Deutscher

30. Sitzung

Bonn, den 12. Juni 1958

Inhalt:

Nachruf auf die Abg. Frau Lisa Albrecht Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 1615 C und Wilhelm Mellies 1613 A Eschmann (SPD) ...... 1616 A

Abg. Folger tritt als Nachfolger der Abg. Frage 4 des Abg. Dr. Menzel: Frau Albrecht, Abg. Striebeck tritt als Nachfolger des Abg. Mellies in den Schülerfahrkarten; Ermäßigung für Ge Bundestag ein 1613 D schwister Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1616 A Glückwünsche zu Geburtstagen der Abg. Schäffer, Kirchhoff, Frau Niggemeyer und Frage 5 des Abg. Dr. Menzel: Dr. Becker (Hersfeld) 1613 D Oberbundesanwalt v. Rosen-v. Hoewel Dr. Schröder, Bundesminister . . . 1616 D Abg. Eisenmann, bisher DP, tritt der Frak tion der FDP bei ...... 1614 B Dr. Menzel (SPD) ...... l616 D Frage 6 des Abg. Dr. Menzel: Fragestunde (Drucksache 420) Asylrecht für ausländische Flüchtlinge Frage 1 des Abg. Reitzner: Dr. Schröder, Bundesminister . . . 1617 A Angebliche Verwendung des Studien- rats Zind als Lehrer an der deutschen Frage 8 des Abg. Josten: Schule in Kairo Erhaltung des Nürburgrings Dr. von Brentano, Bundesminister . 1615 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1617 B

Frage 2 des Abg. Dr. Görgen: Frage 9 des Abg. Dröscher: Kündigungen bei Tele-Saar Anlage von Schußschneisen bei Bad Dr. Steinmetz, Staatssekretär . . . 1615 B Kreuznach Dr. Görgen (CDU/CSU) . . . . . 1615- B Dr Rust, Staatssekretär . . . . . 1617 C

Frage 3 des Abg. Eschmann: Frage 10 des Abg. Hauffe: Nachversicherung von in Unehren aus- Neuabgrenzung der Sanierungsgebiete geschiedenen Beamten Dr. Westrick, Staatssekretär . . . 1617 D II Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Frage 11 des Abg. Schultz: Frage 23 des Abg. Pohle: Befreiung der Sportvereine von der Kanalkreuzungsanlage im Kreise Steuerpflicht nach dem Güterkraftver- Rendsburg kehrsgesetz Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister 1623 D Hartmann, Staatssekretär . . . . 1618 B Frage 24 des Abg. Pohle: Frage 12 des Abg. Schultz: Unfälle bei der Bundeswehr Behandlung von Aussiedlern bei der Dr. Rust, Staatssekretär . . . . . 1624 A Flurbereinigung Dr. h. c. Lübke, Bundesminister . . 1618 C Frage 25 des Abg. Pohle: Schultz (FDP) ...... 1618 D Elternrentensache Michael Biber, Mörs- lingen Frage 13 des Abg. Dr. Fritz: Dr. Claussen, Staatssekretär . . . 1624 C Verausgabung der Haushaltsmittel für Pohle (SPD) ...... 1624 D den Straßenbau Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1619 A Frage 26 des Abg. Schmidt () : Einsatz von Einheiten der Bundeswehr Frage 14 des Abg. Leicht: zu Repräsentationszwecken Ausbau der Bundesstraße 10 Dr. Rust, Staatssekretär . . . . . 1625 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1620 B Frage 27 des Abg. Schmidt (Hamburg) : Führung von Kleinstkraftwagen durch Frage 16 des Abg. Wienand: Inhaber des Führerscheins IV Hebung eines Schiffs mit Tabungas Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1625 B granaten vor der Flensburger Förde Dr. Schröder, Bundesminister . . . 1620 C Frage 28 des Abg. Diekmann: Erweiterung der isländischen Hoheits- Frage 17 des Abg. Wienand: gewässer Ausbau der Bundesbahnstrecke Sieg- Dr. h. c. Lübke, Bundesminister 1625 D burg—Betzdorf Diekmann (SPD) 1626 B Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminster . 1620 D

Große Anfrage der Fraktion der SPD betr Frage 18 des Abg. Wienand: Bundesunternehmen (Drucksache 335) ; in Fliegerärztliche Untersuchung von Verbindung damit Flugzeugführeranwärtern im Institut für Flugmedizin Antrag der Fraktion der SPD betr. Ho Hamburg AG (Drucksache 367) Dr. Rust, Staatssekretär . . . . . 1621 B waldtwerke Dr. Deist (SPD) . . 1627 A, 1663 C, 1672 D Frage 19 des Abg. Ritzel: Dr. Lindrath, Bundesminister . . . 1636 B, 1668 C Verunreinigung des Rheins, Rettung der Fischbestände - Dr. Burgbacher (CDU/CSU) . . . . 1642 A Dr.-Ing. Seebohm, Bundesminister . 1621 D Dr. Atzenroth (FDP) 1645 C Rademacher (FDP) 1648 D Frage 20 des Abg. Dr. Bucher: Katzer (CDU/CSU) 1651 D Beschädigung der „Sieben Steinhäu- Dr. Bleiß (SPD) 1654 A ser" in der Lüneburger Heide durch Panzerübungen Dr. Steinmetz (DP) 1657 C Dr. Rust, Staatssekretär . . . . . 1623 A Dr Hellwig (CDU/CSU) . . 1659 B, 1671 B Dr. Bucher (FDP) ...... 1623 C Conrad (SPD) 1661 C Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) 1669 C Frage 22 des Abg. Lohmar: Verbot der künstlichen Befruchtung Antrag der Fraktion der FDP betr. Zu Schäffer, Bundesminister . . . . 1623 C nahme von Mißgeburten (Drucksache 386) 1674 C Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 III

Sammelübersicht 6 des Petitionsausschusses Antrag der Abg. Dr. h. c. Weber (Essen), über Anträge von Ausschüssen zu Peti- Dr. Mommer u. Gen. betr. Gemeinsame tionen (Drucksache 414) 1674 D europäische Sozialpolitik (Drucksache 96); Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Sozialpolitik (Drucksachen 377, Entwurf eines Gesetzes über Preise für Ge- zu 377) 1677 B treide inländischer Erzeugung für das Getreidewirtschaftsjahr 1958/59 sowie Ubersicht 2 des Rechtsausschusses über über besondere Maßnahmen in der Ge- die dem Bundestag zugeleiteten Streit- treide- und Futtermittelwirtschaft (Ge- sachen vor dem Bundesverfassungs- treidepreisgesetz 1958/59) (Drucksache gericht (Drucksache 392) 379) — Erste Beratung — . . . . . 1674 D Hoogen (CDU/CSU) 1677 C Antrag der Fraktion der SPD betr. Ände- rung und Durchführung des Lastenaus- Streitsache vor dem Bundesverfassungs- gleichsgesetzes (Drucksache 366); gericht: Antrag des Bundesrats gegen den Bundespräsidenten wegen Ver- stoßes gegen das Grundgesetz; Münd- Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Ände- licher Bericht des Rechtsausschusses rung des Lastenausgleichsgesetzes (Drucksache 324); Schriftlicher Bericht (Drucksache 409) 1678 A des Lastenausgleichsausschusses (Druck- Streitsache vor dem Bundesverfassungs- sache 380) — Zweite und dritte Bera- Antrag der Landesregierungen tung — gericht: von Baden-Württemberg, Hessen und Dr. Hesberg (CDU/CSU) . . . . . 1675 A Niedersachsen auf Prüfung der Verfas- sungsmäßigkeit des Gesetzes zur Er- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des richtung einer Stiftung „Preußischer Kul- Gesetzes über die Gewichtsbezeichnung turbesitz"; Mündlicher Bericht des an schweren, auf Schiffen beförderten Rechtsausschusses (Drucksache 410) . . 1678 B Frachtstücken (Drucksache 254) ; Schrift- licher Bericht des Ausschusses für Arbeit Antrag des Bundesministers für wirtschaft- (Drucksache 388) — Zweite und dritte lichen Besitz des Bundes auf Zustimmung Beratung — 1675 C zur Veräußerung der ehemaligen flieger- technischen Vorschule in Bremen-Heme- Entwurf eines Gesetzes über die Sammlung lingen an die Stadtgemeinde Bremen des Bundesrechts (Drucksache 278) ; Schrift- (Drucksache 381) 1678 C licher Bericht des Rechtsausschusses (Drucksache 399) — Zweite und dritte Antrag des Bundesministers der Finanzen Beratung — 1676 A betr. Bundeshaushaltsrechnung für das Rechnungsjahr 1956 (Drucksache 383) . . 1678 C Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll zur Änderung des Abkommens zur Ver- Interfraktioneller Antrag betr. Überweisung einheitlichung von Regeln über die Be- von Anträgen an die Ausschüsse (Um- förderung im internationalen Luftverkehr druck 53) 1678 D (Drucksache 220) ; Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fern- Entwurf eines Gesetzes über die Wahl der meldewesen (Drucksache 426) — Zweite Bundesversammlung und des Bundesprä- und dritte Beratung — ...... 1676 C sidenten (Drucksache 358); — Erste Be- ratung — 1678 D Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkom- men mit dem Australischen Bund über Entwurf eines Gesetzes über die Errichtung den Luftverkehr vom 22. 5. 1957 (Druck- des Bundesverwaltungsamts (Drucksache 1679 A sache 221); Schriftlicher Bericht des Aus- 405) — Erste Beratung — schusses für Verkehr, Post- und Fern- meldewesen (Drucksache 427) —; Zweite Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen und dritte Beratung - ...... 1676 D vom 10. 4. 1957 mit der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien über den Luftverkehr (Drucksache 368) — Erste Entwurf einer Siebzehnten Verordnung Beratung — 1679 A über Zolltarifänderungen zur Durch- führung des Gemeinsamen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für Kohle Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen und Stahl (Harmonisierte Eisen- und vom 29. 8. 1957 mit den Vereinigten über den plan- Stahlzölle) (Drucksache 253); Schrift- Staaten von Brasilien licher Bericht des Außenhandelsaus- mäßigen Luftverkehr (Drucksache 369) 1679 A schusses (Drucksache 374) 1677 A Erste Beratung — IV Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Entwurf eines Gesetzes zu dem Abkommen Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der vom 31. 8. 1957 mit der Republik Uruguay Pfändungsfreigrenzen (Drucksache 415) — über den Luftverkehr (Drucksache 370) — Erste Beratung — ...... 1680 A Erste Beratung — ...... 1679 B Entwurf eines Gesetzes über die Feststel- lung des Wirtschaftsplans des ERP-Son- Entwurf eines Gesetzes zur Abkürzung dervermögen für 1958 (Drucksache 419) handelsrechtlicher und steuerrechtlicher — Erste Beratung — 1680 A Aufbewahrungsfristen (Drucksache 372) 1679 B Erste Beratung — ...... Entwurf eines Gesetzes über Rechte an Luftfahrzeugen (Drucksache 423) — Erste Entwurf eines Gesetzes zur Aufhebung des Beratung — 1680 B Gesetzes über die Einschränkung der Verwendung von Maschinen in der Entwurf eines Gesetzes über den Beitritt Zigarrenindustrie (Drucksache 373) — der Bundesrepublik Deutschland zu dem Erste Beratung — 1679 C Abkommen über die internationale An- erkennung von Rechten an Luftfahrzeu- Entwurf eines Gesetzes über die Zweite gen vom 19. 6. 1948 (Drucksache 424) — Erste Beratung — ...... Vereinbarung zur Ergänzung des Allge- 1680 B mit Frankreich über meinen Abkommens Entwurf eines Gesetzes zu dem Überein- und über die Fünfte die Soziale Sicherheit kommen über die Geltendmachung von Zusatzvereinbarung über die Einbezie- Unterhaltsansprüchen im Ausland (Druck- hung des Landes in das Allge- sache 425) — Erste Beratung — . . . 1680 B meine Abkommen (Drucksache 406) — Erste Beratung — ...... 1679 C Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Aufhe- bung des Besatzungsrechts (Drucksache Entwurf eines Gesetzes zu dem Internatio- 110); Erster Schriftlicher Bericht des nalen Übereinkommen zur Vereinheit- Rechtsausschusses (Drucksache 305) — lichung der Methoden bei der Untersu- Zweite und dritte Beratung — chung und Beurteilung von Wein (Druck- Dr. Strauß, Staatssekretär . . . . 1680 C sache 385) — Erste Beratung — . . . . 1679 D Wittrock (SPD) ...... 1681 C Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) . 1682 B Entwurf eines Gesetzes über die Neuglie- derung des Gebietsteils Baden des Bundes- Dr. Bucher (FDP) ...... 1683 A landes Baden-Württemberg (Abg. Dr. Kopf, Dr. Böhm, Hilbert, Probst [Freiburg] u. Nächste Sitzung ...... 1683 D Gen.) (Drucksache 375) — Erste Bera- tung — 1679 D Anlagen 1684 A Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1613

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Bonn, den 12. Juni 1958

Stenographischer Bericht wurde er Landrat des Kreises Detmold, 1948 Be- zirksvorsitzender der SPD in Ost-Westfalen. Bis Beginn: 13.31 Uhr. 1953 war er Präsident des Deutschen Gemeinde- tages. Seine parlamentarische Tätigkeit nach 1945 begann 1948 mit der Mitgliedschaft im Wirtschafts- rat für das Vereinigte Wirtschaftsgebiet. Dem Bun- Vizepräsident Dr. Becker: Die Sitzung ist er- destag hat er seit 1949 angehört. Von Oktober 1952 öffnet. bis 1957 war er stellvertretender Fraktionsvorsit- Meine sehr geehrten Damen und Herren, zwei zender. Im Bundestag der dritten Wahlperiode war blumengeschmückte Pulte er Mitglied des Fraktionsvorstandes, ordentliches Mitglied des Ausschusses für auswärtige Angele- (die Abgeordneten erheb en sich) genheiten und des Ausschusses für Verteidigung. erinnern uns daran, daß der Tod wieder in unsere Seit 1952 hatte er das Amt des stellvertretenden Reihen gegriffen hat. Wir beklagen den Verlust Parteivorsitzenden inne. zweier Mitglieder. Der Präsident hat den Angehörigen, der Sozial- Am 16. Mai ist nach langer Krankheit unsere demokratischen Partei Deutschlands und der Frak- Kollegin Frau Lisa Albrecht und am 19. Mai unser tion der SPD des Deutschen Bundestages telegra- Kollege Herr Wilhelm Mellies gestorben. fisch seine Anteilnahme an dem Tode dieses Man- nes ausgesprochen, der wegen seiner gewissen- Frau Abgeordnete Albrecht wurde am 27. Mai haften und politisch sauberen Art von allen ge- 1896 in Hamburg geboren. Sie trat 1911 der So- zialistischen Arbeiterjugend bei. 1914 wurde sie achtet wurde. Mitglied der SPD. Bis 1928 war sie als Turn- und Wir werden, meine Damen und Herren, den bei- Sportlehrerin tätig. Dann widmete sie sich aus- den Verstorbenen ein ehrendes Andenken immer- schließlich der politischen Arbeit. 1933 wurde sie dar bewahren. aus politischen Gründen verhaftet und verurteilt. Sie haben sich zu ihren Ehren von den Plätzen 1946 wurde sie Landesvorsitzende und 1947 stell- erhoben. Ich danke Ihnen. — vertretende Landesvorsitzende in Bayern. Sie war Für die verstorbene Abgeordnete Frau Albrecht Mitglied des Deutschen Rates der Europäischen Be- ist mit Wirkung vom 19. Mai 1958 der Abgeord- wegung und hat dem Deutschen Bundestag seit 1949 nete und für den verstorbenen Abgeordneten angehört. Folger Mellies mit Wirkung vom 27. Mai 1958 der Abge- Frau Albrecht war seit 1949 Mitglied des Vor- ordnete Striebeck in den Bundestag eingetreten. standes des Bundestags. Sie war Mitglied im Aus- Sind die neuen Mitglieder anwesend? — Dann schuß für Gesundheitswesen und stellvertretendes darf ich Sie hier herzlich willkommen heißen. Ich Mitglied im Ausschuß für Petitionen und im Aus- begrüße Sie hier und wünsche Ihnen eine gute Mit- schuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen. arbeit mit uns. Darüber hinaus setzte sie sich stets mit besonde- - (Beifall.) rem Nachdruck für die Rechte der Frau ein. Ich habe einiger Geburtstage zu gedenken. Am Das Haus verliert mit unserer Kollegin Frau 12. Mai ist der Herr Bundesminister Schäffer Albrecht eine hockgeschätzte Kollegin. Ihren Ange- 70 Jahre alt geworden, hörigen und der Fraktion der SPD spreche ich die aufrichtige Anteilnahme des Deutschen Bundestages (Beifall) aus. am 18. Mai hat unsere Kollegin Frau Abgeordnete Niggemeyer das gleiche biblische Alter erreicht, Unser Kollege Wilhelm Mellies wurde am 5. Sep- tember 1899 in Pivitsheide in Lippe geboren. 1921 (Beifall) bis 1933 war er Lehrer. 1923 trat er der SPD bei. und am 6. Juni hat der Abgeordnete Kirchhoff das Er war von 1925 bis 1933 Mitglied und von 1929 73. Lebensjahr vollendet. bis 1933 Präsident des Lippischen Landtags. Nach (Beifall.) 1933 verzichtete er auf seine Beamtenrechte und schlug sich als Lebensmittelhändler durch. Er mußte Ich spreche all den Genannten im Namen des Hau in dieser Zeit die „Schutzhaft" kennenlernen. 1945 ses unsere herzlichsten Glückwünsche aus. Der 1614 Deutschar Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Vizepräsident Dr. Becker Psalmist sagt: Das Leben des Menschen währet Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu dem Zusatzübereinkommen vom 7. September 1956 über 70 Jahre, und wenn es hoch kommt, sind es die Abschaffung der Sklaverei, des Sklavenhandels und 80 Jahre, und wenn es köstlich gewesen ist, ist es sklavereiähnlicher Einrichtungen und Praktiken Gesetz zu dem Vertrag vom 10. März 1956 zwischen der Mühe und Arbeit gewesen. Aber es ist nicht nur Bundesrepublik Deutschland und der Föderativen Volks- republik Jugoslawien ü ber die Regelung gewisser Forde- Mühe und Arbeit gewesen, sondern, vergessen wir rungen aus der Sozialversicherung das auch nicht, sehr viel Gnade von oben dabei. Zweites Gesetz zur Änderung des Sozialgeric h tsgesetzes So wünsche ich den Genannten, daß sie ihren Ge- Gesetz zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes zur Wie- dergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der burtstag noch recht oft in Gesundheit, in Frische Kriegsopferversorgung für Berechtigte im Ausland und Kraft im Kreise ihrer Lieben erleben mögen. Bundesgesetz zur Wiedergutmachung nationalsozialistischen Das walte Gott. Unrechts in der Kriegsopferversorgung (BWK) Gesetz zur Ä nderung des Beförderungsteuergesetzes. (Beifall.) Ferner hat der Bundesrat in seiner Sitzung am 16. Mai ver- langt, zu dem Gesetz über die Preisstatistik den Vermittlungs- Herr Dr. Krone! ausschuß gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes einzuberu- fen. Sein Schreiben ist als Drucksache 394 verteilt. Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat Dr. Krone (CDU/CSU) : Meine Damen und Her- unter dem 22. Mai 1958 die Kleine Anfrage der Abgeordneten Schneider (Hamburg), Horn, Jahn (Stuttgart) und Genossen ren! Ich habe Anlaß, den amtierenden Herrn Präsi- betr. Suspendierung von Angestellten von der Arbeit während eines Streiks der Arbeiter (Drucksache 199) beantwortet. Sein denten zu kritisieren. Er hat vergessen, ein Ge- Schreiben ist als Drucksache 387 verteilt. burtstagskind zu erwähnen, das am 25. Mai 70 Jahre Der Herr Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat alt geworden ist. Ich hoffe aber, der Herr Vize- unter dem 27. Mai 1958 die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP betr. Auswirkungen der Unfallversicherungsreform (Druck- präsident wird es mir verzeihen, daß ich ihn kriti- sache 376) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 411 siert habe: es ist nämlich er selber, der 70 Jahre verteilt. Der Herr Bundesminister für Vertriebene, Flüchtlinge und alt geworden ist. Kriegsgeschädigte hat unter dem 16. Mai die Kleine Anfrage der Abgeordneten Rehs, Reitzner, Jaksch, Frau Korspeter, (Lebhafter Beifall.) Wehner und Fraktion der SPD betr. Betreuung und schulische Ausbildung von Kindern und Jugendlichen unter den Aussied- Ihm im Namen des ganzen Hauses unsere besten lern aus den Vertreibungsgebieten und den Flüchtlingen aus der SBZ (Drucksache 304) beantwortet. Sein Schreiben ist als Druck- Wünsche für sein weiteres Wirken auszusprechen, sache 395 verteilt. ist mir liebe Pflicht. Ich habe es hiermit getan. Der Herr Bundesminister für Familien- und Jugendfragen hat unter dem 4. Juni 1958 die Kleine Anfrage der Abgeordneten (Erneuter Beifall.) Kraft, Ehren, Kuntscher und Genossen betr. Eingliederung und Betreuung von jugendlichen Flüchtlingen aus der sowjetischen Besatzungszone und Berlin (Ost) (Drucksache 340) beantwortet. Sein Schreiben wird als Drucksache 430 verteilt. Vizepräsident Dr. Becker: Ich danke Herrn Der Herr Bundesminister des Innern hat unter dem 3. Juni die Dr. Krone, ich danke Ihnen allen, meine Damen Kleine Anfrage der Abgeordneten Kühlthau, Dr. Hellwig, Rösing, Dr. Toussaint und Genossen betr. Ü bernahme von Volks-, Be- und Herren. triebs- und Sozialwirten in den höheren Dienst (Drucksache 384) beantwortet. Sein Schreiben ist als Drucksache 422 verteilt. Ich habe noch einiges bekanntzugeben. Nach Der Herr Bundesminister für Familien- und Jugendfragen einer interfraktionellen Vereinbarung wird die heu- hat unter dem 13. Mai 1958 auf Grund des Beschlusses des Deutschen Bundestages in seiner 181. Sitzung über berufliche tige Tagesordnung erweitert um zwei Mündliche und gesellschaftliche Eingliederung spätausgesiedelter und ehe- mals zwangsverschleppter deutscher Kinder und Jugendlicher Berichte des Rechtsausschusses über Streitsachen berichtet Sein Schreiben ist als Drucksache 393 verteilt. vor dem Bundesverfassungsgericht betreffend Der Herr Bundeskanzler hat unter dem 12. Mai 1958 gemäß Volksbefragung. Ich schlage vor, die Beratung nach Artikel 2 Satz 2 des Gesetzes zu den Verträgen zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Europäischen Punkt 3 vorzunehmen. Darf ich das Einverständnis Atomgemeinschaft den Entwurf einer Verordnung über die so- ziale Sicherheit der Wanderarbeitnehmer in der Europäischen annehmen? — Es handelt sich um die Drucksachen Wirtschaftsgemeinschaft nebst Anhang A his G und einer Auf- 437 und 438. zeichnung mit der Bitte uni Kenntnisnahme übersandt, der als Drucksache 382 verteilt ist. Ich habe ferner noch bekanntzugeben, daß die Frak- Der Präsident des Bundesrechnungshofs als Bundesbeauf- tion der DP unter dem 3. Juni 1958 mitgeteilt hat, tragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat unter dein 10. Mai 1958 ein Gutachten über den inneren Dienst beim Bun- daß der Abgeordnete Eisenmann aus ihrer Frak- desministerium für gesamtdeutsche Fragen in Bonn und Berlin tion ausgeschieden sei. Die Fraktion der FDP hat erstattet, das im Archiv zur Einsichtnahme ausliegt. Der Präsident des Bundesrechnungshofs als Bundesbeauf- mitgeteilt, daß der Abgeordnete Eisenmann mit tragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat unter dem Wirkung vom 3. Juni 1958 in ihre Fraktion aufge- 18. April 1958 ein Gutachten über den inneren Dienst beim Bundesministerium der Justiz erstattet, das im Archiv zur Ein- nommen worden sei. sichtnahme ausliegt. Die übrigen Der Präsident des Bundesrechnungshofes als Bundesbeauf- amtlichen Mitteilungen werden ohne tragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung hat unter dem Verlesung in den Stenographischen Bericht aufge- 27. März 1958 ein Gutachten über die Organisation und Wirt- schaftlichkeit des Bundesministeriums des Innern erstattet, das im nommen. Archiv zur Einsichtnahme ausliegt.

Der Bundesrat hat in seinen Sitzungen am 16. Mai bzw. 6. Juni Die Fraktion der SPD hat mit Schreiben vom 6. .Iuni 1958 den nachfolgenden Gesetzen zugestimmt bzw. einen Antrag mitgeteilt, daß sie ihren Antrag betr. Berliner Filmfestspiele gemäß § 77 Abs. 2 GG nicht gestellt: — Drucksache 271. zurückzieht. Gesetz über den Vertrag vorn 15. Juni 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Wir treten in die Tagesordnung ein. Österreich zur Regelung vermögensrechtlicher Beziehungen Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zu Ich rufe Punkt 1 auf: dem Protokoll zur Verlängerung der Geltungsdauer der Konvention der Vereinten Nationen vom 6. April 1950 über die Todeserklärung Verschollener Fragestunde (Drucksache 420) Gesetz zu dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Südafrikanischen Union zur Vermei- Ich rufe auf Frage 1 — Abgeordneter Reitzner —; dung der Doppelbesteuerung bei den Einkünften aus dem Betrieb der Seeschiffahrt und der Luftfahrt die Frage betrifft die angebliche Bereitstellung Gesetz über die Anwendung der mit den Gesetzen über einer Lehrerstelle für den Studienrat Zind in Kairo: das Zweite bis Fünfte Berichtigungs- und Änderungsproto- koll zu cien Zollzugeständnislisten des Allgemeinen Zoll- Ist die Bundesregierung in der Lage mitzuteilen, ob die und Handelsabkommens (GATT) veröffentlichten Listen Pressemeldungen, eine deutsche Schule in Kairo habe Herrn Zind XXXIII (Anwendungsgesetz) eine Lehrerstelle angeboten, richtig sind? Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1615 Vizepräsident Dr. Becker Zur Beantwortung hat der Herr Bundesminister Dr. Steinmetz, Staatssekretär im Bundesmini- des Auswärtigen das Wort. sterium für das Post- und Fernmeldewesen: Auf Ihre Zusatzfrage, Herr Abgeordneter Dr. Görgen, Dr. von Brentano, Bundesminister des Auswär- kann ich, wie Sie verstehen werden, heute selbst- tigen: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! verständlich keine verbindliche Erklärung abgeben. Auf die Frage des Herrn Kollegen Reitzner möchte Ich kann nur soviel sagen: Sofern, wie Sie be- ich folgendes antworten. Die Feststellungen der merkten, zu diesem Zeitpunkt hei Tele-Saar in Botschaft der Bundesrepublik in Kairo haben erge- rechtlicher und organisatorischer Hinsicht eine ben, daß die Pressemeldungen, nach denen eine Situation gegeben ist, die die Deutsche Bundespost deutsche Schule in Kairo Herrn Zind eine Lehrer- berechtigt oder verpflichtet, dürfte von uns aus stelle angeboten habe, unzutreffend sind. gesehen die Weiterbeschäftigung von 43 Personen keine unüberwindlichen Schwierigkeiten bereiten. Vizepräsident Dr. Becker: Keine Zusatzfrage. Frage 1 ist erledigt. Dr. Görgen (CDU/CSU) : Danke. Ich rufe Frage 2 — Abgeordneter Dr. Görgen — auf; sie betrifft die Kündigung der Belegschaft der Vizepräsident Dr. Becker: Ich rufe auf die Saarländischen Fernseh-Gesellschaft: Frage 3 — des Abgeordneten Eschmann - betref- fend Erlaß einer Verordnung zur Nachversicherung Ist dem Herrn Bundespostminister bekannt, daß Tele-Saar, die Saarländische Fernseh-Gesellschaft, auf Grund des Schreibens von in Unehren ausgeschiedenen Beamten: des Postministeriums vom 10. März 1958, das die Schließung der Fernsehanlagen anordnete, ihrer ganzen Belegschaft von 43 Ist es der Bundesregierung bekannt, daß die in Artikel 2 § 4 Mann gekündigt hat, wobei als erschwerender Umstand hinzu- Abs. 2 Satz 2 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgeset- tritt, daß es sich uns ein geschlossenes Produktions- und Arbeits- zes vorgesehene Regelung über die Nachversicherung in Härte- team einer Fernsehstation handelte? fällen nicht angewandt werden kann, weil die hierfür im Gesetz Ist das Bundespostministerium bereit, daran mitzuwirken, daß vorgesehene Rechtsverordnung bisher noch aussteht ? Wann die Entlassenen in einer ihren Fähigkeiten und ihrem Beruf ent- wird diese Rechtsverordnung erlassen werden ? sprechenden Weise wiederum verwendet werden können, damit soziale Härten, wie sie sich aus dieser staatlichen Maßnahme Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staats- ergeben, möglichst ausgeschaltet werden ? sekretär des Bundesarbeitsministeriums. Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär Stein- metz. Dr. Claussen, Staatssekretär des Bundesministe- riums für Arbeit und Sozialordnung: Herr Präsi- Staatssekretär im Bundesmini- Dr. Steinmetz, dent! Meine Damen und Herren! Zum besseren sterium für das Post- und Fernmeldewesen: Herr Verständnis dieser Frage darf ich folgendes voraus- Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beant- schicken. worte die Frage des Herrn Abgeordneten Dr. Görgen wie folgt: Es ist Grundsatz in der sozialen Rentenversiche- Die Verlegung der Konferenz zur Revision des rung, die Beamten und ihnen gleichstehende Per- Europäischen Rundfunkabkommens von Stockholm sonen in der Rentenversicherung nachzuversichern, im Jahre 1952 auf einen noch unbestimmten Zeit- wenn sie ohne Versorgung aus dem Beamtenver- punkt nach der Funkverwaltungskonferenz in Genf hältnis ausscheiden. Von der Nachversicherung 1959 hat es möglich gemacht, die Einstellungsan- waren nach dem bisherigen Recht aber solche ordnung vom 10. März 1958 durch Schreiben Beamte ausgeschlossen, die in Unehren aus dem vom 22. Mai 1958 in der Weise abzuändern, Dienst ausgeschieden waren. Diese Regelung wirkte sich insbesondere nachteilig für die Hinterbliebenen daß der Betrieb des Fernsehsenders Tele-Saar zum 1. Juli 1958 nur dann einzustellen ist, wenn dieser Versicherten aus. die Störungen des Empfangs des französischen Darum sehen die Rentenversicherungs-Neurege- Fernsehsenders Metz-Luttange fortgesetzt werden. lungsgesetze vor, daß auch in Unehren aus dem Da diese Störungen aber nach Auffassung der Saar- Beamtenverhältnis ausgeschiedene Beamte auf Ko- ländischen Fernseh-AG beseitigt worden sind, ist sten des Dienstherrn nachzuversichern sind. Das zu erwarten, daß der Betrieb des Senders Tele-Saar gilt auch für die in der Vergangenheit liegenden von der französischen Rundfunkverwaltung nicht Fälle. Von diesen schließt das Gesetz jedoch die- mehr beanstandet wird. In diesem Falle kann der jenigen von der Nachversicherung aus, in denen Sender über den 1. Juli 1958 hinaus bis voraus- sich der Beamte schwerere Verfehlungen hat zu- sichtlich 1960 weiter betrieben werden, so daß schulden kommen lassen, wobei allerdings in be- etwaige Entlassungen nicht mit einer Anordnung sonderen Härtefällen wieder Ausnahmen möglich zur Einstellung des Betriebes begründet werden sind. Auf diese Fälle also, in denen trotz schwerer können. Verfehlungen wegen einer besonderen Härte die Nachversicherung gleichwohl durchzuführen ist, Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage. bezieht sich diese Anfrage. Um Zahl und Art der in Betracht kommenden Dr. Görgen (CDU/CSU) : Herr Staatssekretär, Fälle zu erfahren, haben in meinem Hause alsbald sind Sie bereit, wenn eine rechtliche Änderung im nach Erlaß der Neuregelungsgesetze Besprechungen Status von Tele-Saar eintreten und das Bundes- mit den Vertretern der übrigen beteiligten Bundes- postministerium Einfluß auf die neue Lage bekom- ressorts stattgefunden. Zu dem gleichen Zweck sind men sollte, Ihren Einfluß geltend zu machen, damit auch die Länder, denen die Personalhoheit über die das Produktions- und Arbeitsteam der Fernsehsta- Beamten ihres Bereichs zusteht, um Stellungnahme tion verbleiben kann? gebeten worden. Die Ermittlungen sind vor kurzem 1616 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Staatssekretär Dr. Claussen abgeschlossen worden. Gegenwärtig wird der Ent- und Schulende, zwischen Schulort und Wohnort der wurf formuliert, der, sobald er fertiggestellt und Eltern reisen. Die Deutsche Bundesbahn ist die mit den beteiligten Stellen abgesprochen ist, dem einzige größere Staatsbahnverwaltung in Europa, Bundesrat zur Zustimmung zugeleitet wird. die für diesen Zweck eine solche Ermäßigung über- haupt gewährt. Bisher ist weder von der Bundes- Eschmann (SPD) : Herr Staatssekretär, bis wann bahn noch von dem Bundesminister für Verkehr ge- wird die Rechtsverordnung schätzungsweise erlas- fordert worden, die heutige Ermäßigung von 50 % sen werden? durch eine besondere Geschwisterermäßigung zu ergänzen. Dr. Claussen, Staatssekretär des Bundesministe- Bei der gegenwärtigen Tariflage können auf riums für Arbeit und Sozialordnung: Nach meiner nahezu allen Nebenbahnen und auch auf einzelnen Schätzung, Herr Abgeordneter, wird das nicht mehr Hauptstrecken der Bundesbahn die Kosten des sehr lange dauern. Ich denke, daß sie nach den Ferien des Parlaments vorliegen wird. Reisezugverkehrs nicht aus den Einnahmen gedeckt werden. Unter diesen Umständen bitte ich um Ver- ständnis dafür, wenn der Bundesbahn weitere, nicht Vizepräsident Dr. Becker: Ich rufe Frage 4 — kostendeckende Ermäßigungen nicht zuzumuten Abgeordneter Dr. Menzel — betreffend Ge- sind, es sei denn, daß ihr die dadurch entstehenden schwisterermäßigung bei Schülerfahrkarten auf: Mindereinnahmen aus entsprechenden Haushalts- Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, bei der Deut- schen Bundesbahn anzuregen, auch für Schülerkarten eine mitteln des Bundes oder der Länder erstattet Geschwisterermäßigung nach dem Vorbild der Schülermonats- karten einzuführen ? werden. Zur Beantwortung der Herr Bundesverkehrs- Ich rufe die Frage 5 minister. Vizepräsident Dr. Becker: — des Abgeordneten Dr. Menzel — betreffend den

Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Oberbundesanwalt von Rosen-von Hoewel auf: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die War dem Herrn Bundesinnenminister bei der Einstellung des Dr. Harry v. Rosen-v. Hoewel und bei seinen späteren Beför- Deutsche Bundesbahn und die dem Deutschen Per- derungen zum Senatspräsidenten heim Bundesverwaltungsgericht in Berlin und schließlich zum Oberbundesanwalt bei dein Ober- sonentarif angeschlossenen nichtbundeseigenen verwaltungsgericht in Berlin bekannt, daß Herr v. Rosen-v. Eisenbahnen gewähren den Schülern, Studenten Hoewel al sich im Jahre 1942 besonders aktiv für eine „Sonderbehand- und allgemein den Jugendlichen weit mehr lung von Polen und Juden" eingesetzt hat, indem er mit dem und erheblich weitergehende Ermäßigungen als Hinweis auf die „Sendung, die Deutschland im Osten zu erfüllen habe", ein rücksichtsloses Vorgehen und eine mög- die übrigen Eisenbahnen Europas. Ich darf lichst weitgehende Anwendung der Todesstrafe forderte, hierzu erwähnen: Die Schülermonatskarten und b) in einem Lehrbuch fiber ,.Deutsche Verfassungsgeschichte" von 1942 auf den Seiten 160 ff. ausführt die Schülerwochenkarten, beide für tägliche Fahr- „Der November-Verrat war von den überstaatlichen ten zwischen Wohn- und Schulort, mit durch- Mächten ins Werk gesetzt worden, um das Reich in ihre Gewalt zu bekommen schnittlich 85 °/o Ermäßigung; sodann die Schüler- und fahrkarten für die Reisen am Semesterbeginn und „Der wahre Beherrscher des Reiches war des internatio- -ende und zu Einzelbesuchen im Elternhaus mit nale Juden- und Freimaurertum, . . und in diesem Lehrbuch für Studenten weiter behauptet, daß 50 % Ermäßigung; ferner die Fahrkarten für den der 30. Januar 1933 „das deutsche Volk aus Schande, und Unehre befreite" und „daß die Wiedergeburt von Volk und Schüler- und Studentenaustausch mit dem Auslande Staat mit dem Namen Adolf Hitlers unlöslich verbunden" mit 50 % Ermäßigung; die Ermäßigung für Schul- sei ? Beabsichtigt der Herr Bundesinnenminister, Herrn v. Rosen-v. fahrten bis 75 % Ermäßigung; die Ermäßigung für Hoewel in seiner jetzigen Funktion als Oberbundesanwalt, kinderreiche Familien mit 50 % Ermäßigung für d. h. als Vertreter der Interessen der Bundesregierung, zu be- lassen, und glaubt der Herr Bundesinnenminister, daß Herr Jugendliche von 10 bis 25 Jahren; die Ermäßigung V. Rosen-v. Hoewel der geeignete Hüter einer demokratischen für erholungsbedürftige Kinder mit 75 bis 87,5 % Grundordnung sein kann ? Ermäßigung; die Ermäßigung für mittellose Zög- Herr Bundesminister! linge und Pfleglinge mit 50 % Ermäßigung. Das sind bereits acht Arten erheblicher Ermäßigungen. Dr. Schröder, Bundesminister des Innern: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort Dazu treten die Vergünstigungen für Jugend- lautet wie folgt. Der Oberbundesanwalt Dr. von pflegefahrten, für Lehrgangsbesucher, für Lehrlinge Rosen befindet sich seit dem 4. dieses Monats im in der Berufsausbildung usw. Besonders erwähnen einstweiligen Ruhestand. möchte ich in diesem Zusammenhang die soge- nannte Geschwisterermäßigung bei den Schüler- Der Inhalt der genannten Schriften, der im übri- zeitkarten, also den Monats- und Wochenkarten. gen nicht in allen Punkten genau wiedergegeben Die Ermäßigung reicht hier über 96 % hinaus. In worden ist, war bei der Einstellung und den Beför- diesem letzten Falle werden durch die Einnahmen derungen Dr. von Rosens nicht bekannt. nicht einmal die reinen Verwaltungskosten, d. h. Die Bundesregierung hielt ihn aber nach Bekannt- die Aufwendungen für den Druck oder die Aus- werden der Schriften als für sein derzeitiges Amt gaben der Fahrtausweise gedeckt. politisch nicht geeignet. Die von Herrn Kollegen Dr. Menzel aus diesem Strauß vielfältiger Ermäßigungen angesprochene Dr. Menzel (SPD): Herr Bundesinnenminister, Schülerfahrkarte soll die Reisen derjenigen Schüler warum hat man, da bekannt war, daß Herr von und Studenten verbilligen, die während der Schul- Rosen früher im Reichsministerium des Innern bei zeit oder Studienzeit nicht im Elternhaus wohnen Herrn Dr. Frick gewesen ist, nicht nach seinen und nur gelegentlich, vor allem bei Schulbeginn früheren Veröffentlichungen gefragt? Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1617

Dr. Schröder, Bundesminister des Innern: Es war Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? ein ganz Teil Veröffentlichungen bekannt; aber — Das ist nicht der Fall. Veröffentlichungen sind nicht immer alle gleichlau- Ich rufe die Frage 9 — Abgeordneter Dröscher tend. Das eine war ein Aufsatz, und das andere war — betreffend die Anlage von Schußschneisen hei ein Grundriß, die eben nicht bekannt waren. Bad Kreuznach auf:

Ist dem Herrn Bundesverteidigungsminister bekannt, daß sei- Frage 6 tens der US-Armee in unmittelbarer Nähe der Stadt Bad Kreuz- Vizepräsident Dr. Becker: Ich rufe die nach Schußschneisen angelegt und Erdarbeiten durchgeführt — des Abgeordneten Dr. Menzel - betreffend werden, die zur Herrichtung einer Feuerstellung für Atom- kanonen geeignet sein könnten ? Asylrecht für ausländische Flüchtlinge auf: Billigt der Herr Bundesverteidigungsminister, daß seitens der Alliierten alle Anfragen der zuständigen deutschen Stellen, die Ist die Bundesregierung mit mir der Auffassung, daß aus- im Interesse einer Aufklärung der beunruhigten Bevölkerung ländische Flüchtlinge, auch wenn sie formal nicht unter den erfolgten, nur ausweichend und völlig unbefriedigend beantwortet § 5 der Asyl-Verordnung vorn 6. Januar 1953 fallen, aber die wurden ? Voraussetzungen des Artikels 16 Abs. 2 Satz 2 GG erfüllen, in der Bundesrepublik Asylrecht genießen ? Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staats- Das Wort hat der Bundesminister des Innern. sekretär im Bundesministerium für Verteidigung.

