lage und die dadurch bedingte ständige Besetzung wurden zum Hindernis der freien Entwicklung der Siedlung Aarburg.

!) Lit. 40.

20 Für sämtliche Amtsgemeinden war Aarburg Ablieferungsort für die Grund- und Boden- zinse, die Zehnten. Die grosse Zehntscheune lag am Südfuss des Schlossfelsens, wo sich sämtliche Zugänge zur Festung befinden (Fig. 7). Die Amtsangehörigen waren ferner genötigt, alles Getreide, das sie zu verkaufen hatten, ins Kaufhaus von Aarburg zu liefern (Lit. 20). Von dieser Sammelstelle sind einige Listen1), die früheste allerdings erst vom Jahr 1806, erhalten geblieben. Sie werde hier aufgeführt, um die Bedeutung Aarburgs als Sammel- und Handelsplatz zu dokumentieren: Da der Zwang, das Getreide nach Aarburg zu verkaufen, bei folgender Warenliste nicht mehr Geltung gehabt haben dürfte, figurieren die Amtsgemeinden Brittnau, Strengel¬ bach, Wald, Riken nicht mehr in der Aufstellung, da diese ihr Getreide nach dem näheren und grösseren Zofingen zu verkaufen pflegten.

Der Fruchtmarkt im Jahre 1806

Es wurden von folgenden Ortschaften an Getreidefrüchte ins Kaufhaus eingeliefert:

Menge Pfund Batzen Kreuzer

Ruppersweil 51 Viertel Kernen - 6 1,5 Erlisbach 64 Viertel Kernen 8

Schaflsheim 64 Viertel Kernen - 8 -

Staufen 60 Viertel Kernen - 7 2 Hiesige Zehnten 20 Malter Korn 2 Rued 20 Viertel Kernen 2 2

Hiesiger Zehnten 4 Malter Korn - 4 -

Ferner hier 10 Malter Korn - Kulm 22 Viertel Kernen 2 3 Kulm 20 Viertel Kernen 2 2

Niederwyl 7 Malter Korn - 7 -

- 5 - Saner ab Wartburg (Oftringen) . 5 Malter Korn

Rued 40 Viertel Kernen - 5 - 12- . 12 Malter Korn Kunz ab Loohof (Oftringen) .

Sommer von hier 10 Malter Korn 1 - -

Arber von Oftringen 5 Malter Korn - 5 - Arber von Oftringen 6 Malter Korn 6

Sutter von Seon 60 Viertel Kernen 7 2

Plüss, Müller hier 40 Viertel Kernen - 5 - 14 Malter Korn 14- Hiesig Schaffner Haury .... Sommerhier 12 Malter Korn 12- Hiesig Schaffner 27 Malter Korn 2 7-

Derselbe 2 Malter Haber - 2 - Derselbe 16 Malter Korn + 8 Vierling 16 2

Joh. Schmitter u. Cie 16 Viertel Bohnen - 2 -

Derselbe 74 Viertel Roggen - 9 1

An Korn eingeliefert 148 Malter2) 8 Viertel An Hafer 2 Malter An Kernen3) 27 Malter 2 Mütt 1 Viertel An Roggen 4 Malter 2 Mütt 2 Viertel An Bohnen 1 Malter

x) Lit. 39.

2) Malter, grösstes Getreidemass à 4 Mütt à 4 Viertel. 1 Malter = 10 Bernmäss = 140,1 1. 3) Kernen, gedroschenes, enthülstes Getreide. Körner von Dinkel, Spelt, nie von Hafer.

21 Die wichtigsten Funktionen Aarburgs

Der Zoll zu Aarburg

Als Schnittpunkt wichtigster Handelsstrassen und aus topographischen Gründen war Aarburg schon unter den Habsburgern Zollstätte (Lit. 27). Das Reglement, das die Ansätze umschrieb, unter¬ schied bereits einen Zoll zu Wasser und einen zu Land. An Waren wurden danach u. a. in Aarburg durchgeführt: Salz, Käse, gesalzene Fische, Rindvieh, Pferde, Schweine, Schafe, Fleisch, Leder, Schmalz, Wein (Lit. 1, 17). Dazu trat schon sehr früh der nicht reglementierte Flossverkehr mit Bauholz, von dem wir erst im 19. Jahrhundert Einzelheiten erfahren. Von den österreichischen Zollämtern der Gegend gehörte Aarburg zu den ertragreichsten, da der Gotthardweg zunehmende Frequenz aufwies (Lit. 5). Unter den Bernern, deren wichtigste Zollstationen an der Kantonsgrenze standen, verstärkte sich die Stellung der Zollstatt Aarburg noch bedeutend. Aarburg hatte im 18. Jahrhundert Zoll- commis wie 10 weitere bernische Städte. Einer amtete zugleich als Geleitsherr im Kaufhaus, d. h. er nahm das Entgelt für den Schutz der Waren im Kaufhaus und den Schutz der Landstrassen in Empfang. Der befriedigende Zustand der Landstrassen war so wichtig, dass jeder Bürger entweder für eine persönliche Dienstleistung oder einen entsprechenden Geldersatz, die Maréchaussée ver¬ pflichtet war. Damit der Zoll in der breiten Ebene südlich des Burgfelsens nicht etwa in westöstlicher Rich¬ tung umgangen werden konnte, standen weitere Zollhäuser in Rothrist, in Oftringen Winterhalden (TA Bl. 166), in Küngoldingen, in der Oberen Säge an der Strasse gegen St. Urban- Langenthal. Gegen Ölten brauchte es diese Verteilung der Kontrollstellen nicht, da ja der Landver¬ kehr nur durch das nördliche Stadttor passieren konnte. Der Wasserzoll war beim Hafen zu entrichten für Güter, die von Solothurn her aareabwärts befördert wurden.

Weinsteuer

Während die Österreicher und später die Berner die Zollerträge für sich beanspruchten, erhielten die Bürger von Aarburg 1385 das Recht, ein Weinumgeld, d. h. eine Weinsteuer, in Stadt und Amt aufzusetzen. Den Ertrag dieser Steuer konnten sie zum Bau ihrer Stadt verwenden. Später wurde die Verwendung näher umschrieben: Für den Unterhalt der Brunnen, des Pflasters in den Gassen, für die Brücken über Tych und Wigger, für das Torwächteramt (Lit. 20). Nach bernischer Verordnung von 1639 durften die Aarburger diese Steuer nur für Wein er¬ heben, der im Hafen oder in der Stadt ausgeschenkt, gehandelt oder gelagert wurde, nicht aber für schon vorher gekauften Transitwein (Lit. 20). In der Gemeinderechnung von 17691) ist der Jahresertrag der Steuer von Gastwirtschaften, Pintenschenken und Lagerwein mit 85 Gulden 4 Batzen2) ausgewiesen. Da pro Saum3) 6 Kreuzer bezogen wurden, ergibt das umgerechnet ein Volumen von 142 553 1 Wein. Dass damit noch längst nicht aller Wein erfasst ist, mit dem Aarburg im Verlaufe des Jahres irgendwie zu tun hatte, geht aus den erwähnten Bestimmungen hervor.

Umschlags-, Stapel- und Handelsplatz Die Salztransporte

Zur Zeit, da die Eidgenossen noch auf Salz sassen, dies aber nicht wussten, mussten sie es von weither ins Land führen. Die wichtigsten Bezugsorte waren die folgenden: 1. Salins (Jura) 2. Lons le Saunier (Jura) (Burgund) 3. Montmorot (Jura) 4. Saulnot (Hte Saône)

*) Im Gemeindearchiv Aarburg.

2) 1 Gulden =15 Batzen, 1 Batzen = 4 Kreuzer.

3) 1 Saum = 100 Mass = 167,12 1 (Lit. 13)

22 5 Moûtiers en Tarrentaise (Savoyen) 6 Moyenvic \ T , Lothgen 7 Dieuze } 8 Salzsumpfe von Peccais (Gard) 9 Reichenhall ) .„ 10 Traunstein } (Bayern) 11 Hall in Tirol 12 Venedig, Trapam (Lit 25)

Der wichtigste Lieferant war Frankreich, das das Salz vertragsweise billig abgab, um als Gegen¬ leistung Soldner anwerben zu dürfen (Lit 21, S 595) Um nicht ganz vom westlichen Nachbarn abhangig zu sein, hatten aber die Eidgenossen, wie obige Aufstellung zeigt, noch andere Bezugs¬ quellen Bevorzugt wurde aber das burgundische Salz (Fig 8) Der überwiegende Teil der Salzmenge fur die inneren Stande erreichte diese über Aarburg In Nidau empfingen die Schiffleute von Solothurn, Aarburg und andern Orten das Salz, das mittels Seebarken vom Stapelplatz Grandson über die Jurarandseen gesegelt wurde Nach dem Umlad auf Flusschiffe, die 25 bis 34 Fasser trugen, erreichte es den Umschlagshafen Aarburg Bayrisches und österreichisches Salz dagegen schleppten SchuYzieher auf Treidelwegen, die z T heute noch be¬ stehen und fur andere Zwecke ausgebaut sind, in mühsamer Arbeit von der Aaremundung fluss- aufwarts Mit der Anlegung von Kunststrassen im 18 Jahrhundert gewann daneben der Land¬ transport mit Fuhrwerken immer mehr an Bedeutung Über die jahrlichen grossteils Aarburg pas¬ sierenden Salzlieferungen an die inneren Stande erhalten wir durch folgende Zahlen eine Vorstellung

Jahr 1674

Stand Fass a kg Landfuhren2) Zahl der 600 Pfund1) Salzschiffe3)

Luzern 2 500 734 000 500 100 Un 300 882 000 60 12 Schwyz 800 235 000 160 32 Unterwaiden 450 132 300 90 18 Zug 600 176 300 120 24

Total 4 650 1 365 800 930 186

(Lit 2, S 142)

Jahr 1737

Notiz Jedes Jahr passieren 5 000-6 000 Fass Salz in die Innerschweiz, was 1 468 000 bis

1 762 000 kg oder 1 000-1 200 Fuhren = 200-240 Salzschiffe ergibt (Lit 2, S 143)

Jahr 1763

Der Kanton Luzern allein 1 400 Tonnen a 6% Zentner = 446 000 kg oder 300 Fuhren oder 60 Salzschiffe (Lit 2, S 144)

Jahr 1760

Von Kirchmeyer Schmitter wurden in Aarburg allem an Lothringer Salz, das über den Untern Hauenstein herangeschafft wurde, deklariert 1 349 Fass, von Geleitsherr Frey 286 Fass, zusammen 327 Fuhren (Landhausrechnung 1760) Luzern, das den grossten Verbrauch aufwies, hatte im Hafenquartier Aarburgs ein eigenes Landhaus zur Aufbewahrung des aus verschiedenen Gegenden, in ungleicher Menge und zu ver-

x) 1 Bernpfund fur Salz = 489,51 g

2) 1 Fuhre = 3 000 Pfund = Hochstladung eines Wagens nach bernischer Verordnung (Lit 5, S 28) 3) Es durften nur Schiffe mit 25 Fassh Gehalt fahren (Lit 2, S 81)

23 schiedenen Zeiten herbeigeführten Salzes. An der Stelle steht jetzt das Spritzenhaus der Feuerwehr. Andere Landhäuser besassen zur getrennten Aufbewahrung des Salzes 1 oder 2 Böden.

Die Weintransporte und der Weinhandel

Nebst dem Salz spielte der Wein für das Transportgewerbe und den Handel die grösste Rolle im Aarburger Wirtschaftsleben. Zur Eigenart, dass die Eidgenossenschaft als Ganzes ein weinarmes Land war, kamen der verbreitete Genuss, gute Transport- und Lagerfähigkeit des Weins. Auf dem Wasserwege litt ferner die Qualität beim Versenden aus den weit entfernten Produktionsgebieten viel weniger als auf den holprigen Landstrassen. Es kam ein weiteres dazu, dass das Weingeschäft eine Spezialität Aarburgs wurde: Nach der Eroberung der Waadt bereiteten die Berner dem Import von Elsässer und Burgunder Weinen, die bis anhin in der Gegend beliebt gewesen waren und rege gehandelt wurden, wachsende Belastungen, um den Absatz der Weine aus dem Seeland und dem Waadtland zu fördern. So kam es, dass schliesslich zwei Herkunftsbezeichnungen vorherrschten: 1. Land- oder Seewein (Gebiet des Bieler- und Neuenburgersees), 2. RyfTwein aus dem Lavaux (Ryfftal). Verordnungen der bernischen Regierung, nach denen Weine aus dem Waadtland zeitweise nur bis Aarburg geführt werden durften, um dem unteraargauischen Weinbau einen genügenden Absatz zu ermöglichen (Lit. 21, S. 518) trugen wesentlich dazu bei, dass der alte Flecken zum ersten Weinhandels- und Stapelplatz der Gegend aufstieg. Diese Funktion musste entscheidenden Einfluss auf Struktur, Physiologie und äussere Form der Landschaft von Aarburg nehmen, was in den folgen¬ den Abschnitten dargelegt werden soll.

Menge des Umschlages

Den besten Einblick in das blühende Weingewerbe des 18. Jahrhunderts vermitteln uns die Landhausrechnungen1). Wir greifen diejenige von 1769 heraus, da von diesem Jahr ebenfalls eine Gemeinderechnung vorliegt, die Ausgabenposten enthält, welche auf den Wein Bezug nehmen.

Jahr 1769 Ryffass2) Liter Land¬ Schiffe zu fuhren3) 6 Ryffass4)

Total des herbeigeführten Weins . . 687,75 459 747 344 115 Durch die Weinsteuer erfasste Wein¬

menge inkl. Lagerwein 213 142 553 In den Kellern gelagert 171,04 Saum. 42,76 28 600

= 69 Transitwein % der Totalmenge . 317 194

Anzahl der Firmen, die Wein eingelagert hatten: 6

Die Weinhändler und deren Bezüge: Firma Ryffass Liter

1. Bär u. Cie., Zofingen 166,5 111200 2. L. Marsell von Lausanne 59 39 400 3. Maulaz von Fiez 55,5 37100 4. Commandant Junker von . Wattenwyl, Aarburg . 46 30 720

*) Im Gemeindearchiv (Lit. 40). 2) 1 Ryffass = 4 Saum = 668,48 1. Die Bruchteile bei den Fässern rühren daher, weil alle

Sendungen in Ryffasseinheiten ausgedrückt wurden. Andere viel gebrauchte Fässer: 1 Landfass =

1,5 RyfFass, 1 Boller (bauchiges Fass, nur für Elsässer Wein) = 0,5 Ryffass. 3) Laut Reglement war die Höchstladung eines Wagens 2 Ryffass. 4) Nach einem Stich von Nöthiger anno 1777 und der Verordnung über die Höchstbelastung von Schiffen zur selben Zeit.

24 Firma Ryffass Liter

5. Dumont von Morges 42,5 28 400

6. Abraham Marseil von Lausanne 39 26 150

7. Duvoisin von Yverdon 31 20 720

8. Junker Mey von Schottland 31 20 720 9. Joh. Metzger, Pfister in Zofingen 30 20 000 10. Christian Brächbühl und Tochteimann, Rappenwirt in Zofingen 28 18 700 11. Rudolf Gaberthüel, Zofingen 25 16 700

12. Ratsherr Hürner von Aarau 24 16 050 13. Frey und Cie., Aarburg 22,25 14 900 14. Kirchmeyer Schmitter von Aarburg 15 10 000 15. Lampert von Yverdon 13 8 680 17. Christian Streit, Wirt zu Brittnau 12 8 025 18. Carly Hagy von Roll, Aarburg 11 7 350 19. Develay von Yverdon 11 7 350 20. Frau Untervogt Aerny 8,5 5 680 21. Boand von Kilchberg 7 4 675 22. Samuel Scheurer, Wirt in Vordemwald 7 4 675 23. Daniel Hofstetter von Büren 5,5 3 678

Bezüge von fremdem Wein, Branntwein, Bier und Essig:

Firma Anzahl Fässli Liter

Kirchmeyer Schmitter, Aarburg 30 2 520 Frey u. Cie., Aarburg 6 1 245 Kronenwirt Schmitter, Aarburg 9 1 572

Total 45 5 337

Umschlagsmengen in andern Jahren:

Jahr 1759/60 Ryffass Liter

850 568 000 Total herbeigeführter Wein .... 10 200 In den Kellern gelagert .... 15,25

Jahr 1760/61 1 363 910 000 Total herbeigeführter Wein .... 12 500 In den Kellern gelagert .... 18,75

1768/69 1759/60 Monat Anzahl Ryffass Dezember 235 277 140 76 Januar . 58 20 Februar .

März . . 75,5 70,5 20 April . . 33,75 45 4 Mai . . . 17 Juni . . 4,5 24 Juli . . . 1,5 1 9 August . September 4 0,5

Oktober . 27,5 73,5 November 47,5 258,5

25 Gegen Jahresende häufte sich jeweilen die Zahl der ankommenden Fässer derart, dass längst nicht mehr genug Platz zur Verwahrung allen Weines vorhanden war und für Transitwein, z. B. nach Zofingen und Schöftland, solange eine Bewachung organisiert werden musste, bis dieser Wein abgeholt wurde (Landhausrechnung von 1768).

Firmen, Filialen

Verschiedene grosse welsche Weinhandelsfirmen besassen in Aarburg eine Geschäftsablage mit eigenen oder gemieteten Kellerräumen am Hafen. Vor allem auswärtige Firmen benutzten die grossen Keller zur Aufbewahrung des Weines.

Vorgefundener Lagerwein in den Landhauskellern am 22. September 1769:

Firma Liter

9 Marseil, der Ältere von Lausanne .... 632,8

Hofstetter von Büren an der Aare ... 4771,3 Duvoisin von Yverdon 4 762,9 Marsell von Lausanne 5 621,9 Hürner von Aarau 3 611,5 A. Frey u. Cie., Aarburg 167,12 = 1 Saum

Abtransport des Weines

Der zur Hauptsache aus dem Welschland in Aarburg an Land gesetzte Wein bedurfte für den Weitertransport zahlreicher Fuhrwerke. Laut Reglement von 1742 sollte ein Wagen mit nicht mehr als 2 tannenen Ryffässern oder einem eichenen Landfass beladen werden, für andere Waren durfte die Last zur Schonung der Strassen 30 Zentner = 3000 Pfund nicht übersteigen (Lit. 4, S. 28). Zur Wegschaffung von jährlich 1000 Ryffass waren somit mindestens 500 Weinfuhren notwen¬ dig. Das Ziel bildeten Ortschaften um Aarburg im Wigger-, Suhren- und Wynental, vor allem auch die Städte Zofingen und Luzern mit eigenem, durch das Stadtrecht begünstigten Grosshandel (Fig. 8 und 9).

Die übrigen Warentransporte

Während die Weintransporte, die über Aarburg gingen, sich fast gänzlich innerhalb der Eid¬ genossenschaft abspielten, erstreckten sich die Herkunfts- und Bestimmungsgebiete für andere Waren bis jenseits des Gotthards zu den Mittelmeerländern und nach Asien, diesseits des zentralen Alpen¬ passes nach Westdeutschland, Ostfrankreich und den Niederlanden. Wichtigste Handelsstädte wie Venedig, Mailand, Genua tauschten ihre Waren auch teilweise zu Land mit den Handelsmetropolen des Hoch- und Niederrheines wie Basel, Strassburg, Frankfurt, Köln, Löwen u. a. Die Westost¬ achse, gebildet durch die Aare als Wasserweg und durch die das Tal benützende Landstrasse, sicherte die Kommunikation zwischen den Handelsstädten Genfund Lyon und den vielen Städten Schwabens, Bayerns und Tirols (Lit. 27, S. 493). So sahen die Einwohner Aarburgs eine Menge fremdartiger Waren durch ihre Stadt fluten und konnten sie dabei auch kennen lernen. Ein Teil der von Süden und Norden kommenden Waren nahm von hier aus den Weg aareaufwärts nach Solothurn, Nidau, Neuenburg, oder aareabwärts nach Aarau (Fig. 10), während ein weiterer Teil in Aarburg verblieb, um direkt verbraucht oder weiterverarbeitet zu werden.

Wo hätten sich Handwerker und Kaufleute niederlassen sollen, wenn nicht hier, wo gesuchte Rohstoffe ihrer Veredlung harrten, wo viele kauflustige Reisende und Handelsherren nebst bedeu¬ tenden andern Persönlichkeiten durchzogen oder Aufenthalt nahmen, wo auf den Wegen des Ver¬ kehrs neue Ideen anderer Völker zuerst bekannt wurden und fruchtbar werden konnten ?

Menge und Art der umgeschlagenen Waren

Im Vergleich zu den Mengen von Salz und Wein nahm sich die Quantität der übrigen Waren bescheiden aus, obschon der Vorbehalt gemacht werden muss, dass die folgende Tabelle ein Minimum

26 darstellt, da nicht alle aufgezeichneten Waren auch zugleich mit ihrem Gewicht angegeben wurden. Daneben ist nicht zu vergessen, dass es sich um keine Massengüter, sondern um bereits vorgearbeitete Güter oder Fertigprodukte hochwertiger Art handelte, wobei Textilwaren, Pflanzenfarbstoffe, fremde Nahrungs- und Genussmittel, Olivenöl, Felle und Leder, gewerbliche Hilfsmittel wie Gerberlohe, die häufigsten Güter darstellten. Im Stichjahr 1768/69, das wir oben auch für den Weinumschlag zu Grunde legten, spedierten die folgenden Firmen die angegebenen Mengen:

Firma Zentner1) Kilogramm

27 800 Kirchmeyer Schmitter, Aarburg . 577,375 Frey und Cie., Aarbarg 569,875 27 400

Kronenwirt Schmitter, Aarburg. . 180,375 8 680

Andere unbekannte Firmen . . . 599,125 28 900

Total spedierte Warenmenge . . . 1 926,75 92 780

Anzahl Fuhren: 64

Die Verteilung der Speditionen über die einzelnen Monate 1768j69:

Monat Zentner Kilogramm y2 Dezember 1768 160,375 7 720 Januar 1769 62,875 3 030 Februar 216,375 10 410 März 93,125 4 485 ' April 192,875 9 280 Mai 125,5 6060 Juni 172 8 280 Juli 99,625 4 790 August 102,875 4 960 September 113,625 5 475 Oktober 248,875 11 980 November 225,125 10 840 % Dezember 113,375 5 470

Vergleichen wir diese Aufstellung mit der entsprechenden Tabelle über die Ankunftszeiten des Weines, so sehen wir, dass die Warentransporte sich gleichmässiger über das Jahr verteilten und dass gerade in den Sommermonaten, wo die Weintransporte jeweilen minim waren, der Waren¬ verkehr den Leuten Beschäftigung bot.

Total der im Stichjahr 1768j69 nach den Dokumenten umgeschlagenen Güter2):

Gut Ryffass Cilogramm Landfuhren Vollbeladene Schiffe

1 1000 200 Salz . . . 468 000 344 115 Wein . . . 687,75 780 64 13 Waren. . . 92

687,75 1 560 780 1408 328

Trotz der Kleinheit der Schiffe brauchte es eine viel kleinere Zahl von Fahrzeugen als auf dem Land, was uns wieder den Vorteil, den die Wasserstrassen boten, ins richtige Licht rückt.

*) Angenommen der Zofinger Zentner = 100 Pfund = 48,15 kg. 1 Bern-Zentner entspräche 52,01 kg. Bei Annahme des Bern-Zentners müssten alle Kilogrammgewichte um 8% ihres Wertes erhöht werden (Mitteilung der Staatsarchive Bern und Aarau). 2) Ohne Kaufhaus, von dem erst von 1806 eine Abrechnung erhalten ist.

27 Aarburg als Marktort

«Um den Städtern wohlfeile Lebensmittel in genügenden Quantitäten zu sichern, griff man vornehmlich zu zwei Mitteln: öffentlicher Verkauf und Unterbindung des Zwischenhandels. Der ländliche Verkäufer und der städtische Käufer sollten unmittelbar und unter aller Augen mitein¬ ander verkehren» (zit. aus Lit. 22, S. 168). Wir sahen schon oben (S. 21), dass die Amtsleute verpflichtet waren, ihr zu verkaufendes Ge¬ treide nach Aarburg, dem Amtshauptort, zu führen, eine Massnahme, die zweifellos dem Aarburger Markt zugute kommen sollte. Im Jahr 1519 erhielt Aarburg auf Ansuchen hin von den Bernern das Recht zur Abhaltung dreier Jahrmärkte und eines Wochenmarktes, den die Behörde auf Samstag festsetzte. Später, im 18. Jahrhundert, durften die Aarburger 5 Jahrmärkte halten, und der Wochenmarkt erfuhr wegen Übereinstimmung mit den Daten der Wochenmärkte von Zofingen, Langenthai und Ölten und da¬ durch bedingter schlechter Frequenz eine Verlegung auf den Mittwoch (Lit. 20).

Märkte verschiedener bernischer Städte 1785

nach Lit. 33 etwas vereinfacht

Ort Zahl der Dauer Viehmärkte Wochen¬ Anmerkungen Jahrmärkte und ihre märkte oder Messen Dauer

1 Wochenmarkt . . 5 5 Mittwoch Aarburg . je Tag gleichen Tags, je 1 Tag wird seit ge¬

raumer Zeit nicht gehalten 6 2 . 7 mal 7 ist Zofingen , Tage gleichen Tags Samstag gering 1 mal 3 Tage 7 2 7 Aarau ... je Tage gleichen Tags, Dienstag je 1 Tag Samstag

2 1 2 Wiedlisbach u . Bipp je Tag gleichen Tags Donnerstag gering wegen Nähe Solothurns

Bern . . . 2 je 14 Tage 7, je 1 Tag Dienstag Donnerstag Samstag

Dauer und Zahl der Märkte geben ein Bild der Struktur der aufgeführten Städte und Flecken. Dass z. B. die Wochenmärkte, die der Versorgung der Bevölkerung mit Getreide, Früchten und Gemüsen dienten, in Aarburg schwach besucht waren und schliesslich aufgegeben wurden, demon¬ striert eindringlich, dass die Stadtbewohner von Aarburg sowohl ihre eigene Landwirtschaft unter¬ hielten, als wohl auch durch die Höfe des ländlichen Teils der Gemeinde direkt beliefert wurden. Auch die Jahrmärkte oder Messen für Waren und Vieh zeigten in Aarburg geringen Umfang, be¬ liefen sich doch die Einnahmen an Zoll- und Standgeld von 5 Jahrmärkten im Jahr 1769 auf bloss 9 Gulden 10 Batzen1), während etwa die Einzugsgelder für Heiraten das Doppelte eintrugen. Weitere Gründe für den geringen Umfang der Märkte lagen im Umstand, dass bedeutende Marktorte die Umgebung besetzten (Zofingen, Ölten, Aarau, Langenthai) und in der peripheren Lage zum Einzugsgebiet. Ein Kaufhaus diente im Städtchen unter anderem der Aufnahme des für den Markt bestimm¬ ten Getreides (vgl. S. 21).

