150 Jahre im Bankgeschäft

Inhaltsverzeichnis

4 Einführung

6 Zeitstrahl der Geschichte

8 1862–1912

16 1912–1945

22 1945 –1980

30 1980–2000

34 Der Weg ins 21. Jahrhundert

37 Ausblick Einführung

2012 feiert UBS ihr 150-jähriges Jubiläum. Dieser wichtige Meilenstein in unserer langjährigen Geschichte legt auf eindrucksvolle Weise Zeugnis darüber ab, welchen Anteil unser Institut an der Entwicklung des modernen globalen Bankensektors hat und welche Schlüsselstellung UBS als Teil der schweizerischen Tradition des Bankgewerbes zukommt.

Das Bankwesen in der Schweiz kann auf schaft beteiligt waren. Zunächst ent- Geschäftsbeziehungen in verschiedenen eine sehr lange, bis ins Mittelalter rei- stand 1862 die , die Ländern profitieren. Ausserhalb der chende Geschichte zurückblicken. Diese sich 1912 mit der ­ Schweiz waren die Vorgängerbanken lange Tradition erklärt auch, warum die zur Schweizerischen Bankgesellschaft von UBS bereits seit langem in vielen Schweiz im In- und Ausland seit jeher als zusammenschloss. 1872 wurde der Städten und auf allen Kontinenten wichtiger und zuverlässiger Finanzplatz ­Basler Bankverein gegründet, aus dem ­vertreten, wobei die älteste Banknieder- gilt. Die Wahrnehmung der Schweiz als nach mehreren Fusionen schliesslich der lassung in London genau einhundert starkes Finanz­zentrum wird immer Schweizerische Bankverein hervorging. Jahre vor der Fusion eröffnet worden ­wieder in der erzählenden Literatur und Eines der Hauptziele der Fusion, die war. In jüngerer Vergangenheit wurden anderen Medien aufgegriffen und 1998 zur Gründung von UBS führte, be- die ­globalen Wurzeln von UBS durch gleichsam verstärkt. Tatsächlich sind die stand darin, einen global aufgestellten verschiedene Akquisitionen deutlich ge- Grösse und die internationale Bedeu- Bankkonzern zu schaffen, der Privat- stärkt. Einige der Firmen, die von der tung des Schweizer ­Bankensektors in und Firmenkunden sowie institutionellen SBG sowie vom SBV und von UBS in den erster Linie ein Ergebnis der Entwicklung Kunden und öffentlichen Körperschaften 1980er und 1990er Jahren sowie 2000 der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, weltweiten Zugang zu Finanzdienstleis- bis 2010 übernommen wurden, können die in erheblichem Masse durch die tungen und -märkten sowie Beratung ihre historischen Wurzeln ebenfalls bis Schweizerische Bank­gesellschaft (SBG) bieten und die Ausführung von Aufträ- ins 19. Jahrhundert zurückverfolgen. und den Schweizerischen Bankverein gen und Mandaten in höchster Qualität Dies gilt insbesondere für die US-Broker- (SBV) bestimmt wurde. Aus diesen bei- gewährleisten sollte. Im Ergebnis dieser firma , die das Fundament den Grossbanken, die 1998 fusionierten, Fusion konnte die neu entstandene UBS für die heutige UBS-Vermögensverwal- ging die UBS AG hervor. Dennoch wurde sofort von den in vielen Jahren gesam- tungssparte Wealth Management Ame- die Grundlage für diese Evolution des melten wertvollen Kenntnissen und ricas bildete. Zu den frühen Beispielen modernen Schweizer Bankwesens be- ­Erfahrungen sowie den gut etablierten des historischen Erbes von UBS gehört reits in der zweiten Hälfte des 19. Jahr- auch die Firma Phillips & Drew, die 1895 hunderts geschaffen. In jener Zeit wurden gegründet wurde und letztlich in UBS die Vorgängerbanken der SBG und des Global Asset Management aufging. SBV gegründet, die ­aktiv am Aufbau S.G. Warburg, das Vorgängerunterneh- der modernen Schweizer Industriegesell- men der heutigen UBS Investment Bank,

Eine dynamische Einstellung gegenüber Veränderungen war schon immer die treibende Kraft für den Erfolg unseres Unternehmens.

4 wurde einige Jahrzehnte später gegrün- beleuchtet. Angesichts des begrenzten ist jedoch die Erfolgsgeschichte von UBS det. Diese Broschüre bietet einen Über- Umfangs der vorliegenden Publikation bei weitem noch nicht abgeschlossen. blick über die ersten 150 Jahre der wird kein Anspruch auf eine vollständige Wie in dieser Broschüre deutlich zum ­Geschichte von UBS, wobei insbesonde- und umfassende Darstellung der Unter- Ausdruck kommt, waren eine dynami- re verdeutlicht wird, wie eng unsere nehmensgeschichte von UBS oder der sche Einstellung gegenüber Veränderun- ­Firmengeschichte mit den politischen historischen Entwicklung in der Schweiz gen, das Erkennen und Ausnutzen von und wirtschaftlichen Entwicklungen auf erhoben. Wir hoffen, dass Ihnen dieser ­Chancen und die aktive Bewältigung unserem Heimatmarkt Schweiz ver­ faszinierende Überblick über den Werde- von Herausfor­derungen die wichtigsten flochten ist. Wir haben die Entstehungs­ gang unserer Firma gefallen wird. Damit Triebfedern, die das Unternehmen vor- geschichte und die historischen Entwick- angebracht haben und auch in Zukunft lungsprozesse von UBS dargestellt und als ­treibende Kraft dafür sorgen werden, dabei wichtige internationale Unter­ dass diese erfolgreiche Unternehmens­ nehmenswurzeln der heutigen UBS AG geschichte ihre Fortsetzung finden wird.

«Die Entstehung von UBS»: Der Schlüssel des SBV und das Logo der SBG verschmelzen zum heutigen UBS-Logo.

5 Zeitstrahl der Geschichte

Seit Gründung der Bank in Winterthur Unternehmens bereichert und zu unse- gesellschaft und der Schweizerische im Jahre 1862 sind mehr als 300 Finanz- rem vielfältigen und globalen Erfah- Bankverein zählen. Die in dieser Grafik unternehmen, darunter Privatbanken, rungsschatz beigetragen. Die nachste- genannten Finanzunternehmen haben Sparkassen, Vermögensverwalter und hende schematische Darstellung bietet eine wichtige Rolle bei der Entwicklung Broker sowie Geschäftsbanken, Teil von einen Überblick über einige unserer von UBS zu einer modernen Grossbank UBS geworden. All diese Übernahmen ­Vorgängerbanken, zu denen natürlich gespielt. und Fusionen haben die Kultur unseres insbesondere die Schweizerische Bank-

                  

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7 1862–1912

Von der Bank in Winterthur zur ­Schweizerischen Bankgesellschaft

1862 Die Bank in Winterthur nimmt ihre Geschäftstätigkeit auf. 1863 Die Toggenburger Bank wird in Lichtensteig, Kanton St. Gallen, gegründet. 1872 In Basel entsteht der Basler Bankverein. 1879/ Gründung von Jackson & Curtis, gefolgt von Paine & Webber 1880 in Boston. 1895 G. A. Phillips & Co., die spätere Phillips & Drew, wird in London gegründet. 1897 Durch Fusionen und Übernahmen entwickelt sich der Basler Bankverein zum Schweizerischen Bankverein (SBV). 1898 Als erste Schweizer Bank eröffnet der SBV eine Niederlassung in London. 1901 Der SBV beginnt mit der regelmässigen Veröffentlichung wirtschaftlicher Analysen. 1906 Die Bank in Winterthur erwirbt das Gebäude Bahnhofstrasse 44 in Zürich und einen Sitz an der Zürcher Börse. 1912 Durch Zusammenschluss der Bank in Winterthur mit der Toggenburger Bank entsteht die Schweizerische Bankgesellschaft. Bank in Winterthur in Winterthur.

Gründungskomitee der Bank in Winterthur.

Toggenburger Bank in Lichtensteig.

Die heutige UBS AG ist das Ergebnis der 1998 erfolgten Fusion zweier Schweizer Grossbanken, des Schweizerischen Bankvereins und der Schweizerischen Bankgesellschaft. Die beiden fusionie- renden Banken konnten auf eine lange Geschichte zurückblicken, die bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts zurückreichte. Diese historischen Ursprünge von UBS sind sowohl in politischer als auch ökonomischer Hinsicht stark mit der Entstehung der modernen Schweiz verflochten.

1848 wurde die Schweiz als Bundesstaat aus einem Verbund ­einem anfänglichen Aktienkapital von 5 Mio. Franken gegrün- von 22 unabhängigen Kantonen gegründet. Mit dem neuen det. Damit war der erste Grundstein für die Entwicklung der Schweizer Bundesstaat wurde ein einheitlicher Wirtschafts- heutigen UBS AG gelegt. Mit der Übernahme des Namens raum geschaffen. In jener Zeit war die Industrielandschaft der ­ihrer Heimatstadt setzte die Bank in Winterthur ein Zeichen Schweiz vor allem durch die Baumwoll- und Seidenindustrie der Unterstützung für die wirtschaftliche und industrielle geprägt, dicht gefolgt von der Uhrenindustrie. Etwa 170 Ban- ­Entwicklung ihrer Region. Winterthur, eine Stadt mit damals ken existierten damals bereits neben einer Anzahl privater 16 000 Einwohnern, sollte sich in der zweiten Hälfte des Bankiers. Es fehlte jedoch an ausreichend starken Banken, die 19. Jahrhunderts zum industriellen Zentrum des nordöstlichen es vermocht hätten, die Industrialisierung des Landes, insbe- Teils der Schweiz entwickeln. Die Stadt spielte eine wichtige sondere den Bau des Eisenbahnnetzes, zu finanzieren. In den Rolle beim Bau und bei der Erweiterung des Schweizer Eisen- späten 1850er Jahren wurden jährlich 50 Mio. Franken in bahnnetzes, sowohl in der Region als auch durch eigene das Eisenbahnnetz investiert, um mit dem stetig steigenden ­Produktionsstätten, wobei insbesondere die Schweizerische Bedarf durch die zunehmende Industrialisierung Schritt halten Lokomotiv- und Maschinenfabrik zu erwähnen ist. zu können. Das Jahr 1863 war von einem weiteren wichtigen Ereignis Von der Bank in Winterthur zur Schweizerischen ­geprägt. Die Toggenburger Bank, benannt nach der Region ­Bankgesellschaft (SBG) Toggenburg im Kanton St. Gallen in der Ostschweiz, wurde in Die Bank in Winterthur war eine derartige leistungsfähige der Kleinstadt Lichtensteig gegründet. Mit einem anfänglichen Bank. Mit erfolgreicher Beendigung der Anteilszeichnungsfrist Aktienkapital von 1,5 Mio. Franken war die Toggenburger am 25. Juni 1862 wurde die Bank in Winterthur offiziell mit Bank stark auf das heimische Hypotheken- und Spargeschäft

9 1862–1912

ausgerichtet, leistete jedoch ebenfalls ihren Beitrag zur Entwick­ lung der lokalen Stickereibranche. 1912 schlossen sich die 1912 schlossen sich die Bank in Winterthur und die Toggenburger Bank zur Schweize- rischen Bankgesellschaft (SBG) zusammen. Bank in Winterthur Vom Basler Bankverein zum Schweizerischen Bankverein (SBV) und die Toggenburger Während sich Winterthur zum Zentrum der Industrialisierung der Schweiz in der Zürcher Region entwickelte, dominierte die Bank zur Schweizeri- an der Grenze zu Frankreich und Deutschland gelegene Stadt Basel die Wirtschaft im Nordwesten der Schweiz. Die Lage der um 1860 etwa 40 000 Einwohner zählenden Stadt Basel an schen Bankgesellschaft ­einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte in Mitteleuropa war hierbei von entscheidender Bedeutung. Die Stadt profitier- zusammen. te von ihrer Stellung als Heimat der schweizerischen Seiden- bandindustrie, einer wichtigen Exportbranche jener Zeit, und als Stützpunkt bedeutender Händler, Kaufleute und Vertreter. zu gründen». Dieser Beschluss wurde 1872 mit der Gründung des Basler Bankvereins als eigenständiger Universalbank Sechs in Basel bereits seit langem etablierte Privatbanken ­umgesetzt. gründen 1872 die direkte Vorgängerbank des Schweizerischen Bankvereins (SBV), den Basler Bankverein. 1854 hatten sechs Die Ursprünge des Basler Bankvereins wurden durch Basels Bankhäuser eine Vereinbarung über die gemeinsame Vergabe geografische Nähe zu Deutschland mitgeprägt. Preussens Sieg von Darlehen unterzeichnet. 1856 kamen die Mitglieder dieses über Frankreich im Deutsch-Französischen Krieg von 1870 / 71 als Bankverein bezeichneten Bankenkonsortiums überein, und die anschliessende Gründung des Deutschen Reichs lösten «ein grosses Finanzinstitut auf Aktienbasis in der Stadt Basel einen massiven wirtschaftlichen und finanziellen Aufschwung in Deutschland aus, der auch seine Spuren in der Schweiz ­hinterliess. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass nicht nur das Gründungsprotokoll des Basler Bankvereins in Frankfurt unterzeichnet wurde, sondern auch das Kapital von

Banknoten in Schweizer Franken, heraus- gegeben von der Toggenburger Bank.

