Politische Ikonographie 1/2009 - 1

Jesko von Hoegen

Der „Marschall“ und der „Gefreite“.

Visualisierung und Funktionalisierung des Hindenburg-Mythos im „Dritten

Einleitung Der Sieg in Ostpreußen wurde mit Reminiszenzen an die Schlacht bei Tannenberg aus dem Jahr 1410 ver- „Der Marschall und der Gefreite kämpfen mit uns für knüpft, in welcher der Deutsche Orden den Kampf ge- Frieden und Gleichberechtigung“. So lautete der Un- gen das Heer des Königs von Polen und des Groß- tertitel eines Wahlplakates der Nationalsozialisten zur fürsten von Litauen um die Vorherrschaft im damali- Reichstagswahl im November 1933. Es zeigte ein gen Deutschordensland verloren hatte. Die Schlacht Doppelportrait, auf dem sich der „Gefreite“ des Welt- von Tannenberg im August 1914 wurde zu einer ver- krieges, der „unbekannte Soldat“ Hitler mit dem „Mar- späteten Revanche für 1410 stilisiert, zu einer Vertei- schall“, dem „Retter“ Hindenburg, als väterlichem digung ,uralten deutschen Bodens' gegen den stets Mentor präsentierte.1 Die Distanz zwischen beiden eine Bedrohung darstellenden slawischen Feind.7 Der Männern, die noch ein Jahr zuvor als Kontrahenten im Hindenburg-Mythos entstand aus dem Gefühl der Kampf um das Reichspräsidentenamt die politischen Dankbarkeit gegenüber dem „Befreier Ostpreußens" Lager der Weimarer Republik polarisiert hatten und und war nicht das Produkt einer staatlich gelenkten die auch nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanz- . Der „Held von Tannenberg" Paul von ler am 30. Januar 1933 durch Hindenburg zunächst Hindenburg erschien den Deutschen als „Retter", als noch bestehen blieb, sollte sichtbar verringert wer- Erlöser aus einem nationalen Krisenmoment. Die ra- den.2 Nunmehr, so die Botschaft des Plakates, stün- sche Genese des Mythos, der sich schon innerhalb den der kaiserliche und der in weniger Wochen nach dem Sieg bei Tannenberg in ei- Hitler personifizierte, einfache Soldat des Weltkrieges nem regelrechten Hindenburg-Kult äußerte, erklärt einträchtig, fast freundschaftlich nebeneinander, um sich nicht zuletzt aus dem enormen Bedarf des durch gemeinsam für Deutschlands Zukunft zu kämpfen. Fragmentierung und innergesellschaftliche Konflikt- Deutlich wird anhand dieses Wahlplakates die Nut- herde belasteten Kaiserreichs an Integrationsfakto- zung des im Ersten Weltkrieg entstandenen Hinden- ren.8 Die Einheit des Volkes war insbesondere im Kri- burg-Mythos durch die NS-Propaganda. senmoment des Krieges notwendig, der den Zusam- menhalt der Gesellschaft auf die Probe stellte.9 Neben „Held von Tannenberg“: Der Hindenburg-My- einer integrierenden Kriegsideologie bedurfte es einer thos im Ersten Weltkrieg Identifikationsfigur, in der sich die Einheit des Volkes personifizierte, um den Bestand der „Volksgemein- Das Fundament des Hindenburg-Mythos hatte der schaft“ während des Krieges zu sichern. Die neue Di- Sieg der Achten Armee über die auf deutsches Gebiet mension des modernen Krieges als technisierter Ver- vorgedrungenen russischen Truppen in der Schlacht nichtungskrieg verstärkte noch die Sehnsucht nach von Tannenberg (26.8.–30.8.1914) gebildet.3 Mehr einer Heldenfigur.10 Da sich der Monarch als Identifi- noch als die militärstrategische Qualität des „Vernich- kations- und damit Integrationsfigur überfordert zeig- tungssieges“4 und die hohen Gefangenenzahlen5 ließ te, fokussierte sich das Verlangen der Bevölkerung die Befreiung Ostpreußens von dem russischen Ein- nach einer charismatischen Führungspersönlichkeit dringling Tannenberg zur ,Ruhmespforte‘ Hinden- auf die Person des „Helden von Tannenberg“.11 Wäh- burgs werden. Die Wirksamkeit des Identifikationsbe- rend bei den beiden europäischen Westmächten In- griffs „Tannenberg“ lag nicht zuletzt an dessen Ein- tegration vor allem durch das Parlament und die Re- bindung in die preußisch-deutsche Staatsideologie.6 gierung gestiftet wurde, war es in Deutschland das Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 2

Militär als „Schule der Nation“, das Klassen übergrei- jestätischer Ruhe sitzenden, nachdenklichen Hinden- fend und überregional zu integrieren vermochte. Das burg. Die Rollenverteilung ist deutlich: Hindenburg als hohe Ansehen des Militärs im Kaiserreich und die souveräner Analytiker des Krieges und Ludendorff als monarchistische, kaisertreue Haltung des Großteils Zuarbeiter und Gehilfe des Schlachtendenkers.16 Auch der Bevölkerung ließ in Deutschland daher, anders als Karikaturen und Postkarten, die Hindenburg als in Frankreich und England, keinen demokratisch legi- „Schachspieler“ zeigten, festigten sein Image als timierten Volkstribunen, sondern den Kriegshelden „Wissenschaftler“ des Krieges.17 Die Verwissenschaft- Hindenburg zur nationalen Identifikationsfigur aufstei- lichung des Krieges förderte die Zivilisierung und da- gen.12 mit Politisierung des Hindenburg-Bildes. Die Profes- Neben zahlreichen Kriegsberichterstattern, die sionalisierung beziehungsweise Bürokratisierung des nach der Befreiung Ostpreußens zu den Hauptquar- modernen Soldatenhandwerks verlieh dem Militäri- tieren Hindenburgs ‚pilgerten’ , um einer begierigen schen bürgerliche Züge und ließ höchste militärische deutschen Öffentlichkeit ein Bild von der Arbeitswei- Führer wie Hindenburg auch für die Übernahme au- se, der äußeren Erscheinung und der Persönlichkeit ßermilitärischer Aufgaben als funktional gerüstet er- des vorher weitgehend unbekannten „Siegers von scheinen.18 Ruhe und Nervenstärke galten als die Tannenberg“ zu vermitteln13 sind insbesondere die wichtigsten Feldherrneigenschaften des „Wissen- Maler, die an die Ostfront reisten, um diesen bildne- schaftlers des Krieges“. Sie gehörten zum zentralen risch darzustellen, als Boten des Ruhmes Hinden- Kanon des Hindenburg-Bildes, wurden zu einem kon- burgs zu betrachten. Kriegsbilder-Ausstellungen, die stitutiven Element des Hindenburg-Mythos und zur den Stellenwert eines „vaterländischen Großereignis“ nationalen Tugend erhoben.19 Der als nationale Ner- erlangten, präsentierten der Bevölkerung in den Groß- venprobe empfundene technisierte Massenkrieg ver- städten eine Vielzahl von Hindenburg-Gemälden. stärkte das Bedürfnis nach einer Vaterfigur, die als Durch die Entwicklung und fortschreitende Verfeine- Verkörperung von Ruhe und Gelassenheit erschien. rung des fotomechanischen Druckverfahrens avan- ,Vater‘ Hindenburg sollte der Nation streng und sor- cierten einzelne von ihnen zu visuellen Massenmedi- gend zugleich Schutz gegen eine Welt von Feinden en. Die stilisierten Darstellungen des Volkshelden wur- bieten. den in Form von Faksimiledrucken und Postkarten re- Hindenburg selbst ist ein nicht zu unterschätzender produziert und zum Verkauf angeboten. Die Hinden- Eigenanteil an der Visualisierung und Kultivierung des burg-Bilder waren für jedermann erschwinglich und Mythos um seine Person beizumessen. Im Jahr erhielten dadurch einen hohen Verbreitungs- und Wir- 1914/15 waren Bilder noch von Hand gezeichnete kungsgrad. Sie prägten die Vorstellung der Bevölke- Portraits, deren Produktion die aktive Mitwirkung des rung von dem Volkshelden mit und transportierten ein zu Portraitierenden voraussetzte. Dies ermöglichte bestimmtes Deutungsmuster von Hindenburg in die Hindenburg einen erheblichen Gestaltungsspielraum, Öffentlichkeit. 14 von dem er auch ausgiebig Gebrauch machte. Die Dominierten In der Entstehungsphase seines My- Schilderungen seines „Hof-und Leibmalers“ Professor thos noch Darstellungen Hindenburgs als martiali- Hugo Vogel von seinen Aufenthalten in den Haupt- scher „Russenbezwinger“15, erfuhr das Hindenburg- quartieren Hindenburgs an der Ostfront im Jahr 1915 Bild bald Differenzierungen. Der Feldherr Hindenburg belegen das große Interesse, welches dieser an den wurde zunehmend als „Wissenschaftler des Krieges“ von Vogel erstellten Bildern hatte und welch hohen dargestellt. So reihte zum Beispiel das massenhaft Stellenwert er ihnen beimaß. Er verwendete viel Zeit verbreitete Doppelportrait „Hindenburg und Luden- für die Sitzungen bei dem Maler und griff in dessen dorff am Kartentisch“ Hindenburg als Schlachtenden- Arbeit ein, damit eine ihm genehme Darstellung seiner ker in die Tradition Moltkes ein. Sein Generalstabs- Person in der Öffentlichkeit gewährleistet war.20 Die chef Ludendorff, fleißig über den Kartentisch gebeugt, Malerei war ein Medium, durch das sich Hindenburg bildete auf dem Gemälde einen wirkungsvollen Kon- wirkungsvoll in Szene setzen konnte und durch das trast zu dem auf dem Stuhl zurückgelehnt und in ma- ihm eine visuelle Kommunikation mit einem aufnah- Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 3