Aarburg als Zentrum von Handwerk und Gewerbe

Wo ein so starker Umschlagsverkehr die Landschaft beherrschte und die Märkte die Landleute in regelmässigen Zeitintervallen in die Stadt versammelten, da musste ein vielseitiges Handwerk und Gewerbe Fuss fassen:

J) Gemeinderechnung von 1769 im Gemeindearchiv

28 Für die Herstellung und Instandhaltung der grossen Lagerfässer in den Kellern sowie der zahl¬ losen Transportfässer sorgten zahlreiche Küfer. Spezielle Berufe waren die Kaufhausmeister, Land¬ hausmeister, Gleitsherren, Schiffzieher, Leger, Zimmerleute, Schreiner, Tischmacher, Sager, Speng¬ ler, Maurer, Dachdecker hatten an vielen Orten Arbeiten auszuführen, so in den Landhäusern, als Schiffbauer, in den Weinkellern, in den Mühlen und Hämmern, an Wasserwerken und Stauwehren und dann in den Stadthäusern, die als Wohnung, Werkstätten, Läden dienten. Für die Aufzüge in den Landhäusern, für das Schleppen der Schiffe und für das Befestigen der Lasten brauchte es Seile und Taue, die ein Seiler aus selbstangebautem Hanf verfertigte. Für die Kontrolle der Ware während der Lagerung in den Landhäusern und Kellern, für das Umschichten, Sortieren und Beschriften der Güter mussten viele Arbeiter eingestellt werden. Schmiede beschlugen die Rosse und lieferten Reifen, Sattler warteten die Zuggeschirre, Reit- und Packsättel und schnitten Treibriemen, Wagner fertigten und reparierten Räder und Wagengestelle der Fuhrwerke, Nagler, Glaser und Schuhmacher fanden ebenfalls Arbeit die Fülle. Kammacher, Schneider, Knopfmacher, Buchbinder, Hutmacher, Drechsler, Gerber, Färber ergänzen die bunte Palette des vorindustriellen Gewerbes in Aarburg. Aber es sind ihrer noch nicht alle genannt: Handelsfirmen, wie viele der vorgenannten Berufe wären damals in einem Dorfe, z. B. in Riken oder Vordemwald, nicht zu finden gewesen, denn diese Be¬ rufe waren auf einen grössern Einzugsbereich und günstige Verkehrsverhältnisse angewiesen, sollten sie einer genügend grossen Kundschaft sicher sein. Schliesslich nahmen sich Kostgebereien, Metzger, Krämer und Bäcker der Verpflegung der Durchreisenden, Marktleute und Einheimischen an.

Struktur des städtischen Aarburg

Die wesentlichen Funktionen einer Landschaft bedingen deren inneren Bau, Vorgänge und äussere Form. Für jede Funktion, die meist in der Naturlandschaft wurzelt, braucht es geeignete Areale und darauf stehende, entsprechende Einrichtungen, die ihrerseits andern Bedürfnissen, Nebenfunktionen und entsprechenden Hilfsmitteln rufen, wobei diese wieder Wirkungen auf die Landschaft erzeugen. Areale für miteinander in Zusammenhang stehende Funktionen können sich zu Zonen vereinigen, denen spezifische Merkmale eignen:

Die Hafenzone

Der natürliche Flusshafen von Aarburg lag an der« Waage» (=Weiher, stilles Gewässer), die durch teilweisen Rückfluss des in ursprünglicher Flussrichtung weiter strömenden, aber am kesseiförmigen Nordostufer anprallenden Wassers entsteht. Der Hafen wurde stets mit Port bezeichnet, was einen Ort bedeutet, über den von und zu den festgemachten Schiffen Waren befördert werden. Am flachen Ufer waren die Flusschiffe, die Schmalseite dem Lande¬ platz zugekehrt, angepflockt. Je nach Ladung leiteten wohl zwei bis vier Männer mit Ruder und Stachel ein Frachtschiff aareabwärts dem Hafen zu. Der unmittelbar anschliessende

Warenumschlagsplatz, wo die Leger die zu verfrachtenden Güter heranschafften, oder aus¬ geladene Fässer und Kisten vorläufig niederlegten, funktionierte zugleich als Handelsplatz, wo Wein verkauft und spekuliert wurde. Es wäre durchaus möglich, dass es sich um eine Freizone im Sinne des jetzigen Gemüse- und Früchtemarktes auf dem Areal des Zürcher Hauptbahnhofs handelte. Am Platzrand standen die Sust- oder Landhäuser (Fig. 11), vor denen gewöhnlich auch noch Fässer und Warenballen gestapelt lagen. Die Landhäuser stellten hohe, geräumige, mehrere Böden umfassende, äusserlich scheunenähnliche und düstere Bauten dar, die in einigen Schweizer Städten (Solothurn, Luzern) als museale Relikte in die Gegenwart hineinragen. Krüppelwalme bildeten die Giebelseite, während senkrecht zum First ein Ausbau aus der mächtigen Dachfläche vorkragte, an dem die Rolle des Waren¬ aufzugs hing. Die Mauern waren aus grauen Kalksteinen ausgeführt, die aus nahen Jura- Steinbrüchen stammten, die auch die Steinquader für Festung und Keller lieferten. Die des Ge¬ Dächer waren, wie die der meisten Häuser der Stadt, wegen der dichten Bebauung ländes und der dadurch erhöhten Brandgefahr, im Unterschied zu den umliegenden Dörfern

29 mit Ziegeln gedeckt. Die Ziegler, die ihr Gewerbe in der Vorstadt Aarburgs betrieben, lie¬ ferten daneben noch Kamin- und Bausteine.

Wohnhäuser in mit Strohdach mit Ziegeldach

Zofingen 36 356 Aarburg 36 (Bauernhäuser im 146 ländlichen Aarburg)

Oftringen .... 162 91

Niederwil .... 197 60

Strengelbach ... 97 20 Brittnau 182 37

Vordemwald ... 115 14

Bedachung 1840. Aus Stat. Jahrbuch der Schweiz 1936. Bern 1937.

Häufig blieb das Erdgeschoss des Landhauses für die Lagerung von Wein reserviert. Der grösste Teil des Weins aber fand in den grossen, den Hafenplatz abschliessenden Kellern, Platz, die wallartig aus Bruchsteinen aufgemauert wurden. Sie geben noch heute stumme Kunde über das Leben und Treiben jener Zeit, wo Aarburg weit und breit als Weinzentrum bekannt war (Fig. 32).

Auch Wohnhäuser am Hafenrande und an andern Stellen waren für denselben Zweck unterkellert, so dass ein ganzes System von Kellern zur Verfügung stand (Fig. 33). Bei Hochwasser liefen die tief stehenden Susthäuser und Schuppen Gefahr, teilweise unter Wasser gesetzt zu werden. Da mussten die Leger beizeiten Salz, Wein und Waren in die höher gelegenen Landhäuser schleppen, die über und hinter den langen und mächtigen Weinkellern standen. Über die letztgenannten verläuft noch heute ein Weg, über den die Arbeiter bei Anschwellen des Flusses die Waren trockenen Fusses aus den unten anliegenden Susthäusern wegschaffen konnten (Fig. 33). Im Hafengebiet standen ferner ein Waaghaus und zwei Pintenschenken : Die Pinte Bohnenblust (heute Stadtgarten) und der Hägeler (das heutige Zentral). Nebst der Nähe des Hafens grenzen beide an den Hauptplatz der Vorstadt, wo sich die Strassen nach Bern,

Luzern und Ölten verzweigen. Die Wirte der Pintenschenken (1 Pinte = 1 Mass = 1,6712 1), auch Zapfenwirte genannt, durften nur Wein, Käse und Brot abgeben aber keine Gäste be¬ herbergen. Diese Wirtshäuser, die durch eine hohe Antenne markiert waren, dienten wohl vornehmlich der Zwischenverpflegung der Fuhrleute, Handlanger, Handwerker, Handels¬ leute und Vorgesetzten. Erst später kam als neues Wirtshaus in der Vorstadt das «Stöckli» dazu, das an den alten Kirchhof, einen Aufgang zum Schloss grenzt und die Wirtsstube im ehemaligen Schlosskeller eingelassen hat. Längs und zwischen den genannten Ausfallstrassen befanden sich in der Vorstadt viele Scheunen mit grossen Stallungen. Bauern betätigten sich neben ihrem Berufe noch als Fuhr¬ halter. Die Küfer hatten hier ihre Werkstätten. Private Kostgebereien mit Gemüse- und Baumgärten, Gross- und Kleinvieh, verpflegten Gesellen und Handlanger, die keinen eigenen Haushalt führten.

Die Zone der mechanischen Gewerbe

War im vorhergehenden Abschnitt die Hauptstruktur der Hafenzone auf den Fluss¬ hafen und dessen Verkehr abgestimmt, so ist sie es jetzt auf den Mühletych, einen Seiten¬ kanal der Wigger, der schon im späten Mittelalter gegraben wurde, und, wie der Name besagt, der Herleitung des Wassers zum Betriebe der zwei Mühlen diente, welche als älteste mechanische Gewerbe auf dem Platze betrachtet werden müssen.

Der Tych misst 3,6 km und zeigt von der Fassungsstelle bis zur Aare ein Gefälle von

30 29 m. Im Gegensatz zur heutigen Verteilung der Industrien längs des Tychs (Fig. 13), kon¬ zentrierten sich Mühlen und andere Gewerbe auf den letzten, noch in der Vorstadt oder in dessen Nähe gelegenen, gefällstarken Abschnitt. Die stark abnehmendeVerkehrsintensität

nach aussen, der Zustand der Fahrstrassen, die Fuhrlöhne, die Nähe der wichtigsten Auf¬ traggeber, kurz die innige Verflechtung mit dem gesamten Wirtschaftsleben Aarburgs mögen diese Standorte mitbedingt haben. An die Mühlengebäude fügten sich Mahlhäuser, an denen die Wasserräder klapperten, Mahlsteine und Pressen antrieben. Die Zahl der Wasserräder war gesetzlich festgelegt, durfte doch die vordere Mühle höchstens vier Räder ins Wasser hängen. Zu ihr wird das Wasser noch heute durch einen gefällschwachen Seitenstrang geleitet, der jetzt in einem Tunnel die hintere Mühle passiert, früher dort Kraft lieferte und schliesslich in einem letzten Wasserfall bei der Vordermühle das Aareniveau erreicht. Damit das Wasser regelmässig auf die Räder floss, staute man es mit Wuhren (Wehren). Im Gegensatz zu den offenen, der Wässerung dienenden Wuhren, die das Wasser nur auf gesetzmässig fixierte Höhe stauten, wobei der grösste Teil im Teichbett verblieb, wurden für die Gewerbe sogenannte geschlossene Wehre gebaut, da in diesem Falle das Wasser nach der Energieabgabe wieder vollständig dem Tych zugeführt wurde und unterhalb durch ein anderes Wehr erneut zur Kraftgewin¬ nung gestaut werden konnte. Drei geschlossene Wuhre und ein Überfallwehr leiteten das Wasser zur Kupferhammer¬ schmiede mit vier Rädern, zur Säge, Schleife und Reibe1) mit zusammen drei Rädern und zur Eisenhammerschmiede, die etwas weiter kanalaufwärts stand. Ein Wuhrmeister, der in der Nähe wohnen musste, hatte durch richtiges Stellen der

Stauläden dafür zu sorgen, dass bei Hochwasser kein Schaden entstand. Die Kupferschmiede arbeitete hauptsächlich für den Export nach bernischen, aargaui¬ schen, solothurnischen und luzernischen Städten und bezog Altkupfer ebenfalls von dorther, Rohstoffe ausserdem von Neuenburg und Basel (ungarisches Kupfer)2). Die Eisenhammer¬ schmiede schliesslich lieferte Wagenachsen, Schienen, Äxte, Messer, ferner Hufschmieden, Schlossern, Uhrmachern und Naglern in Profil vorgearbeitetes Eisen nach

Aarburg Zofingen Murgenthal Oftringen Langenthai Niederwil Safenwil Melchnau Vordemwald Kölliken Altbüron Brittnau Huttwil Mosleerau Madiswil Lenzburg Fulenbach Pfaffnau Gunzgen Sempach Ölten Trimbach

und bezog Roh- und Alteisen von den Bohnerzgruben des Kettenjuras, von Audincourt, Beifort, Montbéliard, Basel und Bern3). So erfüllte diese Hammerschmiede in bescheidenem Ausmass die gleiche Funktion wie heute die industriellen Walzwerke. Die Sägemühle schnitt das notwendige Bauholz, das hauptsächlich in den Amtswal¬ dungen geschlagen wurde. Zu allen Gewerben mussten Strassen gebaut und unterhalten, die der zur Bedienung der Wehre längs dem Tych Fusswege und Stege erstellt werden, Landschaft heute noch dienen.

1) Zur Verarbeitung von Hanf dienend. 2) Kupferhammerrechnung von 1786/87 im Gemeindearchiv. 3) Schmittenrodel im Gemeindearchiv.

31 Besonders wichtig scheint die Tatsache, dass mit all diesen, aus Werkstätten, Kraft¬ anlagen und Magazinen zusammengesetzten Gewerbebetrieben ein Landwirtschaftsbetrieb mit Ställen für Gross- und Kleinvieh, Wies- und Ackerland, Kraut- und Baumgärten ver¬ koppelt war, was mit aller Deutlichkeit immer wieder aus den Dokumenten hervorgeht1). Auch von diesen Unternehmen wurde der Zins zum Teil in Naturalien (Korn, Haber, Hühner) und nur zum Teil in Geld entrichtet. Den Müllern schrieb das Gesetz vor, nicht mehr als sechs Schweine und kein Zuchtschwein, zwei bis drei Kühe, ein Pferd, zwölf Hühner und ein Hahn, aber weder Gänse noch Enten zu halten, damit sie nicht zu viel Getreide zurückbe¬ hielten (Lit. 20, 21). Womöglich trachtete also in der Vorstadtzone jeder Gewerbler danach, die wichtigsten Nahrungsmittel aus eigenem Grund und Boden zu erzeugen. Diese Arbeit lag zu einem grossen Teil den Frauen und Kindern ob, die sich auf den Wirtschaftsflächen abmühten, die sich teils um den Betrieb, teils in grösserer Entfernung und verstreut anord¬ neten.

Die Zone der eigentlichen Stadt

\ Die Landschaft der engern Stadt

Drei Reihen aneinandergebauter Steinhäuser füllten mit Stadtplatz und engen Hof¬ statten den Raum zwischen Burgfelsen und Fluss in der Form eines etwa gleichschenkligen Dreiecks aus (Fig. 14, 15). Eine längere Stadtmauer bestand nur für den Nordabschluss, wo Einzelhäuser standen. Gegen die Aare boten die Stadthäuser durch verstärkte Mauern genügend Schutz, und auf der schlosswärts liegenden, jäh aufsteigenden Seite, bedurfte es keiner weiteren Schutzvorrichtungen mehr. Gegen den Fluss blieb ein kleiner Streifen aus¬ gespart, damit die Bewohner Hochwassern weniger ausgesetzt seien, und um Kleingärten pflegen zu können. Auch zwischen östlicher Häuserreihe und Burgfelsen schob sich noch ein Raum für Weg, Werkstätten und Scheunen. Die Hauptstrasse, die durch das Stadtdreieck zieht, folgte, im Unterschied zur Gegenwart, der östlichen Häuserzeile, wo die meisten, dem Verkehr direkt dienenden Handwerker arbeiteten und wohnten (Lit. 52).

Drei von vier Wirtshäusern hatten ihr Schild in der östlichen oder nördlichen Reihe ausgehängt, das vierte wohl in der westlichen, jedoch an deren Spitze, wo der Verkehrs¬ strom noch beide Reihen berührte. Mit Ausnahme einer Pinte barg das Städtchen alles Tavernenwirtschaften, die verpflichtet waren, nicht nur Zimmer und Verpflegung für die Gäste, sondern auch Stallung, Heu und Hafer für die Zug- und Reittiere bereitzuhalten. Die Nebenfunktion Aarburgs als Verpflegungsort und Standquartier wird durch fol¬ gende Zahlenvergleiche ins richtige Licht gerückt:

Jahr 1764: Ort Zahl der Zahl der Einwohner 1 Wirtshaus

Tavernen Pinten auf x Einwohner

Aarburg . . 3 4 785 112

- Oftringen . 1 884 884

- Niederwil . 1 1 121 1 121

Vordemwald 1 - 565 565

Strengelbach - 1 604 604

Brittnau . . 1 1 955 477 (Lit. 35)

Ausser reisenden Kaufleuten waren natürlich noch andere für den relativ hohen Fleisch¬ verbrauch massgebend: Hochzeitsmähler und Gelage veranstaltete man vorzugsweise in Aarburg. Zünfte und Obrigkeit hatten Essen, bei denen auch tief ins Glas geschaut wurde,

x) Lit. 41, S. 283 ff.

32 Jahr 1794 März, April und Mai.

Total abgeschlachtete Viehware:

Gemeinde Ochsen ^ühe Kälber Schafe

Aarburg . . 25 127 23

Oftringen 9 7 -

Niederwil . 7 38 11

Vordemwald - - 2

Strengelbach 10 1 -

~ Brittnau . . 3 4

(Lit. 34) da billige Tranksame in Strömen floss. Der besonders grosse Verbrauch an Kalbfleisch weist auf die wirtschaftliche Stellung der Gäste hin. Der ehemalige Kronengasthof, ein spätgotischer Bau unter Treppengiebel, ähnlich dem ehemaligen Pfrundhaus und später als Post dienenden Gebäude an der Engstelle (Fig. 44, 45), stand vor 1840 hinter der nördlichen, heute abgebrochenen Häuserreihe. Vor dem Bau gegen den Stadtplatz zu, breitet sich heute eine Gartenanlage aus, die teilweise auf Funda¬ menten der weggeschafften Bürgerhäuser ruht (Lit. 30). Unter Gebäude und Garten liegen grosse Weinkeller, die allerdings schon längst für andere Zwecke, zum Beispiel zur Auf¬ bewahrung von Tierfellen für die nahe Gerberei, nutzbar gemacht wurden. Während des letzten Krieges beliebte der Keller als Sammelpunkt der Luftschutztruppe. Zu einem Privat¬ institut gewählt, erhielt das Gebäude 1870 zur Vergrösserung des Wohnraums ein Mansar¬ dendach aufgesetzt. Korbbogenfenster im Erdgeschoss bezeichnen ehemalige Remisentore des Gasthofes. Zu dieser, wie auch zu den übrigen Tavernen, gehörten Ökonomiegebäude und Scheunen mit Vieh- und Pferdeställen sowie grössere Stücke Land ausserhalb der Stadt. An ganz anderer Stelle der Stadt steht das Rathaus. In der nördlichen, damals ruhigen Ecke des Dreiecks, schliesst der Bau die flusseitige Hausreihe ab. Es ist ein viergeschossiges Bauwerk mit siebenachsiger Fassade, dem eine doppelläufige Treppe aus Quadersteinen vorgelagert ist. Darunter führt ein Rundbogen in die Halle des Untergeschosses, das heute ein Museum birgt. Ein drittes Stockwerk kam zu Beginn des 19. Jahrhunderts hinzu, um zuerst sämtliche Schulen darin unterzubringen, da das alte Schulhaus an der Engstelle beim Pfarrhause den Ansprüchen nicht mehr genügte. Ebenfalls in dieser Ecke der Stadt lag das Kaufhaus, ein Handels- und Lagerhaus für den Engroshandel. Vorsteher war der Kaufhausmeister. Hier wurden, wie bei den Land¬ häusern, die Waren gewogen und verzollt. Die Fuhrleute durften nichts aus der Stadt führen, was nicht mit einem Wortzeichen aus dem Kaufhaus versehen war (Lit. 5, S. 60). Im heutigen Stadtbild unterscheiden sich die beiden verbliebenen Häuserzeilen stark voneinander. Die westliche blieb vom Stadtbrand anno 1840 verschont und bietet drei¬ geschossige Häuser verschiedener Höhe. Man zählt gut zwölf verschiedene Firsthöhen, die unregelmässig auf- und absteigend, sich im ganzen doch vom Rathaus bis zur Engstelle senken. Bald hohe, bald niedere Kamine durchstossen die Grenzflächen der Dächer, wobei die höchsten Schornsteine aus den niedersten Häusern ragen und an der Feuermauer des Nachbarhauses über dessen Dach hinaufführen (Fig. 34). Einige schmale und niedrige Häuser sind gegen den Stadtplatz zu nicht breiter als der Hausgang, während die Breite auf der Rückseite etwa 3 m misst. Die Gebäude sind viel¬ fach nach der Aareseite und nach oben ineinander verschachtelt und weisen zum Beispiel im selben Stockwerk verschiedene Höhen der Fussböden auf. Gründe mögen eventuell mangelnde Koordinierung beim Bauen, Erbschaftsteilungen und Zubauten für die Eltern gewesen sein. Von W betrachtet wiederholt sich das malerisch wirkende Auf und Ab der

3 Disteli, Aarburg 33 Firste in den überdachten hölzernen Lauben, die teils offen, teils mit Fenstern versehen sind und in denen wegen kleinen Hausplatzes die Hausfrauen die Wäsche zum Trocknen aushängen. Zwei Häuser, darunter (ias alte Wirtshaus zum Adler, wenden dem Stadtplatz je einen Kreuzgiebel mit Runde und Aufzugöffnung zu (Fig. 35). Die Aufzüge dienten einst dazu, die Kaufmannswaren unter Dach zu versorgen. Dem gleichen Typ alter Kaufmannshäuser begegnet man noch heute in der Altstadt zu Basel. Das Erdgeschoss der Stadthäuser, wo heute Läden eingebaut sind, barg früher Faktoreien oder die Werkstätten der unter den Augen der Vorübergehenden arbeitenden Handwerker. Dieser Mannigfaltigkeit von Hausformen tritt die Einheitlichkeit der hangwärts gele¬ genen, neu aufgebauten Reihe gegenüber. Die ganze Reihe besitzt nur drei verschiedene First¬ höhen, die in etwa gleichen Abständen, über drei Hausblöcke verteilt, stufenweise ebenfalls gegen die Engstelle abfallen. Nach dem Brande bauten die Aarburger diese Reihe ver¬ kürzt, etwas weiter vom Felsen abgerückt und mit neuem Alignement wieder auf, um für den wachsenden Strassenverkehr einen breiteren Durchgang an der Enge freizubekommen. Da¬ mit entstand auch eine durchgehende Gasse, die sich zwischen Rückseite der Häuser und an den Burgfelsen angelehnter Ökonomiegebäude, Kleinställe und Bunten einschiebt. Die Öko¬ nomiebauten nützen den heutigen Ladengeschäften als Lagerschuppen, und die Gasse be¬ steht als Weg für die Heranschaffung von Ladengütern und vor allem von Brennholz. Dieses wird hier zersägt, gespalten und versorgt, und so bleibt die Fassadenseite gegen den Stadt¬ platz von Lärm, überzähligen Fahrzeugen und Güterstapelung verschont, was wohl immer ein Zweck des Abgerücktseins dieser Stadtreihe vom Schlossfelsen gewesen sein muss, nebst der Flucht vor Schatten und Feuchtigkeit. Auch in dieser Häuserzeile fallen auf der Rückseite die zahlreichen vorgebauten Lauben auf. Vor den Laubenfenstern gespannte Drähte oder Schnüre ermöglichen, die Wäsche bei schönem Wetter auch ausserhalb der Lauben zu trocknen. Grosse und kleine verschiedenfarbige Wäschestücke beleben dann die sonst düstere «Hühnergass», und wenigstens in diesem Belang lässt sich eine Ähnlichkeit mit italienischen Stadtbildern nicht bestreiten. Selbst im Schutz der hoch oben thronenden Festung, in der der Vogt oder Oberamtmann residierte, war der keilförmigen Stadt die Funktion zugedacht, den noch freien Raum zwi¬ schen Felsen und Fluss zu sperren. Ein- und Ausgang der Stadt waren deshalb mit Toren be¬ festigt, von denen eines an der Nordostecke den Zugang von Ölten überwachte, während beim andern der Wächter den Verkehr von und zu der Vorstadt kontrollierte. Der alte, gepflasterte Pfad führte hinter der vordem Mühle und durch das Pfarrhaus ins Städtchen. Noch heute weist das in der Strassenfiucht stehende, überdimensionierte Portal am Pfarrhause auf seine einstige Funktion hin (Fig. 36). Erst nach der Aufführung eines künstlichen Dammes zur Aufnahme der jetzigen Haupt¬ strasse stand genügend Raum zur Verfügung, die Strasse neben dem Pfarrhaus durchzu¬ leiten. So musste der Mensch sich der Topographie anpassen, ehe er sich der grossen tech¬ nischen Hilfsmittel bedienen konnte (Fig. 14, 15, 44, 45).

Die Wirtschaftsstruktur des Stadtbezirkes

Schon bei der Schilderung der Vorstadtzone erkannten wir eine innige Verflechtung der Gewerbetreibenden mit der Urproduktion. Wie stellte sich nun das Verhältnis der Stadt¬ handwerker zur Landwirtschaft? War die nichtlandwirtschaftliche Bevölkerung nicht mehr direkt an die Scholle gebunden ? Diese Fragen sollen für Aarburg beantwortet werden. Was bei den Stadt-Aarburgern des 18. Jahrhunderts und auch noch später auffällt, ist die erstaunliche Vielseitigkeit der Betätigung. So war der Kronenwirt in einer Person Gast¬ wirt, Landwirt, Weinhändler mit eigenem Grosskeller, Warenhändler und Spediteur. Der

34 Kirchenmeyer, der die Bodenzinse der Pfrund einbrachte, betätigte sich daneben als Spedi¬ teur, Salzfaktor und Handelsmann. Dazu besass er eigenes Land, das er wohl selbst bewirt¬ schaftete und von dem er den Zins in Korn entrichtete. Alle Gastwirte erzeugten Heu, Hafer, Korn, Gemüse und Früchte auf eigenen oder in Pacht genommenen Wiesen, Äckern, Bunten und Baumgärten. Mit jeder Gastwirtschaft war also ein Landwirtschaftsbetrieb verbunden, eine Eigenart, die sich anderswo bis heute erhalten hat. Zum Gasthof Bären im Stadtdreieck gehörte ausserhalb der Stadtmauern an der Dürrbergstrasse (= frühere Oltnerstrasse) ein grosser Bauernbetrieb mit Land im Dürrberg und im Tiefenlach (Bärenhubel). In der Vor¬ stadt konnte zum Beispiel ein Pintenwirt zugleich Küfermeister sein und daneben erst noch als Gerichtsgeschworener amten. Es versteht sich nach dem Gesagten fast von selbst, dass er die wichtigsten Lebensmittel selber anbauen musste. Weit verstreut, durch Höhenlage, Steile und Exposition unterschieden, lagen meist die einzelnen Parzellen eines Stadthand¬ werkers (Fig. 16) in der Gemeinde.

Bodenflächen einzelner Stadtbürger laut Grundzinsen im Schlossurbar 1750 (Lit. 41):

Jucharten1) Aren 1. Ulrich Zimmerli, der Baumeister (im heutigen Sinne = Bauverwalter) a) Mattland im Dürrberg 6 180 b) Bifang im Dürrberg 3 90

c) Obere Weid (wahrscheinlich Tiefenlach) . . 0,25 7,5 3 90 d) Bunte im Erbselenboden (Wiggerebene) . . e) Baumgarten im Erbselenboden 0,5 15 Total 22,75 382,5

2. Mosis Schürmann, der Hufschmied a) 12 Mannwerk2) = 12 360 b) 4 Mannwerk = 4 120 c) 1 30 d) 3 90

Total 20 600

3. Hans Zimmerli, der Schuhmacher a) Total 60

4. Heinrich Lüthi, der Kronenlehenwirt a) Bunten im Dürrberg 3 90 b) Baumgarten an der Burghalde 1 30 c) Erdreich im oberen Dürrberg 3 90 d) Bunten im Tiefenlach 1,5 45

Total 255

Das sind Bodenflächen, die es durchaus gestatteten, bei durchschnittlicher Ernte eine Familie durchzuhalten. Flachs- und Hanfbünten lieferten die Fasern für Gewebe. Im Längacker, im Räbacker3) (Tiefenlach), im Dürrberg, an den Schlosshalden, in der Wiggerebene, im Spiegelberg und vor allem im Brüschholz gab es grosse Gebiete von Stadt-

x) 1 Jucharte zu 35 000 Quadratschuh = 30,1 a (für Matten) angenommen. Wässer¬ 2) Hier 1 Mannwerk = 1 Wiesenjucharte angenommen wie im Wiggerurbar bei den

matten ca. 30 a. 3) Südexponierter Hang, wohl einst mit Reben bepflanzt, dann Rebbau wegen schwerem, un¬ geeignetem Boden wieder aufgelassen. Wein gab es in Aarburg durch die Importe genug.

