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Stiftung Marktwirtschaft (Ed.)

Research Report Das Ärgernis der deutschen Rundfunkordnung

Argumente zur Wirtschaftspolitik, No. 34

Provided in Cooperation with: Stiftung Marktwirtschaft / The Market Economy Foundation,

Suggested Citation: Stiftung Marktwirtschaft (Ed.) (1991) : Das Ärgernis der deutschen Rundfunkordnung, Argumente zur Wirtschaftspolitik, No. 34, Frankfurter Institut für Wirtschaftspolitische Forschung, Bad Homburg

This Version is available at: http://hdl.handle.net/10419/99853

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Das Ärgernis der deutschen Rundfunkordnung

Eher im Schatten der spektakulä- gleich welcher Art geht. Nicht zeichnen kann. Augenfälliges Bei- ren Umstrukturierung von Wirt- zentrale Planbehörden befinden spiel ist gerade das Rundfunkwe- schaft und Gesellschaft in den darüber, was hergestellt und ange- sen (Hörfunk und Fernsehen). Es neuen Bundesländern wird dort boten werden soll. Die Bürger ent- wird immer noch dominiert von derzeit ein Feld bestellt, das wegen scheiden selbst, was sie haben den öffentlich-rechtlichen Rund- seiner weitreichenden Aus- und möchten und wem sie es zu wel- funkanstalten, zusammengeschlos- Rückwirkungen größte Aufmerk- chem Preis abnehmen wollen. Eine sen in der Arbeitsgemeinschaft der samkeit verdient. Es geht - nach solche Ordnung ermöglicht nicht Rundfunkanstalten Deutschlands vierzigjährigem Staatsfunk und nur ein hohes Maß an Entschei- (ARD). Hinzu tritt im Fernsehbe- Staatsfernsehen - um den Aufbau dungsfreiheit, Eigenverantwor- reich das Zweite Deutsche Fernse- einer zukunftweisenden Rund- tung und, in der Folge, an Wohl- hen (ZDF). Diesen Anstalten ge- - und Fernsehordnung. Wie stand. Auch ihr weiterer Wertege- genüber kann der einzelne Bürger die Länder darangehen, derInfor- halt ist durch den Zusammenbruch nicht, wie sonst üblich, mit seiner mations-, Meinungs- und auch des sozialistischen Systems im Zahlungsbereitschaft darüber ent- Unterhaltungsfreiheit ihrer Bürger mittleren und östlichen Europa für scheiden, was er vorgesetzt haben die von der Verfassung vorge- alle sichtbar geworden. möchte. Er hat keinen Einfluß schriebene Geltung zu verschaf- darauf und wird von den Anstalten fen, das wird nicht nur von ARD, Freilich ist diese Ordnung auch in dennoch zur Kasse gezwungen. ZDF und den Privatsendern mit der alten Bundesrepublik keines- Entziehen könnte er sich der öf- gespannter Aufmerksamkeit ver- wegs durchgehend verwirklicht. fentlich-rechtlichen Zwangsge- folgt. Es geht vielmehr alle Zeitge- Auch hier gibt es Bereiche, die bühr - die bis heute, inzwischen nossen an. Denn diese Arbeiten man in vereinfachender Gegen- verfassungsrechtlich bedenklich, werfen in kristallener Deutlichkeit überstellung als planwirtschaft- lediglich an der Empfangswög- eine Frage auf, der künftig nicht lich-sozialistische Enklaven be- lichkeit festmacht - nur dadurch, mehr ausgewichen werden kann: Steht die Rundfunkordnung auf dem Territorium der bisherigen Entwicklung der Kabelanschlüsse seit 1982