mebereiten Publikum in der Heimat gelang. Die Tage- zuwerten und ihn als Verteidiger der bismarckschen buchaufzeichnungen Vogels vermitteln den Eindruck Errungenschaften in die preußisch-deutsche Staats- einer regelrechten Öffentlichkeitsarbeit in den Haupt- mythologie einzugliedern. Durch den Rekurs auf den quartieren Hindenburgs und zeigen den Volkshelden Bismarck-Mythos wurden zudem die mit dem Reichs- als einen Meister der „medialen Selbstinszenierung“.21 gründer assoziierten genuin politischen Qualitäten Sichtbarster Ausdruck des Mythos um den „Retter" auch auf Hindenburg übertragen.26 Die räumliche Hindenburg war eine zwölf Meter hohe Hindenburg- Nähe des Denkmals zu der sich ebenfalls auf dem Statue aus Erlenholz, die zwischen 1915 und 1919 auf Berliner Königsplatz befindenden, den Triumph über dem Königsplatz in stand. Die Kolossalstatue Frankreich 1870/71 symbolisierenden Siegessäule "Eiserner Hindenburg", die der Bildhauer Georg Mar- und den Standbildern der Feldherrn Moltke und Roon schall im Auftrag des „Luftfahrerdanks" geschaffen ist nicht dem Zufall entsprungen.27 Die „Benagelung“ hatte, wurde am ersten Jahrestag der „Schlacht von des „Eisernen Hindenburg“ diente somit nicht nur ei- Tannenberg" eingeweiht. Die Bevölkerung war in Zei- nem karitativem Zweck. Sie war darüber hinaus Aus- tungen und auf Plakaten dazu aufgefordert worden, druck des Glaubens der Gefolgschaft des Volkshel- gegen eine Spende von einer bis 100 Mark eiserne, den an den Sieg und gleichsam an die Symbolfigur silberne oder goldene Nägel in die Statue einzuschla- des Sieges Hindenburg. gen; die Erlöse sollten der Nationalstiftung für die Obwohl Hindenburg während der gesamten Kriegshinterbliebenen, der Kriegssammlung der Stadt Kriegsdauer als Symbolfigur des Sieges gegolten hat- Berlin und dem „Luftfahrerdank" zugute kommen.22 te, überstand sein Mythos auch die Kriegsniederlage. Die Gestaltung des „Eisernen Hindenburg“ lässt eine Die Rettung des Hindenburg-Mythos erklärt sich aus Verknüpfung des Retter-Mythos um Hindenburg mit dem durch die Umbruchzeit der Revolution noch ver- dem Bismarck-Mythos erkennen. Zu den bekanntes- stärkten Bedürfnis der deutschen Gesellschaft nach ten Bismarck-Denkmälern zählt das 1906 eingeweih- Integration und Stabilität sowie nach Kompensation te Denkmal des Bildhauers Hugo Lederer in Hamburg, der Niederlage. Der ungebrochene Glaube an die cha- das Bismarck als Roland darstellt. Er trägt eine mittel- rakterliche Integrität Hindenburgs ließ die Bevölkerung alterliche Rüstung und stützt sich mit leicht auseinan- in dem Feldmarschall einen ruhenden Pol, einen Fels der gestellten Beinen auf ein mittelalterliches Reichs- in der Brandung der Revolutionszeit sehen, an den sie schwert. Lederers Denkmal, das eindrucksvoll das sich einheitlich klammerte. In der Krisenzeit des Um- vermehrt durch militärische Züge geprägte Bismarck- bruchs erblickten die Deutschen in Hindenburg erneut Bild am Beginn des Jahrhunderts repräsentiert, wirkte ihren „Retter“, diesmal vor Chaos und Bürgerkrieg. auf die bildnerische Darstellung Hindenburgs ein.23 Das symbolische Kapital des Mythos vom Retter Hin- Die Hindenburg-Statue auf dem Berliner Königsplatz denburg stand schon 1920 bereit28, kam aber erst stellt diesen ebenfalls als Roland dar. Auch Hinden- 1925 zum Tragen, als sich der „Held von Tannenberg“ burg wird mit auseinander gestellten Beinen auf ei- von der politischen Rechten zu einer Kandidatur für nem erhöhten Sockel stehend, die Hände übereinan- das Reichspräsidentenamt bewegen ließ.29 Der Hin- dergelegt auf ein Schwert gestützt dargestellt. Die mit denburg-Mythos absorbierte das Bedürfnis nach der der Sagengestalt Roland assoziierte Funktion des aus der Kaiserzeit gewohnten Repräsentation durch wehrhaften Beschützers der Nation wurde nun auch das Staatsoberhaupt und Identifikation mit diesem, auf Hindenburg übertragen.24 Durch seine Erfolge an machte die neue Staatsform „hoffähig“.30 Dennoch der Ostfront wurde Hindenburg als neuer Roland ver- wurde der Mythos zu keinem Stabilitätsfaktor der herrlicht, der „an Deutschlands Grenzen eiserne Weimarer Republik. Es ist den Anhängern der Repu- Wacht gehalten“ habe.25 Sowohl Hindenburg als auch blik nicht gelungen, ihm eine entschieden republikani- Bismarck wurden als „Wahrzeichen deutschen Geis- sche Prägung zu verleihen, ihn in einen Mythos des tes und deutscher Kraft verehrt, was in ihrer Darstel- neuen Staates einzubetten.31 Aufgrund seiner militäri- lung als Roland sinnbildlichen Ausdruck fand. Der schen und anti-republikanischen Symbolik bildete er Vergleich mit Bismarck diente dazu, Hindenburg auf- einen ,unechten‘ Integrationspunkt. Der Hindenburg- Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 4

Mythos war ein trügerischer Ersatz für eine Identität nicht zuletzt an dem Bild Hindenburgs in der deut- und Integration stiftende republikanische National- schen Öffentlichkeit als „unerschütterlicher Hüter der symbolik und daher ein kaum zu unterschätzender Verfassung“ lag, der in der Lage sei, die Machtan- Faktor des Auflösungsprozesses der Weimarer Repu- sprüche des neuen Reichskanzlers einzudämmen.37 blik. 32 „Der Glaube an ihr Idol, sorgfältig genährt von denen, die es soviel besser hätten wissen müssen, ließ die Hindenburg - Hitler: Von der Antithese zur Nation darauf vertrauen, dass der alte Held von Tan- Synthese nenberg nichts von seiner Tatkraft eingebüßt habe und Hitler irgendwie in Schranken halten werde.“38 Im Gegensatz zu der Anhängerschaft der Weimarer Zudem gelang es der NS-Propaganda, die vormalige Republik gelang es den Nationalsozialisten, die Deu- Antithese Hindenburg – Hitler aufzulösen und durch tungsmacht über den Hindenburg-Mythos zu erlangen eine Synthese zwischen dem „Marschall“ und dem und damit seine Integrationskraft zu nutzen. Und dies „Gefreiten“ zu ersetzen. Der Griff der Nationalsozialis- obwohl noch im Jahr 1932 der Gegensatz zwischen ten nach der Deutungsmacht über den Hindenburg- dem Marschall Hindenburg und dem Gefreiten Hitler Mythos begann sofort nach der Ernennung des neuen die politische Szenerie in Deutschland beherrschte, Reichskanzlers. Der Reichspräsident wurde zu einem sich der Hindenburg-Mythos noch als Hemmschuh für Teilhaber des Gründungsmythos des „Dritten Rei- die Machtaspirationen Hitlers erwiesen hatte. Im ches“ erklärt und in die NS-Mythologie eingegliedert. Wahlkampf um die Reichspräsidentschaft im Frühjahr Ein Aufruf Hitlers, den er am 1. Februar 1933 im Na- 1932 griff die Hindenburg-Propaganda auf militärische men des neuen Kabinetts im Rundfunk verlas, zielte Kategorien zurück, um die übergeordnete Stellung auf die Vereinnahmung Hindenburgs durch die neue des Reichspräsidenten gegenüber seinem Herausfor- Regierung ab. Um den Zustand des „inneren Krieges“ derer zu betonen. Die Selbstinszenierung Hitlers als zu beenden, so der neue Reichskanzler, habe der „unbekannter Soldat“ des Krieges sowie seine Stilisie- „greise Führer des Weltkrieges“ Hindenburg die Män- rung zum Repräsentanten des „Frontsoldatentums“ ner der nationalen Parteien und Verbände aufgerufen, und Sachwalter des Geistes von 1914, in Konkurrenz „noch einmal wie einst an den Fronten, nunmehr in zum greisen Marschall beantwortete die Anhänger- der Heimat in Einigkeit und Treue für des schaft Hindenburgs damit, dass sie dessen Nimbus Rettung unter ihm zu kämpfen.“39 Das politische Ziel als „Feldherr“ und „Sieger von Tannenberg“ gegen- der inneren Einheit wurde von Hitler in seinem Aufruf über dem „Gefreiten“ Hitler ausspielte.33 Gegen Hin- von dem zivilen in den militärischen Bereich verlagert, denburg, „den mit Amtsbonus ausgestatteten Ersatz- die „Frontgemeinschaft“ aus dem Weltkrieg als Mo- kaiser, greisen Feldherrn und Mythos von Tannen- dell der zukünftigen „Volksgemeinschaft“ beschwo- berg“ konnte Hitler die Wahl nicht gewinnen.34 Der ren, um sie anschließend mit dem Hindenburg-My- Sieg Hindenburgs bei der Präsidentschaftswahl thos zu verknüpfen: „Indem der ehrwürdige Herr stoppte zunächst den Vormarsch der NSDAP. Dar- Reichspräsident uns in diesem großherzigen Sinne die über hinaus zeigte der Reichspräsident bis kurz vor Hände zum gemeinsamen Bunde schloss, wollen wir dem 30. Januar 1933 wenig Neigung, dem „böhmi- als nationale Führer (…) geloben, die uns damit über- schen Gefreiten“35 das Kanzleramt zu übertragen.36 tragene Mission als nationale Regierung entschlossen Wirkte der Hindenburg-Mythos in den letzten Mona- und beharrlich zu erfüllen.“40 Die Funktion, die dem ten der Weimarer Republik noch als Hemmschuh für Hindenburg-Mythos im Konzept der NS-Propaganda die Machtansprüche der NSDAP, zeigte sich nach der nach der „Machtergreifung“ zukommen sollte, wird er- Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durch den kennbar: Um die Legitimität der Hitler-Regierung her- Reichspräsidenten am 30. Januar 1933 schnell sein vorzuheben und um zu suggerieren, dass ihre Politik Nutzen für die Nationalsozialisten. So wurde die den Segen des Feldmarschalls habe, betonten die Nachricht von Hitlers Ernennung von der Mehrheit sei- Nationalsozialisten ständig, dass die neue Regierung ner Gegner verhältnismäßig ruhig aufgenommen, was ihre Berufung dem Vertrauen des Reichspräsidenten Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 5