35 bunten, die sich vom umgebenden Land durch ihre starke Parzellierung abhoben. Als Privat- bunten gehörten sie zu den Stadthäusern, in den gepachteten Gemeindebünten, die stärker parzelliert und kleiner waren (2-3 a), wechselten die Bewirtschafter. Private Bunten zu Stadthäusern existieren vor allem noch im Dürrberg (Fig. 17), gepachtete Gemeindebünten noch im Längacker. Lebenswichtige Beziehungen wirkten innerhalb der Gemeinde zwischen Stadthandwerkern und ihren Äckern, Bunten, Wiesen, Baumgärten ausserhalb der Stadt: Da war ein Kommen und Gehen mit Zweiräderkarren, Stossbähren und Traglasten. Frauen trugen auf dem Kopfe Gelten mit Jauche und Mist hinauf zu den Bunten im Brüschholz. Von etwa 1900 an kam das Pflanzen rasch in Abgang und blühte nur während der Kriege wieder auf. So scheuten einige Vorstädter während des letzten Weltkrieges den weiten Weg von fast 3 km nicht, um im Längacker gepachtete Gemeindebünten zu bewirtschaften. Heute geschieht das Pflanzen nur noch beiläufig, nicht mehr als harte Pflicht, um genügend zu essen zu haben. Alle Bürger hatten Anrecht auf die Benutzung der Allmend im nördlichen Aarburg, wo je ein von der Gemeinde angestellter Kuh-, Geiss- und Schweinehirt die Tiere beauf¬ sichtigte1). Diese Allmend verkleinerte sich aber wegen des steten Landmangels und wegen Armenlasten durch Einschläge für die Armen immer mehr zu einem schmalen eingezäunten Streifen von total 16 Jucharten (Lit. 32). Schweine und Ziegen weideten auch in den inneren Waldungen, die damals noch viele Eichen enthielten. Es wäre falsch, anzunehmen, dass sich in Aarburg dank den besonderen Umständen die verschiedenen Funktionen zu räumlich allseits säuberlich getrennten Zonen verdichtet hätten. Zahlreiche Funktionen überlagerten vielmehr die landwirtschaftliche Funktion, die bis zur Industrialisierung eine Hauptsache blieb. Das Stadthaus konnte zum Beispiel dem Wohnen, als Werkstätte, als Stall dienen, wenn schon auch einige Stadteinwohner eine Scheune ausserhalb der Stadt besassen.

Die Struktur des Handwerkes

Aarburgs Handwerker waren zu Zünften vereint. Es gab zum Beispiel eine Meister¬ schaft der Küfer, der Pfister (Bäcker), der Weber, der Gerber (Lit. 20). Diese weitverbreite¬ ten Organisationen verfolgten überall den gleichen Zweck: Schutz der Handwerker und der kaufenden Klienten. Um gute Qualität der Ware zu erzielen, mussten die Produzenten kontrolliert werden. Die Überwachung Hess sich dadurch wesentlich erleichtern, dass die Gewerbe in Fachverbänden zusammengeschlossen wurden. Der Drang zur Korporation bei den Handwerkern, um fremde Konkurrenz abzuwehren, dann das Interesse der Markt¬ polizei zum Schutze des Bürgers zählten zu den wichtigsten Ursachen zur Gründung solcher Verbände.

Zum Bau spezieller Zunfthäuser, wie etwa in Zürich oder Basel, kam es allerdings in Aarburg nicht, aber wie dort, hielten auch hier die Zünfte ihre regulären Zusammenkünfte, die Botts, die ihre Aufmerksamkeit auch der Pflege der Geselligkeit schenkten. Den Zunft¬ gesetzen unterstand das ganze Amtsgebiet. Im Zuge dieser durchaus städtischen Körper¬ schaften lebten typische Kontrollberufe wie Fleischschauer und -Schätzer, Brotschauer, Weinschätzer, Fassinner (Eicher), Aufseher, Feuerschauer. Ehe die Lehrjungen in den Mei¬ sterstand erhoben wurden, hatten sie vier Jahre in der Fremde zu arbeiten. Aarburg unter¬ schied sich von den übrigen Amtsgemeinden auch dadurch, dass es relativ und absolut die meisten Handwerker in den Mauern zählte, und daher auch die stärkste Zu- und Abwande¬ rung aufwies, was wiederum eine grössere Aufgeschlossenheit und Anpassungsfähigkeit, evtl. auch eine grössere Leichtlebigkeit der Leute zur Folge hatte.

!) Aarburger Gemeinderechnung von 1769.

36 Wegzug und Rückkehr von Einwohnern

1753-1763 1779-1783

Gemeinde weggezog en1) zurückgekehrt1) weggezogen1) zurückgekehrt1)

Aarburg Stadt 17

. 4 Vorstadt .

Land .... 8 Aarburg total 29 8 24 16 1 3 Niederwil . . 9 3 1 Brittnau . . 102) 43) (Lit. 36) Die soziale Struktur der Bevölkerung

Die ausführlichste Schilderung der Einwohner Aarburgs gibt der bernische Pfarrbericht von 17644). Er sei deshalb ausführlich dargestellt, weil er unsere Auffassung von einem ge- setzmässigen Aufbau der Landschaft, wo nichts zufällig erscheint, durchaus zu bestätigen scheint. Er führt folgendes aus: «Die Schwelgerei ist seit mehr als einem Jahrhundert das ununterbrochen herrschende Laster der meisten Einwohner, daher die Bevölkerung gering und schwach ist. Die hiesige grosse Ablage des Weins und die dabei nötige Arbeit der Hand¬ werker und Taglöhner verschafft den ärmsten Einwohnern aus der Guttätigkeit der Kauf¬ leute alltäglichen Wein, so dass die Gewohnheit des Weintrinkens unter Reichen und Armen zum allgemeinen Missbrauch geworden ist. Da Schwelgerei und Müssiggang unzertrennliche Laster sind, so folgt daraus der richtige, aber traurige Schluss, dass die hiesige Hauswirtschaft überhaupt übel beschaffen ist».

Der Pfarrer fragt weiter : «Fehlt es den Aarburgern an Lust oder Gelegenheit zur Arbeit ?» Antwort : «Weil die Mittel und Gelegenheiten zum Verdienste hierorts und in der Nachbar¬ schaft überflüssig (das heisst, in Fülle), die Bezahlung der Handwerker und Taglöhner stark ist, so verlassen sich die meisten Handarbeiter auf ihr gutes und sicheres Auskommen und arbeiten nur nach Kommlichkeit und Notdurft (das heisst, wenn es ihnen passt oder wenn sie kein Geld mehr haben)». In der Tat waren die Armenlasten in Aarburg zeitweise drückend. Die armengenössigen Alten, die nichts gespart hatten, mussten im Spittel der Vorstadt zu Lasten der Allgemein¬ heit notdürftig versorgt werden.

Armut 1764

Gemeinde bzw. Erwachsene, Kinder, Einwohner Fraktion total oder teilweise teilweise oder ganz

zu unterstützen zu unterstützen

Aarburg Stadt 25 11 Vorstadt 20 15 Land 6 16 10 7 Auswärts (abwesend) ... Aarburg total 61 49 785 Niederwil 26 46 1 121 Brittnau 37 40 955 (Lit. 36)

x) Fast alle auf die Wanderschaft bzw. von der Wanderschaft zurück. 2) 6 in Kriegsdienste. 3) 4 vom Kriegsdienst zurück. 4) Lit. 32.

37 Dass auch zahlreiche uneheliche Kinder von der Gemeinde unterhalten werden mussten, geht aus der Gemeinderechnung von 1769 hervor, die einen Posten von 27 Gulden für diesen Zweck ausschied. Noch ein anderer Grund wurde für die Überlastung mit Armen angegeben: Die Heirat hiesiger Bürger mit fremden, mittellosen Weibspersonen (Lit. 20), was zweifellos durch die verstärkte Auswanderung der Handwerksburschen bedingt war, die von der Wanderschaft fremde Mädchen heimbrachten. Selbst durch ein hohes Abgabegeld Hessen sich die Bürger¬

söhne nicht von einer solchen Heirat abschrecken.

Über die Schulung erzählt der Berichterstatter, dass die Kinder bloss bäurisch erzogen und zu keinen höheren und nützlichen Wissenschaften angehalten würden, so dass die hoff¬ nungsreichsten Geister bald verwilderten, wenn sie nicht eine frühzeitige, ausserörtige Er¬ ziehung genossen. Bei den meisten bestünde zu keinem andern Verdienste als zur Handlung eine Neigung. In dieser Eigenart der Schulbildung auf das rein Nützliche und Praktische vermögen wir einen weiteren charakteristischen Zug der ländlichen Kleinstadt Aarburg zu erblicken. Zu sehr lagen die ständige Sorge für den Lebensunterhalt und die Zinsen über der Bevölke¬ rung, als dass sie Neigung zu höherer Gelehrsamkeit gefasst hätte. Reiche gab es in Aarburg überhaupt nicht, und gerade sie haben sich in vielen freien Städten durch besondere Prunk¬ bauten und Parkanlagen ein Denkmal in der Landschaft geschaffen, oder sich durch finan¬ zielle Beiträge an gelehrte Gesellschaften und dergleichen hervorgetan. Erst durch Industriali¬ sierung und Gewerbefreiheit im Verlaufe des 19. Jahrhunderts erschienen auch in Aarburg einige reiche Unternehmer, die zu grossem Einfluss gelangten.

Das ländliche Aarburg

Die zwei Landwirtschaftszonen

Ein erstes Agrargebiet breitet sich südlich und östlich der Vorstadt über die ganze Schwemmlandebene der Wigger aus und umfasste im 18. Jahrhundert grösstenteils bewässer¬ bare Fluren. Durch sandigen Boden und Feuchtigkeit ausgezeichnet, ist das Gebiet für den Grasbau besonders geeignet. In einer zweiten, nördlichen Zone lagen nicht bewässerte Äcker, Wiesen, Baumgärten, Weiden und Bunten (Fig. 18).

Das südliche Landwirtschaftsgebiet Art und Standort der Siedlungen

Beim städtischen Aarburg haben wir die kompakte, funktionell gegliederte Haufen¬ siedlung, die die schmalen Bereiche in den Verkehrs- und arbeitsintensiven Zonen belegt, kennengelernt. Den stärksten Gegensatz zu dieser Siedlungsart bildete die Hof- und Weiler¬ siedlung der Wiggerebene und des nördlichen, fast häuserleeren Gemeindeteils. Es handelt sich um Zonen, die nicht minder von hoher Arbeitsintensität zeugen, aber weitab der Mas¬ sierung von Verkehr und Gewerbe eine andere Funktion erfüllten und deshalb auch anders zusammengesetzt sein mussten. Fassen wir jetzt die Siedlungen näher ins Auge: Einzelhöfe und Weiler beherrschten die Wässerungslandschaft weit über die Grenzmarken Aarburgs hinaus, wiggertalaufwärts, zwischen Dörfern und Flecken. Welche Gründe mögen die Einzelsiedlung mitbestimmt haben, wo doch das Relief zusammen mit dem Dorfzwang der alten Dreizelgenwirtschaft die Haufensiedlung erwarten Hessen? Kein Dokument gibt uns auf diese Frage direkt Antwort, so dass wir uns aus verschiedenen damit im Zusammen¬ hang stehenden Erscheinungen eine konstruieren müssen: Eine wichtige Ursache mochte

38 in der besonderen Wirtschaftsweise des Gebietes bestanden haben. Die ausgedehnte Wäs¬ serung der Äcker und Matten erforderte eine regelmässige und vorschriftsgemässe Be¬ dienung zahlreicher, weit verstreuter Wuhre und Britschen, um das Wasser zu festgesetzter Stunde auf bestimmte Güter leiten zu können. Hätten nun die Bauern in einem geschlos¬ senen Dorf gewohnt, so hätten viele sehr weite Wege zu ihren Wässermatten zurücklegen müssen. Da eine Kehrordnung Tag und Nacht weiterging, traf es immer einzelne auch nachts, das Wasser auf ihre Matten leiten zu müssen, wollten sie sich nicht mit einem Wasser¬ verlust abfinden. Die Nähe des Wohnplatzes und damit die Streusiedlung wirkten sich also hier sicher vorteilhaft aus. Es konnte jedoch leicht nachgewiesen werden (Lit. 43), dass auch fern gelegene Bauernhöfe in Oberwil, Hungerzeig, Geisshubel, Gfill, Gländ, Hölzli, im Oftrin¬ ger Dorf, im Schwarzhaar, im Weichler und anderswo Wässerland an der Wigger oder am Mühletych besassen, zum Teil sogar noch heute besitzen. Es ist wohl möglich, dass in solchen Fällen die Britschen von Kameraden, die in der Nähe der Matten wohnten, oder (beson¬ ders in späterer Zeit) von einem angestellten und vereidigten Kehrmann gestellt wurden.

Betrachten wir den Standort der einzelnen Höfe etwas gründlicher, so erkennen wir, dass sie alle auf flachen Hubein oder Spornen liegen, auf Erhöhungen, die auch das Relief der ebenen Terrassenschotterlandschaft beleben (ausgebuchteter Verlauf der Höhenkurven im Gemeindeübersichtsplan Aarburg 1:2 500). An diesen Höfen vorbei fliessen teilweise noch heute kleine, künstlich angelegte Bäche, die einst Vieh und Menschen das nötige Trinkwasser vom Mühletych zuführten. Der Wigger- urbar gibt darüber folgenden Bescheid (Lit. 43 S. 209 ff.): «In der Mitte des Brütschen- feldes (eines Wuhres am Tych) gegen Morgen ist von der Grundschwellen hinauf in das Schwellenhölzli ein Tränkeloch eingehauen, welches jederzeit 4 Zoll1) hoch und 7 Zoll breit ist, auch stäts offen seyn solle, sintemahl das dardurch fliessende Wasser von altem her zu denen hernach bemelten 6 Häusern zur Tränke von Menschen und Vieh und teils zur Wäs¬ serung dienet: Nämlich Uu Zimmerlis, Johannes Arbers, Samuel Woodlis, Hans Jacob Braunen biem Stier2), Abraham Jäggis und Herr Amts-Undervogts Aernis3)». Auch bei Niederwasser und geschlossenen Britschen floss durch die spezielle Vorrichtung immer das rechtlich verbürgte «Stätswasser» zu den Höfen, ja zum Teil ist das heute noch der Fall, oder bestehen mindestens noch die Rinnen (Fig. 37). Weitere Beispiele solcher an Höfen vorbeiführender Tränkerinnen, die zugleich mit der Wässerung verbunden sind, bilden in der Nachbarschaft unserer Gemeinde der Hard- bach, der von Strengelbach kommend, längs dem linken Talufer verläuft und Säget, Rubern und Fleckenhausen berührt, sowie die Höfe Feldgraben und Jöhnli an einer namenlosen Wasserader (TA Bl. 163). In der Ebene wurden auch laufende Brunnen durch Tränkebäche gespiesen (Lit. 43, S. 425), im Gegensatz zu den Hangrandgebieten (Dürrberg, Steinbillen), wo die Quellen ge¬ wöhnlich in eine höher als der Brunnen gelegene Brunnenstube gefasst werden konnten.

Einige Bauern, die das Stätswasserrecht noch heute besitzen, benutzen das Wasser zur Verdünnung der Jauche und zur raschen Füllung der Gruben, damit sie in möglichst kurzen Zeitabständen güllen können. Ein starker Wasserzusatz zur Gülle vermindert in wirksamer Weise die Ammoniakverluste und erzeugt dadurch eine stark erhöhte Düngkraft der Jauche. Hofstandort und Tränkewasserbäche stehen also insofern miteinander in Beziehung, dass der Hof nebst dem Relief die Richtung des Baches bedingte. Im Paradieshof, der an einem grossen Wassergraben, dem Brühlbach liegt, wird das Wasser in einem auf kurze Strecke ausgemauerten Bachbett zum Waschen von Kartoffeln und dergleichen gebraucht.

!) lZoll= 1" = 2,44 cm. 2) Hof zum Schwarzen Stier an der Kreuzung Zürcherstrasse-Alte Zofingerstrasse. 3) Zurzeit Inhaber: Moor, Landwirt.

39 Wie schon früher erwähnt, wurde der Standort eines Hofes auch mitbedingt durch die Nahe eines wichtigen Wuhres, das häufig zu bedienen war Der Aeschwuhr, der das Wasser aus der Wigger fur den Aarburger Muhlekanal abzweigt, steht beim Weiler Aesch, der an der Strasse nach Saget hegt Die Wichtigkeit dieses Wuhres erforderte zwei Oberwuhrmeister und einen Wuhrmeister, der in der Nahe wohnen musste, um jederzeit Hochwassern begeg¬ nen und Schaden so weit als möglich verhüten zu können (Lit 43, S 150) Strasse und Weiler sind kaum alter als das Wehr, über das ein Steg fuhrt Fusswege längs der Wasserlaufe finden sich auch hier wieder Sie dienen Kontroll- und Dienstgangen

Brach m einem Hof Feuer aus, so hatte man, wenn das Heimwesen nahe am Wasser stand, die Möglichkeit, die Stauladen hinunterzulassen, um so genügend Wasser zur Brand¬ bekämpfung aufzuschwellen

Ursprung und Organisation der Wasserung im Wiggertale

Von allen Talbachen wies die Wigger noch im 19 Jahrhundert die grossartigsten Einrichtungen zur Bewässerung und zum Betriebe von Radwerken auf Die Wasserungsanlagen folgten sich un¬ unterbrochen von Wilhsau bis Aarburg Mit Hilfe von 56 Wuhren wurden im ganzen Wiggertale ca 3000 Jucharten1) Wiesen bewassert und 92 Radwerke betneben (Lit 23, S 5-7) «Da der Wald, die unbebaute Allmend und das Brachfeld im Sommer fur den Weidgang be¬ nutzt wurden, trat oft im Winter ein druckender Futtermangel ein, dass man 1358 im Wiggertal das

Stroh von den Dachern nahm und mit Salz bestreute, um das Vieh vor dem Verhungern zu schützen Solche Erfahrungen beforderten ohne Zweifel die Anlage von Wasserwiesen» (Zitat aus Lit 21, S 509) Viele Krümmungen, die oft Überschwemmungen verursachten, führten 1498 zur Grad- legung der Wigger und zur Regulierung ihres Gefälles durch Legen von Schwellen Diesen stand die Aufgabe zu, die Vertiefung des Bachbettes zu verhindern und damit dem Zusammensturzen der Borde vorzubeugen Dabei entstanden nun auch die Einrichtungen zur Wiesenbewasserung (Lit 23 S 5) In jener Epoche, wahrscheinlich sogar noch früher, durfte auch der Muhletych gegraben worden sein, dessen Hauptfunktion es war, die Wasserkraft fur die Mühlen m Aarburg zu liefern, dessen wichtige Nebenfunktion aber m der Bewässerung der Matten bestand, die wegen ihrer topographi¬ schen Lage von der Wigger aus nicht bewassert werden konnten Ware dieser Nebenzweck des Tychs nicht auch fur wichtig gehalten worden, so hatte man die Mühlen auch an die Wigger bauen können Dass der Muhletych nicht vereinzelt dasteht, zeigt das Beispiel des Rothkanals (TA Bl 163 und 165), der die Roth zwischen Roggwil und Murgenthal anzapft und das Wasser über 6 km weit auf die Wiesen nordlich Hungerzeig fuhrt, die sich an und über der Aare ausbreiten Die ausgedehnten Anlagen zur Wasserung entstanden nicht nach einem voraus angefertigten Gesamtplane, sondern wurden angefangen und dann nach und nach weitergeführt, was viele Streitig¬ keiten und Prozesse wegen spaterer Veränderung der Wasserverhaltnisse heraufbeschwor Da jeder Wassermann Nutzen aus einem ganzen System von Kanälen und Stauwehren zog, dessen Anlage und Unterhalt die Kräfte eines Einzelnen weit überstieg, so lag es nahe, dass sich alle Interessenten zu einer Genossenschaft vereinigten So bilden noch heute alle, die Anteil am Wasser des Muhle- tychs haben, die Aeschwuhrgenossenschaft, die, die Anteil am Wasser des oben erwähnten Roth¬ kanals nehmen, die Rothbachwassergenossenschaft Rechte und Pflichten jedes Wassermatten- oder Radwerkbesitzers im aargauischen Wiggertal wurden schliesslich in einem besonderen Gesetzbuch, dem Wiggerurbar, eingetragen Verfehlungen kamen vor Gericht zu Aarburg, wo nebst den in das Wasserrecht eingeweihten Genchtssassen der interessierten Amtsgemeinden auch die Muller, und von Seiten der Wassergenossen im Amt Aarburg die Wuhrmeister zugegen waren Den Vorsitz führte der Oberamtmann oder dessen Stellvertreter Gebusst wurden unter anderen folgende Frevel

a) Wer das Wasser m dem Hauptfurt aufschwellt, wo es zu schwellen nicht erlaubt ist b) Wer das Wasser im Hauptfurt aufschwellt, ehe es so hoch angestiegen ist, dass es ohne Schwel¬ lung auf die bestimmten Brutschenschwellholzer zu steigen vermag c) Wer einem andern die Bratschen, die laut Urbar offen bleiben dürfen, hinablasst

x) 3000 Jucharten Wiesen a 35 000 Quadratschuh - ca 903 ha

40 d) Wer zu verbotener Zeit wassert, oder die Brutschen, die geschlossen sein sollten, offen lasst e) Wer eines andern Wasserkehre nimmt und missbraucht, oder sonst ableitet f) Wer ohne oberamthche Bewilligung die Wuhr- und Brutschenschwellen, Holzer oder Niveau¬ schwellen niederer oder hoher legt oder sonst verändert usw (Lit 43)

Nach der Anzahl Jucharten musste jeder im Gemeinwerk arbeiten, z B Wehre ausbessern, Böschungen befestigen, Kies aus den Graben schaufeln Er hatte aber auch proportionalen Anteil am Wasser Die Aeschwuhrgenossenschaft (wie viele andere Wassergenossenschaften) versammelt sich noch jetzt zur jährlichen Wassergemeinde, um Rechnung zu pflegen, Bauten und Reparaturen zu beraten und anzuordnen, Wuhrmeister zu bestellen Zwecks durchgreifender Reinigung des Kanalnetzes durch die Wassergenossen oder auf deren Kosten, wird die Wasserung jedes Jahr im September wahrend einiger Tage eingestellt (Tychabschlag)

Die Anordnung des Grabensystems

Das ganze Wasserungsgebiet bildete ein Netz grosserer und kleinerer Graben, die einander Wasser zuführten oder abnahmen Der Hauptstrang, der das Ganze der Lange nach durchschnitt, war die Wigger Von Wuhr zu Wuhr wurde das Wasser auf die Wiesen oder Wasserrader geleitet, um gesammelt wieder teilweise in den Mutterbach zuruckzufliessen Das Bauen der Wasserlaufe nannte man grabnen Es galt, bei der Richtungsbestimmung der Rinnen, das Kleinrelief so auszunutzen, dass möglichst wenig Erdbewegungen auszufuhren waren Fur jede Abteilung Wassermatten musste ferner das Wasser am höchsten Punkt der Wigger oder des Muhletychs gefasst werden Naturliche Firste wurden fast immer mit Graben versehen Wo jene fehlten, verbesserte der Pflug die Wasseranlage der Wiese zum Beispiel dadurch, dass mehrere Male von der gleichen Seite zur andern gepflügt wurde, um Neigung zu erzeugen, oder so, dass in der Wiesenmitte die Furchen mehrere Schritte breit von beiden Seiten gegeneinander gelegt und dadurch Höhenrücken gestaltet wurden Durch Weglegen der Furchen aber vom First konnten flache Vertiefungen hergestellt werden Auf diese Weise entstanden im Gelände ganz flache, prismatische Hohl- und Vollformen mit Höhenunter¬ schieden von 5-10 cm, manchmal auch mehr, die gerade ausreichten, dass das Wasser leb¬ haft rieselte, sich nicht «weiherte» Dieses typische Kleinrelief gibt dem Gebiet vielfach heute noch das Gepräge (Fig 38) Jeder längere First in den noch bestehenden Wassermatten enthalt einen Auflauf¬ graben, dessen Wasser durch Schlammabsatz die Neigung der Dachflachen noch etwas verstärkt und die Gelandeform so akzentuiert Ebenfalls in dieser Richtung wirkt der Grabenaushub bei der Reinigung Wie eine Wasserwiese eingerichtet ist, zeigt Fig 19 Teilte sich ein Auflaufgraben in mehrere Zweige, so hatte die Teilung da statt, wo wieder ein First sich darbot, das Wasser in einer kleinen Rinne der zugedachten Abteilung der Wiese zuzuführen Von den Emlassbritschen, die jeweils kurz oberhalb des Wuhrs und senkrecht dazu standen, rann das Wasser zuerst in einem Hauptgraben, dessen Querschnitt sich nach dem mit Wasser zu versorgenden Gebiet richtete Diese Hauptgraben unterschieden sich ausserhch kaum von einem natürlichen Bach, hatten aber regulierte Wasserzufuhr und wurden regelmassig gereinigt Die Hauptgraben wurden gewöhnlich so angelegt, dass das frische Wasser in die auf der einen Grabenseite liegenden Guter fliessen konnte, wahrend sich das Abwasser bei deren Bewässerung in den Hauptgraben ergoss Wo ein Graben von einem andern abzweigte, wurden die Brutschen eingelassen, durch deren Stellung das Wasser dirigiert und aufgestaut wurde Je nach Grosse des Grabens und Wichtigkeit der Verteilstelle waren sie mehr oder weniger gross und entsprechend her¬ gestellt Wo sich viel und rasch fliessendes Wasser fand, waren die Ufer zum Schutz gegen Unterspulung mit Kalkbruchsteinen verstärkt, an deren glatter Flache die Stauladen dicht

41 anschlössen. Die Britschläden wurden entweder durch eine senkrechte Schalte, die einen waagrecht befestigten Eichenbalken durchdrang, verstellt (Fig. 39), oder durch ein «Galgen¬ holz» oder mehrere drehbar gelagerte Rundhölzer mittels Ketten aufgezogen (Fig. 40). Im einfachsten Fall, zum Beispiel bei den Auflaufrinnen, besteht noch heute die Britsche nur aus einem quer zum Graben eingesteckten Laden, auf den zur Handhabung zwei aus¬ einanderstrebende Leisten aufgenagelt sind.

Dichte des Grabennetzes

Die Dichte des Wassergrabennetzes hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von

a) der Zahl der Besitzer; b) der Grösse der Wiesen; c) der Lage, Höhe und Entfernung der Wiesen zum Hauptwuhr; d) der im Mittel gelieferten Wassermenge; e) Vorrechten der Wasserwerke, wie Mühlen; f) benachbarten Wässerungssystemen; g) der Beschaffenheit des Bodens und des Untergrundes ; h) der lokalen Ausbildung des natürlichen Kleinreliefs. Eine mittlere Grösse der Wiesen und eine Parallelogrammform würden ein Optimum darstellen, denn auf grossen Matten ist die Leitung und die Verteilung des Wassers schwierig, und auf kleinen Grundstücken braucht es zu viele Britschen und Brücken, wodurch der Unterhalt kostspieliger und das Pflügen mühsamer werden. Der Wiggerurbar zeigt jedoch Abteilungen (Matten, die gleichzeitig gewässert wurden) von 0,5 bis 24 Mannwerk1) Fläche, welcher grosse Unterschied hauptsächlich aus der Zahl der Besitzer heraus verstanden werden muss. Dass zudem ungeeignete Wiesenformen wie Dreiecke und Trapezoide, die bei Hack¬ baubetrieb keine Schwierigkeiten boten, sich aber später durch überflüssige spitze und stumpfe Winkel als nachteilig erwiesen, bestanden haben, lässt die Bewässerungslandschaft im 18. Jahrhundert durchaus nicht optimal genutzt erscheinen. Auch wohnten manche Be¬ sitzer viel zu weit von ihren Matten.