Aktienprospekt des Basler Bankvereins, 1872.

Basler Bankverein in Basel.

10 einer deutschen Bank, gemeinsam mit dem Konsortium der In den folgenden Jahrzehnten expandierte der Basler Bankver- sechs Basler Privatbanken, bereitgestellt wurde. Da sieben der ein und schloss sich mit dem Zürcher Bankverein (Zürich) und 17 ursprünglichen Direktoren der Bank ihren Wohnsitz ausser- der Schweizerischen Unionbank (St. Gallen) zusammen. Nach halb der Schweiz hatten, erwies sich der mit einem Stamm­ Übernahme der Basler Depositen-Bank änderte die Bank ihren kapital von 30 Mio. Franken gegründete Basler Bankverein von Namen und firmierte ab 1897 als Schweizerischer Bankverein. Beginn an als ein international ausgerichtetes Kreditinstitut. Zürich und Basel Wie die Bank in Winterthur spielte auch der Basler Bankverein Innerhalb von zehn Jahren trafen der Basler Bankverein und eine massgebliche Rolle bei der rasanten Industrialisierung der die Bank in Winterthur in Zürich zusammen, als zunächst der Schweiz, indem die Entwicklung Basels zum Zentrum der Basler Bankverein mit dem Zürcher Bankverein fusionierte und Schweizer Chemieindustrie unterstützt und der Ausbau des als Firmensitz ein Gebäude am Paradeplatz errichtete, dem ­Eisenbahnnetzes finanziert wurden. Das ambitionierteste Eisen­ Platz, der noch heute das Symbol für Zürichs Bankensektor ist. bahnprojekt seiner Zeit wurde unter aktiver Beteiligung des 1906 erwarb die Bank in Winterthur ein Gebäude an der Basler Bankvereins und der Bank in Winterthur verwirklicht. Bahnhofstrasse 44. Diese Geschäftsstelle, die direkt gegenüber 1882 wurde der 15 km lange Gotthard-Tunnel, ein Projekt im dem aktuellen Firmenhauptsitz von UBS an einer Strasse liegt, Umfang von 227 Mio. Franken, fertig gestellt, mit dem eine die weniger als 50 Jahre zuvor erbaut worden war, bot einen dringend benötigte Eisenbahnverbindung durch die Alpen ge- einfachen Zugang zur Zürcher Börse. Die 1880 eröffnete Börse schaffen wurde. Der Basler Bankverein war in finanzieller und Zürich entwickelte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhun- personeller Hinsicht am Bau beteiligt, während die Bank in derts zur bedeutendsten Wertpapierbörse der Schweiz. Etwa Winterthur die Finanzierung der Lokomotiven übernommen zur gleichen Zeit, im Jahr 1907, nahm die Schweizerische hatte, die auf den Schienen dieses technischen Meisterwerks ­Nationalbank (SNB), die 1905 per Bundesbeschluss als Zentral- verkehren sollten. bank der Schweiz gegründet worden war, ihre Tätigkeit in Bern und Zürich auf. Diese Institution war und ist bis zum heu- tigen Tag für die künftige Entwicklung der Schweizer Wirt- schaft im Allgemeinen und des Finanzsektors des Landes im

Paine, Webber & Co., Boston, 1881. Bahnhofstrasse / Poststrasse, Zürich, 1893.

Bau des Gotthard-Tunnels.

11 1862–1912

Fröschengraben in Zürich, später Teil der Bahnhofstrasse.

Sitz des SBV am Paradeplatz, Fusionsvertrag zwischen der Bank in Winterthur Zürich, 1910. und der Toggenburger Bank, 1912.

Sitz der SBG, Münzhof, ­Bahnhofstrasse, Zürich.

Besonderen von entscheidender Bedeutung. 1850 war bereits Der Übergang ins 20. Jahrhundert die Einführung des Schweizer Frankens als gesetzliches Zah- 1912 wurde die Schweizerische Bankgesellschaft mit einem lungsmittel in der Schweiz anstelle von 13 unterschiedlichen anfänglichen Aktienkapital von 35 Mio. Franken gegründet. Währungen mit 319 verschiedenen Münzen erfolgt. Bis zur Auch vor ihrer Fusion hatten die Bank in Winterthur und die Gründung der SNB waren im gesamten Land jedoch Schweizer Toggenburger Bank das Spektrum ihrer geschäftlichen Aktivi- Franken in unterschiedlichen Designs von Dutzenden Ge- täten innerhalb der Schweiz ausgeweitet. Verschiedene, für schäftsbanken, einschliesslich der Toggenburger Bank, ausge- die Zukunft der Schweiz wichtige Unternehmungen waren fi- geben worden. 1907 wurde dieses uneinheitliche System nanziert worden, beispielsweise im expandierenden Schweizer durch einen standardisierten, von der SNB ausgegebenen Versicherungssektor. Schweizer Franken ersetzt, der auf dem Goldstandard basierte. Obwohl beide Vorgängerbanken von UBS eine Niederlassung Im Hinblick auf die geografische Reichweite war jedoch der in Zürich unterhielten, blieben ihre Firmenhauptsitze an ande- Schweizerische Bankverein einen Schritt voraus, da er als erste ren Orten. In der Tat wurde der Hauptsitz des SBV niemals in Schweizer Bank eine Niederlassung in der seinerzeit bereits als der Firmengeschichte von seinem Ursprungsort Basel verlegt. globales Finanzzentrum anerkannten City of London gegrün- Die SBG behielt bis 1945 die zwei Hauptsitze in Winterthur det hatte. Am 1. Juli 1898 öffnete der «Swiss Bankverein» in und St. Gallen. Danach wurde der Sitz der SBG nach Zürich in ­seiner neuen Geschäftsstelle unter der Adresse 40 Thread- ein Gebäude verlegt, das treffenderweise den Namen Münz- needle Street seine Türen für Londoner Kunden. London war hof trug. Die Firmenzentrale befand sich nun in der Niederlas- insgesamt gesehen erst die vierte Zweigniederlassung des SBV sung Bahnhofstrasse 45, die 1917 eröffnet worden war und (nach Basel, Zürich und St. Gallen) und ein Beleg dafür, dass die mit ihren Rustikaquadern und schmiedeeisernen Verzierun- die Bank bereits zu einem frühen Zeitpunkt die Notwendigkeit gen an Fenstern und Türen den Eindruck von Solidität und einer internationalen Präsenz erkannt hatte. In den nächst­ ­Unerschütterlichkeit vermittelt. Durch die zwei Hauptsitze in folgenden Jahrzehnten bildete die Londoner Niederlassung des Basel und Zürich kommen diese historischen Entwicklungen SBV den Mittelpunkt für alle ausländischen Geschäftsaktivitäten. auch in der derzeitigen rechtlichen Struktur von UBS zum ­Ausdruck. Eine Präsenz in London war für die Bank entscheidend, um an wichtigen globalen Entwicklungen teilhaben zu können. ­London war in jener Epoche zweifellos das weltweit führende Finanzzentrum; die Bedeutung Londons für die Weltwirtschaft zeigte sich auch darin, dass nach zeitgenössischer Schätzung die Hälfte der in London ansässigen 160 Banken keine briti- schen Unternehmen waren.

12 Die historischen Wurzeln von UBS Wealth Management Americas

Es kann nicht überraschen, dass sich mehrheitlich von der Familie Paine rierungen, Fusionen und Übernahmen die globale Präsenz von UBS sehr stark kontrolliert. William A. Paine, der sei- konnte sich die Firma auch in den auf die historischen Wurzeln der Bank nerzeit als einer der reichsten Männer ­Bereichen festverzinsliche Finanzinstru- in Grossbritannien und in den USA Neuenglands galt, verstarb im Sep­ mente (F.S. Smithers & Co., 1973), ge- stützt. Der Grund hierfür ist nicht ­allein, tember 1929, einen Monat vor dem schlossene Investmentfonds (Abacus dass bereits frühzeitig die Notwendig- Schwarzen Freitag, der den Beginn des Fund, 1972) sowie Investmentrecher- keit einer Präsenz in den grössten Kurseinbruchs an der Wall Street sig- che und -beratung (Mitchell Hutchins, ­Finanzzentren erkannt wurde, sondern nalisierte. Sowohl Jackson & Curtis als 1977) etablieren. auch, dass bedeutende Vorgänger­ auch Paine, Webber & Co. überstan- unternehmen von UBS bereits in den den den Börsencrash, jedoch gaben Mit der Übernahme von Abacus ­wurde ­betreffenden Ländern vertreten waren. die anhaltenden Auswirkungen der der Börsengang der Firma vollzogen. Zwei Jahre danach wurde beschlossen, PaineWebber Inc. als Holding-Gesell- Die globale Präsenz von schaft zu gründen, der PWJ&C als wichtigste Tochtergesellschaft unter- UBS stützt sich sehr stark auf geordnet wurde. Im Jahr 1980 unter- hielt die Firma bereits 161 Niederlas- sungen in 42 US-Bundesstaaten die historischen Wurzeln und sechs Zweigstellen in Europa und ­Asien. Paine Webber war in ganz der Bank in Grossbritannien Amerika vertreten und hatte sich mit dem populären Werbeslogan «Thank und in den USA. You, Paine Webber» auch einen ­hohen Bekanntheitsgrad abseits des schon beträchtlichen Kundenstamms Das bemerkenswerteste Beispiel hier- Weltwirtschaftskrise wahrscheinlich erworben. Paine Webber setzte seinen für war die Gründung von zwei Bro- den Anstoss für die Aufnahme von Expansionskurs bis zu seiner Übernah- ker-Firmen in Boston im letzten Viertel ­Fusionsverhandlungen im Jahr 1939. me durch UBS gegen Ende des Jahres des 19. Jahrhunderts. William A. Paine Der Firmenzusammenschluss, aus 2000 fort. 1995 hatte es die Broker- und Wallace G. Webber eröffneten dem Paine, Webber, Jackson & Curtis und Investmentbanking-Firma Kidder, 1880 ihr Maklergeschäft (Paine, (PWJ&C) hervorging, wurde schliess- Peabody & Co. erworben und noch im ­Webber & Co. seit 1881) in derselben lich am 29. Juni 1942 besiegelt. April 2000 die Firma J.C. Bradford & Strasse wie die Firma von Charles C. Co. übernommen, wodurch sich Jackson und Laurence Curtis (Jackson Inmitten des wachsenden Wohlstands die Zahl von 7600 Brokern bei Paine & Curtis), die 1879 gegründet worden im Amerika der Nachkriegsära konnte Webber um 900 erhöht und das von war. Diese beiden angesehenen Fir- PWJ&C schnell expandieren. Die Zahl Paine Webber verwaltete Kunden­ men fusionierten 1942 und legten der Niederlassungen der Firma, die im vermögen in Höhe von 452 Mrd. ­somit die Grundlage für das heutige Fusionsjahr 1942 noch 23 betragen US-Dollar eine Zunahme um 46 Mrd. Geschäft von UBS Wealth Manage- hatte, wuchs bis 1955 auf 30 und wei- US-Dollar erfahren hatte. ment Americas. tere zehn Jahre später bis auf 45 an. 1963 wurde der Firmenhauptsitz von In der ersten Hälfte des 20. Jahrhun- PWJ&C von Boston nach New York derts wurde Paine, Webber & Co. verlegt. Aufgrund späterer Umstruktu-