Hindenburg verdanke. Hindenburg, der „unermüdliche Schultze-Pfaelzer die Synthese zwischen dem „Mar- Treuhänder seines Volkes“ und Feldmarschall der schall“ und dem „Gefreiten“. Dadurch stellte er den „ungeschlagenen Armeen“, sollte der Bevölkerung als Weltkrieg als gemeinsame Grundlage des Charismas, „Schirmherr“ der nationalsozialistischen Bewegung sowohl des „Marschalls“ als auch des „Gefreiten“ dar. erscheinen.41 In einer im Frühjahr 1933 erschienenen Vor diesem Hintergrund erschien die vereinte Führung Broschüre mit dem suggestiven Titel Hindenburg und Deutschlands durch die beiden „Kriegshelden“ Hin- Hitler zur Führung vereint ersetzte Gerhard Schultze- denburg und Hitler als logische Konsequenz. Diese Pfaelzer die von den Gegnern des Nationalsozialis- von Schultze-Pfaelzer konstruierte Synthese zwischen mus aufgestellte Antithese durch eine Synthese zwi- Hindenburg und Hitler hatten die Nationalsozialisten schen dem „Marschall“ und dem „Gefreiten“, indem bereits auf ihren Plakaten zur Reichstagswahl am 5. er trotz aller Unterschiede zwischen beiden Männern, März 1933 reklamiert und visualisiert. Ein NS-Plakat, Gemeinsamkeiten des Lebensweges sowie der Per- das die Köpfe von Hindenburg und Hitler zeigte, war sönlichkeit Hindenburgs und Hitlers konstruierte. Dies mit einem Appell versehen, der das Motiv der nationa- gelang Schultze-Pfaelzer nicht zuletzt durch die Re- len Einheit mit der Eintracht der beiden Männer ver- duzierung des Reichspräsidenten Hindenburg auf sei- band: „Nimmer wird das Reich zerstöret - wenn ihr ei- ne soldatische Herkunft. Wenngleich sie „getrennt nig seid und treu“.46 Ein weiteres NS-Plakat aus dem marschieren und den Gedanken der Volksgemein- Jahr 1933 zeigte in Form einer Collage, wie sich Hin- schaft auf anderen Wegen zusteuern“ mussten, so denburg in Feldmarschallsuniform und Hitler in SA- Schultze-Pfaelzer sei vor allem im „Soldatentum“ die Uniform gekleidet die Hand reichen.47 Die auf diese Grundlage der Übereinstimmung zwischen dem Weise propagierte Synthese zwischen dem „Mar- Reichspräsidenten und dem Reichskanzler zu finden. schall“ als Repräsentanten des „alten“ und dem „Ge- Hindenburg und Hitler entsprächen beide der Vorlie- freiten“ als Vertreter des „neuen“ Deutschland ent- be des deutschen Volkes für „Führer, die sich militä- sprach der nationalsozialistischen Vorstellung von der risch unter Beweis gestellt haben“.42 In einem Kapitel „Volksgemeinschaft“ unter militärischen Vorzeichen. über die militärische „Bewährung“ Hindenburgs und Durch die auf dem bereits erwähnten Plakat vom No- Hitlers im Weltkrieg lässt Schultze-Pfaelzer dann das vember 1933 mit dem Titel „Der Marschall und der Charisma beider „Führer“ miteinander verschmelzen. Gefreite kämpfen für Frieden und Gleichberechtigung“ Nachdem er den Mythos des „Helden von Tannen- verwendeten militärischen Rangbegriffe „Marschall“ berg“ aufgefrischt hatte, erklärt er Hindenburg zusätz- und „Gefreiter“ sollten zudem die „Weimarer“ Begriffe lich zu einer Symbolfigur des „unbekannten „Reichspräsident“ und „Reichskanzler“ verdrängt Soldaten“: „Des Marschalls Erscheinung und Namen werden. An die Stelle der mit „Weimar“ verbundenen vertritt die Millionen unbekannter deutscher Krieger. Parteipolitik und inneren Zerrissenheit, sollte die mili- Seine Taten sind die ihren, in seinem Ruhme ehrt man tärische Ordnung treten.48 „Marschall“ Hindenburg, ihr Heldentum“.43 Anschließend leitete Schultze-Pfael- so die Aussage der NS-Wahlplakate aus dem Jahr zer vom Marschall Hindenburg zum „unbekannten 1933, stehe an der Seite des „Gefreiten“ Hitler, so Soldaten“ Hitler über: „In diesen Kolonnen der unbe- dass der „Führer“ der NSDAP folglich auch für die kannten Männer kämpft auch der Kriegsfreiwillige bessere Gesellschaft wählbar sei. Das Wahlergebnis , er hält wie sein Marschall bis zum Ende in vom 5. März 1933 hatte jedoch nicht den hohen Er- seinen Pflichten aus (…) Der Krieg von unten ist der wartungen der Nationalsozialisten entsprochen, da sie Schoß einer künftigen deutschen Wiedergeburt. Aus mit 43,9 Prozent der Wähler weniger als die Hälfte der dem Wehrgeist des Frontsoldaten ergießt sich der un- deutschen Bevölkerung auf sich vereinigen konnten. sichtbare Blutstrom der Erneuerung (…) Hitler hat den Die Visualisierung der Synthese zwischen Hindenburg Atem der Front zum ersten Mal in den flandrischen und Hitler allein durch Wahlplakate reichte der NS- Herbstschlachten gespürt, die unter den Ruhmesna- Propaganda nicht aus. Um die Deutungsmacht über men Langemarck unsterblich geworden sind.“44 Mit den Hindenburg-Mythos vollständig zu erlangen, kam dem Rekurs auf den Langemarck-Mythos45 bekräftigte es den Nationalsozialisten darauf an, ein aktives Ein- Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 6

treten des „Helden von Tannenberg“ für ihre „Bewe- über hinaus fanden der „Soldatenkönig“ und sein gung“ zu erreichen. Sohn Friedrich II. in der Krypta ihre letzte Ruhestätte, wodurch die Garnisonkirche die enge Verbindung zwi- Visuelle Inszenierung der „Volksgemein- schen der preußischen Militärmonarchie, der Staats- schaft“: Der „Tag von Potsdam“ macht und der protestantischen Religion symbolisier- te.52 Hitler und Goebbels versprachen sich von der Die Wiedereröffnung des Reichstages am 21. März „geweihten Stätte“ in Potsdam eine pseudo-religiöse 1933 in der Potsdamer Garnisonkirche bot den Natio- Legitimation des neuen Regimes. Dementsprechend nalsozialisten eine Gelegenheit, Hindenburgs Nimbus standen weder die kirchliche Liturgie, noch die Geistli- für das NS-Regime nutzbar zu machen. Am 21. März chen im Mittelpunkt der Zeremonie in der Garnisonkir- 1933 sollte die am 30. Januar zustande gebrachte che, sondern Reichspräsident Hindenburg und Übereinkunft zwischen Hindenburg und Hitler symbol- Reichskanzler Hitler.53 Hindenburg erschien gegen politisch besiegelt werden. Die Symbolik sowohl des Mittag des 21. März in seiner, mit zahlreichen Orden Orts, als auch des für den "Tag von Potsdam" ge- geschmückten Uniform des preußischen Generalfeld- wählten Zeitpunkts verdient besondere Aufmerksam- marschalls unter dem Beifall der Menge vor der Garni- keit. Denn sie sollte eine Kontinuität des „Dritten Rei- sonkirche.54 Allein durch seine Uniform verkörperte ches“ mit dem „Zweiten Reich“ der Hohenzollern-Kai- der Feldmarschall eine ungebrochene preußisch- ser und eine Verbindung des „Neuen Deutschland“ deutsche Militärtradition. Das Amt und die Funktion mit dem Geiste Preußens suggerieren. Der von Hitler des Reichspräsidenten kamen durch Hindenburgs ausgewählte Termin des 21. März war nicht nur Früh- Aufzug jedoch nicht zum Ausdruck. Das ostentative lingsanfang und damit symbolisch für den Aufbruchs- Anlegen der Generalfeldmarschallsuniform ist als ge- gedanken, sondern verknüpfte scheinbar das „Dritte zielte Symbolpolitik Hindenburgs zu werten, da sich in Reich“ mit der Gründung des „Zweiten Reiches“. So ihr sein ganzes seit den Augusttagen des Jahres 1914 erinnerte der Völkische Beobachter daran, dass der erworbenes Prestige symbolisch verdichtete. Darüber 21. März der Tag gewesen ist, an dem Bismarck 1871 hinaus bedeutete das Anlegen der Uniform einen letz- den ersten Reichstag „des geeinten deutschen Vol- ten Schritt zurück zu einem militärischen Zeremoniell kes“ eröffnet hatte.49 Mit der Potsdamer Garnisonkir- um das Staatsoberhaupt.55 Zusammen mit dem neuen che wählte Hitler den „Kultort der preußischen Militär- Reichswehrminister von Blomberg und anderen Offi- monarchie“50 als Ort des Hauptaktes der Reichstags- zieren schritt Hindenburg die Front der Ehrenkompa- eröffnung aus. Das verschlafene Städtchen Potsdam nie und der nationalen Verbände ab, die daraufhin vor galt als „Geburtsstätte des Preußentums“. Als Ort der dem Marschall-Präsidenten unter Lautsprechermusik alten Ordnung bildete es damit einen krassen Gegen- paradierten.56 Der sichtbare Gleichschritt alter und satz zu der benachbarten Großstadt Berlin, in welcher neuer Kämpfer, der Reichswehr mit Hitlers SA, sollte als Reichshauptstadt die Zerrissenheit der deutschen die Faszination kraftvoller Ordnung und freudiger Ge- Gesellschaft während der Weimarer Republik deutlich schlossenheit, den Willen zur Vereinheitlichung und zu Tage getreten war. Die 1735 von dem „Soldaten- letztlich Gleichschaltung verkünden und weitertragen. könig“ Friedrich Wilhelm I. in Potsdam erbaute Garni- Die Parade als Ritual der Geschlossenheit in Verbin- sonkirche galt als Symbol für das Soldatentum und dung mit dem Auftritt des Feldmarschalls als Symbol- die mit ihm verbundenen Tugenden wie Gehorsam, figur der Einheit sowie der Garnisonkirche als Garan- Pflichtbewusstsein und Unterordnung des Einzelnen tiesymbol preußisch-deutschen Erfolges, löste eine unter die Bedürfnisse der Gemeinschaft.51 Sie wirkte Hochstimmung aus, die Erinnerungen an die August- durch die Ausschmückung mit den Siegeszeichen er- tage des Jahres 1914 geweckt haben mag.57 Bei dem rungener feindlicher und ruhmbedeckter eigener Fah- Festakt in der Garnisonkirche agierte Hindenburg nen als Symbol für den Erfolg und das Prestige des nicht in seiner Eigenschaft als Reichspräsident, son- preußischen, sowie preußisch-deutschen Militärs; als dern übernahm sowohl die Funktion eines „Ersatzkai- Ruhmeshalle der Armee und ihrer Monarchen. Dar- sers“ als auch die eines „Ersatzbischofs“ im Sinne Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 7