Die meisten Gräben pro Flächeneinheit entfielen (Fig. 20) in der alten Wässerung auf einen Saum Alluvionen von 100-200 m Breite beidseits der Wigger, wo die Humusschicht örtlich nur 20 cm dick ist, darunter aber Kies und Sand folgen. Der hitzige, durchlässige und lockere Boden erfordert wegen der Versickerung mehr Wasser pro Flächeneinheit als ein lehmiger, bindiger Boden. Genug Wasser vorausgesetzt, handelte der Bauer nach dem Sprichwort: «Viel Gräbli, viel Mädli», was natürlich nicht mehr als eine Faustregel ist. Da nun die Wiggerwuhre2) unterhalb des Aeschwuhrs ausschliesslich der Bewässerung dien¬ ten, verfügten die Teilhaber auch meist über mehr Wasser pro Flächeneinheit und über eine längere Kehrezeit. Hier konnte sich eine wichtige Nebenfunktion des Wässerns besonders günstig auswirken: die Kolmatierung und Verstärkung der dünnen Bodenkrume durch

Ablagerung angeschwemmter Humusstoffe. In diesen Alluvialböden erreichte man also nebst der Befeuchtung noch eine wesentliche Verbesserung des Bodens und dadurch auch der Grasnarbe. Man könnte die Wässerung auch als ersten Versuch verbreiteter systematischer Dün¬ gung auffassen. Ein grösserer Teil dieser wiggernahen Säume steht auch heute noch unter Wässerung (TA Bl. 163).

*) 1 Mannwerk = 1 Wiesenjuchart = ca. 30 a. 2) 7 vom und inkl. Aeschwuhr bis zur Mündung. Wo die Wigger das stärkste Gefälle hat, baute man auch die meisten Wuhre pro Längeneinheit.

42 Beispiel einer Anzahl Wässersysteme aus dem Wiggerurbar (1750) :

Wuhr Zahl der Grösse in Zahl der Dauer der Wässerung Wässer¬ Mannwerk Besitzer einer Wiese matten und Intervalle in der Wigger:

Grienwuhr . . 2 je 2,5 2 je 1 Woche total 5

Sandblatten . 10 0,75-15 13 1,5-12 Tage, total 22,75 alle 28 Tage

Brüel .... 15 1-10 15 ITag, total 40 alle 7 Tage

Sperberzucht . 6 0,75-2,25 9 1,5-5 Tage, total 9 alle 18 Tage

im Mühletych:

Kleinfeld . . 2 je 2,5 2 nach Belieben, total 5 soweit Wasser ins System fliesst

Steinbillen . . 10 0,5-2 9 0,5-2,5 Tage, total 15 jede 2. Woche

Schloss . . . 6 3-8 3 3-7 Tage, total 31 jede 2. Woche

Kännel . . . 3 1-3 3 2-5 Tage, total 7 alle 7 Tage

Je mehr Matten zu einem Wuhr gehörten und je grösser deren Fläche war, um so länger dauerte es jeweilen, bis eine Wiese mit dem Wässern wieder an die Reihe kam, um so weniger lang konnte das Wasser darauf geleitet werden, und um so stärker riskierte der Be¬ sitzer, bei beginnender Trockenheit kein Wasser mehr zu bekommen, wenn endlich die Kehre wieder an ihm war. Diese, durch Lage und Besitzverhältnisse bestimmten Nachteile wurden allerdings wieder dadurch gemildert, dass Wiesen nach 5—10 Jahren umgebrochen, während zwei oder mehreren Jahren als Ackerland genutzt wurden und während dieser Zeit das Wasser nicht genossen.

Wegnetz und Grabennetz

Die Figur 20 zeigt, dass der Verlauf zahlreicher Wege mit dem der Wassergräben über¬ einstimmt. In der Tat erforderte die Bedienung und Wartung der vielen Wuhre und Britschen auch draussen in den Matten und Feldern geeignete Kommunikationen, um jederzeit rasch herangehen zu können. So folgten die Wege grösseren Gräben, führten dazwischen über trocke¬ ne Firste, die beim Wässern nie unter Wasser gesetzt wurden, setzten bei Wuhren und Brit¬ schen, die gleichsam Knotenpunkte in dieser Landschaft bedeuten, als Steg über das Wasser (Fig. 19, 39, 40). So bekamen der Fussweg nach Fleckenhausen, Rothrist über das Sperber- zuchtwuhr(2) (siehe Fig. 20), die alte Strasse nach Nigglishäusern Zofingen(1), der Paradiesli- weg(3), die Sägestrasse von der Vorstadt nach Brodheiteri (parallel dem Mühletych)(4), die Steinbillenstrasse(5), die heutige Strasse vom Bahnhof nach Brodheiteri(6) Richtung und Ver¬ lauf. Den grossen, in einem deutlichen Tälchen verlaufende Auszugsgraben, wo die Wasser von den Wässermatten des Mühletychs und der Wigger gesammelt und der Aare zugeführt wurden, nimmt heute die alte Zofingerstrasse(I) ein. Ihre Krümmungen in der Vorstadt sind durchaus durch das Relief bedingt. Menge und Geschwindigkeit des Wassers verlangten

43 wegen Eintiefung und Abspülung den Bau sanfter, bewachsener Böschungen, deren Über¬ reste im gefällreichen, stadtnahen Abschnitt der Strasse noch heute sichtbar sind (Fig. 41). (Lit. 43, S. 341 ff.) An diesen Beispielen sollte besonders klar geworden sein, in wie starkem Masse die Konfiguration der Elemente in der heutigen Kulturlandschaft durch die frühere bedingt wird. Die Struktur des jetzigen Wegnetzes in diesem Raum ist im Grunde ohne Kenntnis der einstigen Wässerung nicht zu verstehen, obschon das Wegsystem seither teilweise umgestaltet und erweitert wurde. Wesentliche Grundzüge der Richtung und Führung aber blieben er¬ halten.

Die Pflanzen- und Tierwelt unter dem Einfluss der Wässerung

Die Ufer der Gräben und teilweise auch der Auflaufrinnen zeigen einen von der Mäh¬ wiese abweichenden Pflanzenbestand von Sumpfarten wie Schilfrohr, Pfeifengras, Binsen und zahlreichen verschiedenen Scheingräsern. Vom Juli bis September recken die Kratz¬ disteln ihre weinroten Blütenköpfe empor, die, kaum verblüht, von Grüppchen farbenpräch¬ tiger Distelfinken besucht werden, die die Früchte aus den geknäuelten Körbchen naschen. Korbweiden, deren Zweige von Zeit zu Zeit von den Eigentümern geerntet und verarbeitet werden, festigen die Ufer. Besitzgrenzen, die durch einen Wassergraben markiert sind, wer¬ den vielfach noch durch mehr oder weniger dichte Hecken von Weiden, Erlen, Eschen und Haseln gesäumt (Fig. 42), die einer reichen Vogelwelt geeignete Nistplätze und eine Fülle von Nahrung, sowie Deckung und Schutz bieten. Scharen von Feldspatzen und Finken fallen dann freilich auch auf reifendes Korn ein und verursachen durch ihre Gefrässigkeit

oft grossen Schaden1). Je und je wurde der sorgfältigen Befestigung der Böschungen durch Baumbepflanzung im Unterlauf der Wigger, aber auch längs des Mühletychs, besondere Beachtung geschenkt. Um Reiser und Wurzeln zu vermehren, wurde früher das Holz oft abgeschnitten (Stock¬ ausschläge). Im 18. Jahrhundert müssen die Hecken das Gelände noch weit dichter bestockt haben, klagt doch der Berichterstatter im bernischen Pfarrbericht (Lit. 32), dass ein gemeiner und veralteter Gewohnheitsfehler das weitfurchige und allzu hohe Sträuchen der Wiesen und Äcker im hiesigen Ackerbau sei. Wie verloren wurzeln einzelne kugelige Linden und in der Silhouette länglichere Feld- ahorne in den Wässermatten, Menschen und Zugtieren im Sommer bei der Rast kühlenden Schatten spendend. Früher wirkten solche Bäume auch als Marchbäume statt Marchsteine. Beim Auflaufen des Wassers auf eine Wiese fliegen bald Krähen und Mäusebussarde herbei, setzen sich im Astwerk naher Bäume nieder und spähen nach den Nagern, die nun aus ihren Schlupfwinkeln herauskommen, um sich auf erhöhte Grasbüschel zu retten, wo sie bald von den Raubvögeln erbeutet werden. Früher horstete auch der Storch in der Gegend, wo es Frösche die Fülle gab, die wie Mäuse und Maulwürfe die Wässerung da¬ durch schädigten, dass sie die Borde durchwühlten und so zum Einsturz brachten.

Wie wirkt sich die Bewässerung in grossen Zügen auf die Pflanzen der Wiesen aus ? Es gilt auch hier das Ausleseprinzip : Durch die Begünstigung einzelner, auf grosse Feuchtig¬ keit eingestellter Arten, werden andere, weniger adaptive Spezies zurückgedrängt. Besonders auffällig erweisen sich in der Vegetationszeit bei Übermass von Wasser oder auch von Stickstoff (Gülle) die massenhaft auftretenden, minderwertigen Schirmblütler, reichblättrige, üppige Kräuter wie Wiesenkerbel (Kälberkropf) und gemeine Bärenklau, die mit ihren Dolden die Wiesen in Weiss tünchen. Diese Unkräuter sind dem Landwirt ein Greuel, weil

*) Der Bauer wehrt sich z. B. so dagegen, dass er als Getreide Mische! anpflanzt. Mischel = Roggen + Korn. Der höhere und standfestere Roggen schützt das niedrigere Korn gleichzeitig gegen das «Lagern».

44 das harte und grobe Futter, das sie liefern, vom Vieh verschmäht wird. Da die Pflanzenteile sehr dick und wasserreich sind, dörren sie nicht mit den andern Pflanzen und veranlassen Schimmelbildung im Heu. Das Beweiden solcher Matten bringt die genannten Doldenblütler

rasch zum Verschwinden, wird aber aus wirtschaftlichen Gründen gewöhnlich nur da ange¬ wendet, wo die Wässerwiese nicht zu klein ist und vor allem der Bewirtschafter nicht zu weit entfernt wohnt.

Im allgemeinen aber machen bei gepflegten, nicht zu alten Wässermatten die wertvollen Futtergräser gut die Hälfte des Bestandes aus (unbewässert etwa 30%), während sich der Rest auf Korbblütler, Schirmblütler, Scheingräser und verschiedene Familien aufteilt. Sehr empfindlich reagiert aber der Pflanzenbestand immer auf mehr oder weniger tonigen Boden, da sofort andere Abflussverhältnisse geschaffen werden. In unserem Betrachtungs¬ gebiet herrschen allerdings die leichten Böden vor (Lit. 29). Die Ertragssteigerung ist recht ansehnlich und bildet noch heute stets den Hauptanstoss zur Wässerung. So erntete Herr Moor sen. auf dem Falkenhof auf einer Jucharte Land ohne Wässerung vier Fuder Dörrfutter, auf dem gleichen Areal aber mit Wässerung zwölf Fuder (nach mündlicher Mitteilung von Herrn Moor).

Die Wässerungszeiten

Nach der Kehrordnung war jedem der Zeitpunkt und die Dauer des Wässerns vorge¬ schrieben. Nicht immer aber waren die Bedingungen zum Wässern günstig, ja eine Wässerung zur Unzeit korinte unter Umständen grossen Schaden stiften. Durch lange Erfahrung machte man gute und schlechte Bedingungen ausfindig und wandte die Erkenntnisse mehr oder weniger an. Die erworbenen Erfahrungen konnten allerdings erst voll ausgenutzt werden, als im 19. Jahrhundert die freie Wässerung ohne starres Kehrsystem aufkam (Einfluss der Französischen Revolution ?). Die Hauptsache ist die Beachtung des Wetters. Während der Vegetationszeit soll das Wasser bei kühlem Wetter und bewölktem Himmel jederzeit aufgelassen werden, ja, bei Regenwetter wird die Wässerung oft besonders ausgiebig betrieben wegen der düngenden Wirkung des Wassers. Bei heissem sonnigem Wetter aber sollte nur nachts gewässert werden. Nach der Heu- und Grummeternte wird das Gras durch zweckmässiges Wässern rasch zum Nachschiessen veranlasst. Allerdings vermerkt der Pfarrbericht von 1764, dass die allzurasche Wässerung der Wiesen nach der Heu- und Emdernte den ungekeimten Gras¬ samen wegschwemme und dass darin ein allgemein verbreiteter Fehler des hiesigen Wiesen¬ baues liege. Derselbe Bericht meldet weiter, dass auf den erst schwach angewachsenen Gras¬ wurzeln oft kurz nach der Wässerung die höchst schädliche Herbstweide in den fetten und tiefgründigen Matten statthabe, was dann ein Erfrieren des Rasens im Winter bewirke und eine schlechte Heuernte erwarten lasse (Lit. 32). In diesen Bemerkungen offenbart sich der verbreitete und fast ständige Futtermangel für das Rindvieh jener auf Selbsterhaltung aus¬ gerichteten Ackerbauern, denen Milchwirtschaft im heutigen Sinne unbekannt war. Im Winter wurde da, wo eine Düngwirkung im Vordergrund stand, wenn möglich eine Wiese bei guten Abflussverhältnissen drei bis sechs Wochen anhaltend bewässert. Dabei kam es vor, dass bei scheinbar günstig begonnener Wässerung eine längere Bisenlage ein¬ setzte, das Wasser immer mehr zurückging und die Wiese schliesslich ausfror. Das bewirkte Gras- und Heuausfälle im darauffolgenden Frühjahr. Das entstehende, der Überführung in Wasser hartnäckig trotzende Toteis, konnte nur durch Dauerwässerung aufgetaut werden.

Die Besitzer der Wässermatten

Wir legten schon früher dar, in wie starkem Masse die Stadtbewohner Alt-Aarburgs mit der Landwirtschaft direkt verbunden blieben. Das lässt sich auch aus den Besitzverhält-

45 nissen in den Wässermatten nachweisen, die zeigen, dass nicht nur Bauern, sondern auch Handwerker und Kaufleute oft nebst Bunten, Äckern und Obstgärten eine oder mehrere Wässerwiesen besassen:

«Mattland, welches von der Kännelbrütschen im Mühletych das Wässerrecht hat»:

Name Mannwerk Vierling1)

Hans Jacob Streichenberg, Seiler Aarburg besitzt Byfang an Zofingerstrass 4 Alt Kilchmeyer Schmitter, Aarburg besitzt Byfang am Brüelbach 8 Alt Kilchmeyer Fellmann, Aarburg besitzt Kuestermatt an Zofingerstrass 5 Alt Kilchmeyer Schmitter ferner Eichmatt 6 Isaak Rüegger, Hintermüller, Aarburg besitzt Mühlematt an Zofingerstrass 3 Hans Reichner, der Ältere, auf der Hofmatt besitzt Gallimätteli am Galligässli 1 Johannes Hofmann, Schiffmann, Aarburg besitzt Hofmatt am Brüelgraben 4 Abraham Hofmann, Gerber, Aarburg besitzt Hofmätteli am Galligässli 1 2 Hans Ulrich Bär, Handelsmann, Aarburg besitzt Hofmatt 3 Franz Hofmann, Baumeister, und Abraham Hofmann, Gerber

besitzen an 3 Gärten - 1 Johannes Reichner, Müller auf der Hofmatt 1 (Lit. 43, S. 341 ff.)

An andere Wuhre waren Wässermatten von Färbern, Küfern, Uhrmachern, Soldaten, die meist in der Vorstadt oder auf der Festung wohnten, angeschlossen. Stets lagen aber die Wässerwiesen dieser Berufsleute in geringer Entfernung der Vorstadt, was wohl damit zusammenhängen dürfte, dass diesen doppelt beschäftigten Leuten ein weiter Weg auf die Wässermatten zu beschwerlich gewesen wäre.

Das nördliche Landwirtschaftsgebiet

Die Siedlungen und Wege

Auf der Karte von Michaelis von 1840 ist das gesamte Gebiet zwischen Oltenerstrasse und Aare als häuserleer bezeichnet. Höfe bestanden lediglich in der Nähe des Städtchens in lockerer Zeile längs der quellenreichen alten Oltenerstrasse (Dürrbergstrasse), an der neuen Oltenerstrasse, vereinzelt am östlich ansteigenden Hang im Tiefenlach, im oberen Dürrberg und in den Rüttenen. Von diesen Höfen und von der Stadt aus bebauten die Bewohner die Parzellen des weiten, etwa 100 ha messenden Gebietes. Die heutigen Kleinheimwesen auf dem rechten Klusenhang scheinen ihren Ursprung in Einschlägen in die Allmend zu haben, die sich 1763 noch als schmaler Streifen längs eines Stückes der alten Oltenerstrasse hinzog (Lit. 48), einer Strasse, die im grossen ganzen dem

x) Vi Mannwerk.

46 Hangrande folgte (TÀ Bl. 149, 163). Ursprünglich besass die Allmend sicher grössere Aus¬ dehnung am Hange, aber durch den notorischen Landmangel (Kleinheit der Gemeinde¬ musste sie fläche) nach und nach verkleinert werden, sodass sie schliesslich zur Bedeutungs¬ losigkeit absank. Die neue Oltenerstrasse, wie sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der jetzi¬ gen Führung entstand, benutzte einen, von der nördlichen Stadtmauer ausstrebenden, ebenfalls mit einigen Bauernhäusern gesäumten Fahrweg, der mitten durch das grosse Feld führte. Auf dem Kulminationspunkt des grossen Schwemmfächers, auf der Höhe, ging die neue Landstrasse wieder in der alten auf. Die geschichtliche Entwicklung der Führung dieser wichtigen Strasse ist in Fig. 21 skizziert. Die Gründe der Verlegung eines Teilstückes der Oltenerstrasse dürften zum Beispiel nach dem Plan von Renner darin bestanden haben, dass zwei in die Dürrbergstrasse ein¬ mündende Holzabfuhrwege den starken Warenverkehr durch Lang- und Brennholzfuhr¬ werke arg behinderten und so einer Verbesserung riefen. Allgemein wurden die bernischen Strassen im 18. Jahrhundert bedeutend verbessert.

Die Bewirtschaftung des Gebietes

Wie wir schon oben beschrieben haben, gab und gibt es in der Klüse keine Bewässerungs¬ anlagen, was den wichtigsten Unterschied zum südlichen Hofgebiet darstellt. Damit aber muss der Ackerbau in der Klusenniederung zum mindesten stark entwickelt gewesen sein. Es sollten nun auch Zeugen einer Dreizelgenwirtschaft zu finden sein, erfuhren wir doch bis¬ her nichts1) über diese verbreitete Wirtschaftsform jener Zeit. In der Tat deutet das leere Feld auf der Michaeliskarte auf Bauverbot hin, wie es für alle Zeigen beobachtet wurde und zu zahlreichen Haufensiedlungen in unserem Lande Anlass gab. In Streifen oder Gewanne war nach dem Rennerschen Plane auch das Ganze unter die Besitzer aufgeteilt. Ferner kann die Bezeichnung «Feld» (TA Bl. 149) auf Zeig hinweisen, soll aber in diesem Fall, wie Howald ausführt (Lit. 14), eher neueren Datums sein. Ein Bezirk Bunten in Stadtnähe verbreitete sich teilweise in schweren, tonigen und bin¬ digen Böden auf der äusseren Partie des Schuttkegels, der durch den Kohlgrubenbach auf die Ebene gesetzt wurde. Einige dieser Bunten bestehen noch heute (Fig. 17). Ein zweiter Bezirk nahm den Südabhang eines Juraspornes im Tiefenlach ein. Brenniger, unfruchtbarer Boden auf grauem, zähem Lehm Hess diese abhaldigen Bunten, Räbäcker genannt, wieder eingehen und an deren Stelle wieder Wald aufwachsen (TA Bl. 149). Wie in der Landschaft südlich des Felsens waren die Bäche mit Gehölzen gesäumt. Diese sind jetzt durch Meliorationen restlos verschwunden, die Bäche zum Schutze von Siedlung, Strasse und Bahn in Röhren in den Boden verlegt, wo sie jetzt zugleich der Schwemmkanalisation dienen.

Der feintonige, schwere, zu feuchte Boden auf der Höhe, erzeugt durch die mergeligen, jurassischen Herabschwemmungen des Kohlgrubenbaches, rief in neuerer Zeit einer Drai¬ nage zur Abfuhr überschüssigen Wassers, um die Qualität der Grasnarbe zu verbessern und die Erträge allgemein zu steigern. Im Schlossurbar ausdrücklich erwähnte Holzzäune, die viele Grundstücke einfriedeten, weisen auf die Verbreitung des Weidganges für Gross- und Kleinvieh, besonders Ziegen hin. Verschwunden sind heute grossteils die vielen, für die Ackerbaulandschaft des 18. Jahr¬ hunderts so typischen Kornspeicher bei den Dreisässenhäusern.

x) Im Südteil der Gemeinde weisen allerdings 2 längst nicht mehr erwähnte Namen ebenfalls auf eine wahrscheinlich seit der Einführuug einer allgemeinen Wässerung aufgehobene Dreizelgen¬ wirtschaft hin: Marggenzelg (Liegenschaft bei der röm.-kath. Kirche) und Zeigweg in Bahnhofnähe.

47 Der Stadtbegriff

Nachdem wir die verschiedenen Teillandschaften des historischen Aarburg in grossen

Zügen gewürdigt und sein Wesen schärfer erfasst haben, soll noch kurz das Problem ge¬ streift werden, ob Aarburg wirklich als Stadt zu betrachten ist. Die erste Frage muss nun lauten: «Welches sind die Merkmale einer Stadt?» Auf diese Frage eine allgemein gültige, eindeutige und erschöpfende Antwort zu geben, ist vorläufig unmöglich. Je nachdem näm¬ lich ein Volkswirtschafter, ein Soziologe oder ein Historiker antworten, werden verschiedene Merkmale einer solchen Siedlung in den Vordergrund gerückt und dadurch auch ver¬ schiedene, unter besonderen Aspekten entstandene Stadtbegriffe verwendet. Ein geographi¬ scher Stadtbegriff sollte nun unbedingt die Stadtlandschaft als Ganzes ins Auge fassen und daher die verschiedenen, der Wirklichkeit zweifellos entsprechenden Teilbegriffe zu einem umfassenderen Stadtlandschaftsbegriff zu vereinigen trachten. Nehmen wir jetzt die Merkmale vor, wie sie einigen häufigen Definitionen eigen sind und vergleichen wir sie mit den Verhältnissen in Aarburg :

1. Der Historiker sieht die Stadt in folgenden Hauptmerkmalen :

a) Befestigter Platz mit Stadtmauer (Burgum) b) Konzentration von Handwerk und Wirtschaft c) Besondere Freiheiten der Bürgerschaft Stadtrecht d) Richterliche und administrative Autonomie e) Zünfte f) Markt Bis auf c) und d) sind diese Bedingungen für Altaarburg erfüllt. Welche Bedeutung einem besonderen Stadtrecht zukam, mögen folgende Beispiele erhärten : «1710 wollte der Festungskommandant in Aarburg ein neues Strafmittel einführen. Er Hess vor dem Rathaus einen grossen hölzernen Esel aufrichten, in der Meinung, die Bürger

daselbst, so etwas verfehlt, darauf setzen zu lassen. Der Esel wurde, bevor 8 Tage um waren,

von mehr als 50 Aarburger Weibern umgeworfen, versägt, zerhauen und in die Aare ge¬ schleift» (Lit. 21, S. 373). Als die neue Zürichstrass projektiert wurde, lautete zuerst der Antrag der Zollkammer dahin, dass sie über Aarburg geführt werde, um den Verkehr vom bernischen Städtchen

nicht abzulenken und die Reisenden nicht in einem abseits gelegenen Dorf zur Herberge zu nötigen. Die mit besonderen Freiheiten ausgestattete, eifersüchtig über ihre Rechte wachende und reiche Stadt Zofingen trat aber diesem Beschluss entgegen, versprach 8000 Pfund an die Kosten zu zahlen und erreichte beim bernischen Souverän ungeachtet der Proteste der Aarburger die Führung der Strasse über Rothrist-Kreuzstrasse, wodurch die wichtige Über¬ landstrasse in die Nähe Zofingens rückte (Lit. 4, S. 121). Aarburg war, seit davon die Rede ist, eine Untertanenstadt, das heisst auch auf Grund und Boden eines Grafen erbaut und nicht auf einem unmittelbar vom König abhängigen Boden erstanden. (Lit. 21, S. 447). Das Fehlen der Autonomie wirkte sich zweifellos nachteilig und bremsend auf die Ent¬ faltung Aarburgs aus.

2. Soziologische Definitionen

Sie betonen die Eigenart des vielgestaltigen gesellschaftlichen und kulturellen Lebens gegenüber dem Dorf und messen einer polizeilichen Aufsichtsbehörde, dem Stadtrat, grosse Bedeutung bei (Lit. 28).

Für Aarburg traf das zweifellos in vollem Umfange zu.

48 3. Geographische Definitionen erkennen als wichtigste Merkmale zu denen sub 1 genannten:

a) Ländlicher Einzugsbereich b) Zentrale Dienste und Berufe c) Stapel- und Umschlagplatz d) Differenziertes Gefüge in Wirtschaft und Gesellschaft e) Keine direkte Bindung der nichtlandwirtschaftlichen Bevölkerung an Grund und Boden (Schrepfer, Lit. 26, Lit. 7). Alle Merkmale bis auf e) stimmen mit den Erscheinungen, wie wir sie im historischen Aar¬ burg kennengelernt haben, überein. Aus dieser Betrachtung dürfen wir wohl den Schluss ziehen, dass Aarburg in geographischem (landschaftlichen) Sinne eine Stadt darstellte. Die Besonderheiten dieser Stadt bestanden darin, dass sie keine Vorrechte genoss und dass die Bevölkerung Landwirtschaft trieb. Als Kleinstadt unterschied sich Aarburg von einer Grosstadt durch

a) die relativ zur Bevölkerung viel grössere Nährfiäche; b) die dadurch bedingte absolut und relativ geringere Zufuhr von aussen ; c) die direkte Verbindung der Einwohner als Selbstbauern mit der Landwirtschaft; d) das dadurch bedingte Fehlen von grossen Zwischenhandels-Lebensmittelgeschäften (Fig. 22, 23).

Zusammenfassung der gefundenen Merkmale für die Unterscheidung der Kleinstadt Aarbürg von den übrigen Amtsgemeinden im 18. Jahrhundert

1. Konzentration eines vielseitigen Handwerks und Gewerbes 2. Raffung von Verkehrswegen 3. Umschlags- und Handelsplatz: Landhäuser, Weinkeller, Hafen 4. Sitz von kleineren Handelsgesellschaften: Kaufmannshäuser 5. Markt: Kaufhaus 6. Zollort 7. Verteidigungsanlage mit militärischer Garnison: Festung 8. Sitz des Landvogtes 9. Sitz eines Amtsgerichts 10. Mehrere Wirtshäuser mit vielen Gast- und Hochzeitsmählern 11. Grösserer Konsum teurer Fleischsorten und relativ höherer Fleischverbrauch 12. Stärkere Zu- und Abwanderung 13. Grösserer Weinkonsum der Einwohner 14. Stärkere Zerrüttung in den Familien, zum Teil bedingt durch Weinablage 15. Leichtsinniger Lebenswandel 16. Mehr Heiraten mit fremden Mädchen 17. Grössere Armenlasten: Spittel und uner- 18. Kleinste Landfläche pro Einwohner: Nebenbeschäftigung in Handel Verkehr lässlich 19. Relativ viel mehr Steinhäuser und Ziegeldächer als in den dörflichen Amtsgemeinden.

49 4 Disteli, Aarburg Die Entwicklung Aarburgs zur heutigen Kulturlandschaft

Vorbemerkungen Unser Interesse galt bisher der Landschaft, die hauptsächlich durch historische Kräfte geschaffen worden ist. Diese Kräfte erzeugten zahlreiche Formen, die teilweise in der heu¬ tigen Kulturlandschaft fortbestehen (Festung, Weinkeller, Landhäuser usw.). Nun rückten aber neue Faktoren, wie freie Wirtschaft, moderne Technik und ähnliche immer mehr in den Vordergrund und brachten neuartige Elemente in die Landschaft, die die alten teilweise verdrängten, häufiger aber sich ihnen überlagerten und damit das kultur¬ landschaftliche Gefüge noch mehr komplizierten. Einigen dieser modernen Faktoren in ihrer Auswirkung auf unsere Landschaft nach¬ zuspüren, soll das Ziel der folgenden Ausführungen sein.