Bundesrepublik überhaupt noch in 1 Einklang mit unserer auf den wei- Q Versorgungsgrad ) terentwickelten Bürgerfreiheiten • Anschlußdichte2) aufbauenden Gesellschaftsord- 47 nung, mit den technischen Ent- 45 wicklungen auf dem Mediensektor und mit den darauf fußenden 35 36 geänderten Einstellungen, Verhal- 34 33 34 34 tensweisen und Wünschen der Menschen? 26 Rundfunkordnung als Fremd- körper der Gesellschaftsordnung 18

Die Entscheidungs- und Verant- 11 wortungsstrukturen unserer Ge- sellschaft sind, in der Ausschnitt- vergrößerung, gekennzeichnet von den Prinzipien des Marktes, des 1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 19903) Wettbewerbs und der größtmögli- chen Zurückhaltung des Staates 1) Versorgungsgrad=anschließbare Wohnungen/Gesamtzahl der Wohnungen (in %) zumindest überall da, wo es um die 2) An8chlußdichte=angeschlossene Wohnungen/anschließbare Wohnungen (in %) Produktion und Verteilung von 3) Stand: 31. Märe 1990 Quelle: Telekom Deutsche Bundespost Gütern und Dienstleistungen Argumente Nr 34/März 1991 zur Wirtschaftspolitik Seite 2

ihr Kostenaufwand gewaltig. Per- ...staatsfern, aber parteinah Nach dem jüngsten Bericht des sonelle Überbesetzung und hohe Hessischen Rechnungshofes ist Gehälter sind kennzeichnend. Es Das Fehlen jeder wirksamen Kon- das Finanzgebaren des Hessi- ist "Ehrensache11, daß ein Inten- trolle der Anstalten durch das täg- schen Rundfunks (HR) in höch- dant mehr verdient als der Mini- liche Verbraucherplebiszit am stem Maße kritikwürdig. So sterpräsident des Landes, in dem Markt soll durch "gesellschaftlich monierten die Prüfer insbeson- die Anstalt ihren Sitz hat. Allein legitimierte11 Aufsichtsgremien dere den steigenden Personal- das ZDF zahlt mehr Gehälter in kompensiert werden. Doch gerade aufwand des HR. Sie stellten der Generalskategorie als die ge- da wird die deutsche Rundfunk- fest, daß im Vergleich zu den samte Bundeswehr an Generälen ordnung zur Karikatur: Im wirt- Beschäftigten des öffentlichen aufzuweisen hat. schaftlich-organisatorischen Be- Dienstes im Lande Hessen der reich sind diese Aufsichtsorgane HR einen überproportionalen Das braucht nicht zu verwundern: dem Insider-Wissen der Anstalten Anteil hoher Vergütungsgrup- Wenn sich die Kosten durch Anhe- für gewöhnlich hoffnungslos un- pen ausweise. Nach Darstellung bung