des protestantischen summus Episcopus. In seiner jungen Kanzler und dem greisen Feldmarschall zu der Rolle als „Ersatzkaiser“ ehrte der Feldmarschall das Geste, welche die zentrale Botschaft des „Tages von Hohenzollernhaus, indem er vor der Kaiserloge, in Potsdam“ darstellte. Sie sollte die Verbindung des „al- welcher symbolisch zwei leere Sessel für den sich im ten Deutschland“ mit der „neuen Kraft des National- Exil befindenden Wilhelm II. und die verstorbene Kai- sozialismus“ symbolisieren und den Antritt der „apo- serin standen, mit dem Marschallstab salutierte. Als stolischen Nachfolge“64 Hindenburgs durch Hitler be- „Ersatzbischof“ wurde dem Reichspräsidenten von siegeln.65 Der Händedruck brachte den „Bund“, die der Regie Goebbels ein herausgehobener Platz unmit- Synthese zwischen dem „Marschall“ und dem „Ge- telbar vor dem Altar zugewiesen.58 Von dort aus verlas freiten“ symbolhaft zum Ausdruck. Durch den Hand- Hindenburg, der allein schon durch sein hohes Alter schlag, dem Ritual der gegenseitigen Anerkennung, Vergangenheit und Gegenwart verkörperte, eine An- vereinigten sich die Charismata beider „Führer“, gin- sprache, in der er die preußische Tradition des Ortes gen das Prestige und das symbolische Kapital Hin- auf pseudo-religiöse Weise mit der Gegenwart ver- denburgs auch auf Hitler über. Denn wie es der alte band.59 In seiner Eigenschaft als Symbolfigur der Ein- „Führer“ Hindenburg durch seinen Händedruck vor- heit ermahnte der Reichspräsident zudem alle Partei- gab, konnte nun die Anhängerschaft des Hindenburg- en, mit der neuen Regierung zusammenzuarbeiten Mythos scheinbar dem neuen „Führer“ Hitler vertrau- und erhob den Schulterschluss mit dem Kabinett der en und sich dessen Mythos anschließen, so dass es „nationalen Konzentration“ zu einer moralischen zu einer Verschmelzung beider Mythen und ihrer An- Pflicht. Durch den Rückbezug auf Gott in seiner Rede hänger kommen konnte.66 In der Forschungs-Literatur übernahm Hindenburg darüber hinaus die ihm von wird häufig ein Foto, das Hitler im Frack in tiefer Ver- Goebbels zugedachte Rolle eines „obersten beugung beim Händedruck mit Hindenburg in Mar- Priesters“, aus dessen Händen Hitler die Führung des schalluniform zeigt, als Beleg für die Instrumentalisie- Reiches entgegennehmen sollte.60 Nachdem der rung des Hindenburg-Mythos im Rahmen der propa- Reichspräsident gesprochen hatte, erteilte er Hitler, gandistischen Vermarktung des „Tages von Potsdam“ der nicht in Parteiuniform, sondern im ungewohnten bewertet.67 Günter Kaufmann weist in seinem Aufsatz schwarzen Staatsrock erschienen war61, das Wort.62 „Der Händedruck von Potsdam - die Karriere eines Den Kernpunkt der Rede Hitlers sollte die Vereinnah- Bildes“ jedoch darauf hin, dass von dem Händedruck mung Hindenburgs beziehungsweise des Hinden- zwischen Hindenburg und Hitler in der Garnisonkirche burg-Mythos für die „neue Erhebung des Volkes“ bil- kein Foto existiert. Kaufmann belegt darüber hinaus, den. Am Ende seiner Rede verherrlichte der Reichs- dass das angesprochene Foto, das fälschlicherweise kanzler den Lebensweg Hindenburgs, reduzierte seine oft als Begrüßung des Reichspräsidenten durch den Person jedoch hierbei auf das Bild des Generalfeld- Reichskanzler ausgegeben wird, bei der Verabschie- marschalls als Symbol der Einheit. Das Wirken des dung außerhalb der Garnisonkirche entstanden sein Reichspräsidenten Hindenburg fand in Hitlers Huldi- müsse, die im Zeremoniell keinen herausragenden gung dagegen keine Erwähnung. Nachdem er der Stellenwert besessen habe. Aus diesem Grunde geht Festversammlung die militärischen Verdienste des er bei dem Foto von einer Art „Schnappschuss“ aus.68 Feldmarschalls vor Augen geführt hatte, strich Hitler Angesichts der akribischen und detaillierten Vorberei- die Symbolkraft Hindenburgs heraus, indem er sein tung des „Tages von Potsdam“ durch Goebbels69 er- „wundersames Leben“ als „Symbol der unzerstörba- scheint es jedoch als unwahrscheinlich, dass das ren Lebenskraft der deutschen Nation“ bezeichnet. Foto des Handschlages zwischen den beiden Prot- Damit hatte Hitler Hindenburg jene Funktion zuge- agonisten des Festaktes Hindenburg und Hitler einem standen, die er selbst als Repräsentant der Front- Zufall entsprungen sein soll. Wenngleich bei dem Foto kämpfergeneration zuvor allein für sich reklamiert hat- folglich nicht von einem „Schnappschuss“ ausgegan- te und die symbolische Konkurrenz zwischen „Mar- gen werden sollte, scheint es dennoch nicht den Vor- schall“ und „Gefreitem“ beendet. 63 Unmittelbar nach stellungen der NS-Propagandisten entsprochen zu der Rede kam es mit dem Händedruck zwischen dem haben. Anderenfalls wäre es nicht zu erklären, dass Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 8

sowohl die Presse der folgenden Tage als auch Erin- Größenunterschied nicht nur durch die barhäuptige nerungsschriften von der Verbreitung des „berühm- Darstellung Hindenburgs, sondern auch durch das ten“ Fotos absahen. Vielmehr veröffentlichte die Pres- „Emporheben“ Hitlers, der damit ebenbürtiger er- se vorzugsweise ein Foto der Regierungserklärung scheint, als auf der fotographischen Vorlage. Die Dar- Hitlers, die der Kanzler stehend im Innenraum der stellung der Kanzelpartie im Hintergrund mit dem Por- Garnisonkirche hielt, während ihm der Reichspräsi- tal, das zu der Gruft der beiden Preußenkönige führt, dent in einem Sessel vis-à-vis gegenübersaß.70 Die entspricht der realen Kulisse des Staatsaktes. Indem geringe Verwendung des Händedrucks von Potsdam die Verbindung der preußischen Militärtradition mit durch die NS-Propaganda erklärt sich durch die do- dem protestantischen Glauben aufgegriffen und auf minante Wirkung Hindenburgs gegenüber Hitler auf das politische Geschehen von 1933 übertragen wird, diesem Foto. So lässt die Aufnahme den körperlichen erfährt die Begegnung zwischen Hindenburg und Hit- Größenunterschied zwischen dem Marschall-Präsi- ler eine religiöse Weihe.73 Mit dem „Tag von Potsdam“ denten und dem Reichskanzler überdeutlich hervor- verfolgte Hitler neben der Verknüpfung seines Mythos treten. Dieser Eindruck wird durch die tiefe Vernei- mit dem Hindenburg-Mythos noch weitere Ziele. So gung Hitlers vor dem aufrecht stehenden und hochde- bildete der Festakt eine symbolpolitische Vorberei- korierten Feldmarschall noch verstärkt. Durch dieses tung der Gleichschaltung der deutschen Gesellschaft, Foto ließ sich der Hindenburg-Mythos nicht für die der Schaffung einer „Volksgemeinschaft“ unter natio- Nationalsozialisten instrumentalisieren, da Hindenburg nalsozialistischem Vorzeichen. Wenngleich der „Tag den devot wirkenden „Führer“ zu sehr überschatte- von Potsdam“ nicht in den „Festkalender“ der Natio- te.71 Allerdings diente das Foto als Vorlage für einige nalsozialisten Eingang gefunden hat, diente der Fest- Bildmontagen des Jahres 1933. Das Titelblatt einer akt des 21. März 1933 den neuen Machthabern den- Erinnerungsbroschüre Hans Wendts72 griff zwar das noch als sozialintegratives Mittel. Wie von Goebbels Foto auf, der ursprüngliche Hintergrund wurde jedoch vorgesehen, wurde der „Tag von Potsdam“ im ge- durch eine Aufnahme von der Potsdamer Breiten samten Reich als „Nationalfeiertag“ und „Volksfest“ Straße mit dem Turm der Garnisonkirche als Ab- begangen. Die Ernennung Hitlers und Hindenburgs zu schluss ersetzt. Der sich zwischen Hindenburg und Ehrenbürgern vieler Gemeinden, die Umbenennung Hitler erhebende Kirchturm überragt beide Personen von Straßen und Plätzen sowie die Pflanzung von Hin- und lenkt auf diese Weise, als Blickfang, nicht nur von denburg-Eichen und Hitler-Linden im Anschluss an der dominanten Wirkung Hindenburgs ab, sondern den „Tag von Potsdam“ sind außerdem als sichtbarer bettet zugleich den Handschlag nachträglich in die „Ausdruck dessen, dass die gewünschte Vermehrung Potsdamer Zeremonie ein. Auf diese Weise wirkt die symbolischen Kapitals in der Gesellschaft die erhoffte Garnisonkirche als Wahrzeichen, das die beiden Resonanz erfuhr“, zu bewerten.74 Neben der Mehrung Hauptpersonen des Staatsaktes auf den „Geist von des Ansehens in der Bevölkerung und der Verführung Potsdam“ verpflichtet. Eine größere Verbreitung als der nicht-nationalsozialistischen Parlamentarier zur die Broschüre Wendts wird die Bildpostkarte eines Stimmabgabe für das Ermächtigungsgesetz war das Gemäldes von Karl Langhorst, das den Händedruck Erlangen von Hindenburgs Vertrauen das Hauptziel, zwischen Hindenburg und Hitler darstellte, erreicht welches Hitler mit dem Festakt am 21. März verfolgte. haben. Die Konstellation der beiden Hauptfiguren ist Die beim „Tag von Potsdam“ inszenierte und durch dem oben genannten Foto des Händedrucks nach- den Händedruck besiegelte Aussöhnung der „großen empfunden worden. Doch auch in dieser Bildmontage alten Tradition mit der jungen nationalen Bewegung“ dienen die vorgenommenen Korrekturen dazu, dem hatte auch auf den Reichspräsidenten selbst ihre Wir- Hindenburg-Mythos eine den Nationalsozialisten ge- kung nicht verfehlt.75 Hindenburg war seitdem ver- nehme Richtung zu geben. Auffallend sind der verrin- stärkt bereit, sich beziehungsweise seinen Mythos für gerte Größenunterschied zwischen Hindenburg und das nationalsozialistische Regime einzusetzen. Spä- Hitler sowie die Verlagerung des Händedrucks in den testens durch den Festakt am 21. März 1933 geriet Innenraum der Garnisonkirche. Verringert wird der der Hindenburg-Mythos zu einem wirkungsvollen In- Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 9