13 1862–1912

Bewältigung früher Krisen

Im letzten Viertel des 19. Jahrhun- 1,9 Mio. Franken aufgestockt und «unser Institut in einer prekären derts schritt die Industrialisierung schliesslich vollständig ausgeschöpft. Lage befindet». von Ländern wie der Schweiz mit beispielloser Geschwindigkeit voran. 1883 hatte die Bank in Winterthur In den USA sahen sich Paine, Web- Dennoch wurde die wirtschaftliche ihre Reserven in Höhe von 1,3 Mio. ber & Co. mit der Finanzkrise von Entwicklung Europas und der USA Franken ebenfalls vollständig aufge- 1883 und zehn Jahre danach mit der in regelmässigen Abständen durch zehrt und musste einen negativen Panik von 1893 konfrontiert, die verschiedene Krisen erschüttert. Saldo in Höhe von fast 2 Mio. Fran- Wallace Webber, den Mitbegründer Die Vorgängerbanken der heutigen ken ausweisen. Der Aktienkurs der der Firma, veranlasste, sich aus dem UBS AG blieben von diesen Ereignis- Bank fiel 1883 auf 350 Franken Geschäft zurückzuziehen. Als er je- sen nicht verschont. Obgleich die (nachdem die Aktie zehn Jahre zuvor doch der Firma Kapital entnehmen Bank in Winterthur 1872 ihren An- noch bei 650 Franken notiert hatte). wollte, musste er feststellen, dass teilseignern noch eine Gesamtdivi- Ebenso konnten von 1884 bis 1886 «keine liquiden Mittel zur Entnahme dende von 11 Prozent in Aussicht keine Dividenden ausgeschüttet mehr vorhanden waren». Dennoch stellen konnte, war ein massiver ­werden. Daraufhin wurde der Ver- überstanden Paine, Webber & Co. Konjunktureinbruch bereits in Sicht. waltungsrat der Bank 1884 fast auch diese Krise. William A. Paine Am 9. Mai 1873 setzte in Europa komplett neu besetzt. Lediglich drei äusserte sich im Nachhinein wie und den USA eine Phase schwerer der früheren Mitglieder gehörten folgt zur Krise von 1893: «Wir hat- wirtschaftlicher Depression ein, die nach der Umbesetzung auch dem ten dreizehn Jahre damit verbracht, bis über das Jahr 1879 hinweg an- neuen Führungsgremium an, jedoch das Vertrauen der Menschen zu ge- dauerte. Diese Weltwirtschaftskrise schieden alle Mitglieder aus, die winnen und Ressourcen für genau zwang die Bank schliesslich, ein noch an der Gründung der Bank solch einen Kampf zu entwickeln; ­«Liquidationskonto» zu bilden, auf 1862 mitgewirkt hatten. 1895 hatte und als der Ernstfall dann eintrat, das die Hälfte der regulären Rück- sich die Bank in Winterthur wieder war der Sieg für uns nicht so schwie- stellungen überwiesen wurde, mit erholt, wie auch die andere Vorgän- rig wie für viele reichere Unterneh- denen die laufenden und potenziel- gerbank von UBS, der Basler Bank- men.» len künftigen Verluste abgesichert verein, dessen Führungskräfte einige werden sollten. Dieses Konto wurde Jahre zuvor noch gezwungen waren, bis zum Ende des Jahres 1879 auf öffentlich einzugestehen, dass sich

Rue de la Corraterie, Genf, 1906.

14 Nachdem man sich ursprünglich auf internationale Bankge- erst am Vorabend des nächsten Weltkrieges, 1939, mit einer schäfte konzentriert hatte, z.B. die Finanzierung von Importen Geschäftsstelle in New York vertreten war, das sich zu jener nach Russland und die Bereitstellung von Krediten zur Ent- Zeit als Finanzzentrum der Welt präsentierte, existierten bereits wicklung des Eisenbahnnetzes in Ostasien, erweiterte der SBV 1912 geschäftliche Beziehungen in die USA. Die Entstehung bald mit der Übernahme des privaten Bankhauses Blake, dieser Beziehungen seitens der Bank ist jedoch mit einem der ­Boissevain & Co. seine Geschäftsaktivitäten in London. Da- tragischsten Ereignisse in der Geschichte von Tourismus und durch erhielt der SBV Zugang zu einem umfangreichen Wert- Schiffsreisen verbunden. Auf einer Geschäftsreise, die sie nach papiergeschäft in den Niederlanden und den USA sowie zu New York führen sollte, hatten der Vorsitzende des Verwal- weiteren Kontakten in der Schweiz und Deutschland. Eine tungsrats des SBV und sein Nachfolger das Glück, den Unter- zweite Niederlassung wurde im Februar 1912 im Londoner gang ihres Schiffes, der «Titanic», zu überleben. West End nahe der Geschäftsstelle der Schweizerischen ­Bundesbahnen eröffnet, um das lukrative Reise- und Touristen- geschäft bedienen zu können. Nach Beendigung des Ersten Weltkriegs konnte sich der SBV schnell (wieder) als eine der Zu Beginn des 20. Jahr- führenden ausländischen Banken in London behaupten. Ein eindrucksvoller Beleg für den innovativen Geist und die zu- hunderts war keine kunftsweisende Einstellung des Schweizerischen Bankvereins war die Tatsache, dass im neuen Gebäude an der Ecke Gre­ sham Street und Coleman Street die erste hausinterne Telefon- ­einzige Schweizer Bank vermittlung Londons installiert wurde. unter den 50 grössten 1912 begann der SBV, seine Aktivitäten über Europa hinaus auch auf die USA auszudehnen, die Grossbritannien als welt- Banken der Welt vertreten. weit führende Wirtschaftsmacht ablösten. Obwohl der SBV

Trotz der ausländischen Unternehmungen des SBV war zu Be- ginn des 20. Jahrhunderts keine einzige Schweizer Bank unter den 50 grössten Banken der Welt vertreten. 1900 rangierte die Finanzdienstleistungsindustrie der Schweiz insgesamt noch auf dem siebten Platz weltweit, hinter London, Paris, Berlin, New York, Brüssel und Amsterdam. Diese Position sollte sich in den folgenden Jahrzehnten deutlich verbessern.

Niederlassung der SBG, Aarau.

SBV-Sitz in St. Gallen.

15 1912–1945

Dramatische Zeiten – Erster Weltkrieg, Wirtschaftskrise und Zweiter Weltkrieg

1912 Gründung der Schweizerischen Bankiervereinigung. 1917 Die SBG bezieht ihr neues Gebäude an der Bahnhofstrasse 45 in Zürich, heute Hauptsitz der UBS. 1917 Die SBG richtet einen Pensionsfonds für ihre Angestellten ein. 1924 Dillon, Read & Co., New York, legt den ersten geschlossenen Investmentfonds nach dem Ersten Weltkrieg auf. 1934 Die SBG gibt die vierteljährlich erscheinende Mitarbeiterzeitschrift «SBG-Blätter» heraus. 1938 Der SBV ist Mitbegründer des ersten Schweizer Immobilienfonds (Swissimmobil Serie D). 1938 Die SBG gründet die Intrag, Zürich, eine Gesellschaft zur Verwaltung von Investmenttrusts. 1938 Die Intrag gründet AMCA, den ersten Schweizer Investmenttrust mit flexiblen Fonds für Kapitalanlagen. 1942 Jackson & Curtis und Paine, Webber & Co. fusionieren zu Paine, Webber, Jackson & Curtis mit Hauptsitz in Boston. 1945 Die SBG verlegt ihren Hauptsitz von Winterthur und St. Gallen nach Zürich.

16 «Schwarzer Freitag», New York, 25. Oktober 1929.

SBV in London, 1920er Jahre.

Die Schweiz im ­Ersten Weltkrieg.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 hatten sich die Schweizerische Bankgesellschaft und der Schweizerische Bankverein schon ihren festen Platz unter den Grossbanken der Schweiz er- obert. Tatsächlich waren zu jener Zeit die Grundlagen aller heutigen Geschäftssparten von UBS bereits gelegt. Dies gilt ebenfalls für das Vermögensverwaltungsgeschäft der Firma, selbst wenn die Vorgängerunternehmen von UBS bis in die 1990er Jahre keine Geschäftseinheiten gründe- ten, die sich ausdrücklich nur mit «Private Banking» befassten.

Derartige Dienstleistungen wurden von Beginn an angeboten. tierten die SBG und der SBV von der Stabilität der Schweiz und Die Toggenburger Bank pries beispielsweise einen «Spezial- der daraus folgenden Anziehungskraft auf Kunden. Obwohl dienst für Kapitalisten und Vermögensverwaltung» an. In der die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auch in der Schweiz zu jener Zeit üblichen Sprachregelung formulierte die Bank deutlich zu spüren waren, blieben den Schweizer Bürgern den Rat, mit diesem Service (in einem separaten Büro mit ge- dank der Neutralität des Landes die enormen Zerstörungen trenntem Eingang) «ausschliesslich seriöse Kapitalanlagen zu und schrecklichen Verluste an Menschenleben erspart, die ihre empfehlen und den Kunden von Anlagen, welche ihre finanzi- Nachbarländer erleiden mussten. ellen Möglichkeiten übersteigen, sowie risikoreichen Aktienti- teln abzuraten, weil dies den ethischen Grundsätzen und der Von den durch den Ersten Weltkrieg verursachten Zerstörungen Tradition der Bank wenn auch zuwiderlaufe». Folglich wurden und deren Auswirkungen waren jedoch insbesondere auch Anlageberatungs- und Vermögensverwaltungsleistungen Schweizer Betriebe und Industrien betroffen. Als beispiels­ ­üblicherweise von einzelnen Vermögensverwaltern erbracht, weise der SBV im Jahr 1922 sein 50-jähriges Jubiläum feierte, die einzelne wohlhabende Kunden betreuten, obgleich im schenkte die Bank jedem Mitarbeiter eine Schweizer Taschen- ­Verhältnis zum Gesamtgeschäft der Vorgängerbanken von UBS uhr. Da die Schweizer Uhrenindustrie in jener Zeit einen star- nur ein relativ geringer Anteil auf dieses Geschäft entfiel. ken Rückgang der Exporte in die USA zu verkraften hatte, war diese Geschenkaktion eine unschätzbare Unterstützung Der Erste Weltkrieg und seine Nachwirkungen für die heimische Uhrenindustrie. Da sie in einem Land ansässig waren, das sowohl im Ersten als auch im Zweiten Weltkrieg seine Neutralität bewahrte, profi-

17 1912–1945

In den frühen 1920er Jahren hatte die Anzahl der Beschäftig- nose erweisen sollte, lange in Umlauf blieb. Die Dramatik der ten des SBV erstmalig die Marke von 2000 durchbrochen, Ereignisse in den frühen 1930er Jahren lässt sich beispiels­ ­während die SBG insgesamt 1000 Mitarbeiter zählte. Dies weise auch dadurch verdeutlichen, dass der spätere Fusions- zeigt, dass die beiden Banken von den wirtschaftlichen Auswir- partner von Jackson & Curtis, die Firma Paine, Webber & Co., kungen des Krieges nicht besonders schwer betroffen waren. in den Zusammenbruch des Eisenbahnimperiums der Gebrü- der Van Sweringen hineingezogen wurde und Eisenbahn­ Dennoch blieben beide Banken nicht gänzlich unberührt von aktien, die als Sicherheit für einen Paine, Webber & Co. ge- den Nachwehen des Ersten Weltkrieges, z.B. der politischen schuldeten Kredit in Höhe von 33 Mio. US-Dollar dienten, mit und wirtschaftlichen Instabilität, die viele Teile Europas erfasst Verlust verkaufen musste. hatte. Nach Kriegsende litt Deutschland, damals wie heute die stärkste Wirtschaftsmacht Europas, unter einer schweren Für die Schweiz lässt sich die Abwärtsspirale, in der sich die ­Wirtschafts- und Finanzkrise, die in der Hyperinflation von Weltwirtschaft befand, am besten durch die katastrophale Lage 1923 gipfelte. Obgleich in den folgenden Jahren wieder eine der weltweit bekannten Uhrenindustrie verdeutlichen. In den gewisse Stabilität Einzug hielt, war die Periode der «goldenen 1930er Jahren brach das Exportvolumen der Uhrenindustrie um 1920er Jahre» nur von kurzer Dauer. 1929 setzte die Welt­ zwei Drittel ein, und etwa die Hälfte der 60 000 Beschäftigten wirtschaftskrise der wirtschaftlichen und finanziellen Erholung dieses Sektors verloren ihre Arbeit. Das Beschäftigungswachs- in den meisten Ländern der Welt ein jähes Ende. tum kam nun auch bei den Vorgängerbanken von UBS zum Stehen und kehrte sich um, so dass der Personalbestand der Die Weltwirtschaftskrise SBG zwischen 1931 und 1936 um ein Viertel abgebaut wurde. Am 3. September 1929 stiegen die Kurse am New Yorker ­Aktienmarkt auf einen Rekordstand von 381 Punkten, der je- Die in diesem Jahrzehnt spürbaren politischen und wirtschaftli- doch danach mehr als 25 Jahre lang unerreichbar bleiben chen Umbrüche, die durch einschneidende Ereignisse wie den ­sollte. Es gab allerdings noch keine unmittelbaren Anzeichen Zusammenbruch der österreichischen Creditanstalt, der gröss- für einen bevorstehenden Crash an der Wall Street, der dann ten Bank Mittel- und Osteuropas, im Jahr 1931 symbolisiert gegen Ende Oktober folgen sollte (mit einem Absturz des und beschleunigt wurden, stürzten auch das Finanzzentrum Dow Jones bis auf einen Tiefststand von 41 Punkten im Juli der Schweiz in gefährliche Turbulenzen. 1933 war die Schweiz 1932). Ein Kommentar in einer Broschüre, die anlässlich des gezwungen, eine ihrer damals acht Grossbanken, die Schwei- 50-jährigen Firmenjubiläums von Jackson & Curtis in den letz- zerische Volksbank, zu retten und sich mit 100 Mio. Franken ten Monaten des Jahres 1929 veröffentlicht wurde, vermittelt am Genossenschaftskapital der Bank zu beteiligen. Dieser Be- eine Vorstellung von dem irrationalen Optimismus, der in der trag entsprach knapp einem Viertel der gesamten Ausgaben ersten Phase des Abschwungs noch vorherrschte: «Die finan­ der Schweizer Regierung in diesem Jahr. Andere Banken hatten zielle Situation Amerikas ist so gesund, dass der Kursrückgang hingegen weniger Glück: So wurden im Zeitraum von 1930 bis nicht durch solch dramatische Ereignisse wie 1893 und 1907 1939 etwa 60 Banken übernommen oder geschlossen. 1936 geprägt ist. Dies war nicht mehr als ein kurzes Gewitter mitten sah sich die Schweiz zum ersten und bisher einzigen Mal ge- an einem sonnigen Tag.» zwungen, den Schweizer Franken (um 30 Prozent) abzuwerten.