Dr. Schröder, Bundesminister des Innern: Die Dr. Rust, Staatssekretär im Bundesministerium Antwort auf diese Frage ist sehr kurz. Die Bundes für Verteidigung: Herr Präsident! Meine Damen regierung teilt die Auffassung, die der Frage zu- und Herren! Der von den US-Streitkräften in An- grunde liegt. spruch genommene bundeseigene Standortübungs- platz bei Bad Kreuznach wird zur Zeit teilweise zu Vizepräsident Dr. Becker: Die Frage 7 ist zu- einem Übungsgelände für amerikanische Armee- rückgestellt. Ich rufe auf die Frage 8 — Abgeord- Einheiten umgestaltet, wobei Erdarbeiten für Park- neter Josten - betreffend Erhaltung und Verbes- plätze sowie zum Aufstellen von ausschließlich be- serung des Nürburgrings: weglichen, nicht ortsfesten Geschützen notwendig werden. Dabei lassen sich einige Veränderungen Ist die Bundesregierung bereit, in den kommenden Jahren zur Erhaltung und Verbesserung des Nürburgrings größere Zu- des Waldbestandes nicht vermeiden. Die zuständige schüsse zu zahlen, damit diese international bekannte Rene strecke an Bedeutung gewinnt und die landschaftlich schöne, aber Landesforstverwaltung und das zuständige Bundes- urine Eitel von den in- und ausländischen Reisenden in grö- forstamt sowie die Bundesvermögens- und Bau- ßerem Maße als bisher besucht wird ? abteilung der Oberfinanzdirektion Koblenz sind Das Wort hat der Herr Bundesverkehrsminister. vorher gehört worden und haben keine Bedenken geäußert. Die Frage, ob auf dem Standortübungsplatz Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Kreuznach Feuersteigungen für Atomkanonen ge- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die plant seien, ist von dem Hauptquartier des ameri- Bundesregierung ist auch weiterhin bereit, in den kanischen Heeres in Europa nachdrücklich verneint kommenden Jahren zur Verbesserung des Nürburg- worden. rings jährlich einen Zuschuß in Höhe von 100 000 DM für die Nürburgring GmbH zur Unterhaltung Die in dieser Angelegenheit von den zuständigen des Rings in den Entwurf des Bundeshaushaltes deutschen Stellen, d. h. der Landesregierung Rhein- einzustellen . land-Pfalz und unserem Hause, bei den zuständigen amerikanischen Dienststellen erfolgten Anfragen Seit dem Rechnungsjahr 1953/54 wird der Nür- sind beantwortet worden. Ich habe deshalb keinen burgring GmbH jährlich ein Bundeszuschuß in Höhe Anlaß, Kritik an dem Verhalten der amerikanischen von 100 000 DM gewährt. In den Jahren 1956 bis Stellen zu üben. 1958 wurden daneben noch zusätzlich je 150 000 DM, insgesamt also 250 000 DM jährlich, bereit- gestellt. Die Zahlung dieses erhöhten Bundeszu- Vizepräsident Dr. Becker: Ich rufe die Frage 10 schusses beruht auf einer Vereinbarung des Bundes Abgeordneter Hauffe — betreffend die Neu mit dem Land Rheinland-Pfalz, das an der Nürburg-- abgrenzung der sogenannten Sanierungsgebiete auf ring GmbH beteiligt ist. Ein gleich hoher Betrag Beabsichtigt die Bundesregierung eine Neuabgrenzung der sogenannten Sanierungsgebiete, und welche Veränderungen wurde vorn Land Rheinland-Pfalz zur Verfügung sind gegebenenfalls im einzelnen vorgesehen ? Bestellt. Mit diesen erhöhten Mitteln wurden in Wird die Neuabgrenzung zu einer räumlichen Erweiterung oder Verkleinerung der bisherigen Sanierungsgebiete führen, und diesen Jahren auf dem Nürburgring Sonderbau aus welchen Gründen sieht sich die Bundesregierung veranlaßt, maßnahmen zum Schutze der Fahrer und der Zu- solche Veränderungen vorzunehmen ? schauer durchgeführt. Inwieweit in Zukunft noch Zur Beantwortung hat das Wort Herr Staats- weiterhin erhöhte Zuschüsse zu den jährlich bereit- sekretär im Bundesminsterium für Wirtschaft. gestellten 100 000 DM beantragt werden müssen, ist von den jeweilig etwa notwendigen besonde- ren Baumaßnahmen auf dem Nürburgring abhängig. Dr. Westrick, Staatssekretär im Bundesmini- Die große Bedeutung des Nürburgrings als Erpro- sterium für Wirtschaft: Herr Präsident! Meine Da- bungsstrecke für die gesamte Kraftfahrzeugindu- men und Herren! Es trifft zu, daß die Bundesregie- strie, für den Fremdenverkehr in der Eifel und für rung sich mit der Frage einer Neuabgrenzung der den Motorsport ist von der Bundesregierung stets Sanierungsgebiete befaßt. Die Gründe hierfür sind anerkannt und berücksichtigt worden. folgende. 1618 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Staatssekretär Dr. Westrick Die Sanierungsgebiete wurden letztmalig im bezieht; denn im Güterkraftverkehrsgesetz sind Jahre 1953 abgegrenzt. Die wirtschaftliche Entwick- steuerliche Bestimmungen überhaupt nicht vorhan- lung in der Bundesrepublik und die in den Sanie- den. In den beiden von mir genannten Steuergeset- rungsgebieten durchgeführten Hilfsmaßnahmen ha- zen gibt es keinerlei Befreiungen für gemeinnützige, ben bewirkt, daß sich inzwischen einige Sanierungs- mildtätige und kirchliche Einrichtungen. Unter die- gebiete bereits fühlbar erholt haben. Andere Ge- sen Umständen glaubt die Bundesregierung bei biete dagegen, die keine Sanierungsgebiete waren aller Würdigung der Zwecke der von Ihnen er- und denen daher bisher keine besonderen regiona- wähnten Sportvereine nicht, eine solche Befreiung len Förderungsmaßnahmen des Bundes zugute für die Sportvereine anregen zu sollen. kamen, haben in der Entwicklung ihrer Wirtschafts- Ich darf auch noch bemerken, daß die Kraftfahr- kraft nicht die gleichen Fortschritte gemacht. zeugsteuer zu 100 % den Ländern zufließt und daß Für die Durchführung einer etwaigen Neu- die Länder wohl nicht bereit sein werden, einer sol- abgrenzung ist vom Institut für Raumforschung chen Regelung zuzustimmen. unter Verwendung der bundeseinheitlich verfüg- baren statistischen Unterlagen ein System vorge- Vizepräsident Dr. Becker: Ich rufe auf die schlagen worden, das derzeit noch im Interministe- Frage 12 — des Abgeordneten Schultz — betreffend riellen Ausschuß für Notstandsgebietsfragen zur die Aussiedlung in der Flurbereinigung nach den Diskussion steht. Dieses System unterscheidet sich Richtlinien vom 15. April 1958: von dem bisher angewandten dadurch, daß nicht Ist dem Herrn Bundesernährungsminister bekannt, daß ein Notstandsmerkmal allein für die Abgrenzung allein in Rheinland-Pfalz 57 Aussiedlungsverfahren außerhalb und 28 innerhalb der Flurbereinigung, die schon jahrelang laufen auschlaggebend sein soll, sondern daß zur Beurtei- und endlich zu festen Vereinbarungen und Absprachen geführt hatten, neu verhandelt werden müssen, da durch die Verord lung der wirtschaftlichen Situation eines Gebietes nung vom 15. April 1958 neue Richtlinien zur Forderung von von der Mindestgröße eines Landkreises mehrere Aussiedlung und Aufstockung mit Mitteln des Grünen Plans erlassen worden sind, die die alten Bestimmungen ohne Über- statistisch belegbare Kriterien herangezogen und gangsregelung außer Kraft gesetzt haben ? Was ist gegebenen- bewertet werden sollen. falls geschehen, um diesem Übelstand abzuhelfen ? Zur Beantwortung der Herr Minister für Ernäh- i: in eine möglichst weitgehende Übereinstim- mung zwischen den Landesregierungen und der rung, Landwirtschaft und Forsten. Bundesregierung über die Frage einer etwaigen Neuabgrenzung der Sanierungsgebiete zu erzielen, Dr. h. C. Lübke, Bundesminister für Ernährung, werden in der nächsten Zeit eingehende Gespräche Landwirtschaft und Forsten: Herr Präsident! Meine zwischen Vertretern der Landesregierungen und der Damen und Herren! Die in Ihrer Frage angeführten Bundesregierung geführt werden. Aus diesen Be- Fälle sind mit dem Ministerium für Landwirtschaft sprechungen werden sich möglicherweise Gesichts- und Weinbau in Mainz besprochen. Ohne daß neue punkte ergeben, die von großer Bedeutung sein Verhandlungen mit den Aussiedlern erforderlich können. Die Bundesregierung hat deshalb die ent- sind, konnten sie auf die neuen Richtlinien vorn scheidenden Erörterungen zurückgestellt, bis die 15. April 1958 umgestellt werden. Wo es notwendig Ergebnisse der Besprechungen mit den Ländern vor- war, ist die Möglichkeit zur Durchführung der Ver- liegen werden. Es läßt sich also im jetzigen Zeit- fahren auf Grund einer Ausnahmeregelung gegeben punkt noch nicht übersehen, zu welchen Ergebnissen worden. man in der Frage der Neuabgrenzung kommen wird. Entsprechende Verhandlungen mit anderen Län- Insbesondere lassen sich die Teilfragen, welchen dern sind bereits durchgeführt oder stehen bevor. Umfang die Sanierungsgebiete nach einer etwaigen Neuabgrenzung haben werden und welche Ver- Schultz (FDP): Herr Minister, haben Sie die änderungen gegebenenfalls im einzelnen vorge- Absicht, einem Wunsch der Länder entsprechend in sehen sind, noch nicht beantworten. die Richtlinien auch die Genehmigung der Zinsver- billigung für Inventarbeschaffung, die durch die Vizepräsident Dr. Becker: Ich rufe auf die Aufstockung notwendig wird, aufzunehmen? Frage 11 — des Abgeordneten Schultz — betreffend Befreiung von Sportvereinen von der Steuerpflicht- Dr. h. C. Lübke, Bundesminister für Ernährung, nach dem Güterkraftverkehrsgesetz: Landwirtschaft und Forsten: Darüber ist auf der Beabsichtigt die Bundesregierung, die als jugendfördernd und letzten Agrarministerkonferenz gesprochen worden. gemeinnützig anerkannten Sportvereine von der Steuerpflicht nach dem Güterkraftverkehrsgesetz zu befreien, wenn sie die Eine einheitliche Regelung für diesen Fall ist nicht zu Ruder-, Kanu- und Segelregatten sowie zu Wettbewerben im gegeben. Es ist notwendig nur in dem Falle, wo Segelflug- und Ballonsport erforderlichen Boote, Segelflug- zeuge und Ballonhüllen vom Standort zu den Wettkampfplätzen eine Vergrößerung der Stelle auch die Beschaffung mit Sonderfahrzeugen oder auf Anhängern befördern, damit die Geräte in kürzester Frist zu den Wettkampfplätzen gebracht von neuem Inventar erforderlich macht. werden können und das Training mit den eigenen Geräten mög- lichst lange durchgeführt werden kann ? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des Vizepräsident Dr. Becker: Ich rufe auf die Bundesministeriums der Finanzen. Frage 13 — des Abgeordneten Dr. Fritz — betref- fend rechtzeitige Verausgabung der im Haushalt eingesetzten Mittel für den Straßenbau: Hartmann, Staatssekretär des Bundesministe- wie hach ist die Summe, die im Haushaltsjahr 1957/58 im riums der Finanzen: Herr Abgeordneter, ich darf Straßenhaushalt nicht verausgabt werden konnte, und welche Maßnahmen trifft die Bundesregierung, nm 7. B. mit Hilfe annehmen, daß sich Ihre Frage auf das Kraftfahr- einer Intensivierung der Straßenplanung die im Haushalt ein- gesetzten Mittel für den Straßenbau künftig auch in voller Hobe zeugsteuergesetz und das Beförderungsteuergesetz ausgeben zu können ? Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1619

Vizepräsident Dr. Becker Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für der auszuführen haben, leiden darunter, daß d ie Verkehr. Zuständigkeiten bei einer Anzahl von Ländern auf- gesplittert sind und zum Teil durch neue Verwal- Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: tungsmaßnahmen weiter aufgesplittert werden, wo- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von durch die Schlagkraft der Auftragsverwaltungen in den im Bundesstraßenhaushalt vorgesehenen Mit- den Ländern nicht unerheblich gelitten hat. Für die teln konnten 1957/58 149 Millionen DM nicht ab- glatte Abwicklung der Straßenbauvorhaben ist aber gerechnet werden. Es ist dabei zu berücksichtigen, nicht nur erforderlich, daß die Planungen recht- daß diejenigen Mittel als abgerechnet gelten, für zeitig haushaltsreif und baureif vorliegen. Hier die die geprüften Rechnungen nach Klärung aller kann durch vermehrte Einschaltung von privaten Zweifelsfragen verbucht werden konnten. Da der Ingenieur- und Vermessungsbüros Abhilfe geschaf- Abschluß seit einigen Jahren erstmalig 1958 mit fen werden, falls sich der Bundesrechnungshof, wie dem 31. März erfolgt, während in den früheren wir es immer wieder vorgeschlagen haben, bereit Jahren auch die im Laufe des Monats April ein- erklärt, diesen Weg mitzugehen. Dagegen kann der laufenden geprüften Rechnungen noch auf das vor- zweite und wesentliche Teil der Vorbereitungs- hergehende Haushaltsjahr verbucht werden konn- arbeiten, nämlich die Planfeststellung, der Grund- ten, hat sich der Überhang infolge dieser organi- erwerb und die Wohnraumbeschaffung für Räu- satorischen Maßnahme erhöht. Ich schätze diese Er- mungsbetroffene, nur dann schlagkräftig und recht- höhung auf etwa 25 Millionen DM. Es ist verständ- zeitig durchgeführt werden, wenn diese Aufgaben lich, daß die Rechnungen für eine ganze Reihe von von den obersten Straßenbaubehörden zügiger Baumaßnahmen, die im zweiten Halbjahr durch- durchgeführt werden. geführt worden sind, nicht bis zum 31. März ge- Der Bundesminister für Verkehr hat deswegen prüft und verbucht werden konnten. Ein Verlust wiederholt angeregt, daß der Kostenbeitrag, den für den Straßenbauhaushalt tritt jedoch nicht ein, der Bund für die Verwaltungskosten der Auftrags- da die Mittel übertragbar sind. verwaltung leistet und der seit Jahren auf 3 % Die Höhe der nicht verausgabten Mittel ist u. a. festgesetzt ist, auf 5 % erhöht werde, weil mit auch darauf zurückzuführen, daß nicht unerhebliche einem Beitrag von 3 % die notwendigen Personal- Beträge des Straßenbauhaushalts, nämlich 32 Mil- einstellungen bei den Ländern nicht erwartet lionen DM, uns erst im Januar 1958 freigegeben werden können. Wenn jedoch die Planungsarbeiten worden sind und daß beträchtliche Ansätze des und die Vorbereitungsarbeiten, also die Planfest- außerordentlichen Straßenbauhaushalts überhaupt stellung, der Grunderwerb und die Wohnraumbe- nicht freigegeben wurden, so daß sich dadurch im schaffung für Räumungsbetroffene, nicht rechtzeitig zweiten Halbjahr in Ausschreibung und Vergabe eingeleitet werden, so daß der Baubeginn gleich der Arbeiten eine gewisse Unsicherheit nicht ver- zeitig mit der Mittelbereitstellung erfolgen kann, meiden ließ. so nützt auch eine frühzeitige Mittelbereitstellung nichts, sondern dann treten Verzögerungen ein, die Ferner entfällt von dem genannten Ansatz ein sich schließlich in den Überhängen niederschlagen Teilbetrag auf zugesagte Zuschüsse zu Baumaß- müssen. Es ist also erforderlich, daß die Länder nahmen, die nicht im Auftrag des Bundes aus- durch Erhöhung des Verwaltungskostenanteils, den geführt werden, sondern im kommunalen Sektor der Bund zu übernehmen hat, verpflichtet werden, liegen. Hier erfolgen die Abrufe der Gemeinden das erforderliche Personal für diese Maßnahmen oftmals verspätet, weil sich bei ihnen die Durch- einzusetzen und sich in vermehrtem Umfang der führung der Baumaßnahmen verzögert oder weil Ingenieur- und Vermessungsbüros zu bedienen. sie nicht rechtzeitig in der Lage sind, die Rech- nungsunterlagen so vorzulegen, wie sie den Vor- 2. Besondere Bedeutung hat die Zusammenfas- schriften entsprechen müssen. Aus diesen Dar- sung wichtiger Langstrecken- und Schwerpunkt legungen ergibt sich, daß von den überhängenden Baumaßnahmen zu. Vierjahresbauprogrammen, da- 149 Millionen DM nur rund 60 bis 70 Millionen DM mit die Arbeiten von der Mittelausgabe eines Jah- als echter Überhang anzusehen sind. Das entspricht res möglichst nicht abhängen. Entsprechende Vor- etwa 10 % der insgesamt zur Verfügung gestellten schläge sind vom Bundesministerium für Verkehr Mittel. Ein Überhang von 10 % aber ist bei- großen bereits gemacht worden. Bauvorhaben keineswegs ungewöhnlich. Um jedoch 3. Es ist besonders wichtig — und hier ist der künftig derartige Ü berhänge möglichst zu vermei- tätigen Mitarbeit des Bundestags dankbar zu ge- den, die besonders bei der Umorganisation der denken -, daß möglichst frühzeitig vor Beginn des Haushaltsrechnung anfallen könnten, sind folgende Haushaltsjahrs Bindungsermächtigungen erteilt wer- Maßnahmen vorgesehen: den, damit seitens der Länder die Bauarbeiten 1. Bekanntlich werden alle Straßenbauarbeiten rechtzeitig ausgeschrieben und vergeben werden des Bundes im Auftragswege durch die obersten und so die Bauarbeiten bei Beginn der guten Jah- Straßenbaubehörden der Länder ausgeführt. Hier reszeit in vollem Umfang anlaufen können. Dieser ist eine Personalvermehrung ebenso erforderlich Grundsatz muß auch in den nächsten Jahren un- wie bei der Abteilung Straßenbau des Bundes- bedingt beibehalten werden, wobei darauf Rück- verkehrsministeriums entsprechend den in den sicht zu nehmen ist, daß bei einigermaßen guten Jahren 1950 bis 1958 praktisch auf fast das Acht- Witterungsverhältnissen auch in den Wintermona- fache vermehrten Straßenbaumitteln. Die Arbeiten, ten die Bauarbeiten möglichst nicht unterbrochen die die Auftragsverwaltungen im Rahmen der Län werden. 1620 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm 4. Ferner ist zur Vermeidung von Überhängen Haushaltsmitteln 3 bis 5 Millionen DM jährlich für erforderlich eine vermehrte Ausschöpfung der Dek- den Bau der Umgehungen und Straßenausbauten kungsfähigkeit der Haushaltstitel durch die Länder- bereitzustellen, so daß die Strecke Landau Maxau bauverwaltungen, wie dies seit dem vorigen Jahr in dem vorgesehenen Umfang voraussichtlich bis haushaltsmäßig möglich ist. Eine elastischere Hand- etwa 1963 ausgebaut sein wird. habung des Haushalts durch Aufspaltung der be- Die Rheinbrücke Maxau genügt den zur Zeit zu nötigten Mittel in Haushaltsmittel, die im laufen- stellenden Ansprüchen. Sie ist eine Dauer-Behelfs- den Rechnungsjahr auch tatsächlich verausgabt brücke, die sich in gutem Zustand befindet. Ihr werden können, und in Bindungsermächtigungen, Neubau ist daher vorerst nicht vorgesehen. die den Abschluß von Bauverträgen ermöglichen, welche über mehrere Jahre laufen, ist dringend Zwischen der Rheinbrücke und Karlsruhe ist die erforderlich. Leider werden, wie das vergangene Bundesstraße 10 bereits neuzeitlich ausgebaut Jahr zeigt, diese Möglichkeiten infolge der Zer- worden. splitterung der Straßenbauverwaltungen der Länder nicht genügend ausgenützt. Vizepräsident Dr. Becker: Die Frage 15 ist 5. Es bleibt nach wie vor der Wunsch des Bundes- vom Antragsteller zurückgestellt. ministers für Verkehr und aller Bauverwaltungen Ich rufe auf Frage 16 — des Abgeordneten Wie- bestehen, das Rechnungsjahr dem Kalenderjahr an- nand — betreffend Hebung eines Schiffes mit zugleichen, weil dann die umfangreichen Ausschrei- Tabungasgranaten vor der Flensburger Förde: bungs- und Bauvorbereitungsarbeiten rechtzeitiger Ist der Bundesregierung bekannt, daß vor der Flensburger beginnen können als jetzt und damit eine bessere Förde in 33 in Tiefe ein Schiff mit Tabungasgranaten versenkt worden ist ? Ausnützung der eingesetzten Mittel erreicht wer- Ist von ihr beabsichtigt, die Hebung dieses Schiffes bzw. der den kann. Gasgranaten vorzunehmen ? Drohen bei einer eventuellen Explosion Gefahren, die sich nachteilig für die Menschen auswirken können ? Vizepräsident Dr. Becker: Zusatzfrage? - Das Wort hat der Herr Bundesminister des Keine Zusatzfrage. Innern. Ich rufe auf die Frage 14 - des Abgeordneten Dr. Schröder, Bundesminister des Innern: Herr Leicht — betreffend den Ausbau der Bundes- Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort straße 10: lautet wie folgt. In welcher Zeitfolge beabsichtigt die Bundesregierung, den unter anderem auch für die Rückgliederung des Saargebietes Das Schiff befindet sich außerhalb der deutschen wichtigen Ausbau der Bundesstraße 10 — insbesondere im Teil- stück Landau/Karlsruhe — vorzunehmen ? Hoheitsgewässer. Es schweben aber Verhandlungen Das Wort hat der Herr Bundesminister für Ver- zwischen den Bundesressorts und dem Land Schles- kehr. wig-Holstein wegen der Unschädlichmachung der Munition und darüber, wer die Kosten zu tragen hat. Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesstraße 10 ist mit dem Abschnitt von der Autobahn Mannheim-Saarbrücken nordwestlich Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? Zweibrücken bis Karlsruhe—Durlach mit einer - Keine Zusatzfrage. Länge von rund 90 km im Ausbauplan für die Bun- Ich rufe auf Frage 17 — des Abgeordneten Wie- desfernstraßen enthalten. Das Teilstück Lan- nand — betreffend den Ausbau der Bundesbahn- dau—Karlsruhe liegt in diesem Abschnitt und hat strecke von Siegburg nach Betzdorf: eine Länge von rund 33 km. Wann ist mit dem zweigleisigen Ausbau der Bundesbahn- strecke von Siegburg nach Betzdorf zu rechnen ? Nach dem Ausbauplan sind für die Strecke Lan- Sind der Deutschen Bundesbahn die schwierigen Verhältnisse dau Rheinbrücke Maxau vorgesehen: der Bau der im Hinblick auf den Berufsverkehr auf dieser Bahnstrecke be- kannt Umgehungsstraße Landau mit Ausschaltung einer Ist beabsichtigt, mit dem zweigleisigen Ausbau dieser Bahn höhengleichen Kreuzung, der Bau der Umgehungs- strecke auch die Elektrifizierung dieser Strecke vorzunehmen ? - straße Impflingen, der Bau der Umgehungsstraße Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Rohrbach Steinweiler mit Ausschaltung von zwei Verkehr. höhengleichen Kreuzungen, der Bau der Um- gehungsstraße Kandel mit Ausschaltung einer Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: höhengleichen Kreuzung, der Bau einer Überfüh- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die rung östlich Wörth zur Beseitigung einer höhen- Bundesbahnstrecke Siegburg-Betzdorf ist 58 km gleichen Kreuzung sowie der Ausbau der zwischen lang und enthält 25 kriegszerstörte Brücken. Davon den Umgehungen liegenden Straßenstrecken. sind mehrere Abschnitte, zusammen 23 km, noch Die Kosten dieser Baumaßnahmen werden auf immer eingleisig, weil die in diesen Abschnitten rund 23 Millionen DM geschätzt. Im laufenden liegenden zahlreichen kriegszerstörten Siegbrücken Rechnungsjahr soll eine Strecke von 3 km mit noch nicht in endgültiger Form und damit zweiglei- einem Kostenbetrag von 1 Million DM zwischen sig wiederhergestellt werden konnten. Jedoch sind Kandel und Wörth ausgebaut werden. Es ist beab- die in dem 8 km langen Streckenabschnitt Wissen sichtigt, in den folgenden Rechnungsjahren ent- Scheuerfeld liegenden Brücken zur Zeit in Arbeit. sprechend den jeweils zur Verfügung stehenden Sie werden bis Ende dieses Jahres fertig sein, und Deutscher Bundestau — 3. Wahlperiode -- 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1621

Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm auch das zweite Gleis dieses Abschnitts soll bis Luftfahrt, Bad Godesberg. Das Endurteil liegt in dahin wieder eingebaut werden. Ende 1958 werden allen diesen Fragen in der Hand des Leiters der also zwischen Siegburg und Betzdorf noch rund militärischen Fliegerärztlichen Untersuchungsstelle, 15 km eingleisig sein. Der zweigleisige Ausbau also eines aktiven Sanitätsoffiziers der Luftwaffe. dieser restlichen Abschnitte kostet immerhin 11 Der Leiter des Instituts für Flugmedizin der Deut- Millionen DM. Wann die Deutsche Bundesbahn schen Versuchsanstalt für Luftfahrt ist Professor Dr. weitere Mittel hierfür bereitstellen kann, hängt von Siegfried Ruff. Dieser wurde im Nürnberger Ärzte- ihrer Finanzlage ab. Zur Vorbereitung für den Ein- prozeß 1946/47 angeklagt und in allen ihm zur Last bau des zweiten Gleises in dem Abschnitt Au-Wis- gelegten Punkten vom alliierten Militärgericht frei- sen ist jedoch der endgültige Wiederaufbau der- gesprochen. Siegbrücke im Bahnhof Au bereits in Angriff Das Institut für Flugmedizin der Deutschen Ver- genommen worden. suchsanstalt für Luftfahrt ist eines der 12 Institute Die betrieblichen Schwierigkeiten wegen des dieser Versuchsanstalt. Die Deutsche Versuchsan- fehlenden zweiten Gleises sind der Bundesbahn stalt für Luftfahrt ist eine Forschungsanstalt, die und mir selbstverständlich bekannt. Auch ich weiß von Bund und Ländern unterhalten wird und seit seit Jahren, wie schwierig die Fahrplangestaltung dem Jahre 1912 besteht. Professor Dr. Ruff ist seit für die eingleisigen Abschnitte der Siegstrecke, dem Jahre 1934 in dieser Forschungsanstalt auf luft- besonders des Abschnittes Au-Wissen, ist. Wegen medizinischem Gebiet tätig. Er gilt auf diesem sei- der starken Bündelung der Berufszüge müssen sich nem Arbeitsgebiet als einer der national und inter- die Verspätungen einzelner Züge auf ganze Zug- national anerkannten führenden Wissenschaftler. gruppen übertragen. Um diese Schwierigkeiten zu Im Institut für Flugmedizin wurden vom 1. No- mildern, sind die Bahnhöfe angewiesen worden, die vember 1955 bis 31. Dezember 1956 1228, vom Züge des Berufsverkehrs bevorzugt zu behandeln. 1. Januar 1957 bis 31. Dezember 1957 981 und vom Grundlegend lassen sich aber die Verhältnisse nur 1. Januar 1958 bis 30. April 1958 271, also insge- durch den Einbau des zweiten Gleises ändern. samt 2480 Teiluntersuchungen durchgeführt, größ- Eine Elektrifizierung dieser Strecke ist im Zu- tenteils Untersuchungen auf Höhenfestigkeit in der sammenhang mit dem zweigleisigen Ausbau nicht Unterdruckkammer, die dieses Institut besitzt. urgesehen. Die betriebliche Belastung erfordert an Die Zahl der Prüflinge, die Professor Ruff im Rah- sich keine vordringliche Umstellung auf elektri- men des in seinem Institut ablaufenden Untersu- schen Zugbetrieb. Die eingleisigen Streckenab- chungsganges persönlich untersucht hat, ist minimal schnitte sollen daher unabhängig von einer etwai- und kann mit ungefähr 10 % angesetzt werden. gen späteren Elektrifizierung so bald wie möglich 3 wieder zweigleisig ausgebaut werden. Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? — Keine. Die Frage ist erledigt.

— Danke schön. Ich rufe die Frage 19 auf. Fragesteller ist der Ab- geordnete Ritzel. Sie betrifft die Verunreinigung Ich rufe Frage 18 — Fragesteller ist Abgeord- des Rheins und Rettung der Fischbestände. neter Wienand — betreffend die Untersuchung von ich frage die Bundesregierung, was sie unternommen hat oder Flugzeugführer-Anwärtern der Luftwaffe durch Pro zuunternehmen gedenkt, um der alarmierenden Verunreinigung essor Dr. Ruff auf: des Rheins und der damit verbundenen Minderung seiner Selbst- reinigungskraft zu begegnen. Ist der seinerzeit im Nürnberger Ärzteprozeß angeklagt ge- Welche Maßnahmen sind von Bundes- und Landesbehörden wesene Professor Dr. med. Siegfried Ruff mit der Einzelunter- beabsichtigt, um die noch vorhandenen Fischbestände zu retten? suchung von Flugzeugführer-Anwärtern der Luftwaffe betraut Was soll geschehen, uni in den abwasserverseuchten Strecken worden ? des Rheins das Gedeihen der für die Sauerstoffregulierung des Wieviel derartige Untersuchungen hat Professor Dr. med. Ruff Wassers notwendigen Flora zu ermöglichen t durchgeführt ? Zur Beantwortung der Bundesminister für Ver- Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär des kehr. Bundesministeriums für Verteidigung.

Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Dr. Rust, Staatssekretär im Bundesministerium-f- Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Ver- für Verteidigung: Herr Präsident! Meine Damen und unreinigung des Rheins ist für die Bundesregierung Herren! Ich beantworte die Frage des Herrn Abge- seit vielen Jahren Gegenstand größter Sorgen. Die ordneten Wienand wie folgt. Bundesregierung bemüht sich bereits seit 1950 um Die Flugzeugführer-Anwärter der Luftwaffe wer- eine Verbesserung der Zustände. Die für die Er- den in cien Fliegerärztlichen Untersuchungsstellen füllung der vom Herrn Kollegen Ritzel geforderten der Luftwaffe Nord (Hannover), Süd Fürstenfeld- drei Punkte — nämlich die Erhaltung bzw. Ver- bruck) und West (Bonn) fliegerärztlich untersucht. besserung der Selbstreinigungskraft, die Rettung Während der relativ langen Aufstellungsdauer der des Fischbestandes und die Sauerstoffregulierung genannten militärischen Untersuchungsstellen müs im Rheinwasser — erforderlichen Maßnahmen be- sen diese teilweise noch auf zivile Fachärzte bzw. stehen in erster Linie in dem Bau und in dem anerkannte wissenschaftliche Institute für einzelne ordnungsgemäßen Betrieb von geeigneten Abwas- Untersuchungsgänge zurückgreifen, z. B. das Physio- serkläranlagen. Dabei muß man unterscheiden logische Institut der Universität München, das Rönt- zwischen Maßnahmen der Gemeinden und selb- gen-Institut der Universität Bonn und das Institut ständigen Maßnahmen der abwasserliefernden In- für Flugmedizin der Deutschen Versuchsanstalt für dustrie. 1622 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 3 0. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm Die Bundesregierung hat über den Bundesmini- neue Kläranlagen gebaut oder bestehende umge- ster für Wirtschaft und im Einvernehmen mit den baut oder erweitert werden müssen. Immerhin war Ländern aus dem ERP-Sondervermögen in den Jah- hinsichtlich der Leistung der öffentlichen Abwasser- ren 1949 bis 1957 insgesamt 135,5 Millionen DM in kläranlagen im Jahre 1956 eine Verbesserung ge- Form von Krediten für den Bau von Gemeinde- genüber dem Jahre 1953 um ca. 60 % zu ver- kläranlagen zur Verfügung gestellt. Für 1958 sind zeichnen. weitere rund 25 Millionen DM vorgesehen. Die beteiligten Behörden des Bundes und der Für Industriekläranlagen sind auf dem glei- Länder haben bereits für einzelne Teilgebiete Sa- chen Wege 13,8 Millionen DM gegeben worden, nierungspläne aufgestellt und sind weiter mit der für 1958 sind weitere etwa 10 Millionen DM vor- Bearbeitung solcher Pläne beschäftigt, um zu er- gesehen. Die Industrie hat darüber hinaus auf reichen, daß alle Maßnahmen nach möglichst ein- Grund des vom Bundestag im Juli 1955 beschlosse- heitlichen Gesichtspunkten ausgeführt und auf- nen zweiten Änderungsgesetzes zum Einkommen- einander abgestimmt werden. Bei diesen Unter- steuergesetz vom 11. August 1955 die Möglichkeit, suchungen sind aber neue Abwasserprobleme auf- steuerbegünstigte Abschreibungen in Höhe von getreten, namentlich hinsichtlich der Beschaffenheit 50 % der Investitionen für Industriekläranlagen des sehr verschiedenartigen Industrieabwassers und vorzunehmen. Die Anwendung dieser Bestimmun- der Behandlungsmethoden. Mit deren Lösung sind gen ist 1956 zunächst nur langsam angelaufen. In Sachverständige und Institute beauftragt worden, den Steuerjahren 1956 und 1957 sind aber im Ge- die von der Bundesregierung mit Forschungsbei- biet des Rheins bereits Investitionen in Höhe von hilfen ausgestattet wurden. 40 Millionen DM auf diese Weise begünstigt worden. Hinsichtlich der Durchführung aller Maßnahmen bestehen aber immerhin noch erhebliche grundsätz- Um den Umfang der Verunreinigungen genau zu liche Schwierigkeiten. Die Verantwortung für die kennen und danach systematisch Abhilfemaßnah- Reinhaltung der Bundeswasserstraßen, also auch men bestimmen zu können, sind eingehende Unter- des Rheins, liegt zwar nach Auffassung der Bundes- suchungen angestellt worden. Die Internationale regierung nach dem Grundgesetz beim Bund. Be- Kommission zum Schutz des Rheins gegen Verun- kanntlich macht jedoch die Mehrheit der Länder reinigung, in der zusammen mit den Anliegerstaa- dem Bunde diese Zuständigkeit streitig. Gerade ten Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Holland auch auch die Länder, die zum Abflußgebiet des Rheins die Bundesrepublik mit zwei Delegationen und gehören, vertreten hier eine abweichende Auffas- mehreren Sachverständigen vertreten ist, hat nach sung. Das Problem der Reinhaltung von Wasser- langen Verhandlungen erreicht, daß diese fünf straßen kann aber nur großzügig und großräumig Staaten nach einheitlichen Methoden Untersuchun- gelöst werden. gen des Rheinwassers vornehmen und so Ergeb- nisse erzielen, die miteinander verglichen werden Die Bundesregierung ist daher seit Jahren be- können. Auf diese Weise ist es u. a. möglich ge- müht, eine Klärung dieser Zuständigkeitsfragen worden, festzustellen, welche Verunreinigungen herbeizuführen. Diesem Zwecke dient das gegen das nicht aus dem Gebiet der Bundesrepublik, sondern Land Hessen anhängig gemachte Normenkontroll- aus den Gemeinden und Industrien der Nachbar- verfahren wegen des vom Lande Hessen erlassenen anliegerstaaten stammen und von diesen behoben Wasserrechtsänderungsgesetzes vor dem Bundes- werden müssen. Deren Anteil ist, namentlich was verfassungsgericht. In der Erwartung, daß das Bun- den Salzgehalt betrifft, wegen der elsässischen desverfassungsgericht die wasserrechtlichen Zu- Kaliwerke recht erheblich. ständigkeiten des Bundes an den Bundeswasserstra- ßen bestätigen wird, hat die Bundesregierung zu Be- Der Bundesminister für Verkehr mit der Bundes- ginn dieser Legislaturperiode den schon im 2. Bun- wasserstraßenverwaltung, das Bundesministerium destag eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur für Wirtschaft und die Länder haben sowohl um- Reinhaltung der Bundeswasserstraßen erneut dem fassende Erhebungen als auch örtlich begrenzte Bundestage vorgelegt. Der Entwurf liegt dem Bun- Einzeluntersuchungen — zum Teil auch über die destagsausschuß für Atomkernenergie und Wasser- Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz — wirtschaft zur Beratung vor. Nach Verabschiedung über die Verunreinigungsursachen angestellt. Die dieses Gesetzes kann der von der Bundesregierung Abwasserstatistik des Bundeswirtschaftsministeriums erarbeitete Sanierungsplan für den Rhein sofort hat dabei folgendes ergeben: durchgeführt werden. Vorher ist dies leider nicht möglich. Im Niederschlagsgebiet des Rheins fallen täglich etwa 15 Millionen cbm Abwasser an, davon 4 Mil- Ungeachtet dieses Zuständigkeitsstreites hat die lionen häusliches und 11 Millionen industrielles Wasser- und Schiffahrtsverwaltung des Bundes Abwasser. Von diesen werden in 641 Gemeinde- durch zahlreiche Verhandlungen erreicht, daß indu- kläranlagen und zahlreichen Industriekläranlagen strielle Unternehmen und Städte, die ihr Abwasser rund 73 % behandelt. Allerdings ist diese Behand- teils unmittelbar, teils mittelbar dem Rhein zufüh- lung nicht immer einwandfrei, da die Anlagen zum ren, neue Kläranlagen angelegt oder bestehende Teil überaltert und oft sehr unzulänglich geworden Anlagen ausgebaut haben. Es ist auf diese Weise sind. Die Wasseraufsichtsbehörden haben festge- gelungen, für manche Strecken des Rheins ein wei- stellt, daß allein auf dem öffentlichen Sektor in teres Ansteigen der Verschmutzung zu verhindern, 1062 Gemeinden mit mehr als je 2000 Einwohnern obgleich der Wasserverbrauch von Industrie und Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1623 Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm Bevölkerung und damit natürlich auch die Menge Dr. Bucher (FDP) : Ihre Antwort befriedigt mich des anfallenden Abwassers ständig angestiegen an sich, Herr Staatssekretär, aber: ist es nicht mög- sind. lich, die Zielräume so zu ändern, daß die Absplitte- rungsgefahr überhaupt vermieden wird? Die Sieben Vizepräsident Dr. Becker: Keine Zusatzfrage! Steinhäuser liegen ohnehin außerhalb der Ziel- räume. Wir kommen zur Frage 20. Fragesteller ist Herr Abgeordneter Dr. Bucher. Die Frage betrifft die Be- Dr. Rust, Staatssekretär im Bundesministerium schädigung der sogenannten Sieben Steinhäuser in für Verteidigung: Auch das ist geprüft worden. Das der Lüneburger Heide durch Panzerübungen: ist nicht möglich. Die Sieben Steinhäuser liegen Ist der Herr Bundesverteidigungsminister bereit, dafür Sorge schon jetzt etwa 4 bis 6 km außerhalb der eigent- zu tragen, daß die sogenannten Sieben Steinhäuser (vorgeschicht- liche Gräber) in der Lüneburger Heide durch Panzerübungen lichen Schießbahn. Eine Verlegung der eigentlichen nicht noch mehr beschädigt werden, als dies bereits geschehen ist ? Schießbahn, durch die die Gefahr geringer würde, Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Staats- läßt sich nicht durchführen. sekretär im Bundesministerium für Verteidigung. Vizepräsident Dr. Becker: Frage 21. Hier hat der Herr Fragesteller um Zurückstellung gebeten. Dr. Rust, Staatssekretär im Bundesministerium Ich rufe auf für Verteidigung: Die Sieben Steinhäuser liegen im Frage 22 — Fragesteller ist Herr südlichen Teil des NATO-Panzer-Schießplatzes Ber- Abgeordneter Lohmar — betreffend Verbot der künstlichen Befruchtung: gen-Hohne. Dieser Platz wird seit dem 1. April Wie stellt sich die Bundesregierung zu dem Wunsch des dieses Jahres von einer integrierten deutschen Ver- Sozialpolitischen Ausschusses des Bayerischen Landtages, ein waltung nach Weisungen des Hauptquartiers der gesetzliches Verbot der künstlichen Befruchtung zu erlassen? NATO-Gruppe Nord betrieben. Das vorgeschicht- Zur Beantwortung der Bundesminister der Justiz. liche Kulturdenkmal der Sieben Steinhäuser liegt zwar außerhalb der Zielräume der Panzerfeuerstel- lungen auf dem Platz, jedoch innerhalb ihrer Sicher- Schäffer, Bundesminister der Justiz: Der Wunsch heitsgebiete, so daß bei den rasanten Flugbahnen des Sozialpolitischen Ausschusses des Bayerischen der Panzergeschosse allerdings eine Gefährdung Landtages, ein gesetzliches Verbot der künstlichen Befruchtung durch Abpraller besteht. Dementsprechend sind zu erlassen, ist der Großen Strafrechts- auch schon zu einer Zeit, als die Briten noch Platz- kommission auf ihrer Tagung vom 8. März 1958 herren waren, also vor der Übernahme des Platzes vorgelegt und von ihr an diesem Tag auch mit be- durch eine deutsche Verwaltung, Absplitterungen sprochen worden. Die Kommission will einen end- an einzelnen Steinplatten aufgetreten. gültigen Beschluß über die Gesamtfrage an Hand des Gesamtmaterials im Herbst diese Jahres fassen. Der in der Bundesrepublik immer spürbarer wer- Dann wird es Sache der Bundesregierung sein, zu dende Mangel an Ausbildungsgelände zwingt zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine bundes- intensivster Ausnutzung der vorhandenen Übungs- gesetzliche Regelung der künstlichen Samenüber- anlagen. Der Schießbetrieb auf dem Platz hat daher tragung erforderlich erscheint, ferner wieweit ein gegenüber früher eine wesentliche Steigerung er- Verbot gesetzlich festgelegt und seine Befolgung fahren. In dem gleichen Maße wuchs auch die Ge- durch eine strafgesetzliche Vorschrift gesichert fährdung der Sieben Steinhäuser durch Abpraller. werden sollen. Hierauf hat der deutsche Schießplatzkommandeur gelegentlich einer aus anderem Anlaß mit den zu- Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage ständigen zivilen und militärischen Behörden abge- wird nicht gewünscht. haltenen Besprechung von sich aus hingewiesen. Im Rahmen der Erörterungen, was zum Schutz der Ich rufe auf Frage 23 — Fragesteller ist Herr Sieben Steinhäuser unternommen werden könnte, Abgeordneter Pohle — betreffend Kanalkreuzungs- wurden zunächst alle theoretisch in Frage kom- bauwerk im Kreise Rendsburg: menden Möglichkeiten zur Erörterung gestellt, um Sind dem Herrn Bundesverkehrsminister die Sorgen der Ge- meinde Westerrönfeld im Kreise Rendsburg bekannt, deren dann auf ihre Durchführbarkeit untersucht zu wer- Nachteile aus dem Kanalkreuzungsbauwerk sehr viel größer sind als die eventuellen Vorteile, insbesondere dann, wenn der den. Mit den in Frage kommenden zivilen. Stellen Nahverkehrstunnel östlich der Straßendrehbrücke gebaut werden ist ebenfalls verhandelt worden. Nach der mir soll ? Ist der Herr Bundesverkehrsminister bereit, die Einwände der Gemeinde und die vorgesehenen Planungen noch einmal gegenüber abgegebenen Äußerung des Herrn Nie- ernsthaft zu überprüfen ? dersächsischen Kultusministers als der obersten Zur Beantwortung der Herr Bundesminister für Naturschutzbehörde versprechen diese Verhand- Verkehr. lungen des Landes Übereinstimmung aller beteilig- ten Stellen. Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Es wird erwogen, die gesamte Gruppe der Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hünengräber durch eine sich in die landschaftliche Sorgen der Gemeinde Westerrönfeld sind mir be- Umgebung der Sieben Steinhäuser einfügende kannt. Als Kreuzungsstelle für den Fußgängertun- Wallanlage zu schützen. Vorschläge hierzu werden nel ist nach sorgfältigen Vorüberlegungen ein Platz zur Zeit ausgearbeitet, um vor ihrer Ausführung 70 m ostwärts des jetzigen Übergangs, nämlich die mit den zuständigen Naturschutzbehörden abge- Straßendrehbrücke vorgeschlagen worden. Dieser stimmt zu werden. Umweg wird besonders die Westerrönfelder betref- 1624 Deutschar Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Bundesverkehrsminister Dr.-Ing. Seebohm fen, während für Osterrönfeld der Weg sich ver- Um in akuten Notfällen schnell helfen zu können, kürzt. Die Gemeinde hat aber Gelegenheit, diese haben die Soldaten selbst das Soldatenhilfswerk Einwände in dem in Aussicht stehenden Planaus- ins Leben gerufen, das aus freiwilligen Spenden der legungsverfahren geltend zu machen. Die endgültige Soldaten gespeist wird. Entscheidung muß der zuständigen Planfeststellungs- behörde überlassen bleiben. Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? — Das ist nicht der Fall. Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? — Wird nicht gewünscht. Ich rufe auf Frage 25. Fragesteller ist Herr Abge ordneter Pohle. Die Frage betrifft die Elternrenten Ich rufe auf Frage 24 — Fragesteller ist Herr Ab- sache des Michael Biber in Mörslingen: geordneter Pohle — betreffend Unfälle bei der Bun- Ist der Bundesregierung die Elternrentensache des Michael deswehr: Biber in Mörslingen bekannt, der vier vermißte bzw. gefallene Söhne zu beklagen hat und dessen noch lebende Tochter das Ich frage den Hem' Bundesverteidigungsminister, wie viele elterliche Anwesen mit einem Einheitswert von 16 500 DM be- Unfälle sich seit Bestehen der Bundeswehr bis zum 31. Mai 1958 wirtschaftet? Da Michael Biber auch die Elternbeihilfe verwei- im Rahmen der Bundeswehr ereignet haben und wie viele gert worden ist, frage ich die Bundesregierung, ob sie diesen Fälle davon tödlich verlaufen sind. Wie verteilt sich der Per- Härtefällen in einer Reform des Bundesversorgungsgesetzes sonenkreis auf Freiwillige und Wehrpflichtige ? Wie hoch ist Rechnung tragen will. die Zahl der Renten, die nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet werden müssen? Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Zur Beantwortung der Staatssekretär im Bundes- Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. ministerium für Verteidigung. Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesmini- Dr. Rust, Staatssekretär im Bundesministerium sterium für Arbeit und Sozialordnung: Herr Abge- für Verteidigung: Ich darf die Frage wohl so ver- ordneter, diese Frage ist dem Bundesarbeitsmini- stehen, Herr Abgeordneter, daß nur clic Unfälle sterium schon seit dem .Jahre 1953 bekannt, weil gemeint sind, die mit erheblichen Schäden am Men- damals im Benehmen mit dem Lande Bayern die schen oder Material verbunden waren und die mir Angelegenheit auf Antrag des Vorsitzenden des jeweils laufend als „Besondere Vorkommnisse" ge- Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfra- meldet wurden. gen mit dem Ergebnis überprüft wurde, daß die Seit Bestehen der Bundeswehr haben sich im Elternrente insbesondere wegen Fehlens der Be- Dienst insgesamt 450 Unfälle, davon 301 — etwa dürftigkeit des Antragstellers zu Recht abgelehnt zwei Drittel -- Kraftfahrzeugunfälle, ereignet. Da- worden ist. Der Bundesregierung ist aber nicht be- bei sind beteiligt Freiwillige in 393 Fällen, Wehr- kannt, daß auch ein Antrag des Herrn Biber auf pflichtige in 37 Fällen. Davon waren bei 47 Unfällen Elternbeihilfe abgelehnt wurde; es steht jedoch zu insgesamt 64 Tote zu beklagen, und zwar bei 36 vermuten, daß ein solcher Antrag deshalb abge- Unfällen mit Freiwilligen 41 Tote, hei 8 Unfällen lehnt wurde, weil der Antragsteller eben nicht be- mit Wehrpflichtigen 23 Tote. dürftig ist. Die Beschädigtenversorgung nach dem Ausschei- Zum zweiten Teil Ihrer Frage, ob Eltern auch den der Soldaten aus dem Wehrdienst wird nach dann, wenn sie nicht bedürftig sind, für den Verlust § 88 des Soldatenversorgungsgesetzes von den zur eines oder mehrerer Kinder eine Entschädigung er- Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zu- halten sollen, darf ich folgendes ausführen: Bei den ständigen Behörden im Auftrag des Bundes durch- Beratungen des Bundesversorgungsgesetzes und geführt. Zuständige oberste Bundesbehörde hier- seiner Novellen wurde diese Frage wiederholt er- für ist nicht der Bundesminister für Verteidigung, örtert. Das Ergebnis dieser Beratung ist aber immer sondern der Bundesminister für Arbeit. Nach der gewesen, daß bei der Elternversorgung auf die Vor- Sondererhebung des Bundesministers für Arbeit aussetzung der Bedürftigkeit nicht verzichtet wer- vom 31. März 1958 ergeben sich folgende vorläu- den kann, weil das Bundesversorgungsgesetz kei- fige Zahlen: Am 31. März 1958 waren Anträge auf nen Ausgleich für einen ideellen Schaden kennt. Versorgung wegen Wehrdienstbeschädigung bewil- Der Tod eines Kindes läßt sich nicht mit Geld aus- ligt für 2 Beschädigte, 3 Witwen, 6 Halbwaisen, gleichen. Es ist auch jetzt nicht beabsichtigt, solchen i Elternteil. Noch nicht erledigt waren zu -diesem Eltern, die nicht bedürftig sind, Renten zuzubilligen. Stichtag 61 Anträge von Beschädigten, 13 Anträge von Witwen, 12 Anträge von Halbwaisen, 4 An- träge von Elternpaaren und 3 Anträge von Eltern- Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? teilen. Es ist anzunehmen, daß von den zum — Bitte schön, Herr Abgeordneter. 31. März 1958 noch nicht erledigten Anträgen der größte Teil inzwischen entschieden worden ist. Pohle (SPD): Dem Herrn Staatssekretär ist an- Bezüglich der Todesfälle ist festzustellen, daß scheinend nicht bekannt, daß die Ernährereigen- 9 der von mir genannten 64 Fälle erst nach dem schaft bei der Ablehnung der Elternbeihilfe ver- 31. März 1958 eingetreten sind. neint worden ist. Ich darf den Herrn Staatssekretär In den anderen Fällen, in denen keine Anträge bitten, zu überprüfen, ob in diesem Fall das Ver- gestellt wurden, dürften die Angehörigen von sich sorgungsamt nicht falsch liegt; denn gerade der aus zu der Erkenntnis gekommen sein, daß die Antrag auf Elternbeihilfe ist doch hier im Bundes- gesetzlichen Grundlagen für einen Versorgungsan- tag angenommen worden, um in Zweifelsfällen die spruch nicht gegeben sind. Ernährereigenschaft bejahen zu können. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, ,den 12. Juni 1958 1625