Die Industrialisierung

Kurze Vorgeschichte der Industrie im Gebiet von Aarburg

Die Industrie in Aarburg hat ihre Wurzel, wie fast überall in der Schweiz, in der Textilheim- arbeit, die mit der Landwirtschaft kombiniert betrieben wurde. Die Woll- und Leinenweberei im 16. und 17. Jahrhundert begründeten englische und französische Glaubensflüchtlinge, die sich in bernischen Flecken ansiedelten (Lit. 24, S. 9). Auf der Suche nach englischen oder französischen Geschlechtsnamen von Aarburger Einwohnern fand sich tatsächlich ein gewisser Abraham Bretton, Falkenwirt im Städtchen (Schlossurbar), ein Name, der zweifellos englischen Ursprungs ist, so dass angenommen werden darf, dass sich solche Ausländer auch in Aarburg niederliessen und hier wohl die Woll- und Leinenweberei begründeten, da ja nur solche Flüchtlinge aufgenommen wurden, die etwas konnten. Studer (Lit. 31) fand die Webkeller, in deren feuchter Luft Leinen- und später schwere Baumwollgewebe fabriziert wurden, im Wiggertal allgemein in den alten Partien der ehemaligen Dorfsiedlungen am Talrand. Für Aarburg stellte ich solche in der Steinbillen in einem 1950 abgebrochenen Bauernhaus, auf dem Högerli und an der Oltnerstrasse fest (Fig. 24). In Oftringen wurde ausserhalb des Dorfkerns z. B. auch im Schwarzhaar gewoben, in andern be¬ nachbarten Orten auf der Rieshalde, dem Hölzli, in Niederwil (alles Baumwolle oder Mischgewebe), im Gländ (Wolle) (Lit. 39). Im ganzen Amt Aarburg spezialisierten sich im 18. Jahrhundert die Bewoh¬ ner1) vorwiegend auf Verarbeitung von Baumwolle zu Schnupf- und Rübelitüchern (Lit. 10, S. 134). Fergger, die die Garne zur Verarbeitung ausgaben, die auf den Handwebstühlen erzeugten Fertigwaren wieder entgegennahmen und die Löhne bezahlten, gab es auch in Aarburg. Wo nicht in Kellern gewoben wurde, ratterten die Stühle von früh bis spät in der Wohnstube.

Die Fabriken und Handelsgeschäfte Die Baumwollfabrik

Mit dem 19. Jahrhundert begann auch für Aarburg die Aera der Fabrikbetriebe. Zu¬ erst entstand, auf der bestehenden Tradition fussend, ein grosses Textilunternehmen, das aber noch lange Zeit gewisse Arbeiten an die Heimarbeiter vergab. Der Standort war durch den Mühletych gegeben, der später, mit der Entwicklung der Technik, zu rationellerer Ver¬ wendung der Wasserkraft, durch einen ausbetonierten Kanal zur Zusammenlegung von Gefällstufen, ergänzt wurde. Die Böschungen des künstlich aufgeschütteten Dammes sind zum Schutz gegen Denudation mit tief wurzelnden Laubbäumen, wie Eschen, bepflanzt. Diese Firma, 1825 gegründet, war die erste in der Schweiz, die fertige und gefärbte Gewebe aus Rohbaumwolle auf den Markt brachte. Die Gebrüder Grossmann, die sie ins Leben riefen, gelangten zu grossem Einfluss, und ihnen soll es mit zu verdanken sein, dass

1) Sie nannten sich Fabrikanten, waren aber nur hausindustriell verlegte Arbeiter.

50 die neue Kirche nach dem Stadtbrande zwei hohe gotische, nun stadtwärts schauende Türme erhielt, was die Schönheit der Silhouette allerdings beeinträchtigt (Fig. 45). Sie wollten sich zweifellos in dieser Kirche ein Denkmal schaffen. Ein Zweigbetrieb dieser Fabrik ent¬ stand in Murgenthal.

Die Strickerei (Lit. 24, S. loi)

45 Jahre nach Eröffnung des ersten Unternehmens, wuchs ein neuer Zweig der Textil¬ industrie empor : die mechanische Strickerei. Eine wesentliche Verbesserung der Lambschen Strickmaschine durch eine Aarburgerin und die darauf einsetzende maschinelle Herstellung feiner Strickwaren machte diese Spezialität bald weltberühmt (Zimmerli-Tricotagen) und verhalf zu grossen Exporten nach Übersee. Wie dieses Unternehmen entstanden alle wei¬ teren, mit Ausnahme einer Gerberei und einigen kleineren auf der flachen Schotterebene im Südteil der Gemeinde, während die Klüse bis in die jüngste Zeit industrieleer blieb. Die Hauptfaktoren, die diese Verteilung bedingen, sind Wasserkraft und Bahnhofnähe (Fig. 24). Aus landschaftlichen und betriebstechnischen Gründen wurde der Bahnhof beim

Bahnbau 1857 als Doppelstation Aarburg-Oftringen vor den Felsen in den Südteil von Aarburg gestellt. Dadurch erhielt diese Gemeindefraktion eine neue latente, aber stets wir¬ kende Kraft, die dazu führte, dass diese Landschaft rascher und tiefgreifender als die im Norden in Struktur, Physiognomie und Physiologie umgestaltet wurde.

Die Metallwarenfabrik

Ein Fabrikant aus Rorschach Hess dieses Unternehmen in den letzten zwei Dezennien er¬ bauen, dessen gewaltige Entwicklung noch jetzt (1953) anhält. Der Begründer erkannte, dass Aarburg entwicklungsfähig ist, er liebte die Nähe der Alpen, hatte seine Kundschaft zur Haupt¬ sache in der Zentralschweiz und beachtete, dass die grössten, schon bestehenden Fabriken in Aarburg vorwiegend weibliche Arbeitskräfte beschäftigten (Fig. 24), was einen Ausgleich herausforderte.

Wie diese, so zeigen auch die übrigen Fabriken prismatische, verschieden hohe und in verschiedener Art bedachte Gebäude von grosser Grundfläche, wobei die Bauten mit den Ar¬ beitsmaschinen zur richtigen Beleuchtung die typischen Sägedächer in Glas tragen. Vier Fir¬ men, darunter die genannte, haben Geleiseanschluss, weil sie einen entsprechend hohen oder besonderen Güterumsatz aufweisen (Wein, Eisen und Kohlen, Metalle, Kreide, Öl, Leinsaat).

Die Gerberei

Wieder zeigt sich die traditionell-historische Gebundenheit an Vorhandenes bei der Gerberei an der Aare im Städtchen. An der Stelle befand sich vor 1876 eine Rotfarb, wo Stoffe mit Crappe gefärbt wurden. Durch die Erfindung der Anilinfarben ging diese Färberei ein, und an deren Stelle trat eine Gerberei und Lederfabrik, die wie jene bei der Fabrikation viel Wasser benötigt, das in werkeigener Grundwasserfassung genommen wird.

Die chemische Fabrik

Eine chemische Fabrik, die sich noch immer weiter entwickelt, entstand am Mühletych an Stelle einer im 19. Jahrhundert erbauten und dann aufgelassenen Getreidemühle.

Die Eisenwarenhandlung en gros

Ein grosses Lagerhaus für Gross- und Klein-Eisenwaren aller Art mit weiteren Lager¬ schuppen für Kohle liegt gegenüber dem Bahnhof. Ein fahrbarer Kran dient zum Entladen der schweren Lasten von den Bahnwagen. Das Hauptverkaufsgeschäft befindet sich in Ölten. Das Eisenwarengeschäft hatte früher den Sitz im Städtchen, ihn aber dann an den Bahnhof verlegt.

51 Ein Grosshandelsgeschäft für Sperrholzplatten lagert das Holz ebenfalls in grossen flachen Lagerhäusern in Bahnhofnähe.

Das Weinhandelsgeschäft Bühler

Wie ein Magnet zog der Bahnhof Geschäfte in dessen Nähe. Auf alter Tradition und

Erfahrung fussend, die Aarburg im Weinhandel eignete, wurde 1879 ein grosses Weinlager¬ haus am Bahnhof gegründet. Die Kelleranlagen, etwa 2200 Quadratmeter Grundfläche be¬

deckend, sind in südfranzösischer Art (Herkunftsgebiet der Gründer!) über dem Boden er¬ baut, obschon das Klima hier rauher ist und ausgeprägt kalte Winter dem Wein schaden

können. Das Baumaterial lieferte ein nahe gelegener Steinbruch, aus dem wohl auch zum Teil die Bausteine für die andern Weinkeller und für die Festung gehauen wurden. Das Fassungsvermögen von 65 Holzfässern und 8 Zementlägern beträgt heute etwa 1,5 Millionen Liter, also mehr als dem Gesamthandel pro Jahr im Aarburg des 18. Jahrhunderts entsprach. In einem Jahr kommen heute bis 100 Eisenbahnzisternenwagen zu 15 000 Litern haupt¬ sächlich wieder, wie einst, während des Winters an. Im Verlauf des Winters geht etwa gleich¬ viel fort. Zu- und abgeführt wird der Wein teils mit Reservoirwagen, teils mit Lastautomobilen. Die Eisenbahnwagen können zum Beladen oder Entladen ganz nahe zur Verladerampe heran¬ geführt werden, wo Pumpen bis 11 Wagen pro Tag zu entleeren vermögen. Der Wein wird von folgenden Ländern bezogen: Frankreich, Spanien, Portugal, Italien, Jugoslawien, Ungarn, Griechenland, Tunesien, Algerien und Chile. Gegenwärtig ist Algerien der wich¬ tigste Lieferant, während früher südfranzösische Tischweine an erster Stelle gehandelt wurden. Der Geschmack hat sich geändert, und dieser Tatsache müssen auch die Wein¬ grosshändler Rechnung tragen. Abgesetzt wird der Wein nur an Händler in der Schweiz in Fribourg, Basel, Biel, Zürich, Bern, Interlaken, Luzern, Schwyz und Brunnen, also im wesentlichen in Gebiete, in denen der Fremdenverkehr eine Rolle spielt.

Der Einfluss der Fabriken auf die Wässerung

In allen Fabrikbetrieben wuchs mit der zunehmenden Produktion auch der Energie¬ hunger. Wo möglich, versuchten die Werkbesitzer am Mühletych dessen Energiebeitrag zu steigern. Das geschah einmal durch Modernisierung der Kraftanlagen und Zufuhrrinnen, des weiteren dadurch, dass die Unternehmer möglichst alles Wasser auf ihre Mühle zu leiten trachteten. Es kam zu einigen langwierigen Prozessen unter Werkbesitzern selber. Viele Bauern verkauften, sofern die Höfe nicht schon der Ueberbauung zum Opfer gefallen waren, vom Unwert des Wässerns überzeugt, die Wässerrechte von ihren Matten am Mühle¬ tych weg an die Fabriken. Alle Wässerwiesen zwischen Spinnerei und Bahnlinie nach Bern sowie rund um den Bahnhof in der Steinbillen gingen ein, und Wuhre und sonstige Anlagen verfielen oder wurden abgetragen. Auch das Bahntrasse erschwerte die Leitung des Wassers und wirkte deshalb auch in Richtung der Aufhebung der Bewässerung. Durch andere Wiesen am Mühletych fliesst ein Fremdlingsbach zu einem Grundstück, das das Wässerrecht noch hat. Die Wässerlandschaft stirbt, und an deren Stelle bleiben unbewässerte Grundstücke oder treten vor allem in Bahnhofnähe ausgedehnte Siedlungen für die durch Industrie stark angewachsene Bevölkerung.

Rückgang des Wässerlandes durch Werkausbau Veränderungen bei der Aeschwuhrgenossenschaft Jahr 1928 1. Wässerungsberechtigt 762/8 Jucharten 2. Von den Werken zum Ausbau (Fabriken) denKraftanlagen erworben . 1575/s Jucharten 3. Von Mattenbesitzem seit 1921 auf das Wässern Verzicht geleistet . . 637/8 Jucharten Total dem Aeschwuhr angeschlossen 2976/s Jucharten

52 Besonders vier Betriebe im Südteil Aarburgs zeichnen sich durch ihren Landbesitz, der sichersten Kapitalanlage, aus. Wohlhabenheit, Natur- und Prachtliebe der Fabrikherren, Hessen um den Bahnhof in sonniger Wohnlage eine Reihe von Privatpärken mit hochstäm¬ migen Weiden, Buchen, Pappeln, Fichten, Tannen oder Gruppen von mächtigen Linden entstehen, worin als Sitz die Villa steht. Mit einer Ausnahme bei der Gerberei finden wir im Nordteil der Gemeinde nichts Entsprechendes (Fig. 24).

Der moderne Verkehr

Die Verkehrswege einst und jetzt

Ein Fass Wein, das von Yverdon nach Luzern spediert werden soll, nahm im 18. Jahr¬ hundert, wie wir gesehen haben, den Weg über die beiden Jurarandseen, durch die Zihl und kam auf einem Aareschiff bis Aarburg, wo es mit andern Gütern an Land geschafft, gestapelt und schliesslich per Achse zum Bestimmungsort geschafft wurde. Jetzt aber wird das Fass von Yverdon in einem Luzerner Güterkurswagen Richtung Solothurn-Olten rollen. Dort wird der Wagen im grossen Verschiebebahnhof an einen für Luzern zusammengestellten Güterzug gekoppelt.

Ursachen und Folgen der Verlagerung der Verkehrsfunktionen

Ölten und Aarburg hatten vor der Eröffnung der Bahn etwa die gleiche Wichtigkeit und auch etwa die gleiche Einwohnerzahl, ja Aarburg als Umschlags- und Stapelplatz zählte noch mehr Bewohner als Ölten (Fig. 25). Ölten war wichtiger Brückenort, und das Zeilendorf Trimbach mit vielen Stallungen leistete Säumer- und Vorspanndienste für die Fuhren über den untern Hauenstein. Sobald aber der Landverkehr, voran die Eisenbahn, zum ausschliesslichen Träger des Verkehrs aufrückte, musste Ölten, das mehr Verkehrsstränge als Aarburg vereinigt, zum Eisenbahn¬ knoten gewählt werden. Dadurch übernahm es aber auch ganz die Umschlags- und Stapel¬ funktionen von Aarburg. Nur noch der Holztransport bediente sich bis zur Jahrhundert¬ wende des Wasserweges und blühte noch in der Form der Flösserei. So verfertigten 1880 Aarburger Flösser, die als Originale noch weit in unser Jahrhundert hineinlebten, 294 Flosse mit zusammen 16 511 Stämmen, die von sieben Holzhandlungen1), davon eine in Aarburg, in Auftrag gegeben wurden. Man stellte sie hauptsächlich im Rank bei Murgenthal, ganz in der Nähe der grossen Waldungen, zusammen und übergab sie dort dem Fluss. Eine Be¬ satzung leitete sie abwärts bis nach Frankreich und Holland, wo die Nadelholzstämme im Schiffbau Verwendung fanden. Seit die Eisenbahn fährt, hat sich das Transportvolumen allgemein gewaltig erhöht.

Die Industrie- und Verkehrsbetriebe aber konzentrierten sich immer mehr an wirtschaftlich

geeignetster Stelle, und so erklärt sich der kometenhafte Anstieg der Bevölkerung Oltens innerhalb von knapp 100 Jahren, demgegenüber das Wachstum von Aarburg sich bescheiden ausnimmt (Fig. 25). Währenddessen ist es im Aarburger Hafen still geworden. Es ist Gras über das einst belebte Gebiet gewachsen, eine Allee lädt zum Verweilen, und in den einst trutzigen Landhäusern, soweit sie noch bestehen, schallt Kinderlachen aus den Wohn¬ fenstern. Eine ehemals bedeutsame Funktion ist hier erloschen und in stark gesteigerter Bedeutung auf Ölten übergegangen. Die Schiffbarmachung der Aare könnte sie zu neuem Leben erwecken. Trotzdem ist der Güterumsatz dank Industrialisierung, grösserer Bevölkerung und stark erhöhter Lebensansprüche auch in Aarburg gegenüber einst gewaltig gestiegen :

*) Flösserbuchhaltung von 1880 im Gemeindearchiv.

53 Güter- und Personenverkehr im Bahnhof Aarburg-Oftringen in den Jahren 1925, 1935, 1944 (nach Angaben der Bahnhofleitung)

Gepäck Tiere Güter Güterwagen Billette und (Tonnen) (Anzahl) (Tonnen) (Anzahl) Abonnements Versand Empfang Versand Empfang Versand Empfang Versand Empfang Jahr 1925 173 191 200 405 8 347 18 470 6 520 6 613 80 590 1935 146 141 212 210 6 261 15 616 3 172 3 182 95 685 1944 378 359 261 277 15 031 18 082 5 758 5 768 138 359

Fast durchwegs übertrifFt die Tonnage im Güterempfang die des Versandes, weil die meisten Fabriken Massen von schweren Rohstoffen wie Kohle, Öl und dergleichen ver¬ brauchen und hochwertige, arbeitsintensive Erzeugnisse versenden, was für die Schweizer Industrie im allgemeinen gilt. Dem Warenumschlag dienen ein Güterschuppen und ein grosser Verladeplatz mit feststehendem Kran und einer Waage. Damit hat gleichsam das Bahnhofgebiet Funktionen inne, wie sie einst die Flusshafenzone besessen hatte.

Die neuen Siedlungen Ursprung und Anlage dieser Siedlungen

Der Zunahme von Verdienstmöglichkeiten durch Industrie und Verkehr parallel ging ein rasches Anwachsen der Bevölkerungszahl, was zusätzlichen Wohnraum erforderte. Unter den neu erstellten Wohn- und Geschäftshäusern lassen sich im wesentlichen zwei Form¬ gruppen unterscheiden: a) Geschlossene Verbände, sogenannte Quartiere b) Einzelstehende Gebäude auf freiem Feld. Die geschlossenen Verbände bedecken als Vier- oder Vielecke grössere Flächen Kultur¬ land, oder sie gruppieren sich zeilenartig als schmale Rechtecke längs der Strassen. Den

Tentakeln eines Seesternes ähnlich sind so Wohnzonen aus Stadt und Vorstadt in die land¬ wirtschaftlichen Gebiete hinausgewachsen und besetzen teilweise auch den Rand wichtiger Ausfallstrassen. Dieser Prozess geht scheinbar ohne Gesetz vor sich: bald entstehen da einige Häuser, bald wächst dort, weitab vom Gemeindezentrum eine Gruppe von Wohnbauten aus dem Feld. Manchmal steht ein Baugespann inselhaft mitten in einem Feld. Die starre Ordnung der alten Eidgenossenschaft hat im 19. Jahrhundert neuen Ver¬ hältnissen weichen müssen. Die Handels- und Gewerbefreiheit brachte auch einen freien

Handel mit Grundstücken. Das Bargeld gewann gegenüber den Naturalien eine immer be¬ herrschendere Stellung. Fremde Lebensmittel konnten die Aarburger dank der Entwicklung des Verkehrs bald genügend und billig einkaufen. Der Anschluss ans Ausland begann mit der Eisenbahn. So fingen die Landverkäufe an Baumeister und Liegenschaftshändler an und sind seither nicht mehr zum Stillstand gekommen. Sie gehorchen keinem andern Gesetz als dem des Angebots und der Nachfrage und bilden zum Teil eine Gefahr für eine har¬ monische und wirtschaftlich einwandfreie Nutzung der gesamten Landschaft (Behinderung und Gefährdung des Strassenverkehrs; zu viele und zu lange Anschlüsse an Gas, Wasser, Kanalisation, Elektrizität; Verzettelung der landwirtschaftlichen Nutzfläche; zu viele Wege; Beeinträchtigung des Landschaftsbildes; Chaos statt Kosmos).

Siedlungen im Nordteil der Gemeinde Beispiel einer Fehlentwicklung (Oltenerstrasse)

Ein schmaler Geländestreifen von 1040 m Länge und durchschnittlich etwa 15 m Breite stösst einerseits an die Landstrasse, andererseits an die Böschung der Eisenbahnlinie (Fig.

54 26). Dieser Streifen bildete vor dem Bahnbau mit dem Land östlich des Bahntrassees ein Ganzes. Beim nördlichen Ausgang der Klus nähern sich Bahnlinie und Strasse und verlaufen parallel dicht nebeneinander. Dann biegt die Landstrasse, wie schon auf dem Rennerschen Plan dargestellt ist, in einer leichten Biegung unvermittelt etwas von der Richtung der Bahn¬ linie weg. Dieser Krümmung konnte die Bahn aus technischen Gründen nicht folgen, und

' die Strasse wurde nicht verlegt. So bildete sich dieser schmale Streifen, von dem die nörd¬ liche Hälfte Ortsbürgerland ist, das mit dem jenseits des Bahnkörpers zusammenhing. Der südliche Teil, auf dem jetzt die Häuser stehen, war bis 1897 ein Baumgarten, der einem Stadt¬ einwohner gehörte. Dieser verkaufte schliesslich das Landstück einem Baumeister, der in der Folge die Häuser baute, von denen das stadtnächste an der Kulminationsstelle des Schutt¬ kegels, auf der «Höhe», bezeichnenderweise ein Wirtshaus ist, wo sich's nach den «Strapazen» des Aufstiegs ausruhen lässt, und wo sich die Pferde verschnaufen konnten. Der nördliche Teil des Streifens, der wegen Schmalheit und gefährlicher Zufahrt als landwirtschaftliches Nutzland ausser Betracht fällt, trägt längs der Strasse ungepflegte Mostbirnbäume, deren Früchte grossteils auf die Fahrbahn fallen und verloren sind. Im übrigen gibt es Pflanzplätze und kleine Graswiesen für Kleintierhalter. Wie die Längackerbünten, wird auch dieses Ge¬ biet an Interessenten verpachtet. Die Geleise der Bahn stehen aufeinem 750 m langen Damm,

dessen Material aus dem alten Hauensteintunnel stammt.

Beispiel einer gesunden Entwicklung (Längacker)

Dieses Quartier ist in jüngster Vergangenheit entstanden. Bevor die Bebauung begann, besass die Einwohnergemeinde kein Land, das sie zu sozialen Bedingungen hätte an Bau¬ lustige abgeben können. Im Interesse der Gemeinde Aarburg und zur Behebung der Stag¬ nation der Siedlung verkaufte dann die Ortsbürgergemeinde zum ersten Male Bauland zu günstigen Preisen. Die Siedlung befindet sich auf einem Sporn am Abhang gegen den Wald und steht gerade dem oben besprochenen Streifen gegenüber. Die etwas erhöhte Lage eignet sich gut zum Wohnen und die Gefahr, dass bei Regenperioden stehendes Wasser Fundamente und Keller schädigt, fällt hier weg. Da das Land von der Korporation nur Stück um Stück abgetreten wird, ist die Spekulation verhindert, und der persönlichen Willkür verbleiben in der Wahl des Bauplatzes engere Grenzen. Aus diesem Grunde zeigt sich eine geschlossene Form der Siedlung, obwohl die Haustypen verschiedene Formen aufweisen, verschiedenen Ansprüchen dienen und auch von verschiedenen Baumeistern erstellt wurden. Im südlichen altern Teil entstanden schlichte Ein- und Mehrfamilienhäuser vornehmlich von Aarburger Bürgern, im nördlichen Teil sind zum grössern Teil luxuriöse Einfamilienhäuser von Oltener Geschäftsleuten erbaut worden. Mit der zunehmenden Verknappung an Baugelände in der Stadt Ölten müssen dort die Einfamilienhausbauten stark eingeschränkt werden, das Land

wird zu teuer, die Interessenten suchen sich in der Nähe einen geeigneten Bauplatz zu erwer¬ ben : Aarburg wird zu einem Wohnvorort von Ölten, eine Entwicklung, die noch stark durch die Autobuslinie Olten-Aarburg beschleunigt werden wird, wodurch nun auch das Klusengebiet in raschem Rhythmus in eine andere Landschaft verwandelt werden wird. Die Überbauung des Nordteils des Längackerquartiers nahm nach und nach folgende Flächen ein :

Im Jahre 1904 mass die Parzelle 18 987,62 a Im Jahre 1944 mass sie 876,93 a

Durch Überbauung und Gärten verbraucht ... 110,69 a

Seither ist mindestens eine weitere Hektare einschliesslich Gärten bebaut worden, so dass der Landwirtschaft daraus auf dieser Parzelle ein Verlust von etwa 20 % Land erwächst. Weitere Erschliessungen stehen bevor.

55 Beispiele, die die besondere Wirkung der Spekulation auf die Siedlung zeigen sollen

Die Siedlung im Feld

Wechseln Parzellen inmitten eines landwirtschaftlichen Gebiets in die Hände von Nichtland-

wirten über, so geschieht der Kauf häufig in der Absicht, das Land später unter günstigen Bedin¬ gungen stückweise zu Wohnzwecken veräussern zu können, was jetzt durch das Landwirtschafts¬ gesetz erschwert wird. Parzellierung kann also ein Kennzeichen für zu erwartende spekulative Bauten sein. Im Jahre 1904 bildeten die heutigen Parzellen 783, 784, 786, 788, 858, 859, 861, 862, 893, 894, 916, 917, 1225, 1226, 1227 noch eine landwirtschaftlich genutzte Parzelle Nr. 21, von der 309,19 a Acker- und Wiesland und 9,52 a Gebüsch waren (Fig. 27). Im Jahre 1906 wurde diese Parzelle an einen andern Landwirt verkauft, und 6 Jahre später ging dieses Stück Land an einen Nichtlandwirt über. Jetzt erfolgte die erste Parzellierung in 7 viereckige Stücke (Lit. 49) :

783 : Auf dieser Parzelle Erstellung eines Wohnhauses mit 2,2 a Gebäude- und Hofraum und 8,02 a

Ackerland. Verkauf an einen Privatmann im Jahr 1915. 784: 9,04 a Acker- und Wiesland ohne Gebäude wird wie das eben genannte Ackerland als Baum¬ garten genutzt. 785: 55,88 a Land verbleiben wie das eben genannte Stück im Besitz des Landinhabers. Es wurde 1914 erneut in 3 Parzellen 861, 862 und 863 geteilt. 786: 7,28 a Wege. Es handelt sich um die Erschliessung zukünftigen Baulandes, wobei die Land¬ stücke senkrecht zum Weg abgeschnitten werden. 787: 196,07 a Acker- und Wiesland und 9,52 a Gebüsch. Teilung ebenfalls 1914 in 857, 858, 859. 788: 19,09 a Acker- und Wiesland. Verkauf dieses Landstückes an einen Baumeister von Ölten, der davon 4 Bauparzellen macht und darauf Einfamilienhäuser erstellt.

789 : Wird nach Kauf durch denselben Baumeister ebenfalls weiter unterteilt und darauf 3 Wohn¬ häuser mit umliegenden grössern Gärten gebaut. 861: 8,91 a Land bleiben beim Eigentümer. 862: Bau von 1,82 a Wegen zur Neuerschliessung. 863: 45,15 a Wirtschaftsland (Baumgarten, Hühnerweide). Ausscheidung der Parzelle 893 im Jahre 1916. Neubau mit 5,1 a Garten und Baumgarten Vorgelände bis zur Landstrasse und Verkauf

an einen Werkstättearbeiter. Der restliche Teil wird zu Parzelle 894.

857: Umfasst 1,6 a Gebäude- und Hofraum sowie 86,93 a Acker- und Wiesland zur Pflanzung von Kartoffeln und Gemüsen, die, wie Eier, vom Besitzer auf den Markt in Ölten gebracht werden. Teilung der Parzelle 1917 in die beiden Stücke 916 und 917. 858: 4,4 a Wege. Fortsetzung von 862. 859: 76,55 a Acker- und Wiesland. Anbau von Gemüse, Korn, Kartoffeln, Gras in Wechselwirtschaft.