Angesichts des schnellen Absturzes der US-Konjunktur ist es Auch die SBG und der SBV waren gegen diese Schwierigkeiten unwahrscheinlich, dass diese Jubiläumsbroschüre von Jackson nicht gefeit. Die gesamte Bilanzsumme der Bankgesellschaft & Curtis, deren optimistischer Ausblick sich bald als Fehlprog- fiel von knapp 1 Mrd. im Jahr 1930 bis auf 441 Mio. Franken

Der Zweite Weltkrieg. New York in den späten 1930er Jahren.

18 Zur gleichen Zeit nutzte der SBV die Krise auch als Chance zur Die politischen und Stärkung anderer Geschäftsfelder und widmete sich beispiels- weise mit grösserer Aufmerksamkeit der «Pflege und Erweite- rung des Kreises seiner Privatkunden». Gewissermassen als wirtschaftlichen­ bleibendes Vermächtnis dieser Krise beschloss der SBV, ein neues Logo entwerfen zu lassen. 1937 entschied sich die Bank ­Umbrüche in den 1930er für eine stilisierte Darstellung dreier Schlüssel, die Vertrauen, Sicherheit und Diskretion symbolisierten und noch heute deut- Jahren stürzten auch lich sichtbares Bestandteil des UBS-Logos sind.

Das Bankgeheimnis das Schweizer Finanz- Die im Logo des SBV enthaltenen Schlüsselsymbole verweisen möglicherweise noch auf ein weiteres Vermächtnis der 1930er zentrum in Turbulenzen. Jahre, das für die gesamte Finanzindustrie der Schweiz von ­besonderer Bedeutung ist. Als von den Schweizer Behörden 1934 / 35 das Bundesgesetz über die Banken und Sparkassen, im Jahr 1935 (und stieg danach nur allmählich wieder an). Ein das erste nationale Gesetz über das Bankwesen, in Kraft ge- verschärfender Faktor hierbei war die Verschlechterung der setzt wurde, fand auch ein Artikel Eingang in das Gesetz, der ­Situation bei nicht übertragungsfähigen bzw. an der «Übertra- später ausgiebigen Stoff für viele Diskussionen bot und in zahl- gung gehinderten» Vermögenswerten – ein Euphemismus zur losen Büchern und Filmen thematisiert wurde. Artikel 47 des Umschreibung von Vermögenswerten, die im Ausland (vor­ neuen Gesetzes bezog sich offiziell auf das Bankgeheimnis, wiegend in Deutschland) gesperrt waren. Die SBG reduzierte eine Besonderheit des Schweizer Bankwesens, die de facto be- diese Vermögenswerte Mitte der 1930er Jahre und sah sich reits seit langer Zeit in den Beziehungen zwischen Banken und gleichzeitig gezwungen, strenge Massnahmen zu ergreifen. ihren Kunden bestanden hatte. Wie ein Historiker formulierte, Die Rücklagen der Bank wurden um die Hälfte abgebaut, das wurde das Bankgeheimnis «als ungeschriebenes Gesetz Usus, Grundkapital wurde von 100 Mio. Franken (1933) bis auf ähnlich dem Anwalts-, Arzt- oder Priestergeheimnis». In den in- 40 Mio. Franken (1936) verringert, und Aktiendividenden so- ternen Richtlinien der SBG wird beispielsweise bereits 1915 ein wie Gehälter wurden gekürzt. 1938 stiegen Gehälter und die «Gebot der Verschwiegenheit» für Bankangestellte erwähnt. Beschäftigtenzahlen jedoch bereits wieder. 1939, kurz vor Ausbruch des Krieges, gründete der SBV eine Die Bilanzsumme des SBV schrumpfte ebenfalls von ihrem Vertretung in New York. Als im September 1939 der zweite 1930 registrierten Höchststand von 1,6 Mrd. Franken bis auf weltweite Konflikt innerhalb einer Generation ausbrach, erklär- ein Rekordtief von ca. 1 Mrd. Franken im Jahr 1935. Im Zeit- te sich die Schweiz wie im Ersten Weltkrieg für neutral. Faktisch raum von 1930 bis 1939 mussten 32,5 Mio. Franken abge- hätte eine andere Entscheidung als eine Neutralitätserklärung schrieben werden, wodurch sich die Bank 1935 veranlasst sah, weltweit sicherlich grosses Erstaunen ausgelöst. Schliesslich alle laufenden Kredite einer genauesten Prüfung zu unterzie- hatte sich die Schweiz traditionell stets auf ihre Neutralität be- hen. Engagements, die sich nicht zu einhundert Prozent als rufen. Die Schweizer Neutralität war nicht nur auf internationa- ­solide erwiesen oder die unzureichende Erträge erzielten, ler Ebene, zunächst in der Schlussakte des Wiener Kongresses ­wurden nach Möglichkeit beendet oder zumindest reduziert. und dann erneut 1919, anerkannt, sondern bestand auch

Evakuierungssitz des SBV in Surrey, 1940.

19 1912–1945

­länger als bei jedem anderen Land. Die offiziell seit 1815 als Schlussfolgerungen ergaben, dass keine Beweise für eine neutral geltende Schweiz wird mittlerweile im In- und Ausland ­systematische Vernichtung von Unterlagen über Bankkonten stets mit ihrem Neutralitätsstatus in Verbindung gebracht. von Opfern oder für eine organisierte Diskriminierung von ­Verfolgten des Nazi-Regimes existierten. Laut Aussage des Vor 1939 war Deutschland bereits lange ein wichtiger Handels- ICEP fanden sich jedoch Anhaltspunkte für ein fragwürdiges partner für die Schweizer Wirtschaft gewesen. Es wäre jedoch und betrügerisches Vorgehen einiger Banken bei der Behand- falsch zu behaupten, dass sich die Schweiz während des Krie- lung von Opferkonten. Diese Entwicklungen erreichten genau ges freiwillig für eine verstärkte Ausrichtung ihres Aussenhan- zu jener Zeit ihren Höhepunkt, als die SBG und der SBV Ver- dels auf Deutschland und eine Abkehr von Grossbritannien und handlungen über ihre Fusion führten. Schliesslich wurde im Frankreich entschieden hätte. Nach der Kapitulation Frank- August 1998 ein Vergleich geschlossen, gemäss dem sich reichs im Jahr 1940 und angesichts der Lage der Schweiz in ei- die Schweizer Banken zur Zahlung von 1,25 Mrd. US-Dollar nem von Deutschland beherrschten Europa war absehbar, dass bereit erklärten. Die formelle Vergleichsvereinbarung trat eine Neuorientierung des Aussenhandels erfolgen würde. Es kam zu einem starken Rückgang des Handels der Schweiz mit dem Westen, während der Handel mit Deutschland massive Zuwächse verzeichnete. Abgesehen von den ökonomischen As- Mitte der 1930er Jahre pekten ist zu erwähnen, dass Deutschland aufgrund der Neut- ralität der Schweiz und ihrer Stellung als internationaler Finanz- platz die Möglichkeit erhielt, wichtige Finanzdienstleistungen trat das Bundesgesetz von seinem südlichen Nachbarn zu beziehen. über die Banken und Noch Jahrzehnte nach Kriegsende waren die Beziehungen der Schweiz zu Deutschland während des Krieges und die schreck- lichen Auswirkungen der menschenverachtenden Gewalttaten Sparkassen, das erste des Nazi-Regimes in Deutschland und weiten Teilen Europas Gegenstand heftiger Debatten, die insbesondere auch die nationale Gesetz über ­Rolle der Schweizer Banken betrafen. In den 1990er Jahren wurden gegen Banken Sammelklagen bezüglich nachrichten- das Bankwesen, in Kraft. loser Konten aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs eingereicht. Zwischen 1996 und 1999 unterwarfen sich Schweizer Banken einer einzigartigen unabhängigen Untersuchung, bei der nach am 30. März 1999 in Kraft; die diesbezügliche letzte Rate potenziellen Vermögenswerten von Holocaust-Opfern aus der ­wurde von den Banken im Jahr 2000 ausgezahlt. Die anschlie- Zeit vor oder während des Zweiten Weltkriegs gesucht wurde. ssende Bearbeitung der Ansprüche und Verteilung der Gelder Ungefähr 650 forensische Buchprüfer unter Aufsicht eines erfolgte in ­alleiniger Verantwortung eines New Yorker Richters ­früheren Vorsitzenden der US-Notenbank, der Federal Reserve, und der ihm unterstellten Gerichtsbeauftragten. UBS und und des «Unabhängigen Ausschusses hochstehender Persön- die übrigen am Vergleich beteiligten Banken hatten keinerlei lichkeiten» (Independent Committee of Eminent Persons, ICEP) Einfluss auf diesen Vorgang. erhielten dabei uneingeschränkten Zugang zu allen Kontover- bindungen bei 63 Schweizer Banken. Die vom ICEP gezogenen

Hauptsitz der Eidgenössischen Bank in Bern, Aufnahme von zirka 1895.

20 Historische Wurzeln von UBS Global Asset Management

1895 tat sich George Phillips für die Phillips & Drew galten in den 1980er Im Ergebnis der Fusion der Schweize- Führung einer Brokerage-Firma in der Jahren zwar nicht mehr als einzigartig, rischen Bankgesellschaft und des Londoner City mit Richard Drew zu- genossen jedoch immer noch ein Schweizerischen Bankvereins verfügte sammen. Der Aktienbestand dieser ­unübersehbar hohes Ansehen. In ge- die neue Bank über drei bedeutende, unter dem Namen G.A. Phillips & Co. schäftlicher Hinsicht nahm die Firma nachstehend aufgeführte institutio- bekannten Firma umfasste Anteile an eine führende Stellung auf den Märk- nelle Vermögensverwaltungssparten, solch klangvollen (und seit langem ten für Staatsanleihen und Renten­ die danach zusammengelegt und im vergessenen) Unternehmen wie Thun- titeln in Grossbritannien ein. Phillips & April 2002 in dem gemeinsamen Ge- derbolt Patent Governor und Auto- Drew waren ebenso der grösste Broker schäftsbereich UBS Global Asset Ma- motive Syndicate. Die Firma besass für wandelbare Aktien sowie der nagement gebündelt wurden: Phillips ebenfalls Anteile an westaustralischen grösste Vermögensverwalter unter & Drew und UBS Asset Management Goldminengesellschaften. Mit dem ­allen britischen Brokern. Beim so ge- (von Seiten der SBG) sowie Brinson Eintritt von Geoffrey Harvey Drew als nannten «Big Bang», der den Beginn Partners (von Seiten des SBV). Die neuem Partner trug die Firma ab der Deregulierung des britischen letztgenannte Firma war 1989 nach 1905 den Namen Phillips & Drew. Bis ­Finanzsektors Mitte der 1980er Jahre einem Management-Buyout bei First in die späten 1940er Jahre besass markierte, wurden Phillips & Drew von Chicago Investment Advisors, der von die Familie Drew eine beherrschende der SBG übernommen. Der ursprüngli- der First National Bank of Chicago ­Position innerhalb der Firma, ähnlich che Firmenname Phillips & Drew blieb 1984 gegründeten Vermögensverwal- der Stellung der Familie Paine bei im Rahmen der britischen Vermögens- tungstochter, errichtet worden. Als ­Paine Webber. Ende der 1960er Jahre verwaltungssparte der Bankgesellschaft die Firma 1994 das Kaufangebot des wurde die Firma von einem zeitgenös- erhalten, die den Namen Phillips & SBV akzeptierte, waren bei Brinson sischen Beobachter wie folgt beur- Drew Fund Management (oder PDFM) Partners 10 geschäftsführende Gesell- teilt: «Mit einer sehr professionellen, erhielt. Diese Sparte konnte weiterhin schafter (Managing Partner) und 250 weitgehend leistungsorientierten Ar- relativ eigenständig operieren. Dank Angestellte tätig. beitsweise und einem Ethos, bei dem des schnellen Wachstums in den spä- hatten ihren Firmenhauptsitz in Chi- Teamarbeit mehr zählt als Stars, ha- ten 1980er und frühen 1990er Jahren cago und unterhielten Niederlassun- ben sich Phillips & Drew in dieser Pha- hatte die Firma eine führende Stellung gen in London und Tokio. se ihrer Firmengeschichte einen ein- in der britischen Fondsmanagement- zigartigen Ruf in der City erworben.» branche inne.