Dr. Claussen, Staatssekretär im Bundesmini- Zulassungs-Ordnung vom 17. November 1954 sterium für Arbeit und Sozialordnung: Da das, Herr wurde bekanntlich die Einteilung der Fahrerlaub- Abgeordneter, ja keine Frage ist, sondern eine nisse geändert. Bis dahin galt die Klasse IV für Weisung an uns, will ich sie sehr gerne aufnehmen. Kraftfahrzeuge mit einem Hubraum bis zu 250 ccm und für Kraftfahrzeuge mit nicht mehr als 20 km POhle (SPD) : Ich werde nie Weisungen aus- in der Stunde Höchstgeschwindigkeit. Seit dem sprechen, Herr Staatssekretär. 1. Dezember 1954 dagegen gehören zur Klasse IV nur noch Kraftfahrzeuge mit einem Hubraum bis (Heiterkeit.) zu 50 ccm, gegenüber 250 ccm zuvor, Krankenfahr- stühle und ferner die Kraftfahrzeuge, die nicht Vizepräsident Dr. Becker: Die Frage ist er- schneller als 20 km in der Stunde fahren können. ledigt. Für die Fahrerlaubnisse aus der Zeit vor dem Ich rufe die Frage 26 auf. Fragesteller ist Herr 1. Dezember 1954 gilt noch die Hubraumgrenze von Abgeordneter Schmidt (Hamburg). Die Frage be- 250 ccm. Diese Regelung ging von der Überlegung trifft cien Einsatz von Soldaten zu Repräsentations- aus, daß es für die Führerscheininhaber, die bis zum zwecken: Stichtage des 1. Dezember 1954 ein Kraftfahrzeug Wie viele Soldaten der Bundeswehr sind als Ehrenkompanie, Hit einem Hubraum bis zu 250 ccm gelenkt hatten Musikzug, zum Spalierstehen und zu sonstigen Zwecken aus An- laß des letzten Staatsbesuchs eines ausländischen Staatsober- und lenken durften, eine erhebliche Härte gewesen hauptes eingesetzt worden ? wäre, wenn man trotz ihres einwandfreien Ver- Stand die Verwendung der Soldaten zu diesen Repräsenta- tionszwecken, insbesondere das Spalierstehen, in irgendeinem haltens im Straßenverkehr den Geltungsbereich der Zusammenhang mit ihrer Ausbildung ? Fahrerlaubnis für sie beschränkt hätte. Zur Beantwortung der Herr Staatssekretär im Nach den statistischen Jahresberichten des Kraft- Bundesministerium für Verteidigung. fahrt-Bundesamtes sind in den Jahren 1948 bis 1954 Bundesgebiet und in West-Berlin 2 150 375 Füh- Dr. Rust, Staatssekretär im Bundesministerium rerscheine der Klasse IV ausgegeben worden. Bis- für Verteidigung: Es entspricht internationalem h er liegt noch kein Material dafür vor, daß es not- Brauch und dem Gebot diplomatischer Höflichkeit, wendig wäre, die Übergangsbestimmung für die daß ausländischen Staatsoberhäuptern bei einem Ge- älteren Fahrerlaubnisse zu ändern und von den In- genbesuch die gleichen Ehrungen erwiesen werden, habern eine Zusatzprüfung zu fordern, wenn sie die dem deutschen Staatsoberhaupt aus Anlaß sei- an Stelle von Krafträdern nunmehr Kleinwagen bis nes Staatsbesuchs zuteil wurden. Das Ausmaß der zu 250 ccm Hubraum führen wollen. Diese Frage militärischen Ehrungen bei dem Besuch des türki- wird jedoch in Zusammenhang mit unserer Absicht, schen Staatspräsidenten ist von diesem Gesichts- die Einteilung der Führerscheinklassen der inter- punkt bestimmt worden. Dementsprechend wurden nationalen Regelung anzupassen, erneut geprüft außer dem in erster Linie für diese Zwecke bereit- werden. stehenden Wachbataillon Rheinbach und dem Lehr- musikkorps der Bundeswehr 2500 Soldaten aus Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage 5 Bataillonen zur Ehrung herangezogen. wird nicht gewünscht. An- und Abmarsch der zum Spalierstehenden her- Dann kommen wir jetzt zur letzten, zur 28. Frage angezog ene Bataillone wurden für die Ausbildung — Fragesteller ist Herr Abgeordneter Diekmann—, im Tag- und Nachtmarsch ausgenutzt. betreffend die einseitige Erweiterung der isländi- (Heiterkeit.) schen Hoheitsgewässer: Weiß die Bundesregierung, daß etwa 8 v. H. der von der Eine Zusatzfrage deutschen Hochseefischerei angelandeten Fische aus der Zone Vizepräsident Dr. Becker: stammen, die von der isländischen Regierung durch einseitige wird nicht gewünscht. Erklärung in che isländischen Hoheitsgewässer einbezogen wurden? Ich rufe auf die Frage 27 — Fragesteller ist Herr Was gedenkt die Bundesregierung gegen diese einseitige Abgeordneter Schmidt (Hamburg) - betreffend Be- Maßnahmen zu unternehmen? rechtigung zur Führung von Kleinstkraftwagen Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bun- durch Inhaber des Führerscheins IV: - desminister für Ernährung, Landwirtschaft und Entsprechen Meldungen der Dachpresse cien Tatsachen, wonach Forsten. in den Jahren 1 948 bis 1954 etwa 2 Millionen Kraftfahrer ohne Fahrschule und ohne Fahrprüfung den Führerschein IV erwor- ben haben, dessen Gültigkeit ursprünglich auf Leichtkrafträder beschränkt war, später aber auch auf gewisse Kleinsteswagen Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, ausgedehnt wurde? Landwirtschaft und Forsten: Herr Präsident! Meine Bestehen angesichts der heutigen Spitzengeschwindigkeiten dieser Keinstwagen bis zu 75 std km und angesichts ihres gerin- Damen und Herren! Die Antwort auf diese Frage gen Beschleunigungsvermögens keine Bedenken dagegen, daß erfolgt im Einvernehmen mit dem Bundesaußen- aus dem Reservoir der vorgenannten 2 Millionen Inhaber des inIV ständig zunehmender Zahl Personen solche Führerscheins minister. Kleinstwagen führen, ohne je eine Fahrprüfung abgelegt zu haben ? Die isländische Regierung hat am 1. Juni 1958 Zur Beantwortung hat das Wort der Herr Bun- durch eine öffentliche Verlautbarung ihre Absicht desminister für Verkehr. bekanntgegeben, am 30. Juni 1958 neue Vorschrif- ten über die Fischereigrenze vor der isländischen

Dr. - Ing. Seebohm, Bundesminister für Verkehr: Küste zu erlassen. Diese Vorschriften sollen am Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Durch 1. September 1958 in Kraft treten und von diesem die Verordnung zur Änderung der Straßenverkehrs Zeitpunkt an die Zone der Gewässer vor der is- 1626 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Bundesernährungsminister Dr. h. c. Lübke ländischen Küste, in der ausländische Fischereifahr- artige Vereinbarung eingesetzt hat und auch dem zeuge keinen Fischfang ausüben dürfen, auf einen dänischen Botschafter in Reykjavik entsprechende Bereich von 12 Seemeilen von der Küste ab er- Anweisungen hat übermitteln lassen. Wir wollen weitern. hoffen, daß die Konferenz, die er angeregt hat — Nach den statistischen Unterlagen und Schätzun- die auch von uns in der Note angeregt worden gen der Bundesforschungsanstalt für Fischerei ist —, zustande kommt und daß es gelingen wird, würden die von der isländischen Regierung beab- eine Einigung auf etwa sechs Seemeilen zu er- sichtigten Maßnahmen einen Fangausfall von etwa reichen. 50 000 t im Jahr — das ist etwa 10 % der gesamten Anlandungen der deutschen Hochseefischerei — zur Vizepräsident Dr. Becker: Eine weitere Zu- Folge haben. Außerdem würde die Versorgung mit satzfrage?— Bitte schön. Frischfisch besonders in der fangarmen zweiten Hälfte des Jahres empfindlich gestört werden. Diekmann (SPD) : Herr Minister, ich wäre Ihnen Einseitige Maßnahmen, wie sie hier von der is- dankbar, wenn Sie im Ausschuß für Ernährung, ländischen Regierung beabsichtigt sind, finden in Landwirtschaft und Forsten einen eingehenden Be- den geltenden Regeln des Völkerrechts keine richt über die internationale Verhandlung gäben, Stütze. Der deutsche Botschafter in Reykjavik hat die in Genf stattgefunden hat, damit wir dann noch deshalb der isländischen Regierung am 10. Juni einmal darüber beraten können. 1958 eine Note überreicht, in der die Bundesregie- rung gegen die von der isländischen Regierung Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, beabsichtigten einseitigen Maßnahmen Verwah- Landwirtschaft und Forsten: Dem steht nichts ent- rung einlegt. gegen. Die Bundesregierung stellt hierzu fest, daß durch diese Maßnahmen das bisherige Recht der deut- Vizepräsident Dr. Becker: Damit ist die schen Hochseefischerei, in den betroffenen Teilen Drucksache 420 und auch die Fragestunde erledigt. der hohen See den Fischfang auszuüben, nicht be- Ich gebe bekannt: die nächste Fragestunde findet rührt wird. In der Note schlägt die Bundesregierung am Freitag, dem 27. Juni 1958, statt. Die Sperrfrist gleichzeitig die Aufnahme von Verhandlungen vor, für eingehende Fragen ist Freitag, der 20. Juni, deren Ziel es sein soll, unter Teilnahme aller am 12 Uhr. Fischfang vor der isländischen Küste interessierten Staaten eine Verständigung herbeizuführen. Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt. Wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung: Vizepräsident Dr. Becker: Eine Zusatzfrage? a) Große Anfrage der Fraktion der SPD betref- — Bitte schön. fend Bundesunternehmen (Drucksache 335);

Diekmann (SPD) : Herr Minister, Ihre Ausfüh- b) Antrag der Fraktion der SPD betreffend rungen haben erkennen Lassen, daß die einseitigen Howaldtwerke Hamburg AG (Drucksache Maßnahmen der Regierung Islands doch eine ganz 367). erhebliche Minderung unserer Fangergebnisse zei- Es ist vorgesehen, diese beiden Punkte gemein- tigen werden. Darf ich fragen: Ist zu befürchten, sam zu behandeln. Zunächst wird die Große An- daß die einseitigen Maßnahmen Islands von anderen frage begründet. Ich habe dann an die Bundesregie- Fischerei-Ländern nun als Schulbeispiel angesehen rung die Frage zu richten: Wünscht sie die Große werden, und — mir ist nicht unbekannt, daß vor Anfrage unmittelbar zu beantworten oder wünscht nicht langer Zeit eine internationale Besprechung sie mit der Beantwortung der Großen Anfrage die über die Erweiterung der Grenzen der Hoheitsge- Stellungnahme zu dem Antrag Drucksache 367 zu wässer gewesen ist — welche Folgerungen ziehen verbinden, so daß dann anschließend auch die De- Sie daraus? batte über beide Punkte gemeinsam geführt werden könnte? Darf ich fragen, ob die Herren der Bundes- Dr. h. c. Lübke, Bundesminister für Ernährung, regierung damit einverstanden sind? — Danke. Landwirtschaft und Forsten: Wenn diese Maß- Auch das Haus ist damit einverstanden. Dann ist so nahme Islands, die Fischereigrenze von drei auf beschlossen. zwölf Seemeilen zu erweitern, tatsächlich in Kraft Ich bitte, die Große Anfrage der Fraktion der treten sollte, wäre die Gefahr gegeben, daß andere SPD zu begründen. Wer wünscht das Wort? — Herr Staaten — wie z. B. die von Dänemark abhängigen Abgeordneter Dr. Deist hat das Wort zur Begrün- Färöer, Grönland, vielleicht sogar Norwegen — dung. ebenfalls auf eine solche Erweiterung in ihren (Abg. Dr. Deist: Ich beabsichtige, auch den Küstengebieten ausgehen. Es wäre für die beteilig; Antrag betreffend die Howaldtwerke zu ten Staaten — etwa Deutschland, England, auch begründen!) Norwegen selbst—eine sehr erhebliche Schwächung ihrer Hochseefischerei zu befürchten. Wir haben aber — Herr Kollege Deist wird den Antrag Drucksache die Hoffnung, daß auf gütlichem Wege noch eine 367 gleich mitbegründen, so daß wir dann die ge- Einigung erreicht wird, insbesondere seitdem sich meinsame Antwort der Bundesregierung zu erwar- der dänische Ministerpräsident Hansen für eine der- ten haben. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1627

Dr. Deist (SPD): Herr Präsident! Meine Damen pfleglich zu behandeln und ernsthaft zu prüfen, in- und Herren! Als der Herr Bundesschatzminister noch wieweit die Erhaltung von Bundesvermögen im einfaches Mitglied dieses Hohen Hauses war, hat er öffentlichen Interesse liegt oder nicht. Und gilt sich im Jahre 1955 aus Anlaß der Haushaltsbera- diese Forderung nicht mehr, wenn ein Bundesschatz- tungen sehr eingehend mit der parlamentarischen minister vorhanden ist, der selber behauptet, er Kontrolle der Bundesregierung im Hinblick auf die habe nicht mehr zu entscheiden, ob privatisiert Bundesunternehmungen befaßt. Er hat damals, wie werde, sondern nur noch, wie privatisiert werde, er sagte, einige grundsätzliche Äußerungen gemacht der es also unterläßt, die wichtige Frage zu prüfen, und hat verlangt, daß der Einfluß des Parlaments auf ob das einzelne Bundesvermögen im öffentlichen In- die Verwaltung der Bundesbeteiligungen wesent- teresse erforderlich ist oder nicht. licht verstärkt werde. Die formalen Rechte, die bis- Weil wir meinten, daß diese Fragen geklärt wer- her der Bundesregierung durch die Reichshaushalts- den müßten, hatten wir uns erlaubt, im Januar dieses ordnung und durch die Reichswirtschaftsbestimmun- Jahres eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung gen gegeben seien, seien völlig unzulänglich, und zu richten. Wir haben sie dabei auf ihre früheren das Parlament habe einen Anspruch darauf, weiter- gehend unterrichtet zu werden. Auf diese Interven- Verhandlungen, Erklärungen und Beschlüsse hinge- tion des Herrn Abgeordneten Lindrath hin ist da- wiesen und haben in Ziffer 3 gefragt: mals eine umfangreiche Entschließung gefaßt wor- Beabsichtigt die Bundesregierung, den Bun- den, die eine entsprechende Reform des Haushalts- destag über alle Fragen im Zusammenhang rechts verlangte und außerdem Forderungen auf mit dem wirtschaftlichen Vermögen des Bun- eine gründlichere Unterrichtung des Parlaments des zu unterrichten und seine Stellungnahme stellte. Das war im Jahre 1955. einzuholen, auch wenn nach Auffassung der Seit der damalige Abgeordnete Lindrath Bundes- Bundesregierung eine gesetzliche Verpflich- schatzminister ist, hat das Parlament nicht eine ein- tung hierzu nicht besteht? zige Unterrichtung in bezug auf das Bundesvermö- Die Antwort, die der Herr Bundesschatzminister gen bekommen. Dagegen wissen wir sehr wohl, daß bzw. die Bundesregierung darauf erteilt hat, ist der Herr Bundesschatzminister sich in der Öffent- so bezeichnend, daß ich mit Genehmigung des lichkeit sehr ausführlich zu den Problemen des Bun- Herrn Präsidenten wenigstens einige Sätze daraus desvermögens geäußert hat. Er hat vor der Presse, vorlesen möchte. Darin erklärt die Bundesregie- über den Rundfunk, in Vorträgen vor Industrie- und rung, sie bedaure, über schwebende Verkaufsver- Handelskammern gesprochen und hat auch mit Ban- handlungen keine Angaben machen zu können, da ken verhandelt. Zur Unterrichtung des Bundestags die „Verhandlungen über die Veräußerung einzel- fand er keine Möglichkeit. ner Bundesbeteiligungen der Natur der Sache nach Außerdem haben sich in der Zwischenzeit einige vertraulich sind", — so vertraulich, daß die ganze Dinge getan. Die Schichau-Werft AG ist veräußert Presse darüber berichten konnte! worden, die Junkers-Flugzeug- und Motorenwerke Zur Frage 2 heißt es: sind veräußert worden, und die Reichswerke haben Die Bundesregierung wird den Bundestag in 30 % der Howaldtwerke Kiel erworben. Es schwe- den im § 47 der Reichshaushaltsordnung vor- ben Verhandlungen, die auch in der Öffentlichkeit gesehenen Fällen unterrichten und seine Zu- bekanntgeworden sind, über eine Privatisierung der stimmung beantragen. Howaldtwerke in Hamburg, und es schweben Ver- handlungen über eine Privatisierung oder Teilpriva- Dabei war in den Beratungen des Bundestags ge- tisierung der Preußag. Der „Industrie-Kurier" hat rade klargestellt, daß die Verpflichtung der Bundes- dazu neckisch bemerkt, die Verkaufsverhandlungen regierung über die formellen Bestimmungen des fänden unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt. Er § 47 hinausgehen müsse. wußte genau, was er damit sagen wollte: daß näm- Aber noch interessanter ist die Antwort zu Zif- lich die zu einer offiziellen Behandlung dieser Fra- fer 3. Da steht folgendes: gen zuständige Institution, nämlich das Parlament, von der Behandlung dieser Fragen ausgeschlossen Die Bundesregierung wird über die zu 2 abge- wird, während die Interessenten in der Öffentlich- gebene Erklärung keit eingehend darüber unterrichtet werden. — also diese knappe und beschränkte Unterrich- (Hört! Hört! bei der SPD.) tung — Aber es tut sich auch sonst einiges im Bereich hinaus dem Bundestag ihre Auffassung über des Bundesvermögens. In dem Bestand des Bundes- die mit der Verwaltung und der Verwendung vermögens, insbesondere im Kapitalbestand, hat des wirtschaftlichen Vermögens des Bundes sich ebenfalls einiges verändert. Bei zahlreichen zusammenhängenden Fragen zur Kenntnis Tochtergesellschaften sind umfangreiche Kapital- bringen. Zu einer weiteren Unterrichtung des erhöhungen vorgenommen worden, und zwar wiede- Bundestages sieht sich die Bundesregierung rum, ohne daß der Bundestag beteiligt worden ist. nicht in der Lage. Da erhebt sich doch die Frage, ob eine so fun- (Hört! Hört! bei der SPD.) dierte Forderung, wie sie in der Entschließung vom Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Jahre 1955 aufgestellt wurde, nur gilt, solange ein ist ein Verfahren, das einfach nicht mehr zu billigen Bundesfinanzminister vorhanden ist, der immerhin ist. Es ist schon sehr merkwürdig von einem Bun- seine Aufgabe darin sieht, das Bundesvermögen desschatzminister, der früher im Hause sehr betont 1628 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Deist eine völlig gegenteilige Stellung eingenommen hat. Wir haben uns im Januar 1957 erlaubt, darauf Man muß sich doch fragen, ob sich ein Bundesmi- hinzuweisen, daß dieser Beschluß bis dahin nicht nister wie vielleicht mancher andere darauf beru- durchgeführt sei und daß es höchste Zeit werde, fen kann: „Was kümmert mich mein Geschwätz von hier Ordnung zu schaffen. Wir hatten uns dabei gestern!" Ich meine, eine solche Antwort ist in der einige Vorschläge erlaubt, die ich hier vorgetragen Sache ungehörig und stellt eine Mißachtung des habe. Sie betrafen insbesondere die Verhinderung Parlaments dar; einer übermäßigen Reservenbildung. Sie betrafen (Beifall bei der SPD) die Forderung, daß die Bundesunternehmungen zu einer erhöhten Publizität verpflichtet werden müs- denn die Bundesregierung ist nach den Ausführun- sen. Sie betrafen schließlich die Stellung der Auf- gen des Herrn Bundesschatzministers selbst ver- sichtsratsmitglieder und die Verantwortlichkeit des pflichtet, in ausreichendem Maße Auskunft zu Ministers für die Tätigkeit seiner Vertreter in den geben und dem Bundestag ihre Politik auf diesem Aufsichtsräten von Bundesunternehmungen. Gebiet darzulegen. Weil wir dieser Auffassung waren, haben wir eine Große Anfrage eingebracht, Wir haben in der vergangenen Wahlperiode um den Herrn Bundesschatzminister und die Bun- gerade auf diesem Gebiet einen bezeichnenden desregierung zu der schuldigen Achtung vor dem Vorgang besprechen können. Das war das Ver- Parlament zu veranlassen. Wir möchten wünschen, halten des Volkswagenwerkes bei der Lieferung daß wir nunmehr auf die Fragen, die wir stellen, von Zulieferteilen. Damals hatte die CDU-Fraktion präzise Antworten bekommen, damit wir wissen, eine Große Anfrage eingebracht, die sich mit der wie die Bundesregierung mit Vermögen umgeht, Tatsache befaßte, daß das Volkswagenwerk den das letzten Endes dem ganzen Volke, der ganzen Großhandel, den Kraftfahrzeughandel und die Zu- Gemeinschaft gehört. lieferindustrien in unzulässiger Weise, nämlich im Wir haben uns in unserer Großen Anfrage in Wege der Marktbeschränkung, behinderte. Wir dem Abschnitt A mit der Rechtslage, insbesondere haben gehört, daß zwei hohe Beamte, die Herren mit der Regelung des Eigentums und mit der haus- Oeftering und Rust, die als Vertreter der haltsmäßigen Behandlung befaßt. In den Art. 134 zuständigen Minister im Aufsichtsrat des Volks- und 135 des Grundgesetzes ist niedergelegt, daß wagenwerks saßen, sich vor dem Ausschuß dahin das Vermögen des Reichs und die Beteiligungen geäußert haben, sie seien als Mitglieder des Auf- Preußens grundsätzlich auf den Bund übergehen; sichtsrates nicht an Weisungen des Ministers ge- das Nähere regelt ein Bundesgesetz. Das war im bunden, sondern hätten die Interessen des Unter- Jahre 1949. Dann wurde im Jahre 1951 das soge- nehmens zu vertreten. Meine Damen und Herren, nannte Vorschaltgesetz erlassen, in dem die Eigen- die Antwort des Ministers auf eine solche Haltung tumsfrage offengelassen, dagegen die vorläu- von Ministerialdirektoren und Staatssekretären fige Verwaltung des Bundesvermögens geordnet hätte ganz eindeutig sein müssen. Sie hätte nämlich wurde. Offenbar hatte die Mehrheit des Bundes- dahin lauten müssen, daß die Vertreter von Mini- tags, insbesondere die Koalition, sehr bald den Ein- sterien in Bundesunternehmungen Vertreter des druck gewonnen, daß hier endlich Ordnung Bundes sind geschaffen werden müsse. In der von mir bereits (Sehr richtig! bei der SPD) erwähnten Entschließung vom Jahre 1955 heißt es denn auch, die Eigentumsfrage solle nunmehr und nicht Vertreter irgendwelcher privater Inter- unverzüglich durch Bundesgesetz geregelt werden. essen. Sie hätte weiterhin dahin lauten müssen, daß eine wirtschaftliche Betätigung des Bundes in Inzwischen sind wieder drei Jahre vergangen, Unternehmungen nur deshalb erfolgt, weil hier und es ist nichts geschehen, außer daß die Bundes- öffentliche Interessen auf dem Spiele stehen, und regierung nunmehr über Bundesvermögen verfügt, daß gerade die Vertretung öffentlicher Interessen das ihr nach den gesetzlichen Bestimmungen - bis- die Aufgabe der Repräsentanten des Bundes in her jedenfalls — nicht gehört . diesen Unternehmungen ist. Er hätte weiter sagen Ich frage: Ist die Bundesregierung bereit, nun- müssen: Wenn diese Vertreter des Bundes in den mehr unverzüglich, wie es schon im Jahre 1955 Bundesunternehmungen sich nicht in der Lage gefordert wurde, das erforderliche Bundesgesetz- sehen, die öffentlichen Interessen zu vertreten, vorzulegen, um endlich die Eigentumsfrage einer haben sie mindestens ihr Amt in den Bundesunter- Klärung zuzuführen? nehmungen niederzulegen, wenn nicht sogar zu Ein zweites Problem hängt mit diesen Fragen zu- prüfen ist, ob sie für ihr öffentliches Amt eine aus- sammen: Es handelt sich um das Recht der Ord reichende Qualifikation besitzen. heute sind die entsprechenden Bestimmungen auf (Sehr richtig! bei der SPD.) verschiedene Gesetze, Verordnungen usw. verstreut; wichtige Teile finden sich insbesondere in der Wir haben jetzt ein neues Beispiel zu verzeich- Reichshaushaltsordnung und in den Reichswirt- nen, wie gering die Einflußnahme der Bundesregie- schaftsbestimmungen des Jahres 1925. Auch hier rung auf die Bundesunternehmungen ist. Die Bun- hat die Mehrheit des Bundestags im Jahre 1955 desregierung hat die Bundesunternehmungen im beschlossen, daß eine Reform des Haushaltsrechts Bergbau höflich gebeten, jedenfalls bis zur Wahl alsbald durchgeführt wird, die den Erfordernissen keine Feierschichten mehr einzulegen. Darauf hat einer modernen öffentlichen Finanzwirtschaft ein- die Hibernia mitgeteilt, die nächste Feierschicht schließlich der öffentlichen Kapital- und Ver- werde am 16. Juni stattfinden. mögenswirtschaft entspricht. (Hört! Hört! hei der SPD.) Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1629 Dr. Deist Das scheinen mir alles Zeichen dafür zu sein, wie Dann noch eine dritte Frage, meine Damen und wenig die Bundesregierung ihre Möglichkeiten, über Herren, und die geht nun den Herrn Bundesschatz- Bundesunternehmungen Wirtschaftspolitik zu be- minister an. In der Entschließung vom Jahre 1955 treiben, ausnutzt. Ich möchte annehmen, daß der hieß der erste Absatz, die Ziffer 1, wie folgt — ich Herr Abgeordnete Vogel mir aus diesen Gründen darf bitten, sie verlesen zu dürfen —: in der Sitzung im Januar 1957 zugestimmt hat, als er unterstrich, daß wir eine gesetzliche Neuord- Die Rechnungslegung soll durch Vorlage eines nung des Bundesvermögens brauchen. besonderen Wirtschaftsplanes erfolgen, der eine Anlage des Haushaltsplanes ist. Der Wirt- Zu diesem Fragenkomplex hat der Bundesrech- schaftsplan soll Angaben über die Nennwerte, nungshof in drei aufschlußreichen Berichten einige die Rechnungswerte, Ertrags- und Aufwands- Beiträge geliefert. Seine Feststellungen gehen bis ins rechnung und dgl. enthalten. Jahr 1956, sind also für Rechnungshofberichte nicht allzu alt. In diesen Berichten wird festgestellt, die Und dann wird eine ganze Menge aufgeführt, was Bestimmungen des § 48 der Reichshaushaltsordnung in diesem Rechenschaftsbericht, der ein Teil des und die Reichswirtschaftsbestimmungen seien unzu- Haushaltsplans zu sein habe, angegeben werden länglich und nicht zweifelsfrei und müßten baldigst solle. geklärt werden. Dann werden einige Vorschläge ge- macht, die sehr deutlich zeigen, wie schlecht öffent- Meine Damen und Herren, das war im Jahre 1955. liche Interessen zuweilen gewahrt werden, ja, daß Dann hat der damalige Bundesfinanzminister sich nicht einmal die erforderliche Vorsorge dahin ge- offenbar diese vom damaligen Herrn Abgeordneten troffen ist, daß öffentliche Interessen überhaupt Lindrath vertretene Meinung zu Herzen genommen, wahrgenommen werden können. Da wird näm- und bis zum Jahre 1957 hat sich die Berichterstat- lich festgestellt, in viel zu geringem Maße werde tung wesentlich verbessert. So war im Haushalts- die Vorschrift beachtet, daß Vorstandsbeschlüsse der plan 1957 ein Bericht von 78 Seiten Umfang ent- Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen. Der Auf- halten. sichtsrat ist nämlich das Organ, in dem die Bundes- Wenn wir uns aber jetzt den Haushaltsplan des regierung wirtschaftspolitische Auffassungen durch- Jahres 1958 ansehen, eingebracht von einer Regie- setzen kann. Da heißt es weiter — man höre —, daß rung, der der Herr Abgeordnete Lindrath nunmehr in den Aufsichtsräten in viel zu großem Umfange als Bundesschatzminister angehört, stellen wir fest, Vertreter privatwirtschaftlicher Interessen sitzen, daß darin ein Bericht so gut wie völlig fehlt; ganze die sicherlich nicht in der Lage sind, die öffentlichen kleine zwei Seiten Erläuterungen sind in diesem Interessen zu vertreten. Weiter wird da mitgeteilt, Hauhaltsplan enthalten. daß mehrere Gesellschaften, an denen der Bund be- teiligt ist, sich geweigert haben, die aktienrecht- (Hört! Hört! bei der SPD.) lichen Abschlußberichte vorzulegen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Bun- (Hört! Hört! bei der SPD.) destag ist noch nie so unzulänglich über die Bundes- Das ist eine merkwürdige Bundesregierung, die unternehmungen unterrichtet worden wie in diesem nicht einmal durchsetzen kann, daß ihren Aufsichts- Falle. ratsmitgliedern in den Unternehmungen die aktien- (Sehr wahr! bei der SPD.) rechtlichen Abschlußberichte vorgelegt werden, die Ich möchte fragen, Herr Abgeordneter, gelten die sie der Bundesregierung zuzuleiten haben. Offenbar Auffassungen und Anträge des Abgeordneten Lind- ist der Bundesrechnungshof selber der Meinung, daß rath, die vom Bundestag mit Mehrheit angenommen das eine unzulässige Untätigkeit der Bundesregie- worden sind, so wenig, daß der Bundesschatzmini- rung sei; denn er hat sich vorbehalten, in seinem ster Lindrath sich daran nicht mehr zu halten nächsten Bericht diese Unternehmungen mit Namen braucht? zu nennen. Der Bundesrechnungshof weiß also, wie man ohne strenge „dirigistische" Maßnahmen errei- Im Blätterwald hat es in den letzten Wochen chen kann, daß diese Unternehmungen das tun, was etwas gerauscht. Da hieß es, der Bundesschatzmini- sich gehört, nämlich dem Bund, der beteiligt ist, ster werde uns heute mit einem dicken Sonderdruck wenigstens sagen, wie ihre Ertragslage wirklich ist. über diese Dinge überraschen. Offenbar ist auch Es wird dann festgestellt, daß nicht alle Aufsichts- daraus nichts geworden. Aber die Fraktionen haben räte von Unternehmungen, an denen der Bund be- eine merkwürdige Anfrage bekommen. Die Frak- teiligt ist, vierteljährlich Sitzungen abhalten, wie tionen haben nämlich eine Anfrage des Herrn Bun- das Aktienrecht es vorschreibt, daß auch die Nieder- desschatzministers erhalten, wie viele Exemplare schriften nicht zuverlässig sind und daß nicht immer eines Sonderberichts, den er jetzt herausgeben zu ersehen ist, wie die Vertreter der Bundesregie- werde, für Interessenten in den Fraktionen be- rung sich in den Aufsichtsräten verhalten haben. nötigt werden. Meine Damen und Herren, so geht das nicht. Eine Berichterstattung, die Teil des Mir scheint, es ist höchste Zeit, daß diese Bestim- Haushaltsplans sein soll, kann man nicht so als mungen neu gefaßt werden, damit die notwendige Festtagsgabe den Fraktionen darbieten mit der rechtliche Grundlage für eine ordnungsgemäße Füh- Frage, in welchem Umfange sie davon Gebrauch rung der Bundesunternehmungen unter der Ver- machen wollen. Ich meine, Herr Bundesschatzmini- antwortung der Bundesregierung geschaffen wird. ster, wenn Sie Ihre eigenen Darlegungen und Ihre (Sehr wahr! bei der SPD.) Anträge ernst nehmen, dann sollten Sie einen Nach- 1630 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Deist trag zum Bundeshaushaltsplan hier einreichen, der wird von dem Konzentrationsprozeß und von der die erforderlichen Angaben enthält. Zusammenballung von Kohleunternehmungen, Stahlunternehmungen, Kohlegroßhandel und Reede- (Zustimmung bei der SPD.) reiunternehmungen gesprochen. Schließlich wird in Meine sehr verehrten Damen und Herren! In dem dieser amtlichen Begründung einer königlich preu- Teil B unserer Großen Anfrage befassen wir uns ßischen konservativen Regierung erklärt: mit dem Problem, ob die Bundesunternehmungen Dieser Entwicklung gegenüber den staatlichen im öffentlichen Interesse wirtschaftspolitische Einfluß durch Ausdehnung des staatlichen Aufgaben haben, und wir möchten vom Herrn Bergbaubetriebs zu verstärken, erschien eine Bundesschatzminister gern die heutige Meinung der unabweisbare Notwendigkeit. Bundesregierung dazu hören. Eigentlich ist der Grundsatz bereits seit 30 Jahren in der Haushalts- (Hört! Hört! bei der SPD.) ordnung und in den Reichswirtschaftsbestimmungen Der damalige Handelsminister dieses konservativen festgelegt. Da steht nämlich, daß eine Beteiligung Kabinetts, Herr Möller, sagte, er sei kein Syndi- an wirtschaftlichen Unternehmungen nur zulässig katsgegner, aber die Schwierigkeiten hätten ange- ist, wenn ein wichtiges Interesse des Reichs, also fangen, als es sich darum handelte, zur rechten heute des Bundes, vorliegt und sich das angestrebte Zeit die Preise zu senken. Ziel nur durch eine solche Beteiligung erreichen läßt. Der Bundesrechnungshof hat hinzugefügt, das gelte (Aha! bei der SPD.) nicht nur für die unmittelbaren Beteiligungen, son- Der Finanzminister Freiherr von Rheinbaben dern auch für die mittelbaren, und es gelte auch für sprach, auch wieder ganz modern, von der „Gefahr die Frage, ob eine Beteiligung weiterhin geboten sei. eines Mißbrauchs einer solchen Machtstellung", Ich möchte für meinen Teil hinzufügen: Wir teilen und er fuhr fort: die Auffassung, daß der Bund sich nur dann an wirt- Wir wissen genau, wohin wir steuern wollen; schaftlichen Unternehmungen beteiligen soll, wenn denn wir wollen die Macht des Staates in die- ein öffentliches Interesse vorliegt. Aber das muß sen Organisationen stärken und dadurch ver- dann auch in jedem Einzelfall geprüft werden. hüten, daß Ausschreitungen in dieser Macht- Meine Damen und Herren! Offenbar ist die Bun- stellung erfolgen, die für unsere ganze wirt- desregierung in der Vergangenheit durchaus der schaftliche Entwicklung von den verderblichsten Meinung gewesen, daß es solche Fälle gebe. So hat Folgen sein müßten. z. B. Herr Staatssekretär Westrick vom Bundeswirt- (Hört! Hört! bei der SPD.) schaftsministerium im Mai 1955 vor dem Unteraus- Das sind doch Überlegungen, die auch der Herr schuß „Bundesbeteiligungen" die heute ganz inter- Bundesschatzminister nicht einfach beiseite schieben essante Meinung vertreten, Bundesunternehmungen sollte mit der Bemerkung, die Frage der Privatisie- seien keineswegs Fremdkörper im Rahmen der rung sei entschieden; es handle sich nicht mehr um Marktwirtschaft, wenn bestimmte Voraussetzungen das Ob, sondern nur noch um das Wie des Versil- der Startgleichheit gegeben seien. Aber im Februar berns von Bundesvermögen. 1958 sagt der Herr Bundesschatzminister über den Südwestfunk: „Der Bund darf seinen Bürgern nicht Meine Damen und Herren! Wenn wir dann in durch eigene Unternehmungen Konkurrenz machen". einen Staat blicken, der ja wohl sehr freiheitlich Meine sehr verehrten Damen und Herren, was heißt und liberal ist, die Vereinigten Staaten, dann stel- hier „den Bürgern Konkurrenz machen"? Gilt das len wir dort auf dem Gebiet der Versorgungsunter- auch, wenn ein Unternehmungszweig von einigen nehmungen und auf anderen Gebieten ebenfalls wenigen monopolistischen Unternehmungen be- öffentliche Unternehmungen fest. Herr Professor herrscht wird und infolgedessen die Gefahr eines Mann von der American University in Washington Machtmißbrauchs durch diese Unternehmungen be- hat sich in der Zeitschrift „Die öffentliche Wirt- steht? schaft" eingehend damit befaßt und in diesem Zu- (Zurufe von der Mitte und rechts.) sammenhang von der Yardstik-Funktion dieser Unternehmungen gesprochen. Das läßt sich schwer Ich würde dem Herrn Bundesschatzminister ebenso übersetzen. Bei uns würde man vielleicht, frei über- wie den Zwischenrufern empfehlen, einmal in den setzt, von der Aufgabe sprechen, als Hecht im Annalen der Parlamente um 50 Jahre zurückzu- Karpfenteich zu wirken. schlagen. Im Jahre 1905 stand nämlich im Preußi- schen Landtag zur Debatte, ob der preußische Staat Dr. Hellwig (CDU/CSU) : Verzeihen Sie, Herr sich an der Hibernia als Bergwerksunternehmen be- Dr. Deist, daß ich unterbreche, aber ich glaube, es teiligen solle, und da sind einige sehr interessante, sollte gleich ein Mißverständnis geklärt werden. ja ich möchte sagen: moderne — jedenfalls gegen- Vielleicht gestatten Sie deswegen eine Frage. über dem, was von der CDU heute vertreten wird, moderne — Auffassungen geäußert worden. In der Gesetzesbegründung heißt es nämlich, der leitende Dr. Deist (SPD): Bitte! Gedanke sei, Einfluß namentlich in bezug auf die Preisbildung zu gewinnen. Wie modern bei der Dr. Hellwig (CDU/CSU): Sprachen Sie von „öf- Kohle! Weiter heißt es, es seien bemerkenswerte fentlichen Unternehmen" in den Vereinigten Staa- Verschiebungen der Kräfteverhältnisse in der rhei- ten, oder meinen Sie die public utilities-Unterneh- nisch-westfälischen Industrie eingetreten, und da mungen? Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1631