strument der NS-Propaganda. Bei einer Reihe von ge- Charisma als „Retter“, auf den neuen „Führer“ Hitler meinsamen öffentlichen Auftritten, deren Liturgie in über.77 Als weiteres Beispiel für die Ritualisierung der vielem der des „Tages von Potsdam“ ähnelte, wurde „Weihestunde“ von Potsdam ist neben dem „Tannen- demonstrativ eine enge Verbindung zwischen Hinden- berg-Tag“ der „Heldengedenktag“ am 25. Februar burg und Hitler herausgestellt, um den Nimbus des 1934 in Berlin zu nennen. Auch zu diesem Anlass be- Marschall-Präsidenten auf den Kanzler zu übertragen. grüßten sich der Reichspräsident und „sein“ Kanzler Den „Volkstrauertag“ am 12. März 1933 hatte die NS- mit Handschlag. Auch für diese Zeremonie inszenierte Propaganda bereits dazu genutzt, die einzelnen Ele- die NS-Propaganda analog zu der Kranzniederlegung mente der Zeremonie zu erproben.76 In Potsdam wur- an den Särgen der Preußenkönige am 21. März 1933 den sie unter höchster Aufmerksamkeit der Öffentlich- eine Kranzniederlegung am „Reichsehrenmal“ unter keit kanonisiert und von da an als Ritual gepflegt. Als den Linden durch Hindenburg. Mit dem Abschreiten Beispiele für die Ritualisierung der „Weihestunde“ von der Reichswehrkompanie, der SS, der SA und des Potsdam seien insbesondere der „Tag von Tannen- „Stahlhelms“ durch den Reichspräsidenten in der Uni- berg“ im August 1933 und der „Heldengedenktag“ im form des und mit dem Mar- Februar 1934 in Berlin genannt. Am 19. Jahrestag der schallstab in der Hand wurde erneut ein weiteres litur- Schlacht von Tannenberg, dem ersten nach der gisch-propagandistisches Element des „Tages von „Machtergreifung“, versuchten die Nationalsozialisten Potsdam“ aufgegriffen. So kennzeichnete auch den den Tannenberg-Mythos sowie den „Sieger von Tan- „Heldengedenktag“ von 1934 die öffentliche Wieder- nenberg“ beziehungsweise dessen Mythos für sich zu holung des Rituals der gegenseitigen Wertschätzung vereinnahmen. Hierzu diente ihnen die feierliche Über- der beiden „Führer“ Hindenburg und Hitler.78 Vom gabe einer Dotation an Hindenburg im Rahmen eines „pouvoir neutre“, vom Staatsoberhaupt, das über den Festaktes im Tannenberg-Denkmal. Der Ablauf der Parteien stehend das Interesse der Gesamtnation ver- Zeremonie des Festaktes im Tannenberg-Denkmal treten sollte, wurde der Reichspräsident seit dem weist mehrere Parallelen zum „Tag von Potsdam“ auf. „Tag von Potsdam“ zum „pouvoir engagé“.79 Denn die Wie am 21. März so erschien Hitler auch am 27. Au- gemeinsamen Auftritte mit Hitler in der Öffentlichkeit gust 1933 im zivilen Frack, und Hindenburg hatte wie dienten der Demonstration des Einverständnisses in Potsdam, so auch zu diesem Anlass die Uniform Hindenburgs mit dem Kanzler, und ließen den Hin- des Generalfeldmarschalls angelegt. In ihren Reden denburg-Mythos zum Schutzschild für die nationalso- am Tannenberg-Denkmal huldigten der preußische zialistische Gleichschaltungspraxis werden. Bereits Ministerpräsident Göring und Reichskanzler Hitler, wie zwei Tage nach dem Festakt in Potsdam hatten die bei der Reichstagseröffnung, wiederum nur dem Ge- Nationalsozialisten die euphorische Stimmung des neralfeldmarschall und nicht dem Reichspräsidenten „nationalen Aufbruchs“ zur Verlagerung der Gesetz- Hindenburg. Die Ehrung des „Helden von Tannen- gebungsgewalt auf die Regierung durch das „Er- berg“ durch den „unbekannten Soldaten“ Hitler sollte mächtigungsgesetz“ genutzt.80 Doch nicht nur die le- die Synthese zwischen dem „greisen Feldherrn“ Hin- galistische Fundierung des NS-Regimes, sondern denburg und dem „Frontsoldaten“ Hitler erneut zur auch der nationalsozialistische Terror wurde durch Schau stellen. Nach den Dankesworten Hindenburgs den Hindenburg-Mythos gedeckt. Als markantestes kam es in Analogie zum „Tag von Potsdam“ wieder zu Beispiel sei hier lediglich ein die Unterschrift Hinden- einem Handschlag des greisen „Führers“ mit dem burgs tragendes und von der Presse veröffentlichtes „Führer des neuen Deutschland“ Hitler und damit zur Telegramm an den Reichskanzler, anlässlich der bluti- Bekräftigung der bereits am 21. März in Potsdam voll- gen Niederschlagung der angeblichen „Röhm-Revol- zogenen Übertragung des Hindenburg-Mythos auf te“, erwähnt. In diesem brachte der greise Reichsprä- den Hitler-Mythos. Mit dem Händedruck an der Stelle sident seinen „tief empfundenen Dank“ und seine des Ursprungs seines Ruhmes ging der Mythos des „aufrichtige Anerkennung“ zum Ausdruck. Damit seg- Feldherrn Hindenburg als „Befreier Ostpreußens“, die nete er kurz vor seinem Tod noch die Bluttat vom 30. ihm zugesprochene militärische Kompetenz und sein Juni 1934 ab.81 Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 10

Der Tod des Marschalls: Das Ende des Hin- kannten Soldaten“, endlich den Mann gefunden habe, denburg-Mythos? dem er den Weg in die Zukunft zutraue, der folglich von ihm die Führung Deutschlands übernehmen sol- Am 2. August 1934 starb Paul von Hindenburg. Sei- le.84 Die Huldigung des verstorbenen Hindenburg als nen Mythos nutzten die Nationalsozialisten jedoch „Schirmherr“ des Nationalsozialismus und Mentor des weiterhin, um ihre Herrschaft zu legitimieren. Sogar Reichskanzlers bildete die propagandistische Begleit- der Tod des Reichspräsidenten wurde von Hitler zur musik für konkrete Maßnahmen des Regimes, welche Stabilisierung seiner Macht propagandistisch ausge- die „Gleichschaltung“ von Staat und Gesellschaft zum schlachtet. Das Ableben des greisen Staatsoberhaup- Abschluss bringen sollten. Für die gesetzliche Grund- tes dominierte vom Todestag an eine Woche lang die lage der Nachfolge Hindenburgs hatte Hitler schon Berichterstattung der nationalsozialistischen sowie wenige Stunden vor dem Tod des greisen Staatsober- der nationalsozialistisch gelenkten Tagespresse. Noch haupts gesorgt. Bereits am Abend des 1. August 1934 einmal wurde das lange Leben des Marschall-Präsi- hatte die Reichsregierung durch das „Gesetz über das denten von den Zeitungen glorifiziert, der Hindenburg- Staatsoberhaupt des Deutschen Reiches“, das mit Mythos kanonisiert. In den Nachrufen der Presse wur- dem Tod Hindenburgs in Kraft treten sollte, Hitler zum de dem „Sieger von Tannenberg“ und Feldherrn, nicht Nachfolger des Reichspräsidenten bestimmt. Aller- jedoch dem Reichspräsidenten Hindenburg gehuldigt. dings wurde das Amt des Reichspräsidenten durch Die Zeit der Reichspräsidentschaft während der Wei- das „Nachfolgegesetz“ aufgelöst und mit dem des marer Republik wurde vielmehr als Phase des Nieder- Reichskanzlers zu der einzigartigen Stellung eines gangs dargestellt, in der Hindenburg aus „soldati- „Führers und Reichskanzlers“ vereinigt. 85 Gleichzeitig schem Pflichtgefühl“ heraus das Schlimmste verhin- ließ Reichswehrminister von Blomberg die Wehrmacht dert habe, bis die Kanzlerschaft Hitlers für Deutsch- auf die Person Hitlers vereidigen. Die Übertragung der land, aber auch für den Reichspräsidenten selbst, „Er- Funktionen des Reichspräsidentenamtes auf den lösung“ gebracht habe. Durch die Vereinnahmung „Führer und Reichskanzler“ hatte nicht zuletzt zur Fol- Hindenburgs wurde versucht, dessen Mythos zur ge, dass sich die Wehrmacht dem neuen Staat in der nachträglichen Legitimation der Maßnahmen des Re- Person Hitlers verpflichtete. Die enge, nicht zuletzt gimes im Zuge der „Gleichschaltung“ zu nutzen. Dar- emotional gestiftete Verbundenheit zwischen Hinden- über hinaus sollte die Kennzeichnung des „großen To- burg und der Wehrmacht sollte nahtlos auf Hitler ten“ und „Führers“ der Vergangenheit als einer der ih- übertragen werden. Das Charisma des alten „Führers“ ren durch die Nationalsozialisten den Status Hitlers im Ersten Weltkrieg sollte auf den neuen „Führer und als „Führer“ Deutschlands in die Zukunft zementie- Reichskanzler“ übergehen und viele Offiziere der ren.82 Hierzu diente insbesondere die stereotype Be- Wehrmacht bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges in tonung des „fruchtbaren Vertrauensverhältnisses“ und seinem Bann halten. Die Trauerfeierlichkeiten zu Eh- der „inneren Verbundenheit“ zwischen den „guten Ka- ren Hindenburgs gaben Hitler die Gelegenheit, seinen meraden“ Hindenburg und Hitler. „Sie waren sich ans Machtzuwachs als neuer Oberbefehlshaber der Wehr- Herz gewachsen“, so zum Beispiel Reichspressechef macht zu demonstrieren. Die Reichswehr paradierte Otto Dietrich in seinem Gedenkartikel im „Völkischen bereits im Anschluss an die Trauersitzung für Hinden- Beobachter“, „der greise Reichspräsident und sein burg im Reichstag am 6. August erstmals an ihrem Kanzler, der Generalfeldmarschall und der Gefreite neuen „Führer“ vorbei und auch bei der Beerdigung des Weltkrieges.“83 Von der Basis einer Synthese der des Reichspräsidenten am folgenden Tag dominierte beiden Männer ausgehend, erschien es logisch, dass das Militär die Szenerie der Feierlichkeiten. Hitler ließ der junge „Volksführer“ Hitler die Nachfolge seines ein pompöses Staatsbegräbnis am 7. August im Tan- „väterlichen Mentors“ Hindenburg antreten würde. So nenberg-Denkmal organisieren. Er wählte damit den erklärte beispielsweise die „Kreuzzeitung“, dass der Ort, an dem nicht nur Geschichte gemacht, sondern Reichspräsident nach „Jahren der Vereinsamung und auch interpretiert wurde. Der Sieg bei Tannenberg im der Enttäuschungen“ in Hitler, einem seiner „unbe- August 1914 hatte den Hindenburg-Mythos begrün- Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 11