der Gebühren im Ergebnis terlegen. Die ehrenamtlich tätigen des Rechnungshofes gewährte schlicht auf den Verbraucher wei- Feierabend-Kontrolleure haben in der Sender 1988 123 seiner 1.904 terschieben lassen, entwickeln sich der Regel gar nicht genügend De- Bediensteten (6,5 % der Be- solche Einrichtungen schnell zu tailkenntnisse, um mit den mächti- schäftigten) eine Vergütung Selbstbedienungsläden. Von be- gen Bürokratie-Apparaten mithal- entsprechend der Besoldungs- sonderem Ideenreichtum, von ten, geschweige denn sie wirksam gruppe B 4 und höher. Das Land künstlerischer Phantasie, von kontrollieren und in die Schranken Hessen verfügt demgegenüber Wagnis und Innovation hingegen weisen zu können. Und im Inhalt- im selben Zeitraum lediglich ist in dieser Szenerie nur wenig zu lichen, im Programmbereich, hat über 106 Planstellen der Besol- beobachten. Mehr als 40% der von sich die verfassungsrechtlich vor- dungsgruppe B 4 und höher den öffentlich-rechtlichen Anstal- geschriebene Staatsferne des (ohne Richterplanstellen) bei ten ausgestrahlten Fernsehsendun- Rundfunks in der Alltagsrealität über 140.000 Bediensteten (0,08 gen stammen denn auch aus ame- schon lange in eine große Parteien- %). Eine scharfe Mißbilligung rikanischer Produktion oder sind nähe verwandelt. Auffälligstes des Rechnungshofes fand auch amerikanischen Vorbildern direkt Merkmal sind die "Freundeskrei- der Umstand, daß der HR die nachgestaltet. Dazu genügen im se" in den Aufsichtsgremien. In Einführung eines 14. Monatsge- wesentlichen Einkäufe auf dem ihnen kommen Mitglieder und haltes für seine tariflichen An- internationalen Programm-Markt. Sympathisanten der einflußreichen gestellten zum Anlaß nahm, auch die Gehälter seiner "ohne- hin hoch angesiedelten" Direk- Netto-Umsätze des 'Werbefernsehens 1985 - 1989 !) toren auf nunmehr 14 Monats- gehälter zu erhöhen. Damit liegt ohne Produktionskosten (in Mio. DM) die Vergütung dieser Direktoren noch über der höchsten Besol- 1985 1986 1987 1988 1989 dungsgruppe (B 10) des öffent- lichen Dienstes im Lande Hes- ARD Gesamt 860,0 884,3 914,4 943,6 935,4 sen. ZDF 579,8 576,0 617,8 632,4 679,1 daß er auf jeglichen Programm- RTL plus 15,3 24,6 47,7 124,6 294,4 empfang verzichtet. SAT 1 5,9 10,9 37,9 115,5 307,4 Öffentlich-rechtliche Anstalten: Verschwenderisch... 18,0 26,0