Dr. Deist (SPD) : Nein, ich denke z. B. an die europäische Unternehmen, das nach den Plänen der Tennessee-Valley-Administration, die ein öffent- OEEC von sämtlichen europäischen Staaten ge- liches Unternehmen ist. meinsam errichtet werden sollte. Der deutsche An- teil sollte 14 Millionen DM sein. Es war daran ge- Also Professor Mann hat ausgeführt: Diese dacht, daß davon die Hälfte die Industrie aufbringt, Unternehmungen sollen die Preise auf ein ange- nämlich die chemische Industrie und die Versor- messenes Niveau herabdrücken; sie sollen nicht gungswirtschaft. Die chemische Industrie hat sich Wettbewerber aufschlucken, sondern Preise und glatt und schlicht geweigert, diese Beteiligung und Gewinne regulieren. Und er sagt weiter, mit So- das damit verbundene Risiko zu übernehmen, so daß zialisierung habe das nichts gemein, sondern diese die Bundesregierung, wie der Presse zu entnehmen Tätigkeit öffentlicher Unternehmungen setze gerade war, über diesen Affront recht unwillig gewesen voraus, daß freier Wettbewerb vorhanden sei; denn ist. Meinen Sie nicht, meine Damen und Herren, sie sollen gerade durch ihre Yardstick-Funktion daß der Bund in solchen Fällen die Aufgabe hat, für freien Wettbewerb sorgen. als Pionier zu wirken, wenn sich privatwirtschaft- (Sehr gut! bei der SPD.) liche Kräfte versagen? Oder sind Sie der Meinung, Wir haben zahlreiche Industriezweige, in denen daß der Bund nur so lange eintreten soll, wie einige wenige marktbeherrschende Unternehmungen Kosten und Verluste entstehen, während es das den Ton angeben, in denen also kein freier Wett- Privileg der privaten Wirtschaft ist, dann einzu- bewerb besteht, wohl aber zwei Gefahren, nämlich steigen, wenn die Unternehmungen Gewinne ab- in Zeiten der Hochkonjunktur die Gefahr des Miß- werfen? brauchs zu überhöhter Preisbildung und in der (Beifall bei der SPD.) Zeit des Rückgangs der Konjunktur die Gefahr des Ist es nicht so, daß ein Teil der Unternehmungen ruinösen Wettbewerbs, wie wir ihn z. B. in der auch nationalpolitische Aufgaben hat? Ich erwähnte Automobilindustrie in Amerika heute beobachten soeben die Saarbergwerke. Haben diese an der können. In einem solchen Fall der Marktbeherr- Saar als öffentliche Unternehmen nicht eine große schung eines Industriezweiges durch einige wenige nationalpolitische Aufgabe? Haben die Reichswerke Unternehmungen bedeutet die Privatisierung öffent- an der Zonengrenze nicht eine nationalpolitische licher Unternehmungen, daß dieser Unternehmungs- Aufgabe? zweig völlig der Beherrschung durch einige Groß- unternehmungen ausgeliefert und den Bundesunter- (Abg. Dr. Hellwig: Ist das Nationalgrenze?) nehmen ihre wichtige Funktion, für Wettbewerb zu — Ich habe von der Zonengrenze gesprochen. sorgen, genommen wird. Wenn Sie hier keine nationalpolitische Aufgabe (Sehr wahr! bei der SPD.) mehr erkennen könnten, täte es mir leid. Noch ein weiteres: Will der Herr Bundesschatz- (Beifall bei der SPD.) minister seine Behauptung und seine Forderung, Meine Damen und Herren, Herr Lindrath weiß der Bund habe in der Wirtschaft nichts zu suchen, auch selber genau, daß die Bundesunternehmungen auch dort aufrechterhalten, wo die Privatwirtschaft solche Aufgaben haben. Er hat nämlich damals, im offensichtlich versagt? Ich darf darauf hinweisen, Jahre 1955, bei der Behandlung der Bundeskon- dal! die Bundesregierung sehr gut weiß, daß es zerne folgendes ausgeführt: solche Unternehmenszweige gibt, in denen wegen Versagens der privaten Wirtschaft öffentliche Un- Die Gesellschaften müßten, eben weil der ternehmungen tätig sein müssen. Bund so bedeutsam beteiligt ist, auch poli- tische Aufwendungen zur Erhaltung von ge- (Zuruf rechts.) fährdeten Arbeitsplätzen oder zum Teil auch — Ich komme gleich darauf, nur nicht so ängstlich! zur Förderung der durch das Vorhandensein Betrachten Sie z. B. einmal den Entwurf des Haus- dieser Betriebe besonders in Anspruch genom- menen Gemeinden leisten. So sind z. B. haltsplans für das Jahr 1958. Dort sind umfangreiche Kapitalerhöhungen für öffentliche Unternehmungen — bemerkt er zustimmend — vorgesehen, die die Bundesregierung offenbar- für 50 Millionen DM aus den Erträgnissen genom- erforderlich hält. Da erscheint die Lufthansa mit men, um etwa 7000 Arbeitsplätze aufrechtzu- einer Kapitalaufstockung von 15 Millionen DM und erhalten, die sonst nicht hätten aufrechterhal- mit einem Zuschuß zum Ausgleich von Verlusten ten werden können. von weiteren 15 Millionen DM und mit einem Kredit aus dem ERP-Vermögen von 10 Millionen Meine Damen und Herren, ist es richtig, in der DM. Dort finden sich umfangreiche Finanzierungs- Form, wie es die Bundesregierung tut, in der beihilfen für die Flughafengesellschaft, für die Öffentlichkeit jede öffentliche Betätigung in der Moselkanalgesellschaft und für die Rhein-Main- Wirtschaft zu diffamieren? Und ist es richtig, daß Donau-Gesellschaft, und da wird eine Kapital- der Herr Bundesschatzminister sagt, er prüfe gar aufstockung für die Saarbergwerke im Gesamtbe- nicht mehr, ob, sondern nur, wie zweckmäßig die trag von etwa 100 Millionen DM aufgeführt. Ferner Versilberung erfolgen solle? Ich meine, wir haben gibt es Einlagen des Bundes bei der Kernreaktor einen Anspruch darauf, daß der Herr Bundesschatz- Bau- und Betriebs-GmbH und bei der Reaktor minister sehr deutlich sagt, weiche Grundsätze die Finanzierungs-GmbH. Das interessanteste Beispiel Bundesregierung bei der Behandlung des Bundes- ist vielleicht die Euro-Chemie, jenes gemeinsame vermögens in der Zukunft anzuwenden gewillt ist 1632 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Deist oder ob sie etwa nur den pragmatischen Grundsatz Das Stimmrecht der Banken sollte auf ein Drittel be vertritt, daß dann, wenn sich ein privates Interesse schränkt werden, und Arbeitnehmer und wirtschaft- an lukrativen Unternehmungen bemerkbar mache, lich schwache Schichten sollten einen Preisnachlaß eine Privatisierung Platz zu greifen habe. bekommen. Das sind die besonderen Eigenheiten (Beifall bei der SPD.) dieser Volksaktie, die dazu führen sollten, daß nun- mehr gerade breite Schichten der Bevölkerung, die Wir möchten dazu eine klare Antwort des Herrn bisher nicht am Aktienkauf interessiert waren, zu Bundesschatzministers. Bisher hat die Bundesregie- Eigentum kämen. rung es vermieden, darüber klare Ausführungen zu Wir haben dargelegt, daß wir das alles für Illu- machen. Wenn aber, Herr Bundesschatzminister, die sionen, wenn nicht für Schlimmeres halten. Aber Bundesregierung doch wenigstens gewisse Grund- für Sie, meine Damen und Herren (zur CDU/CSU), sätze haben sollte, bei denen vielleicht auch das ar doch die Volksaktie das Instrument, um den öffentliche Interesse eine Rolle spielen müßte, wäre Volkskapitalismus und das Volk von Eigentümern es dann nicht richtig, bevor man anfängt, lukrative zu schaffen. Unternehmungen an private und sonstige Interes- senten abzugeben, zu untersuchen: was ist denn von In der Zwischenzeit hat sich nun so einiges diesem Torso, der aus dem Krieg übriggeblieben Merkwürdige getan. Der Deutsche Industrie- und ist, im öffentlichen Interesse wirklich wichtig und Handelstag und das private Bankgewerbe schießen was nicht? Wir wissen ja, daß ein Teil in der Ost- nämlich quer und legen dar, das wären Aktien zwei- zone abgespalten ist, daß eine Unmenge von Un- ter Klasse, und grundsätzlich müßten alle Beschrän- ternehmen im Kriege dazugekommen sind, die als kungen fallen. Das ist schließlich verständlich. Aber Bundesunternehmungen wirklich uninteressant sind dann hält der Herr Bundesschatzminister am und wieder abgestoßen werden könnten. 11. April vor der Industrie- und Handelskammer in Köln eine Rede und sagt, er lehne es ab, neben der Ich meine, es wäre die erste Aufgabe, eine Be- Normalaktie eine besondere Aktie zu schaffen, er standsaufnahme zu machen und zu sichten und zu sei gegen vinkulierte Aktie; er sei Jauch gegen eine überprüfen, wo ein öffentliches Interesse vorliegt, Erwerbsbeschränkung, er sei auch dagegen, daß und dann zu überprüfen, ob man diese Torsen sinn- minderbemittelte Schichten einen Rabatt bekämen. voll organisieren kann, und dann das, was über- Auch hat er durchblicken lassen, daß er gegen eine flüssig und im öffentlichen Interesse nicht notwen- Stimmrechtbeschränkung sei. Vielleicht könne man, dig ist, abzustoßen. so meinte er, vorübergehend eine Satzungsbestim- (Sehr gut! bei der SPD.) mung schaffen, durch die das Stimmrecht beschränkt werde, eine Satzungsbestimmung, die man natürlich Wir möchten diesen Überblick endlich einmal jederzeit wieder ändern könne. haben. Denn ich meine, wir und das ganze deutsche Volk haben ein Recht darauf, zu wissen, was uns Meine Damen und Herren, wo bleiben dann auf diesem Wege eigentlich noch bevorsteht. eigentlich noch die Besonderheiten der Volksaktie, die diese so attraktiv und bemerkenswert geeignet (Beifall bei der SPD.) für breite Schichten der Bevölkerung machen sollten, Meine Damen und Herren, wir haben in Ab- die bisher keine Aktien zu kaufen pflegten? schnitt B eine zweite Frage gestellt. Sie betrifft die (Sehr wahr! bei der SPD.) breite Eigentumsstreuung. Die Bundesregierung hat ja urbi et orbi verkündet, daß das der große Ansatz- Wir haben inzwischen gehört, daß der Herr Bun- punkt für eine breite Eigentumsstreuung ist. Es war desschatzminister sich bemüht, nun wenigstens in — ich darf ganz kurz daran erinnern — auf dem der Koalition und in der Bundesregierung Klarheit Hamburger Parteitag der CDU vor den Wahlen von zu schaffen. Wir haben gehört, daß er der Bundes- 1957, wo das große Wort von dem Volk von Eigen- regierung eine entsprechende Vorlage gemacht hat, tümern fiel. Die CDU sagte, daß sie nunmehr das damit einmal erkenntlich werde, ob noch etwas an Instrument der Volksaktie schaffen werde, um den der Volksaktie dran sei oder nicht. Ich möchte Sie, Gedanken von dem Volk von Eigentümern zu ver- Herr Bundesschatzminister, sehr bitten, uns auch wirklichen. Der Abgeordnete Blank hat im Mai- 1957 hierzu eine offene Antwort zu geben, damit wir am Beispiel des Volkswagenwerks sehr deutlich wissen, ob Ihre Behauptung, die Volksaktie sei ein gesagt, wie man sich innerhalb der CDU vorstelle, ganz hervorragendes und ganz besonderes Instru- wirklich breite Schichten der Bevölkerung zu be- ment zur Schaffung von Volkseigentum, eigentlich teiligen, ohne daß der Aufkauf durch großindu- noch gilt oder ob sie heute nicht mehr gilt. strielle Gruppen stattfinde. Er hat dabei dargelegt: Im Abschnitt C haben wir eine weitere Frage ge- Das neue Instrument, das wir dafür schaffen, ist die stellt. Wir haben uns hier wiederum an einige Aus- Volksaktie; denn die normale Aktie haben wir führungen erinnert, die der jetzige Herr Bundes- schon sehr lange, über die hätten wir uns nicht sehr schatzminister im Jahre 1955 als Abgeordneter ge- lange zu unterhalten brauchen. macht hat. Er hat damals nämlich gesagt: Dieses neue Instrument hatte einige besondere Wir ersuchen deswegen die Bundesregierung, Eigenheiten. Es sollte eine gebundene Namensaktie Vorsorge zu treffen, daß die Veräußerung werden, und es sollte eine Begrenzung der Beteili- von mittelbaren Bundesbeteiligungen ebenso gung für Einzelpersonen auf 1/20 000 für Investment wie von unmittelbaren die Zustimmung die- Gesellschaften auf 1/3 des Aktienkapitals stattfinden. ses Parlaments haben muß. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1633 Dr. Deist Wir haben uns auch entsonnen, daß haargenau das- der letzte noch übriggebliebene Rest der „Volks- selbe in der Entschließung steht, die damals mit aktie" — aufgegeben hat. Mehrheit angenommen worden ist. Meine Damen und Herren, sehen wir uns einmal die Preussag an! Denn das ist wirklich ein Fall, an Darum erlauben wir uns, danach zu fragen, was dem man studieren kann, wie diese Bundesregie- nun eigentlich seit dem Jahre 1949 veräußert wor- rung mit dem Bundesvermögen umgeht. Die Um- den ist, wo dabei eine breite Streuung des Eigen- sätze der Preussag entfallen zu 45 % auf sogenann- tums zu bemerken ist und in welchen Fällen an nämlich in der Hauptsache einzelne Personen, an mächtige Unternehmungen te Nichteisenmetallerze, auf Blei und Zink, zu 30 % auf Kohle und zu 20 % oder vielleicht an mächtige Unternehmensgruppen auf Erdöl. 5 bis 10 % entfallen auf andere Erzeug- verkauft worden ist. nisse; sie spielen also keine Rolle. All diese Unter- Ich will Ihnen, Herr Bundesschatzminister, gern nehmungen können sich überhaupt nur halten, weil konzedieren, daß Sie vielleicht für 1949 50 eine sie in großem Umfang durch Subventionen, durch breite Eigentumsstreuung noch nicht nachweisen Zölle, durch steuerliche Begünstigungen und andere können. Aber wenn das wirklich ein solches Her- öffentliche Stützungsmaßnahmen aufrechterhalten zensanliegen ist, dann hätte man doch in den letz- werden. Die Produktion von Blei- und Zinkerzen wird ten Jahren irgendwann wenigstens einmal einen seit 25 Jahren immer wieder aus staatlichen Mitteln Niederschlag davon bemerken müssen. Wir sind unterstützt. Im Jahre 1949 war es wieder so weit; auf die Antwort des Herrn Bundesschatzministers nur die Koreahausse enthob den Staat der Notwen- und auf die Liste, die er dazu vorlegen wird, ge- digkeit einzugreifen. Heute — das wissen Sie spannt. alle — liegen in den Ausschüssen wieder Anträge, Im Abschnitt D unserer Großen Anfrage befas- wenn ich nicht irre, von der CDU/CSU-Fraktion vor, sen wir uns mit der Preußischen Bergwerks- und die steuerliche Hilfsmaßnahmen für den Blei- und Hütten AG. Merkwürdigerweise — man muß schon Zinkbergbau fordern, da er sich durch das Sinken sagen: merkwürdigerweise — ist die Bundesregie- des Weltmarktpreises wieder einmal in einer rung auf die Idee gekommen, dieses Unternehmen schwierigen Lage befindet. sei ein geeignetes Objekt für die Privatisierung. Ich Bezüglich der Kohle brauche ich nicht viel finde, das ist ein Testfall. Hier kann man wirklich zu sagen, nachdem der Herr Bundeswirtschafts- sehen, wie eigentlich die Absichten und die Hand- minister in der letzten Kohlendebatte dargelegt lungen der Bundesregierung auf dem Gebiete der hat, wieviel Milliarden an öffentlichen Mitteln in Privatisierung des Bundesvermögens zu werten den vergangenen Jahren in den Kohlenbergbau sind. ' hineingepumpt werden mußten, um ihn leistungs- (Sehr wahr! bei der SPD.) fähig zu halten. Wir haben mit Erschütterung gelesen, daß die Hohe Behörde der Montanunion In der breiten Öffentlichkeit war zunächst bekannt- gerade in diesen Tagen wieder Statistiken ver- geworden, daß beabsichtigt sei, im Zusammenhang öffentlicht hat, aus denen ersichtlich ist, wie stark mit einer Kapitalaufstockung 75 % des Aktienkapi- die Investitionstätigkeit im deutschen Kohlenberg- tals zu privatisieren. Nun, die Proteste dagegen bau ungeachtet dieser Unterstützung auch heute waren so unüberhörbar, daß sich der Herr Bundes- noch hinter der Investitionstätigkeit in den anderen schatzminister entschloß, diese Privatisierung von europäischen Ländern zurücksteht. Auch der Berg- 75 % zunächst zurückzustellen und nur die beab- bau ist also ein Industriezweig, der nur durch sichtigte Kapitalerhöhung von 30 Millionen DM öffentliche Unterstützung aufrechtzuerhalten ist. zur Privatisierung vorzusehen; das wären dann Und dann Erdöl! Meine Damen und Herren, ist 28,5 % des Kapitals. Wir müssen daher davon aus- Ihnen denn so ganz unbekannt geblieben, daß die gehen — der Bundesschatzminister hat nichts ge- Rohöleinfuhr einen Zollschutz von mehr als 100 % tan, um diese in der Öffentlichkeit geäußerte An- genießt? Ohne diesen Zollschutz gäbe es überhaupt nahme zu entkräften, keine deutsche Erdölförderung. Alle Sachverstän- (Hört! Hört! bei der SPD) digen sind sich darüber einig, daß, wenn etwa im sie muß daher als richtig unterstellt werden —, Gemeinsamen Markt der Erdölschutzzoll wegfiele, daß das der erste Schritt ist und daß die Bundes- andere öffentliche Stützungsmaßnahmen getroffen regierung der Auffassung ist, es handele sich nicht werden müßten, um die deutsche Erdölförderung um das Ob, sondern nur um das Wie, und daß sie aufrechtzuerhalten. sich für die Zukunft die Privatisierung größerer Die Rentabilität dieser drei Wirtschaftszweige, die Teile der Preußag vorbehält. den entscheidenden Bestandteil des Tätigkeits- bereichs der Preußag darstellen, kann nur durch (Sehr wahr! bei der SPD.) staatliche Unterstützungsmaßnahmen gesichert wer- Davon muß ich also ausgehen. den. Halten Sie es wirklich für richtig, meine Damen Ich darf folgendes hinzufügen. Ursprünglich und Herren, daß in einem solchen Fall nun aus- wurde von einer Stimmrechtsbeschränkung für gerechnet an private Unternehmungen Subventio- die freien Aktionäre geredet, damit nicht eine nen gegeben werden, damit private Beteiligte Divi- Sperrminorität entstehe. Soweit ich sehen kann, denden verdienen können? Halten Sie ein solches ist es um diese Stimmrechtsbeschränkung still ge- Papier wirklich für ein gutes Papier, das Sie breiten worden. Es würde interessieren, ob die Bundesre- Schichten der Bevölkerung anbieten können? gierung inzwischen auch diese Idee — das ist so (Sehr gut! bei der SPD.) 1634 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Deist Wissen Sie nicht, meine Damen und Herren, daß große Aufwendungen erforderlich sein, um dieses Kohle und Erdöl, die gesamte Energiewirtschaft für Ganze wieder zusammenzufügen, wenn einmal der die wirtschaftliche Entwicklung und das Preisniveau Tag der Wiedervereinigung kommt. Sind Sie wirk- eine solch entscheidende Rolle spielen, daß man lich der Auffassung, daß das durch private Beteili- auch aus diesem Grunde überlegen müßte, ob man gung oder durch die Auslieferung dieses Unterneh- gerade ein solches Unternehmen an private Kräfte mens an private Kräfte gefördert würde, oder sind abgeben soll? Wenn schon ein solcher Industrie- Sie nicht doch der Auffassung, daß jede private Be- zweig subventioniert wird, dann sollte sich die öf- teiligung ein Hemmnis gerade für die Erfüllung die- fentliche Hand wenigstens den genügenden Einfluß ser großen nationalpolitischen Aufgabe sein müßte, in diesen Unternehmungen sichern. die jedenfalls der Preußag bevorsteht? (Erneute Zustimmung bei der SPD.— Zuruf Damit komme ich zum letzten Punkt, nämlich zu rechts.) dem Problem der Howaldtwerke. Die Ideen, diese Werke zu privatisieren, sind alt, nämlich genau so - Dann dürften Sie nicht so viele Beschlüsse mit alt, wie deutlich ist, daß die Schiffswerften nach dem fassen, in denen Subventionen verlangt werden, Kriege im Hinblick auf den großen Bedarf an Schiffs- Herr Kollege. neubauten die Aussicht gaben, erhöhte Gewinne ab- zuwerfen. Seit damals gibt es daher Verhandlungen Und dann: Was sind das für Märkte? Freier Wett- über die Veräußerung der Howaldtwerke. Seit 1951, bewerb soll da geschaffen werden. Auf dem Gebiet meine Damen und Herren, seit 7 .Jahren läuft dieses von Blei Zink bestreitet die Preussag 40 % der und Spiel. Förderung, die Stollberger Zink AG, also Gesell- schaft von Otto Wolff, 25 % und die Metallgesell- Zunächst handelte es sich um die beiden Howaldt- schaft 20 %, macht zusammen 85 % auf 3 Groß- werften in Hamburg und in Kiel. Für beide wurde unternehmungen. Viel Wettbewerb ist da wohl nicht ein Preis von 30 Millionen angeboten und verhan- vorhanden, aber handfeste Marktpolitik marktbe- delt. Er war offensichtlich viel zu niedrig. Damals herrschender Unternehmungen. dachte man auch daran, daß beide Werke ihren Auf- bau nur mit Hilfe großer Staatskredite durchführen An der Erdölförderung sind auch nur einige we- konnten, und damit wurde dieses Projekt ad acta nige an der deutschen Erdölförderung beteiligt. gelegt. Dann trat das Problem im Jahre 1954 neu Wintershall z. B. verfügt über Elwerath, an der sie vor uns. Nunmehr handelte es sich nur noch um die mit 42 % beteiligt ist, allein über 40 bis 50 % der Hamburger Howaldtwerft. Interessenten waren die über 20 %, die ESSO über 10 % und der Bund über Dortmund-Hörder Hüttenunion und die Gutehoff- 20 %. Das heißt, diese Vier bestreiten praktisch die nungshütte. Der Preis betrug damals für diese eine ganze deutsche Erdölförderung; sonst ist nicht mehr Werft 20 Millionen DM. Im Jahre 1956 wurde sehr viel da. Da ist ja wohl auch nicht viel von dann im Bundestag eine Vorlage eingebracht, freiem Wettbewerb die Rede, sondern sehr stark und dabei erschien für dasselbe Unternehmen von marktbeherrschender Position, die erst durch ein Preis von 26 Millionen DM. Im Jahre 1958 staatliche Unterstützung von privaten Unterneh- erscheint ein neuer Plan, diesmal mit einem mungen geschaffen wird. Preis von 34 Millionen DM. Der Preis soll in Ratenzahlungen, die sich über mehrere Jahre ver- Über die Kohle brauche ich ja wohl nicht mehr teilen, gezahlt werden. An diesem Unternehmen, viel zu sagen. Hier haben wir ein handfestes Kartell den Howaldtwerken in Hamburg, sollen die Dort- an der Ruhr, und wir sollten gerade aus den letzten mund-Hörder Hüttenunion mit 48 %, die Deutsche Unterhaltungen über die Preisgestaltung im Kohlen- Bank mit 26 % und die Siemens-Schuckert-Werke bergbau wissen, wie wichtig es wäre, einen ver- ebenfalls mit 26 % beteiligt werden. Es lohnt sich, nünftigen Einfluß des Bundes geltend zu machen. sich dieses Projekt einmal etwas näher anzuschauen. Solche Märkte pflegt man als oligopolistische Meine Damen und Herren, hier wird von „Privati- Märkte zu bezeichnen. Wenn man da Bundesunter- sierung" gesprochen. An der Dortmund-Hörder Hüt- nehmungen abstößt, bedeutet das, daß man diesen tenunion, die 48 % der Howaldtwerft bekommen Markt völlig der Beherrschung durch einige wenige soll, ist die holländische Stahlfabrik Hoogovens mit private Großunternehmungen ausliefert. - 41 % beteiligt. Der Rest ist gestreut. Diese hollän- dische Gesellschaft ist der Großaktionär der Hütten- Noch ein Wort zu der nationalpolitischen Auf- union, und sie befindet sich — horribile dictu — zu gabe, die auch die Preußag hat. Der Metallerz- 30 %im Besitz des holländischen Staates und zu bergbau im Harz liegt im Zonengrenzgebiet, in 10 % im Besitz der Stadt Amsterdam. einem ausgesprochenen Notstandsgebiet. Die Preus- (Hört! Hört! bei der SPD.) sag hat hier schon eine erhebliche nationalpolitische Aufgabe, und es ist sehr zweifelhaft, ob der Metall- Die übrigen Aktien sind auch hier wieder ge- erzbergbau im Harz aufrechterhalten werden würde, streut. Wer sagt uns dann weiter, daß die Deutsche wenn er sich in privater Hand befände. Jedenfalls Bank diese 26 % behalten wird? Eine Verpflichtung ist er von staatlichen Subventionen abhängig. dazu hat sie, soweit ich unterrichtet bin, nicht über- nommen. Wer garantiert uns denn, daß nicht doch Außerdem hat die Preussag in Mitteldeutschland vielleicht auch diese 26 % - ein Vorstandsmitglied und in den polnischen Gebieten umfangreiche Ver- der Deutschen Bank ist zugleich Aufsichtsratsvor- loste erlitten. Dabei sind so interessante Stoffe wie sitzender der Dortmund-Hörder Hüttenunion — Steinsalz und Kali verlorengegangen. Hier werden an die Dortmund-Hörder Hüttenunion abgegeben Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1635 Dr. Deist werden? Meine Damen und Herren, da wird also Diese Annahme wird auch bestätigt durch die ganz leicht unter der Marke ,.Privatisierung" aus Tatsache, daß die Howaldtwerft im Jahre 1957 deutschem Bundesbesitz auf einmal holländischer einen Umsatz von 190 Millionen DM hatte. Staatsbesitz. Das ist eine merkwürdige Form von Privatisierung, Herr Bundesschatzminister, die Sie (Hört! Hört! bei der SPD.) hier betreiben, 2 Millionen DM wären 1 % Gewinn. Es ist nicht (Sehr gut! bei der SPD) recht denkbar, daß der Gewinn der Howaldtwerft nur 1 % des gesamten Umsatzes beträgt. ganz abgesehen von der breiten Streuung des Eigentums, die dabei kaum zu bemerken ist. Diese Annahme läßt sich noch etwas untermauern. (Zustimmung bei der SPD.) Seit dem Jahre 1948 war die Howaldtwerft nämlich in der Lage, 50 Millionen DM neu zu investieren, Vielleicht denken Sie auch daran, Herr Bundes- davon 30 Millionen über Abschreibungen und 11 schatzminister, daß die Holländer als seefahrende Millionen über Fremdmittel, — von denen bis heute Nation erhebliche Interessen an dem Wohlergehen schon wieder rund 7 Millionen DM aus den Erträ- holländischer Werften haben und ob da nicht Inter- gen des Unternehmens getilgt werden konnten. essenkonflikte zwischen diesen holländischen Werft- (Hört! Hört! bei der SPD.) interessen und den deutschen Werftinteressen ent- stehen können. Dann brauche ich nur noch hinzuzunehmen, daß der (Sehr wahr! bei der SPD.) Auftragsbestand bis zum Jahre 1962 reicht. Meine Damen und Herren, es ist ein unwürdiges Der Schluß, der hieraus aber nun unweigerlich Spiel, das mit diesem Werk seit dem Jahre 1951 gezogen werden muß, ist der, daß der Verkehrs- getrieben wird. Ich will Ihnen nur die Preise nen- wert des Unternehmens jedenfalls wesentlich näher nen: 1951 für beide Werke 30 Millionen DM, an 50 bis 60 Millionen DM liegen muß als an 34 Millionen DM. Die Vorlage, die der Herr Bundes- August 1954 nur für das Hamburger Werk 20 Mil- schatzminister uns gemacht hat, ist einfach unver- lionen DM — danach findet die erste Bewertung tretbar. durch eine Treuhandgesellschaft statt —, im De- zember 1954 ein Kaufangebot mit 25 Millionen DM, Nun lassen Sie mich noch einiges zu dem Zah- im Juni 1955 die Bundesratsvorlage mit 26,25 Mil- lungsmodus sagen. Nachdem das Werk zu diesen lionen DM, dann angesichts der ablehnenden Hal- günstigen Bedingungen ausgeboten wird, hat der tung des Bundestags ein neues Angebot mit Anwärter noch die weitere Gunst, daß er den Preis 27,25 Millionen DM. Das lehnte der Haushaltsaus- innerhalb mehrerer Jahre in Raten zahlen darf. schuß des Bundestags ab, weil auch dieser Betrag Da es schlecht möglich ist, die wirklichen Gewinne zu niedrig erschien. Im Mai 1958 kommt eine neue zu erfahren, möchte ich fragen: trifft es nach der Vorlage mit 34 Millionen DM. Offenbar ist auch Gewinnlage und der derzeitigen Situation zu, daß das zu niedrig. Jedenfalls hat der Herr Bundes- der Kaufpreis im wesentlichen aus den Gewinnen schatzminister, wenn nicht alle Meldungen trügen, der nächsten Jahre bezahlt werden kann? Es wird inzwischen ein neues Gutachten angefordert. Ein angegeben — ob es stimmt, weiß ich nicht; ich muß solches Verfahren würde in der Privatwirtschaft als leider fragen —, daß der steuerpflichtige Gewinn unkaufmännisch und geradezu unternehmensgefähr- allein in den letzten fünf, sechs Jahren etwa 30 dend bezeichnet werden. Millionen DM ausgemacht habe.

(Sehr wahr! bei der SPD.) Auch das ist eine Auskunft, die in den Ausschüs- sen gegeben werden muß, damit wir endlich ein- Nun auch über die Ertragslage und den Wert des mal sehen, was mit diesem Bundesvermögen von Unternehmens einiges! Leider gibt es darüber dieser Bundesregierung eigentlich gemacht wird. keine genaue Angaben, und es ist bei aller Intensi- (Sehr richtig! bei der SPD.) tät nicht möglich gewesen, Herr Bundesschatzmini- ster, aus Ihrem Ministerium — im Hinblick auf Jedenfalls ist eines klar, Herr Bundesschatzminister entgegenstehende Weisungen des Ministers — dar- - ich bitte Sie, das vielleicht doch zu vermerken —: über etwas Näheres zu erfahren. Ich kann also nur die Stadt Hamburg wäre jederzeit bereit, die Ho- mit einigen Daten ein Bild von der Ertragslage waldtwerft zu den gleichen günstigen Bedingungen und von dem Wert dieses Unternehmens zu geben zu erwerben wie die Dortmund-Hörder Hütten- versuchen. union. Seit dem Jahre 1952 verteilt diese Werft Divi- (Zuruf von der Mitte: Mit Steuergeldern!) dende, zuerst 5 °/o, in den letzten zwei Jahren 8 Das, was hier gemacht wird, ist ein ungeheuerli- und 10 °/o. Im Jahresabschluß zum 31. August 1957 ches Verfahren, das man nur als den Versuch be- wird ein Gewinn von 800 000 DM ausgewiesen, zeichnen kann, wertvolles Bundesvermögen zu nachdem vorher der Rücklage 1,2 Millionen DM zu- verschleudern. gewiesen worden sind. In der Handelsbilanz wird also bereits ein Gewinn von 2 Millionen DM aus- (Beifall bei der SPD. — Abg. Rademacher: gewiesen. Daß die echte, wirkliche Ertragsbilanz Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Dr. ein anderes Bild zeigt, kann man nach aller Erfah- Deist?) rung ohne weiteres annehmen. — Bitte, bitte! 1636 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Rademacher (FDP) : Ist das verbürgt - und bewerb erblickt die Bundesregierung auch weiter- wissen Sie das genau —, daß die Hamburgische hin wesentliche Voraussetzungen für einen ange- Regierung bereit ist, die Howaldtwerke in toto zu messenen Lebensstandard aller Bevölkerungs- erwerben? schichten. Das Nebeneinander so grundverschiedener Wirt- Dr. Deist (SPD) : Meinen Sie nicht, daß es die schaftssysteme in den beiden getrennten Teilen Aufgabe des Herrn Bundesschatzministers wäre, Deutschlands ermöglicht es wie kaum zuvor, von diese Frage offiziell an die Stadt Hamburg zu der Praxis her die Vorzüge der Marktwirtschaft zu stellen? würdigen. In der sowjetischen Besatzungszone sind wie hier deutsche Menschen mit den gleichen Be- (Widerspruch und Zurufe von gabungen und Fähigkeiten, mit dem gleichen Fleiß der CDU/CSU.) und der gleichen Ausdauer um den Wiederaufbau — Lassen Sie mich meinen Satz zu Ende führen! — bemüht. Aber wirtschaftliche Planungs- und Dann würde er sehen, daß meine Behauptung Zwangsmaßnahmen und politische Unfreiheit haben durchaus zutrifft. dort die schaffenden Menschen um die Früchte ihrer (Aha-Rufe von der SPD. — Abg. Rade- Arbeit gebracht. Keine Staatswirtschaft, kein kol- macher: Sie bleiben bei Ihrer Behauptung?) lektives Eigentum kann auf die Dauer jene Lebens- und Schaffenskräfte auslösen, die eine Volkswirt- — Ich bleibe bei meiner Behauptung. schaft auszulösen vermag, in der privates Eigen (Abg. Dr. Hellwig: Wer finanziert das tum von Generation zu Generation vererbt und denn in Hamburg?) vermehrt wird und in der selbständige Existenzen geschützt und gefördert werden. — Ich komme mit einem Satz noch darauf. (Beifall in der Mitte.) Mir scheint, daß von diesen Überlegungen viel- leicht auch der Arbeits- und Sozialausschuß der War es im Jahre 1948 auch im Westen unseres CDU in Nordrhein-Westfalen ausgegangen ist, als Vaterlandes ein Wagnis, den Übergang von der er die Privatisierung der Howaldtwerke ablehnte. Zwangswirtschaft in die soziale Marktwirtschaft zu vollziehen, so gilt es heute, die soziale Markt- Ich glaube, daß es unter diesen Umständen wirtschaft zu sichern und auszubauen. Die Privat- höchste Zeit wird, daß diese unwürdigen Verhand- initiative, der freie Wettbewerb müssen als ent- lungen um die Howaldtwerft eingestellt werden. scheidende Eckpfeiler der Marktwirtschaft auch in Wenn die Bundesregierung schon verkaufen will der Zukunft wirksam bleiben. und wenn sie bei diesem Unternehmen schon nicht an Eigentumsstreuung denkt, wenn sie schon an die Vom Standpunkt der sozialen Marktwirtschaft öffentliche Hand — in Holland — verkaufen will, aus soll und kann es nicht Aufgabe des Staates dann sollte sie das Werk der Stadt Hamburg an- sein, sich erwerbswirtschaftlich zu betätigen und bieten, die ein erhebliches wirtschaftliches und ar- mit der privaten Wirtschaft in Wettbewerb zu beitsmarktpolitisches Interesse an diesem Unterneh- treten. men hat. (Sehr richtig! in der Mitte.) Die Argumente, nach denen der Bund mit Hilfe (Beifall bei der SPD.) seiner Beteiligungen auf die Gestaltung des Preis- Jedenfalls — das ist der Sinn unseres Antrags — niveaus Einfluß nehmen müsse, gehen fehl, denn muß diesem unwürdigen Spiel unbedingt ein Ende sie verkennen erstens die Funktion des Wettbe- gemacht werden. werbs in der freien Wirtschaft und zum anderen die immer größer werdende Abhängigkeit des deut- (Beifall bei der SPD.) schen Preisniveaus vom Weltmarkt. Das wird ganz besonders deutlich in der Zeit der Schaffung eines Dr. Lindrath, Bundesminister für wirtschaft- Gemeinsamen Europäischen Marktes. Erhöhungen lichen Besitz des Bundes: Herr Präsident! Meine des deutschen Preisniveaus als Folge ansteigender Damen und Herren! Zunächst möchte ich im Namen Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt lassen sich nie- der Bundesregierung die Große Anfrage der- SPD- mals durch die Unterhaltung bundeseigener Be- Fraktion vom 16. April 1958 betreffend Bundes- triebe vermeiden, sofern man nicht Subventionen unternehmen — Drucksache 335 — beantworten, aus Bundesmitteln gewähren will. Gerade dies aber um dann einige Bemerkungen anzuschließen, die widerspricht der wirtschaftlichen Konzeption der ich zu den Ausführungen des Herrn Kollegen Dr. Bundesregierung, da eine solche Wirtschaftspolitik Deist zu machen habe. in sich unwahr ist. Nach wie vor bleibt auf dem Gebiet der Zölle eine Einflußnahme — wenn bis- Die Veräußerung von Beteiligungen des Bundes weilen auch nur in beschränktem Umfang — mög- an wirtschaftlichen Unternehmen an die private lich. Hand ist kein Selbstzweck, keine isolierte Maß- nahme, sondern ein Anliegen der Regierungspolitik Es ist daher das immer wieder erklärte Ziel der im ganzen. Die großen wirtschaftlichen Erfolge in Regierungsparteien, die wirtschaftlichen Unterneh- den hinter uns liegenden beiden Legislaturperioden men des Bundes, wo immer möglich, Schritt um wurden auf dem Boden der sozialen Marktwirt- Schritt in private Hände zu überführen. Mit diesem schaft errungen. In der Marktwirtschaft, in der Ent- wirtschaftspolitischen Ziel verbindet sich das in der faltung der privaten Initiative und im freien Wett Regierungserklärung vom 29. Oktober 1957 zum Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1637

Dr. Lindrath Ausdruck gebrachte Bestreben, allmählich zu einer ternehmen in einem gewissen Grade die Verfol- breiteren Streuung des Eigentums an den Produk- gung wirtschaftspolitischer Ziele unterstützen. Mit tionsmitteln Nu gelangen. Diese gesellschaftspoli- anerkennenswerter Bereitschaft der Unternehmens- tische Zielsetzung fußt auch auf den Erfahrungen in leitungen hat die Bundesregierung in einigen Fäl- der Vergangenheit, in denen private Vermögens- len von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Sie bildung, Streben nach eigenem Besitz, nach persön- wird auch in Zukunft auf diese Möglichkeit nicht lichem Eigentum, Drang nach selbständigen Existen- verzichten. Die Bundesregierung bekennt sich zur zen sich als die Haupttriebfedern für den Aufstieg sozial gebundenen Wettbewerbswirtschaft, und die der deutschen Volkswirtschaft erwiesen haben. bundeseigenen Unternehmen dürfen in diesem Wirt- schaftsgefüge weder zu einem Fremdkörper werden Zu diesem besonderen Anliegen der gesamten noch zu einem besonderen Unternehmenstyp, der Wirtschaftspolitik, eine soziale Eigentumsbildung zu unter anderen Wettbewerbsbedingungen arbeitet fördern, kann die Privatisierung des Bundesvermö- als die mit ihm konkurrierenden Privatunterneh- gens einen Beitrag leisten. Die praktische Durch- mungen. Eine Einflußnahme auf die Leitung der Un- führung der Privatisierung ist nicht von heute auf ternehmen ist nur in den von den Gesetzen gezo- morgen, sondern nur über eine gewisse Zeit hin genen Grenzen vertretbar und möglich. Die Bundes- möglich. Es lassen sich auch nicht ein für allemal regierung wird sich bei bundeseigenen Gesellschaf- gültige Grundsätze für die Veräußerung der in Be- ten bemühen, deren Organe von der Richtigkeit der tracht kommenden Bundesbeteiligungen aufstellen. wirtschaftspolitischen Forderungen zu überzeugen, Die Richtlinien für die Privatisierung sollen nicht und daran die berechtigte Erwartung knüpfen, daß dogmatisch, sondern erst aus der Praxis nach sorg- sie sich den Wünschen der Bundesregierung gegen- fältiger Prüfung des einzelnen Falles und der je- über in besonderem Maße aufgeschlossen zeigen. weils gegebenen Möglichkeiten entwickelt werden. Schließlich ist zu bedenken, daß der Vorstand Eine Verschleuderung von Werten soll und wird einer Aktiengesellschaft nach dem Gesetz das Un- vermieden werden. ternehmen unter eigener Verantwortung leitet. Die in der Großen Anfrage der SPD vom 16. April Wollte man die bestehenden rechtlichen Beschrän- 1958 im einzelnen gestellten Fragen darf ich nun kungen durch Schaffung neuer gesetzlicher Grund- wie folgt beantworten. lagen beseitigen, so würden sich die bundeseigenen Unternehmen zu einem Typ entwickeln, der den in Zu A Ziffer 1: Die von der Bundesregierung ver- der sowjetischen Besatzungszone bekannten Unter- walteten Anteilsrechte an wirtschaftlichen Unter- nehmungsformen ähnlich sein würde. Das aber nehmen des ehemaligen Deutschen Reichs und des würde mit dem verfassungsrechtlich garantierten früheren Landes Preußen sind bereits nach Art. 134 Grundsatz der Gleichbehandlung wesentlich gleicher und 135 des Grundgesetzes in das Eigentum des Tatbestände auch im wirtschaftspolitischen Raum Bundes übergegangen. Mit der Vorlage des Entwurfs nicht vereinbar sein. eines Bundesgesetzes, in dem die Rechtsverhältnisse des ehemaligen Reichsvermögens und der ehema- (Zuruf von der SPD: Das sind aber Verglei ligen preußischen Beteiligungen abschließend ge- che, Herr Minister!) regelt werden, ist in naher Zukunft zu rechnen. Eine gesetzliche Sonderregelung für die Unter- Zu Ziffer 2: Die Bundesregierung ist bereit, die nehmen in der Hand des Bundes ist somit nicht ver- haushaltsrechtlichen Bestimmungen über die Betei- tretbar, zumal da sie die Unternehmen der Länder ligung des Bundes an Unternehmungen mit eigener und Gemeinden einbeziehen und vielleicht sogar Rechtspersönlichkeit im Rahmen der Reform des auf gemischtwirtschaftliche Unternehmen erstreckt Haushaltsrechts neu zu kodifizieren. Hierin soll auch werden müßte. Es erscheint andererseits kaum denk- die Mitwirkung des Parlaments bei dem Erwerb und bar, daß in diesen zahlreichen Unternehmen für die der Veräußerung von Bundesbeteiligungen hinrei- Bundesregierung eine hinreichende Möglichkeit er- chend sichergestellt werden. Es besteht jedoch nicht öffnet werden könnte, im Sinne ihrer wirtschafts- die Absicht, die privatrechtlichen Einflußmöglich- politischen Intentionen auf die unternehmerischen keiten der Bundesregierung auf die Geschäftsfüh- Entscheidungen einzuwirken. Die Problematik wird deutlich, wenn man bedenkt, daß die Bundesregie- rung der privatrechtlich betriebenen Bundesunter-- nehmen über die eines privaten Aktionärs auszu- rung in einer bestimmten konjunkturellen Situation etwa auch von den Unternehmen der Gemeinden weiten. Maßnahmen verlangen könnte, die eine Ertragsmin- Zu Ziffer 3: Um dem allgemeinen Wunsch nach derung und damit verbunden eine verminderte Ge- weitgehender Publizität Rechnung zu tragen, ist seit winnausschüttung zur Folge haben müßten. langem geplant, im Rahmen der Allgemeinen Vorbe- merkungen zum Bundeshaushaltsplan 1958 über den (Zuruf von der SPD: Graue Theorie!) Stand und die Entwicklung der Bundesunternehmen Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß die zu berichten. Dieser Bericht wird dem Bundestag und bundeseigenen Unternehmen soweit wie möglich in dem Bundesrat in Kürze als Sonderdruck vorgelegt Privatbesitz überführt werden sollten, weil sie werden. grundsätzlich einer erwerbswirtschaftlichen Betäti- Zu B Ziffer 1: Die Bundesregierung ist der Auf- gung des Staates mit großer Zurückhaltung gegen- fassung, daß bundeseigene Unternehmen nicht un- übersteht. Die Überführung der Unternehmen in verzichtbare Instrumente einer wirksamen Wirt- Privatbesitz erscheint besonders wünschenswert, schaftspolitik sind. Gleichwohl können solche Un wenn zugleich damit die gesellschaftspolitischen 1638 Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Lindrath Ziele der breiten Eigentumsstreuung erreicht wer- 2. Continentale Metall AG, Bad Homburg den können. v. d. H., (Abg. Blachstein: Für die Konzerne, die 3. Gerhard Fieseler Werke GmbH, Kassel, holländischen Konzerne!) 4. Alumetall GmbH, Nürnberg, - Ich komme auf die holländische Angelegenheit 5. Junkers Flugzeug- und Motorenwerke AG, zu sprechen. Dessau, Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß eine 6. Junkers Flugzeug- und Motorenwerke GmbH, grundsätzliche Neuordnung der im Eigentum des Lohfelden/Kassel, Bundes befindlichen Gesellschaften nicht erforder- lich ist, da insbesondere die großen bundeseigenen 7. Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft Konzerne nach wirtschaftlichen und kaufmännischen Nordhessen GmbH, Kassel, Gesichtspunkten geordnet sind und geordnet bleiben (Zuruf von der SPD: An wen?) sollen. Die Neuordnung der Aktiengesellschaft für Berg- und Hüttenbetriebe, vormals Reichswerke, in b) aus dem Besitz der ehemaligen Deutsche Salzgitter ist erst im Jahre 1953 erfolgt. Die Bun- Werke Kiel AG, Kiel: desregierung wird jedoch prüfen, ob in einzelnen 1. M. Achgelis Söhne AG, Bremerhaven, Fällen noch besondere Neuordnungsmaßnahmen erforderlich sind. 2. Holmag Holsteinische Maschinenbau AG, Kiel, Zu 3. Die Bundesregierung hält an dem Grundsatz fest, daß aus gesellschaftspolitischen Gründen bei 3. Tilly Strumpffabrik GmbH, Kiel, der Überführung der bundeseigenen Unternehmen c) aus dem Bereich der AG für Binnenschiffahrt: in Privatbesitz breit gestreutes privates Eigentum entstehen soll, soweit es die Natur des Objektes 1. Deutsche Tank-Reederei GmbH, Hamburg, irgendwie gestattet. 2. Norddeutsche Schiffahrts AG, Hamburg, (Zurufe von der SPD: Aha! - Hört! Hört! 3. Transport AG (vormals J. Hevecke), Ham- - „Die Natur des Objektes"!) burg, Eine breite Aktienstreuung wird insbesondere bei 4. Westfälische Transport AG, Dortmund, dem Volkswagenwerk durchgeführt werden. Die Bundesregierung ist zur Zeit damit befaßt, die hier- d) aus dem ehemaligen reichseigenen Filmver- zu erforderlichen Vorbereitungen mit größtmög- mögen: licher Beschleunigung durchzuführen. Gleichzeitig 1. Filmkunst AG, München, ist beabsichtigt, Aktien bundeseigener Konzerne in breitester Streuung zu veräußern. Als erste Maß- 2. Ufa-Anlagen Aktiengesellschaft (jetzt Uni- nahme dieser Art sollen im Zuge einer Kapital- versum Film AG), Berlin, erhöhung 30 Millionen DM Aktien der Preußischen 3. Ufa-Theater-Aktiengesellschaft, Düsseldorf, Bergwerks- und Hüttenaktiengesellschaft verkauft 4. Degeto-Film GmbH, Berlin, werden. Bei Gestaltung der Verkaufsbedingungen wird die Bundesregierung verhindern, daß eine 5. Beboton-Verlag GmbH, Berlin-Hamburg, Konzentration der wirtschaftlichen Verfügungsge- e) ferner aus verschiedenen anderen Bereichen: walt eintritt. 1. Emscher Lippe Bergbau AG, Datteln, (Zurufe von der SPD: Wie denn? - Wie wird sie das verhindern? - Sagen Sie doch (bei dieser Gesellschaft handelt es sich, wie mal, wie!) dem Hohen Hause bekannt ist, um die Ver- äußerung einer 51%igen Beteiligung an Zu C, 1. Seit dem Jahre 1949 wurden folgende einem Unternehmen, das die Bergwerksge- unmittelbare Beteiligungen des Bundes veräußert: sellschaft Hibernia AG aus bergwirtschaft- 1. Reichskraftsprit GmbH, Berlin, lichen Erwägungen zur Arrondierung ihres Felderbesitzes kurz zuvor zu 100 % erwor- 2. Weichsel-Dampfschiffahrt AG, Kiel, ben hatte), 3. Karlsruher Flughafengesellschaft mbH, Karlsruhe, 2. Baubedarfs GmbH, Neustadt a. d. Wein- 4. Reinickendorfer Industriebahn GmbH, Berlin, straße, 5. Kieler Verkehrs-Aktiengesellschaft, Kiel, 3. Formholzpreßwerk Ronen GmbH, Amberg/ Opf., 6. Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, Berlin, 4. Brennstofftechnik GmbH, Essen, 7. F. Schichau AG, Bremerhaven. 5. Famo Vertriebs GmbH, München. Folgende mittelbaren Beteiligungen wurden ver- 6. Kontinentale 01-Transport AG, Hamburg. äußert: Soviel zur Frage 1. a) aus dem Bereich der Bank der Deutschen Luft- fahrt AG: Vizepräsident Dr. Becker: Herr Minister, ge- 1. Rheinmetall Borsig AG, Berlin, statten Sie eine Zwischenfrage? - Bitte! Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1639

Conrad (SPD): Herr Minister, können Sie an daß die Bundesregierung bisher diesem Bundestag Hand dieser langen Liste der bis jetzt veräußerten noch keinen Antrag vorgelegt hat, einem Verkauf Unternehmen angeben, wieviel Prozent davon nach der Howaldtwerke zuzustimmen. Wenn Herr Kol- Ihrer Ansicht breit gestreut worden sind? lege Dr. Deist davon gesprochen hat, daß hier ein unwürdiges Spiel getrieben werde, dann ist das Dr. Lindrath, Bundesminister für wirtschaft- darauf zurückzuführen, daß auch während der Ver- lichen Besitz des Bundes: Das betrifft den nächsten kaufsverhandlungen ständig nach dem Stand dieser Punkt der Großen Anfrage der SPD, die ich jetzt Verhandlungen gefragt wird, über die entgegen zu beantworten habe, zu 2 und 3 nämlich. den mir sonst gemachten Vorwürfen gerade von mir bereitwilligst Auskunft erteilt worden ist. Ich Bei diesen Beteiligungen handelt es sich zum bin im Bundestagsausschuß gewesen, habe dort größten Teil um Gesellschaften mit beschränkter über den Stand der Verhandlungen berichtet und Haftung oder um kleinere Aktiengesellschaften. habe auch sonst, wenn ich gefragt worden bin, Aus- Eine Veräußerung durch Ausgabe von breit ge- künfte hierüber gegeben. streuten Aktien wäre wegen der geringen Größe der veräußerten Beteiligungen aus wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Erwägungen nicht zu ver- Dr. Deist (SPD) : Herr Bundesschatzminister, hal- antworten gewesen und hätte außerdem die von ten Sie es wirklich für fair, nunmehr den Bundes- der Bundesregierung verfolgten gesellschaftspoliti- tag und seine Fragesteller dafür verantwortlich zu schen Ziele mit zu erheblichen Anfangsrisiken be- machen, daß die Verkaufsverhandlungen sieben lastet. Jahre hingezogen wurden und dieses Spiel mit (Hört! Hört! bei der SPD.) den Preisen getrieben wurde? Ich glaube, das ist doch wohl nicht ganz fair. Zu D 1. Es ist beabsichtigt, an der Preußischen Bergwerks- und Hütten-AG private Aktionäre in (Widerspruch und Zurufe bei der CDU/ der Weise zu beteiligen, daß das Grundkapital die- CSU.) ser Gesellschaft von zur Zeit 75 Millionen DM um 30 Millionen DM durch Ausgabe kleingestückelter Dr. Lindrath, Bundesminister für wirtschaft- Aktien durch die Börse erhöht wird. Nach Durch- lichen Besitz des Bundes: Herr Kollege Dr. Deist, führung dieser Kapitalerhöhung wird der private es geht doch jetzt darum, daß wir den Wünschen Anteil am Aktienkapital der Preußag 28,6 % be- der Käufergruppe wieder nähergetreten sind und tragen. Bei der Ausgabe der neuen Aktien wird Verhandlungen mit ihr aufgenommen haben. Sie eine breite Streuung sichergestellt werden. wissen ganz genau, daß wir diese Verhandlungen, 2. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß was immer der Regierung auch vorgeworfen worden das Eigentum an den in der Preußischen Bergwerks- ist, niemals unter Ausschluß der Öffentlichkeit oder und Hütten-AG zusammengefaßten Betrieben für unter Ausschaltung des Parlaments führen können die Führung der Wirtschaftspolitik nicht von Be- oder auch nur wollen. Wir werden selbstverständ- deutung sein kann. lich, nachdem die Verhandlungen abgeschlossen (Hört! Hört! bei der SPD.) sind, nach den gesetzlichen Vorschriften diesem Hohen Hause die Dinge vorlegen und werden hier- 3. Die Bundesregierung ist der Ansicht, daß bei auch mit Ihnen diskutieren, ob das, was wir durch eine private Beteiligung an der Preußischen Ihnen vorgeschlagen, richtig ist oder nicht bzw. Bergwerks- und Hütten-AG die Interessen der womit wir es begründen. Sie können aber nicht Zonenrandgebiete nicht beeinträchtigt werden, zu- sagen, Herr Kollege Dr. Deist, die Vorlage sei un- mal dort auch bisher bereits große private Betriebe vertretbar. Es (ist ja gar keine Vorlage vorhanden! am Wiederaufbau entscheidend beteiligt gewesen sind. Förderungsmaßnahmen im Interesse der (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) Zonenrandgebiete sind von den Eigentumsverhält- nissen der einzelnen Unternehmen unabhängig. Vizepräsident Dr. Jaeger: Herr Abgeordneter (Sehr richtig! rechts. — Abg. Dr. Deist: Dr. Deist, bitte! Sehr einfach!) Es ist nicht einzusehen, inwiefern durch eine pri- Dr. Deist (SPD) : Darf ich dann wenigstens um vate Beteiligung an der Preußag der Wiederaufbau die Bestätigung bitten, daß die zuständigen Aus- ihrer in Mitteldeutschland gelegenen Werke behin- schüsse, ohne daß eine Vorlage vorgelegen hat, dert werden könnte. mit diesem Vorhaben bei einem Preis von 34 Mil- (Sehr richtig! in der Mitte.) lionen DM befaßt worden sind? Meine Damen und Herren, soweit die Regie- (Zuruf von der CDU/CSU: Keine Frage! rungserklärung zu der von der SPD vorgelegten — Weitere Zurufe in der Mitte.) Großen Anfrage. Ich darf nun einige Bemerkungen zu dem Antrag Dr. Lindrath, Bundesminister für wirtschaft- bezüglich der Howaldtwerke machen. Es ist richtig, lichen Besitz des Bundes: Der Haushaltsausschuß wie Herr Kollege Dr. Deist ausgeführt hat, daß die des Bundestages hat eine Aufklärung über den Veräußerung der Howaldtwerke seit einer Reihe Stand der Verhandlungen erbeten, und dieser Bitte von Jahren schwebt. Es ist aber auch zu beachten, bin ich nachgekommen. Dabei habe ich zum Aus- 1640 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 3 0. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Lindrath druck gebracht, daß die Verhandlungen noch nicht Ich habe mit dem interessierten Käuferkonsor- abgeschlossen sind. tium verhandelt, und das Käuferkonsortium hat (Abg. Dr. Deist: Und haben in diesem dann diesem durch mich vermittelten Wunsch der Stand der Verhandlungen den Kaufpreis Stadt Hamburg entsprochen. mit 34 Millionen DM angegeben!) (Hört! Hört! bei der CDU , CSU.) — In Ordnung; das habe ich getan, weil der Sach- Es hat sich in einer schriftlichen, juristisch ver- verhalt beim Stand der Verhandlungen damals pflichtenden Option zu Händen des Bundesschatz- eben so war. Ich kann ja nichts anderes sagen als ministeriums bereit erklärt, 26 % der zu erwerben- das, was in dem gegebenen Augenblick, wo ich ge- den Anteile zu den gleichen Bedingungen, wie die- fragt werde, Tatsache ist. Aber ich muß auch hier ses Konsortium sie bekommt, an die Stadt Ham- hinzufügen, daß ich immer nur den Stand der Ver- burg weiterzugeben. handlungen angeben kann, so wie er im Augen- (Erneute Hört! Hört!-Rufe von der CDU' blick der Fragestellung ist. Ich halte es allerdings CSU.) nicht für glücklich, solche Verhandlungen von Fall zu Fall zur Diskussion zu stellen, ehe sie abge- Niemals hat aber Hamburg den Wunsch geäußert, schlossen sind. Das ist eine Methode, die niemals das. Werk ganz zu erwerben. Das ist der Stand der dazu führen kann, ein Geschäft ordnungsgemäß Verhandlungen im Augenblick. Ich glaube, daß die abzuschließen. Dinge doch absolut fair, öffentlich und ohne irgend- welche Hintergedanken gelaufen sind. (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von der SPD.) Nun haben Sie, Herr Dr. Deist, mir vorgeworfen, ich hätte das Parlament nicht genügend unterrichtet, Das bedeutet aber nicht, daß Sie hieraus ein Recht ich hätte das Parlament mißachtet. Es sind bezüglich herleiten können, mir vorzuwerfen, ich mißachtete der seinerzeit gestellten Kleinen Anfrage und ihrer das Parlament. Ich werde Ihnen noch den Nachweis Beantwortung harte Worte gefallen. bringen, daß ich zu der Entscheidung, die wir im Jahre 1955 hier getroffen haben, heute noch hun- Die Demokratie beruht auf der Gewaltenteilung. dertprozentig stehe, Herr Kollege Dr. Deist. Ge- Nach dieser steht der Regierung die Exekutive zu. rade ich bin derjenige, der sich bemüht, daß sie Im Rahmen der Gesetze muß sie diese Aufgabe auch in die Tat umgesetzt wird. wahrnehmen. Nach diesem Gesetz brauchte die Bun- desregierung nur die Veräußerung sogenannter un- (Beifall bei der CDU/CSU. — Zurufe von mittelbarer Beteiligungen dem Hohen Hause vorzu- der SPD.) legen. Ich habe damals den Standpunkt vertreten, daß das eine ungenügende Beteiligung des Parla- Sie haben weiter die Frage vorgelegt, ob ich ments ist. Diese Bestimmung könnte ohne weiteres nicht die Howaldtwerke der Stadt Hamburg an- umgangen werden, wenn von der Exekutive in einer bieten wolle, und Sie haben hinzugefügt, wenn ich Dachgesellschaft mehrere Unternehmen zusammen- an Dortmund-Hörder-Hütte verkaufte, dann würden gefaßt werden; dann wäre der Bund nur an der 41% davon die holländischen Werke oder der Dachgesellschaft unmittelbar beteiligt, und er könnte holländische Staat und die Stadt Amsterdam über- die nachgeordneten Gesellschaften einfach veräu- nehmen; ich solle die Werke dann schon lieber der ßern, ohne dem Hause hiervon etwas mitzuteilen. Stadt Hamburg anbieten. Ich darf hier feststellen, Dieser Rechtszustand gilt aber heute. daß ich nicht auf Anregung von Hamburg, sondern von mir aus nach Hamburg gefahren bin und dort Auf der anderen Seite war der Wunsch dieses Hohen dem Regierenden Bürgermeister gesagt habe: Wir Hauses zu berücksichtigen, wie ich ihn selbst hier stehen in Verhandlungen, die Howaldtwerke zu zum Ausdruck gebracht habe. Ich war nicht nur da- veräußern. Welche Wünsche haben Sie für den mals Abgeordneter, sondern bin es auch heute noch, Fall, daß die Veräußerung zustande kommt und Herr Dr. Deist. Sie wollten eine klare Antwort, des- vom Bundestag gebilligt wird? Auf diese Frage hin wegen sage ich es so prononciert. Ich bin auch heute haben wir die Wünsche Hamburgs erörtert, und noch der Auffassung, daß diese Dinge geändert wer- die Stadt Hamburg hat daraufhin ein Interesse für den sollten. Ich habe, solange sie nicht geändert eine Sperrminorität bekundet. sind, die Anweisung gegeben, daß die zuständigen Bundestagsausschüsse von den jeweils durchgeführ- Diesen Wunsch der Stadt Hamburg habe ich aus ten Veräußerungen informiert werden, wenn es sich drei Gründen respektiert. Zunächst bin ich der Mei- um mittelbare Beteiligungen handelt und nach dem nung, daß die Stadt Hamburg ein arbeitsmarkt- Gesetz das Hohe Haus nicht gefragt zu werden rechtliches Interesse an den Howaldtwerken hat. braucht. Das ist geschehen, indem wir den zustän- Zweitens bin ich der Auffassung, daß die Stadt digen Ausschuß davon unterrichtet haben. Hamburg ein hafenpolitisches Interesse an den Ho- waldtwerken hat. Drittens war für mich ausschlag- Ich habe diesen Gedanken im übrigen auch in der Regierungserklärung zum Ausdruck gebracht, die gebend, daß die Stadt Hamburg Eigentümerin des ich Ihnen soeben vorgetragen habe, daß also nach Grund und Bodens ist, auf dem dieses Werk steht. dieser Richtung hin etwas geschehen soll. Deswegen glaubte ich auch in diesem Falle, in dem wir ein Unternehmen aus der öffentlichen in die pri- Weiterhin haben Sie davon gesprochen, daß der vate Hand überführen wollen, dem Wunsch Ham- Bund auf die Gesellschaften weitgehend Einfluß burgs, eine Sperrminorität zu haben, Rechnung tra- nehmen möge und seine Aufgaben versäume, wenn gen zu sollen. er dies nicht nachhaltig genug tue. Sie haben gleich- Deutscher Bundestag -- 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1641