Hauptsitz der Basler Handelsbank in Basel.

21 1945–1980

Wiederaufbau und wirtschaftlicher ­Aufschwung

1945 Die SBG akquiriert die Eidgenössische Bank, der SBV übernimmt die Basler Handelsbank. 1958 S.G. Warburg organisiert die erste feindliche Firmenübernahme der City of London. 1958 Die SBG führt den ersten «Autoschalter», einen Drive-in-Bankschalter, ein. 1960 Paine, Webber, Jackson & Curtis entwickelt die so genannte Greenshoe-Option (Mehrzuteilungsoption). 1963 S.G. Warburg spielt eine führende Rolle bei der Schaffung des Eurobond- Markts. 1963 Paine, Webber, Jackson & Curtis verlegt den Hauptsitz von Boston nach New York. 1965 Die SBG gehört zu den wenigen Unternehmen, die in der ersten Werbeunterbrechung im Schweizer Fernsehen einen Werbespot schalten. 1967 Die SBG nimmt den ersten Geldautomaten in Kontinentaleuropa in Betrieb. 1970 Die SBG eröffnet die erste unterirdisch gelegene Zweigstelle einer Bank in der Schweiz in der Untergrund-Einkaufsstrasse im Zürcher Hauptbahnhof. 1970 Der SBV eröffnet als erste Schweizer Bank eine Geschäftsstelle in Tokio. 1972 Die SBG legt die erste Optionsanleihe bzw. Bezugsrechtsobligation in der Schweiz auf.

22 SBV in Basel.

Tresorraum der SBG, frühe SBV in London in 1960er Jahre. den 1960er Jahren.

Bau der Filiale der SBG, Zürcher ­Hauptbahnhof, 1970.

«Nach 1945 war die Sparquote hoch, der Staatshaushalt ausgeglichen, der Franken stabil und die Inflation niedrig. Strenge Eigenmittelvorschriften für die Banken sorgten dafür, dass die Schweizer Geldinstitute im Ausland als sehr solide galten. Zudem schützte das Bankengesetz die Kunden und ihre finanzielle Privatsphäre. Mit diesen Rahmenbedingungen konnte sich das schweizerische Bankwesen eine einzigartige Reputation zulegen.» 1

Nach dem Zweiten Weltkrieg traten die USA und Westeuropa 1,5 Mrd. Franken, während die Übernahme einer anderen in eine beispiellose und ununterbrochene Wachstumsphase Grossbank, der Basler Handelsbank, durch den SBV dessen ein, die bis in die 1970er Jahre hinein andauern sollte. Zu ­Bilanzsumme auf fast 2 Mrd. Franken steigen liess. Die 1862 ­Beginn dieser Periode waren jedoch die meisten Europäer in gegründete Basler Handelsbank hatte im Laufe der Geschichte Bezug auf die künftige Entwicklung in politischer und wirt- eine wichtige Rolle bei der wirtschaftlichen Entwicklung schaftlicher Hinsicht pessimistisch eingestellt. In die Erleichte- ­Europas, vor allem im Rahmen der Elektrifizierung, gespielt. rung über das Ende des tödlichsten aller Kriege in der Ge- 1896 hatte diese Bank zum Beispiel gemeinsam mit der Sie- schichte der Menschheit mischte sich Unsicherheit über die mens Halske AG, Berlin, die Schweizerische Gesellschaft für Auswirkungen des beginnenden Kalten Krieges zwischen den elektrische Industrie (INDELEC) in Basel ins Leben gerufen. An- USA und der Sowjetunion. Zugleich konnte man sich damals schliessend war es Aufgabe der INDELEC, neue Wasserkraft- kaum vorstellen, wie sich Europa aus dem wirtschaftlichen Elend werke in der Schweiz, in Europa und Mexiko zu finanzieren befreien sollte, in das der grösste Teil des Kontinents infolge und den Aufbau von Stromversorgungsnetzen in Grossstädten der Besetzung durch Nazi-Deutschland gestürzt worden war. wie Paris, St. Petersburg, Moskau, Riga, Lodz und Baku zu ­unterstützen. 1945 festigten die Schweizerische Bankgesellschaft und der Schweizerische Bankverein ihre Positionen deutlich, indem sie zwei in Bedrängnis geratene Wettbewerber übernahmen. Die 1 Auszug aus einem Online-Abriss der Geschichte des Finanzplatzes Zürich, Akquisition der Eidgenössischen Bank (EIBA, gegründet 1863) http://www.finanzplatz-zuerich.ch/Finanzplatz/Geschichte/ durch die SBG erhöhte deren Gesamtanlagevermögen auf Bankkundengeheimnis/tabid/145/language/de-CH/Default.aspx

23 1945–1980

Ankündigung des ersten Geldautomaten der SBG, 1967.

Sitz des SBV, Paradeplatz, Zürich, Erster Autoschalter der SBG, 1958. 1960er Jahre.

Infolge ihrer zu hohen finanziellen Engagements in Deutsch- rung zur grössten Bank der Schweiz und in die Liga der kapi- land in den vorhergehenden Jahrzehnten litten jedoch die talstärksten Banken Europas aufstieg. SBG und SBV setzten EIBA und die Basler Handelsbank im Jahre 1945 unter schwer- ­ihren Wachstumskurs auch danach fort und steigerten ihre wiegenden Liquiditätsproblemen. Die beiden Übernahmen ­Bilanzsummen und Aktienkapitalisierungen von den späten ­versetzten die SBG und den SBV in eine gute Ausgangsposition, 1960er bis in die 1980er Jahre um das Zehnfache. um von dem bevorstehenden Konjunkturaufschwung der 1950er Jahre zu profitieren. Bis Mitte der 1960er Jahre stieg Zu jener Zeit konzentrierten sich das Geschäft und die geogra- die Bilanzsumme bzw. der Gesamtwert der Aktiven bei beiden fische Ausrichtung beider Vorgängerbanken von UBS überwie- Banken erstmalig über die Marke von 10 Mrd. Franken, wäh- gend auf das Inland, selbst wenn beide Banken sich auch in rend sich bis zum Ende des Jahrzehnts der Wert des Aktien­ anderen Finanzzentren ein Standbein geschaffen hatten. Zu- kapitals auf mehr als 1 Mrd. Franken erhöhte. sätzlich zu den zwei Niederlassungen in London besass der SBV bereits seit 1939 eine Vertretung in New York, während die Expansion in den 1960er Jahren SBG erst 1946 eine New Yorker Repräsentanz eröffnet hatte. Bis Anfang der 1960er Jahre war die SBG immer als dritte im Kreis der Grossbanken der Schweiz vertreten, unter denen der In vielerlei Weise erwiesen sich die 1960er Jahre als eine ent- SBV den ersten oder zweiten Platz einnahm. Dies sollte sich scheidende Periode für beide Vorgängerbanken von UBS – 1967 grundlegend ändern, als Interhandel (Internationale eine Phase, die von Expansion und Innovation im In- und ­Industrie- und Handelsbeteiligungen AG, Basel), die 1928 in ­Ausland geprägt war und durch die Feierlichkeiten zum ein- Basel gegründete ehemalige I.G. Chemie-Holdinggesellschaft, hundertjährigen Bestehen der Schweizerischen Bankgesell- mit der SBG fusionierte. Diese Holdinggesellschaft stand seit schaft im Jahr 1962 sowie des Schweizerischen Bankvereins 1961 unter alleiniger Kontrolle der SBG. 1963 wurde in einem zehn Jahre danach in gebührender Weise umrahmt wurde. zwischen Interhandel und der US-Regierung geschlossenen Ein anderer wichtiger Meilenstein war die offizielle Eröffnung Vergleich über Unternehmensanteile, die die I.G. Chemie des neuen Verwaltungsgebäudes des SBV am Zürcher Parade- ­ursprünglich in den USA gehalten hatte, vereinbart, dass Inter- platz im Juni 1960, das das ursprüngliche Gebäude aus der handel 122 Mio. US-Dollar (500 Mio. Franken) aus dem Zeit der Jahrhundertwende ersetzte. ­Verkauf dieser Anteile erhalten sollte. Als 1967 die SBG mit In- terhandel fusionierte, gingen diese finanziellen Mittel in den Besitz der Bank über, die somit im Hinblick auf ihre Kapitalisie-

24 Siegmund Warburg, 1972.

Repräsentanz der SBG, Rio de Janeiro.

Zu Beginn der 1970er Jahre übernahm die SBG die Bank ­bereits über 159 Filialen und Niederlassungen, einschliesslich ­Pozzy, die 1747 in der malerischen Schweizer Ortschaft Poschi- der im Oktober 1970 eröffneten ersten unterirdischen avo gegründet worden war und somit noch älter war als die ­Bankniederlassung, die im unterirdischen Einkaufskomplex SBG selbst. im ­Zürcher Hauptbahnhof eingerichtet worden war. Zu Beginn der 1970er Jahre übernahm die SBG die Bank Pozzy, die 1747 in der ­malerischen Schweizer Ortschaft Poschiavo gegründet worden war.

1946 war das Schweizer Filialnetz der Grossbanken, ein- In den frühen 1970er Jahren waren der SBV und die SBG auf schliesslich SBV und SBG, verglichen mit dem anderer Banken allen Kontinenten vertreten, von Australien (Sydney und relativ klein und entsprach lediglich einem Marktanteil von ­Melbourne) bis Ost- und Südostasien (Hongkong, Tokio, Sin- 20 Prozent. Danach stieg der Anteil der Grossbanken am gapur), Südafrika (Johannesburg) sowie Nord- und Südamerika ­Privatkundengeschäft innerhalb von weniger als 25 Jahren auf (Montreal, Chicago, San Francisco, Mexiko, Caracas, Bogotá, 40 Prozent. SBV und SBG, die jeweils ähnliche Strategien für Rio de Janeiro, São Paulo, Buenos Aires). Wachstum und Eroberung von Marktanteilen verfolgten, über- nahmen eine Anzahl kleinerer Schweizer Banken und eröffne- Mit der Erweiterung des Filialnetzes wurde den Bedürfnissen ten neue Filialen. Der SBV erhöhte die Anzahl seiner Filialen des durchschnittlichen Schweizer Bürgers in Bezug auf Bank- und Niederlassungen in der Schweiz bis Ende 1970 auf insge- geschäfte spürbar mehr Bedeutung beigemessen. Zu Beginn samt 110. Die SBG verfügte hingegen zu diesem Zeitpunkt der 1960er Jahre waren die Schweizer Grossbanken im

25 1945–1980

­Wesentlichen immer noch Geschäftsbanken. Wie sich ein zulösen. Etwa zur gleichen Zeit wurde der ­Zürcher Goldpool ­pensionierter Bankangestellter erinnerte, «bot die SBG noch gegründet, ein aus der SBG, dem SBV und der Schweizeri- 1964 als Geschäftsbank keinerlei Hypotheken, Spar- und schen Kreditanstalt (SKA / ) bestehendes Einkaufs- ­Gehaltskonten an. Die Datenverarbeitungstechnologie steckte kartell, das die Grundlage für den Aufstieg der Schweiz zum noch in den Kinderschuhen. Obwohl Gehalts- und Depot­ grössten Goldmarkt der Welt schuf. auszüge per Datenverarbeitung erstellt wurden, mussten diese in jedem Quartal von Hand verschickt werden, wofür eine ­Armee von Mitarbeitern benötigt wurde.» Bis zum Ende des Jahrzehnts waren jedoch beide Banken mit grossem Enthusias- mus im Privatkundengeschäft engagiert. In den frühen 1970er

Der technologische Fortschritt war unverkennbar und von di- Jahren waren der SBV rekter Relevanz für Kunden. Ein wichtiges Beispiel hierfür war der Aufbau eines Bankautomatennetzes. Im November 1967 und die SBG auf allen installierte die SBG als erste Bank in Kontinentaleuropa einen Bankautomaten am Hauptsitz der Bank in Zürich. Im Anschluss an diese erste Erprobung erfolgte 1968 die Einführung eines Kontinenten vertreten, einheitlichen Systems von Bancomat-Geräten durch mehrere Schweizer Banken (einschliesslich SBG und SBV). Im selben von Australien bis Jahr wurden von der SBG die ersten Sparkonten im Publikums- geschäft angeboten; zwei Jahre später wurden Girokonten und dann auch Kontenkarten eingeführt. Ost- und Südostasien,

1969 ergab sich ein weiterer Fortschritt für Bankkunden mit Südafrika sowie Nord- der Einführung der Schweizer Scheckkarte, die es dem Inhaber ermöglichte, Schecks bis zu einem Wert von 300 Franken ein- und Südamerika.