Wie für öffentliche Unternehmen PRO 7 14,5 immer dann typisch, wenn sie nicht voll dem Wettbewerb ausge- Gesamt 1461,0 1495,8 1617,8 1834,1 2256,8 setzt sind, zeichnen sich die An- stalten durch hohe Ineffizienz aus. 1) vor Skonti, nach Absug von Rabatten und Mittlergebühren Quellen: ARD-Werbung, ZDF-Werbefernsehen, RTL plus, SAT 1, TELE 5, PRO 7 An den Ergebnissen gemessen ist Argumente Nr 34/März 1991 zur Wirtschaftspolitik Seite 3

Parteien regelmäßig vor den Sit- das Leistungsangebot nicht unmit- Behinderungen Teil einer gezielten zungen zusammen, um die eigent- telbar beeinflussen. Sie sind im Politik sind. Für Nordrhein-West- lichen Weichenstellungen mög- wesentlichen als Konsumenten von falen, und Schleswig-Hol- lichst vorwegzunehmen. Die sub- Werbung interessant. stein kommt das 1990 erstellte tilste und zugleich wirkungsvollste Hauptgutachten der unabhängigen Einflußnahme vollzieht sich über Die Wirtschaftstätigkeit der Pri- Monopolkommission zur gleichen die Personalpolitik: Wer etwas vatsender aber wird durch hyper- Einschätzung. Der strukturelle werden will, darf bei der Mehrheit trophe, politikgesteuerte Regulie- Defekt, daß Private sich nur des Entscheidungsgremiums nicht rungen weiterhin auf vielfache über Werbung finanzieren, die anecken. Blockieren sich zwei Weise behindert. Wettbewerbsver- öffentlich-rechtlichen Anstalten Lager, läuft das ganze auf Pro- zerrungen zu ihren Lasten beste- aber sowohl auf Gebühren als auch porzentscheidungen hinaus. hen allenthalben. Zum einen schon auf Werbung zurückgreifen dür- wegen unzureichender technischer fen, ist auf Dauer angelegt. Beson- Das jüngste, in seiner Unverhüllt- Reichweiten. So können die Pri- ders deutlich wird das Ungleich- heit bemerkenswerte Beispiel vatsender trotz aller Fortschritte gewicht daher bei den Einnahmen: kommt vom NDR, der Drei-Län- bei der Verbreitung über Kabel, Während die großen Privatsender der-Anstalt von Hamburg, Schles- Satellit und Antenne erst in jedem SAT 1 und RTL plus bei den Wer- wig-Holstein und Niedersachsen. zweiten der 26 Millionen Haushal- beeinnahmen 1990 die Milliarden- Nachdem durch den sozialdemo- te auf dem Gebiet der alten Bun- Grenze zu überspringen hofften, kratischen Wahlsieg in Nieder- desrepublik empfangen werden, standen den öffentlich-rechtlichen sachsen vom Frühjahr 1990 jetzt während die öffentlich-rechtliche Sendern ARD und ZDF schon 1989 ein politischer Gleichklang dieser Konkurrenz ihr TV-Publikum flä- rund 7 Milliarden DM aus den drei Länder erreicht ist, sollte chendeckend erreicht. Zum ande- gesetzlichen Rundfunkgebühren durch eine Vergrößerung des ren sind Sendebereiche, z.B. beim und aus Werbung zur Verfügung. NDR-Rundfunkrates und durch Hörfunkangebot in Baden-Würt- eine Veränderung seiner Zusam- temberg und in Bayern, häufig so Reaktionen der öffentlich- mensetzung eine Zweidrittelmehr- zugeschnitten, daß insbesondere rechtlichen Anstalten heit des sozialdemokratischen mittelständische Angebote nur Freundeskreises stabilisiert wer- geringe Überlebenschancen haben. Die öffentlich-rechtlichen Anstal- den. Gegenwärtig ist solches Vor- In einzelnen Bundesländern drängt ten reagierten auf die aufkommen- haben aufgrund von Verhandlun- sich der Eindruck auf, daß diese de Konkurrenz mit einer Vielzahl gen zwischen CDU und SPD erst einmal verschoben. Als Teil dieses Kompromisses mußte Peter Schi- Entwicklung der Marktanteile des Werbefernsehens und 1 wy, der Intendant des NDR, vor- Werbefunks 1970 bis 1989 ) (in Prozent) zeitig seinen Hut nehmen. Er ARD wurde durch ein SPD-Mitglied 66,4 66,4 67,0 ZDF ersetzt. Das ist "real existierende" im Staatsferne. im Private 52,9 Private Konkurrenz

Gewiß, auf Grund des Rundfunk- staatsvertrages vom April 1987 und der einzelnen Landesmediengeset- 28, 4 27,7 26,2 , 24,9 ze sind mittlerweile auch private 22,' Rundfunk- und Fernsehangebote r möglich. Doch der Privatfunk [ dürfte kaum in der Lage sein, die 5,2 5, 3 gegenwärtigen, von den öffent- lich-rechtlichen Anstalten domi- J nierten Strukturen durchgreifend 1970 1982 1986 1989 zu verändern. Auch bei der priva- 1) NettoumsäUe ohne Produktionskosten ten Konkurrenz können Hörer und Quellen: ARD-Werbung, ZDF-Werbefernsehen, RTL plus, SATl Zuschauer im derzeitigen System Argumente Nr 34/März 1991 zur Wirtschaftspolitik Seite 4