Dr. Lindrath zeitig — das war aus Ihrem Vortrag deutlich er- rungen auch durchaus anerkannt, daß hierzu in den kennbar — auch die rechtliche Seite berücksichtigt; Vorbemerkungen zum Haushaltsplan sehr viel ge- diese kennen Sie. Die Dinge sind doch so, daß der sagt worden ist. Nach unserer Auffassung ist aber Bund als Träger des Kapitals, als Aktionär seine die Form etwas unglücklich gewesen. Denn die Vor- Rechte nur über den Aufsichtsrat geltend machen bemerkungen zum Haushaltsplan sind zwar den Ab- kann. Auch das haben Sie erklärt. Der Bund kann geordneten zugänglich und werden von diesen, ins- den Aufsichtsrat bestimmen, nicht in jeder Weise, besondere von den Kollegen, die sich damit zu teilweise auch eingeengt durch gesetzliche Bestim- befassen haben, auch gelesen und studiert. Die brei- mungen. Ich denke hier an das Mitbestimmungs- tere Öffentlichkeit draußen hat aber von diesen recht. Insoweit muß er den Aufsichtsrat nach dem Vorbemerkungen nicht in dem Maße Kenntnis be- Gesetz bestimmen. Aber auch das haben Sie an- kommen, wie es die Bedeutung der Bundesunter- erkannt — es muß doch betont werden, welche nehmen an sich verlangt. Schwierigkeiten hier bestehen. Das Aufsichtsratsmit- glied hat nach den Vorschriften des Aktienrechts das Deswegen haben wir uns entschlossen, diese Wohl der Gesellschaft wahrzunehmen. Steht diese ganze Frage noch ausführlicher als bisher in einem Wahrnehmung nicht im Einklang mit der Politik Sonderdruck darzustellen. Dieser Sonderdruck soll der Bundesregierung, dann kann diese das Auf- gleichzeitig eine Art Bestandsaufnahme sein, damit sichtsratsmitglied abberufen und ein neues bestel- wir für spätere Diskussionen eine Grundlage ha- len. Weiteren Einfluß geltend zu machen, ist nicht ben. Er hat naturgemäß erhebliche Arbeit gemacht. möglich. So ist die Rechtslage. Er wird gegenwärtig ausgedruckt und soll, wenn er vorliegt, selbstverständlich allen Abgeordneten, Dr. Deist (SPD) : Herr Bundesschatzminister, ken- Herr Kollege Dr. Deist, zugeleitet werden. Wenn nen Sie nicht die Bestimmung des Aktienrechts, die Sie darüber hinaus für sonstige Verwendung noch sehr deutlich sagt, welche Aufgaben der Vorstand weiteren Bedarf haben, möchte ich Sie bitten, uns eines Unternehmens hat? Da steht nämlich folgen- dies mitzuteilen. Deswegen unsere Anfrage. Daß des drin, und zwar, da dieses Gesetz im Jahre 1937 die Damen und Herren dieses Hauses diesen Son ergangen ist, im nationalsozialistischen Jargon. derdruck bekommen, habe ich allerdings als selbst Aber Sie wissen selbst wie ich, daß das nicht Aus- verständlich vorausgesetzt. Ich habe aber gesehen, fluß nationalsozialistischer Überlegungen, sondern (laß selbst hei einem so hochgeschätzten Kollegen der ganzen Überlegungen um die Aktienrechtsre- wie Herrn Dr. Deist noch ein Mißverständnis ent- form war, die bis 1929, 1930 zurückgehen. standen war, so daß ich mich fragen muß, ob ich mich deutlich genug ausgedrückt habe. Sollte das nicht der Fall sein, so bitte ich um Entschuldigung. Vizepräsident Dr. Jaeger: Sie wollten eine Frage stellen! Sie haben eine weitere Frage an mich gerichtet. Sie betrifft das Thema Volksaktie—Namensaktie. Auch hierzu gestatten Sie mir noch ein kurzes Wort. Dr. Deist (SPD): Ich darf zur Begründung sagen, Die Volksaktie muß, wenn sie eine andere Aktie daß da auf „deutsch" übersetzt drinsteht, daß der als die Normalaktie sein soll, entweder mehr oder Vorstand das Interesse des Unternehmens, das Wohl weniger Rechte als diese haben. Sie muß sich in der Belegschaft und das allgemeine öffentliche In- ihrem Inhalt irgendwie von der Normalaktie unter- teresse zu beachten hat. Das steht selbst für private Gesellschaften als Aufgabe des Vorstandes doch scheiden. Meine persönliche Auffassung ist die, daß wohl im Aktienrecht drin. Oder irre ich mich? eine Aktie, die als vinkulierte Namensaktie stark be- schränkt ist, ein geringeres Eigentumsrecht darstellt als eine Aktie mit einer größeren Fungibilität. Des- Dr. Lindrath, Bundesminister für wirtschaft wegen bin ich der Auffassung, wir sollten die Volks- lichen Besitz des Bundes: Sie haben sich nicht geirrt. aktien als kleingestückelte Aktien nach dem jetzt Das steht drin, Herr Kollege Dr. Deist. Deswegen geltenden Recht herausgeben und zum Kauf anbie- habe ich auch in der Regierungserklärung deutlich ten. Die Möglichkeiten der Schaffung besonderer zum Ausdruck gebracht — Sie haben es sicher nicht Rechte, soweit dies möglich ist, sollten wir dann überhört —, daß die Bundesregierung ihren Ein- - bei der allgemeinen Aktienrechtsreform erörtern. fluß, den sie auf die Unternehmen hat, zur Geltung Sofern Wünsche bestehen, kann man dann gege- bringen will und daß die Unternehmensleitungen benenfalls eine bessere Ausstattung mit Rechten hier auch eine gute Bereitschaft haben erkennen durchführen. lassen. Ich spreche hier von der rechtlichen Seite. Ich glaube, damit habe ich zu den wesentlichsten Mit juristischen Mitteln, vor Gericht durchsetzbar, Angriffen Stellung genommen, die hier gegen mich kommen wir hier nicht zum Zuge, das geht nicht. vorgebracht worden sind. Ich glaube, darüber sind wir uns einig. (Beifall bei der CDU/CSU.) Nun zu der Berichterstattung und der brieflichen Anfrage, die nicht nur Sie, sondern alle Fraktionen dieses Hohen Hauses, die Parteien und andere Stel- Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Haus hat die Beantwortung der Großen Anfrage vernommen. len, wie die Gewerkschaften und weitere Organi- Wird eine Aussprache hierüber gewünscht? — Das sationen der Wirtschaft, bekommen haben. Meine ist der Fall. Damen und Herren, die Berichterstattung über die Bundesunternehmen war bisher schon besser als ihr Ich erteile das Wort dem Abgeordneten Dr. Ruf. Herr Kollege Dr. Deist hat in seinen Ausfüh Burgbacher. 1642 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Dr. Burgbacher (CDU/CSU) : Herr Präsident! beträgt rund 85 Millionen DM. Wenn Sie die Zahl Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der der verkauften Unternehmen und die Größe des Fraktion der SPD und der mitzubehandelnde An- Erlöses vergleichen, werden Sie feststellen, daß die trag betreffend die Howaldtwerke werfen grund- Behauptung, darunter seien wenige geeignete Ob- sätzliche Fragen auf, die bei dieser Gelegenheit zu jekte zur breiten Eigentumsstreuung, glaubhaft ist. sehen sind und wohl auch nach Ansicht der An- Wir möchten aber trotzdem bei dieser Gelegenheit tragsteller gesehen werden sollen. anregen, in Zukunft verschiedene bundeseigene Unternehmen zu einer Unternehmensgruppe zu- Zunächst einmal möchten wir etwas klarstellen. sammenzufassen, die etwas ausgeglichenere Risiken Wir sind sehr wohl der Meinung, daß eine Regie- hat und deren Gegenwert dazu beitragen kann, daß rung eine gute Wirtschaftspolitik zu machen hat, wir unser gesellschaftspolitisches Ziel der breiten daß aber bundeseigene Unternehmen, mindestens Vermögensstreuung erreichen. soweit sie der absolut freien Marktwirtschaft an- gehören, keine geeigneten Mittel sind, um Wirt- (Beifall in der Mitte.) schaftspolitik zu machen. Die Wirtschaftspolitik der Herr Kollege Dr. Deist hat erklärt, auch er sei der Regierung und des Parlaments hat sich auf andere Meinung, daß Bundesbeteiligungen nur bei öffent- Wege begeben. Ich nenne Geld- und Kreditpolitik, lichem Interesse am Platz seien. Ich glaube, unter ich nenne die Handelsverträge, ich nenne auch der Voraussetzung, daß wir über den Begriff des unter Umständen die öffentlichen Aufträge, die zu öffentlichen Interesses einig sind, sind wir in die- vergeben sind. sem Punkte einig. Allerdings, wo ist die Grenze Die Frage der gesellschaftspolitischen Situation des öffentlichen Interesses? Ist es nicht auch öffent- wird bei dem Thema der breiten Eigentumsstreu- liches Interesse, daß Getreide angebaut und Brot ung angeschnitten, und auf diese will ich noch kom- gebacken wird? Wo ist da die Grenze? Aus dieser men. Ich darf jetzt schon sagen, daß wir von der Fragestellung ergibt sich unsere Meinung, der CDU fest entschlossen sind, den Weg der breiten Bund soll keine Unternehmen der absolut freien Eigentumsstreuung zu gehen. Wir sehen ihn als Marktwirtschaft besitzen, damit er nicht eine be- folgerichtige Etappe in der Politik, die wir seit fangene Wirtschaftspolitik macht, sondern er soll 1949 gemacht haben. eine Wirtschaftspolitik auf höherer Ebene, auf Was die Angelegenheit der Howaldtwerke be- volkswirtschaftlicher Ebene machen. Wahrschein- trifft, so möchte ich bestätigen, daß der Sozialaus- lich ist das die klarere Meinung. Wir geben zu, daß schuß der CDU des Rheinlands Bedenken nicht es Grenzfälle gibt. — Bitte, Herr Dr. Deist! gegen die Privatisierung, sondern gegen diese Form der Privatisierung erhoben hat. Diesen Bedenken Dr. Deist (SPD) : Herr Kollege Burgbacher, darf ist — ich glaube, daß spricht für die Objektivität ich Sie bitten, das, was Sie unter absolut freier unserer Freunde - auch der Wirtschaftsausschuß Marktwirtschaft verstehen, in der es keine Bundes- der CDU des Rheinlandes beigetreten. Wir erlau- unternehmungen geben kann, zu meiner Informa- ben uns, an die Regierung die Bitte zu richten, zu tion des näheren zu erläutern? dem betriebswirtschaftlichen Gutachten über den angemessenen Wert, das die Regierung bereits angefordert hat, auch ein sozialökonomisches Gut- Dr. Burgbacher (CDU/CSU) : Nun, den Fall der achten anzufordern. Wir haben weiter den drin- Howaldtwerke zum Beispiel rechne ich zur abso genden Wunsch, daß bei der endgültigen Vorlage ut freien Marktwirtschaft. für die Genehmigung des Verkaufs der Howaldt- (Abg. Dr. Deist: Vielen Dank!) werke Wege und Mittel gefunden werden, die Herr Kollege Deist, ich habe von Ihrer wirt- sicherstellen, daß die Erlöse daraus mittelbar oder schaftswissenschaftlichen Bildung eine so hohe Mei- unmittelbar — aber sicher — ausschließlich zur nung, daß ich überzeugt bin, Sie wissen genau, was breiten Vermögensstreuung verwendet werden. ich meine. (Beifall bei der CDU/CSU.) (Heiterkeit.) Was den Antrag der Fraktion der SPD betr. -lIch bin überzeugt, wir sind z. B. darin einig, daß Howaldtwerke betrifft, so schlagen wir vor, ihn an etwa auf dem Gebiet der Elektrizität, der Gaswirt- den wirtschaftspolitischen Ausschuß zu überweisen. schaft — um einmal ein mir naheliegendes Beispiel Wir bitten allerdings, auch zu prüfen, ob eine Bin- zu nennen — keine absolut freie Marktwirtschaft dung, wie sie dort vorgesehen ist, rechtlich über- vorhanden ist. haupt zulässig ist. Die Tatsache, daß bei dem Ver- kauf der Howaldtwerke heute schon darüber ge- (Zuruf von der SPD: Preußag!) sprochen wird, daß das Land Hamburg mit 26 % — Entschuldigen Sie, die Preußag hat keinerlei beteiligt werden soll, möge allen beweisen, daß Monopol, während die Energiewirtschaft Monopole wir in diesen Fragen nicht absolute Dogmatiker hat — ein Transportmonopol , und auf diesem sind, sondern daß wir besonderen Gründen auch Gebiet lassen wir mit uns reden, ob das eine ge- in besonderer Weise Rechnung zu tragen bereit mischtwirtschaftliche oder öffentliche Aufgabe ist. sind. Aber von allem, was eindeutig freie Marktwirt- Nun sind bisher, wie Sie gehört haben, schon schaft ist, hat eine Regierung, die wir gebildet eine Reihe von bundeseigenen Unternehmen ver- haben, nach unserer Auffassung die Finger zu las- kauft worden. Der gesamte Verkaufserlös daraus sen; vielmehr hat sie eine Wirtschaftspolitik zu Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1643 Dr. Burgbacher machen, die die freie Entfaltung dieser Unterneh- zu trennen. Es ist doch tatsächlich so, daß wir un- men zum Nutzen aller gewährleistet. sere notwendigen Investitionen — und wir haben (Beifall in der Mitte. — Zurufe in der deutschen Wirtschaft noch sehr viele zu von der SPD.) machen — nur dann nicht über den Preis machen müssen und machen können, wenn der Kapitalmarkt Wir glauben, daß wir einen folgerichtigen Weg zu- in Ordnung ist, d. h. wenn genügend Sparkapital rückgelegt haben und daß wir uns mit der Forde- vorhanden und ausreichend angeboten ist. Hier be- rung nach breiter Vermögensbildung weiter auf gegnen sich diese zwei wichtigen Fragen; sie stehen dem richtigen Weg befinden. in unlösbarem Zusammenhang. Es ist ganz klar, daß wir in der hinter uns liegen- In den Zeiten des Hochkapitalismus war es der den Zeit unsere Aufmerksamkeit dem Aufbau, der Wille — zumindest das Ergebnis —, daß sich das Vollbeschäftigung, der relativen Krisenfestigkeit, Vermögen in Händen sehr weniger konzentrierte. der Rentenreform und anderen Aufgaben zu wid- Der marxistische Sozialismus will die Konzentration men hatten. Aber ebenso klar ist, daß nunmehr in in der Staatshand. Beides wollen wir nicht. Wir wol- der natürlichen Entwicklung dieser volkswirtschaft- len in der Staatshand nur Vermögen, soweit das lichen Etappen, wie wir sie sehen, ganz organisch unvermeidbar ist, und wir wollen in der Personen- der Übergang zur Eigentumsbildung kommen muß. hand so viel, wie nur irgend möglich ist, wobei wir Ich hoffe, Ihnen auch an Hand einiger Zahlen be- in dem Hohen Hause wahrscheinlich darin einig legen zu können, daß wir schon mitten darin sind; sind, daß die breiteste Streuung uns die liebste ist. denn Wirtschaftspolitik und Gesellschaftspolitik — Wenn man nun versucht, einen Standort zu fin- in diesem Falle Wirtschaftspolitik: bundeseigene den und festzustellen, wo wir denn jetzt in der Bun- Unternehmen zu veräußern, soweit sie der freien desrepublik mit der Vermögensbildung stehen, dann Marktwirtschaft gehören; in diesem Falle Gesell- stößt man auf eine Merkwürdigkeit. Ich glaube, schaftspolitik: Schaffung von Vermögen in breiter diese Merkwürdigkeit ist auch schon einmal von Streuung — sind absolut wie Bruder und Schwester. Kollegen der SPD gerügt worden. Es fehlt eine zu- Bei der Betrachtung des Eigentumsbegriffes und verlässige Ubersicht über die Vermögensstreuung. des Begriffes der sogenannten Freiheit des Eigen- Man muß versuchen, und das ist mühevoll, sich über tums muß man berücksichtigen, daß unsere Ökono- eine Frage Vorstellungen zu machen, die gesell- mie in hohem Grade politisiert ist durch die Steu- schaftspolitisch von nicht zu unterschätzender Be- ern, die Staatshaushalte, die Währungs-, Geld- und deutung ist. Kreditpolitik. Deshalb muß man anerkennen, daß das Eigentum von heute mit dem Eigentum etwa (Sehr wahr! bei der SPD.) zur Zeit des Hochkapitalismus nicht mehr viel und Ich möchte deshalb hier anregen, daß diesem Mangel in wesentlichen Punkten nichts mehr zu tun hat, beim Statistischen Bundesamt oder sonstwo nun eben wegen dieser absoluten staatlichen, sozialen endlich Abhilfe geschaffen wird; denn wie kann man Bindung, in der alle, die Eigentum haben, mit über ein Grundproblem diskutieren — außer in der Recht stehen. Theorie —, wenn man nicht einmal weiß, wo man Trotzdem hängen wir nach wie vor dem alten in Wirklichkeit steht. bürgerlichen Recht an, daß Eigentum heißt inne- (Zuruf von der SPD: Beantragen Sie es haben: freies Veräußerungsrecht, freies Nutzungs- doch!) recht und freies Verfügungs- und Weisungsrecht, - Ja, das werden wir auch tun. Ich habe schon ver- und daß es nur Sinn hat, Eigentum zu bilden, wenn sucht, mir aus den Unterlagen einiges zusammen- der Staat eine Politik macht, die unerschütterlich zustellen, und will Ihnen gleich einige Zahlen nen- von der Unantastbarkeit des Eigentumsbegriffes nen. ausgeht. Zu dieser Unerschütterlichkeit des Eigen- tumsbegriffes gehört natürlich auch, wenn man ein Wir sind bezüglich der Vermögensbildung aller- Volk zur Eigentumsbildung aufruft, die tiefe innere dings der Meinung, daß die Mitbürger, denen es Verpflichtung, der Währungsstabilität zu dienen und bisher fern lag, an Aktienwertpapiere und Invest- dafür einzutreten, daß für alle Vermögensformen mentpapiere zu denken, von uns behutsam, loyal gleiche Rechte und Pflichten gelten und dabei keine und korrekt an diese Werte herangeführt werden verschiedene Behandlung eintritt. sollten. Es geht aber nicht an, daß sie Aktien kaufen statt Geld zu sparen, sondern sie sollen neben den Bei der Kleinaktie, genannt Volksaktie, wird von Ersparnissen in Geld auch Aktien haben. Es wäre Verschiedenheiten sozialer Art gesprochen. Eine nicht gut und klug, nunmehr vom Geldsparen, Bau- Verschiedenheit sozialer Art bei der Ausgabe be- sparen, Lebensversicherungssparen usw. etwa mit jahen wir. Aber wir wünschen, wenn das Papier da dem Hinweis auf Volks- und Kleinaktien abzuhalten. ist, daß es ein Papier wie andere Papiere auch ist, Das wäre in jeder Beziehung falsch. Denn Volks- weil es anders leicht zum Nachteil des Eigentümers und Kleinaktien sind nur dann richtig placiert, wenn ausschlagen könnte. Was hier an Rechtsvorschriften sie im Falle eines persönlichen Notstandes nicht geschaffen werden muß, gehört in die allgemeine sofort verkauft werden müssen. Deshalb muß mit Aktienrechtsreform. Dort ist auch der Platz, sich der breiten Vermögensstreuung eine organische über Stimmrechtsbegrenzungen und andere Fragen, hoffentlich mit Erfolg, den Kopf zu zerbrechen. Gliederung der Privatvermögen, auch kleinerer Ver- mögen, und eine Verteilung der Risiken Hand in Ich sagte: Gesellschaftspolitik und Wirtschaftspoli- Hand gehen. Daß der Haus- und Wohnungsbesitz tik gehören zusammen, sie sind nicht voneinander die klassische und dem Menschen sympathischste 1644 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Dr. Burgbacher Eigentumsform ist, braucht nicht besonders erwähnt halte mit einem vermögensteuerpflichtigen Vermö- zu werden. gen von 30 Milliarden DM. Wenn man nun von den 250 Milliarden DM privates Vermögen in der Bun- Nun einige wenige Zahlen. Es gibt eine Unter- republik diese 30 Milliarden DM abzieht, bleiben suchung von Ferdinand Grünig, der den Versuch 220 Milliarden DM. Da wir 14 Millionen Haushalte einer volkswirtschaftlichen Vermögensrechnung ge- haben, würde das bedeuten, daß pro Haushalt im macht hat. Alle Zahlen gebe ich unter Vorbehalt. Durchschnitt ein Vermögen von etwa 16 000 DM da Ich würde mich freuen, wenn sie in der Diskussion ist, worin allerdings das Hausratvermögen mit konkretisiert oder berichtigt würden. etwa 5000 DM pro Haushalt enthalten ist. Wenn Im großen gesehen ist es heute schon so, daß sich diese Statistik auch unvollsändig ist, so beweist sie von etwa 500 Milliarden Nationalvermögen die gute doch, daß sich unser Volk auf dem Wege der Ver- Hälfte in Personenhand und die knappe Hälfte in mögensbildung befindet. öffentlicher Hand befinden. Wenn man sich überlegt, Im übrigen: die gesellschaftspolitisch so sehr um- ob der Staat noch bundeseigene Unternehmen ha- strittenen Produktionsmittel machen von dem ge- ben muß, um Wirtschaftspolitik zu machen, muß samten Nationalvermögen etwa 20 bis 25 % aus, man sehen, daß dieser Staat auf dem Weg über die nicht mehr und nicht weniger. Die privaten Haus- öffentlichen Einnahmen über 40 % des Sozialpro- halte haben nach Grünig seit der Währungs- dukts verfügt und fast 50 % des Nationalvermögens reform in ihrem Hausratvermögen etwa 65 Milliar- in seiner Hand hat. Wenn das so ist, wäre auch den DM, nennen Sie es: erspart, nennen Sie es: an- ohne unser marktwirtschaftliches Dogma bewiesen, gelegt, die öffentlichen Haushalte etwa 80 bis 90 daß bundeseigene Unternehmen nicht erforderlich Milliarden DM, darunter aber 20 Milliarden DM in sind. Sozialfonds und 25 Milliarden DM im sozialen Woh- (Abg. Dr. Deist: Gestatten Sie eine Zwi nungsbau. Diese Investitionen über das öffentliche schenfrage?) Vermögen im sozialen Wohnungsbau kann man nicht ohne weiteres mit dem öffentlichen Vermögen Vizepräsident Dr. Jaeger: Herr Abgeordneter gleichsetzen, um so mehr — erschrecken Sie bitte Dr. Deist! nicht — da wir auch vorhaben, dieses soziale Woh- nungsvermögen, sobald die Zeit dazu gekommen ist, in privates Eigentum zu überführen. Dr. Deist (SPD): Herr Burgbacher, können Sie sagen — ich kenne die Aufstellung nicht genau, ich Die Spareinlagen betragen zur Zeit rund 30 Mil- wäre für eine Ergänzung dankbar —, welche Bedeu- liarden DM. Dabei ist interessant, daß die Sparrate tung im Rahmen des gesamten Nationalvermögens, vom April 1957 auf April 1958 von 290 Millionen von dem also knapp 50 % in öffentlicher Hand sind, DM auf 460 Millionen DM gestiegen ist, so daß in diese wirtschaftlichen Bundesvermögen ausmachen den ersten vier Monaten 1957 1,8 Milliarden DM - 1/21/4 %%, ? und in den ersten vier Monaten 1958 2,4 Milliarden DM mehr gespart wurden. Ich will mit diesen Zah- len belegen — ich wiederhole es —, daß unser Volk (CDU/CSU): Sie wissen ja, daß Dr. Burgbacher auf dem Wege zur Eigentumsbildung ist. Diese Ent- die Bewertung des Bundesvermögens, wie Sie selber wicklung müssen wir nach Kräften fördern. Lebens- dargelegt haben, äußerst umstritten ist. versicherungen sind über 44 Milliarden DM abge- (Zurufe von der SPD. — Zuruf links: Schla schlossen, und zwei Millionen deutscher Haushalte gen Sie 100 % drauf!) haben Bausparverträge über 30 Milliarden DM ab- — Jawohl, ich beantworte das sehr gern; das ist geschlossen. aber ein Bumerang für Sie. Ich glaube nicht, daß in Das alles sind erhebliche Zahlen. Wenn man nun den veräußerbaren Bundesvermögen 10 Milliarden versucht, eine Komposition zu machen, was bei darin sind. echtem Privatvermögen — ohne die Unternehmen (Zurufe von der SPD: Zehn? Fragen Sie mal — gebildet worden ist, so ergibt sich folgendes den Bundesschatzminister!) Bild. Wie sich das Unternehmensvermögen auf — Ja, ich habe jetzt Ihre Verdoppelung vorgenom- Personen verteilt, war nicht festzustellen; das ist men; - einer der Mängel unserer statistischen Unterlagen. (Lachen bei der SPD) Aber das echte private Haushaltsvermögen hat — ich wiederhole es — Zugänge im Hausrat von sagen wir fünf! Das, was Sie wissen wollen, bestä- 45 Milliarden DM, im Spargeld von 25 Milliar- tige ich Ihnen gern: daß diese Bundesbeteiligungen den DM und im Bausparen von 10 Milliarden DM. im Verhältnis zum öffentlichen Vermögen so klein Das sind immerhin seit der Währungsreform sind, daß sie wirtschaftspolitisch überhaupt uner- 80 Milliarden DM private Vermögensbildung, ohne heblich sind. die nicht erfaßbaren Anteile über Beteiligungen an (Abg. Dr. Deist: „So klein", das akzeptiere Unternehmen. Die Sparquote betrug 1956 6 %, 1957 ich!) 7 % und 1958 11 % der verfügbaren Einkommen. Ich habe nun versucht, Angaben über eine Ver- Die Privatisierung der bundeseigenen Vermögen mögensstreuung zu errechnen. Nach einer unkom- und des Volkswagenwerks, das dazu gehört, wird pletten Statistik beim Bundesfinanzminister haben weitergehen. Sie wissen, daß die Verhandlungen wir, wenn sie für die Bundesrepublik repräsentativ über das Volkswagenwerk schon weiter wären, ist, rund 500 000 vermögensteuerpflichtige Haus wenn die Verhandlungen zwischen dem Bund und Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1645 Dr. Burgbacher dem Lande Niedersachsen weiter gediehen wären. — Ja, es wird auch von uns abhängen; wir wollen Die Möglichkeiten der privaten Vermögensbildung das so. Der Weg wird weiter gegangen; er wird dürfen sich nicht in der Veräußerung der Bundes- ohne Hast gegangen. Verschleudert wird nichts. Es vermögen erschöpfen. Die Möglichkeit, Bundesver- wird auch kein Dogma zu Tode geritten. Im Aus- mögen zu veräußern, stellt nur einen Bruchteil der nahmefall kann ein Land auch eine Minderheits- Möglichkeiten für private Vermögensbildung dar, beteiligung erhalten. Vor allem kann der Bund um die es uns geht. Wir wünschen, daß die alten Mehrheits- oder Minderheitsbeteiligungen behal- klassischen Formen weiter privilegiert werden. ten. Es ist gar nicht gesagt, daß alles hundertpro- Deshalb wird dieses Hohe Haus demnächst das Ge- zentig privatisiert werden muß. Aber von dem Weg setz über die Sparprämien verabschieden. Die der privaten Vermögensbildung wird uns niemand Steuerreform, die wir zur Zeit beraten, liegt auf mehr abbringen! derselben Linie. Elf Millionen Deutsche werden (Beifall in der Mitte.) absolut frei von direkten Steuern. Wir hoffen, daß diese Freisetzung und die Verabschiedung des Sparprämiengesetzes der Bildung von persönlichem Vizepräsident Dr. Jaeger: Herr Abgeordne- Vermögen förderlich sind. ter Dr. Burgbacher, es dürfte sich um einen Irrtum handeln. Große Anfragen werden den Ausschüssen Daß wir die Kleinaktien neben und nicht an Stelle nicht überwiesen; sie sind mit der Aussprache er- des Geldsparens wollen, darf ich noch einmal wie- ledigt. derholen. Und daß wir über eine Aktienrechtsreform die für alle gültigen Bestimmungen auch für die Volksaktie haben wollen, habe ich schon ausge- Dr. Burgbacher (CDU/CSU) : Mein Antrag auf führt. Ob und wie die Unternehmen Belegschafts- Ausschußüberweisung bezieht sich nur auf den An- aktien schaffen wollen, das soll der freien Ent- trag betreffend die Howaldtwerke. schließung derer vorbehalten bleiben, die nach dem Gesetz und der Satzung damit zu tun haben. Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Atzenroth. Ich möchte zum Schluß noch einmal darauf hin- weisen, daß der Vorgang der Vermögensbildung, die Erhaltung der Preisstabilität, die Förderung der Dr. Atzenroth (FDP) : Meine Damen und Her- Produktivität und die Beseitigung der Investierung ren! Es gibt wohl keine Partei in diesem Hause, über den Preis eine organische Einheit darstellen. für die die Haltung zu der hier behandelten An- Wir können deshalb mit Befriedigung feststellen, frage so eindeutig und so klar ist wie für die FDP. daß der Wertpapierabsatz im April erstmals über (Lachen bei der CDU/CSU.) eine Milliarde DM im Monat gewesen ist und daß Wir kämpfen stets und ohne jede Einschränkung, damit der Anteil der Wertpapierfinanzierung an nicht wie Sie nur teilweise, für die Durchführung der Nettoinvestition, der im Jahre 1927 70 % aus- freien Marktwirtschaft gemacht hatte, der dann nach der Währungs- der als der einzigen Wirt- schaftsform, die unser Volk in Wohlstand gebracht reform auf Null heruntergefallen ist, und der 1957 wieder 18 % ausmachte, zur Zeit bereits bei 35 % hat. Wir kämpfen für die private Initiative und für liegt. Deshalb ist auch der Trend der Vermögens- den freien Wettbewerb. Wir bestreiten — Herr bildung so wichtig, nämlich daß im Jahre 1950 bis Burgbacher, hören Sie bitte zu — im Gegensatz 1957 die Privathaushalte ihren Anteil von 20 auf zu Ihnen dem Staat das Recht, sich erwerbswirt- 25 % gesteigert, die Unternehmen ihren Anteil schaftlich zu betätigen und mit der privaten Wirt- von 50 auf 35 % reduziert haben, während ihn schaft in einen Wettbewerb zu treten allerdings die öffentliche Hand noch von 30 auf (Dr. Burgbacher: Das tun wir auch!) 40 % gesteigert hat. Diese Zahlen mit dem Ent- — nein, Sie haben wesentliche Einschränkungen wicklungstrend müssen wir bei der Weiterverfol- gemacht —, der naturgemäß immer mehr oder gung unserer Politik in Betracht ziehen. weniger unlauter sein muß. Meine Freunde und ich beantragen die Überwei- Wir sind allerdings mit den Anfragern der Mei- sung der Anfrage und des Antrags betreffend die nung, daß, solange und soweit Betriebe in der Howaldtwerke an den Wirtschaftspolitischen Aus- öffentlichen Hand sind, die parlamentarische Kon- schuß und bitten darum, daß die Regierung bezüg- trolle erweitert werden muß. Insoweit halten wir lich der Howaldtwerke noch ein sozialökonomisches uns an den Beschluß, den wir im Jahre 1955 mehr Gutachten einholt. Vor allem aber bitten wir, bei oder weniger gemeinsam gefaßt haben, bei dessen der endgültigen Regelung eine Lösung zu präsen- Verwirklichung Sie, meine Herren von der CDU, tieren, bei der der Erlös mittelbar oder unmittelbar, uns leider nicht geholfen haben. aber sicher dem Zweck der breiten Vermögens- streuung nutzbar gemacht wird. Herr Dr. Deist fordert, daß der Bund wirtschaft- liche Unternehmungen betreibt, weil ein öffent- (Zuruf.) liches Interesse auf dem Spiele stehe. Das — Herr — Wie das gemacht wird? Dafür sind die zuständig, Dr. Deist, nehmen Sie es mir nicht übel — ist die die die Verhandlungen zu führen haben, und wenn gleiche unklar gehaltene Formulierung, die wir aus man will, findet man den Weg. Stuttgart gehört haben. Auch dort hat man unter der Überschrift „freiheitliche Wirtschaft" — man (Zuruf von der SPD.) hat das Wort „freiheitliche" gebraucht — eine 1646 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Atzenroth öffentliche Kontrolle gefordert, wenn das Privat- — Betrachten Sie einmal die Gesamtheit des Bun- eigentum seine gesellschaftlichen Funktionen nicht desbesitzes und vergleichen Sie sie mit dem größ- erfüllt. Alles viel Nebel, keine klaren Begriffe! ten Konzern, den es jemals in Deutschland gegeben Überall hat man die klaren, eindeutigen Begriffe hat, dann werden Sie das Mißverhältnis sehr vermieden, die es erst erlauben, zu Ihren Forde- schnell erkennen können. rungen sachlich Stellung zu nehmen. Hinter allem Im Gegensatz zu den von Dr. Deist aufgestellten steht nach unserer Meinung nach wie vor das Behauptungen ist eine Preissenkung noch niemals Streben zur Sozialisierung. von den öffentlichen Unternehmungen ausgegan- Herr Dr. Deist fordert in seiner Begründung zu gen. Diese sind im allgemeinen an der Spitze mar- Teil A der Großen Anfrage einmal Sonderrechte schiert, wenn es sich um Preiserhöhungen handelte, für Unternehmen der öffentlichen Hand. So haben und die öffentliche Hand hat sich auch immer da, Sie z. B. eine Weisungsbefugnis des Aufsichtsrates wo Kartelle vorhanden waren, sehr kräftig und an den Vorstand gefordert. Dann aber beklagen sehr tatkräftig an diesen Kartellen beteiligt. Wenn Sie sich wieder, daß das Aktienrecht nicht befolgt Sie also die Gefahr der Marktbeherrschung an die werde. Sie selber geben damit einen neuen Beweis Wand malen, dann stehen wir auf Ihrer Seite; aber dafür, daß man eben in der Wirtschaft nicht zwei- wir gehen nicht den Weg, nun deswegen den Bund, erlei Unternehmenstypen aufrechterhalten kann. die öffentliche Hand dort hineinzubringen; dadurch Man kann vielmehr nur eine Art von Unternehmen würde die Gefahr noch größer werden. Wir sehen betreiben, und das sind Unternehmen in privater die Möglichkeit, der Gefahr der Marktbeherrschung Hand. Sie haben von der Stellung der Aufsichts- entgegenzuwirken, nur in einer sehr schnellen und ratsmitglieder gesprochen und den Fall vorgetra- sehr radikalen Änderung des Aktienrechts, und gen, der sich seinerzeit im Wirtschaftsausschuß ab- wir können uns da, Herr Burgbacher, nicht auf eine gespielt hat und an den ich mich ganz genau er- lange Vertröstung einlassen, sondern müssen die innere. Damals haben zwei Aufsichtsratsmitglieder, Bundesregierung auffordern, mit dieser Änderung zwei höhere Beamte des Bundes, erklärt, daß sie in sehr schnell Ernst zu machen; denn mit einer Ände- dieser Eigenschaft nicht an die Weisungen der Re- rung des Aktienrechts könnte die Gefahr am aller- gierung gebunden seien, sondern das Interesse des ersten gebannt werden. Unternehmens wahrzunehmen hätten, — wie es im Wir sind mit der SPD auch nicht einig, wenn sie Aktiengesetz steht. Ja, Herr Dr. Deist, wie hätten fordert, daß der Bund auf dem wirtschaftlichen Ge- Sie sich denn verhalten? Sie sind doch in der glei- biet als Pionier aufzutreten habe. Dazu fehlen den chen Lage wie damals Herr Oeftering. Sie sind doch staatlichen Stellen alle Voraussetzungen. Bei den auch, wenn ich recht unterrichtet bin, in einer gro- von Dr. Deist genannten Plänen neuer Bundesbe- ßen und wichtigen Gesellschaft vom Bund als An- teiligungen — die unsere Billigung keineswegs teilseigener benanntes Aufsichtsratsmitglied. Soviel finden — handelt es sich durchweg um politische ich weiß, stimmt das; Sie können es ja nachher Pläne, die wirtschaftlich gesehen zum Teil geradezu widerlegen. Bei der Vereinigten Elektrizitäts- und unvernünftig sind. Wie kann man die Weigerung Bergwerks-AG liegt das Eigentum voll und ganz der chemischen Industrie, sich an einem europäi- beim Bunde. Als solcher Anteilseigner, also Be- schen Unternehmen zu beteiligen, einen Affront sitzer des Vermögens, hat er 18 Aufsichtsratsmit- nennen? Ein Unternehmer ist verpflichtet, zu unter- glieder gewählt, darunter zwei Staatssekretäre, die suchen, ob eine Beteiligung wirtschaftlich vernünf- nun allein vielleicht in der Lage wären, den Willen tig ist oder nicht, und auch der Staat sollte ihn nicht des Bundes zur Geltung zu bringen. Alle anderen nötigen, an unvernünftigen wirtschaftlichen Dingen Aufsichtsratsmitglieder sind nicht Beamte des Bun- teilzunehmen. des. Sie, Herr Dr. Deist, Abgeordneter des Deut- schen Bundestages, sind nicht auf Grund des Mit- Wir begrüßen es — im Gegensatz zu Ihnen —, bestimmungsgesetzes dort hineingewählt, sondern daß die Preußag als Testfall für einen allerdings vom Bund als Anteilseigner zum Aufsichtsratsmit- sehr zögernden Schritt zur Privatisierung gewählt glied bestellt worden. Werden Sie, wenn Sie dort worden ist. Wir sind allerdings in diesem Falle tätig werden, sich an die Weisungen des Bundes auch mit dem Zögern einverstanden, Herr Dr. Deist. Wenn dieses Unternehmen wirtschaftlich wirklich gebunden fühlen oder werden Sie das nicht tun? so schwach gestellt ist, wie Sie es dargestellt haben, Die Antragsteller haben weiter die Befürchtung dann wird dieser Test natürlich negativ ausgehen; ausgesprochen, daß die veräußerten Betriebe in denn dann wird niemand diese Aktien an der Börse die Hand von marktbeherrschenden Unternehmen kaufen. Wir glauben aber gar nicht daran; wir gelangen könnten. Eine solche Gefahr sehen auch glauben, daß die Aktien sich sehr gut verkaufen wir. Auch wir fürchten das, und wir wollen dem lassen. mit allen Kräften entgegentreten. Aber wir wollen nicht den Teufel mit Beelzebub austreiben. Denn Andererseits stehen wir auf dem Standpunkt, den Bund als marktbeherrschenden Großkapitali- daß unwirtschaftliche Unternehmungen auf die sten fürchten wir mindestens in demselben Maße. Dauer auch von der öffentlichen Hand nicht betrie- So stark wird kein privater Großbesitz sein kön- ben werden dürfen. Die Spuren — Sontra, Barsing- nen, wie es der Bund als marktbeherrschende Stelle hausen usw. — schrecken; sie sollten auch Sie ist. erschrecken. (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von Über den Fall Howaldtwerke wird mein Kollege der SPD: Konzerne können das!) Rademacher als Hamburger besonders sprechen. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1647 Dr. Atzenroth Meine Damen und Herren! Aus dieser eindeuti- mals zu einer sachlichen Beratung gekommen. Herr gen Haltung heraus begrüßen wir die Erklärungen, Dr. Hellwig, Sie haben es mir übelgenommen, daß die Herr Minister Lindrath für die Bundesregie- ich gelegentlich gesagt habe, unser Antrag ruhe in rung abgegeben hat. Die darin entwickelten Grund- der Schublade des Auschußvorsitzenden. Das war sätze decken sich mit den unseren. Wir unterstrei- nicht wörtlich zu nehmen; in der Praxis ist es jedoch chen besonders die Bemerkung, daß keine Staats- nicht anders gewesen. Ob er bei Ihnen oder hei wirtschaft auf die Dauer die Schaffenskräfte aus- Ihrer Sekretärin geruht hat, kommt wohl auf das- lösen kann, die in einer Volkswirtschaft möglich selbe heraus. sind, in der Privateigentum von Generation zu Ge- (Abg. Dr. Hellwig: Weder — noch! In neration vererbt und vermehrt wird, in der selb- der Schublade des Ältestenrats!) ständige Existenzen geschützt und gefördert werden. Meine Damen und Herren, was ist denn bisher geschehen? Es sind sehr viele Versicherungen und Wir sind darüber hinaus aber der Ansicht - Erklärungen abgegeben worden, aber immer von und ich glaube, etwas Ähnliches haben auch Sie vor- den Ministern oder den Abgeordneten, von denen getragen, Herr Dr. Deist —, daß unter rechtsstaat- wir wissen, daß sie unsere Gedanken teilen. Die lichen Gesichtpunkten eine gesetzliche Regelung anderen schweigen sich aus oder sagen das Gegen- dieser Materie erforderlich ist. Auch eine wirt- teil, und das ist sehr bedenklich. Daß der frühere schaftliche Betätigung darf nicht im freien Ermessen Bundesfinanzminister völlig andere Ansichten hatte der Verwaltung stehen, sondern sie erfordert be- als sein Ministerkollege Dr. Lindrath, ist uns be- stimmte gesetzliche Voraussetzungen. Die bisher kannt. Um so wichtiger wäre es uns, offiziell zu auf diesem Gebiet bestehenden Vorschriften - zum hören, wie sein Nachfolger, der heutige Bundes- Teil sind sie von Herrn Dr. Deist genannt worden; finanzminister, zu dieser Frage steht. Wir hoffen sie sind 30, 40 Jahre alt — sind Stückwerk ge- zuversichtlich, daß er die Haltung seiner Kollegen blieben. Zur Ausfüllung dieser Lücke werden wir Lindrath und Erhard teilt. Aber kann er sich in sei- in allernächster Zeit unsern Gesetzentwurf über nem Ministerium durchsetzen? Dort haben sich bis- die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand her die Widerstände gegen eine praktische Arbeit wieder vorlegen, und zwar mit gewissen Änderun- konzentriert. Dort muß der Hebel angesetzt wer- gen, die sich aus den inzwischen gemachten Erfah- den, und das kann nur von der CDU aus geschehen. rungen ergeben haben, die aber nur den Fall der Privatisierung betreffen, nicht die Frage der Auf- Wie steht es mit den Erklärungen des Kollegen stellung von Grundsätzen. In unserm Gesetzent- Arnold und anderer prominenter CDU-Vertreter im wurf wird das grundsätzliche Verbot einer erwerbs- Wahlkampf in Nordrhein-Westfalen, in dem immer wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand wieder Behauptungen aufgestellt werden, die mit wieder ausgesprochen werden. Die nur unter sehr Erklärungen, welche heute hier abgegeben worden eingeschränkten Bedingungen möglichen Ausnah- sind, nicht vereinbar sind? Was sagt schließlich men sollen — hier treffen wir uns wieder, Herr Herr Minister Lindrath zu der Forderung seines Dr. Deist! — der Genehmigung der Parlamente un- Kollegen Seebohm, daß der Bund auf jedem Strom terworfen werden. Nach unserm Entwurf sollen den mindestens eine Reederei besitzen müsse? Das sind dann noch verbleibenden öffentlichen Betrieben doch Widersprüche, die aufgeklärt werden müssen. weitgehende Publikationsvorschriften auferlegt wer- Auch den Herrn Verteidigungsminister möchte ich den. Die Unternehmungen, die diesen Voraussetzun- hei dieser Gelegenheit ansprechen. Ich werde den gen nicht entsprechen, sollen privatisiert werden. Grund dafür gleich vortragen. Ebenso wie Herr Minister Lindrath fordern auch Wir fragen also: wo sind bisher die Taten ge- wir, daß man hier nicht überhastet vorgeht. Wir blieben? Die Veräußerungen, Tiber die Herr Mini- wollen Sicherheiten gegen eine Verschleuderung ster Lindrath hier berichtet hat, berühren das des öffentlichen Vermögens einbauen. Wir unter- grundsätzliche Problem nicht. Sie betreffen nur stützen den Minister auch darin, daß man den ein- kleinere Unternehmungen und sind aus bestimmten zeitlichen Gegebenheiten erfolgt. Die erste Tat war zuschlagenden Weg für jeden Fall besonders über- Gesetzentwurfs über die Privatisie- prüfen müsse und nur allgemeine Richtlinien auf- die Vorlage des - des Volkswagenwerks im 2. Bundestag. Die stellen könne. rung Unterschriften Dr. Adenauer und Dr. Erhard hätten Schließlich soll auch uns der Gedanke leiten, daß eigentlich verpflichtet, obwohl sie damals ganz die Veräußerung von Bundesvermögen zu einer offensichtlich Wahlzwecken gedient haben. Die er- breiten Streuung von Eigentum führen muß. Aber, neute Einbringung dieses Antrages in diesem Bun- Herr Burgbacher, das darf uns nicht davon abhal- destag scheint dagegen eine ernsthafte Wandlung ten, einen ersten energischen Schritt zu tun, und die in der Haltung Ihrer Partei zu bedeuten. Wir waren Unterhaltung darüber, wie wir dieses Ziel erreichen, darüber erfreut, wenn wir auch gegen die Technik von dem Sie sehr ausführlich gesprochen haben, und gewisse Einzelheiten des Entwurfs selbst sehr darf uns nicht hindern, uns energisch zu einem viele Einwendungen zu erheben haben. ersten Schritt zu entschließen. Aber was ist nun seit einem halben Jahr ge- Wir hoffen, daß sich die CDU diesmal bereit- schehen? Ich glaube, Sie waren es, Herr Burgbacher, finden wird, unsern Gesetzentwurf sachlich zu be- der sagte: Der Gesetzentwurf kann nicht weiter raten. Im 2. Bundestag, in dem wir diesen Gesetz- beraten werden, weil die Beratungen der Bundes- entwurf schon einmal eingebracht haben, ist es nie regierung mit dem Land Niedersachsen nicht vor- 1648 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Atzenroth wärtskommen. Das darf doch kein Hindernis sein, meine Fraktion. Andernfalls hätte das höchste Or- sich nun einer Sache energisch anzunehmen, für die gan des deutschen Volkes, der Bundestag, seinen wir uns gemeinsam einsetzen wollen und die die Finanzminister wohl zwingen können, klar und Unterschriften Herrn Dr. Adenauers und Herrn Er- ohne Vorbehalte Angaben zu machen, auf die wir hards trägt! Ich kann nicht einsehen, warum schon doch ein Anrecht haben. ein halbes Jahr hat vergehen müssen, ohne daß wir Zum Eigentum der genannten Gesellschaft gehört uns, abgesehen von einer kurzen Beratung im namhafter Industriegrundbesitz, von dem ein Teil in Rechtsausschuß, hier im Parlament mit dieser Frage letzter Zeit veräußert worden ist. Zu welchen Zwek- beschäftigt haben. Wir haben die Befürchtung, daß ken und mit welchen Zielen ist unbekannt. Zur IVG noch einige Differenzen in den Reihen Ihrer Partei gehört auch die Vereinigte Tanklager- und Trans- bestehen und daß daran die Inangriffnahme dieses portmittel-GmbH. Warum eigentlich? Nach einer Themas scheitert. Wenn sich aber schon bei einem Auskunft, die wir im Dezember 1956 erhalten ha- Entwurf, den wir nur als, ich will einmal sagen, ben, hat die IVG keine Dividende an den Bund Torso einer Privatisierung betrachten, derartige gezahlt. Die Gesellschaft hat aber große Erträge Schwierigkeiten ergeben, was soll dann erst gesche- erzielt und vor allem Vermögen in beträchtlichem hen, wenn wir zu einer echten Realisierung der von Umfang veräußert. Wo sind die Gegenwerte geblie- Herrn Minister Lindrath vorgetragenen Gedanken ben? Ich frage deshalb die Regierung, wann mit der kommen?! Hier muß einmal von der CDU ohne Ein- Liquidierung dieser Gesellschaft zu rechnen ist. schränkung völlige Klarheit darüber geschaffen Kann die Bundesregierung die Versicherung ab- werden, was wir zu erwarten haben. geben — diese Frage ist sehr wichtig —, daß diese (Abg. Arndgen: Wie denken Sie darüber?) Gesellschaft nicht etwa die Grundlage zu einem — Wie ich darüber denke, habe ich unmißverständ- Rüstungskonzern abgeben soll und daß die Schaf- lich ausgeführt. Über meine Stellung und Haltung fung eines solchen überhaupt nicht geplant ist? Das kann und konnte doch seit Jahren wirklich kein ist der Grund, weshalb ich vorhin auch den Herrn Mißverständnis bestehen. Also den Einwand kön- Bundesfinanzminister angesprochen habe. Ich wäre nen Sie nicht erheben. sehr dankbar, wenn wir darauf eine eindeutige und klare Antwort erhalten könnten. Ich möchte die Gelegenheit benutzen, das Hohe Haus auf einen besonders dringlichen Fall aufmerk- Ich sage noch einmal, Herr Arndgen, unsere Stel- sam zu machen, der sich in einem Halbdunkel lungnahme ist immer klar gewesen, wir stehen voll abspielt und an das helle Licht der Öffentlichkeit ge- und ganz hinter den Erklärungen, die der Herr Bun- bracht werden sollte. Es handelt sich um die Indu- desminister Lindrath für die Bundesregierung ab- strieverwaltungsgesellschaft in Bad Godesberq — gegeben hat. Wir wünschten nur, daß mit der Ver- eine Freundin von mir, nicht wahr, Herr Dr. Hell- wirklichung nun endlich Ernst gemacht wird. wig? (Beifall bei der FDP. -- Abg. Dr. Burg- (Abg. Dr. Hellwig: Sie schreiben einen Kri bacher: Dann sind wir gleicher Meinung!) minalroman darüber!) Ja, den können wir darüber schreiben. — Dieses Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der Unternehmen wird in der Form der GmbH be- Abgeordnete Rademacher. trieben, unterliegt also nicht den Publikationsvor- schriften für eine Aktiengesellschaft. Es nutzt dieses Vorrecht weidlich aus. Sein Stammkapital beträgt Rademacher (FDP): Herr Präsident! Meine Da- 150 Millionen DM. Es wird auf Grund des soge- men und Herren! Nach diesen grundsätzlichen Aus- nannten Vorschaltgesetzes als Vermögen des ehe- führungen meines Kollegen Atzenroth, der damit maligen Reiches vom Bund verwaltet. Seit 1953 eine Haltung bestätigt hat, die wir in unserer Wirt- habe ich in vielen Kleinen Anfragen und auch durch schaftspolitik immer eingenommen haben, ist es direkte Befragung des Bundesfinanzministers Klar- meine Aufgabe, zu dem Verkauf der Howaldtwerke heit darüber zu erhalten versucht, welchen Zwecken und zu dem dazu vorliegenden Antrag Stellung zu dieses Unternehmen eigentlich dient, welche wirt- nehmen. Das wird mir hier und da die Möglichkeit schaftliche Entwicklung es genommen hat -und wie geben, auf einige grundsätzliche wirtschaftspoli- hoch die Vermögenswerte sind, über die es ver- tische Äußerungen sowohl der SPD als auch der fügt. CDU einzugehen. (Zuruf von der SPD: Das werden Sie nie Die grundsätzliche Bereitschaft zur Privatisierung erfahren!) ist bekannt. Ebenso sollte bekannt sein—ich möchte es hier mit aller Deutlichkeit wiederholen —, daß — Ich fürchte auch. Die uns erteilten Antworten wir bei der Verwirklichung dieses Grundsatzes jede waren unbefriedigend, zum Teil nichtssagend. Wir Verschleuderung von Bundesvermögen ablehnen sollten dem Beispiel von Herrn Dr. Deist folgen und werden. Darum geben wir ganz offen zu, daß es ein das einmal zum Gegenstand einer Großen Anfrage schlechtes optisches Bild gewesen ist, daß in diesen machen, damit wir hier wirklich einmal in aller Aus- Verkaufsverhandlungen seit 1951 für beide Werke führlichkeit darüber sprechen können. Aus den Ant- — Kiel und Hamburg — erst 30 Mill ionen DM, dann worten, die wir erhielten, ging aber deutlich hervor, 20, dann 25, dann 26 und schließlich jetzt 34 Millio- daß man sich nicht in die Karten gucken lassen nen DM für das eine angeboten worden sind. Wir wollte. Leider beschränkt sich der Wissensdurst auf bedauern diese Entwicklung. Herr Bundesminister Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1649 Rademacher Lindrath hat ja hier sehr deutlich gesagt, daß auf schenrufe machen, dann bitte so deutlich und präg- Grund einer Unterhaltung, die mit dem hamburgi- nant, daß wir es alle verstehen! schen Senat stattgefunden hat, insbesondere mit dem (Sehr richtig! bei der FDP.) Zweiten Bürgermeister, meinem Parteifreund Herrn Engelhard, nunmehr eine zweite Treuhandgesell- Meine Damen und Herren, es ist eine Grundsatz- schaft beauftragt wurde, noch einmal eine genaue forderung der FDP, soviel wie möglich zu privati- Nachprüfung über den gerechten Preis, wie ich ihn sieren. Aber eine breite Streuung des Eigentums nennen möchte, vorzunehmen. Wir begrüßen, daß kann man immer nur an den dafür geeigneten Ob- die Bundesregierung und der Herr Bundesschatz- jekten vornehmen. Das ungeeignetste Objekt für minister dieser Anregung gefolgt sind. eine breite Streuung des Eigentums ist nun einmal eine Schiffswerft. Eine Schiffswerft ist, wenn ich das Ein zweiter Punkt, der meines Erachtens mit Recht abwandelnd so sagen darf, wirtschaftlich gesehen beanstandet wurde, sind die Zahlungsbedingungen. In dem vorläufigen Abkommen war vorgesehen, die ein besonderer Saft. Ich glaube, für den Verkauf 34 Millionen DM, wenn es bei diesem Betrag zum einer Werft — es mag ähnliche Objekte geben — Abschluß gekommen wäre, in Halbjahresraten in ist eine breite Eigentumsstreuung nicht vertretbar. etwa drei Jahren zu bezahlen. Es ist sicherlich durch- Hinzu kommt, daß sich diese Werft auf hambur- aus marktgängig, daß die Rückstände mit 6 % ver- gischem Staatsgelände befindet. Auch ist es, vor zinst werden. Aber, ich glaube, wir werden bei die- allen Dingen in einer Zeit, in der die Konjunktur sen Zahlungsbedingungen den schlechten optischen nicht besonders stark ist, für die Erhaltung der Eindruck nicht verhindern können, daß die Erwer- Leistungsfähigkeit von Werften außergewöhnlich ber der Howaldtwerke die Raten halbjährlich oder wichtig, daß sie mit der eisenschaffenden Industrie ganzjährlich zunächst einmal aus dem Gewinn die- in einer Art Verbund stehen. Dieser Verbund ist ses Unternehmens zahlen wollen. Darum ist es gut, von der Schelde über Ems, Weser und Elbe bis zur daß wir erneut auch über die Zahlungsbedingungen Trave tatsächlich gegeben. Ich darf hier nur an verhandeln. den erfreulichen und erfolgreichen Verbund der Deutschen Werft in Hamburg mit der Gutehoff- (Abg. Pelster: Die 6 % können Sie anders nungshütte erinnern. wo auch nicht erreichen! Was wollen Sie denn damit sagen?) Meine Damen und Herren, ich sage das deswegen, um klarzumachen, daß es Objekte gibt, bei denen — Verzeihen Sie, es geht doch jetzt darum, daß die man eine breite Eigentumsstreuung durchführen Ratenzahlung über drei Jahre in sechs Raten an sich kann, daß es aber auf der anderen Seite Objekte optisch schlecht ist. gibt, die für die breite Eigentumsstreuung absolut Herr Professor Burgbacher hat im Auftrage der ungeeignet sind. Zu diesen gehören eben die Werf- CDU zum Ausdruck gebracht: Wir wünschen eine ten. Darum sollte man sich meines Erachtens auch breite Streuung und auch eine soziale und prak- nicht so sehr über die Tatsache aufregen, daß Dort- tische Verwendung des Ergebnisses eines solchen mund-Hörder Hütte, Deutsche Bank und Siemens, Verkaufs. Dazu kann ich vom hamburgischen Stand- also immerhin ein relativ geschlossenes Konsor- punkt aus nur sagen: wir würden es sehr begrüßen, tium, bereit sind, die Howaldtwerke zu überneh- wenn die Erwerber, also die Dortmund-Hörder Hütte, men. Auf die Frage dieser Beteiligung werde ich Siemens-Schuckert und die Deutsche Bank, den Be- aber noch eingehen. trag, der zu vereinbaren ist, möglichst in einer Sum- Ich bin dem Herrn Bundesschatzminister Lindrath me auf den Tisch legten, weil man damit wieder natürlich sehr dankbar dafür, daß er hier eine Un- Sozial- oder Wirtschaftspolitik oder, wie wir es in richtigkeit — verzeihen Sie, Herr Dr. Deist — klar- Hamburg in unserer besonderen Situation erhoffen, gestellt hat. Herr Dr. Deist, Sie haben gesagt -- gleichzeitig eine Verkehrspolitik für einen Hafen und ich habe an dieser Stelle eine Zwischenfrage treiben könnte, von dem Sie wissen, daß er sich gestellt —, Sie verbürgten sich dafür, daß die ham- in einer besonders schwierigen Situation befindet. burgische Regierung bereit sei, die Howaldtwerke Lassen Sie mich das beweisen und hierzu ein- in toto zu erwerben. Meine Damen und Herren, das schalten, daß ich zu meiner allergrößten- Über- ist unrichtig. Das war für die alte Regierung un- raschung gestern in einer hamburgischen Tages- richtig, und das ist auch für die neue Regierungs- zeitung gelesen habe, der Erste Vorsitzende des koalition absolut unrichtig. Ich lege, auch aus poli- Landesverbandes der Deutschen Partei, Herr Dr. tischen Gründen, sehr viel Wert darauf, dies hier Seebohm, habe zum Ausdruck gebracht, er — der einmal klarzustellen. Der Hamburger Senat hat ja doch seit neun Jahren für die Verkehrspolitik sich bereit erklärt, eine 26%ige Sperrminorität zu verantwortlich ist! — sei mit den Leistungen des übernehmen. Aber ich sage Ihnen ganz offen: Bundes für Hamburger Verkehrsprojekte nicht zu- weder der Sozialdemokratie noch den Freien Demo- frieden. Ich darf das bei dieser Gelegenheit hier kraten in Hamburg ist bei dieser Sache hundert- einmal in Klammern erwähnen. prozentig wohl. Wir werden uns diese Dinge noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Denn in einer Breite Streuung des Eigentums! Zeit der Konjunkturabflachung sind damit für einen (Zuruf des Abg. Pelster.) Staat ungewöhnliche Risiken verbunden. Wenn es trotzdem vorgeschlagen ist, hatte es tatsächlich — Ich habe die Herren von der CDU auch nicht einen sehr starken politischen Hintergrund. Wir unterbrochen, Herr Pelster. Wenn Sie schon Zwi wollten nämlich auch der etwas nervös gewordenen 1650 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Rademacher Belegschaft der Howaldtwerke sagen: „Durch diese Demokraten leider nicht immer von dem Gedanken Sperrminorität können eure Bedenken ausgeräumt los: Die Rechte der CDU weiß nicht immer, was werden." Leider hat das nicht zu dem gewünschten die Linke tut. Erfolge geführt. Denn der Streik ist von der zu- (Beifall bei der FDP.) ständigen Gewerkschaft leider angesagt worden; er ist aber — hier kann ich nun wieder sagen, er- Lassen Sie mich auch ein wenig zu den Argumen- freulicherweise — von höchstens 50 % der Arbei- ten der SPD sagen. Ich muß Ihnen sagen, Herr Dr. terschaft befolgt worden. Deist, es war wirklich sehr pikant für mich, zu hören, daß der Verkauf der Howaldtwerke an diese Wir haben durch die Ausführungen von Herrn Gruppe Bedenken in Ihren Kreisen ausgelöst hat, Professor Burgbacher doch wohl den Eindruck ge- weil 41 % der Dortmund-Hörder Hütte im Besitz winnen sollen, daß eine ziemliche Einigkeit oder Hollands sind, und Sie haben ergänzt, des hol- überhaupt eine Einigkeit innerhalb der CDU über ländischen Staates und der Stadt Amsterdam. Aber, diese Frage der Privatisierung besteht. Ich gestatte meine Herren von der Sozialdemokratie, haben mir, das auf Grund gewisser Ereignisse und Ver- gerade Sie von der SPD so besondere Angst gegen öffentlichungen genau wie mein Freund Atzenroth eine holländische Staatsbeteiligung? bei dieser Gelegenheit noch einmal zu bezweifeln. Wir wissen, daß — entschuldigen Sie, das ist so (Zurufe von der SPD.) ein landläufiger Ausdruck — der Erhard-Flügel — Das ist doch eine sehr amüsante Feststellung, diesen Dingen selbstverständlich positiv gegenüber- meine ich. steht und daß es hier keine Meinungsverschieden- (Erneute Zurufe von der SPD.) heit zwischen der Auffassung der FDP und der An- sicht eben dieser Gruppe gibt. Aber wenn ich mich — So haben Sie es ausgeführt, so ist es gesagt recht erinnere, hat vor einiger Zeit — es ist erst worden, Herr Dr. Deist. Sie, Herr Dr. Deist, haben einige Wochen her — der Sozialausschuß der CDU doch mit voller Begeisterung der Europäischen sehr vorsichtig, ich möchte beinahe sagen, negativ Wirtschaftsunion in diesem Hause zugestimmt. zu diesen Dingen Stellung genommen. Das ist auch Dann kann ich, wenn Sie bei einer Auslandsbetei- entsprechend durch die Tagespresse gegangen. ligung — ich will einmal von der Staats- und Stadt- beteiligung absehen — solche Bedenken haben, mit Herr Professor Burgbacher war auch so freund- dem letzten August von Sachsen nur sagen: Ihr lich, die Empfehlung von Herrn Dr. Adenauer hier seid mir schöne Europäer! zu erwähnen; Verzeihung, ich würde unseren ver- ehrten Bundeskanzler natürlich nicht einfach (Heiterkeit.) schlicht „Herr Dr. Adenauer" nennen. Es handelt sich um Herrn Dr. Adenauer junior, damit Sie un- Vizepräsident Dr. Jaeger: Herr Abgeordne- terrichtet sind. Er ist, glaube ich, der Vorsitzende ter Rademacher, gestatten Sie eine Frage des Ab- des Arbeitskreises für Privatisierung, zumindest in geordneten Dr. Deist? -- Bitte! Nordrhein-Westfalen; genau kenne ich mich da nicht aus. Dort hat er den Freunden der CDU-Frak- Dr. Deist (SPD) : Herr Abgeordneter Rademacher, tion des Bundestages empfohlen, dem Verkauf der war Ihnen nicht aufgefallen, daß ich über die Prin- Howaldtwerke AG Hamburg en bloc nicht zuzu- zipien der Regierung und der CDU gesprochen und stimmen; en bloc, meine Damen und Herren! Heißt gefragt habe, ob es eine Privatisierung sei, wenn das nun, daß wegen der Streuung der Verkauf ab- man öffentliches Eigentum des Bundes in Besitz gelehnt ist? Dann mußte sich dieser Arbeitskreis bringe, der letzten Endes beim holländischen Staat für Privatisierung allerdings auch ganz spezifisch liege? Ich glaube, das dürfte Ihnen nicht entgangen mit der Situation der Howaldtwerke, der Howaldt- sein, so daß ich Ihnen dankbar wäre, wenn Sie mir werft befassen. Sonst, meine verehrten Damen und bestätigten, daß Ihr Angriff insofern an dem, was Herren von der CDU, können wir uns des Gedan- ich gesagt habe, vorbeiging. kens nicht erwehren, daß es doch mehr eine grund- Dann eine zweite Frage. Meinen Sie wirklich, sätzliche Abneigung ist als eine spezielle Abnei- Herr Abgeordneter Rademacher, daß die Frage, ob gung gegen den Verkauf oder die Privatisierung ein deutscher Stadtstaat oder ein ausländischer der Howaldtwerke. Staat beteiligt werden sollte, irgend etwas mit Sie werden es mir nicht übel nehmen, wenn ich einer realistischen europäischen wirtschaftlichen auf diese Dinge ein bißchen ausführlich eingehe. Zusammenarbeit zu tun hat, insbesondere, wenn Der neue Vorsitzende der CDU in Hamburg, Herr dabei erhebliche wirtschaftliche und arbeitsmarkt- Blumenfeld, der jetzt sein politisches come back politische Gesichtspunkte auf dem Spiele stehen, bei uns feiert, hat sich mit sehr großer Deutlichkeit wie hier auch von der Bundesregierung bestätigt gegen den Zweiten Bürgermeister von Hamburg, worden ist? also meinen Parteifreund Engelhard, gewandt und gesagt: „Du willst nicht verkaufen, Ihr seid gegen Rademacher (FDP) : Herr Dr. Deist, Ihre erste die Privatisierung der Howaldtwerke." Er hat Frage möchte ich wie folgt beantworten. Die CDU schreckliches Pech gehabt. Denn bald darauf kam hat zu dieser Sache ja keine Stellung genommen die Äußerung des Sozialausschusses der CDU, und und sich auch keine Gedanken darüber gemacht. inzwischen wird wohl auch diese Stellungnahme Die Dinge sind von dem Bundesschatzminister ver- des Arbeitskreises für Privatisierung bekannt- handelt worden, und eine Gruppe hat sich ange- geworden sein. So kommen wir von den Freien boten, bei der nun zufälligerweise ich möchte es Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1651