det, Hindenburg zum Volkshelden und zur Symbolfi- die Entstehungszeit des Hindenburg-Mythos im Welt- gur des Sieges aufsteigen lassen. Bei der Einwei- krieg an und blendete das Wirken des Reichspräsi- hungsfeier des Tannenberg-Denkmals im Jahre 1927 denten in der Weimarer Republik nahezu ganz aus. hatte der „Marschall-Präsident“ in seiner Eigenschaft Nachdem er den Mythos des Verstorbenen heraufbe- als ehemaliger Oberbefehlshaber der „im Felde unbe- schworen hatte, bettete Hitler ihn in die nationalsozia- siegten“ deutschen Armee als erster Deutscher in aller listische Staatsmythologie ein, indem er Hindenburgs Öffentlichkeit die „Kriegsschuldlüge“ zurückgewiesen. Funktion als „Schirmherr der nationalsozialistischen Im August 1933 hatten die Nationalsozialisten am Revolution“ betonte. So führte er aus, dass der „Tannenberg-Tag“ die Synthese zwischen dem Mar- Reichspräsident, als „Vollstrecker der Vorsehung“, schall und dem „Gefreiten“ Hitler zur Schau gestellt. noch selbst das „Tor der deutschen Erneuerung“ ge- Die Funktion, die der Totenfeier für Hindenburg im öffnet habe und dass in seinem Namen der Bund ge- Tannenberg-Denkmal zukam, war die öffentliche Be- schlossen worden sei, „der die stürmische Kraft der stätigung der staatsrechtlichen Konsequenzen, die Erhebung einte mit dem besten Können der Vergan- sich aus seinem Tod ergaben. So sollte durch die de- genheit.“ Um die Legitimität spendende Wirkung des monstrative Ehrung des Feldmarschalls des Welt- Hindenburg-Mythos für die Nationalsozialisten weiter kriegs die Vereidigung der Wehrmacht auf Hitler öf- zu erhalten, erklärte Hitler das Tannenberg-Denkmal fentlich legitimiert werden. Dementsprechend wurden am Ende seiner Rede zu einem Wallfahrtsort der Nati- die Reichswehr und die alte Wehrmacht in den Vor- on: „Das deutsche Volk aber wird zu seinem toten dergrund der Feier gestellt. Die Überführung des Sar- Helden kommen, um sich in Zeiten der Not neue Kraft ges Hindenburgs von Neudeck zum Tannenberg- zu holen für das Leben. Denn selbst wenn die letzte Denkmal in der Nacht vom 6. zum 7. August 1934, in Spur dieses Leibes verweht sein sollte, wird der Name Form einer militärischen Trauerparade, bildete den noch immer unsterblich sein. Toter Feldherr, geh´ nun Auftakt zur Trauerfeier.86 Das militärische Trauerkon- ein in Walhall!“88 Mit dem erfolgreichen Abschluss der dukt bot für Reichswehr und Reichsmarine, sowie für Gleichschaltung verlor der Hindenburg-Mythos für die die SA und die SS eine Gelegenheit, ihre Präsenz zu Nationalsozialisten an Bedeutung. Hatte die Koppe- zeigen. Die alte Armee wurde während der Hauptfeier lung des Führungsanspruches Hitlers an den aufpo- im Tannenberg-Denkmal insbesondere durch die Teil- lierten Hindenburg-Mythos der nationalsozialistischen nahme der Soldaten des „Stahlhelms“ mit den Fahnen Gleichschaltungspraxis den Schutzmantel der Legiti- aus der Schlacht von Tannenberg und des einzigen mität verliehen, so konzentrierte sich die NS-Propa- noch lebenden Feldmarschalls des Weltkriegsheeres, ganda nach der Ausschlachtung des Todes des August von Mackensen, der einen Kranz niederlegte, Reichspräsidenten verstärkt auf die Inszenierung des repräsentiert. Als Repräsentanten des neuen NS- Führer-Kultes um Hitler.89 Dennoch kann in der Folge- Staates zeigten sich die „Leibstandarte Adolf Hitler“ zeit zwar von einem Verblassen, nicht jedoch von ei- und die SA-Standarte „Tannenberg“. Die rein militäri- nem Ende des Hindenburg-Mythos gesprochen wer- sche Prägung des Staatsbegräbnisses für den den. Ein Indiz für das Bestreben der Nationalsozialis- Reichspräsidenten sollte den Eindruck einer „Volksge- ten, die Erinnerung an den Generalfeldmarschall Hin- meinschaft“ von der Wehrmacht bis zur SA und SS denburg wach zu halten und seinen Mythos in ihre erwecken. Hierdurch sollte die Trauerfeier eine Brücke Staatsmythologie einzubetten, sind die Umbauarbei- von dem Oberbefehlshaber des Weltkriegsheeres, ten am Tannenberg-Denkmal, die Hitler nach dem Hindenburg, zu dem neuen Oberbefehlshaber der Tod Hindenburgs anordnete. Das Denkmal in Ost- Streitkräfte, Hitler, bilden. Zivile Aspekte der Reichs- preußen, welches in seiner burgartigen Gestaltung wie präsidentschaft Hindenburgs kamen durch die Insze- ein Schutzwall der von „Slawentum umgebenen Ost- nierung der Bestattung, sowie die Auswahl der Trau- mark", wie eine befestigte Stadtburg des Deutschen ergemeinde und deren Aufzug nicht zum Ausdruck.87 Ordens „auf Grenzwacht" wirkte90, war 1927 von Hin- Nicht nur die Kulisse der Feier, auch die Rede, mit der denburg selbst eingeweiht worden. Hitler ließ das sich Hitler an die Trauergemeinde wandte, knüpfte an Tannenberg-Denkmal von einem historisch-militäri- Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 12

schen Erinnerungsmal in ein Feldherrn-Denkmal, eine Hindenburg-Kult und -Gedenkstätte umwandeln. Im Mittelpunkt des Tannenberg-Denkmals sollte nicht mehr das Grab des „unbekannten Soldaten“, sondern die Grabstätte Hindenburgs stehen. Hierzu wurde der Ausgangsturm des Denkmals zu einer „Hindenburg- Gruft“ ausgebaut. Das Hochkreuz, das sich bis 1934 im Innenhof über dem Grabhügel des „unbekannten Soldaten“ befunden hatte, wurde an der Hoffront der „Hindenburg-Gruft“ angebracht, um diese zum Blick- fang des Tannenberg-Denkmals umzufunktionieren. Den Eingang zur Gruft flankierten „auf Wache ste- hend“ zwei steinerne überlebensgroße Soldatenstatu- en, welche vor scharfkantigen Torpfosten aufgebaut waren, die einen eckig behauenen Findling trugen. Hierdurch sollte das Portal zur Grabstätte Hinden- burgs Assoziationen an ein Hünengrab erwecken. Oberhalb der „Hindenburg-Gruft“ wurde in einer, ei- nem antiken Tholos gleichkommenden „Ehrenhalle“ eine überlebensgroße Statue Hindenburgs in Feldmar- schallsuniform als Kultbild aufgestellt. Der auf einem monumentalen kubischen Sockel stehende 3,70 Me- ter hohe Koloss, den der ostpreußische Bildhauer Friedrich Bagdons geschaffen hatte, dominierte den gesamten Gedenkraum. In der rechten Hand hielt die auffallend glattflächig stilisierte Figur den gesenkten Feldmarschallstab. Die Linke stützte sich auf den De- gen, dessen untere Spitze auf dem Denkmalssockel aufgestellt war. Bagdons Hindenburg-Statue griff in ihrer radikalen Formreduzierung ganz bewusst das Vorbild des „Eisernen Hindenburgs“ von Georg Mar- schall aus dem Ersten Weltkrieg auf. Wie Marschall stellte auch Bagdons Hindenburg barhäuptig dar und verzichtete auf die Darstellung seiner diversen Orden. Nicht der verstorbene Reichspräsident war hier dar- gestellt, Thema der Skulptur war vielmehr der durch eine radikale Formreduzierung entindividualisierte My- thos des „Siegers von Tannenberg".91 Als solcher und als „Schirmherr" der NS-Bewegung - weniger als Reichspräsident - behielt Hindenburg während des Dritten Reiches seinen Ehrenplatz in der NS-Staats- mythologie. Wenngleich sein Mythos bald von dem Kult um den „Führer“ Adolf Hitler überstrahlt wurde, ließ das NS-Regime bis 1945 keine öffentliche Kritik an dem Denkmal Hindenburg zu. Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 13