von Maßnahmen. Tätigkeitsbe- zum Beispiel der WDR 1989 sofort funks sind mittlerweile allesamt grenzungen, die ihnen bis dato einen 30%-Anteil an Radio NRW, nicht mehr stichhaltig: auferlegt waren, wurden teilweise als in diesem Bundesland privates schnell beseitigt - so für den WDR Anbieten möglich wurde. Das - Die immer wieder beschwore- durch das sogenannte WDR-Ge- Bundeskartellamt untersagte dar- nen "vorgegebenen Strukturen" setz. Darüber hinaus reagierte die aufhin diesen Erwerb (Entschei- des öffentlichen Rundfunks, die öffentliche Seite mit einer Politik dung noch nicht rechtskräftig). ihn dem Wettbewerb völlig ent- der Frequenzbesetzung, munter Nicht anders ist es zu bewerten, wöhnt und im Monopoldenken assistiert von einem anderen öf- wenn sich die großen öffentlichen großgezogen haben, entstammen fentlich-rechtlichen Monopol- Anstalten mit den größten Privat- schlicht der Rundfunkpolitik unternehmen, der Deutschen Bun- einrichtungen zusammentun. Die der englischen Besatzungsmacht despost. Eine gezielte Politik der Dominanz der öffentlich-rechtli- kurz nach dem Zweiten Welt- Marktverstopfung tut ein übriges: chen Anstalten auf allen Beschaf- krieg. Die orientierte sich an den Vierte und fünfte Hörfunkpro- fungs-, Zuschauer- und Werbe- Mißbräuchen des Rundfunks gramme werden entwickelt; durch märkten wird dann endgültig sta- während der NS-Zeit und am Regionalisierung des Angebots bilisiert. Vorbild der (damaligen) BBC. werden Marktnischen besetzt; die Am Wechsel zum nächsten Jahr- ursprünglich stärker kulturpoli- Auswirkungen dieser Defekte hundert ist dies keine zukunft- tisch ausgerichteten dritten Fern- weisende Perspektive. sehprogramme werden zu Voll- Diese ordnungspolitischen Defekte programmen ausgebaut, und über wiegen aus drei Gründen beson- - Der zur Rechtfertigung eben- Satellit wird ein weiteres Gemein- ders schwer. Rundfunk und Fern- falls herangezogene Mangel an schaftsprogramm auf den Markt sehen terrestrischen Frequenzen be- geworfen (3-SAT, ARD-1-Plus). steht mittlerweile nicht mehr: - sind Instrumente politischen Eine bessere Ausnutzung der Schließlich lassen die öffentlich- Meinungskampfs und politi- terrestrischen Sende wege, rechtlichen Anstalten auch auf der scher Willensbildung und müs- Breitbandkabel in Kupfer wie in Beschaffungsseite, beim Erwerb sen schon von daher, unserem Glasfasertechnik und nament- unerläßlicher Programmteile, heutigen politischen und kultu- lich Satelliten-Systeme werden nichts unversucht, um die Privaten rellen Lebensgefüge entspre- den Mangel eher in Überfluß vom Markt fernzuhalten. Aus- chend, staatsfern-pluralistisch verwandeln. schließlichkeitsabreden wie der organisiert sein, Globalvertrag, den ARD und ZDF - In der einschränkenden Recht- einerseits und der Deutsche Sport- - haben gesamtwirtschaftlich eine sprechung des Bundesverfas- bund mit den meisten seiner Spit- große, immer noch steigende sungsgerichts haben darüber- zenverbände andererseits über die Bedeutung und müssen deshalb hinaus die hohen Kosten für die Verwertung von Übertragungs- wettbewerblich-effizient aus- Programmerstellung eine Rolle rechten abschlössen haben, sind gerichtet sein, gespielt: Sie wurden als so gra- ein Beispiel. Erst Bundeskartellamt vierende Marktzutrittsschran- und Gerichte haben diesen Vertrag - könnten in der Bundesrepublik ken angesehen, daß die Wettbe- zu Fall gebracht. Ein anderes ist bei weiterhin defizienter Ord- werbsmechanismen gar nicht der Erwerb langfristiger Exklusiv- nungsstruktur im entstehenden funktionieren und wesentliche rechte für jeweils mehr als 1000 grenzüberschreitenden Medien- Teile der Gesellschaft sich des- Spielfilme durch ARD und ZDF. wettbewerb schon bald in un- halb gar nicht artikulieren Erst ein Einschreiten der EG- günstige Positionen geraten, könnten. Dieses Argument war Kommission, gestützt auf das weil sich im Schatten der öffent- nie völlig stichhaltig: Es ist wirt- Kartellrecht der Gemeinschaft, lich-rechtlichen Anstalten wett- schaftlich unvergleichlich ein- milderte dieses Leerkaufen des bewerbsfähige Strukturen nicht facher, einen privaten Rund- Marktes ab. herausbilden. funksender zu betreiben als mit einer neuen Tageszeitung auf Wo die private Konkurrenz so Vergilbte Rechtfertigungen einen lokalen oder regionalen nicht diszipliniert werden kann, Markt zu gehen. Selbst soweit es versucht man, sie durch Koopera- Die zahlreichen Rechtfertigungs- um das Fernsehen geht, wird die tion einzubinden und auf diese versuche für die Sonderstellung These durch vielfältige Erfah- Weise ruhigzustellen. So erwarb des öffentlich-rechtlichen Rund- rungen aus dem Ausland ein- Argumente Nr 34/März 1991 zur Wirtschaftspolitik Seite 5