Rademacher wirklich mehr oder weniger als einen Zufall hinstel- Die Ausführungen meines Freundes Atzenroth len — eine Beteiligung des holländischen Staates und das, was ich Ihnen hier vorgetragen habe, soll- und Amsterdams vorhanden gewesen ist. Aber Sie ten eigentlich der Öffentlichkeit zeigen, von welcher haben ja selbst die Zahl von 41 % genannt; bei Bedeutung es ist, auch in der Wirtschaftspolitik in 41 % plus 26 % Deutsche Bank — bei der Sie aller- diesem Staate eine Partei, eine dritte Kraft zu ha- dings einige Bedenken haben — plus 26 % Siemens ben, die einmal den Mut hat, diese sehr verschwom- und plus 26 % Sperrminorität, die ja offen ist, sind menen wirtschaftspolitischen Begriffe in den beiden Ihr Bedenken doch wirklich gegenstandslos. Wenn großen Parteien anzugreifen und klarzustellen, da- man fürchtet, die arbeitspolitischen Gefahren seien mit die Leute draußen wenigstens begreifen, wer so groß, kann ja der hamburgische Staat mit 26 % über diese Dinge klar denkt und wer nicht. einsteigen; er hat diese Option. - Ich glaube, diese Die Privatisierung der Howaldtwerke ist von Dinge sind wirklich übertrieben und einseitig ge- einer ganz besonderen Bedeutung. Sie ist der Ge- sehen worden, Herr Dr. Deist. genstand der Privatisierung, der zum erstenmal (Abg. Dr. Deist: „Europäisches Bewußt öffentlich diskutiert wird. Die Öffentlichkeit wird sein"!) sich an diesem Vorfall orientieren und ausrichten, wenn ich dieses etwas häßliche Wort gebrauchen — Ich wollte Ihnen nicht wehtun, als ich diesen darf. Man wird sagen: Hier wird symbolisch end- Ausdruck von den „schönen Europäern" verwen- lich einmal praktisch gezeigt, wie eigentlich die ein- dete. Aber es wird nachher vice versa ähnliche zelnen Parteien zu der ganzen Wirtschaftspolitik, Situationen geben, Herr Dr. Deist; das werden Sie zu der freien Marktwirtschaft und zur freien Wirt- mir zugeben. Es wird sicherlich — insbesondere da schaft überhaupt stehen. Ich glaube, das ist der be- gerade Sie so hartnäckig an der staatlichen Be- sondere Wert der heutigen Debatte gewesen. teiligung in großen Werken in Deutschland fest- halten — umgekehrt zu deutschen Beteiligungen An sich wären wir bei unserer klaren Haltung im Rahmen der EWU kommen, wo umgekehrt die- geneigt, den Antrag der SPD von vornherein abzu- selbe Situation, diesmal aber vom Gefahren-Stand- lehnen. Weil es aber darauf ankommt, rechtzeitig punkt der Franzosen oder Italiener usw. eintreten durch die Kontrolle des Parlaments über die weite- wird. Deshalb den Stab über Europa zu brechen, ren Verhandlungen unterrichtet zu sein, werden wir steht Ihnen bei Ihrer Einstellung in diesem Fall der Überweisung an den entsprechenden Ausschuß wohl nicht zu. zustimmen, die ich hiermit im Namen meiner Freunde beantrage. (Abg. Dr. Deist: Das hat wohl auch nie (Beifall bei der FDP.) mand getan!)

Ich will versuchen, daß ich mit meinen Ausführun- Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der gen zu Ende komme. Aber ich kann mir doch auch Abgeordnete Katzer. nicht versagen, in diesem Zusammenhang einmal festzustellen, daß es sehr schwierig ist, die Ausfüh- Katzer (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine sehr rungen, die Herr Dr. Deist hier gemacht hat, im verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Deist ganzen gesehen mit den Maximen des Stuttgarter hat geäußert, daß die CDU gar nicht die Absicht Parteitags in eine Linie zu bringen. Ich will ver- habe, eine Politik der breiten Eigentumsstreuung suchen, das kurz mit einigen Beispielen zu be- vorzunehmen, und aus den Äußerungen des Herrn weisen. Kollegen Rademacher, der vorhin gesprochen hat, waren Spekulationen über eine angebliche Spaltung Man hat z. B. in Stuttgart gesagt, daß man die in der CDU zu entnehmen. Er meinte, die Linke Privatisierung öffentlicher Betriebe — Beispiel: wisse nicht, was die Rechte tue. Nun, bei der FDP ist Deutsche Bundesbahn; wir sind darüber anderer die Spannweite sicher nicht so groß wie bei der Meinung — ablehnt. Aber darf ich Sie fragen, meine CDU, Herr Kollege Rademacher; aber ich habe den Damen und Herren von der SPD: ist denn Howaldt Eindruck, daß die Spannungen zwischen Düsseldorf, ein öffentlicher Betrieb? Das werden Sie doch nach Hamburg und Baden-Württemberg beispielsweise Ihrer Wirtschaftskonzeption nicht behaupten- kön- keineswegs geringer sind. nen. Ich glaube, Sie können nicht einmal behaupten, (Abg. Rademacher: Wir sind jetzt bei der daß öffentliche Interessen im breitesten Sinne des Wirtschaftspolitik!) Begriffes bei der Privatisierung oder dem Verkauf der Howaldtwerke zur Debatte stehen. Eine andere — Eben! Frage: ist Howaldt nach Ihren Grundsätzen ein Be- Der Herr Bundesminister für den wirtschaftlichen trieb der Energiewirtschaft, also enteignungsreifes Besitz des Bundes hat auch auf die Frage des Herrn Eigentum, das demnach im Staatsbesitz zu verblei- Kollegen Atzenroth, wie die Union eigentlich zur ben hätte? Ich glaube, Herr Dr. Deist, all das Frage der Privatisierung von Bundesvermögen können Sie und Ihre Freunde für die Howaldt- stehe, eine Antwort gegeben. Er hat mit Recht dar- werke nicht behaupten. Demnach scheint es mir auf hingewiesen, daß es dafür zwei Gründe gibt, und auch bei Ihnen so zu sein — wenn ich das noch zwar einmal wirtschaftspolitische und zum anderen einmal, um gerecht zu urteilen, wiederhole, daß gesellschaftspolitische. Im Anschluß an die Debatte manchmal die Linke nicht weiß, was die Rechte über den Gesetzentwurf der CDU/CSU zur Regelung haben möchte; oder umgekehrt, das überlasse ich der Rechtsverhältnisse der Volkswagenwerk GmbH Ihrer Beurteilung. war in vielen Zeitungen, insbesondere in Wirt- 1652 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Katzer schaftszeitungen, zu lesen, die lobenswerten An- Bei der Belegschaft der Howaldtwerke besteht sätze zur Privatisierung öffentlichen Erwerbsver- die Sorge, daß die Sicherheit der Arbeitsplätze ge- mögens seien leider mit hochtrabenden gesellschafts- fährdet werden könne. In einer Erklärung des DGB politischen Zielen verquickt worden. Auch vorhin dazu heißt es, die Belegschaft sei nicht bereit, auf wurden ja angeblich einige sozialistische Akzente die Früchte ihrer Arbeit zu verzichten. Nun, ich entdeckt. Deshalb bin ich dankbar, daß der Herr möchte sagen: ganz im Gegenteil! Wir wollen, daß Schatzminister diese zweifache Wurzel genannt und sie mehr noch als bisher an den Früchten ihrer Ar- deutlich gemacht hat, daß unsere gesellschaftspoliti- beit teilnehmen kann. Dabei wird sich, wie ich am schen Überlegungen nicht am Rande der Wirtschafts- Rande bemerken darf, die Politik einer breiten und der Sozialpolitik stehen, die eine dienende Streuung des Eigentums — ich bedauere, daß Herr Funktion zu erfüllen haben. Kollege Atzenroth nicht da ist — nicht nur auf (Sehr gut! bei der CDU/CSU.) Privatisierungsmaßnahmen, nicht nur auf Woh- nungsbau und Sparprämiengewährung beschrän- Daß die Begründungen der wirtschaftlichen Meinun- ken dürfen. Die Frage der Beteiligung der Arbeit- gen zwischen SPD und CDU weit auseinandergehen, nehmerschaft auch an der Investitionsrate des ist aus der bisherigen Diskussion deutlich gewor- Sozialprodukts gehört gerade vom Blickpunkt ge- den; ich möchte mich jetzt auf die gesellschaftspoli- sellschaftspolitischer Überlegungen mit in diesen tische Zielsetzung beschränken. Fragenkomplex hinein. Es gibt sicherlich noch wei- Dabei darf ich zunächst meiner Genugtuung Aus- tere Möglichkeiten. Mit der Einholung eines sozial- druck geben, daß das jahrelange Drängen der ökonomischen Gutachtens durch die Bundesregie- christlich-demokratischen Arbeitnehmerschaft nach rung ist jedenfalls den Wünschen auf stärkere Be- einer breiten Streuung des Eigentums mehr und rücksichtigung unserer gesellschaftspolitischen An- mehr von Erfolg gekrönt wird. Nachdem sich die liegen vorerst Rechnung getragen worden, und das Gesamtpartei und die CDU-Fraktion die Forderung begrüßen wir sehr. „Eigentum für alle", die insbesondere der vorhin apostrophierte Kollege Arnold immer wieder er- Es ist selbstverständlich, daß bei diesen Über- hoben hat, zu eigen gemacht haben, ist die Diskus- legungen auch die berechtigten Anliegen der Arbei- sion nicht mehr abgebrochen. Der Vorsitzende der ter und Angestellten der Howaldtwerke berücksich- SPD-Fraktion, Herr Kollege Ollenhauer, hat in sei- tigt werden müssen. Ähnliche Vorschläge, wie die ner Stellungnahme zu der Regierungserklärung den CDU/CSU sie in dem Gesetzentwurf über die Rege- Mißbrauch der Volksaktie als Mittel zum Ausver- lung der Verhältnisse beim Volkswagenwerk ge- kauf des Bundesvermögens zwar mit Entschiedenheit macht hat — Sozialrabatt von 10 oder 20 % für die abgelehnt, aber er hat ausdrücklich betont, daß die Bezieher kleiner Einkommen beim Erwerb von SPD der Forderung nach der Volksaktie positiv ge- Aktien —, sollten selbstverständlich auch bei der genüberstehe. Daß wir uns gegen den Mißbrauch Privatisierung der Howaldtwerke verwirklicht der Volksaktie wehren, braucht nicht betont zu wer- werden. Dabei besteht kein Zweifel, daß die Wün- den. Es wäre immerhin erfreulich, wenn sich die sche zur Reform des Aktienrechts — stärkere Publi- SPD für das Mittel der Volksaktie nicht nur in der zität, stärkere Stellung des kleinen Aktienbesit- Theorie, sondern auch für den Gebrauch in der zers — mit der Privatisierung Hand in Hand zu Praxis einsetzte. gehen haben. Angesichts dieser neuen Vorschläge darf, so hoffe ich, erwartet werden, daß der Be- (Beifall bei der CDU/CSU.) triebsrat der Howaldtwerke, dessen Sorge über die Wie ernst die CDU/CSU das Anliegen einer brei- künftige Entwicklung des Werkes unsere volle Auf- ten Eigentumsstreuung nimmt, geht aus der Be- merksamkeit findet, zu einer der neuen Sachlage ratung des vorliegenden Antrags der SPD Druck- angepaßten Überprüfung seiner Beschlüsse kommt. sache 367 betreffend Howaldtwerke deutlich hervor. Herr Kollege Burgbacher hat schon gesagt, daß das Daß die überwiegende Zahl der Arbeiter- und gesellschaftspolitische Anliegen in den vom Schatz- Angestelltenschaft der Eigentumspolitik der Union ministerium bisher geführten Verhandlungen noch ihre Zustimmung gibt, haben im übrigen die letz- zu wenig berücksichtigt worden ist. Dabei hat sich ten Bundestagswahlen in überzeugender Weise bewiesen. der Herr Schatzminister allerdings von dem -berech- tigten wirtschaftspolitischen Gesichtspunkt leiten (Beifall bei der CDU/CSU.) lassen, daß bei der Schaffung von Volksaktien mit größter Behutsamkeit vorgegangen werden muß. Bei allem Respekt vor Meinungsumfragen sollten Krisenempfindliche Werke sind nun einmal, nicht wir, meine ich, das Ergebnis der Wahlen zum Deut- zuletzt auch aus gesellschaftspolitischen Erwägun- schen Bundestag nicht verfälschen lassen. gen, für die Ausgabe von Volksaktien wenig ge- (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.) eignet. Aber das bedarf der Prüfung, Herr Kollege Rademacher; das kann nicht einfach, wie Sie es ge- Wenn allerdings die SPD, der DGB und auch die tan haben, unterstellt werden. Aus dieser Erkennt- IG Metall glauben — in diesen Chor hat nunmehr nis hat die CDU/CSU-Fraktion die Regierung ge- auch die FDP mit Herrn Rademacher eingestimmt —, beten, zu prüfen, ob andere Möglichkeiten bestehen ihre Hoffnung auf eine Zersplitterung der christlich — Einbringung der Verkaufssumme in eine Invest- demokratischen Kräfte setzen zu können, dann darf mentgesellschaft, Ausgabe von kleinstgestückelten ich ihnen versichern, daß sie bitter enttäuscht wer- Aktien durch die Käufergruppe etc. —, dieses ge- den. sellschaftspolitische Ziel zu verwirklichen. (Beifall bei der CDU/CSU.) Deutsches Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1653 Katzer Es ist weder ein Geheimnis noch eine Sorge der Dr. Deists und Genossen zur Überführung des CDU, daß um die Frage der besten Verwirklichung Volkswagenwerks in eine Stiftung, der zusam- der Eigentumspolitik in unseren Reihen heftig ge- men mit der IG Metall erarbeitet wurde. rungen wird. Das ist nicht die Schwäche, sondern (Hört! Hört! in der Mitte. — Lachen und die Stärke der CDU. Zurufe bei der SPD.) (Erneuter Beifall bei der CDU/CSU.) Ich darf vielleicht der Hoffnung Ausdruck geben, Aber in dem Willen, zu einer breiten Streuung des daß der DGB und die angeschlossenen Industrie- Eigentums zu kommen, ist die Union einig, ge- gewerkschaften es sich künftig angelegen sein las- schlossen und entschlossen. sen, die gesellschaftspolitischen Vorstellungen der (Wiederholter Beifall bei der CDU/CSU.) größten Partei und der stärksten Fraktion dieses Hauses wenigstens einer Überprüfung zu unter- Die Zeitung der IG Metall vom 11. Juni 1958 ziehen. schreibt: „CDU-Sozialausschüsse gegen Privatisie- (Beifall in der Mitte.) rung bei Howaldt". Diese Überschrift entspricht nicht der Wahrheit. Vizepräsident Dr. Jaeger: Herr Abgeordneter (Sehr richtig! in der Mitte.) Katzer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abge- Wahr ist vielmehr, daß die Privatisierung in der ordneten Dr. Deist? beabsichtigten Form von den rheinischen Sozialaus- schüssen abgelehnt wurde, übrigens nicht nur von Katzer (CDU/CSU) : Bitte schön. Herrn Dr. jr., sondern auch vom rheinischen Wirtschaftsausschuß der CDU. Sie mö- Vizepräsident Dr. Jaeger: Herr Abgeordneter gen also erkennen, daß hier eine viel größere Ge- Dr. Deist! meinsamkeit besteht, als manchem vielleicht lieb sein mag. Dr. Deist (SPD) : Ist Ihnen nicht ein Irrtum In einem Kommentar der „Welt der Arbeit" vom unterlaufen? Vielleicht wäre es gut, ihn zu berichti- 6. Juni heißt es: gen. Die Richtigstellung der IG Bergbau und meine Bei der Bundestagsdebatte über das Schicksal eigene betrafen die Bestrebungen der IG Bergbau der Howaldtwerke werden wir ja erfahren, wie auf Überführung des Kohlenbergbaus und der Ener- stark der sogenannte „linke" Flügel in der giewirtschaft in eine gemeinwirtschaftliche Ordnung. CDU/CSU ist. Insoweit trifft diese Berichtigung zu. Daneben und völlig unabhängig davon steht der Gesetzentwurf Nun, die Berücksichtigung unserer gesellschaftspoli- auf Überführung des Volkswagenwerks in eine tischen Auffassungen durch Regierung und CDU/ Stiftung. Da haben wir niemals bestritten — es ist CSU-Fraktion gibt hier eine klare Antwort. seit langem bekannt —, daß bei diesem Gesetzent- Es wäre allerdings an den Deutschen Gewerk- wurf Gewerkschaftler von IG Metall und andere So- schaftsbund und die Industriegewerkschaften die sialdemokraten zusammengearbeitet haben. Ich Frage zu richten, wieweit sie denn bereit sind, sich glaube, Sie können da keinen Widerspruch feststel- überhaupt mit den gesellschaftspolitischen Vorstel- len. Wir haben beide Feststellungen seit langer, lungen der christlichen Demokraten zu befassen. Ich langer Zeit getroffen. sage nicht ohne Grund: „überhaupt zu befassen Der Ausgabe der „Welt" vom 10. Juni zufolge hat Vizepräsident Dr. Jaeger: Herr Abgeordneter es auf dem Verbandstag der IG Bergbau eine lei- Dr. Deist, selbst bei wohlwollendster Betrachtung denschaftliche Debatte über die Frage einer Zu- war das keine Frage mehr. sammenarbeit zwischen der Industriegewerkschaft Bergbau und der SPD bei der Aufstellung von Neu- Katzer (CDU/CSU) : Ich weiß nicht, was ich ant- ordnungsplänen für den Bergbau gegeben. Der Vor- worten soll; denn Sie haben keine Frage gestellt, sitzende der IG Bergbau erklärte, daß zu keiner Zeit Herr Dr. Deist. Ich möchte nur folgendes sagen. Der Gespräche mit der SPD über den Neuordnungsplan Deutsche Gewerkschaftsbund und die angeschlosse- der Gewerkschaft geführt worden seien; die 1G nen Industriegewerkschaften sind Einheitsgewerk- Bergbau sei eine selbständige Bewegung; diese schaften, in denen Kollegen aller politischen Par- Selbständigkeit werde sie gegenüber allen Parteien, teien stehen. Ich meine, es ist sehr merkwürdig, daß auch gegenüber der SPD, erhalten. mit einer politischen Partei Neuordnungsvorschläge Eine andere Vorstellung von der Selbständigkeit ausgearbeitet werden, ohne daß die Kollegen ande- gegenüber politischen Parteien herrscht offenbar bei rer politischer Auffassungen dazu auch nur gehört der Industriegewerkschaft Metall. In einem Artikel werden. Das habe ich zum Ausdruck bringen wollen, „Gemeineigentum und Wirtschaftslenkung aktueller nicht mehr und nicht weniger. denn je", den Otto Brenner in der Mai-Nummer (Beifall in der Mitte.) 1958 der SPD-Betriebsgruppenzeitung „Arbeit und Freiheit" in seiner Eigenschaft als erster Vorsitzen- Ich habe gesagt, ich wolle der Hoffnung Ausdruck der der IG Metall und nicht als Sozialdemokrat geben, daß man uns künftig wenigstens dazu hört, geschrieben hat, heißt es unter anderem: so wie das gottlob — das darf ich hier anerkennen- derweise sagen — die Deutsche Angestelltenge- Ein Beispiel für die Vielfalt der Möglichkeiten werkschaft, der DHV und die CGD erfreulicherweise öffentlicher Kontrolle ist der Gesetzesentwurf getan haben. 1654 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Katzer Es kommt ja — das ist ein ernstes Anliegen — bei Ich darf noch einmal kurz auf die Entschließung der Verwirklichung unserer Vorschläge nicht zuletzt zurückkommen, die der Bundestag im Juni 1955 auch auf eine Mitarbeit der Gewerkschaften an. Herr verabschiedet hat. Der Initiator dieser Entschlie- Kollege Arnold — ich darf ihn nochmals zitieren, ßung war — das hat mein Freund Deist hier schon weil er vorhin apostrophiert wurde — erklärte die- festgestellt — der Herr Bundesschatzminister. Der ser Tage zu dem gesamten Fragenkomplex mit Herr Bundesschatzminister hat damals in seiner Recht: Entschließung formuliert: „Im übrigen wird im Inte- Wir dürfen nicht übersehen, daß eine Gesell- resse der Förderung der Privatisierung zwar die schaftsordnung, die auf dem richtigen Grund- Anwendung des Gundsatzes einer Substanzerhal- satz des Privateigentums aufgebaut ist, nur tung anerkannt, nicht aber der Grundsatz des Be- von denen bejaht und verteidigt wird, die standsschutzes zur Anwendung gebracht." Herr selbst die Chance und die Möglichkeit haben, Bundesschatzminister, darüber läßt sich mit der Privateigentum zu erwerben. Die Alternative SPD reden. Die SPD will nicht etwa eine Bestands- unserer Tage lautet: persönliches Eigentum erhaltung aller Beteiligungen, die sich heute im in Arbeiterhand oder Staatskapitalismus nach Bundesbesitz befinden. Wir sind der Meinung, daß östlichem Vorbild. Unsere Entscheidung ist in es darauf ankommt, die wesentliche Substanz, die dieser Frage klar und eindeutig. wirtschaftlich wichtigen Beteiligungen zu erhalten. Unter den 300 Gesellschaften, die heute zum Bun- (Beifall bei der CDU/CSU. — Zuruf von der desbesitz gehören, befinden sich 68 Gesellschaften SPD: Das war aber für Hellwig ein Fest in Liquidation. essen! — Heiterkeit!) Hier, meine Damen und Herren, sind wir der Mei- Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der nung, daß die Liquidation so schnell wie möglich Abgeordnete Dr. Bleiß. vorangetrieben werden sollte und daß sie nicht zu einer Existenzsicherung bestimmter Verwaltungs- stellen oder Liquidatoren werden dürfte. Der Bund Dr. Bleiß (SPD): Herr Präsident! Meine Damen sollte sich bemühen, die Liquidation dieser Gesell- und Herren! Ich möchte meinen Diskussionsbei- schaften so rasch wie möglich zum Abschluß zu trag wieder auf den Schwerpunkt, das Bundesver- bringen. mögen, verlegen, das ja heute hier behandelt wer- den soll. Im Zusammenhang mit der Beantwortung Im Bundesvermögen befinden sich etwa 80 Klein- der Großen Anfrage der SPD hat der Herr Bundes- und Mittelbetriebe. Auch bei ihnen sind wir schatzminister eine allgemeine Übersicht gegeben, der Meinung, daß sie nicht Gegenstand einer in er hat einige Grundsätze dargestellt. Er hat es aber Konzernen häufig sehr beliebten Hausmachtpolitik vermieden, auf einige entscheidende Tatbestände zu sein brauchen. Wir halten es z. B. nicht für not- einzugehen, die von meinem Freund wendig, daß eine Bergwerksgesellschaft auch über vorgetragen worden sind. Uns liegt daran, daß ihre eigene Grubenholzbeschaffungs-AG verfügt. wir die Frage der Bundesbeteiligung weiter klären. Eine Vielzahl der Klein- und Mittelbetriebe bie- Ich möchte zu diesem Fragenkomplex — wegen der ten sich zweifellos für eine Privatisierung an. fortgeschrittenen Zeit in gedrängter Kürze — Vielleicht sollte man sich auch überlegen, ob bei einige Ausführungen machen. gleichgearteten Absatzinteressen der dem Bund ge- Der Herr Bundesschatzminister hat auf unsere hörigen Bergbauunternehmen eine Vielzahl von Frage geantwortet, daß die definitive Regelung der Kohlenhandelsgesellschaften erforderlich ist, die sich Eigentumsverhältnisse der von Bund und Ländern teilweise gegenseitig heftige Konkurrenz machen. vorläufig verwalteten Kapitalbeteiligungen des ehemaligen Deutschen Reiches und Preußens vor- In all den Fällen, meine Damen und Herren, kön- bereitet wird. Gleichzeitig, Herr Bundesschatzmini- nen wir uns mit einer vernünftigen Privatisierung ster, haben Sie uns zugesichert, daß das bisher durchaus einverstanden erklären. verstreute und veraltete Verwaltungsrecht für die Geradezu grotesk scheint mir aber zu sein, daß Bundesunternehmen neu kodifiziert werden soll. sich im Bundesbesitz immer noch 50 bis 60 Zwerg Herr Bundesschatzminister, wir haben die Botschaft betriebe befinden, Zwergunternehmungen mit einem wohl gehört; aber wir wären etwas mehr beruhigt- Kapital von 5000, von 10 000, von 20 000, von gewesen, wenn Sie uns auch einen Termin genannt 30 000 oder 50 000 Mark. Ich möchte Ihnen dafür hätten, bis zu dem eine solche Kodifizierung erfol- einige Musterbeispiele nennen. gen soll. Wir haben in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen gemacht und befürchten, daß gute (Abg. Dr. Hellwig: Das ist eben kein „Klei Grundsätze bald wieder in der Versenkung ver- derschrank", das sind nur noch „Mäntel"!) schwinden könnten. — Eben; das können aus angestaubte Ladenhüter Das gilt auch hinsichtlich der Mitwirkung des sein. Dazu gehört u. a. die Deutsch-Indische Ver- Parlaments bei dem Erwerb und bei der Veräuße- sicherungsstelle GmbH mit einem Kapital von 5000 rung von bundeseigenen Unternehmen. Wir legen Mark, oder aber die Eisenbahnbetriebsgesellschaft besonderen Wert darauf, daß die parlamentarische Tegel-Borsigwalde, Kapital 6400 Mark. Ich möchte Beteiligung sichergestellt wird, bevor das Rennen Sie fragen, Herr Bundesschatzminister: was will der um die Veräußerung gelaufen ist. Wenn ein solcher Bund mit einer Kapitalbeteiligung von 0,287 % an Gesetzentwurf später vorgelegt wird, hat er keinen der Gemeinnützigen Siedlungsgemeinschaft „Rote entscheidenden Wert mehr. Erde" GmbH? Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1655 Dr. Bleiß Das sind nur einige Beispiele; man kann sie belie- gestaubten Ladenhüter — meinen, dann mögen Sie big vermehren. Bei einer Durchsicht des Vermögens- recht haben. Dann ist Ihr Artikel ziemlich witzlos. bestandes hat man manchmal den Eindruck, als ob Wenn Sie dagegen — und so glaubte ich Ihren hier eine Sammelleidenschaft für Zwergbetriebe eine Artikel zu verstehen — die wirtschaftlich wichtigen nicht unerhebliche Rolle gespielt hat. Unternehmungen damit meinen, dann möchte ich Meine Damen und Herren, warum klebt eigentlich fragen: welche großen Bundesunternehmungen mit der Bund an der Mitteldeutschen Spinnhütte GmbH Ausnahme der Bundesbahn gibt es denn, die im in Celle? Ist die Erzeugung von Seidentüchern etwa Windschatten des Wettbewerbs gestanden und die die Aufgabe des Bundes? Eine solche Erzeugung Protektion des Staates genossen haben? Ich bin der kann man getrost der privaten Wirtschaft überlas- Meinung, Herr Bundesschatzminister — und ich sen. Die konjunkturellen Auswirkungen einer sol- habe einige Erfahrung darin —, daß es eine Reihe chen Erzeugung sind völlig nebensächlich. Ich ver- von Betrieben im Besitz des Bundes gibt, die in der mag auch nicht einzusehen, warum der Bund ein so Vergangenheit eine außerordentlich wichtige Arbeit großes Maß und Kapital und von Energie in die geleistet haben. Ich bin der Auffassung, daß diese Holzverzuckerung investiert. Auch hier könnte ich Arbeit nicht etwa unter der Protektion des Staates mir denken, daß man sich von derartigen Beteili- geleistet wurde und daß sich die Betriebe nicht im gungen trennen könnte. In etwa 200 Fällen - das Windschatten des Wettbewerbs befunden haben, sind etwa zwei Drittel aller Gesellschaften — teilen sondern daß diese Unternehmen in der vordersten wir also durchaus die Ansicht, daß es keinen Be- Linie des Wettbewerbs standen und daß ihre Lei- standsschutz zu geben braucht, daß es vielleicht stung sich aus dem Zusammenwirken der unter- einen solchen Bestandsschutz nicht geben darf. Es nehmerischen Leistung und der Leistung der Beleg- wäre eine vordringliche Aufgabe des Herrn Bundes- schaften ergeben hat. Man kann die Entwicklung in schatzministers, da Ordnung zu schaffen. diesen bundeseigenen Unternehmen nicht auf die Protektion des Staates zurückführen. Ich glaube, Ich möchte Sie, Herr Bundesschatzminister, fragen: daß eine solche Feststellung, die Sie, Herr Minister, Warum hat die Bundesregierung bisher nichts ge- generell formuliert haben, objektiv unrichtig ist tan, um sich von solchen Zwerg-, Klein- und Mittel- und diskriminierend wirkt. betrieben zu trennen? Mir scheint, daß das Bundes- schatzministerium — genau im Gegensatz zu der Herr Kollege Atzenroth, ich verstehe auch nicht Entschließung vom Juni 1955 — an solchen Zwerg Ihren Hinweis, daß diese Unternehmungen immer unternehmen oder an ähnlichen Gesellschaften in vorderster Linie gestanden hätten, wenn es sich klebt, weil die Interessengruppen diese kleinen um Preiserhöhungen gehandelt habe. Das ist zwei- Betriebe uninteressant finden, daß es sich aber um fellos nicht richtig. so stärker bemüht, sich von der wirtschaftlich wert- (Abg. Dr. Atzenroth: Straßenbahntarife z. B.!) vollen Substanz zu trennen, weil hier mächtige Gruppen ihre Interessen nachdrücklich angemeldet — Das sind Unternehmungen, die sich zum großen haben. Teil in gemeinwirtschaftlichem, auch in gemischt wirtschaftlichem Besitz befinden. Wenn Sie sich Ein paar Sätze zu den bundeseigenen Betrieben. diese Tarife ansehen und sie mit dem allgemeinen Ich komme darauf, weil der Herr Bundesschatz- Preisindex vergleichen, werden Sie feststellen, daß minister Auffassungen vertreten hat, die nicht diese Unternehmungen in Anspruch nehmen kön- unwidersprochen bleiben dürfen. Der Herr Bundes- nen, in ihrer Preisgestaltung zurückhaltend gewesen schatzminister hat im Bulletin vom 7. März einen zu sein. Artikel veröffentlicht unter der Überschrift „Das (Abg. Dr. Hellwig: Na, na!) Ziel der Privatisierung von Bundesvermögen" mit der Unterüberschrift „Soziale Sicherung durch Sie behaupten weiter, Herr Minister, daß erst breite Streuung von Eigentum an den Produktions- bei der Privatisierung die bessere Idee, die eigene mitteln". In diesem Artikel heißt es u. a., die Wirt- Leistung und die Initiative entscheiden. Ich bin der schaftspolitik der Bundesregierung konzentriere Meinung, daß das objektiv unrichtig ist und daß sich auf eine Fortsetzung und Ausdehnung des diese positiven Eigenschaften nicht durch Aktien- Prinzips der Marktwirtschaft und bezwecke- eine paketverlagerungen mobilisiert werden, sondern schrittweise Zurückdrängung des staatlichen Ein- von Anbeginn an in vielen bundeseigenen Betrie- flusses aus dem wirtschaftlichen Bereich. Als ben vorhanden waren, daß aber in diesen Betrie- Gründe für diese These gibt der Herr Bundesschatz- ben ein Weiteres hinzukam, nämlich das Vertrau- minister an, daß Unternehmungen aus der Obhut ensverhältnis zwischen der Geschäftsführung und des Staates, also aus dem Windschatten des Wett- der Arbeitnehmerschaft. Ich fürchte, daß durch Ma- bewerbs in die Hand privater Unternehmer über- nipulationen mit den Aktienpaketen ein solches geführt werden sollen. Er ist der Meinung, daß in gegenseitiges Vertrauensverhältnis gestört werden Zukunft der Markt, der Wettbewerb, die eigene und sich daraus Nachteile ergeben könnten. Leistung, die bessere Idee und die wirtschaftliche Initiative über den Erfolg der Unternehmungen ent- Sie sagen in dem Artikel weiter, Herr Minister, scheiden sollen und nicht mehr die Anordnung und daß wir Steuerzahler für den Mißerfolg eines im der Schutz des Staates. öffentlichen Besitz befindlichen Unternehmens ver- antwortlich sind. Das stimmt, aber ich frage Sie nun: Herr Minister, wenn Sie mit dieser Argumenta- Welche öffentliche Hand, Ihr Ministerium oder das tion die Klein- und Zwergbetriebe — die etwas an Wirtschaftsministerium, hat denn negativen Einfluß 1656 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Dr. Bleiß auf diese Unternehmungen genommen? Sie sagen Vizepräsident Dr. Jaeger: Zu einer Zwischen- doch damit, daß wahrscheinlich die Ertragslage frage darf ich das Wort Herrn Abgeordneten Dr. dieser Unternehmungen besser gewesen wäre, Atzenroth geben. wenn der Bund nicht Einfluß gehabt hätte. Ich habe den Eindruck, daß bei den im Bundesbesitz befind- Dr. Atzenroth (FDP) : Herr Kollege, wollen Sie lichen Unternehmungen zu einem erheblichen Teil diese ganz kleine, minimale Preissenkung beim recht gut verdient worden ist. Deswegen scheinen Volkswagen tatsächlich als eine echte Preissenkung mir die Darlegungen des Herrn Bundesschatz- bezeichnen, während gerade Sie, die Sozialdemokra- ministers etwas konfus zu sein. Ich habe die Sorge, ten, immer erklärt haben, wieviel höher die eigent- Herr Bundesschatzminister, daß wir die Gefahr von liche Senkung sein müßte, wenn es sich um ein Mo- Fehlschlüssen zu befürchten haben, wenn sich sol- nopolunternehmen handelt? che Gedankengänge auf die Politik des Ministe- riums übertragen. Aus der Arbeitsmethodik der Dr. Bleiß (SPD) : Herr Atzenroth, ich bin durch- bundeseigenen Betriebe ergibt sich jedenfalls nach aus der Meinung, daß man die Preise weiter sen- meiner Auffassung keine Veranlassung zu einer ken könnte. Ich trete ja nur Ihrer Behauptung ent- Privatisierung. gegen, daß die bundeseigenen Unternehmen bei der Unabhängig davon gibt es aber eine Reihe von Preiserhöhung in vorderster Linie gestanden hät- Tatsachen, die uns bestimmen, dafür einzutreten, ten. Ich habe Sie gerade darum gebeten, den Nach- daß die wirtschaftlich wertvollen Beteiligungen des weis zu führen, wo das der Fall war. Ich bin der Bundes nicht privatisiert werden. Ein wesentlicher Meinung, daß man zweifellos durch den Einsatz Grund für unsere Auffassung ist der Einsatz des der Bundesvermögen eine verbesserte Preispolitik Bundesvermögens für eine aktive Wirtschaftspoli- treiben könnte. tik. Über diese positiven Möglichkeiten haben Sie, Ich möchte Sie in diesem Zusammenhang darauf Herr Bundesschatzminister, in Ihren Reden und Auf- hinweisen, daß man auch durch eine Einflußnahme sätzen bisher sehr wenig gesagt. Sie haben heute in auf die Bundesbeteiligungen oder mit der Hilfe der der Beantwortung der Großen Anfrage der SPD nur Bundesbeteiligungen einer konjunkturellen Über- darauf hingewiesen, daß eine Einflußnahme auf hitzung entgegenwirken kann. Vielleicht ist Ihnen diese großen Betriebe zu Fehlschlüssen führen noch in Erinnerung, daß der Herr Bundeswirt- könnte. Sie unterscheiden sich darin, glaube ich, schaftsminister damals für sich in Anspruch genom- ganz erheblich von der Auffassung des Herrn men hat, durch einen Auftragsstopp bei den bun- Bundeswirtschaftsministers. Der Herr Bundeswirt- deseigenen Unternehmungen dämpfend auf die Kon- schaftsminister hat es verschiedentlich für nützlich junkturüberhitzung gewirkt zu haben. In beiden gehalten, auf die Bundesunternehmungen Einfluß Fällen war es natürlich — darin, Herr Kollege zu nehmen, z. B. in jüngster Vergangenheit, und Atzenroth, gebe ich Ihnen recht — ein sehr magerer, zwar aus einem hochpolitischen Grund. Mein ein sehr bescheidener Erfolg. Wir sind aber der Freund Deist hat ihn vorhin schon einmal kurz Meinung, Herr Kollege Atzenroth, daß man bei angedeutet. Ich möchte gerade diesen Tatbestand einer zielbewußten Preis- und Investitionspolitik noch einmal in Ihre Erinnerung zurückrufen. Das einen sehr viel weitergehenden Einfluß auf die Bundeswirtschaftsministerium hat die bundeseige- Preis- und Konjunkturpolitik ausüben kann, beson- nen Betriebe angewiesen, jede verfügbare Lager- ders wenn die Bundesregierung nicht davor zurück- möglichkeit auszunutzen, um so viel Kohle wie schrecken würde, durch eine verbesserte und erwei- irgend möglich einzulagern und bis zum 6. Juli terte Publizität gegebenenfalls die Kosten- und Er- Feierschichten an der Ruhr zu verhüten und damit tragslage in dem einen oder anderen Wirtschafts- einen leichten Schleier vor die Kohlewirtschafts- zweig offenzulegen — so z. B. auch in der Auto- politik der Bundesregierung zu ziehen. mobilproduktion —, um auf diese Weise einen wirksamen Verbraucherschutz sicherzustellen. Meine Damen und Herren, ein weiteres Beispiel! Im Februar 1956 hat der Herr Bundeswirtschafts- Dieser Möglichkeiten sollte und darf man sich minister in einem Leistungsbericht darauf hinge- nicht begeben. Durch den Einsatz von bundeseigenem wiesen, daß bundeseigene Unternehmungen eine Vermögen ergeben sich Wirkungen verschiedener Reihe von Preissenkungsmaßnahmen durchgeführt Art, einmal, daß die bundeseigenen Unternehmun- hätten. So weist er in seinem Bericht darauf hin, gen selbst die Preise senken, zum anderen, daß sie daß das Ferngas um 1 %, die Aluminiumfolien um auf eine weitere preissteigernde Entwicklung hem- 3 bis 11 %, die Braunkohle um 4 DM je Tonne Ab- mend wirken. satz und das Motorenbenzol um 11 % im Preis In diesem Zusammenhang ist ein Artikel der gesenkt worden seien und daß das Volkswagen- Frankfurter Allgemeinen Zeitung interessant, in werk seine Preise je Einheit, also je Wagen, um dem es u. a. heißt — ich darf mit Genehmigung 250 DM gesenkt habe. des Herrn Präsidenten zitieren —: Herr Kollege Atzenroth, Sie haben vorhin gesagt, Gerüchtweise verlautet . . ., zwischen den Hüt- daß die Bundesunternehmen bei den Preiserhöhun- tenwerken an der Ruhr und dem Hüttenwerk gen in vorderster Linie stehen. Ich bin der Mei- Salzgitter stehe eine Absprache folgenden In- nung, daß Ihnen der Wahrheitsbeweis für eine halts bevor: Die Ruhrhütten senken ihre Schiffs solche Behauptung außerordentlich schwerfallen-b lechpreise auf das Niveau von Salzgitter; bei wird. Grobblechen soll die heute bestehende Preis- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1657