Man merkt, dass der Besitzer der ursprünglichen Parzelle 21 die Überbauung so lenken möchte, dass von zwei Seiten vom Rand her auf seine in der Mitte gelegene Wirtschaftsfläche nach und nach zugebaut wird. Vorerst sind aber nur auf der südlichen Seite Wohnhäuser entstanden. Südlich der beschriebenen Besitzungen liegt, mit der Schmalseite an die Landstrasse stossend, die ehemalige Parzelle 31, die jetzt aus den Stücken 760, 761, 769, 770, 771 besteht und dem gleichen Eigentümer gehörte. Diese Parzelle wurde 1911 durch einen Landwirt verkauft und dann in 3 Teile geteilt:

760: 12,53 a Acker- und Wiesland. Wurde 6 Jahre später an einen Werkstattarbeiter verkauft. 761 : Erstellung eines Wohnhauses und Kauf durch einen Bahnarbeiter. 762: Teilung in 3 Stücke, die zusammen 48,52 a messen. Diese 3 Stücke Land wurden dann ebenfalls dem Bahnarbeiter verkauft, der das Land bei Gelegenheit an Bauherren weiter veräussern wird. Fig. 28 zeigt die Veränderungen innerhalb der Parzelle 28, welche 174,15 a hält. Durch Verkauf und Wiederverkauf ging sie im Jahre 1919 in den Besitz eines Baumeisters in Aarburg über, der den grössten Teil des unteren Dürrberges, dessen Land zum Gasthof Bären im Städtchen gehörte, auf¬ kaufte, da die Gemeinde den Kredit zum Erwerb dieses Landstückes nicht bewilligte. Die Bären-

56 scheune, die 1895 durch Brandstiftung zerstört wurde, lag an der Dürrbergstrasse kurz ausserhalb des Städtchens. Vom grossen Landbesitz bildet die genannte Parzelle den nördlichen Abschluss mit geringerem Lagewert und teilweisem Unland, das landwirtschaftlich nicht genutzt werden kann. Hier entstanden in randlicher Lage auf 11 ausgeschiedenen Parzellen 5 Doppeleinfamilienhäuser und 1 gewöhnliches Wohnhaus.

Die Streifensiedlung im hintern Dürrberg als Siedlungsbruchstück

Die Parzelle 97 (Fig. 29) mit 501,7 a Acker- und Wiesland + 39,68 a Wald gehörte ehemals zu einem Betrieb, dessen Scheune in der Vorstadt dort stand, wo sich jetzt das Postgebäude befindet. Mit dem Abbruch der Scheune wurde auch der ganze Betrieb aufgelassen und das genannte Landstück einem Baumeister in Aarburg verkauft. Längs der einen Besitzgrenze entstanden nun 4 Spekulationsbauten in einer Zeile angeordnet, die verkauft wurden. Weiter wurde ein Hof zur vorläufigen weiteren Be¬ wirtschaftung des übrigen Landkomplexes erstellt. Die Aussichten für die Erstellung weiterer Wohn¬ bauten und deren Verkauf scheinen in der Folgezeit ungünstig geworden zu sein. Diese Tatsache mag wesentlich dazu beigetragen haben, dass 1933 der westliche Teil der Parzelle samt dem Hof an einen Landwirt verkauft wurde, was sonst selten vorkommt. Seither hat sich in diesem Gebiet die Situation durch Neubauten nicht verändert. Wir haben hier ein Beispiel dafür, dass die Land¬ wirtschaft, auf gesunde Grundlagen gestellt, mit nicht zu kleinem Landbesitz und nicht zu nah beim Kern der Siedlung, landschaftlich konservierend aud auflockernd wirkt. Die Bewohner der Siedlungen in der KIoos, im Längacker, im Feld, längs der Bahnlinie arbeiten fast durchwegs in den Industrien und bei der Bahn des mächtig aufstrebenden Verkehrsknotens Ölten und pflegen in ihrer Freizeit Gärten, Obstbäume, Hühner, Kaninchen, was sich landschaftlich durch häufige Zubauten bei den Häusern ausdrückt.

Die Entstehung eines neuen Hofes im unteren Dürrberg

Nachdem das etwa 8,5 ha messende, ebene Gebiet durch den Besitzer des Gasthofes Bären im Städtchen verkauft worden war, ging es zunächst an einen Eisenhändler über, der daneben noch einen Landwirtschaftsbetrieb unterhielt. Um die Jahrhundertwende liess dann ein Bahnangestellter inmitten der Landfläche ein Wohnhaus errichten. Das Land war zur Nutzung an einen Oltener ver¬ mietet. Dieser Lehenmann hat es später gekauft und neben dem Wohnhaus eine Scheune gebaut. Einige Zeit führte man den Kehricht der Stadt Ölten und der Gemeinde Aarburg auf das Land. Im Jahre 1919 trat wiederum eine Handänderung ein, indem nun ein Aarburger Baumeister das Land samt Wohnhaus und Scheune erwarb und einen Pächter auf den entstandenen Hof setzte. Da die Bautätigkeit im südlichen Teil der Gemeinde viel intensiver ist, hat sich bis in die Gegenwart in dieser Landschaft noch nicht viel verändert. Eine sich wahrscheinlich intensivierende Bebauung setzt von der nördlichen Besitzgrenze her ein (Fig. 43).

Siedlungen im Südteil der Gemeinde Allgemeines

Das Kraftfeld des Bahnhofs bewirkte in diesem Teil, wie schon angedeutet wurde, eine früher beginnende und stärkere Bautätigkeit, als im Norden der Gemeinde, wenn schon auch grosser zusammenhängender Landbesitz von Fabrikunternehmern unmittelbar um den Bahnhof hier eine lange Stagnation zur Folge hatte und auch heute noch verhindert, dass die ganze Bahnhofzone dicht überbaut wird. Im allgemeinen kann gesagt werden, dass sich der Siedlungsbau bisher, dank verschie¬ dener regulierender Faktoren, eher geschlossener und für die Landschaft harmonischer ent¬ wickelte, als in der Klus.

Neuquartier und Brodheitere

Scharf begrenzt an den beiden Längsseiten durch die alte Zofinger- und durch die Säge¬ quartierstrasse dehnt sich eine Wohnzone von der Vorstadt aus in die flache Schotterebene.

57 Dieses Quartier wächst so rasch, dass es als aufstrebendster Teil Aarburgs bezeichnet werden kann. Durch schachbrettartige Parzellierung und die Kuben zahlreicher Ein- und Zwei¬ familienhäuser, die Korrektion und Teerung bestehender Strassen und die Anlage neuer, senkrecht dazu verlaufender Querverbindungen, ist die ehemalige Wässerlandschaft im Begriff, von einem neuen Landschaftstyp abgelöst zu werden. Pflanzplätze, kleine Obst- und Ziergärten, Holzschöpfe, Hühner- und Kaninchenställe bilden nebst den erwähnten Bauten die Strukturelemente der Landschaft. Die Lage ist sehr günstig, da der Bahnhof nicht weiter als 600—700 m entfernt liegt, kein Durchgangsverkehr herrscht und die Sonne länger über dem natürlichen Horizont scheint, als in der Klus, wo besonders im Winter die Sonne bald hinter der Kulisse des Borns verschwindet. Auch die Nordwinde, die durch die Kana¬ lisierung in der Klus stärker wehen, werden im Süden durch den Schlossfelsen abgehalten. Wie kam diese geschlossene Bauzone zustande? Das Gebiet gehörte, mit vielen andern Heimwesen zusammen, einem Oftringer Fabrikunternehmer, dessen Vater viel Land zu¬ sammenkaufte und in Oftringen während einiger Zeit herrschenden Einfluss besass. Wäh¬ rend der Weltwirtschaftskrise 1930 musste der Sohn dann, um Mittel für die Bezahlung grosser Bürgschaften flüssig zu machen, Land verkaufen. Ein imitativer Zimmermann kaufte jenen Streifen in der Brodheiteri auf und begann mit dessen Bebauung, die erst in der Zukunft abgeschlossen werden dürfte. Als Siedlungsregulierende, wichtige Faktoren wirken der vorläufig nicht veräusserte Landbesitz der Spinnerei und auf der anderen Seite ein grosser Streifen Land, der inzwischen in den Besitz der Einwohnergemeinde übergegangen ist.

Im Zuge des sozialen Wohnungsbaues hat die Metallwarenfabrik für ihre Arbeiter an drei Stellen, worunter auch im genannten Baugebiet, Land erworben und Siedlungen darauf gebaut. Sowohl im Norden, wie hier, haben die Neusiedlungen auch gewisse neue Lebensmittel¬ geschäfte auf den Plan gerufen.

Das Bahnhofquartier

Einst ebenfalls Wässerungsgebiet mit Hofsiedlung (Fig. 20), sind heute hier wohl die letzten Reste jener Nutzungsform ausgetilgt. Von den zwei Wirtshäusern am Bahnhof ist eines be¬ sonders erwähnenswert, weil die Krone, wie wir sie früher im Städtchen fanden, dort ein¬ gegangen ist und nun als ähnliche Taverne am Bahnhof fortlebt. Zur andern Wirtschaft gehörte, wie das üblich war, noch bis vor 20 Jahren eine angebaute Scheune mit Stallungen und Land. Jetzt ist das Gebäude zu einem grossen Geschäftshaus umgebaut, und der da¬ hinter liegende Baumgarten, der vom Wirt lang als Schafweide benutzt wurde, wird nun auch mit Geschäfts- und Wohnhäusern belegt werden. Auf benachbartem Gelände sind dank Bahnnähe und höherer Landpreise mehrere grosse Wohnblöcke von mehreren Stockwerken und teurer Miete erstellt worden.

Die heutige Stadt Aarburg

Die politische Entwicklung nach dem Abzug der Berner

Die territorialen Veränderungen der Helvetik brachten es 1798 mit sich, dass die Grenze des Aargaus gegen Bern während einiger Zeit die Wigger bildete und somit Niederwil, Riken und Brittnau an Bern fielen. Damit aber war das ohnehin kleine Einzugsgebiet des Aar¬ burger Amtes auf Aarburg, Oftringen und Mühletal zusammengeschmolzen. So ging Aar¬ burg der angestammte Einzugsbereich verloren, und bei der Bildung des neuen Kantons Aargau wurden die eben genannten Gemeinden, zu klein um einen eigenen Bezirk zu bilden,

58 trotz grösster Anstrengungen Aarburgs, dem neuen Bezirk Zofingen einverleibt. Dadurch gingen die zentralen Funktionen wie Bezirksgericht, Bezirksspital u.a. auf Zofingen über.

Entwicklung der Siedlungen in ganz Aarburg mit Angabe der Schwerpunkte des Wachstums

1. Zahl: Stand 1910 2. Zahl: Stand 1941 (ausgewertet nach Haushaltungsumschlägen)

Gemeindeteil Zahl der Prozentuale Zunahme d< Wohn¬ Haus¬ Ein¬ Wohn¬ Haus- Ein- häuser haltungen wohner häuser haltungen wohni Stadt und Vorstädte . . 264 516 2 251

alte Strasse .... 12 22 18 38 63 136 83 HI 116 2 49 4 65 22 242 2 350 1525 1000 2 4 4 5 15 22 100 25 47 Falkenhof 1 1 1 1 4 6 0 0 50 Högerli 2 4 3 4 10 11 100 33 10 2 17 4 32 21 119 750 700 466 Kleinfeld 1 1 1 1 6 2 0 0 -66 Kloos 3 16 9 34 31 115 434 278 270 3 17 5 18 28 76 466 260 172 Rüttenen 1 2 2 3 6 9 100 50 50

zum Schwarzenstier . . 1 2 2 4 9 15 100 100 67 Spiegelberg 1 1 2 2 7 7 0 0 0 Tiefelach 2 2 2 1 14 6 0 -50 -57

Die heutigen Stadtfunktionen Aarburgs

Aarburg verblieben nur ganz wenige Funktionen, deren Bedeutung über die Gemeinde hinausreichen, also zentral sind: da ist zum Beispiel noch das Amt eines Eichmeisters für den Bezirk Zofingen, das zurzeit von meinem Freunde Franz Bohnenblust ausgeübt wird, ein Amt, das zweifellos auf das des alten Fassinners zurückgeht und mit der grossen Wein¬ ablage zusammenhängen dürfte. Temporäre Theateraufführungen und ein Orchester können, dem beachtlichen Niveau der Vorführungen wegen, stets auf Zuspruch einer weiten Umgebung zählen. Aber ausser einer Druckerei finden sich in Aarburg keine Dienste oder Betriebe mehr, die nicht auch in einem grösseren Dorf wie Oftringen oder Rothrist anzutreffen wären. Ja, die Aarburger selbst reisen zum Nachteil der hiesigen Geschäftsleute in die Zentren Ölten und Zofingen, um einzukaufen. Aarburg als Ganzes hat keinen Einzugsbereich mehr, es ist selbst zum Einzugsbereich geworden. Es war eine Stadt, ist es aber nicht mehr. Es ist eine museale Kleinstadt, die die zentralen Funktionen an andere abgeben musste: an Ölten und Zofingen. Die Physiognomie, wie sie durch die historischen Faktoren und durch Naturkräfte ge¬ schaffen wurde, erhielt sich äusserlich am ausgeprägtesten im Stadtdreieck und in der Vor¬ stadt, sowie im mächtigen Schlosse.

Die Landwirtschaft

Die Entwicklung der Landwirtschaft seit der franz. Revolution im Gebiet von Aarburg

Bis jetzt sind wir schon in verschiedenem Zusammenhange auf die Landwirtschaft zu sprechen gekommen. Wir wollen ihre Entwicklung nun in der Neuzeit weiter verfolgen. Bis zum Bahnbau 1857 blieben Wirtschaftsform und Landschaft, wie sie für das 18. Jahrhundert geschildert wurden, noch weitgehend erhalten. Erst dann begann die neue Ära langsam, dann in

59 immer schnellerem Tempo, landschaftliche Gestalt anzunehmen. Die Bahn führte bald Getreide, Saatgut und Kunstdünger heran. Aber auch weitgereiste, mit neuen Erkenntnissen im Landbau aus¬ gerüstete Menschen kamen ins Land. Neue, verbesserte Geräte erschienen auf dem Markte und erlaubten ein müheloseres und doch ertragreicheres Arbeiten auf Acker und Wiese. Nach und nach verschwand die extensive Weidewirtschaft. An ihre Stelle trat die Stallfütterung, die eine bessere Nutzung der Wiesen erlaubte. Die Erträge im Ackerbau stiegen. Gleichzeitig vermehrte sich aber auch die Viehzahl und damit das Bedürfnis für die Aufbewahrung von genügend Winterfutter. Das alte Aargauer Dreisässenhaus bot zur Unterbringung des reichen Segens nicht mehr genügend Raum. Es entstanden grosse Scheunenzubauten, oder das alte Strohdachhaus wurde ganz abgerissen und ein Neubau aufgerichtet, der den neuen Gegebenheiten angepasst war. Es blieb aber nicht bei diesen Veränderungen. Die Anpassung der Landschaft an die neuen und raschen internationalen Transport¬ verbindungen, ihr Einspielen auf ein bislang unbekanntes System verkehrsverbundener Weltwirt¬ schaft zog weitere Kreise: Es verschwanden nach und nach die öl- und Gespinstpflanzen von unseren Äckern und Bunten. Die Kartoffelfelder ersetzten schon längst die für die Nahrungsmittel¬ versorgung einst so wichtigen Erbsen-, Bohnen- und Haferpflanzungen. Auch für die Ernährung des Viehs gewannen die Hackfrüchte allgemein grosse Bedeutung. Bald sollten die Bauern auch eine scharfe Konkurrenz ihres Getreidebaues durch ausländisches Brotgetreide verspüren. Sie stellten ihre Betriebe immer stärker auf Viehwirtschaft um. Die vielen bunten Äcker der Selbstversorgungs¬ zeit räumten immer mehr dem monotoneren Grün des Graslandes das Feld. Milch und Milch¬ produkte konnten bei stark zunehmender Bevölkerung leicht abgesetzt werden. Das Risiko war ge¬ ringer als beim Getreidebau. Der Bauernfamilie floss regelmässig ein sicheres Stück Bargeld zu, was für die nicht mehr autarke Wirtschaft des Einzelbetriebs besondere Bedeutung erlangte, da viele lebenswichtige Güter nun im Laden gekauft werden mussten. Viele bauerten neben ihrer Haupt¬ beschäftigung in der Fabrik weiter, was die Milchwirtschaft mit relativ wenig Arbeitsaufwand noch zweckmässiger erscheinen liess. Alle Vorteile lagen so bei der Milchwirtschaft, und daher hat die Tendenz zu vorwiegendem Grasbau in Aarburg bis in die jüngste Zeit angehalten. Erst die Milch¬ schwemme der dreissiger Jahre hat endlich das Gleichgewicht überschritten und das Signal zu ver¬ stärktem Ackerbau gegeben, der durch den Krieg wieder zur Blüte gelangte und heute wieder einem Ausgleich mit der Viehwirtschaft zustreben dürfte, (vergleiche Rindviehzahlen folgender Tabelle).

Viehbestände einiger Gemeinden:

Gemeinde Rindvieh total Kühe Pferde Schweine Ziegen Schafe Hühner

17941) Aarburg 119 89 * * * 4 * Oftringen 508 326 * * * 55 * * * * * - Niederwil .... 459 271

1833*) Aarburg 112 109 64 74 73 82 * 18803) Aarburg 204 117 45 56 66 3 * 19361) Aarburg 324 198 31 198 18 7 1827 Oftringen 1330 796 137 747 46 10 7 330

Rothrist ...... 1264 734 104 823 57 26 8651 1942s) Aarburg 207 131 30 * * * * 1946s) Aarburg 163 138 * * * * *

* 1952*) Aarburg 215 21 111 20 - 2 663 * Zahl unbekannt

Die Tabelle lässt folgende Feststellungen zu : 1. Der Rindviehbestand in Aarburg hat sich von 1794 bis 1936 fast verdreifacht, der Kuhbestand mehr als verdoppelt.

*) Lit. 34. 2) Lit. 38. 3) Lit. 42. 4) Lit. 8.

60 2. Die Zahl der Ziegen in Aarburg ist seit 1880 auf % ihres Bestandes gesunken. Viele Arbeiter, die bisher Ziegen hielten, kauften eine Kuh zu, da nun reichlicher Futter zur Verfügung steht als früher, andrerseits der Mangel an Weideland und das Fortfallen der Waldweide der Ziegenhaltung abträglich ist. Die Ziegen, wählerisch im Futter, finden auf den begüllten Wiesen die ihnen zusagenden Kräuter nicht mehr. 3. Wie die Zahl der Schweine, so ist auch die Zahl der Hühner stark gewachsen, was eine Folge des zunehmenden Genusses animalischer Nahrungsmittel ist. 4. Die Zahl der Schafe, die nie gross war und ein Zeichen extensiver Wirtschaft bedeutet, hat weiter abgenommen. 5. Die Zahl der Pferde ist in stetem Sinken begriffen, eine Folge der zunehmenden Moto¬ risierung, aber auch von Rentabilitätsüberlegungen, besonders in kleineren Betrieben.

Die Zurückdrängung der Landwirtschaft und ihre Folgen

Dank erhöhter Produktivität verbesserte sich die Lage der Landwirtschaft im Vergleich mit den Verhältnissen des 18. Jahrhunderts bis in die jüngste Zeit. In den letzten Dezennien aber begannen Faktoren zu wirken, die sich anschicken, den erreichten Fortschritt wenig¬ stens teilweise wieder aufzuheben, ja eine, wenn auch langsame, so doch sichere Liquidation des agrarischen Aarburg zur Folge haben werden. Es sind das unter vielen wirkenden Kräften : a) Die zunehmende Bevölkerung;

b) der zunehmende Wohnluxus ; c) der immer mehr ins Gewicht fallende Verlust von Kulturland durch den Bau zahlreicher platzraubender Einfamilienhäuser, deren Errichtung dem Wohnungsmangel doch nicht abhelfen kann, weil nur ein kleiner Volksteil davon profitiert; d) die Abwanderung in gewerbliche und andere Berufe, deren Nachfrage nach Arbeits¬ kräften immer noch steigt. Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe mittlerer und kleiner Grösse ist in steter Ab¬ nahme begriffen, da sich in dem stark industrialisierten Gebiet besserer Verdienst bei mehr Freizeit bietet:

Viehbesitzer Total Hauptberufliche Nebenberufliche in Aarburg Landwirtschaftsbetriebe Landwirte Landwirte

1929 58 58 25 33 1936 59 * * * 1942 34 34 18 16 1952 27 27 14 13

* Zahl unbekannt

Die Kulturlandverluste durch Neusiedlungen sind nicht zu unterschätzen,, zumal das ebene Gelände mit fruchtbarem, leicht bearbeitbarem Boden besonders durch Überbauung vermindert wird. Nach Messungen auf dem Übersichtsplan der Gemeinde Aarburg sind durch Häuser, Fabriken und Anlagen von 1840 bis 1950 an Land mindestens verbraucht worden: a) Im Nordteil der Gemeinde: 13 ha b) Im Südteil der Gemeinde: 31 ha Dieser Fläche allein entsprechen etwa fünf Höfe mittlerer Grösse. In Wirklichkeit sind aller¬ dings viel mehr Betriebe aufgelassen worden, weil gut die Hälfte der Betriebe auf Klein¬ heimwesen entfällt, wo die Landwirtschaft nur eine Nebenfunktion erfüllt (Fig. 31).

Die jetzigen Landwirtschaftsbetriebe in Zahlen

Die während des letzten Krieges durchgeführten Anbauerhebungen lieferten ein um¬ fangreiches statistisches Material, dessen übersichtliche Darstellung und Auswertung wesent-

61 lieh zum Verständnis der Struktur des bäuerlichen Aarburg beitragen dürfte (Lit. 37). Der Standort eines Betriebes trägt in Fig. 31 dieselbe Nummer, wie der Betrieb in den folgenden Tabellen.

Kulturlandverteilung 1942

Tab. I (alle Flächen in a)

Hof Bewirt- Wiese offenes Brot- Futter¬ Hack¬ Ackerland schaftetes Ackerland getreide getreide früchte, in % des Kulturland Gemüse Kulturlandes a) Nordteil

1. 632 Leuenberger .... 1 1 007 625 361 108 156 38 2. Schär H 1 376,7 939,7 437 231 108 98 32 3. Blaser 390 276 114 54 19 41 29 4. Roth 0 443 316 127 88 4 35 29 5. 396 53 Tschamper .... 343 30 10 13 13,5 6. Hofer J 304 208 96 36 26 34 31,5 7. Lerch 312 228 84 53 2 29 27 8. Stadler 432 293 139 83 18 38 32 9. Hess 689 426 263 95 97 71 38

10. Plüss 185 136 49 16 - 33 26,5

ll.Häfeli 113 93 20 4,4 - 15,6 18 12. Däster 195 152 43 21 3 19 22 13. Dähler 160 142 28 8 4 16 17,5

14. - Spiegelberg .... 108 81 27 9 18 25

15. Fehlmann 52 41 11 - - 21

16. Aebischer 59 29 30 - - 51

17. Lütolf 289 247 42 - - 14,5

18. Schärer R 131 96 35 20 - 15 27

19. Hunziker, Rüttenen. 159 145 14 - - 9

20. HoferWwe., Rüttenen 98 88 10 2,5 - 7,5 10

21. Wüthrich 193 146 47 - - 24

22. SuterWwe 175 119 56 17 - 39 32

Total 7 891,7 5 551,7 2 350 1128,9 399 678,1

b) Südteil

23. Hofer P 867 537 330 162 51 117 38 24. Flückiger 955 551,5 403,5 197 45 161,5 42 25. Nyffenegger .... 846 520 326 164 60 102 38,5 26. Heiniger 603 355 248 145 38 65 41 27. Gerber 516 313 203 92 48 63 39,5

28. Feuz 216 180 36 11 - 25 16,5 29. Christen 470 315 155 69 8 78 33 30. Moor 962 570 392 165 23 204 41 31. Glauser 1098 774 324 180 63 81 29,5 32. Tüscher 515 330 185 90 32 63 36

33. Scherler 296 225 71 33 - 38 24

34. Zinniker 109 86 23 10 - 13 21

35. Siegrist 72 51 21 - - 29

36. Schär Wwe 162 130 32 18 - 14 20

37. Matter G 148 70 78 36 - 42 53

38. Maurer 302 262 40 20 - 20 13

Total 8 137 5 269,5 2 867,5 1 392 368 1086,5

62 Brotfruchtanbau und -ertrage 1942

Tab. II (alle Flächen in a, Gewichte in kg)

Durchschnitt- S_ S» L ^»L I» 'S« M „ fXT Ï- „ Hof Nr. .a g .|g gg S §82 a g 8 g * g * 2 2S 22 licher Weizen- £< 5;w e!^ BiW S< 2« Q -3 Q w ß< H H er*rag pro a

1 170 3140 36 530 80 710 75 1846 361 6226 18,5 2 96 1510 26 100 25 44 1260 231 2870 15,7 3 13 252 16 393 25 686 54 1331 19,4 4 20 319 10 190 58 1085 88 1594 16 5 30 410 30 410 6 11 200 25 710 36 910 7 12 200 23 374 18 593 53 1167 16,7 8 25 473 34 692 24 481 83 1646 19 9 42 976 53 1527 95 2503 23,2 10 8 173 8 194 16 367 21,6 11 4,4 70 4,4 70 15,9 12 21 495 21 495 23,6 13 8 126 8 126 15,8 14 9,5 147 9,5 147 15,5 18 20 333 20 333 16,6 20 2,5 43 2,5 43 17,2 22 17 50 17 50 (2,9)

Total Nordteil 468,4 8307 156 2479 105 710 360 8792 1129,4 20288 Mittel 18,2

23 100 2393 62 1550 162 3943 23,9 24 180 4338 17 524 197 4862 24 25 72 2080 92 1960 164 4040 29 26 100 2092 33 894 12 235 145 3221 20,9 27 50 1211 42 620 92 1831 24,2 28 10 * 1 * 29 69 1850 69 1850 26,8 30 65 1161 100 1944 165 3105 17,9 31 70 * 34 * 76 * 180 * 32 30 545 60 1578 90 2123 18,2 33 33 707 33 707 34 10 141 10 141 14,1 37 1,5 * 35 571 36 571 38 20 500 20 500 25

Total Südteil 777,5 16311 33 894 79 942 485 8747 1363 26894 Mittel 22,4 * Zahl unbekannt

Nach Tabelle I können wir folgende Feststellungen machen :

1. Im Nordteil der Gemeinde gibt es mehr Landwirtschaftsbetriebe als im Südteil.

2. In der Klüse gibt es mehr Klein- und Zwergbetriebe als im Süden. Die meisten Besitzer der Kleinbetriebe sind Arbeiterbauern, die ihrem Verdienst in Ölten oder Aarburg nachgehen. Die mittleren Betriebsgrössen sind a) in der Klus 358,7 a b) im Südteil 508 a Der kleinste Betrieb fand sich in der Klus mit 52 a, der grösste ebenfalls in der Klus (Pachtbetrieb) mit 1632 a.

63 3. Der Anbau von Futtergetreide ist in der Klus absolut und relativ grösser als im Süden. Im Süden breiten sich fette Matten und Wässerwiesen aus, und der Boden gibt grössere Gras- und Heuerträge.

4. Der Anbau von Hackfrüchten ist im Südteil relativ grösser als im Norden der Ge¬ meinde.

Aus Tabelle II ersehen wir, dass

1. der Roggenanbau in der Klus verbreiteter ist als in der südlichen Schotterebene1). Der Roggen stellt an die Güte des Bodens nicht so hohe Anforderungen wie der Weizen. Wo der Weizenbau sich nicht mehr lohnt, kann sich der Roggenbau noch lohnen; 2. die Ertragsmittel für Weizen in der Klus tatsächlich hinter den Erträgen im Südteil zurückstehen, was hauptsächlich eine Folge der Bodenqualität sein dürfte; 3. der Dinkel (oder Einkorn) in beiden Teilen etwa gleich verbreitet ist und ähnliche Erträge abwirft.