17. Vgl. zum Beispiel die Bildpostkarte „Schach! Schach!“, die Hin- denburg und den Oberbefehlshaber der österreichischen Armee Endnoten Conrad von Hötzendorf als Schachspieler, die ihre Gegner matt 1. „Der Marschall und der Gefreite“. Wahlplakat der NSDAP zur setzen zeigen, abgebildet in Weigel 1983, Schuß, S. 52, oder die Reichstagswahl im November 1933. Abdruck des Plakates bei: Karikatur „Unser Weltmeister Hindenburg “, die den Feldmar- Arnold 1985, Anschläge, Abb. V/1. schall als Schachspieler zeigt, der einer Reihe von, vor Schach- 2. Am Abend des 30. Januar als ein von kurzfris- brettern grübelnder, Kriegsgegner unlösbare Rätsel aufgibt, ab- tig organisierter SA-Fackelzug in die Wilhelmstraße einmarschier- gebildet in Kriegsalbum der Lustigen Blä tter, V. Band , Berlin, Jg. te, um dem neuen Kanzler, aber auch dem Reichspräsidenten zu 1916, S. 185. huldigen, traten Hindenburg und Hitler nicht gemeinsam vor die 18. Vgl. Pyta 2004, Führer, S. 123. Öffentlichkeit, sondern standen getrennt an den Fenstern ihrer 19. Das begierige Aufgreifen der Nervenstärke als eine nationale Tu- Arbeitszimmer und schauten auf die vorbeiziehenden Kolonnen gend durch die deutsche Gesellschaft erklärt sich aus dem von herab. Vgl. Schlenke 1968, Propaganda, S. 17. Nervosität und hektischem Aktionismus geprägten Charakter der 3. Zu Vorgeschichte und Verlauf der Schlacht von Tannenberg vgl.: wilhelminischen Ära, die Joachim Radkau treffend als „nervöses Elze 1928, Tannenberg. Zeitalter“ gekennzeichnet hat. Radkau 1994, Zeitalter, S. 211- 4. Der Sieg bei Tannenberg entsprach in Bezug auf die strategische 241. Planung, die operative Doktrin und die institutionelle Vorberei- 20. Vgl. Vogel 1927, Hindenburg, S. 89,91,166,188. tung exakt dem Muster einer „Vernichtungsschlacht", das so- 21. Vgl. zur medialen Selbstinszenierung Hindenburgs: Pyta 2007, wohl die Generalstabsausbildung als auch die Militärliteratur vor Hindenburg, S. 115-153. dem Ersten Weltkrieg prägte. Vgl. Venohr 1993, Ludendorff, S. 22. Vgl. Weiglin 1954, Berlin, S. 277. 44. 23. Vgl. Plagemann 1972, Bismarck-Denkmäler, S. 227. Vgl. zum 5. In der deutschen Presse wurden stetig steigende Gefangenen- Bismarck-Mythos Gerwarth 2007, Bismarck-Mythos. zahlen verbreitet. Berichteten viele Tageszeitungen am 31. Au- 24. Vgl. Wülfing 1991, Mythologie, S. 197-209. gust 1914 noch von 30.000 Gefangenen, wurde die Zahl in den 25. Schindler 1917, Hindenburg, S. 108. folgenden Tagen bis auf 90.000 korrigiert, so z.B. die Angaben in 26. Vgl. Hoegen 2007, Held, S. 165. der Kö nigsberger Allgemeinen Zeitung. Vgl. O.V. Der Krieg in: 27. Nach Informationen des Berliner Tageblatts einen Monat vor der Königsberger Allgemeine Zeitung vom 4. September 1914 Enthüllung des „Eisernen Hindenburg“, wurde der Plan verwor- (Abend-Ausgabe), S. 1. fen, die Hindenburg-Statue auf dem Dönhoffplatz aufzustellen. 6. Vgl. Lehnert 1995, Tannenberg, S. 46. Stattdessen sollte die Entscheidung des Kaisers der Figur einen 7. Vgl. zum Deutschen Orden und seiner Rezeptionsgeschichte: Platz „in der Nähe eines anderen, schimmernden Siegeszeichen“ Boockmann 1994, Orden, und Wippermann 1979, Ordensstaat. der Siegessäule, sichern. „Der Eiserne Hindenburg“ in: Berliner 8. Zu den soziokulturellen Fundamentalkonflikten, welche die Ge- Tageblatt vom 7. August 1915. sellschaft des Deutschen Kaiserreichs kennzeichneten, zählten 28. Bereits 1920 hatten die Parteien DVP und DNVP im Zuge der neben dem Gegensatz zwischen den beiden christlichen Konfes- Diskussion um eine Verlängerung der Amtszeit des vorerst provi- sionen vor allem die Konflikte zwischen sozialistischer Arbeiter- sorisch berufenen Reichspräsidenten Friedrich Ebert eine mögli- bewegung und kapitalistischer Wirtschaftsordnung, im zeitge- che Kandidatur Hindenburgs ins Feld geführt. Nach dem ge- nössischen Sprachgebrauch als Gegensatz zwischen Kapital und scheiterten „Kapp-Putsch“ wurde diese Idee jedoch auf Jahre Arbeit verkürzt, sowie zwischen Land- und Stadtbevölkerung. vertagt. Vgl. Schulenburg 1935, Welt, S. 58 und Lucas 1959, Hin- Vgl. Wehler 1995, Gesellschaftsgeschichte, S. 494-521; vgl. denburg, S. 17. Kocka 1973, Klassengesellschaft; Zur Formierung entlang der 29. Zur Nominierung Hindenburgs als Kandidat der politischen Basiskonflikte verlaufenden Milieus vgl.: Lepsius 1973, Parteien- Rechten im Jahr 1925 vgl.: Dorpalen 1966, Hindenburg, S. 64- system, S. 56-80. 75; Hauss 1965, Volkswahl, und Cary 1990, Reich President, S. 9. Es fehlte demnach bei Kriegsausbruch nicht an Versuchen, die 179-204. deutsche Bevölkerung zu einer verschworenen Einheit, zu einer 30. So die Formulierung des Zeitgenossen Harry Graf Kessler in sei- „Volksgemeinschaft" zusammen zu schweißen. So können die nem Tagebuch vom 12,. Mai 1925, zit. n.: Pfeiffer-Belli 1982, Propagierung des „Geistes von 1914" sowie die Bemühungen Kessler, S. 464. Vgl. Hierzu auch: Kaufmann 1953, Monarchism, um einen Burgfrieden" als „Gesten der Einheit" und „spiegelver- S. 150-152, 232. kehrte Antworten auf bestehende Zerklüftungen" innerhalb der 31. Vgl. Buchner 2001, Identität, S. 190f., 211f. wilhelminischen Gesellschaft verstanden werden. Raithel 1996, 32. Vgl. Bracher 1955, Auflösung, S. 49. Wunder, S. 499. Vgl. zum "Geist von 1914" auch Verhey 2000, 33. „Sehr charakteristischer Weise“, bemerkte z.B. Hermann Graf Volksgemeinschaft. Keyserling in der Kö lnischen Zeitung, strebe Hitler die Reichsprä- 10. So sah zum Beispiel der Chefredakteur der Magdeburgischen sidentenwürde auf Grund seines „Frontsoldatentums“ an, um an- Zeitung, Erich Everth, im März 1915 den "wesentlichen Wert des schließend mit Hindenburgs Status als „Feldherr“ zu kontern: Helden" Hindenburg darin, dass er dem "heutigen unromanti- „Aber noch nie gewann ein Frontsoldat als solcher einen Feld- schem Krieg, diesem verwickelten Mechanismus aller möglichen zug, sondern nur der vom Feldmarschall gut geführte. Hitler und modernen Techniken eine individuelle, menschliche Seele gege- Hindenburg verhalten sich zueinander buchstäblich wie Frontsol- ben" habe. Evert, Erich: Männer der Zeit. Der Feldherr in: Mag- dat und Feldmarschall, zumal dieser alle großen Eigenschaften deburgische Zeitung vom 28. März 1915 (Morgen-Ausgabe). des Frontkämpfers in noch höhere Maße besitzt.“ Kayserling, 11. Hull 1991, Regiment, S. 22. Vgl. Pyta 2007, Hindenburg, S. 81- Hermann, Graf: Warum Hindenburg, nicht Hitler? In: Kö lnische 84. Vgl. zum Machtverlust Wilhelm II im Ersten Weltkrieg jetzt Zeitung vom 8. April 1932. auch die Ausführungen John Röhls im kürzlich erschienenen drit- 34. Vgl. Strenge 2002, Machtübernahme, S. 74. ten Band seiner Wilhelm II. - Biografie: Röhl 2008, Wilhelm II., S. 35. Noch am 26. Januar 1933 soll Hindenburg gegenüber dem Chef 1209-1245. der Heeresleitung, Freiherr von Hammerstein, geäußert haben, 12. Vgl. zu dem Heldenbild der wilhelminischen Gesellschaft als so- erdächte gar nicht daran, den „österreichischen Gefreiten“ zum ziokultureller Voraussetzung der Symbolfähigkeit Hindenburgs Wehrminister oder Reichskanzler zu machen. Vgl. Bracher 1955, Hoegen 2007, Held, S. 61-70. Auflösung, S. 733; vgl. Rheinbaben 1954, Deutschland, S. 301. 13. Weite Verbreitung erlangten zum Beispiel die Berichte der 36. Vgl. zu den Motiven Hindenburgs, Hitler am 30. Januar 1933 zum Kriegsberichterstatter Paul Lindenberg, Rolf Brandt und Ludwig Reichskanzler zu ernennen die Ausführungen Wolfram Pytas. Vgl. Ganghofer sowie Interviews des Berliner Korrespondenten der Pyta 2007, Hindenburg, S. 791-805. Wiener Freien Presse Paul Goldmann im November 1914 und 37. Vgl. zu den Reaktionen der zeitgenössischen Presse aus den November 1915, die von dem Großteil der deutschen Presse ver- verschiedenen politischen Lagern auf die Ernennung Hitlers zum öffentlicht wurden. Vgl. Hoegen 2007, Held, S. 90-96. Reichskanzler: Hoegen 2007, Held, S. 370-375. 14. Vgl. Pyta 2007, Hindenburg, S. 125-129. 38. Vgl. Dorpalen 1966, Hindenburg, S. 420. 15. Das erste Ölgemälde von Hindenburg, das Professor Ziegler in 39. Vgl. O.V. „Reichskanzler Hitler an die deutsche Nation“ in: Vö lki- Posen Ende November 1914 anfertigte, machte aus ihm einen scher Beobachter vom 3. Februar 1933. grimmig dreinblickenden Militär mit wildem Schnurrbart und in 40. Ebd. Manteltaschen vergrabenen Händen. Abbildung bei Emanuel 41. Vgl. Dorpalen 1966, Hindenburg, S. 427f. Ginschel, „Unser Hindenburg“, in Aus dem Ostlande 12 (1917), 42. Schultze-Pfaelzer 1933, Führung, S. 15 S. 340. 43. Ebd.: S. 50. 16. Vgl. Pyta 2007, Hindenburg, S. 139f. 44. Ebd.: S. 50f. Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 14