deutig widerlegt. Zutreffen chen Interesse liegend definie- noch zwingt es zu konsistenter würde sie nur dann, wenn man ren (meritorische Güter). Dafür Verwirklichung des einmal ge- Großgebilde wie ZDF oder gibt es freilich zielgenauere und wählten Modells. Von Verfassung WDR zum Angebotsmaßstab verhältnismäßigere Lösungen wegen kommt es vielmehr allein machte. Mit seiner Akzeptanz als die gegenwärtige Rundfunk- auf die Gewährleistung freier und privaten Angebots ist das Bun- ordnung (s. unten). Ein generel- umfassender Berichterstattung desverfassungsgericht mittler- ler Anspruch, Träger öffentli- an." Auch eine außenplurale, dem weile selbst von dieser undiffe- cher Interessen und damit ent- Marktprinzip näher kommende renzierten Position abgerückt. sprechend privilegiert zu sein, Ordnungsstruktur ist verfassungs- läßt sich daraus jedenfalls nicht rechtlich durchaus möglich. Vor- Das gern benutzte Argument der herleiten. aussetzung bleibt lediglich, daß Verflachung des Programms diese Ordnung in der Lebenswirk- durch die Abhängigkeit der pri- Die Rechtsprechung steht der lichkeit auch tatsächlich funk- vaten Anbieter von den Ein- Reform nicht im Wege tionsfähigen Wettbewerb ermög- schaltquoten läuft im Kern auf licht. Geschmacksdiktatur hinaus und Was nottut ist somit eine kommt in gefährliche Nähe der Rundfunkordnung, die mit den Die Reformrichtung Zensur. Letztere findet, wie Art. Strukturprinzipien und praktizier- 5 Abs. 1 Satz 3 GG trocken for- ten Lebensformen unserer heuti- Eine Reform des Rundfunkwe- muliert, "nicht statt". Souverän gen Gesellschaft wieder in Ein- sens, die dem heutigen Selbst- in unserer Gesellschaftsordnung klang gebracht ist. Einer darauf verständnis der mündigen, das ist im übrigen "das Volk" (Art. abzielenden durchgreifenden Re- Medienangebot prüfenden Bürger 20 GG). Daß es die "Programm- form steht die Rechtsprechung des entsprechen soll, muß deshalb hoheit" schon längst in eigene Bundesverfassungsgerichts bei in Richtung mehr Markt, mehr Hände genommen hat, zeigen richtiger Interpretation keineswegs echter Wettbewerb und weniger alle Erkenntnisse über den entgegen. Die Garantie der Rund- Regulierung gehen. Sie muß in Wandel des Zuhörer- und Zu- funkfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 eine rechtliche Rahmenordnung schauerverhaltens hin zu großer Satz 2 GG erfordert