Lieferung von Milch in die Genossenschaftshütte in kg à 30 bezw. 40 Rp. für 1942 und 1950 von Mitgliedern der Milchgenossenschaft (Lit. 45)

Tab. m Hof Nr. Viehbestand 1942 Milchmenge 1942 Milchmenge 1950 Total davon Kühe in kg in kg

1 26 14 44 212,5 27 600,2 2 16 8 18 669 27 468,8 3 7 5 12 599 11503 4 4 3 7 475 7 325 5 4 3 6 708,5 Betrieb aufgelassen 6 5 4 10 651 10 332 7 3 3 8 539 Betrieb aufgelassen 8 5 5 16 982 10 954,6 9 11 7 18 433 31 102,6 10 2 2 4 770,5 1291,4

Total Nordteil 83 54 149 039,5 127 577,6

23 12 7 19 262 16 794,4 24 13 8 29 256,5 48 581,2 25 14 7 20 058 21 924,2 26 14 8 19 377 18 139,9 27 8 7 19 393 14 202,2 28 4 3 10 815 6 116,4 29 8 7 18 206,5 11029,6 30 20 12 22 385,5 23 326,4 31 15 8 28 905,5 7 573,8 32 10 6 16 262 21 073,7 33 6 4 9 329 Hilfiker (Oftringen) 32 968,6

Total Südteil 124 77 213 250,0 221 730,4

!) Für das Jahr 1947: Nordteil 60 a Roggen Südteil 0

64 Klein- und Zwergbetriebe mit Vieh ohne Milchlieferung in die Hütte

Tab. IV Hof Nr. Viehbestand 1942 Hof Nr. Viehbestand 1942 Total davon Kühe Total davon Kühe

11. 2 1 35 2 1 12. 4 2 36 2 1 13. 3 38 7 3 14. 2 Südteil (3 Besitzer) 11 5 15. 1 18. 3 19. 2 20. 1 21. 7 3 22. 2 2

Nordteil (10 Besitzer) 27 14

Totale Milcheinlieferung verschiedener Jahre

Tab.V Jahr Menge in kg Jahr Menge in kg

1933 515 009,5 1938 527 285,5 1934 539 145,5 1939 482 816 1935 510 750,5 1942 420 605 1936 486 226,5 1946 374 537 1937 496 655 1950 429 682,2

Aus diesen Darstellungen geht wiederum deutlich die grössere Zahl von Zwergbetrieben in der Klüse hervor. Um jeden dieser Betriebe breitet sich ein Obstbaumgarten mit Kirsch-, Zwetschgen-, Apfel-, Birn- und Nussbäumen aus. Die durchschnittliche Kulturlandfläche pro Stück Vieh stellt sich

auf 72 a a) in der Klüse. . auf 60 a b) im Südteil . .

Die Belieferung Aarburgs mit Frischmilch

In die Frischmilchbelieferung der Bevölkerung teilen sich zwei Unternehmen : a) Die Milchgenossenschaft, deren Milch von der Aarburger Landwirtschaft stammt, b) eine zweite Molkerei, die die Milch von ausserhalb der Gemeinde bezieht. Die folgende Aufstellung aus dem Kriegsjahr 1942 zeigt die eigene Produktion und den Verkauf der Milchgenossenschaft, die den Südteil der Gemeinde inkl. Städtchen (ca. 2/3 der Bevölkerung1) be¬ lieferte. Milcheinlieferung und -verkauf 1942

Tab. VI Monat Eigene Pro¬ Verkauf der Zukauf von auswärts duktion in kg eigenen Pro¬ inl duktion in 1

Januar 29 251 28 512 4 387 von Strengelbach

2 846 von Rothrist

40 von Suhr

Februar 24 245 23 610 3 240 von Rothrist 2 070 von Strengelbach

3 840 von Kölliken

*) Entspricht etwa 2000 Einwohnern.

5 Disteli, Aarburg 65 Monat Eigene Pro¬ Verkauf der Zukauf von auswärts duktion in kg eigenen Pro¬ inl duktion in 1

März . . . 25 417 24 656,5 3 240 von Rothrist 6 160 von Riken

860 von unbekannt

1 160 von Kölliken April.... 29 608 28 626,5 5 444 von Riken 2 160 von Rothrist

- Mai .... 41425 38 614

- Juni .... 40 299

- Juli .... 43 609,5 38 671

- August . . . 43 475 39 897

September 41 612,5 38 486 -

- Oktober . . 41 904,5 40 511

November . 35 542,5 30 803,5 320 von Rothrist

Dezember. . 29 989 29 125 3 544 kg von Strengelbach 3 254 kg von Rothrist

Wir sehen, dass besonders in den Wintermonaten viel Milch aus Überschussgebieten zugeführt werden muss. Der Einzugsbereich für Milch ist aus den angegebenen Ortschaften ersichtlich. Betrachten wir die Versorgung der ganzen Bevölkerung von Aarburg 1942 mit 3 000 Ein¬ wohnern und rechnen für eine volle Ernährung 1 kg Milch pro Kopf Und Tag1), dann ergibt sich bei Annahme gleichbleibenden Verbrauchs folgende Aufstellung für die Selbstversorgung mit Milch:

Milchselbstversorgung 1942

Monat Anzahl Tage Selbstversorgung Januar 10 Februar 8

März . 8

April . 10

Mai. . 14 Juni 13

Juli . . 14 August 14 September 14

Oktober . 14 November 12 Dezembei 10

Ganzes Jahr 141 Tage volle Selbstversorgung

Bei Annahme einer möglichen Jahresproduktion von 500 000 kg könnten bei Zugrundelegung des genannten Konsums 1 400 Personen reichlich mit Milch versorgt werden. Da die Bevölkerung diese Zahl schon längst überschritten hat, ist es erklärlich, dass noch eine zweite Molkerei, die ihren Sitz ebenfalls in der Vorstadt hat und mit einem Spezereiladen verbunden ist, notwendig werden musste, um den Restbedarf durch zugekaufte Milch aus der Umgebung zu decken.

Die Brotversorgung der Gemeinde 1942

Wie lange konnte in jenem Jahr die Bevölkerung mit der Brotfrucht versorgt werden, die inner¬ halb der Gemeindemarch gepflanzt wurde?

x) Landwirtschaftliches Handbüchlein 1947. Seite 128, Verhältniszahlen für die Selbstversor¬ gung. Wirz & Cie. Aarau 1947.

66 Für eine genügende Brotversorgung werden bei starker Ausmahlung der Körner etwa 150 kg pro Kopf und Jahr gerechnet. Bezeichnen wir die Anzahl Tage, für die eine Einwohnerzahl von 3 000 Seelen mit Brot versorgt werden soll, mit x, so ergibt sich :

150

— = = 3 . x 47 x 000 . 182 (nach Tab. II) oder 38 Tage 365

Die Selbstversorgung dauerte also nur etwa 40 Tage, während Brotgetreide für volle 325 Tage von aussen herangeschafft werden musste. Aarburg genügte sich einst zum grossen Teil selbst in der Versorgung mit wichtigen Lebens¬ mitteln. Heute besteht höchstens etwa in der Kartoffel- und Brennholzversorgung noch Autarkie. Im übrigen ist die Gemeinde auf stets zunehmende Zufuhren, d. h. auf ökologische Beziehungen an¬ gewiesen, die ein Gleichgewicht zu erhalten haben und zugleich beitragen, die Entwicklung der Land¬ schaft zu intensivieren und die Abhängigkeit nach aussen zu verstärken.

Die Betriebe in ihrer Abhängigkeit von den Naturgrundlagen

(Zahlen von 1942), alle Flächen in a

Hof Nr. Lage, Relief u. Untergrund Wiesland Runkeln Areal Stück Futterland und Halbzucker- für Vieh pro Stück Ackerfutter rüben Viehfutter Vieh a) Nordteil 1 Schuttkegel und 822 36 858 26 33 Terrassenschotter, flach bis schwach geneigt 2. Schuttkegel, jurassische 1 188 30 1218 16 76 Lehme, Terrassenschotter, teils stark geneigt 3 Terrassenschotter, flach 297 9 306 7 44 4 Schuttkegelzone, Ter¬ 286 10 296 4 74 rassenschotter, teils geneigt, an rechtem Abhang wie 2, mit brennigem Boden 9 Terrassenschotter und 480,5 25 505,5 11 46 Schuttkegelzone, flach b) Südteil 25 Terrassenschotter 477 18 495 14 35,3 26 eben, wie 25 287,5 18 305,5 14 21,8 30 wie 25 686 12 698 20 35 31 wie 25 473 14 487 15 32,5 32 wie 25 342 12 354 10 35,5

Es zeigt sich, dass a) die Betriebe, die in der Klüse den östlichen Hang bewirtschaften, in den Erträgen gegenüber den andern benachteiligt sind (schlechtere Böden, kürzere Besonnungszeit, Nähe des Hoch¬ waldes, Windeinfluss)1); b) höhere Erträge im allgemeinen und kleinere Unterschiede zwischen den Einzelbetrieben im Südteil auftreten (ähnliche topographische, hydrographische und pedologische Bedingungen im ganzen Südteil).

x) Auf 1,5 ha in der Kloos wurde 1 Fuder Kleegras weniger geerntet als auf gleicher Fläche im Byfang im Südteil der Gemeinde. Silomais wächst weniger hoch als im Südteil der Gemeinde.

67 Kurze Beschreibung dreier Landwirtschaftsbetriebe

Falkenhof im südlichen Hofgebiet, Nr. 30

Grösse und Arrondierung

Bewirtschaftete Fläche ... 11,52 ha

davon zum Hof gehörend . . 10,62 ha

Alles Land ist, wie bei den Nachbarhöfen, um den Hof ausgebreitet.

Fruchtwechselwirtschaft

1. Jahr: 5-10jähriges Wiesland wird im Herbst umgebrochen und Winterweizen, Korn oder Mischel (= wenig Roggen + viel Weizen) angesät 2. Jahr: Sommergetreide 3. Jahr: Kartoffeln, Runkeln, Zuckerrüben oder Raps 4. Jahr: Grassamen allein, oder Getreide mit Graseinsaat

Auf die frische Wiese wird nun ein bis zwei Jahre lang kein Stalldünger gebracht. Diese Flächen werden jetzt als Heuäcker genutzt. Nach Ablauf zweier Jahre beginnt die Düngung mit Stallmist, je einmal pro Jahr, und die Düngung mit Jauche, wenn möglich, nach jedem Schnitt bis zum sechsten Jahr nach Ansäen der Wiese. Hernach ist die Stickstoffanreicherung so stark geworden, dass der Löwenzahn die Futtergräser in der Wiese zurückdrängt und der Zeitpunkt für den Umbruch gekommen ist. Bei der Kleegraswirtschaft ist die Umtriebszeit kleiner, da die Kleegraswiese schon nach drei Jahren wieder umgebrochen wird. Für den vorliegenden Hof tritt der Klee zurück, da der Boden für diese Futterpflanze dem Bauern zu trocken und zu wenig tiefgründig erscheint. Von der gesamten bewirtschafteten Fläche sind immer 3 bis 4 ha offenes Ackerland, so dass % bis y3 für Cerealien, Hackfrüchte und Gemüse bestimmt ist, während die restliche Land¬ fläche Wiesland und Baumgärten darstellt, wobei die Baumgärten, wie bei allen Höfen, in Hofnähe angelegt wurden. Mehr als die Hälfte der angebauten Fläche entfällt auf Getreide, wobei der Winterweizen dominiert und der Rest sich zur Hauptsache auf Kartoffeln und Runkeln verteilt. Da hier eine besonders intensive Form der Landwirtschaft vorliegt, ist viel Stalldung nötig, so dass der Besitzer auf den Anbau von Gerste, die wenig Stroh liefert,

verzichtet und sie für vier bis sechs Schweine als Kraftfuttermittel - je nach Kartoffelertrag

etwa 1000 kg - von der landwirtschaftlichen Genossenschaft in Zofingen zukauft. Die süd¬ lich des Schlosses gelegenen Höfe decken ihren Bedarf an landwirtschaftlichen Hilfspro¬ dukten gewöhnlich in Zofingen ein. Von 1 ha Kartoffeln wird der Ertrag von 40 bis 70 a zu Speisezwecken und besonders als Futtermittel zurückbehalten, der Rest verkauft. Ab¬ nehmer sind 16 Kunden, die in Stadt und Vorstadt wohnen und als Beamte keinerlei land¬ wirtschaftliche Tätigkeit ausüben.

Viehwirtschaft

Die üblen Erfahrungen während der Maul- und Klauenseuche, sowie der hohe Preis zugekauften fremden Viehs, veranlassten den Falkenhofbauern und andere, Jungvieh wieder selbst aufzuziehen, was bei jährlich zwei bis drei Stück einen täglichen Ausfall von acht bis zehn Litern Milch bedeutet. Damit das Jungvieh sich im Freien tummeln kann, ist beim Hof eine etwa eine Jucharte grosse Jungviehweide abgezäunt. Diente früher das Stätswasser als Trink- und Tränkewasser, so wird es jetzt in die Jauchegrube geleitet, weil nach Möglich¬ keit etwa alle acht Tage das im Umkreis von 300 bis 400 m gelegene Land maschinell begüUt wird. Durch diese intensive Düngung wird erreicht, dass in Hofnähe gelegene Wiesen in

68 kürzeren Intervallen umgebrochen werden, als weitab liegende. Die für die Graswirtschaft eines Ackerbauern besonders wichtigen Wässermatten werden nur mit Thomasschlacke, und zwar mit 300 bis 400 kg pro Jucharte, gedüngt, da die Humusstoffe durch die Wässerung zugeführt werden. Die Milch wird, wie von allen Bauern der Gemeinde, in die in der Vor¬ stadt gelegene Milchstube der Genossenschaft täglich zweimal abgeliefert.

Obstbau

Der Aufbau des Obstgartens richtet sich nach der Wirtschaftsform des ganzen Hofes. Bei intensivem Ackerbau, wie er hier vorliegt, tritt die Bedeutung des Obstes wegen man¬ gelnder Arbeitskräfte zurück. Es wird für den Eigenbedarf an Frisch- und Dörrobst sowie

zur Bereitung von- Most verwendet. Von etwa 60 Bäumen, die in einem Viereck von 30 a Gehalt um Scheune und Wohnhaus stehen, sind 10 Birnbäume, die nur Mostbirnen liefern. Der restliche Baumbestand setzt sich überwiegend aus Apfelbäumen früher oder später Sorten zusammen. Für die Werke im Sommer und Herbst wird für 5 bis 9 Personen 2000

Liter Birnen- und Apfelmost, wovon die Hälfte vergorener, die Hälfte süsser, bereitet. So steht der Obstgarten mit Hochstämmen aus betrieblichen Gründen eher im Zeichen eines Nebenerwerbs mit Mostobstbau, der viel weniger Arbeitsaufwand benötigt.

Hühnerhaltung

30 Stück geben von Anfang April bis zum November durchschnittlich je ein Ei pro Tag, was etwa einer Produktion von 6000 Eiern entspricht, die zur Hauptsache von den¬ selben Kunden in Stadt und Vorstadt bezogen werden, die auch Kartoffeln ankaufen.

Mauserei

Vor zwanzig Jahren wurde die Anstellung eines Gemeindemausers beschlossen. Damals übernahm ein Berner diese Aufgabe. Vom Frühjahr bis zum Heuet lag er dem Fange ob, um dann nach Hause zu gehen und sein Heu unter Dach zu bringen. Nach der Leerung der Felder kam er wieder zurück.

Diese Funktion übt jetzt jemand aus der Nachbarschaft, aus dem Gländ, aus. Der Mann gibt die Mäuse bei dem Bauern ab, auf dessen Land er sie gefangen hat und erhält die Be¬ zahlung nach der Stückzahl. Im Gebiet zwischen Tych und Wigger. in der Gemeinde Oftringen liegend, ist die Mau¬ serei hingegen korporativ organisiert. Dort ist jemand bestimmt, die Mäuse vom Mauser in Empfang zu nehmen. Jeder Bauer bekommt eine seiner Landfläche proportionale Rechnung. Im Herbst treten jeweilen im Wirtshaus bei der Kreuzstrasse die interessierten Landwirte zur Mauserversammlung zusammen, wo über Rechnung und Weiterführung der Mauserei beschlossen wird.

Um die schädlichen Nager auch auf dem Hof und seiner engern Umgebung in Schach halten zu können, hält der Falkenhofbauer sechs Katzen.

Korbweidenernte

Von den an den Wassergräben stehenden, zum Falkenhof gehörenden Korbweiden wurde die Ernte 1946 wie folgt verarbeitet:

Korbmacherrechnung

86 herstellen . Kartoffelkörbe . Fr. 193.50

4 Obstkörbe herstellen .... Fr. 13.20 5 Bogenkratten herstellen ... Fr. 10.— 19 Böden einsetzen Fr. 32.30

1 Korbflasche zu 101 .... Fr. 2.—

Arbeitslohn Fr. 251.—

69 Wirtschaftsbeziehungen zur Umgebung

Sämtliche Nahrungsmittel, die zugekauft werden müssen, holt man in den Spezerei- läden der südlichen Vorstadt, weil diese am nächsten liegt. Dabei deckt man sich gerade für einen Monat mit Waren ein, damit durch Botengänge nicht unnütz Zeit vergeudet wird.

Der Schmied in der Vorstadt bezieht die Kartoffeln vom Hof. Der Bauer lässt bei ihm die Pferde beschlagen und andere Reparaturen ausführen. Ein Blumen- und Gemüsehändler im Städtchen bezieht Kartoffeln und Gemüse. Umgekehrt werden vom Bauern zum Beispiel Kränze dort bestellt. Die Schuhe lässt der Bauer beim Schuhmacher im Städtchen flicken. Das Brot wird selbst gebacken. Viehmedizinen werden in Zofingen beschafft, weil sie in Aarburg nicht erhältlich sind. Mit dem Nachbarn wird gegenseitige Aushilfe bei den Feld¬ arbeiten gepflegt. Man hilft sich auch beim Kalben der Kühe aus.

Nr. 2, Tiefenlach im Klusengebiet (1947) Grösse und Arrondierung des Betriebes

Acker-und Wiesland 715,59 a Garten und Baumgarten 113,2 a Wald 20,21 a Wege und Unland 6,14 a Gebäude und Platz 12,20 a

1. Stück = Tiefenlach + Bärenhubel 867,34 a

Rütinen :

Baumgarten 13,22 a Acker- und Wiesland 284,39 a

2. Stück = Rütinen 297,61 a

Pachtland :

Im Dürrberg 104 a 3 Langackerbünten 108 a Grasertrag von 1 Baumgarten im Süd¬

teil der Gemeinde 36 a

Total Pachtland 248 a

Lage und Bonität des Eigentumlandes

Das Land liegt teilweise leicht geneigt auf Terrassenschotter (Rütinen), teils in einem feuchteren Alluvialtälchen, teils bedeckt es einen gegen Westen exponierten, steil abfallenden Hubel. Allgemein ist der Boden schwer zu bearbeiten und qualitativ mittelmässig bis schlecht (Verschiedene Zusatzverdienste!). Vom Hubel herabgeschwemmte Erde muss von Zeit zu Zeit wieder mit Karren hinaufgeschafft werden.

Viehwirtschaft und Ackerbau

Für Nachzuchtvieh besteht stets eine Weide von zirka 36 a Fläche ums Haus. Jährlich werden etwa 20 Stück Klein- und Grossvieh hauptsächlich nach Ölten verkauft. Die hier befindliche Munistelle gibt eine Nebeneinnahme. Ende Mai bis zum Bettag werden auf eine Juraweide in Holderbank (Solothurn) zusammen mit 2-3 Stück von Nr. 1 und 2 Stück von Nr. 9 3 Stück Jungvieh aufgetrieben. Im Südteil geben die Bauern Sömmerungsvieh nach Wernisegg im Napfgebiet. 18 a Landstreifen längs des Waldrandes liefern saures Futtergras. Die Waldnähe be¬ dingt auch grossen Schaden durch Wildverbiss von Ackerfrüchten, besonders Runkeln,

70 dem man durch petrolgetränkte Öllappen, die von 10 zu 10 m an Stöcken befestigt werden, entgegenzutreten sucht.

Obstbau

In einem Baumgarten ums Haus stehen etwa 200 Obstbäume, grösstenteils Apfel¬ bäume der Sorten Boskop, Sauergrauech, Reinetten, Winterzitronen, Aargauer Jubi¬ läumsapfel, Lebel, Klarapfel, eine Kombination, die auch die gegenseitige Befruchtung sichert. Das Hauptgewicht liegt auf den Lagersorten. Wo die Obstbäume ausserhalb der geschlossenen Baumgärten wurzeln, stehen sie im allgemeinen an Borden, längs Parzellen¬ oder Besitzgrenzen und vor allem säumen sie die Wege. Beim Räbackerweg und Fahrweg in die Rütinen hatte der Bauer zirka 50 Kirschbäume stehen, die im Juraboden und in den Wegen genügend Kalk zu guter Entwicklung fanden. Etwa die Hälfte dieses Bestandes fiel um 1930 der Schrotschussblattkrankheit zum Opfer. Eine weitere Ursache, dass vor allem Kirschbäume zeilenförmig an Wegen und Rainen angepflanzt werden, liegt darin, dass die Kirschenernte in die Zeit der stärksten Entwicklung von Graswuchs und Feldfrüchten fällt.

Aushilfsdienste

Den Kleinbauern, die meist weder Zugkräfte noch geeignete Geräte besitzen, wird der Acker hergerichtet und angesät, andern Bauern der Umgebung wird ebenfalls beim Pflügen mit Pferden kostenlos ausgeholfen.

Holzfuhren

Eine wichtige Nebenbeschäftigung besteht im Winter vom Neujahr weg im Führen und Schleifen von Holz aus den anliegenden, aber auch aus den entfernten Gemeindewaldungen am Born, in Murgenthal, die teilweise früher Amtswaldungen waren. Etwa 150 Klafter Brennholz werden jährlich abgeführt, wobei die Ortsbürger mit etwa 40-50 Klaftern zuerst bedient werden. Für alle diese Aufgaben stehen im Stall drei Pferde zur Verfügung.

Zukauf und Verkauf

Obst- und Kartoffelüberschüsse werden an die Nachbarn verkauft, Getreide in der land¬ wirtschaftlichen Genossenschaft Olten-Hammer, wo Dünger, Futtermittel und Saatgut bezogen werden. Der Bedarf an Lebensmitteln wird zur Hauptsache im Städtchen gedeckt.

Der Landwirtschaftsbetrieb der kantonalen Erziehungsanstalt

Die Erziehungsanstalt

Das ehemalige Sperrwerk und Landvogteischloss Aarburg ist heute Eigentum des Staates Aargau und birgt eine der sieben in der Schweiz vorkommenden Jugendstrafanstal¬ ten von geschlossenem Charakter. In dieser Art von Anstalten, die eine Stufe strenger sind, als die offenen, können sich die Insassen nicht beliebig frei bewegen. Sie werden in Gruppen zur Arbeit begleitet und von dort wieder zurückgeführt. Es können 80-85 Mann aufgenom¬ men werden, die einer Arbeitstherapie unterworfen werden. Entweder erlernen nun die Zöglinge auf der Festung ein Handwerk1) oder sie betätigen sich in einem angeschlossenen Landwirtschaftsbetrieb, dessen Erträge der Versorgung der Anstalt mit Lebensmitteln dienen. Der Gishaldenhof benannte Betrieb liegt im Südteil von Aarburg auf einer Ver¬ flachung der rechten Talhalde, etwa 20 m über der Talebene. Das Gebäude, aus einem alten

*) Schreinerei, Korberei, Schneiderei, Schusterei, Gärtnerei

71 Hof hervorgegangen, steht bereits in Oftringen, der grössere Teil des bewirtschafteten Landes aber liegt in Aarburg.

Der Gishaldenhof

Grösse, Arrondierung

Durch den Betrieb werden total etwa 19,5 ha bewirtschaftet (1947), davon liegen als

Pachtland :

in der Kloos 1,5 ha im Paradies 1 ha im Byfang 3 ha in der Brodheitere 0,5 ha im Kleinfeld Oftringeh ... 2,2 ha

Der Rest von 11,3 ha breitet sich grossteils um den Hof auf Oftringer- und Aarburger

Boden aus.

Wirtschaftsweise

Früher wurde nur zum Hof gehöriges Land am Hange bewirtschaftet, dann ist grösserer Intensivierung wegen die Bebauung auch auf die Ebene ausgedehnt worden. Ein steiler Weg, der von Steinbillen hinauf- und beim Hof vorbeiführt, hat 15 % Steigung und konnte nun für die schweren Zufuhren aus der Ebene nicht mehr in Frage kommen, so dass eine neue Zufahrtsstrasse mit nur 4 % Steigung gebaut werden müsste. Die zugepachteten Landstücke liegen verstreut und teils weit entfernt vom Hof. Dort wo es möglich ist, wird Land gepachtet, ohne dass die langen Wege wesentlich ins Gewicht fallen, da sie zum Teil mit zur Therapie gehören, mit der die Zöglinge behandelt werden. Ausser in der strengsten Erntezeit essen alle auf der Festung zu Mittag, wo sie jeweilen überblickt werden können. Da das Gut einen Lehrbetrieb darstellt, werden alle Zweige der Landwirtschaft gepflegt. Grundlagen bilden die Erzeugung von a) möglichst viel Brotgetreide b) möglichst vielen Kartoffeln c) möglichst viel Futtergetreide und Kleegras.

Das setzt einen intensiven Ackerbau voraus, der nur bei genügend Arbeitskräften, ge¬ nügend technischen Hilfsmitteln und relativ grosser Wirtschaftsfläche möglich ist. Ein stark geneigtes Gebiet unterhalb des Hofes gelangt nie unter den Pflug, so dass auch aus diesem Grunde zusätzliches Ackerland in der Ebene gesucht werden musste. Die Fruchtwechselwirtschaft ist die übliche, nur spielen Kleegras und Luzerne eine grössere Rolle, weil die Entfernungen zu einzelnen Parzellen so gross sind (bis 3,5 km), dass für diese nur eine Düngung mit Kunstdüngern in Frage kommt.

Obstbau

Ein geschlossener Baumgarten mit Reihen von Apfel- und Birnbäumen befindet sich in Hofnähe. Die Sortenwahl ist auf den Anstaltsbetrieb abgestimmt: Frühobst: Klaräpfel und Lebel für einen Monat, zirka 6 Bäume Mittelfrühes Obst: Berner Rosen, Sauergrauech, Chüsenrainer für drei Monate (Novem¬ ber, Dezember, Januar), zirka 12 Bäume Spätes Obst: Bohnapfel, Jägerapfel, Boskop, Reinetten, 50-70 Bäume. Als Hauptbestäuber ist die Sorte Berner Rosen im ganzen Baumgarten verteilt.

72 Der Birnenertrag erreicht nur etwa 20% des Apfelertrages und besteht in Mostbirnen und von Dörrobst etwa 20 Bäumen. In den Zeilen misst der Abstand der Bäume 7-8 m, während die Zeilen selbst 5-6 m voneinander entfernt sind. Ein Baum tritt jeweilen in die Lücke der benachbarten Zeile.

Kirschbäume säumen wieder, wie wir es im Tiefenlach bemerkt haben, aus pflücktech¬ nischen Gründen, die Wege und Borde beim Hof, besonders die nach Süden exponierten.

Erträge aus der Landwirtschaft 19461):

Produkte kg Liter Fr.

Getreide: Weizen 10 535 Roggen 1 144 Gerste 1 539 Hafer 2 187 Raps 644 Getreide: 9 640.35 Kartoffeln 39 230 6 937.40

* verschiedene Hackfrüchte . 863.40 Milch 42 647 10 138.65 Äpfel 10 016 Obst: 3 754.—

Viehbestand :

Kühe Rinder Kälber Zuchtstiere Schweine Pferde

Viehbestand ... 14 8 10 1 16 4

- Viehverkaufe ... 6 5 6 14

Der finanzielle Ertrag der Landwirtschaft belief sich 1946 auf 7% der Totaleinnahmen der Anstalt.