Bank- und Kaderschule der SBG, eröffnet Mitte der 1960er Jahre.

Mitarbeiterrestaurant in den 1960er Jahren.

Die globale Präsenz des SBV Ende der 1960er Jahre.

26 Mehr und besserer Service, höhere Kundenzahlen und eine von US-Dollar-Anleihen langer Laufzeit (für Italiens Autostrade) ­erweiterte Produktpalette führten zu einem Anstieg der Ar- auflegte, die komplett in Europa und nicht in den USA ver- beitsbelastung. In den 1960er Jahren wuchsen die Beschäftig- kauft wurden. tenzahlen daher bei SBV und SBG deutlich. Von Ende des ­Jahres 1962 bis Ende 1972 stellte der SBV fast 4000 neue Mit- Während sich S.G. Warburg als erfolgreiche Handelsbank arbeiter ein, wodurch sich die Gesamtbeschäftigtenzahl auf ­etablierte (und Paine Webber als zuverlässiger Vermögens­ knapp 9400 erhöhte. Bei der SBG wuchs die Belegschaft von verwalter), wurden die Brüder Edmund und William O’Connor knapp unter 4000 Mitarbeitern im Jahr 1960 auf fast 10 000 einflussreiche Händler an der ChicagoerTerminbörse ­ (Chicago (von denen fast die Hälfte jünger als 25 waren) bis zum Jahr Board of Trade). Ab den späten 1960er Jahren spielten die 1970. Diese Entwicklung führte zur Einführung neuer Arbeits- O’Connors eine führende Rolle auf den modernen Options- zeitregelungen bei den Banken. 1962 führte die SBG den märkten und waren als treibende Kräfte bei der Gründung der durchgehenden bzw. ununterbrochenen Arbeitstag, 45-minü- Chicago Board Options Exchange (Optionsbörse in Chicago) tige Mittagspausen und die Einrichtung von Mitarbeiterrestau- sowie gleichzeitig als Gründer der ersten Chicagoer Clearing- rants ein. Zur Unterstützung der beruflichen Fortbildung einer firma für Optionen, First Options Corp., im Jahr 1973 aktiv. wachsenden Belegschaft gründete die SBG 1965 eine eigene Vier Jahre später beschlossen die Gebrüder O’Connor, die Bank- und Managementschule und baute zehn Jahre später Gründung von O’Connor & Associates als Private­ Partnership das am Schweizer Ufer des Bodensees gelegene Wolfsberg- zu finanzieren. Die O’Connors handelten mit Aktienoptionen Gut in ein Managementschulungszentrum um. an US-amerikanischen Börsen unter Anwendung streng ­theoretischer Handelsstrategien (insbesondere Black-Scholes- UBS-Vorgängerbanken in Grossbritannien und in den USA Merton). Zu Beginn der 1990er Jahre wurde die Firma vom Im selben Zeitraum sorgte ein bedeutendes Vorgängerunter- SBV übernommen. Auch diese Übernahme markierte einen nehmen von UBS in London für Furore. Die 1946 gegründete ­bedeutenden Meilenstein auf dem Weg zur Entstehung der Handelsbank S.G. Warburg erregte die Aufmerksamkeit ihrer heutigen Investment Bank von UBS. Wettbewerber, als sie 1958 das Konzept der ersten feindlichen Firmenübernahme in der City of London entwickelte. Nur ­wenige Jahre später, 1963, drückte S.G. Warburg der Ge- schichte des Londoner Finanzmarktes einen weiteren Stempel auf, ­indem die Bank eine führende Rolle bei der Schaffung des ­Eurobond-Markts spielte und die erste internationale Emission

Innovative Werbung

Einige Marketingexperten waren der sich die Marketing- und Kommunikati- den. Die Marketing- und Kommunika- Ansicht, dass die Schweizerische Bank- onsexperten der Bank durch. Ihren tionsexperten berichteten dem Verwal- gesellschaft eine führende Rolle bei Worten nach «war es auf alle Fälle tungsrat der Bank im Oktober: «Dafür, der Einführung der Fernsehwerbung wichtig, am Anfang ‹dabei zu sein›, dass eine Szene des neuen ‹Gold­ spielen sollte. Andere vertraten die und damit unsere Fortschrittlichkeit finger›-Films im Tresorraum der UBS Meinung, dass dieses neue Medium einmal mehr unter Beweis zu stellen». Genf spielt, ist unsere Propaganda­ schlecht mit «der Position und dem Somit wurde die SBG eines der aller- abteilung nicht verantwortlich, doch Renommee einer Grossbank» verein- ersten Unternehmen, die ihre Marke die Gratiswerbung in der entsprechen- bar wäre. Man schrieb das Jahr 1964; im Schweizer Fernsehen präsentieren den Mitteilung in einer der letzten die Schweiz bereitete sich auf die konnten. Die ersten Fernsehwerbespots Nummern des ‹Time Magazine› regis­ ­Sendung der ersten Fernsehwerbespots des Landes wurden am 1. Februar triert sie mit Vergnügen.» vor, woraufhin die Bankgesellschaft 1965 um 19.25 Uhr gesendet. Im sel- mit Argumenten für und wider über- ben Jahr konnte die SBG dank James häuft wurde. In diesem Fall setzten Bond noch einen weiteren Coup lan-

27 1945–1980

UBS Investment Bank

«Warburgs gilt als erfolgreichstes Mer- Nach seiner Ankunft in London wurde Dollar folgte unmittelbar darauf der chant-Bankhaus, das seit Kriegsende Siegmund Warburg Mitbegründer und wohl spektakulärste Erfolg von S.G. gegründet wurde. [Dennoch] hängen Ko-Geschäftsführer der New Trading Warburg & Co., der im Rahmen des so wir an unseren altmodischen Metho- Company (NTC). Im Januar 1946 genannten «Aluminiumkriegs» erzielt den und würden nicht gemeinsam in ­beschloss Warburg, seine geschäftliche wurde. Heutzutage würden nur weni- einem Prospekt mit ihnen erscheinen Tätigkeit in London auf eine neue ge Kommentatoren die Ereignisse in wollen.»1 Grundlage zu stellen, indem er NTC den späten 1950er Jahren noch mit in eine ordentliche Handelsbank, dem Begriff Krieg assoziieren. Damals Der Kommentar von Evelyn Baring ver- S.G. Warburg & Co., umwandelte. wirkte jedoch die Übernahme der mittelt einen hervorragenden Eindruck ­Anfangs lief das Geschäft jedoch nur ­British Aluminium Company (BAC) von der Stellung, die sich S.G. War­ schleppend, da die Firma mit den in durch das US-Unternehmen Reynolds burg (Warburgs) in der City of London Grossbritannien nach dem Krieg Metals für Beteiligte und Beobachter seit der Gründung des Hauses 15 Jah- ­herrschenden schwierigen Rahmen­ wie eine kriegerische Auseinander­ re zuvor erobert hatte, sowie darüber, bedingungen und den Vorurteilen zu setzung. In der Eigenschaft als Finanz- wie alteingesessene Kreise der Finanz­ kämpfen hatte, die dem Newcomer in berater für Reynolds Metals half welt Londons diesen «Emporkömm- der britischen Finanz- und Geschäfts- ­Warburgs dem Unternehmen, BAC zu ling» unter den Bankhäusern wahr- welt entgegengebracht wurden. Als übernehmen und dabei den Wider- nahmen. In den frühen 1960er Jahren ab Mitte der 1950er Jahre jedoch eine stand eines ­grossen Londoner Firmen- hatte sich Warburgs bereits erfolgreich Reihe bedeutender geschäftlicher konsortiums zu überwinden, das eher einen Namen gemacht. Dass diese Transaktionen getätigt wurden, die der eine Übernahme von BAC durch Alu- Entwicklung auch weitgehend in Ge- Geschichte des Finanzplatzes London minum Company of America (ALCOA) schäftsmethoden begründet lag, die ihren Stempel aufdrückten, rückte präferiert hatte. Die Übernahme- zumindest als unorthodox bezeichnet Warburgs bald in die erste Reihe der schlacht wurde heftig und erbittert ge- werden konnten, lässt sich an Barings Handelsbanken Grossbritanniens auf. führt, hauchte jedoch dem Finanzplatz bissiger Bemerkung leicht erkennen. Diese Geschäfte zeugten von dem Wil- ­London neues Leben ein, da Über­ len und der Bereitschaft des Bankma- nahmeangebote ähnlicher Art, wie Siegmund Warburg, Gründer und nagements, althergebrachte Einstel- von Warburgs vorbereitet, bald allge- Schlüsselfigur der Handelsbank, hatte lungen zu ignorieren, die immer noch mein üblich wurden. Warburgs erntete sich 1934 in London niedergelassen, das Denken der meisten Wettbewer- als Vorreiter dieser Entwicklung die nachdem er Deutschland aufgrund der ber in der City of London bestimmten. ­Früchte dieses Erfolges und profitierte repressiven Politik der Nationalsozialis- von dem Wandel, dem man auf diese ten verlassen hatte. Warburg war Nach Warburgs Beteiligung an einem Weise den Weg bereitet hatte. ­Mitglied einer angesehenen Bankiers- Konsortium zur Übernahme einer familie, die in der deutschen Banken- 25 Mio. US-Dollar schweren Anleihe­ Weitere Paukenschläge folgten. welt seit langem fest verwurzelt war; emission als flankierende Massnahme S.G. Warburg war 1963 federführend die Familienbank M. M. Warburg war eines an Österreich vergebenen Welt- an der Schaffung des Eurobond- 1798 in Hamburg gegründet worden. bankkredits in Höhe von 25 Mio. US- Markts beteiligt und emittierte die