im wesentli- umsetzen, was die Konsumenten Selektivität. Vor diesem Hinter- chen dies: durch ihr Auswahlverhalten ohne- grund erweist sich das Verfla- hin schon zu praktizieren begon- chungsargument schlicht als - Der Rundfunk ist von staatli- nen haben. Im einzelnen heißt das: pseudo-elitäre Anmaßung. cher Bevormundung und Ein- flußnahme freizuhalten. - Sie muß darauf abzielen, echte Schließlich wird geltend ge- Märkte zu schaffen, auf denen macht, marktorientierte Lösun- - Er darf nicht zur Beute gesell- der einzelne - unmittelbar über gen könnten nicht sicherstellen, schaftlicher Gruppen werden. seine Zahlungsbereitschaft oder daß Minderheitenprogramme, indirekt über Einschaltquoten - zum Beispiel "anspruchsvolle" - Der Gesetzgeber muß, anders als seine Präferenzen deutlich ma- Kulturprogramme wie Opern- bei den Printmedien, eine posi- chen und das Programmangebot aufführungen im Fernsehen, tive Rahmenordnung vorhalten. damit letztlich bestimmen kann. künftig noch finanzierbar sind. Er darf die Märkte nicht völlig Im Bereich Fernsehen sollten Genauer heißt das: Es ist mög- unkontrolliert dem freien Spiel dazu die bisherigen Finanzie- lich, daß bei konkreter Kosten- der Kräfte überlassen. rungsformen durch nutzungsab- zurechnung an eine Nachfrager- hängige vertragliche Entgelte gruppe der Preis so hoch wird, Unter diesen Prämissen ist die (Abonnements und/oder Ein- daß diese Gruppe auf die Be- sogenannte duale Rundfunkord- zelabrechnungen) oder durch friedigung des Bedarfs verzich- nung, wie sie sich in den letzten Werbefinanzierung abgelöst tet. Gegenwärtig wird das An- Jahren herausgebildet hat, eine werden. Im Hörfunk sollte es gebot durch zwangsweise Quer- verfassungsrechtlich mögliche, wegen der zu hohen Transak- subventionierung zu Lasten ei- keineswegs aber eine zwingend tionskosten bei den bisherigen ner anderen, desinteressierten gebotene Ausformung. Das Bun- Zwangspauschalen bleiben. Sie Gruppe ermöglicht. Man mag desverfassungsgericht in seinem sollten allerdings nach einer das Vorhalten eines bestimmten jüngsten Urteil vom 5. Februar Übergangszeit auf alle Sender Angebots zu nicht kostendek- 1991: "Das Grundgesetz schreibt der Höhe ihrer Einschaltquoten kenden Preisen als im öffentli- weder ein bestimmtes Modell vor gemäß verteilt werden. Argumente Nr 34/März 1991 zur Wirtschaftspolitik Seite 6