Zusammenfassung

1. Durch die Sperre und die Verkehrslage ist die Gründung von Schloss und Kern der Siedlung Aarburg zu verstehen.

2. Deckung gegen feindliche Überfälle, Relief, Fluss und Scharung wichtiger Verkehrswege Hessen eine geschlossene, mit Stadtmauern versehene Handwerker- und Handelssiedlung und eine offene Vorstadtzone mit Flusshafen und mechanischen Gewerben entstehen.

3. Ausserhalb dieser engen, aber verkehrsreichen Zone breiten sich Wiesen, Äcker und Baumgärten mit Höfen aus. 4. Aarburg, wohl auf dem Boden eines Grafen erbaut, wurde keine freie Stadt mit beson¬ deren Rechten, was seiner Entwicklung abträglich war, da bedeutende Unternehmer sich in andern Städten niederliessen. Dass Aarburg dennoch im landschaftlichen Sinne als Stadt betrachtet werden muss, geht hervor aus: a) seinem einstigen Einzugsgebiet, dem Amt Aarburg; b) seinen einstigen zentralen Funktionen ; c) seiner einstigen vielfältigen Struktur, Physiologie und Physiognomie.

x) Kantonale Erziehungsanstalt Aarburg. Jahresbericht 1946. S. 13-15.

73 5. Der Kleinstadtbewohner übte zugleich mehrere Berufe aus, unbedingt aber trieb jeder¬ mann Landwirtschaft. Die städtische Landwirtschaft hatte das Land in einzelnen Be¬ zirken, den stark parzellierten Bunten, zumeist ausserhalb des Weichbildes der Stadt neben den Gütern der Hofbauern. 6. Im Wiggertal gaben das ebene Gelände, die Hydrographie und die Form der Landwirt¬ schaft die Möglichkeit zum Bau eines Mühletychs, der zusammen mit der Wigger die Wässerung der Matten und dadurch einen grösseren Grasertrag sicherte.

7. Wässerungsanlagen und Bewässerung von grösserem Umfange konnten nur korporativ gebaut und betrieben werden und veranlassten die Gründung spezieller Genossenschaften. 8. Zusammenhänge bestehen zwischen Topographie und Wassergräben einerseits, Besied¬ lungsart, Lage der Gehöfte, Führung der Wege, Art der Vegetation und Fauna andrer¬ seits, insofern die Wege den Gräben folgten und so das heutige Wegnetz im Süden fest¬ legten, gewisse Gräben bei den Höfen vorbeiführten, die Höfe auf Geländespornen liegen. Von den Höfen aus wurde die Wässerung gelenkt, die ihrerseits gewisse wasser¬ liebende Pflanzen begünstigte und andere verdrängte.

9. Die Gewanne einer siedlungsleeren Zeig in der Klus wurden vom Dürrberg und Städt¬ chen aus bewirtschaftet. Längs des östlichen Randes, wo der Abhang beginnt, führte die alte Landstrasse nach Ölten und nahm die Allmend zur Weide von Ziegen, Schwei¬

nen und Kühen ihren Anfang. 10. Der Einfluss der Industrie auf die Landschaft begann zuerst im Südteil der Gemeinde dank Wasserkraft und Bahnhof. 11. Die Industrie konnte auf geeigneten, vorgeschulten Arbeitskräften aus der Bauern- Textilheimarbeit basieren. 12. Industrie, Siedlungs- und Bahnbau bewirkten vereint Einschränkung und Aufhebung der Wiesenbewässerung, vor allem längs des Mühletychs. 13. Mit dem Bahnbau büsste Aarburg seine Bedeutung als Umschlagplatz ein und musste diese Funktion Ölten überlassen, das seither mächtig gewachsen ist. Die Verwaltungs¬ funktionen, die Aarburg bisher innegehabt hatte, gingen, politischer Ursachen wegen, auf Zofingen über. 14. Aarburg ist daher heute eine museale Kleinstadt, die, wie deren Nachbardörfer, im Kraft¬ feld und Einzugsbereich der Städte Ölten und Zofingen liegt. Die Autobusverbindung Aarburg-Olten wirkt sich besonders zu Ungunsten vieler Ladengeschäfte in Aarburg aus.

15. Die äussere Form von Gemeindekern und Schloss blieb erhalten, während durch Zunahme und Strukturänderungen der Bevölkerung weite Gebiete der ehemaligen Landwirtschafts¬ zonen durch Siedlungen überbaut wurden. Dieser Prozess begann zuerst im Süden, um mit günstigem Anschlussverkehr auch auf den Nordteil der Gemeinde überzugreifen. 16. Im Städtchen sind die meisten Kleinhandwerksbetriebe der Industrialisierung, Speziali¬ sierung und Zentralisierung zum Opfer gefallen, so die Hutmacher, Knopfmacher, Kammacher, Seiler, Wagner, Drechsler, Schreiner, Buchbinder. Bestehende Lebens¬ mittelläden behaupteten sich, neue kamen dazu, um eine wachsende, verstädterte Be¬ völkerung mit Lebensmitteln zu beliefern. An Stelle der frühern Kleinhandwerksbetriebe stehen nun Kaufläden für den Detailhandel.

14 Literaturverzeichnis

I. Gedruckte Quellen

1. Ammann H., Aargauische Zollordnungen vom 13.-18. Jahrhundert. Argovia XLV. Bd. Aarau 1933. 2. Appenzeller G., Geschichte der Schweiz. Binnenschiffahrt im Gebiet der Juraseen und Aare. Mitt. hist. Verein des Kts. Solothurn, Heft 11, Solothurn 1922. 3. Arealstatistik der Schweiz, herausgegeben vom Eidg. Stat. Büro. Bern 1925. 4. Baumann G., Das Bernische Strassenwesen bis 1798. Diss. Univ. Bern. Sumiswald 1924. 5. Beck M. G., Das bernische Zollwesen im 18. Jahrhundert. Diss. Univ. Bern. Bern 1923. 6. Bezirkschronik Zofingen. Sonderausgabe durch die Schweiz. Industriebibliothek. Basel 1946. 7. Christaller W., Die zentralen Orte in Süddeutschland. Eine ökonomisch-geographische Unter¬ suchung über die Gesetzmässigkeit der Verbreitung und Entwicklung der Siedlungen mit städti¬ schen Funktionen. Jena 1933. 8. Eidg. Viehzählungen 1936, 1952. Statistische Quellenwerke der Schweiz. Bern 1938 und 1954. 9. Eidg. Volkszählung 1. Dez. 1941. Bd. Aargau. 10. Fetscherin W., Beitrag zur Geschichte der Baumwollindustrie im alten Bern. Diss. Univ. Bern. Weinfelden 1924.

11. Fischer-Sigwart H., Botanisches und Zoologisches aus dem Wiggertal, in «Wiggertal und Sempachersee», illustrierter Führer, bearbeitet von Freunden und Kennern der Gegend, heraus¬ gegeben von der Sektion Zofingen des SAC. Zofingen 1900. S. 193-213. 12. Frey O., Talbildung und glaziale Ablagerungen zwischen Emme und Reuss. Neue Denkschrift der Schweiz. Naturf. Ges. Bd. XLI, Abhandlung 2, Zürich 1907. 13. Furrer A., Volkswirtschaftslexikon der Schweiz. IL Bd. Mass und Gewicht S. 363-400. Bern 1889. 14. Howald O., Die Dreifelderwirtschaft im Kt. Aargau, Diss. ETH. Zürich 1927. 15. Hug J., Die Grundwasservorkommen der Schweiz. Annalen der Schweiz. Landeshydrographie. Bern 1918, Bd. III. 16. Kehrer L., Beiträge zur Kenntnis der Geologie von Olten-Aarburg und Umgebung. Diss. Univ. Zürich. Aarau 1922.

17. Maag R., Das Habsburgische Urbar, 2 Bde. Quellen zur Schweizer Geschichte 14, 15. 1, 2. Basel 1894, 1899, 1904. Bd. II S. 631 u. 750. 18. Merz W., Zur Geschichte der Festung Aarburg. Aarau 1893. 19. Merz W., Die mittelalterlichen Burganlagen und Wehrbauten des Kts. Aargau. 3 Bde. Aarau 1904, 1906, 1929. 20. Merz W., Rechtsquellen des Kts. Aargau, 2. Teil, Rechte der Landschaft, 1. Bd. Amt Aarburg. Aarau 1922.

21. Müller J., Der Aargau, seine politische, Rechts-, Kultur- und Sittengeschichte. 1. u. 2. Bd. Zürich, Aarau 1870. 22. Pirenne H., Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Europas im Mittelalter. Deutsche Übersetzung des Originalwerkes. Sammlung Dalp. Bern o. J. 23. Plüss J., Kurze und gemeinfassliche Anleitung zur Bewässerung der Wiesen. Zofingen 1847. 24. Rey A., Die Entwicklung der Industrie im Kt. Aargau. Diss. Univ. Basel. Aarau 1937. 25. Ribeaud A., Zur Geschichte des Salzhandels und der Salzwerke in der Schweiz. Jahresbericht der höheren Lehranstalt zu Luzern 1894/95. Luzern 1895. 26. Schrepfer H., Zur Geographie der Grosstadt und ihrer Bevölkerung. Zeitschrift für Erdkunde 1944. Frankfurt a.M. 1944. S. 264-286. 27. Schulte A., Geschichte des mittelalterlichen Handels und Verkehrs zwischen Westdeutschland und Italien mit Ausschluss von Venedig. Herausgegeben von der Badischen hist. Kommission. Leipzig 1900. S. 177, 180, 207, 414. 28. Sombart W., Der Begriff der Stadt und das Wesen der Städtebildung. Archiv für Sozialwissen¬ schaft u. Sozialpolitik XXV. Bd. Tübingen 1907, S. 1-9. 29. Stebler F. G. u. Schröter C, Beiträge zur Kenntnis der Matten und Weiden der Schweiz. Zürich, Bibliothek ETH S. 77-190.

75 30. Stettler M., Die Kunstdenkmäler des Kts. Aargau. Bd. I: Die Bezirke Aarau, Kulm, Zofingen. Basel 1948. S. 248-264.

31. Studer H., Einfluss der Industrialisierung auf die Kulturlandschaft des aarg. Mittellandes. Diss. Univ. Zürich 1939. S. 82 ff.

II. Ungedruckte Quellen

Staatsarchiv Bern

32. B III 208 Bericht über die Verfertigung des Cahiers von Aarburg 1764. 33. B V 101 Messen und Märkte.

34. B V 122 Tabelle über sämtliche Viehware, welche sich auf den 8. 3. 1794 in den Gemeinden des Amtes vorgefunden hat. 35. BV 144 Tavernen- und Pintenrechte.

36. B XIII 604 1/5,1/10 Cahier von dem Kirchspiel Aarburg im Landvogteiamt Aarburg. Sta¬ tistik Inneres XVII/XIX. Jahrhundert.

Gemeindearchiv Aarburg

37. Anbauerhebungen der Gemeinde 1941-1947. 38. Gemeind Buch der Statt und Gemeinde Aarburg, renoviert anno 1702. 39. Kaufhausrechnungen von 1806-1811. 40. Landhausrechnungen von 1727-1900. 41. Schlossurbar, 14.-18. Jahrhundert, 3 Bde. 42. Viehzählungen Aarburg 1880, 1942, 1946. 43. Wiggerurbar mit Dokumentenbuch. Handschrift im Zofinger Archiv, Abschrift in Aarburg.

Verschiedene Stellen

44. Eidg. Volkswirtschaftsdepartement, Abteilung für Landwirtschaft: Landwirtschaftlicher Pro¬ duktionskataster, Heft Aarburg, Aufnahmen 1940 ff. 45. Milchbücher der Milchgenossenschaft Aarburg 1919-1952. Beim Präsidenten der Genossen¬ schaft, Herrn J. Hess. 46. Naturwissenschaftlicher Kreis des untern Wiggertales, Zofingen: Sitzungsprotokolle.

III. Karten und Pläne

47. Befestigungsplans und Örter im deutschen Berngebiet II. 10-28 mit Stadtplan Aarburg von 1624. Pläne und Karten in Atlanten, Nr. 6, Staatsarchiv Bern. 48. Renner Nydoviensis. Geometrischer Grundriss der Landstrasse von Aarburg gegen Ölten bis zu dem Landmarchstein etc. Masstab von Eintausend Bern Schuen Jahr 1763. Staatsarchiv Zürich. 49. Katasterplan der Gemeinde Aarburg. Masstab 1:500. Mit Flurbuch. Bauverwaltung Aarburg. 50. Wässermatten der Gemeinde Aarburg. Zustand vor dem Bahnbau Olten-Bern, Masstab 1:2500. Bauverwaltung Aarburg. 51. Rahm J., Quellenkarte von Aarburg 1895. Enthält Sodbrunnen, gefasste und ungefasste Quellen. Gemeindearchiv Aarburg. 52. Stadtplan Aarburg von 1840 mit Einzeichnung der Berufe und Bewohner. Original im Heimat¬ museum Aarburg. 53. Mühlberg F. u. Niggli P., Geologische Karte des Gebiets Roggen-Born-Boowald-Oensingen- Aarburg-St. Urban. Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz 1912. 54. Niggli P., Geologische Karte von Zofingen 1:25O00 mit Erläuterungen. Aarau 1913. 55. Geolog. Kommission der Schweiz. Naturforschenden Ges. : Geol. Karte der Schweiz 1:100000 Bl. VIII. Aarau-Luzern-Zug-Zürich. II. Aufl. 1917.

76 IV. Benutzte Bibliographien

1. Bibliographie der Schweizer Geschichte, Basel 1914 ff. 2. Merz W., Inventare aarg. Archive, 1. Teil: Repertorium des aarg. Staatsarchivs, 1. Lieferung der Bernische Aargau. Aarau 1933. 3. Merz W., Inventare aarg. Archive, 1. Teil, 3. Lieferung: Titel und Register zu Bd. 1. Aarau 1935. 4. Merz W., Inventar des Staatsarchivs Aarburg (unvollständig). 5. Geographische Bibliographie der Schweiz. Zürich 1919. 6. Bibliographie der Schweizerischen Naturwissenschaftlichen und Geographischen Literatur. Bern 1925 ff. 7. Bibliographie der Schweizerischen Landeskunde. Bern 1892 ff.

77 Lebenslauf

Ich, Max Hans Disteli, von Ölten (Solothurn), wurde am 15. Juni 1921 als Sohn des Johann Disteli, Bahnhofvorstand, und der Frieda geb. Zimmerli in meiner Vaterstadt ge¬ boren. Dort verbrachte ich meine erste Jugendzeit, bis wir 1927 nach Aarburg zogen, wo ich alle obligatorischen Schulen besuchte und die schönsten Jahre erlebte. Nach meiner Aar¬ burger Schulzeit besuchte ich noch ein Jahr das Progymnasium in Ölten, um dann an die Oberrealschule in Aarau überzutreten, wo ich 1941 die Maturität bestand. Nach neun¬ monatigem Militärdienst immatrikulierte ich mich an der Abteilung für Naturwissenschaf¬ ten der Eidg. Technischen Hochschule. Meine Lehrer für mein Spezialgebiet waren die Herren Prof. Gutersohn, Pd. Dr. Winkler, Prof. Staub, Prof. Jeannet und Prof. H. Suter. Nach mehreren, durch Militärdienst bedingten Studienunterbrüchen bestand ich im Herbst 1946 die Schlussdiplomprüfung als Naturwissenschafter mit Befähigung für das höhere Lehramt. Während 4 Semestern arbeitete ich hierauf als Assistent am Geographischen In¬ stitut unter den Herren Prof. Gutersohn und Pd. Dr. Winkler. In dieser Zeit besuchte ich nebenbei SpezialVorlesungen und Übungen in Unterrichtslehre und führte Reisen nach verschiedenen europäischen Ländern und nach Nordafrika aus. Seit 1948 bin ich als Lehrer für Mathematik und Naturwissenschaften an verschiedenen Schulen tätig. Anfangs Februar 1954 wurde ich als Vikar an die Bezirksschule Fahrwangen gewählt. Die folgenden Abbildungen sind, wo nichts Besonderes vermerkt ist, alles Originalzeichnungen, bezw. Aufnahmen des Verfassers.

Fehlerberichtigung Fig 14: Haus gegenüber der Mühle trägt Nr. 25, nicht Nr. 24

Druck der Abbildungen: Truninger, Zürich, 1954 TAFEL 1

DIAGRAMME UND ABBILDUNGEN

Geomorpholog/sche Skizze des Gebiets zwischen Langeten undSuhre

(nach Niggli)

Y/JJ.t] Depressionsgebiet und ältere Diluviallandschaft

[ l l l l ,l Napfähnliche Landschaft

Hl Jungmoränenlandschaft ) L -. Niederterrassenschotter

UÏM-yj Jura Fig. 1 TAFEL 2 Legende zu Fig. 2

Quartàr mm Künstliche Auffüllung Alluvium Geologie des Gebiets von Aarburg Tiefste Talsohle (nach Niggli,Mühlberg und Kehrer)

BiologischeÜbersicht Ï2U Schuttkegel der Seitenbäche

Bergrutsch Diluvium

Niederterrassenschotter

0 o o . 0 0 0 o e o Moräne der grössten Vergletscherung(Rissmoräne) Tertiär

Mergelmolasse Aquitamen

3E Kimmeridge

^W Sequan

Ef fingerschichten Besondere Zeichen ' • Ausbeutungen (Steinbrüche und Kiesgruben)

o Nicht gefasste Quelle

A Gefasste Quelle

Fig.2 Geologisches Profil in der Gegend von Aarburg-Ölten TA FEL 3

(nach Kehrer,generalisiert)

Rumpelbann S20m

Gehängt schuttj Bergsturz I i i I Oberer harter Malm

Hochterrassen-Niederterrassenschotter Unterer weicher Malm

Untere Süsswassermolasse Doggen

Fig. 3

Grundwasserströme Lageskizze von Aarburg (nach Hug)

i_ Flüsse Aar», Pfaffnern, Wigger

Grenzen der Grundwasserbecken I Muse

. Urundwasserfassungen im untern Wiggertal I Wiggerebene E23 Flusshafenzone I Gewerbliche Vorstadt K3 Stadt u.nördl. Vorstadt

Fig. 4 Fig. 5 TAFEL 4 Aa Aarburg Ba Balzenwil Amt Aarburg Br Brittnau Gl Glashütten Gr Gruben Hasli „ Ha is\ Ni Niederwil 9J Mü Mühletal Of Oftringen Ri Riken St Strengelbach Vo Vordemwald Wa Watliswil

__.. Amtsgrenze Grenze des Kirchspiets Roggwil

— Strassen S Amtswaldungen Kirchspiele:

0 Aarburg t Niederwil 8 Roggwil S Winau 8 Zofingen Fig. 6

& * i. 3

V Vtrprofiafithrwgs-unii

Aitmarschwtg» mm Schloss

Fig. 7 TAFEL 5

Bayrisches Lothringer Satz und Ftsässer Wein

Salz Landstrassen Wasserstrassen O StapeLu.Urrtladeorte Innere Stände Wein Fig. 8

Wichtigste Handels-oder Transitorte für Aarburg o Orte mit nachgewiesenem Warenverkehr mit Aarburg

^ Wichtigste schiffbare Gewässer

Fig. 9 TAFEL 6

Richtungen u. wichtige Produkte des Transitverkehrs 1213 ftettfltron»nPbv»nölfi9Wvrzefi(*chfMftßrogirienßQumwolti,$eidenstoff» Farbstoff»t Papier, Marmar; Wa ffan 31 Kafftt^uck^WEin^QtzßaumwoUgawibetfollwartn^tßeiftfierbstofftfistn 21 WolltlLaintnlHautelLta'9rl Fisctio,£ltâsstr Wam, Manufakturwar tn, Salz 34 Wem Salz, Ba um w of It Metall» Manufakturwaren

Fig. 10

Hafenzone mit den Landhäusern

(nach einer Zeichnung im Gemeindearchiv)

Fig. 11 TAFEL 7

Aeschwuhr 9 Aufgelassene mechanische bewerbe © Noch bestehende mechanische Gewerbe O Fabriken Fig. 13 Stadtplanums Jahr 184-0 vor dem Stadtbrand TAFEL 8

Flusshafen

Fig 14 Legende zu Fig. 14

Berufe und Dienste:

Dorf vorkommende Figuren : Gasthäuser 1. Metzger 1. Gruppe: In jedem Pokal: Pintenschenken 2. Krämer Berufe schraffiert 3. Lehrer wagrecht Kleine Buchstaben in den Hausgrundrissen und anderswo: 4. Schuhmacher Einander zugeordnete oder dem gleichen Besitzer gehörende Gegen¬ 5. Schmied stände. den Verkehr stark 6. 2. Gruppe: Durch Miststöcke Wagner M : Hausplätze, Jauchegruben, die 7. Schreiner mitbedingte Berufe, > P : Pflaster im Dorf vor¬ Stadtplatz 8. Zimmermann aber auch und vom K : Gosse zur Abfuhr von Regenwasser Jauche kommen, 9. Glaser (Anstieg des Geländes gegen das nördliche Stadttor) schraffiert 10. Sattler senkrecht Kuhställe, Oekonomie- S : Scheunen, Schweine- und Ziegenställe, 11. Seiler gebäude der Städter

Br : Laufende Brunnen 12. Kaufhausmeister Ueberwindung der Höhendifferenz in den harten T : Holztreppe zur 13. Landhausmeister und steil aufgerichtetenKalkschichten 14. Gleitsherr T' : Steintreppe zur Festung 15. Friedensrichter Bunten und Hofstatten der Städter B : Pflanzplätze,Gärten, 16. Stadtrat U : Mühletych 17. Stadtammann 3. Gruppe: Ebenfalls verkehrsbedingte Berufe und G : Gottesacker 18. Stadtschreiber aber städtische nördlichen Stadttor mit Ein¬ W : Wachthaus am 19. Bezirksarzt > Dienste grösserem Dicke Pfeile: Hauptrichtungendes Verkehrs 20. Hutmacher zugsbereich, 21. Schneider kariert 22. Knopfmacher 23. Kammacher 24. Buchbinder 25. Drechsler 26. Warenhandel TAFEL 9 Stadtplan 79*6

Fig 15 Legende zu Fig. 15

Dienste und Berufe:

1. Elektrizitätsverwaltung 29. Fotograf 2. Feuerwehr 30. Bank 1. Oeffentliche Gemeinde- Gruppe: 3. deren Kundschaft 3. Polizei 31. Mühle Gruppe: Dienste, dien te p» s über den Gemeindebann 4. Bezirksschule 32. Gemüse — Früchte en schraffiert gros hinausreicht (oft hinaus¬ 5. Gemeindehaus 33. Uhren - Optik > reichen aber es nicht 6. Museum 34. Goldschmiede sollte, daher Wechsel 35. Möbel — Vorhänge tut, häufig oder z.B. Nr. 7. Papeterie,Zigarren, Einrahmungen 36. Schirme Eingehen 29, 35) kariert 8. Coiffeur 37. Druckerei 34, 9. Schneider 38. Schuhe 10. Apotheke 11. Bäckerei, Konditorei

Teeraum A : Abortzubauten, dahinter Lauben. 12. Wolle B : Gärten, Pflanzplätze alter 13. Gemüse Br: Laufender Brunnen (gestrichelt= Standort)

14. Metzgerei C : Magazine und Garagen, früher auch Hühner- und Schweineställe 15. Mercerie sowie Werkstatten 2. Private Gemeindedienste 16. Gruppe: Tuchwaren D : Künstlich aufgeschütteterDamm zur Aufnahme der Hauptstrasse > mit wenigen Kunden von 17. Spezerei E : Gartenanlage über dem alten grossen Kronenweinkeller ausserhalb der Gemeinde 18. Geschirr G : Ehemaliger Gottesacker, jetztWäscheaufhängeplatz

19. Eisenwaren U : Mühletych

20. Backerei, Konditorei T : Steintreppenzur Kirche und Festung 21. Schreiner 22. Schuhmacher Figuren: Hotelwirtschaften mit Gastbetten 23. Maler Pokal : Schenken 24. Sattler und Tapezierer 25. Haushaltartikel Dicke Pfeile: Hauptrichtungendes Verkehrs 26. Molkerei 27. Drogerie 28. Bäckerei, Konditorei — Kiosk TAFEL 10 Wo der Kleinstädter sein Land bewirtschaftete.

/? / 5 t» 5 / S S / ! a I i Barte

Wiwn Acker

m fi'flzetftof

Fig. 16

Buntenbezirk in Stadtnähe(1947)

Die Stadthäuser in den Kreisen tragen dieselbe Signatur bezw. Farbe wie die zugehörigen Bunten.

Viele Bunten sind verkauft u. überbaut worden.

Fig. 17 TAFEL 11 -Statswasserbach Zofingen TAFEL 12 Wässerwiese

Qelandevotlform,Hübet

Sobald der Besitzstand an einer Parzetlengrenzlimewechselt,vertauft.diese zum Lastenausgleichbald links,bald rechts,bald tangs der Mitte des die ßrenze bildenden Wassergrabens

Fig. 19 Aarbu, £ Ol 3 näl c CD 3 1 00 § en Q.

I>0 o

2

Co TAFEL 14 Dürrberg

Unterer Dürrberg Fig. 21

GROSSTADTSEMVNDC KLEINSTADT

Zur überbauten Flacht und der

Bevölkerungszahl relativ

sehr geringe eigene Nctirflache

\pJ daher

Sehr starke Zufuhr an

Nahrungsmitteln van aussen

Stadthäuser

Verbindungsweg mit KLEINSTADTGEMEINDE

Zur überbauten Flache und der Ackern,Wiesen,8aumgarten GROSSTADT

Bevölkerungszahl noch relativ

grosse eigene Nanrfiache =H>

Relativ schwächere Zufuhr an

Nahrungsmitteln von aussen

Fig. 22

Fig. 23 TAFEL 15

GEMEINDE ÂÂRBURG

Industrieund Wasserkraft

1945

F

Legende

Grosste Kreisfläche = 206 Arbeiter Schraffiert = Arbeiter Weiss - Arbeiterinnen A Privatparkevon Fabrikanten ßrosster schwarzer und Handelsherren 324 Mlkreis = PS x Festgestelltealte Webkeller Fiq 24 TAFEL 16 »I

o Ein*

10000

5000

anno 1850 60 70 80 88 1900 10 20 30 41 52

1 Aarbürg 2 Zofingen 3 Ölten

Fig. 25 TAFEL 17 Streifensiedlung

' v g. nP '' Tb'T'n Tp -Ta'"1 'ffl

«— Olten

W Wirtschaft zur Höhe

Fig. 26

Siedlungsbild bei Bodenspekulation

Olten

Legende I. Veränderung ^Veränderung ^Veränderung

+ 4+ ^.Veränderung

Fig. 27

B Besitzgrenze U Unland

Ursprünglicher Zustand t.Veränderung ^.Veränderung

Fig. 28 TAFEL 18 Sporadische Bebauung

Ltgtnif Uriprüngtithtr Zuttant 1. Yträrtdtrung I 2. Vträftdtrmig

l

Steuerung der Überbauung durch die Besitzverhältnisse

Legende A Fabrikbesitz

B Privatbesitz einer Erbschaft, die aas Land wohl später zu Bauzwecken verkaufen wird C Landwirtschaftsbetrieb im Besitz eines Baumeisters (£), Fig. 30 baldige Auflassung des Betriebs, da in der Bauzone gelegen D Parzelle im Besitz eines Landwirts, der warten kann, bis sein Land einen günstigen Verkaufspreis erhält £ Sitz und Werkstätten des Baumeisters o u rn

§ m ft. z Co a =r m Q ~s 2- 3> t> 3> CD ZX3 5 CD CD C= 03 33 O

2

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Fig 34 Fig 35

rig jö Fig 37 Fin 38 Fig. 39

Fig. 40 Fig. 41

Fig. 42 Fig. 43 Aarburg um 1840

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Nach einem Aquarell von Joh Heinrich Luttringshausen

Fig 44

Aarburg um 1950

Federskizze von M D/steli

Fig 45