Dr. Bleiß differenz dadurch ausgeglichen werden, daß die dustriegruppen durch den Erwerb von Bundesver- Ruhrhütten ihre Preise ermäßigen, wogegen das mögen ihre Machtposition im Markt weiter aus- Hüttenwerk Salzgitter seine Preise erhöht, mit bauen würden und daß dadurch die Marktwirtschaft dem Ergebnis, daß ein einheitlicher Preis zu- nur weiter ausgehöhlt würde. stande kommt, .. . Wir halten im Interesse einer aktiven Wirtschafts- Hier hat das Hüttenwerk Salzgitter zweifellos politik eine Neuordnung des Bundesbesitzes für zweierlei erreicht, daß ein Teil der Preise gesenkt dringend erforderlich. Wir versprechen uns von wird und daß in dem anderen Fall auch eine Preis- einer marktwirtschaftlich wirksamen Anwendung des Instruments der bundeseigenen Unternehmen nicht reduzierung, zwar nicht in voller Höhe, aber doch in einem bestimmten Ausmaß, durchgesetzt werden nur einen verstärkten Wettbewerb, wir versprechen uns von einem vernünftig verwalteten und wirt- kann. Ich bin der Meinung, daß diese positiven Ein- wirkungsmöglichkeiten wesentlich höher zu Buch schaftspolitisch eingesetzten Bundesvermögen auch einen verbesserten Verbraucherschutz und damit schlagen als die Seelenmassagen, in denen sich der eine bessere Versorgung der Verbraucherschaft. Aus Herr Bundeswirtschaftsminister bisher ohne großen diesem Grunde befürworten wir ein bundeseigenes Erfolg versucht hat. Es wäre nach unserer Auffas- Vermögen in allen Fällen, in denen es sich um sung falsch und verhängnisvoll, auf das Bundesver- mögen als Instrument einer aktiven Wirtschafts- volkswirtschaftlich wichtige Bestandteile handelt. politik zu verzichten. (Beifall bei der SPD.) Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Howaldtwerke zurückkommen. Die Howaldt- Vizepräsident Dr. Jaeger: Das Wort hat der werke waren heute schon wiederholt Gegenstand Abgeordnete Dr. Steinmetz. der Diskussionsbeiträge. Auch ich hatte mir vor- gemerkt, bei Ihnen, Herr Bundesschatzminister, eine Dr. Steinmetz (DP) : Herr Präsident! Meine sehr Rüge anzubringen. Ich bin der Meinung, daß es geehrten Damen und Herren! Auch ich werde nur nicht gut ist, wenn in Ihrem Ministerium eine An- zur Sache sprechen, nicht über Parteien und Frak- weisung gegeben wird, Unterlagen, Prüfungsberichte tionen, sondern nur zu dem Punkt ,,Bundesunter- den Abgeordneten vorzuenthalten, eine Einsicht- nehmen". Dabei handelt es sich im wesentlichen um nahme nicht zu gestatten. Ich möchte Sie fragen: die Frage, ob Bundesunternehmen Mittel der Wirt- aus welchem Grunde haben Sie eine solche Einsicht- schaftspolitik sein können oder nicht. Die Frage nahme verweigert? Haben Sie der Öffentlichkeit nach der wirtschaftspolitischen Bedeutung von etwas zu verschweigen? Oder sind vielleicht in dem öffentlichen Unternehmen ist unserer Ansicht nach Bericht Tatbestände enthalten, auf Grund deren man wiederum unlösbar verbunden mit der Frage der zu völlig anderen Veräußerungswerten kommen Privatisierung. kann? Gerade mit Rücksicht auf die verschiedenen Wandlungen, die der Veräußerungspreis bei den Ich möchte hier gleich eines grundsätzlich fest- Howaldtwerken bisher durchgemacht hat, wäre hier stellen. Wenn wir erkennen würden, daß ein Bun- eine absolute Klarheit unbedingt notwendig. Ich desunternehmen eine unbedingt notwendige wirt- möchte Sie nur daran erinnern, daß ursprünglich schaftspolitische Bedeutung hat, würden wir mit ein Preis von 20 Millionen DM genannt wurde und einer Zustimmung zu einer Privatisierung zumin- daß Sie dann über 25, 27 auf 34 Millionen gekom- dest sehr vorsichtigt sein und nur mit Vorbehalt men sind. Ich darf Sie daran erinnern, daß man zustimmen können. Was wir auf jeden Fall ableh- bereits drauf und dran war, die Howaldtwerke Ham- nen, ist ein Gebrauch der Bundesunternehmen für burg für 26 Millionen DM zu veräußern. Wenn der wirtschaftspolitische Ziele, die den Marktzusam- Haushaltsausschuß des Bundestages den Antrag da- menhang stören und die Bundesunternehmen aus mals nicht angehalten hätte, wäre der Verkauf per- ihre marktwirtschaftlichen Verbundenheit mit den fekt gewesen, und die Erwerber hätten in der privaten Unternehmen herausheben könnten. Zwischenzeit schon mindestens 8 Millionen DM ver- Aber auch das sollte man nicht so sehr dogma- dient. Ich glaube, eine solche Methodik kann keinen tisch auffassen. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, daß Bundesunternehmen zeitweise und in besonde- Anspruch auf Solidität erheben. Die Öffentlich-- keit muß zwangsläufig den Eindruck gewinnen, daß ren Fällen sogar als Mittel zur Preis- und Konjunk- hier, vielleicht, um gefällig zu sein, à tout prix ver- turpolitik herangezogen werden. Herr Minister, ich kauft oder, wie der Herr Bundesschatzminister sich weiß, daß ich damit in einem starken Gegensatz zuweilen auszudrücken beliebt, versilbert werden zu dem stehe, was Sie hier heute im ersten Teil soll. Ihrer Ausführungen gesagt haben. Sie scheinen mit Wir Sozialdemokraten sind der Meinung, daß die Ihrer Stellung aber auch noch etwas zu hadern. Kapitalbeteiligung des Bundes einer gründlichen Denn im zweiten Teil Ihrer Ausführungen habe Prüfung und Neuordnung bedarf. Wir sind der Mei- ich verschiedene Sätze gehört, die das, was Sie zu- nung, daß der Bund sich so bald wie möglich von erst gesagt haben, doch stark einschränken. Aber dem Kleinbesitz, von den Ladenhütern befreien das wird man, wenn der Text vorliegt, ja feststel- len können. sollte. Wir wehren uns gegen eine Veräußerung oder gegen eine Versilberung des wirtschaftlich Wir wollen die Frage, ob solche Bundesunter- wertvollen Besitzes. Wir wehren uns gegen eine nehmen ohne Gefahr für die Marktwirtschaft als Veräußerung an Interessentengruppen. Denn wir Mittel der Preis- und Konjunkturpolitik eingesetzt sind der Meinung, daß heute schon bedeutende In werden können, noch einmal kurz untersuchen. 1658 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Steinmetz Dazu müssen wir die Unternehmen zunächst unter- großer Klarheit erkennen, welche Unternehmen teilen in die mit einem bedeutenden Marktanteil, wegen ihrer sehr bedeutenden Marktstellung nur die durchweg im Oligopolmarkt stehen, und die mit Vorbehalt und nur bei hundertprozentiger anderen mit unbedeutendem Marktanteil, die eben Sicherheit, daß man keinen privaten Machtzusam- im Wettbewerbsmarkt stehen. Denn für die preis- menballungen in die Hände arbeitet, zur Privati- und konjunkturpolitische Bedeutung ist es immer sierung freigegeben werden könnten. Ich glaube, entscheidend, wie die Marktstellung des Unterneh- diese Marktanalyse und diese Marktmorphologie mens ist. Das ist heute hier leider nicht genügend wären für uns von großer Wichtigkeit, um klar unterstrichen worden. Unternehmen ohne bedeu- und sachlich entscheiden zu können, wo man pri- tenden Marktanteil werden auf Preis- und Kon- vatisieren könnte und wo nicht. junkturpolitik kaum einen Einfluß haben. Aber Wir — das darf ich im Namen meiner Freunde wie ist es mit den anderen? sagen haben doch einige Bedenken, ob die hun- Betrachten wir einmal den Zustand eines Kon- dertprozentige Sicherheit, daß wir durch Privati- junkturaufschwungs. Dann könnten Bundesunter- sierungen keine privaten Machtzusammenballungen nehmen eine sehr wohltuende Wirkung haben, bekommen, tatsächlich vorhanden ist. Wir wissen ohne der freien Marktwirtschaft irgendwie weh zu nicht, ob das vorgeschlagene Höchststimmrecht der tun. Sie könnten, weil sie marktbedeutend sind Inhaberaktien eine unbedingte Sicherheit dafür ist. und einen großen Anteil am Markt haben, dadurch, Vielleicht ist die vinkulierte Namensaktie, die bei daß sie keine Konjunkturgewinne erzielen, die pri- dem Vorschlag der Privatisierung des Volkswagen- vatwirtschaftlichen Unternehmen sehr gut zu der- werks vorgesehen wurde, hier noch besser geeignet. selben Politik veranlassen, und sie werden sie da- Jedenfalls wäre es ein sehr großer Vorteil, wenn zu veranlassen. Welche wohltuenden Wirkungen wir wirklich eine breite Streuung der Aktien bei der würde das nun haben? Den .Bundesunternehmen Privatisierung der Unternehmen erreichten, und würde es nicht schaden; denn sie werden ihre Ver- zwar besonders der Unternehmen, die im Oligo- besserungsinvestitionen machen können, aber polmarkt stehen. Vor allem bei diesen ist es in weniger Erweiterungsinvestitionen. Damit werden Anbetracht ihrer Marktbedeutung sehr wichtig, daß auch die sich anschließenden Privatunternehmen wir die Anteile sehr weit streuen können. Wenn wir weniger Erweiterungsinvestitionen vornehmen. Das es nämlich erreichen, daß diese sehr breite Streu- würde bedeuten, daß wir die konjunkturelle Über- ung des Aktienbesitzes erfolgt, sind die Aktionärs- hitzung, die wir immer so sehr befürchten, eben interessen der Kleinaktionäre wahrscheinlich nicht hier nicht bekommen. Vor allen Dingen aber wür- größer als die Verbraucherinteressen, die sie ver- den wir eines erreichen, was wir alle wollen: wir mutlich im konkreten Fall wahrnehmen würden. würden die Ausweitung des öffentlichen Erwerbs- Hier würden sich Aktionärsinteresse und Ver- vermögens abbremsen. braucherinteresse aufheben können: Dieses Beispiel zeigt, wie man durch eine ge- Bei einer sehr breiten Streuung des Aktienbe- schickte Preis- und Konjunkturpolitik mit Bundes- sitzes würden wir also einer Privatisierung auch unternehmen eine sehr wohltuende Wirkung für von bedeutenden Bundesunternehmen leichter zu alle erzielen kann, ohne der Marktwirtschaft irgend- stimmen können. Wir wissen ja, daß damit zugleich wie Zwang anzutun. die gesellschaftspolitische Zielsetzung verbunden Was ich sage, ist keine Theorie, sondern Praxis. ist. Wir wissen, daß damit auch die Gefahr ausge- Ich kann mir denken, daß der Appell, den der Herr räumt Wird — die ja bei einer Koexistenz von Bundeswirtschaftsminister in der vorigen Legisla- Privatwirtschaft und öffentlicher Wirtschaft immer turperiode an die Verwaltung der Bundesvermögen besteht, daß die Grundlagen der Marktwirtschaft richtete, als die Konjunkturüberhitzung eingetreten letzten Endes bedroht werden; denn die öffent- war, keinen anderen Zweck hatte, als so zu ver- lichen Unternehmen haben nun einmal zahlreiche fahren. Privilegien. Sie haben sie von Rechts wegen; und es sind ihnen allgemeine Zugeständnisse gemacht Wir haben also klar erkannt, daß die preis- und worden. konjunkturpolitische Bedeutung der Unternehmen Diese Privilegien verstärken natürlich aus einer der öffentlichen Hand in jedem Fall -von ihrer Marktstellung abhängt und nicht so sehr von der reinen Abwehrtaktik heraus leicht Konzentrations- Unternehmungsform, wie immer wieder behauptet bewegungen in der Privatwirtschaft, Konzentrations- wird. Hier, glaube ich, müßten wir ansetzen, um bewegungen, die wir nicht haben wollen. auch in der Privatisierungsfrage einen Schritt Ich will von diesen tatsächlichen und rechtlichen voranzukommen. Vorteilen der Bundesunternehmen nur einige nen- Wir müßten über die Morphologie der Märkte, nen. Die in der Form des Privatrechts geführten Bun- in denen die Bundesunternehmen stehen, besser desunternehmen zahlen keine Vermögensteuer. unterrichtet werden, und ich würde es sehr begrü- Wir wissen, daß verschiedene Bundesunternehmen ßen, Herr Minister, wenn Sie uns bei den in Aus- Gewinn- und Verlustausgleich und eine gegensei- sicht gestellten Vorbemerkungen zum Haushalts- tige Kredithilfe vorgenommen haben. Aber was noch plan klare Angaben über die Marktstellung der wichtiger ist: Die Bundesunternehmen verfügen über Bundesunternehmen machen könnten. Dann könn- größere Sicherheit. Wenn sie Verluste machen, tritt ten wir nämlich sehr leicht entscheiden, welche der Staat für sie ein. Im Außenhandel soll es vorge- Unternehmen wir ohne Bedenken privatisieren kommen sein — aber das kann ja vielleicht von können. Wir könnten dann aber auch mit sehr dem Herrn Minister einmal nachgeprüft werden —, Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1659 Dr. Steinmetz daß Staatsunternehmen die privaten Geschäftsbedin- allgemein ist. Ich glaube aber, das sollte nicht dem gungen der Branche unterboten haben, und das doch neuen Bundesminister für den wirtschaftlichen Be- sicher nicht aus konjunkturellen Gründen. Es soll sitz des Bundes zur Last gelegt werden; denn wir auch so sein, daß das Risiko im Exportgeschäft, das alle wissen — und darauf haben ja auch die Kolle- ja bei der Privatwirtschaft wesentlich größer ist, gen der SPD hingewiesen —, daß gerade er im von den Bundesunternehmen nicht so stark berück- letzten Bundestag einer der Wortführer dieses An- sichtigt werden muß, so daß sie selbst auf die Her- liegens des Parlaments war. Es liegt, glaube ich, in mesversicherung in Einzelfällen verzichtet haben der Kompliziertheit der Materie, daß innerhalb der sollen. Vielleicht die stärkste Privilegierung ist aber relativ kurzen Zeit, in der dieses Ministerium auf- die Dividendenpolitik der Bundesunternehmen. gebaut worden ist, noch nicht fertige Vorlagen Durch sie ist eine starke Thesaurierung entstanden, zur Neugestaltung der Rechtsfragen bei den bun- und dadurch wird die der öffentlichen Wirtschaft in- deseigenen Unternehmungen vorgelegt werden newohnende Tendenz zur Ausweitung noch einmal konnten. Ich darf die Kollegen der SPD gerade deutlich zum Ausdruck gebracht. Es gibt noch andere daran erinnern, daß wir ja seit Jahren — ich per- Vorteile der Bundesunternehmen, auf die ich nicht sönlich beteilige mich trotz in mancher Hinsicht eingehen will. grundsätzlich verschiedener wirtschaftspolitischer Ich kann mir denken, daß man diese Vorteile be- Auffassungen immer wieder an diesen Diskussio- seitigen könnte. Aber ich glaube nicht, daß es in der nen — in verschiedenen wissenschaftlichen und Praxis gelingen würde; denn wir werden kaum die politischen Bereichen ohne Unterschied der partei- guten Beziehungen zwischen den Leitern der Bun politischen Stellung an dem Problem arbeiten, wie desunternehmen abschaffen können. Wir werden eine vernünftige Rechtsform für die Verwaltung auch kaum erreichen können, daß ein gewisses Kar- solcher öffentlicher Unternehmungen entwickelt tell der Bundesunternehmen, auch wenn wir es auf werden kann, für die eine Privatisierung nicht in gelöst haben, unter der Decke weiterbesteht. Alle Betracht kommt. Dabei muß sichergestellt werden, diese Erkenntnisse sollten uns eigentlich dazu brin- daß erstens diese Unternehmungen gegenüber gen, überall dort, wo es möglich erscheint, wirklich anderen Unternehmungen des privaten Rechtsver- zu privatisieren. kehrs nicht diskriminiert sind, zweitens die Einfluß- nahme zur Verwirklichung der öffentlichen politi- Aber bevor wir es tun, sollten wir alle Unterneh- schen Zielsetzungen gewährleistet ist und drittens mungen, von denen ich gesprochen habe, insbeson- dere was ihre Marktbedeutung angeht, gewissen- die ausreichende parlamentarische Kontrolle zu haft und in aller Ruhe untersuchen. Wir sollten vor ihrem Recht kommt. Sie wissen, daß Entwürfe für allen Dingen dafür sorgen, daß die Privatisierungen, die Rechtsform des öffentlichen Unternehmens zur wenn sie durchgeführt werden, nicht zu einer Zu- Diskussion stehen. Sie wissen, daß die Gesellschaft sammenballung privatwirtschaftlicher Macht führen. für öffentliche Wirtschaft erst vor kurzem eine Art Ich kann damit kurz die Stellung meiner Freunde kleiner Enquete darüber eingeleitet hat, wie insbe- von der Deutschen Partei dahingehend festlegen: sondere das Problem der parlamentarischen Kon- wir wollen die Privatisierung der Bundesunterneh- trolle gegenüber derartigen Unternehmungen ge- men, wir wollen auch die Veräußerung der Bun- löst werden kann. desanteile, aber wir wollen unter keinen Umstän- Man sollte also, wenn so viele Fachleute auf die- den, daß diese Privatisierung dazu führt, daß die sem Gebiet noch nicht zu befriedigenden Vorlagen Unternehmen aus dem Regen staatswirtschaftlicher gekommen sind, nicht dem jüngsten Ressort inner- Machtkonzentration unter die Traufe privatwirt- halb der Bundesregierung einen Vorwurf machen, schaftlicher Machtkonzentrationen geraten. wenn es zunächst tastend nach allen Seiten diese (Beifall bei der DP und der CDU/CSU.) Erfahrungen und Diskussionen beobachtet und erst später eigene Vorlagen bringt. Vizepräsident Dr. Preusker: Das Wort hat Ich darf hier aber einflechten, daß bestimmte der Abgeordnete Dr. Hellwig. Dinge in der Nachweisung über die Bundesunter- nehmungen der Erwähnung bedürfen. Dabei möchte ich zwar die verspätete Vorlage des entsprechen- Dr. Hellwig (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine den Berichtes als Nachtrag zum Bundeshaushalt Damen und Herren! Nur wenige Bemerkungen- nicht besonders monieren — wir hätten sie möchte ich noch zu dem Kern der Großen Anfrage natür- lich gern früher gesehen —, sondern ich meine der SPD machen, nämlich zu der Problematik, die be- stimmte allgemeine Gravamina. Ich erwähne zwei öffentliche Unternehmungen, in diesem Falle bun Tatsachen. Das eine sind die deseigene Unternehmungen und Beteiligungen, Gewinne, die von den großen bundeseigenen Komplexen an den Bund ab- nicht nur hinsichtlich der Kontrolle dieser Ver- geführt werden. Sie stehen in einem Mißverhältnis mögenskomplexe stellen, sondern auch natürlich zu den Investitionen aus eigenen Mitteln, hinsichtlich der Einflußnahme durch die Regierung wie es in dieser Größenordnung in der privaten Wirtschaft bzw. das Parlament. kaum vorhanden ist. Beispielsweise betragen bei Ich kann mich verschiedenen Ausführungen, die der Viag, deren tatsächlicher Wert sich vielleicht von den Kollegen der SPD gemacht worden sind, auf 750 Millionen beläuft, die selbstfinanzierten insoweit anschließen, als das Mißbehagen über die Investitionen plus Gewinn allein in einem der zu- Art der Berichterstattung und über die Behandlung rückliegenden Jahre — 1955 — 262 Millionen, wäh- der Vertretung des Bundes in diesen Unternehmun- rend in diesem Jahre sich der bilanzmäßig ausge- gen und ihren Organen in diesem Hause ziemlich wiesene Gewinn nur auf 11,8 Millionen stellte. 1660 Deutsches Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Hellwig Ähnlich liegen die Dinge bei Preußen-Elektra, bahn, die Bundespost und ähnliche Unternehmun- Preußag usw. Es ist ein Faktum, mit dem sich das gen mehr. Parlament nicht zufriedengeben kann, daß gegen- Wo das nicht der Fall ist und es sich um Unterneh- über Hunderten von Millionen selbstfinanzierter mungen handelt, die am Privatrechtsverkehr in der Investitionen in einem einzigen Geschäftsjahr nur Form einer privatrechtlichen Gesellschaft teilneh- 57 Millionen DM Einnahmen aus diesen Beteiligun- men, habe ich allerdings große Bedenken und Zwei- gen an den Bund abgeführt werden. Das ist der fel, diesen Unternehmungen eine Mitteilungspflicht eine Punkt, der ja alle die Fragen nach sich zieht, über Geschäftsvorgänge aufzuerlegen, durch die sie die auch der Herr Vorredner angeschnitten hat, die innerhalb des Privatrechtsverkehrs benachteiligt Frage nämlich nach den gleichen Chancen im Wett- sein würden. bewerb, wenn sie nicht dem Dividendendruck, dem Verzinsungsdruck unterliegen wie private Unter- (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) nehmungen. Dann muß die Entscheidung an anderer Stelle ge- troffen werden, dann muß die Privatrechtsform für Das zweite ist die Frage der Regelung der Ver- diese Unternehmungen beseitigt werden. Solange tretung des Bundes in diesen Unternehmungen, d. aber entschieden ist, daß derartige Unternehmun- h. der Besetzung der Aufsichtsorgane. Es ist nach un- gen in der Form der Aktiengesellschaft oder der serer Meinung schlechterdings unerwünscht, daß in der Hand einer relativ kleinen Zahl von aktiven Gesellschaft mit beschränkter Haftung, also in For- Bundesbeamten eine große Zahl von Aufsichtsrats- men des Privatrechtsverkehrs betrieben werden, und ähnlichen Mandaten in diesen Unternehmungen können ihnen keine Sonderauflagen gemacht wer- vereinigt liegt. Hier besteht in der Tat eine Macht- den, die sie im Privatrechtsverkehr benachteiligen position, die einer kritischen Betrachtung bedarf. 69 würden. aktive Bundesbeamte bekleideten nach dem Stand (Sehr richtig! bei der CDU/CSU.) vom März 1956 185 Aufsichtsrats- und drei Vor- Dann muß man die Frage nach der Rechtsform als standssitze. 169 aktive Beamte der Länder und Ge- solche grundsätzlich aufgreifen. meinden haben 476 Aufsichtsrats- und sieben Vor- standssitze. Man wird mir entgegenhalten: Die Häu- Aus diesem Grunde würden wir es auch begrü- fung von Aufsichtsratsmandaten kommt auch in der ßen, wenn im Rahmen der angekündigten Über- privaten Wirtschaft vor. Durchaus richtig! Aber sie arbeitung der rechtlichen Grundlagen für alle diese ist dort nicht kombiniert mit der Bekleidung öffent- Unternehmungen und ihre Organisation — die lich-rechtlicher Funktionen in den Ressorts auf Bun- Reichshaushaltsordnung, die Wirtschaftsbestim- des-, Landes- oder Gemeindeebene. Das ist das Pro- mungen, das Vorschaltgesetz usw. sind schon ge- blem, das einmal angepackt werden muß. nannt worden — gerade dieses Problem der Wahl (Beifall bei der CDU/CSU.) der geeigneten Rechtsform noch einmal mit auf- gegriffen würde. Welche Möglichkeiten hat nun das Parlament für seine Kontrolle? In der modernen komplizierten Nun muß ich aber eine grundsätzliche Frage hier Wirtschafts- und politischen Verfassung ist die noch einmal anschneiden, weil sie nur im Zusam- direkte Kontrollmöglichkeit des Parlaments gegen- menhang mit der Privatisierung wie auch mit der über der Vielzahl kleinerer und größerer öffent- parlamentarischen Kontrolle zu sehen ist. Der Herr licher Unternehmungen relativ gering. Man würde Kollege Dr. Deist hat nicht nur hier, sondern auch einfach die parlamentarische Arbeit ersticken. Die außerhalb des Hauses sehr viel über die Probleme wesentlichen Quellen der Information und der Kon- der öffentlichen Kontrolle gesprochen. Er hat auf trolle durch die Parlamente sind daher die durch dem Parteitag seiner Partei ein bemerkenswertes Hilfsorgane entwickelten Formen der Berichterstat- und mit Aufmerksamkeit zu studierendes Referat tung: die Prüfungsberichte des Bundesrechnungs- über diese Probleme gehalten. Er hat wiederholt hofs. Auf ihre Bedeutung, die auch wir dankbar an- die Formel herausgestellt, daß überall dort die erkennen, hat Herr Dr. Deist vorhin schon hingewie- öffentliche Kontrolle begründet werden sollte, wo sen. Es sind weiterhin die Berichte der verschiede- es aus Gründen einer gemeinwirtschaftlichen Auf- nen Beiräte, Kontrollräte und andere halbparlamen- gabenstellung oder zur Bekämpfung der Macht- tarischer Gremien, wie sie für eine Reihe von- öffent- konzentration notwendig sei. lichen Unternehmungen entwickelt worden sind. Ich wage zu beweifeln, ob öffentliche Kontrolle, Eine Frage ist aber dann, ob neben der Auskunfts- so wie sie dann in verschiedenen Entwürfen weiter pflicht der Bundesregierung, die selbstverständlich dargelegt worden ist, diesem Problem wirklich hier zu nennen ist, auch noch eine Erweiterung der gerecht wird. Öffentliche Kontrolle ist nämlich nicht Mitteilungspflicht dieser Unternehmungen durch das gleichbedeutend mit Kontrolle durch die Öffentlich- Bundesverwaltungsrecht angestrebt werden soll. Ich keit; das muß einmal ganz klar herausgearbeitet glaube, eine solche Mitteilungspflicht muß überall werden. dort bejaht werden, wo bereits bestehende Unter- (Zustimmung in der Mitte.) nehmungen in bestimmtem wirtschaftspolitischen Sinne eingesetzt werden. Das betrifft also beispiels- Die Beauftragung von Beamten oder von parlamen- weise Unternehmungen, die einer ausgesprochen tarisch-politischen Mandatsträgern oder von Ver- gemeinwirtschaftlichen Aufgabe dienen und deren bandsmandatsträgern aus dem Bereich von Wirt- Aufgabenstellung durch die Entscheidung des Ge- schaftsverbänden, gleichgültig ob aus der privaten, setzgebers bestimmt ist. Ich erwähne die Bundes der halbprivaten oder der öffentlichen Wirtschaft Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1661