45. Vgl. zum Langeamrck-Mythos: Dithmar 1992, Langemarck-My- 81. Vgl. zur Authentizität des Hindenburg-Telegramms und der Ein- thos schätzung der Verantwortung des Reichspräsidenten in Bezug 46. Das Plakat ist u.a. abgebildet in: Malhorta 1988, Plakate, S. 93. auf die Geschehnisse am 30. Juni 1934 die kritischen Bemerkun- 47. Görtemaker 2004, Ersatzkaiser, S. 39. gen Kalischers: Vgl. Kalischer 1957, Hindenburg, S. 247-258. 48. Vgl. Münkler 1994, Metaphern, S. 19f. Vgl. zu den Hintergründen des Verhaltens Hindenburgs in Zu- 49. Vgl. O.V. „Der Tag der deutschen Wende“ in: Vö lkischer Beob- sammenhang mit der „Röhm-Revolte“ jetzt auch: Pyta, 2007, achter vom 22. März 1933. Hindenburg, S. 843-853. 50. Müller 1993, Potsdam, S. 435. 82. Vgl. zu den Gedenkartikeln der gleichgeschalteten Presse zu 51. Vgl. Raichle 2003, Potsdam, S. 106, 108. dem Tod Hindenburgs: Hoegen 2007, Held, S. 407-409. 52. Vgl. Freitag 1991, Mythen, S. 382-389. 83. Vgl. Dietrich, Otto „Was uns Hindenburg war“, in: Vö lkischer Be- 53. Vgl. Müller 1993, Potsdam, S. 436. obachter vom 3. August 1934. 54. Hindenburg trug direkt am Hals den Orden „pour le mérite“, un- 84. Vgl. O.V. „Der alte Herr“. in: Kreuzzeitung vom 3. August 1934. ter der Spange mit einer Vielzahl an Medaillen und Ordensemble- 85. Vgl. zum „Nachfolgegesetz“: Kalischer 1957, Hindenburg, S. men den „Stern des Schwarzen Adlerordens“, den „Stern des Ei- 270-274. sernen Kreuzes“, das „Eiserne Kreuz“ und das „Ritterkreuz der 86. Die militärische „Leichenparade" endete zunächst zwei Kilometer Johanniter“. nach Neudeck, um nach der Überführung des Sarges bis zwei 55. Vgl. Raichle 2003, Potsdam, S. 83. Kilometer vor das Tannenberg-Denkmal von dort wieder aufge- 56. Vgl. Scheel 1993, Potsdam, S. 42. nommen zu werden. An einem Gedenkstein auf dem „Feldherrn- 57. Vgl. Kaufmann 1997, Händedruck, S. 298. hügel", von wo aus Hindenburg die Schlacht von Tannenberg 58. Vgl. Freitag 1991, Mythen, S. 397. geleitet haben soll, wurde ein kurzer Zwischenstopp eingelegt. 59. Ein Abdruck der Ansprache Hindenburgs befindet sich in: Scheel 87. Vgl. Hoegen 2007, Held , S. 413, vgl. Ackermann 1990, Totenfei- 1993, Potsdam, S. 119. ern, S. 110f. 60. Vgl. Freitag 1991, Mythen, S. 398. 88. Hitler, Adolf am 7. August 1934, zit. n. Domarus 1962, Hitler, S. 61. Die dem zivilen Charakter seiner Funktion als Reichskanzler ge- 438. Walhall war in der heidnischen nordgermanischen Jenseits- mäße Kleidung Hitlers ist sowohl als Verbeugung vor Hindenburg vorstellung der Aufenthaltsort der in der Schlacht gefallenen als auch vor dem Bürgertum, dessen Kleiderordnung er hier Krieger, an dem sie sich für den Endkampf am Tag der Götter- übernahm, zu verstehen. Vgl. Kaufmann 1997, Händedruck, S. dämmerung bereithalten. Hitlers Abschiedsworte standen damit i 298. Gegensatz zu dem christlichen Glauben des Verstorbenen und 62. Die Regierungserklärung Hitlers vom 21. März ist abgedruckt in zogen einen unechten Schlussstrich unter das Leben Hinden- Domarus 1962, Hitler, S. 226-228. burgs. Dem gläubigen Christen Hindenburg vor der Weltöffent- 63. Vgl. Pyta 2007, Hindenburg, S. 824. Vgl. auch die detaillierte lichkeit den Eingang in Wallhall zu wünschen, war als program- Analyse der Regierungserklärung Hitlers in der Garnisonkirche matische Erklärung des „neuen Deutschland“ zu verstehen, „als von: Raichle 2003: Potsdam, S. 129-136. Ablösung der christlichen durch die germanisch-heidnische Jen- 64. Bullock 1961, Hitler, S. 266. seitsvorstellung, die auf staatlicher Ebene öffentlich formuliert 65. „Das war der stärkste Augenblick dieser feierlichen Stunde“, so und damit sanktioniert wurde“, wie Volker Ackerman anmerkt. z.B. die Einschätzung der konservativen Kreuzzeitung, „als der Vgl. Ackermann 1990, Totenfeier, S. 116. ale Marschall und sein Soldat sich Auge in Auge gegenüberstan- 89. Vgl. Zum Führer-Kult um Hitler insbesondere: Kershaw 1980 Hit- den und vor dem Angesicht des deutschen Volkes ihren Bund ler-Mythos Vgl. auch Barth 1998 Goebbels. besiegelten. Mit großer Herzlichkeit drückte der Reichspräsident 90. Vgl. Fischer 1990, Tannenberg-Denkmal, S. 29. nach dieser Rede die Hand.“ O.V. „Der feierliche Staatsakt“ in: 91. Vgl. Tietz 1999, Tannenberg-Nationaldenkmal, S. 124-127; vgl. Kreuzzeitung vom 22. März 1933. Ackertmann 1990, Totenfeiern, S. 237. 66. Vgl. Raichle 2003, Potsdam, S. 120. 67. So verweist z.B. der Historiker Jehuda L. Wallach im Zusammen- hang mit dem „Tag von Potsdam“ auf das Foto, welches angeb- Bibliographie lich „auf Goebbels Initiative hin „seinerzeit weit verbreitet worden sei und ordnet das abgebildete Geschehen irrtümlich dem Mo- Ackermann 1990, Totenfeiern. ment zu, in dem Hitler seine Rede in der Garnisonkirche beendet hatte und dem Reichspräsidenten die Hand reichte. Vgl. Wallach Ackermann, Volker, Nationale Totenfeiern in Deutschland. Von Wil- helm I. bis Franz Josef Strauß. Eine Studie zur politischen Semiotik, 1993, 21. März, S. 139ff. 68. Vgl. Kaufmann 1997, Händedruck, S. 299. Stuttgart 1990. 69. Der „Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda“ arbei- tete „jede Phase , jeden Gang der Zeremonie (...) in einem von Arnold 1985, Anschläge. Arnold, Friedrich, Anschläge, Ebenhausen bei München 1985. Hitler begutachteten Regieplan“ der Feier „bis tief in die Nacht hinein in alle Einzelheiten“ aus. Am 19. März 1933 hatte er sich Bab 1915, Hindenburg-Mythos. „in Potsdam an Ort und Stelle“ orientiert, „ob alle Vorbereitungen getroffen“ waren, den, so vertraute er seinem Tagebuch an, bei Bab, Julius, Der Hindenburg-Mythos in: Gegenwart 44 (1915), S. 596- 600. solchen großen Staatsfeiern kommt es auf die kleinsten Kleinig- keiten an.“ Vgl. Barth 1998, Goebbels, S. 130. Vgl.Tagebuchein- Barth 1998, Goebbels. tragungen Joseph Goebbels vom 17. und 19. März 1933, zit. n. Fröhlich 1987, Tagebücher, Bd. 2, S. 394f. Barth, Erwin, Joseph Goebbels und die Formierung des Führer-My- thos. 1917 bis 1934, Phil. Diss. Erlangen 1998. 70. Vgl. Hoegen 2007, Held, S. 395. 71. Vgl. Kaufmann 1997, Händedruck, S. 296f. Boockmann 1994, Orden. 72. Vgl. Wendt 1933, Nationalversammlung. 73. Vgl. Kaufmann 1997, Händedruck, S. 302-304. Boockmann, Hartmut, Der Deutsche Orden, München 1994. 74. Vgl. Raichle 2003, Potsdam, S. 140. 75. Joseph Goebbels berichtet über die Gemütslage des Reichsprä- Bracher 1955, Auflösung. Bracher, Karl-Dietrich, Die Auflösung der Weimarer Republik, Stutt- sidenten am „Tag von Potsdam“ in seinem Tagebuch: „Ich sitze nahe bei Hindenburg und sehe, wie ihm die Tränen in den Augen gart/Düsseldorf 1955. stehen [...]“ Tagebucheintrag von Joseph Goebbels vom 22. März 1933 zit. n. Fröhlich 1987 Tagebücher, Bd. 2, S. 396. Buchner 2001, Identität. Buchner, Bernd, Um nationale und republikanische Identität, 76. Vgl. Tagebucheintrag von Joseph Goebbels vom 12. März 1933, zit. n. Fröhlich 1987, Tagebücher, Bd. 2, S. 391. 2001. 77. Vgl. Hoegen 2007, Held von Tannenberg, S. 402-404. 78. Vgl. Ebd., S. 404f. Bullock , Hitler. Bullock, Alan, Hitler. Eine Studie über Tyrannei, Düsseldorf 1961. 79. Der Ausdruck „pouvoir engagé“ in Bezug auf Hindenburg ist den Ausführungen Volker Ackermanns über das Staatsbegräbnis für Cary 1990, Reich President. den Reichspräsidenten entnommen. Vgl. Ackermann 1990, To- tenfeiern, S. 117. Cary Noel D., German Conservatism and the nomination of Paul von Hindenburg, in: Central European History 23 (1990), S. 179-204. 80. Vgl. zum „Ermächtigungsgesetz“: Strenge 2002, Machtübernah- me, S. 176f. Creutz 1996, Pressepolitik. Jesko von Hoegen Der „Marschall“ und der „Gefreite“ kunsttexte.de 1/2009 - 15

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Schlenke, Manfred, „Das `preußische Beispiel´ in Propaganda und Politik des Nationalsozialismus, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Den Nationalsozialisten gelang es im Gegensatz zu Bd. 27 (1968), S. 15-23. den Vertretern der Weimarer Republik, die Deutungs- Schulenburg 1935, Welt. macht über den Hindenburg-Mythos zu erlangen und Schulenburg, Dieter von der, Welt um Hindenburg, Berlin 1935. Schultze-Pfälzer 1933, Führung. seine Integrationskraft zu nutzen. „Der Marschall und Schultze-Pfaelzer, Gerhard, Hindenburg und Hitler zur Führung ver- der Gefreite“ lautete das Motto der Instrumentalisie- eint, Berlin 1933. rung des Hindenburg-Mythos durch die NS-Propa- Strenge 2002, Machtübernahme. Strenge, Irene, Machtübernahme 1933 – Alles auf legalem Weg?, ganda. Die Reduzierung des Reichspräsidenten Hin- Berlin 2002. denburg auf seinen Ruhm als „Feldherr“ im Ersten Tietz 1999, Tannenberg-Nationaldenkmal. Weltkrieg bildete den Schlüssel zur Vereinnahmung Tietz, Jürgen, Das Tannenberg-Nationaldenkmal. Architektur, Ge- schichte, Kontext, Phil. Diss. Berlin 1999. seines Mythos. In unterschiedlichen Varianten wurde

Verhey 2000, Volksgemeinschaft. eine Eintracht zwischen dem alten „Marschall“ und Verhey, Jeffrey, Der Geist von 1914 und die Erfindung der Volksge- „Retter“ Hindenburg und Adolf Hitler, dem „Gefreiten“ meinschaft, Hamburg 2000. und „unbekannten Soldaten“ des Weltkrieges, visuali- Venohr 1993, Luendorff. Venohr, Wolfgang, Ludendorff. Legende und Wirklichkeit, Berlin 1993. siert. Auch die Inszenierung des gemeinsamen Auftrit-

Wallach 1993, 21. März. tes der beiden Männer am „Tag von Potsdam“ sowie Wallach, Jehuda L., Der 21. März 1933, in: Bernhard Kroener (Hrsg.), seine anschließende Vermarktung und Ritualisierung Potsdam: Staat, Armee, Residenz, Frankfurt a. M. 1993, S. 139-143. diente der Präsentation Hindenburgs als väterlichen Wehler 1995, Gesellschaftsgeschichte. Wehler, Hans-Ulrich, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3: Von Mentor Hitlers. Die Visualisierung der Synthese zwi- der „Deutschen Doppelrevolution“ bis zum Beginn des Ersten Welt- schen dem „Marschall“ und dem „Gefreiten“ sollte krieges 1849-1914, München 1995. das Einverständnis Hindenburgs mit dem Kanzler de- Weigel 1983, Schuß. Weigel, Hans /Lukan, Walter / Peyfuss, Max, Jeder Schuß ein Ruß. monstrieren und ließ den Hindenburg-Mythos zum Jeder Stoß ein Franzos. Literarische und graphische Kriegspropagan- da in Deutschland und Österreich 1914-1918, Wien, 1983. Schutzschild für die nationalsozialistische Gleich- schaltungspraxis werden. Sogar der Tod des Mar- Weiglin 1954, Berlin. Weglin, Paul, Berlin im Glanz. Bilderbuch der Reichshauptstadt von schalls wurde von Hitler zur Stabilisierung seine 1888 bis 1918, Köln, 1954. Macht propagandistisch ausgeschlachtet. Wendt 1933, Nationalversammlung. Wendt, Hans, Die Nationalversammlung von Potsdam, Berlin, 1933. Autor Wippermann 1979, Ordensstaat. Wippermann, Wolfgang, Der Ordensstaat als Ideologie, Berlin 1979. Erinnerungskultur, Propaganda und Mentalitätsge-

Wolf 1994, Hindenburg-Mythos. schichte im 20. Jahrhundert bilden den Schwerpunkt Wolf, Stefanie, Der Hindenburg-Mythos im Ersten Weltkrieg: Entste- der Forschungsarbeit des Zeithistorikers Jesko von hung und Erscheinungsformen (unveröffentlichte Magisterarbeit), Freiburg 1994. Hoegen. 2007 wurde er mit der Studie „Der Held von

Wülfing 1991, Mythologie. Tannenberg. Genese und Funktion des Hindenburg- Wülfing, Wulf / Bruns, Karin / Parr, Rolf, Historische Mythologie der Deutschen: 1798-1918, München, 1991. Mythos“ an der Universität Stuttgart promoviert. Er ar- beitete u.a. für die Stiftung Haus der Geschichte der Ziemann 2002, Sozialmilitarismus. Ziemann, Benjamin, Sozialmilitarismus und militärische Sozialisation Bundesrepublik Deutschland und ist heute in der Poli- im deutschen Kaiserreich 1870-1914. In: Geschichte in Wissenschaft und Unterricht 53 (2002), S. 148-164. tikberatung tätig.

Titel Jesko von Hoegen, Der „Marschall“ und der „Gefrei- Zusammenfassung te“. Visualisierung und Funktionalisierung des Hinden- Über zwanzig Jahre lang, von der Befreiung Ostpreu- burg-Mythos im „Dritten Reich“, in: kunsttexte.de, ßens im August 1914 am Beginn des Ersten Welt- Nr. 1, 2009 (16 Seiten), www.kunsttexte.de. kriegs bis zu seinem Tod im August 1934 galt der „Held von Tannenberg“ Paul von Hindenburg den Deutschen als „Retter“ und nationale Identifikationsfi- gur, wurde sein Ansehen zum Mythos übersteigert.