1 Evelyn Baring, 1961.

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­ersten internationalen, auf US-Dollar warnte Warburg vor ­Eigenschaften im gleichen Jahr ein starker Anstieg lautenden Euromarkt-Anleihen langer wie «Arroganz, Selbstbeweihräuche- der Aufwendungen für Gehälter und Laufzeit (für Italiens Autostrade), rung, Nachlässigkeit, schlechtem damit verbundene Posten verzeichnet, die komplett in Europa und nicht in Schreibstil und bürokratischem Ver­ mit dem die Erträge Warburgs nicht den USA verkauft wurden. Zumindest halten», die einer für ­Kunden und Schritt halten konnten. Noch fataler in Anbetracht der weiteren histori- ­Angestellte förderlichen Unternehmens­ als die finanziellen Schwierigkeiten, schen Implikationen gehörte dies zu kultur abträglich seien. die auf die teure Expansion des Unter- den grössten Leistungen und Erfolgen nehmens in den USA zurückzuführen Warburgs. Danach spielte S.G. War- Als Siegmund Warburg im Jahr 1982 waren, erwiesen sich 1994 die Auswir- burg weiterhin eine wichtige Rolle bei verstarb, war die von ihm gegründete kungen des Zusammenbruchs der in- Eurobond-Angeboten. Firma die profitabelste Handelsbank in ternationalen Bondmärkte. Am 2. Mai London. Die Belegschaft der Bank 1995, einen Tag bevor die Bank eine In den frühen 1960er Jahren war war in zwei Jahrzehnten von 500 auf Gewinnwarnung für das vorhergehen- ­Warburgs zu den angesehensten Ban- fast 800 Mitarbeiter angewachsen. de, im März endende Geschäftsjahr ken in der City of London aufgestiegen. In den fünf Folgejahren übernahm anzukündigen hatte, drang an die Dennoch ist der vielleicht wichtigste Warburgs die Market Maker Akroyd & ­Öffentlichkeit, dass S.G. Warburg ein Beitrag von Warburgs zur Wieder­ Smithers, den bedeutendsten Wert­ Angebot des Schweizerischen Bank- belebung des Finanzplatzes London papierhändler jener Zeit, Rowe & Pit- vereins für die Übernahme seines vielleicht sein leistungsorientierter man, einen der besten drei Aktien- ­Investmentbankgeschäfts prüfe. Eine Denkansatz, der vor allem bei der Ein- makler, sowie Mullens & Co., den Woche später, am 10. Mai, wurden stellung neuer Mitarbeiter zum Tragen Broker der britischen Regierung, und die (letzten) Finanzergebnisse von kam. Bereits in den 1950er Jahren erzielte durch diese Zukäufe ein star- S.G. Warburg veröffentlicht. Am sel- lehnte sich Warburgs gegen den nepo- kes Wachstum. ben Tag wurde die Übernahme der tistischen Rekrutierungsansatz, d.h. Handelsbank durch den SBV für von Vetternwirtschaft geprägte Stel- Zeitweise galt S.G. Warburg als eines 860 Mio. britische Pfund bekannt lenbesetzungen bei anderen Londoner der wenigen erfolgreichen britischen ­gegeben. Unternehmen, auf. Stattdessen präfe- «Produkte» des so genannten «Big rierte die Führung der Handelsbank Bang». 1994 zählte S.G. Warburg S.G. Warburg bei Neubesetzungen 5800 Mitarbeiter und war das bedeu- eine leistungsorientierte Auswahl, die tendste Emissionshaus Grossbritanni- sich, wie Siegmund Warburg sich ens. S.G. Warburg behauptete seine ­ausdrückte, nach Kriterien wie «Leiden­ Spitzenposition im M&A-Bereich in schaft, unabhängiges Denken, Intelli- Grossbritannien, den ersten Rang auf genz, Genauigkeit, ­sozialer Kompe- dem Gebiet der europäischen Aktien- tenz (nicht sozialer Hintergrund) sowie analysen und nahm einen der fünf ers- Mut und gesundem Menschenver- ten Plätze im internationalen Aktien- stand» richten sollte. ­Andererseits emissionsgeschäft ein. Dennoch wurde

29 1980–2000

Die Entstehung von UBS

1986 Der SBV bietet als eine der ersten Banken in Europa Goldoptionen an. 1986 Die SBG ist Hauptsponsor der Segeljacht «UBS Switzerland», die das renommierte Whitbread Round the World Race gewinnt. 1986 Die SBG eröffnet ihre erste elektronische Bankfiliale (in Zürich). 1988 Der SBV startet mit TicketCorner den ersten Ticket-Verkaufsdienst, der von einer Bank in Europa angeboten wird. 1991 Der SBV erwirbt einen Mehrheitsanteil an der australischen DBSM. Diese wird zu SBC Dominguez Barry und 1994 zu SBC Australia. 1994 Die SBG beginnt als erste Bank mit der weltweiten Ausgabe von Kinebar-Barren. 1994 Der SBV führt den KeyClub ein, das erste Prämienprogramm einer europäischen Bank. 1995 Der SBV akquiriert S.G. Warburg in London, eine führende europäische Investmentbank. 1998 UBS AG, Zürich und Basel, entsteht durch den Zusammenschluss von SBG und SBV. 1999 UBS ist Gründungsmitglied der Wolfsberg-Gruppe. 1999 UBS ist die erste Bank, die eine Zertifizierung nach der Norm ISO 14001 für ein weltweites Umweltmanagementsystem im Bankgeschäft erlangt. 1999 UBS eröffnet ihren neuen Trading Floor in Opfikon (Schweiz), den grössten in Europa. 2000 UBS übernimmt den US-Broker Paine Webber.

30 Ankündigung der Fusion zwischen SBG und SBV.

Skulptur «Hammering Man» vor dem UBS-Hauptsitz in Basel.

UBS-Hauptsitz in Zürich.

Mitte der 1980er Jahre waren in der Schweiz 581 Bankinstitute mit einer Gesamtbilanzsumme von 723 Milliarden Franken und etwa 100 000 Mitarbeitern beheimatet. Der Heimatmarkt wurde jedoch von wenigen Banken beherrscht, zu denen der Schweizerische Bankverein, die Schweizerische Bankgesellschaft und die Schweizerische Kreditanstalt (Credit Suisse) zählten. Nach ihrer Bilanzsumme gemessen verfügten diese drei Banken über einen Marktanteil von 50 Prozent. Trotz ihrer internationalen Expansion in den 1960er Jahren waren jedoch weder der SBV noch die SBG ausserhalb ihres angestammten Heimatmarktes stark vertreten.

Der Schweizer Finanzsektor kam in den späten 1980er Jahren Anfang der 1990er Jahre wurde die Schweiz von einer Hypo- unter Druck. «Als Folge der expansiven Geldpolitik der thekenkrise erfasst, nachdem es zuvor zu einer massiven Schweiz in den 1980er Jahren bildete sich eine Immobilien­ ­Ausweitung der Volumina von Hypothekendarlehen gekom- blase. Banken verfolgten aggressive Kreditvergabestrategien. men war. Der Schweizerische Bankverein hatte beispielsweise Schliesslich brachte die Zentralbank die Immobilienblase zum sein gesamtes Volumen an Hypothekenkrediten von 9,5 Mrd. Platzen, in deren Ergebnis die Schweiz von 1990 bis 1997 in Franken (Ende 1980) bis auf 46,8 Mrd. Franken (Ende 1993) eine Stagnationsphase ohne reales Wachstum eintrat. Das erhöht. Im Zeitraum von 1991 bis 1996 betrug die Gesamt- ­fehlende Wachstum sowie ein starker Anstieg der Kreditaus- summe aller vorgenommenen Abschreibungen seitens Schwei- fallraten führten dazu, dass Banken auf dem Schweizer Markt zer Banken schätzungsweise 42 Mrd. Franken. 70 Prozent für Unternehmens- und Privatkredite beträchtliche Verluste ­dieser Summe wurde von den drei Grossbanken abgeschrieben. ­erlitten.» Diese hier von einem an der UBS-Fusion beteiligten Im Geschäftsjahr 1996 bilanzierten SBV und SBG hohe Verlus- leitenden Mitarbeiter beschriebenen Rahmenbedingungen te, wobei die SBG 348 Mio. Franken und der SBV 457 Mio. ­sowie die Deregulierung des Schweizer Bankensektors nach Franken verbuchen mussten. Dies war weitgehend auf die nö- 1990 zwangen die Banken zu einer Neuausrichtung ihrer tige Bildung von Sonderrückstellungen zurückzuführen. ­Strategien. Das Magazin «The Economist» kommentierte: «Die Schweizer Bankiers wurden von einem schweren Schock Vorgeschichte der «Entstehung» von UBS ­getroffen. Sie sind nun gezwungen, sich dem Wettbewerb Die Deregulierung hatte in Verbindung mit der Krise weitrei- zu stellen.» (Januar 1991) chende Auswirkungen, die sich zunächst in einer beschleunigten

31 1980–2000

Paine Webber, Avenue of the Americas, New York.

UBS, Avenue of the Americas, New York.

Konsolidierungsrate im Finanzsektor äusserten. Mit der Über- dass das fusionierte Unternehmen grösstenteils das Organisati- nahme der Bank Leu im Jahr 1990 und der Schweizerischen onsmodell und die Organisationsprinzipien des SBV überneh- Volksbank im Jahr 1993 durch die Schweizerische Kreditanstalt men sollte. Bestandteil der neuen Struktur sollte ein Corporate schrumpfte die Zahl der Schweizer Grossbanken von fünf auf Center sein, das die Aufgabe hat, die Geschäftseinheiten zu drei. Angesichts der bereits relativ hohen Marktanteile in der unterstützen und eine stärkere Trennung zwischen Geschäfts- Schweiz waren die Grossbanken gezwungen, sich jenseits der funktionen und Risikokontrolle zu gewährleisten. Landesgrenzen nach neuen Wachstumsmöglichkeiten umzu- schauen. In den frühen 1990er Jahren waren SBV und SBG zu Während der entscheidenden Verhandlungsphase vom 19. bis ähnlichen Schlussfolgerungen gelangt. Ihre Zukunft sollte auf 21. November 1997 einigten sich beide Seiten über die restli- den grossen Finanzmärkten der Welt liegen. Dazu musste chen wichtigen Fragen. Zunächst wurden die neue Rechtsform man sich zusätzlich zum normalen Schweizer Privat- und Fir- des Unternehmens und das Umtauschverhältnis für Aktien menkundengeschäft weitere Geschäftsfelder erobern. Seit festgelegt. Danach wurde das Geschäftsmodell überarbeitet. den späten 1980er Jahren forcierten daher beide Banken ihr Ferner wurde die personelle Besetzung der neuen Konzernlei- Wachstum im Ausland. Ziel war es dabei, einen langfristigen tung entschieden. Zuletzt wurden die rechtsgültigen Fusions- Wettbewerbsvorteil durch Umbau in global agierende Finanz- verträge abgefasst und der Kommunikationsplan erarbeitet. institute der Spitzenklasse mit internationaler Unternehmens- Am 5. Dezember wurde die Transaktion in einer Abstimmung kultur und einer multinationalen Belegschaft zu erlangen. innerhalb der Verwaltungsräte beider Banken befürwortet, woraufhin die Fusion wie geplant am 8. Dezember 1997 be- Mitte der 1990er Jahre konnten der Schweizerische Bankver- kannt gegeben wurde. Im Verlauf der Verhandlungen sahen ein und die Schweizerische Bankgesellschaft bereits gewisse sich sowohl die SBG als auch der SBV mit Schwierigkeiten kon- Erfolge bei der Verwirklichung ihrer strategischen Ziele verbu- frontiert, die ihre Meinung über die Notwendigkeit und den chen. Für das letzte Stück des Weges sollte jedoch ein Firmen- Zeitpunkt einer Fusion beeinflussten. Abgesehen von diesen zusammenschluss von epochaler Bedeutung notwendig sein. Problemen war die Fusion ein positiver und vorausschauender Im Dezember 1997 gaben die SBG und der SBV bekannt, dass Schritt mit dem Ziel, eine führende Position in den Kernge- man beabsichtige, die Kräfte beider Unternehmen zu bündeln schäften des neuen Unternehmens aufzubauen und für die und sich zu UBS zusammenzuschliessen, um die Grundlage Aktionäre einen substanziellen Mehrwert zu schaffen. Das für ein globales, integriertes Finanzdienstleistungsunterneh- neue Unternehmen strebte danach, in den vier internationalen men zu schaffen. 1996 hatte ein Führungswechsel in beiden Geschäftssegmenten (Investmentbanking, institutionelle Ver- Banken stattgefunden. Innerhalb dieses organisatorischen mögensverwaltung, Private Banking und Private Equity) zu den Rahmens wurden die ersten Fusionsgespräche im Januar 1997 begonnen. In der dritten Novemberwoche waren die wichtigs- ten Fragen bezüglich der Fusion gelöst. Es wurde vereinbart,

32 UBS-Logo seit 1998.

UBS ist Gründungsmitglied der Wolfsberg-Gruppe.