Den öffentlich-rechtlichen Sen- Reformchance nutzen deanstalten könnte in einer sol- Fazit: chen Ordnung allenfalls ein spe- Den neuen Bundesländern bietet zifisch kulturpolitischer Auf- • Die sogenannte duale Rund- sich die Chance zu einer auch für trag zukommen (meritorische funkordnung, wie sie sich in die bisherige Bundesrepublik zu- Güter). Nur in dem dafür gebo- den letzten Jahren herausge- kunftweisenden Umgestaltung der tenen Ausmaß wäre ihre Ge- bildet hat, bleibt hinter den Rundfunkordnung. Dabei geht es bührenfinanzierung noch zu Ansprüchen unserer auf Bür- um mehr als den künftigen Zu- rechtfertigen. Werbefinanzie- gerfreiheiten, Markt und schnitt des föderalen Rundfunksy- rung hingegen sollte ihnen ver- Wettbewerb gegründeten of- stems. Es geht um den Abbau des schlossen bleiben. In diese Rich- fenen Gesellschaft weit zu- überholten politischen Dogmas tung plädiert auch die Monopol- rück. von der notwendigen Vorzugsstel- kommission. Eine andere Option lung der öffentlich-rechtlichen ist die Privatisierung der öffent- • Für eine Privilegierung der Anstalten und des damit verbun- lichen Anstalten. Diese hätten öffentlich-rechtlichen An- denen besonderen Aufbaus, Ver- dann die gleichen Entwick- stalten als angebliche Träger sorgungsauftrags, Rechts- und Fi- lungschancen wie alle anderen gemeinwohlorientierter Auf- nanzierungsstatus. Es geht um die Anbieter auch. Das erforderli- gaben öffentlicher Kommu- Herstellung echter Gleichberech- che Angebot an "meritorischen" nikation gibt es keine reale tigung der verschiedenen Träger Programmen könnte in diesem Basis mehr. von Pressefreiheit und Meinungs- Fall aus den Erträgen von Stif- vielfalt. Diese aber läßt sich nur in tungen finanziert werden, die • Die Umgestaltung der Rund- einer marktorientierten Rund- aus den Privatisierungserlösen funkordnung in den neuen funk- und Fernsehordnung her- zu speisen wären. Eine weitere Bundesländern eröffnet die stellen. Alternative dazu, die Subven- Chance, den Einfluß von Po- tionierung dieses spezifischen litik auf die elektronischen Werden die dazu erforderlichen Angebots direkt aus dem Staats- Medien durch echte Außen- ordnungspolitischen Weichenstel- haushalt, ist nicht zu empfehlen. pluralität zurückzuschneiden lungen jetzt nicht vorgenommen Sie liefe zwar auf eine vertei- und eine freiere Entwicklung und statt dessen wieder nur die lungsgerechtere Lösung hinaus, bei Rundfunk und Fernsehen alten Muster kopiert, wird der bald da das Steuerrecht von vornher- einzuleiten. unvermeidliche erneute Umstel- ein die unterschiedliche Lei- lungsprozeß um so schwieriger und stungsfähigkeit der Staatsbürger • Dazu müssen nur wirkliche aufwendiger. Denn daß sich die berücksichtigt. Sie könnte indes Märkte geschaffen werden, Bundesrepublik Deutschland aus die gebotene Staatsferne des auf denen der Konsument - der europa- und weltweiten Ent- Angebots erneut stark gefähr- über seine Zahlungsbereit- wicklung zu freieren Rundfunk- den. schaft oder über Einschalt- und Fernsehregimen schon aus quoten - seine Wünsche und Eigeninteresse nicht mehr lange Die überzogene Regulierung der Anforderungen kundtun und ausklinken kann, dürfte außer Rundfunkmärkte nach den ein- damit das Programmangebot Frage stehen. Schon die EG-Fern- zelnen Landesmediengesetzen weitgehend bestimmen kann. sehrichtlinie vom Oktober 1989 sollte in jedem Falle, das heißt fördert die Möglichkeit, ausländi- auch in kurzfristiger Perspekti- die Erteilung einer Rundfunkli- sche Programme in inländische ve und unabhängig von einer zenz als Zusammenschlußtatbe- Kabelnetze einzuspeisen, und öff- Gesamtreform, abgebaut wer- stand im Sinne des Kartellgeset- net damit den Weg in eine Zu- den. zes zu fingieren. Funktionieren- kunft, die spätestens 1992 vom der Wettbewerb ist die Basis freien, wettbewerblich unverzerr- Beifallswert ist auch der Vor- jeder freiheitlichen Ordnung ten Informationsfluß gekenn- schlag der Monopolkommission, des Rundfunkwesens. zeichnet sein wird.

Herausgeber: FRANKFURTER INSTITUT für wirtschaftspolitische Forschung e. V., Kaiser-Friedrich-Promenade 157, 6380 Bad Homburg v. d. H., Telefon (06172) 42074, Telefax (06172) 42355 Direktor des Instituts: Gert Dahlmanns Vorstandsvorsitzender: H. Joachim Krahnen Wissenschaftlicher Beirat: KRONBERGER KREIS