global führenden Unternehmen zu gehören, während man Inmitten dieser Bemühungen schlug der Zusammenbruch des sich in der Schweiz eine führende Stellung im Privat- und Fir- Hedge-Fonds Long Term Capital Management (LTCM), in den menkundenbankgeschäft sichern wollte. die SBG investiert hatte, wie eine Bombe ein. Am 23. Septem- ber 1998 gab UBS für die LTCM-Beteiligung einen Verlust vor Die UBS-Fusion Steuern von 793 Mio. Franken bekannt. Darüber hinaus führte Das Datum, an dem die Fusion abgeschlossen wurde, war von die Bank dem Fonds als Teil eines durch die US-Notenbank den erforderlichen Zustimmungen der Aktionäre und der ­koordinierten Rettungspakets 300 Mio. US-Dollar zu. In die- staatlichen Aufsichtsbehörden abhängig. Auf den ausseror- sem Zusammenhang nahmen verschiedene hohe UBS-Füh- dentlichen Generalversammlungen in Zürich (Schweizerische rungskräfte ihre Verantwortung wahr und traten am 6. Okto- Bankgesellschaft) und in Basel (Schweizerischer Bankverein) ber ­zurück. Weitaus schlimmer als die finanziellen Folgen stimmten die Aktionäre für die Fusion. In beiden Fällen wurde waren die negativen Auswirkungen der LTCM-Episode auf das dem Antrag mit überwältigender Mehrheit zugestimmt. Von Image und Selbstbewusstsein des jungen Unternehmens. Seiten der Aufsichtsbehörden wurde die Fusion zuerst von der Bank of England am 30. März 1998 befürwortet. Die Ge- Integrationskosten sowie der Fall LTCM und andere Rückschlä- nehmigungsverfahren der schweizerischen und US-amerikani- ge führten zu einem enttäuschenden ersten Geschäftsjahr für schen Aufsichtsbehörden dauerten etwas länger. die neue Firma, allerdings verbesserten sich die Geschäftser- gebnisse ab Ende 1999. Ungeachtet der Zweifel bezüglich der Am 29. Juni 1998 wurde die Fusion der Schweizerischen Bank- Geschäftsbereiche Private Banking und Asset Management gesellschaft und des Schweizerischen Bankvereins rechtswirk- hatte UBS allen Grund, optimistisch in die Zukunft zu blicken. sam vollzogen und die UBS AG, Zürich und Basel, gegründet. Im Jahr 2000 konnte UBS erstmals stabile finanzielle Ergebnis- Die Umsetzung der Fusion war jedoch angesichts der Anzahl se bekannt geben; im Mai desselben Jahres wurden globale der betroffenen Mitarbeiter, der vielen verschiedenen Ge- Namensaktien (Global Registered Shares) von UBS zum Handel schäftsbereiche und der hohen Bilanzsummen eine gewaltige an der New York Stock Exchange zugelassen. Dies war der Aufgabe. Keine der beiden beteiligten Parteien hatte jemals ­erste Schritt auf dem Weg zur Übernahme des US-Brokers eine Unternehmensintegration derartiger Grössenordnung ­Paine Webber, die den Umfang und das Ausmass der Vermö- zu bewältigen. Glücklicherweise konnte die neue Organisation gensverwaltungsgeschäfte in Amerika verändern sollte. von den Erfahrungen zehren, die der Schweizerische Bank­ verein bei der Integration von S.G. Warburg 1995 gesammelt hatte. Eine Lehre aus jener Phase, die auch bei der Verschmel- zung von SBG und SBV zur Anwendung kam, war die ent- scheidende Bedeutung, die einem straffen Projektmanagement und einer schnellen Umsetzung zukommt.

33 Der Weg ins 21. Jahrhundert

Wachstum und Herausforderungen

2000 UBS ist als erste nichtamerikanische Bank an der New Yorker Wall Street kotiert. 2000 UBS gehört zu den ersten 38 Unternehmen, die den UN Global Compact unterzeichnen. 2001 UBS wird Gründungsmitglied des European Sustainable and Responsible Investment Forum (EUROSIF). 2001 UBS startet die Marketinginitiative «The Bank for Banks». 2002 UBS richtet ihren Trading Floor in Stamford, Connecticut, USA, ein – den weltweit grössten Wertpapierhandelssaal mit selbsttragender Konstruktion. 2003 UBS ist Hauptsponsor von «Alinghi», der ersten europäischen Segeljacht, die den America’s Cup gewinnt. 2003 UBS wird offiziell als Qualified Foreign Institutional Investor (qualifizierter ausländischer institutioneller Investor) zertifiziert und zur Teilnahme am Handel auf dem chinesischen Wertpapiermarkt zugelassen. 2009 Nach einer heftigen Krise, die Mitte 2007 ihren Anfang nahm, kehrt UBS im vierten Quartal in die Gewinnzone zurück. 2010 UBS lanciert ihre neue Markenkampagne «Wir werden nicht ruhen».

34 UBS-Niederlassung, ­Raffles Quay, Singapur.

Eingangshalle, UBS-Hauptsitz, Bahnhofstrasse 45, Zürich.

Zu Beginn des neuen Jahrtausends unternahm UBS einen grossen Schritt in Richtung ihrer globalen Expansionsstrategie. Bis zur Übernahme von Paine Webber, die einen Wendepunkt in der Unternehmensgeschichte markierte, war UBS im Wesentlichen ein schweizerisches Unter- nehmen geblieben, dessen fast 50 000 Mitarbeiter zu zwei Dritteln im Heimatland tätig waren. Mit der Akquisition von Paine Webber veränderte sich diese demografische und kulturelle Balance grundlegend. Die Zahl der nicht in der Schweiz tätigen UBS-Mitarbeiter stieg damit auf mehr als 40 000 – dies entsprach 58 Prozent der gesamten Belegschaft.

Mit der Übernahme von Paine Webber verfügte UBS über eine Zwischen dem dritten Quartal 2007 und dem vierten Quartal relativ grosse Präsenz in den USA, dem grössten Finanzmarkt 2009 musste UBS mehr als 50 Mrd. Franken abschreiben. Der der Welt. Danach übernahm UBS noch einige kleinere Unter- grösste Teil dieser Abschreibungen war eine Folge der globalen nehmen und konnte auf diesem Wege sowie durch organi- Finanzmarktkrise, die durch Geschäfte mit strukturierten sches Wachstum auch ihre Stellung in den aufstrebenden ­Finanzprodukten in Verbindung mit der Entwicklung des US- ­Ländern schnell ausbauen. Die globalen Ansprüche von UBS Wohnimmobilienmarkts ausgelöst wurde. Die Krise von UBS fanden auch in der Einführung einer einheitlichen Marken­ verschärfte sich noch, als zu dieser Zeit das US-Justizministeri- präsentation von UBS im Jahre 2003 ihren Ausdruck. Zu Be- um und danach die US-Börsenaufsicht (Securities and Exchange ginn des Jahres 2007 berichtete UBS voller Stolz, dass 2006 Commission) UBS darüber informierten, dass man Untersu- das bislang beste Jahresergebnis in der Firmengeschichte er- chungen über die Aktivitäten der Bank in Zusammenhang mit zielt worden sei. Nur einige Monate später musste UBS jedoch ­angeblichen Unregelmässigkeiten im grenzüberschreitenden eingestehen, dass sich diese positive Lage in ihr Gegenteil Geschäft mit US-Steuerpflichtigen eingeleitet habe. Diese ­verkehrt hatte. Am 1. Oktober teilte UBS mit, dass für das drit- ­Problematik führte letztlich dazu, dass UBS das grenzüber- te Quartal wahrscheinlich mit einem Gesamtverlust zu rechnen schreitende Geschäft aus nicht US-regulierten Einheiten für sei. Dieser stünde im Zusammenhang mit Wertberichtigungen private Bankkunden mit Wohnsitz in den USA einstellte. auf Positionen der Investment Bank, in erster Linie hervor­ gerufen durch die sich verschlechternde Lage auf dem Markt UBS reagierte auf die Finanzkrise mit einer Kapitalerhöhung. für Subprime-Hypotheken in den USA. Dabei wurden gegen Ende 2007 Pflichtwandelanleihen im

35 Der Weg ins 21. Jahrhundert

UBS Trading Floor, Stamford, Connecticut.

UBS-Niederlassung, London.

­Volumen von 13 Mrd. Franken aufgelegt und im Juni 2008 ein gesamte Bilanzsumme und die Risikopositionen um etwa Bezugsrechtsangebot über zirka 15 Mrd. Franken unterbreitet. 50 Prozent verringert hatte. Im selben Jahr kündigten die Schweizerische Nationalbank (SNB) und UBS eine umfassende Lösung an, die UBS einen we- sentlichen Abbau der Risiken in ihrer Bilanz ermöglichte. Ein entscheidendes Element dieser Lösung war die Verpflichtung UBS ist gut aufgestellt, der SNB zur Einrichtung eines Fonds, der von UBS gehaltene Wertpapiere in Höhe von bis zu 60 Mrd. US-Dollar aufkaufen sollte, um auf diese Weise die Bilanz von UBS zu entlasten. Im um den künftigen Frühjahr 2009 hatte der SNB StabFund, eine von der SNB ge- gründete Zweckgesellschaft, derartige Wertpapiere in einem Herausforderungen­ in Gesamtwert von 39,6 Mrd. US-Dollar übernommen. ­einem sich schnell wan- Zudem erhielt UBS eine Kapitalspritze in Höhe von 6 Mrd. Franken von der Schweizerischen Eidgenossenschaft in Form von Pflichtwandelanleihen. 2009 konnte die Schweizerische delnden Bankenumfeld Eidgenossenschaft eine Platzierung von 332,2 Mio. UBS-­ Aktien aus der Umwandlung ihrer UBS-Pflichtwandelanleihen begegnen zu können. erfolgreich abschliessen. Gleichzeitig verkaufte die Eidgenos- senschaft ihre künftigen Couponausschüttungen aus den Wandelanleihen gegen Barzahlung an UBS zurück. Damit UBS konnte ihre Profitabilität in den Jahren 2010 und 2011 konnte sich die Eidgenossenschaft aus ihrem gesamten UBS- trotz eines weiteren Rückschlags im September letzten Jahres Engagement zurückziehen und neben Rückerstattung des aufrechterhalten. Am 15. September 2011 gab UBS bekannt, ­ursprünglichen Anlagebetrags von 6 Mrd. einen zusätzlichen dass man unautorisierte Handelsgeschäfte eines Traders in der Ertrag von zirka 1,2 Mrd. Franken realisieren. Investment Bank aufgedeckt habe, aufgrund deren ein Verlust von 2,3 Mrd. US-Dollar entstanden sei. Ungeachtet dieses Im Hinblick auf die Unternehmensführung wurde die Beset- ­enttäuschenden Vorfalls bleibt UBS gut aufgestellt, um den zung des Verwaltungsrates verändert und eine neue Konzern- künftigen Herausforderungen in einem sich schnell wandeln- leitung eingesetzt, die 2009 die Aufgabe einer Umstrukturie- den Bankenumfeld begegnen zu können. Unsere Finanz-, rung von UBS zu bewältigen hatte. Erste Anzeichen für einen ­Kapital- und Finanzierungspositionen bieten eine ­stabile und erfolgreichen Turnaround zeigten sich im vierten Quartal 2009, zuverlässige Grundlage für unseren künftigen Erfolg. als UBS wieder einen Gewinn ausweisen konnte und – vergli- chen mit der Situation bei Ausbruch der Finanzmarktkrise – die

36 Ausblick

1998 entstand UBS aus dem Zusam- Dienste unserer Kunden zu unseren menschluss zweier Schweizer Grossban- wichtigsten Stärken. Zur Verwirklichung ken, der Schweizerischen Bankgesell- unseres Ziels, die erste Wahl für Kunden schaft (SBG) und des Schweizerischen weltweit zu sein, müssen wir diese Bankvereins (SBV). Beide Banken konn- ­Stärken optimal zum Tragen bringen – ten auf eine lange Tradition verweisen, indem wir das Vertrauen der Kunden die bis in die zweite Hälfte des 19. Jahr- in uns vertiefen und ihnen einen kon- hunderts zurückreichte und sich auf kurrenzlosen Service bieten. zwei angestammte regionale Kreditinsti- tute gründete: den 1872 gegründeten Jedes dauerhaft erfolgreiche Unterneh- Basler Bankverein (für den SBV) und die men besitzt die Fähigkeit, sich ständig vor 150 Jahren, 1862 entstandene Bank zu verbessern und an veränderte Markt- in Winterthur (für die SBG). Der Auf- bedingungen anzupassen. Wie diese stieg ­unseres Unternehmens aus diesen Broschüre zeigt, bildet UBS keine Aus- bescheidenen Anfängen hin zu einem nahme. Wir wollen unsere Kunden im ­globalen Finanzinstitut ist trotz zeitwei­ Sinne einer ausgeprägten Servicemen­ ligen Rückschlägen und Krisen, mit talität noch besser bedienen und die ­denen die Bank konfrontiert war, eine ­Zusammenarbeit innerhalb des Unter- beeindruckende Erfolgsgeschichte. nehmens verstärken. Ein besonnener Umgang mit Risiken ist uns genauso Unser 150-jähriges Jubiläum ist eine wichtig. Auf dieser Basis wird UBS in der hervorragende Gelegenheit, nach vorn Lage sein, sich gegenüber Kunden, zu schauen und den Grundstein für ­Aktionären und Mitarbeitern als gleicher­ ein neues erfolgreiches Kapitel der Ge- massen attraktiver Partner zu bewähren. schichte von UBS zu legen. Seit Jahr- Wir haben allen Grund, mit Zuversicht zehnten gehören Kundenorientierung in die Zukunft zu blicken. sowie Stabilität und Zuverlässigkeit im

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