Dr. Hellwig oder den Gewerkschaften, bedeutet noch nicht eine Vizepräsident Dr. Preusker: Das Wort hat wirksame Kontrolle durch die Öffentlichkeit. Der der Abgeordnete Conrad. Unterschied ist insbesondere im Zusammenhang mit den gutachtlichen Arbeiten des Innenministeriums Conrad (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen über die politischen Parteien herausgearbeitet wor- und Herren! Gleich zu Anfang meiner Ausführun- den. Man sollte, glaube ich, überall dort, wo von gen ein paar Bemerkungen zu dem, was Herr Dr. öffentlicher Kontrolle gesprochen wird, überprüfen, Hellwig hier vorgetragen hat. Er glaubte, das was geschehen muß, um an Stelle einer in den jüngste Ministerressort etwas in Schutz nehmen zu Händen eines kleinen Kreises öffentlicher Mandats- müssen. Er hat erklärt, daß dieser neue Minister träger erstarrten oder erstarrenden sogenannten zuerst sehr tastend an seine Aufgaben herangehen öffentlichen Kontrolle wieder die Kontrolle durch müsse. Ich habe bei den Ausführungen des Herrn die Öffentlichkeit zu ihrem Recht kommen zu Ministers heute nachmittag, als er hier die Marxi- lassen. stenschlächterei betrieb, gar nicht den Eindruck ge- (Beifall in der Mitte.) habt, daß er so tastend vorgeht. Es scheint mir viel- Ich glaube, man sollte hier nun nicht Steine auf- mehr — ich habe einige Artikel von ihm in der heben und auf den einen oder anderen werfen. Es gleichen Richtung gelesen —, so tastend ist er gar ist ein Problem, vor dem wir alle stehen. Vor nicht, Herr Dr. Hellwig. Aber wenn Sie ihn in Schutz diesem Problem stehen die gemeinwirtschaftlichen nehmen, haben wir von der Opposition es nicht oder Selbstverwaltungskörperschaften mehr oder nötig, das auch zu tun. weniger sozialistischer Konzeption ebenso wie die Wir haben dem Minister Vorwürfe gemacht, daß großen Aktiengesellschaften der Privatwirtschaft, er dem Parlament keinen Bericht gegeben hat. Wäh- wo eben Zehntausende von einzelnen zusammen- rend der Haushalt für das ganze Jahr vorliegt, ha- kommen und die Gewalt, die von ihnen ausgehen ben wir von ihm keinen Bericht. Ich frage das Hohe soll, nur sehr schwierig praktiziert werden kann. Haus: gab es denn vor diesem Minister keinen an Da entsteht das Problem, wie die Inhaber der Man- deren, gab es da keine Beamten? Ist denn der Weg date, die Inhaber der tatsächlichen Gewalt noch zwischen CDU-Finanzminister und CDU-Schatzmini- wirksam kontrolliert werden können. Das ist ein ster so weit, daß man hier keine Berichte vorlegen Problem, das innerhalb der Gewerkschaften in kann? ihrer Finanz- und Vermögensgebarung ebenso be- steht wie in großen Aktiengesellschaften mit Tau- Vizepräsident Dr. Preusker: Herr Abgeord- senden und Zehntausenden von Aktionären. Ich neter Conrad, gestatten Sie eine Zwischenfrage? wage zu behaupten — ich bitte das nicht polemisch, sondern nur als eine Aufforderung aufzufassen, Conrad (SPD) : Aber natürlich. über diese Dinge nachzudenken daß in zahl- reichen großen modernen Aktiengesellschaften mit Dr. Hellwig (CDU/CSU): Herr Conrad, sind Sie Zehntausenden und über hunderttausend Aktio- von Ihren Fraktionsfreunden, da Sie dem alten Bun- nären der einzelne Aktionär heute mehr Aufklä- destag nicht angehört haben, nicht darüber unter- rung Tiber die Wirtschafts- und Vermögenslage und richtet worden, daß es ein ausdrücklicher Wunsch über die Gewinne usw. von seiner Gesellschaft er- des Hauses in der früheren Legislaturperiode war, hält als etwa das einfache Gewerkschaftsmitglied daß der Bericht über die wirtschaftlichen Beteiligun- über die Finanz- und Vermögensgebarung und über gen des Bundes dem Hause in einer gesonderten die Wirtschaftsbetätigung seiner eigenen Gewerk- Drucksache vorgelegt wird? schaft. Das gleiche gilt hinsichtlich zahlreicher Ver- bände und Großorganisationen. Conrad (SPD) Ich weiß, Herr Dr. Hellwig, daß Ich sage, es soll hier kein Vorwurf erhoben, son- beim letzten Haushalt eine sehr ausführliche Dar- dern nur einmal dargestellt werden, daß für die stellung vorgelegen hat. Ich habe sie noch einmal Zukunft der parlamentarischen Demokratie die Auf- nachgelesen. Nach meiner Ansicht war sie trotz gabe der Begründung einer wirksamen Kontrolle ihrer Ausführlichkeit durchaus nicht erschöpfend. durch die Öffentlichkeit gegenüber den großen Man könnte da noch einiges sagen, z. B. zu dem Wirtschaftsunternehmungen ebenso besteht- wie Thema der Kontrolle der Öffentlichkeit, das Sie gegenüber den großen Organisationen und Ver- zuletzt angeschnitten haben, damit die Öffentlichkeit bänden. erfährt, was eigentlich in diesem und jenem Unter- Von hier ab scheiden sich dann allerdings die nehmen los ist, ob es sich um ein privates Unter- Geister. Wir sind der Meinung, daß zur Erfüllung nehmen oder ein Unternehmen der öffentlichen dieser Aufgabe einer Kontrolle durch die Öffent- Hand handelt. lichkeit das uneingeschränkte, nicht nach Größen- Wir verstehen uns sehr gut, und ich teile Ihre ordnungen differenzierte Recht des privaten Eigen- Ansicht, wir sollten viel mehr Unterrichtung der tums als mitkontrollierender Faktor, zumindest als Öffentlichkeit verlangen. Der Minister hat aber hier Träger einer Legitimation zur ständigen Kontrolle außer einigen kurzen Absätzen gar nichts vorgelegt. einfach nicht entbehrt werden kann und daß es aus Er hat uns heute versprochen, sich zu bessern und diesem Grunde auch in der öffentlichen Wirtschaft, uns einen Bericht vorzulegen. Ich befürchte, daß der wo es irgend möglich ist, an die Stelle des öffent- Haushalt verabschiedet ist, ehe wir diesen Bericht lichen Eigentums treten soll. in die Hände bekommen. Oder haben Sie die Ab- (Beifall in der Mitte.) sicht, Herr Minister, diesen Bericht über die Bundes- 1662 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Conrad unternehmen hier noch vor der Verabschiedung Herr Kempfler, Sie haben hier die Sozialdemo- dieses Haushalts vorzulegen? — Es wird geschwie- kraten apostrophiert, indem Sie sagten, wir sollten gen. Ich nehme an, ich habe recht; es wird später uns zu dem Volksaktiensystem doch etwas positiver sein, wenn es nicht mehr viel Sinn hat, über diese stellen, und man könne doch das Projekt der Volks- Dinge zu reden. Natürlich wird diese Unterlage aktie nicht an krisenempfindlichen Werken prakti- wertvoll für das sein, was wir zum Thema zu sagen zieren. Ich darf Sie bitten, möglichst bald einmal — haben. wir sind zur Diskussion bereit — dieses Projekt „Volksaktie" dem Hohen Hause zu unterbreiten. Ich sagte vorhin schon einmal, Herr Dr. Hellwig, Bisher habe ich darüber wenig Positives hören kön- wir sollten die Ö ffentlichkeit mehr unterrichten. Sie nen. Das heißt, es wurde ein Versuch gemacht. Die kennen unsere entsprechenden Anträge auch für die CDU-Fraktion hat hier einen Vorschlag gemacht, Aktiengesellschaften. Ich bin hundertprozentig mit das Volkswagenwerk zu privatisieren, und eine Ihnen darin einig, daß dies auf die öffentlichen Un- Form spezieller Aktien vorgeschlagen. Ich lese nun ternehmungen ausgedehnt werden sollte. Sie wis- in der Presse, daß der Herr Bundesschatzminister sen, wir Sozialdemokraten sind der Ansicht, daß sagt: Das, was die von der CDU gemacht haben, ist auch die Parteien offen ihre Bücher hinlegen soll- falsch; ich habe mich durchgesetzt, diese besondere ten. Form der Aktien fällt, die wird nicht mehr durch- (Beifall bei der SPD.) geführt werden. — Ich frage Sie, Herr Kempfler: Wo Dafür waren Sie bisher nicht. bleiben dann eigentlich, wenn der Minister recht hat, Ihre Vorstellungen von den besonderen Volks- (Zuruf von der FDP: Die Gewerkschaften aktien? auch!) (Zuruf von der CDU/CSU: Herr Conrad, — Darüber kann man auch reden, wenn man die wir sind wenigstens wandlungsfähig!) entsprechenden Organisationen der Arbeitgeber, z. B. die antigewerkschaftlichen Kampfvereinigungen, — Schön, einverstanden; dann wandeln Sie sich ebenfalls zur Offenlegung zwingt. bitte so sehr, Herr Dr. Fritz, daß Sie uns einmal Ihr Projekt hier hinlegen, damit wir diskutieren (Zurufe von der CDU/CSU.) können. Man kann da eine ganze Menge tun. (Zuruf von der CDU/CSU: Das hören Sie Ehe ich meine eigentlichen Ausführungen beginne, noch!) möchte ich noch ein paar Bemerkungen zu dem ma- Denn das alte Projekt scheint ja nach den Außerun- chen, was vorhin hier gesagt worden ist. Es wurde gen des Herrn Ministers tot zu sein. gesagt, mein Parteifreund Dr. Deist habe sich nicht ganz klar ausgedrückt, als er erklärt habe, daß (Abg. Dr. Hellwig: In dem Gesetz steht ein Teil der Howaldtwerke in die öffentliche Hand von Volksaktien überhaupt nichts drin, eines Nachbarlandes übergehen solle. Es wurde ihm Herr Conrad!) deshalb vorgeworfen, er sei antieuropäisch. Ich darf — Da steht drin, wie die Teile des Volkswagenwer- noch einmal feststellen: Dr. Deist hat diese Tatsache kes und in welcher Form sie übertragen werden nur deshalb gerügt, weil es sich da nicht um eine sollen. Sie wissen genau, worauf ich anspiele. Privatisierung handelt, sondern um die Hergabe eines Teiles des Bundesvermögens von der öffent- Das Experiment soll also nach Ansicht unseres lichen Hand Deutschlands in die öffentliche Hand Kollegen Kempfler beim Volkswagenwerk gemacht eines Nachbarlandes. Nur das war die Grundlage werden, weil es bei einem Objekt gemacht werden für seine Bemerkung. soll, das nicht krisenempfindlich ist. Nun, ich glaube, so fest und hundertprozentig kann man (Abg. Dr. Hellwig: Acht Prozent!) nicht die Behauptung aufstellen, daß irgendein — Acht Prozent; aber immerhin können Sie da nicht Werk krisenunempfindlich sei. Denken Sie doch mehr von Privatisierung reden. einmal an die amerikanische Automobilindustrie, von der man vor einigen Jahren bestimmt behaup- (Abg. Dr. Hellwig: Das können Sie auch tet hätte, sie sei krisenunempfindlich, und sehen nicht als öffentliche Hand bezeichnen!) Sie, wo sie heute steht; eine Industrie, die zwar in Bezüglich der Unterrichtung des Parlaments Privatbesitz ist, von der wir aber wissen, daß ein möchte ich dann auch noch eine Frage an den Herrn großer Teil solcher privater Kleinaktionäre eben- Bundesminister stellen. Er sagte, Schichau ist ver- falls Anteile an diesen amerikanischen Automobil- kauft worden — die Werft; ich nehme an, daß es werken haben. Es gibt also nicht Betriebe von abso- sich um Schichau Bremerhaven handelt —; und in luter Krisenunempfindlichkeit; da werden auch Sie dem Verzeichnis stellen wir fest, daß diese Werft sie nicht vorfinden. hundertprozentig dem Bund gehört. Kann mir der (Zuruf von der CDU/CSU: Auch nicht bei Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Sozialisierung!) sagen, wo diesem Hause eine Mitteilung über den — Vielleicht dann, wenn wir zu einem anderen Verkauf dieser Werft gegeben worden ist? In den Wirtschaftssystem kommen. Zeitungen haben wir zwar davon gelesen. Aber ich möchte gern einmal das Aktenstück für dieses Hohe Das Thema, das wir heute hier behandeln, ist Haus sehen. Denn Sie können doch nicht einfach eigentlich das Thema über ein Erbe, nämlich das Bundesvermögen verkaufen, ohne dem Hohen Hause Erbe, das die vorhergehenden Ministerkollegen eine Mitteilung zu machen. unseres Bundesschatzministers angehäuft haben, Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1663 Conrad das sie verwaltet haben — manchmal gut, manch- wir uns nicht scheuen, Ihnen von dieser Stelle aus mal schlecht verwaltet haben nach unserer An- mit aller Deutlichkeit zu sagen, was Sie nach unse- sicht — und das nun verteilt werden soll. Wir rer Auffassung falsch machen. Diese Art der Ver- haben hier durch unsere Sprecher schon fest- silberung, des So-darüber-Hinredens über das stellen lassen, daß wir bereit sind, über zwei Drittel öffentliche Vermögen werden wir nicht zulassen. dieser Unternehmungen gar keine Diskussion zu Vielmehr hoffen wir, daß in diesem Hause ganz führen, mit Ausnahme der einzigen: Sorgen Sie bei ernsthaft an diese Probleme herangegangen wird. dem Verkauf dieser Betriebe dafür, daß der Steuer- Wir erwarten Ihre Vorschläge, damit wir uns end- zahler nicht noch draufzahlen muß, das heißt, sor- lich einmal konkret und nicht nur zum Fenster hin- gen Sie dafür, daß wir den gerechten Preis bekom- aus über die wirklichen Tatbestände unterhalten men, daß wir, wenn wir Gold hineingesteckt haben, können. nicht Silber zurückbekommen. Wenn wir Gold hin- (Beifall bei der SPD.) eingesteckt haben, wollen wir auch Gold wieder- bekommen. Und sorgen Sie bei dem Verkauf dafür, Vizepräsident Dr. Preusker: Herr Abgeord- daß die Arbeitsplätze der dort Beschäftigten erhal- neter Deist hat als Antragsteller das Schlußwort ten bleiben! Das sind zwei Bedingungen. Dann zum Antrag Drucksache 367. brauchen wir über zwei Drittel dieser Unternehmen gar keine großen Reden zu führen. Dr. Deist (SPD) : Meine Damen und Herren! Las- Über die anderen aber bitte ich doch zusammen sen Sie mich mit zwei kurzen, beinahe persönlichen mit uns nachzudenken. Ich habe die Entschließung Bemerkungen beginnen, weil ich möchte, daß Dinge gelesen, die Sie, meine Damen und Herren von der richtiggestellt werden, die falsch ausgelegt werden CDU, 1955 in dieser Frage eingebracht haben, und könnten. ich habe die Ausführungen des Herrn Staatssekre- Herr Abgeordneter Atz e n r o t h hat behauptet, tärs Hartmann zu diesen Fragen gelesen. Hier darf ich sei Vertreter des Anteilseigners, des Bundes, nicht leichtfertig Politik gemacht werden. Wir wol- im Aufsichtsrat der Veba. Ich möchte dazu wenig- len eine gründliche Politik machen. Deshalb fordern stens folgendes feststellen. Es ist bekannt, daß die wir vom Bundesschatzminister, zunächst einmal den Frage der Anwendung des Mitbestimmungsgesetzes Bestand mitzuteilen und dem Parlament zu sagen, und des Betriebsverfassungsgesetzes bei der Veba welches nach Ansicht der Regierung wichtige und umstritten ist. Infolgedessen wird eine Vereinba- welches nicht wichtige Unternehmen sind. Dann rung zwischen dem Bund und den Gewerkschaften haben wir zu unterscheiden, welche Unternehmen getroffen, wonach die Arbeitnehmervertreter auf nach den Ausführungen von Professor Burgbacher in öffentlicher Hand bleiben müssen und welche Vorschlag der Gewerkschaften von der Hauptver- man in private Hände zurückgeben kann. Hierauf sammlung gewählt werden. Ich möchte also nur zur muß man die gesetzlichen Voraussetzungen schaf- Klarstellung — ich behaupte nicht, daß Sie etwas fen, damit solche Maßnahmen überhaupt durchge Falsches gesagt haben — darauf hinweisen, daß führt werden können. ich in diesem Fall als Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat sitze. Mir schien diese Klarstellung, Über eine gesetzliche Maßnahme wird, glaube damit keine Irrtümer entstehen, notwendig zu sein. ich, hier eine harte Diskussion entbrennen, nämlich wie Sie das Kunststück der breiten Eigentumsstreu- Eine zweite Klarstellung. Der Herr Kollege ung fertigbringen wollen; denn das ist ja der Kern Rademacher hat gesagt, ich hätte mich hier unserer ganzen Diskussion. verbürgt — das war der Ausdruck —, daß der Staat Hamburg bereit sei, die Howaldtwerke zu erwer- (Zuruf des Abg. Dr. Atzenroth.) ben. Herr Kollege Rademacher, Sie werden bemerkt — Von Ihnen nicht, aber von der CDU wurde haben, daß ich mich sehr vorsichtig ausgedrückt es so dargestellt. Wenn der Zweck die breite Eigen- habe; denn hier kommt es auf Nuancen bei der tumsstreuung ist, dann muß ich Ihnen sagen: was Darstellung an. Über eines kann kein Zweifel be- wir bisher erlebt haben — nicht bei diesem Mini- stehen, und ich möchte darüber auch gar keinen ster, sondern bei seinem Vorgänger —, erweckte Zweifel aufkommen lassen: ich habe selbstverständ- keine großen Hoffnungen. Ich habe einmal- ver- lich weder ein Mandat noch bin ich sonst befugt, sucht, aus den Unterlagen festzustellen, wer Be- etwa für den Senat oder für die Bürgerschaft Ham- triebe des Bundes gekauft hat. Da finde ich die burgs Erklärungen abzugeben. Namen Flick und Stinnes, eine Aktiengesellschaft, (Zuruf von der CDU/CSU: Aber Sie haben ein Bankenkonsortium usw. In keinem einzigen bis- es getan!) herigen Fall — und deshalb meine Zwischenfrage heute nachmittag -- kann, so glaube ich, nachge- — Würden Sie mich bitte zu Ende sprechen las- wiesen werden, daß die Veräußerung von Bundes- sen. — Das habe ich auch nicht getan. Ich habe auch vermögen der breiten Eigentumsstreuung gedient nicht die Absicht, das zu tun. Aber wenn man hell- habe. Machen Sie also eine Vorlage, aus der her- hörig ist und ein bißchen von dem versteht, was vorgeht, wie das zustande kommen soll! Sie wer- vor sich geht, dann weiß man einiges und ahnt man den dann mit uns Sozialdemokraten über viele hier einiges. Ich habe hier deutlich sagen wollen, daß einschlägige Fragen reden können und können nach meiner festen Überzeugung der hamburgische unserer Mitwirkung bei ihrer Lösung gewiß sein. Staat bereit wäre, die Howaldtwerft zu überneh- Wo es allerdings darum geht, wichtige Interessen men. Zum Schluß habe ich gesagt: es bleibt dem der Allgemeinheit aus der Hand zu geben, werden Bundesschatzminister überlassen, durch ein Angebot 1664 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Deist oder eine Rückfrage in Hamburg diese Frage klar- bewerbs verkenne. Er hat weiterhin gesagt — nach- zustellen. Das möchte ich hier doch zur Vermei- her wurde das einmal ein bißchen eingeschränkt, dung von Irrtümern gesagt haben. vor allen Dingen durch Herrn Dr. Burgbacher, aber Schließlich hat der Herr Kollege Hellwig das letzten Endes wurde doch so gesagt —, es sei nicht Aufgabe des Staates, sich erwerbswirtschaftlich zu Problem der öffentlichen Kontrolle angeschnitten. Er weiß, daß es mir, da ich über das Thema des betätigen. Nun läßt sich über diese Frage noch heutigen Tages, nämlich über die Aufgaben der diskutieren. Aber schwierig wird es, wenn der Herr öffentlichen Unternehmungen sprechen möchte, jetzt Bundesschatzminister diese Auffassung in der nicht möglich ist, auf das Problem öffentlicher Kon- Öffentlichkeit in einer Form behandelt, die ganz trolle einzugehen. Ich möchte ihm aber darin zu- andere Vorstellungen hervorrufen muß. stimmen, daß ein wesentliches Element einer frei- Der Herr Bundeswirtschaftsminister hat dasselbe heitlichen Ordnung der Wirtschaft die wirksame Thema im Bayerischen Rundfunk am 4. März abge- Kontrolle durch die Öffentlichkeit ist, die nicht wandelt und ausgeführt: identisch ist mit der öffentlichen Kontrolle durch In Zukunft Verwaltungsstellen. Wir wünschten sehr, daß die Vorlage der Bundesregierung über die Einführung — wenn nämlich keine Bundesunternehmen mehr der Brutto-Gewinn- und Verlustrechnung recht bald dasein werden, sondern diese privatisiert sind — Gesetz wird, und wir wünschten sehr, daß Sie werden der Markt, der Wettbewerb, die in bezug auf die Publizität der Aktiengesellschaf- eigene Leistung, die bessere Idee, die Initiative ten nicht allzu lange auf die in so weiter Ferne der Unternehmer entscheiden. stehende allgemeine Aktienrechtsreform warten möchten, sondern mit uns gemeinsam nach Wegen Als wenn bei öffentlichen Unternehmungen das suchen, um hier eine wirklich weitgehende Publizi- alles regelmäßig fehlt! Herr Bundesschatzminister, tät und damit eine Kontrolle durch die Öffentlich- halten Sie es, solange Sie öffentliche Unterneh- keit herbeizuführen. mungen haben, wirklich für richtig, letzten Endes (Zustimmung bei der SPD.) die Leiter dieser öffentlichen Unternehmungen so zu diffamieren? Sie sagen damit: „Hier hat nicht der Nur ist es damit allein wiederum nicht getan, Wettbewerb, hier hat nicht die eigene Leistung, Herr Kollege Hellwig, sondern bei unserer kompli- hier haben nicht die besseren Ideen und hier hat zierten Wirtschaft gehören noch verschiedene Dinge nicht die Initiative der Unternehmer entschieden." dazu. Die öffentliche Kontrolle durch staatliche Kon- Meine Damen und Herren, ich möchte klarlegen, trolleinrichtungen wie z. B. durch eine Kartellbe- daß auch Bundesunternehmungen in der Vergan- hörde ist doch offenbar in allen freiheitlichen Staa- genheit hervorragende unternehmerische Initiative, ten auch ein selbstverständlicher Bestandteil einer hervorragende Leistungen und sehr gute Ideen auf- Politik, die eine gesunde Ordnung der Wirtschaft zuweisen hatten. sicherstellt. (Abg. Dr. Hellwig: Aber das stand hier (Beifall bei der SPD.) nicht zur Diskussion!) Herr Bundesschatzminister, die Veba und die Viag - Die Kontrolle durch die Öffentlichkeit steht auch haben über ihre Energieversorgungsunternehmun- nicht zur Debatte! — So ergänzen sich die öffent- gen dafür Sorge getragen, daß die großen, dünn liche Kontrolle und die Kontrolle durch die Öffent- besiedelten Gebiete von Schleswig-Holstein über lichkeit über eine weitgehende Publizität und die Hannover bis herunter nach Hessen mit Strom ver- Hecht-im-Karpfenteich-Funktion der Bundesunter- sorgt wurden, wozu die private Versorgungswirt- nehmen in oligopolistisch verseuchten Märkten ge- schaft nicht bereit war. War das keine Leistung? genseitig zu einem Instrumentarium, um möglichst Weiter haben die norddeutschen Kraftwerke eine viel für freie Bewegung in der Wirtschaft offenzu- Pionierleistung vollbracht, indem sie in dem Moor- halten. Ich wollte das nur kurz erwähnen. Es ist mir und Heidegebiet auf Torfgrundlage eine moderne natürlich nicht möglich, jetzt das ganze Problem in Kraftanlage aufgebaut und daneben eine vorbild- extenso zu behandeln. liche Besiedlungstätigkeit in diesem bisher kaum - bewohnbaren Gebiet durchgeführt haben. Waren (Zuruf des Abg. Dr. Atzenroth.) das nicht gute Ideen? War das nicht eine Leistung — Herr Kollege Atzenroth, Sie wissen, daß ich in der öffentlichen Unternehmungen? meinem Schlußwort beschränkt bin. Ich bin sonst nicht der Mann, der auf Zwischenrufe nicht eingeht Herr Bundesschatzminister, entsprang z. B. der oder Zwischenfragen ablehnt. Aber gestatten Sie Aufbau der Reichswerke nach dem Kriege im Zo- mir, in meinem Schlußwort zu versuchen, nun im nenrandgebiet nicht unternehmerischer Initiative? Zusammenhang das zu sagen, was notwendig ist. Sie sollten nicht so geringschätzig darüber denken Ich möchte nämlich nicht zu denen gehören, die die und sprechen, Herr Atzenroth! Debatte unzulässig ausdehnen, zumal wir eine Ab- (Beifall bei der SPD.) sprache über eine baldige Beendigung der Debatte getroffen haben, an die ich mich halten möchte. Da sind Leistungen hervorgebracht worden, und da sind Ideen gewesen! Der Herr Bundesschatzmeister hat heute hier wie- der darauf hingewiesen, daß, wer öffentliche Wirt- Meine Damen und Herren, man kann über die schaft betreibe, eigentlich die Funktion des Wett Leitung des Volkswagenwerks sagen, was man Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1665 Dr, Deist will. Aber daß sie keine Initiative entfaltet habe, Nun komme ich wieder auf eine Friedenstätig- kein Risiko eingegangen sei, keine Leistungen voll- keit. Herr Kollege Atzenroth hat gemeint, bei bracht habe, keine Ideen gehabt habe, das können der Isotopentrennanlage habe die private Wirt- Sie wirklich nicht behaupten. schaft recht getan, als sie eine Beteiligung ablehn- (Sehr gut! bei der SPD.) te; denn das Risiko sei zu groß, die Anlage sei un- wirtschaftlich. Sehen Sie, meine Damen und Herren, das sind Pionieraufgaben, die hier zu einem erheblichen (Abg. Dr. Atzenroth: Sie habe keinen Teil der Bund erfüllt hat. Und da wagt Herr Atzen- Affront begangen, habe ich gesagt!) roth zu sagen, für Pioniertätigkeit sei der Bund, — Ja, Herr Kollege Atzenroth, ist das ein Unter- seien öffentliche Unternehmungen einfach nicht schied, wenn ich dann die Schlußfolgerung ziehe, geeignet. sie habe einen Affront begangen? Die Bundesregie- (Abg. Dr. Atzenroth: Herr Nordhoff ist rung hat die Haltung der Chemie jedenfalls als doch nicht der Bund!) Affront betrachtet. — Herr Kollege Atzenroth, Herr Nordhoff ist der Tatsache ist jedenfalls folgendes. Wenn hier der Leiter eines Unternehmens, das im öffentlichen privaten Initiative in Deutschland freier Lauf ge- Besitz steht und nicht im privaten Besitz; das wer- lassen würde und der Bund nicht einspränge, dann den Sie wohl nicht bestreiten können. würde es keine deutsche Beteiligung an der Isoto- (Abg. Dr. Atzenroth: Aber keineswegs pentrennanlage und damit an dieser fortschritt- unabhängig von den öffentlichen Stellen!) lichen Entwicklung auf dem Gebiete der Atomkern- energie geben, an der wir ein erhebliches Interesse – Herr Kollege Atzenroth, bitte, wir wollen hier haben. keine Splitter reißen. Daß das Volkswagenwerk ein öffentliches Unternehmen ist, an dem es keine pri- Es gibt schon Beispiele dafür, daß öffentliche Un- vaten Eigentümer und kein privates Kapital gege- ternehmungen wirklich Pioniertätigkeit leisten kön- ben hat, und trotzdem etwas geleistet hat, das kön- nen und diese Aufgabe auch übernehmen müssen, nen Sie nicht bestreiten. weil sich die Privatwirtschaft versagt. (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Atzenroth: In diesem Zusammenhang ein Wort zu der Preus- „Trotzdem"!) sag. Ich habe versucht darzulegen, daß sich die Es wurde gesagt, zur Pioniertätigkeit sei der Preussag auf drei Gebieten betätigt, auf denen sie Bund nicht geeignet. Ich möchte, Herr Kollege nur durch öffentliche Unterstützungen, öffentlichen Atzenroth, in einem kleinen Rückblick auf die Ge- Zollschutz und ähnliche Dinge rentabel sein kann. schichte einige Fragen stellen. Meinen Sie nicht, Dabei sagte ich, daß das ein merkwürdiger Wett- daß der Staat im ersten Weltkrieg, als die Kupfer- bewerb sei, der sich so auf den Schultern des Staa- versorgung nicht mehr ausreichte und es notwendig tes vollziehe. war, Aluminium in Deutschland zu erzeugen, und Ich habe weiter versucht darzulegen, daß es drei als sich die private Industrie dieser Aufgabe ver- Markte sind, auf denen es keinen Wettbewerb gibt, sagte, eine Pionieraufgabe übernommen hat, als er sondern auf denen die in Frage kommenden In- diese öffentlichen Aluminiumwerke errichtete? dustriezweige praktisch völlig der Herrschaft pri- (Abg. Dr. Atzenroth: In Kriegszeiten!) vater Unternehmungen ausgeliefert würden. Ich habe auf die Bedeutung des mitteldeutschen Be- Ach, in Kriegszeiten darf der Bund Pioniertätig- — sitzes und auf die Bedeutung der Zonenrandgebiete keiten ausüben? hingewiesen. (Lachen bei der SPD.) Herr Bundesschatzminister, ist es wirklich eine Für zivile Aufgaben ist sie ihm verboten? — Herr ausreichende Antwort, wenn Sie in etwa drei oder Kollege Atzenroth, Vorsicht mit solchen Zwischen- vier Sätzen sagen: Die breite Streuung des Eigen- rufen! tums ist sichergestellt, für die Wirtschaftspolitik Ein zweiter Fall, der ebenso liegt! War es nicht des Bundes ist die Preussag nicht von Bedeutung, eine Pioniertätigkeit der öffentlichen Wirtschaft, und die Zonenrandgebiete werden nicht benach- als im ersten Weltkrieg öffentliche Stickstoffunter- teiligt, da beteiligen sich mit Erfolg auch private nehmen errichtet wurden, nachdem sich die private Unternehmungen. Ich glaube nicht, daß das der Be- Wirtschaft hier ebenfalls versagt hatte? Und war deutung der Argumente gerecht wird, die vorge- es nicht öffentliche Pioniertätigkeit, als der Eisen- bracht worden sind. Sie sollten sich einmal an der bergbau Salzgitter erschlossen wurde, nachdem die Zonengrenze, insbesondere im Harzgebiet, erkundi- Eisen- und Stahlindustrie an der Ruhr die Über- gen, ob man dort der Meinung ist, daß eine wirt- nahme dieser Aufgabe verweigert hatten, obwohl schaftliche Betätigung öffentlicher Unternehmungen sie ihr angeboten war? hier wirtschaftspolitisch wirklich so gleichgültig ist, (Abg. Dr. Hellwig: Dann müssen Sie auch wie der Herr Bundesschatzminister das heute hier gesagt hat. die Rüstungspolitik nennen, die dazu geführt hat! Hermann Göring als Pionier!) (Beifall bei der SPD.) — Ich spreche jetzt davon, ob Bundesunterneh- Aber, meine Damen und Herren, die Sache wird men geeignet sind, wirtschaftliche Pionieraufgaben bei der Preussag noch interessanter, und ich muß zu erfüllen. dazu doch noch einiges Weitere sagen. Auf dem 1666 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Deist Gebiete der Erdölwirtschaft — darauf habe ich be- große Gefahr, daß uns auch noch die letzte Bastion reits hingewiesen — beherrscht Wintershall etwa des Wettbewerbs in diesen oligopolen Märkten 40 bis 50 % der deutschen Erdölförderung, der verlorengeht und sowohl die Erdölförderung wie Bund etwa 20 %. Das Interesse von Wintershall auch die Kali- und Steinsalzerzeugung restlos in die an diesem Erdölbesitz liegt wohl auf der Hand. Hin- Herrschaft einiger ganz weniger großer privater zu kommt, daß Wintershall über Elverath bereits Unternehmungen gerät. an der Mineralölverarbeitung beteiligt ist, an die Lassen Sie mich noch einiges zu dem zweiten auch der Bund seine Erdölwirtschaft abgibt. Hier ist Fragenkomplex ausführen. Der Herr Bundeswirt- also bereits ein starker Interesseneinfluß auf das schaftsminister hat wiederum dargelegt, die Bundes- öffentliche Vermögen von seiten Wintershall zu regierung sei fest entschlossen, den Weg der brei- verzeichnen. ten Vermögensstreuung auch weiterhin zu gehen. Es kommt ein Weiteres hinzu. Auf dem Gebiete Ich habe mir erlaubt, den Weg aufzuzeigen, den man des Erdgases bestreitet Wintershall bei insgesamt nach dem Volkswagengesetzentwurf mit der Volks- etwa 400 Millionen cbm Erdgasförderung allein aktie beschritt und ich habe dann dargelegt, was 300 Millionen. Das heißt, die Interessenlage auf nun von diesem Versuch, ein Instrument für die diesem Gebiet ist sehr deutlich. breite Eigentumsstreuung zu schaffen, übriggeblie- ben ist. Heute hat der Herr Bundesschatzminister Das gleiche gilt für die Düngemittelerzeugung. bestätigt, er wolle keine Sonderaktie; denn Sonder- Ich habe darauf hingewiesen, daß Wintershall aktien bedeuteten ja entweder mehr oder we- 85 % der deutschen Kalierzeugung beherrscht. Diese niger Rechte. Alles, was geregelt werden könnte, Gruppe hat damals den Versuch gemacht — der am hat er auf die lange Bank geschoben, indem er Bundestag gescheitert ist —, die Nordchemie als sagte, das müsse ein Bestandteil der allgemeinen großes Düngemittelunternehmen in seinen Einfluß- Aktienrechtsreform werden. Der Herr Abgeordnete bereich zu bringen. Die Preussag hat entscheidende Burgbacher hat das bestätigt. Das heißt, es wird Kalisalzvorkommen in Staßfurt-Leopoldshall durch praktisch an den Möglichkeiten der Aktienausgabe die Zonentrennung verloren, auf die sie nach der gar nichts geändert. Denn Kleinaktien waren auch Wiedervereinigung Anspruch hat. bisher möglich und gibt es auch heute. Die Möglich- Die Gerüchte wollen nicht verstummen, daß die keit, Aktien zu erwerben, beschränkt sich auf genau Privatisierung der Preussag in engem Zusammen- denselben Kreis, der auch bisher in der Lage war, hang mit den Erdöl- und Kaliinteressen von Win- Aktien zu erwerben. tershall an dem Besitz der Preussag steht. Der Herr Bundesschatzminister hat das im Baye- (Abg. Dr. Hellwig: Es soll doch das Kapital rischen Rundfunk am 4. März 1958 auch sehr deut- erhöht werden!) lich zum Ausdruck gebracht. Da hat er in etwas ver- — Ja, das Kapital kommt in private Hand. Diese schlungenen Worten gemeint, Bausparen, Lebens- Annahmen entbehren — — versicherung und Sparkonto seien ja nicht so un- wichtig, aber doch für die breite Eigentumsstreuung (Abg. Dr. Hellwig: Privatkapital fließt doch nicht so übermäßig bedeutend. Er hat sich auch mit noch zu!) seinem Fraktionskollegen Dresbach auseinanderge- — Aber ich bitte Sie, Herr Dr. Hellwig! Natürlich setzt, der sagte, Sparkassenguthaben und ähnliches fließt dem Unternehmen Privatkapital zu. Aber Eigentum seien besser für den kleinen Mann als dieses private Kapital wird durch private Kräfte spekulatives Eigentum; denn hier sei das Eigentum aufgebracht. Das heißt, dieses Aktienkapital auch noch anschaulich. Der Herr Bundesschatzmini- kann von privaten Aktionären auch gesammelt wer- ster war nicht dieser Auffassung. Er meinte, Haus- den. Bisher hat uns der Herr Bundesschatzminister eigentum und all diese Dinge kämen doch nur für nicht gesagt, wie er die Schaffung eines starken, einen begrenzten Bereich in Frage. beherrschenden Minderheitsaktionärs verhindern will und wie er es verhindern kann. (Abg. Dr. Hellwig: Das hat er nie gesagt!) (Abg. Dr. Hellwig: Aber der Bund hat doch — Sie dürfen nachlesen, was der Herr Bundesschatz- auch nach der Kapitalisierung noch -drei minister am 4. März 1958 über den Bayerischen Viertel des Kapitals!) Rundfunk gesagt hat. — Er hat dann weiter aus- geführt, Forderungsrechte seien kein Eigentum; vor Ein Weiteres. Es ist dabei nicht uninteressant, daß jedem Gewinn stehe das wirtschaftliche Wagnis. Er bereits heute dem Aufsichtsrat der Hibernia der schloß mit der Bemerkung, es sei jetzt möglich, die Vorsitzer der Kaliwerke Salzdetfurth angehört, die traditionellen Wertpapiersparerschichten anzuspre- eng mit Wintershall zusammenarbeiten. Hier chen. spielen auf zwei Gebieten handfeste Interessen eine Rolle, bei Erdöl und bei Kali, wo Sehen Sie, Herr Bundesschatzminister, das ist ge- wir starke marktbeherrschende private Kräfte ha- nau das, was wir gesagt haben. Mit diesen Me- ben. Hier sollte sich der Bund hüten, diese Inter- thoden schaffen Sie keine breite Streuung von Eigen essen dadurch stärker werden zu lassen, daß er tum, sondern damit geben Sie nur den traditionellen, mehr oder weniger — wieviel, wissen wir ja noch nämlich den bereits jetzt kaufkräftigen Wertpapier- gar nicht — von dem Kapital der Preussag in pri- sparerschichten die Möglichkeit, nunmehr etwas vate Hände gibt. Dadurch kann niemals der private leichter zusätzliche Wertpapiere und Aktien zu Wettbewerb gesteigert werden. Aber es besteht die erwerben. Sie wissen das auch ganz genau, Herr Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1667 Dr. Deist Bundesschatzminister, denn Sie haben in der glei- strie in Staat und Wirtschaft geritten. Er hat dabei chen Rundfunkrede dargelegt, daß sich ein beträcht- festgestellt, daß Bundesregierung und Parlament an licher Teil der deutschen Bevölkerung heute noch dieser Entwicklung mitschuldig sind, weil sie eine mit dem Existenzminimum begnügen müsse. Sie Wirtschaftspolitik dès geringsten Widerstandes kennen auch die Untersuchung des Deutschen Insti- treiben, die sich zugunsten der Großindustrie aus- tuts für Wirtschaftsforschung in Berlin, wonach gewirkt habe. Er fährt fort, die sogenannte Mittel- selbst bei den Selbständigen im Jahr 1956 noch standspolitik sei nur ein Pflaster für die Schäden, 50 % ein Bruttoeinkommen von 450 bis 600 DM die die Wirtschaftspolitik zugunsten der Großen monatlich gehabt haben. Das wird sich etwas erhöht hervorgerufen hätte. haben. Aber jedenfalls sind das ja alles keine (Abg. Dr. Hellwig: Sie sollten auch seine Schichten, die für das Aktiensparen in Frage kom- Kritik am Wohlfahrtsstaat zitieren, Herr men. Jedenfalls werden auch die Aktien an Bundes- Deist!) unternehmungen, die privatisiert werden, nur jene erwerben, die schon in der Lage sind, Aktien zu Es ist doch etwas merkwürdig, wenn Sie wirklich kaufen. meinen, diese Privatisierung von Bundesunterneh- Wenn Sie schon so großen Wert darauf legen, men in einem Zusammenhang mit der Förderung meine Damen und Herren, diese kleine Aktion als selbständiger Existenzen bringen zu können. Dann Bestandteil des großen Problems „breite Eigen- müßten Sie ganz andere Dinge tun; dann müßten tumsstreuung" in den Vordergrund zu rücken, wie Sie die Umsatzsteuerreform durchführen, eine es der Herr Bundesschatzminister tat, dann muß andere Kreditpolitik und eine andere Kartellpolitik man diese Dinge doch einmal in einen größeren machen. Zusammenhang stellen. Worauf kommt es denn an? (Zustimmung bei der SPD.) Doch darauf, daß das Zwangssparen über die Wenn man das alles zusammenstellt, dann bleibt Selbstfinanzierung zu Lasten der Verbraucher durch letzten Endes von allen Ihren Behauptungen, hier ein privates Sparen des privaten kleinen Mannes werde eine große Aktion zur breiten Streuung von abgelöst wird. Das heißt, wir müssen Möglichkeiten Eigentum gestartet und sollten Grundlagen für eine schaffen, die Einkommenslage breiter Schichten so breite Eigentumsbildung geschaffen werden, tatsäch- zu stärken, daß sie sparen können, und wir müssen lich nicht mehr viel übrig. dann die Maßnahmen treffen, die einen gewissen Anreiz und eine gewisse Sicherheit geben, daß dann Vizepräsident Dr. Preusker: Herr Abgeordne- auch wirklich gespart wird. ter Dr. Hellwig! Die Lohn- und Gehaltspolitik sollte die Grundlage für größeres Einkommen schaffen, damit Sparen in Dr. Hellwig (CDU/CSU) : Gestatten Sie, Herr größerem Ausmaß ermöglicht wird. Nun ist die Bun- Dr. Deist: Sind Sie wirklich der Meinung, daß zu desregierung — das ist sehr deutlich — ein Gegner einem Schlußwort zu Ihrer Großen Anfrage die jeder fortschrittlichen Lohn- und Gehaltspolitik. Ausweitung auf Probleme der Umsatzsteuerreform Jetzt haben Sie wieder eine Maßnahme, die gerade gehört, oder wird uns hier eine Wahlrede vorge- den breiten Schichten zugute gekommen wäre und führt? ihnen die Eigentumsbildung ermöglicht hätte, näm- lich den Freibetrag für Lohnempfänger in Höhe von (Beifall bei der CDU/CSU. — Gegenrufe 600 DM, abgelehnt, und das Prämienspargesetz, das von der SPD.) auch eine Möglichkeit zum vermehrten Sparen und zur Vermögensbildung in breiten Schichten geboten Dr. Deist (SPD): Herr Kollege Hellwig, ich bin hätte, haben Sie vorerst einmal auf die lange Bank gerne bereit, mit Ihnen in eine Diskussion einzu- geschoben. treten, wer hier heute Wahlreden gehalten hat. Ich würde da — ich will vorsichtig sein — einige (Zuruf von der CDU/CSU: Wieso denn das?) Passagen des Herrn Bundesschatzministers von Den § 10 des Einkommensteuergesetzes haben Sie dieser Kennzeichnung keineswegs ausnehmen. einstweilen beseitigt, obwohl durch ihn das tradi- tionelle Sparen gerade der kleinen Leute begünstigt (Sehr wahr! bei der SPD.) wurde. - Aber, Herr Kollege Hellwig, wenn der Herr Bun- Wenn dann der Herr Bundesschatzminister aus- desschatzminister und einige andere Redner der gerechnet die Privatisierung von Bundesvermögen Fraktion die Frage der Privatisierung öffentlicher mit der Förderung der mittelständischen Existenzen Vermögen in engen Zusammenhang mit der Förde- in Verbindung bringt, dann muß ich sagen, daß hier rung mittelständischer Existenzen bringen, dann zwei Dinge zusammengebracht werden, die sich ei- müssen Sie mir gestatten, daß ich wenigstens gentlich ausschließen. Wenn ich die mittelständischen einige Anmerkungen dazu mache. Ich habe weder Schichten stärken will, kommt es doch darauf an, über die Umsatzsteuerreform noch über andere ihre Stellung gegenüber den großen Konzernen zu Dinge ausführlich gesprochen, und ich habe auch stärken und die Macht der Großunternehmungen zu nicht die Absicht, das zu tun. begrenzen. Aber ich möchte hierzu feststellen, was ein Mann Auf der letzten Tagung der Arbeitsgemeinschaft der neoliberalen Lehre, nämlich Herr Dr. Anton selbständiger Unternehmer hat deren Vorsitzender, Reitinger, über das Ergebnis dieser Politik der Herr Diplomingenieur Flender, eine scharfe Attacke Bundesregierung in einer Schrift gesagt hat, die da gegen den beherrschenden Einfluß der Großindu lautet „Soziale Marktwirtschaft auf dem Prüfstand". 1668 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Dr. Deist Sie werden wissen, daß der Herr Reitinger jeden- Vizepräsident Dr. Preusker: Meine Damen falls nicht etwa sozialistischer Anschauung verdäch- und Herren, die geschäftsordnungsmäßige Lage ist tig ist. Er hat folgendes gesagt: jetzt dadurch wieder klar geworden, daß der Herr Ein Teil des relativen deutschen Wirtschafts- Bundesminister für wirtschaftlichen Besitz des wunders ist rein optisch dadurch bedingt, daß Bundes sich zu Wort gemeldet hat. die Bundesrepublik den neuen Reichtum in Ich erteile ihm hiermit das Wort. das öffentliche Schaufenster gestellt hat — Juliusturm und Vocketurm - und die unzu- Dr. Lindrath, Bundesminister für wirtschaft- reichende Vermögensbildung der Bevölkerung lichen Besitz des Bundes: Herr Präsident! Meine im Dunkeln läßt, während die anderen Länder Damen und Herren! Ich habe mich zum Wort ge- die Vermögensbildung in ihrer Bevölkerung meldet, um noch einige Dinge richtigzustellen, die kräftig unterstützen und in das Schaufenster soeben von dieser Tribüne aus gesagt worden sind. die öffentlichen Schulden stellen. Herr Dr. Deist schloß mit den Worten, wir möch- Eine Folge dieser Politik ist die Stationierungs- ten uns doch vorsehen, daß unsere Politik nicht kostenpolitik. zum Gegenteil der sozialen Marktwirtschaft werde. Dann fährt er fort: Herr Kollege Dr. Deist, die soziale Marktwirtschaft ist seinerzeit, als sie eingeführt wurde, ein Wagnis Dadurch kommt das kuriose Ergebnis zu- gewesen. Dieses Wagnis hat damals der Bundes- stande, daß eine christlich-demokratische Re- wirtschaftsminister Professor Dr. gierung, die ununterbrochen das Bekenntnis übernommen, getragen und zum Erfolg geführt. Es zu Privateigentum und Sozialstaat im Munde ist überflüssig, dagegen irgendwelche Warnrufe führt, in Wirklichkeit den Reichtum in der Ihrerseits zu erheben. Wir, die wir die soziale öffentlichen Hand und bei den großen Kapi- Martwirtschaft herausgestellt haben, werden auch talgesellschaften konzentriert und damit in wissen, wie wir sie sichern und ausbauen. die Nähe administrativ gelenkter totalitärer Staaten gerät. (Beifall bei der CDU/CSU.) Meine Damen und Herren, Sie sollten Sorge tragen, Sie haben heute durch Herrn Kollegen Dr. Bleiß daß Ihre Politik nicht zu dem Gegenteil einer sozia- zum Ausdruck bringen lassen, daß etwa 300 Be- len Marktwirtschaft führt, weil nämlich die Herr- triebe vorhanden seien, von denen 200 Klein- und schaft in wichtigen Industriebereichen -- und das Mittelbetriebe seien, an deren Privatisierung auch ist ein großer Bereich der Wirtschaft — mit Hilfe Sie durchaus interessiert seien. Es sind nicht 300, es der Privatisierung von Bundesunternehmungen sind 400 Betriebe, außer den Liquidationsbetrieben. einigen wenigen Großunternehmen überantwortet Ich freue mich, feststellen zu können, daß auch Sie wird. die Privatisierung der Klein- und Mittelbetriebe nicht erschweren möchten. (Beifall bei der SPD. - Abg. Dr. Atzenroth: Aber auch nicht in die Hände des Staates! Aber dann wird gesagt: Wir wollen wissen, — Ein Abgeordneter der CDU/CSU meldet welche Betriebe wertvoll sind und welche nicht sich zum Wort.) wertvoll sind; die wertvollen Betriebe dürfen nicht privatisiert werden, nur die nicht wertvollen. Das ist ein Unterscheidungsmerkmal, mit dem wir in der Vizepräsident Dr. Preusker: Das war das Praxis gar nichts anfangen können. Das gleiche gilt Schlußwort des Abgeordneten Dr. Deist für die An- für eine Unterscheidung, die der Kollege Conrad tragsteller. hier gemacht hat. Er sagte: Wir wollen wissen, was wichtige und was unwichtige Betriebe sind — er (Abg. Dr. Hellwig: Das war kein Schluß- führte dies als Unterscheidungsmerkmal an —, um wort, das war ein Neubeginn der Debatte!) festzustellen, bei welchen Betrieben wir zustimmen — Es ist von mir ausdrücklich das Wort als können. Die Begriffe „wichtig" und „unwichtig" sind Schlußwort erteilt worden. natürlich auf die sonstige Haltung zur Wirtschaft überhaupt bezogen. Ein Betrieb, der von Ihrem Ge- (Sehr wahr! bei der SPD.) sichtspunkt aus für eine Gemeinwirtschaft wichtig Zur Geschäftsordnung Herr Abgeordneter Rasner! erscheint, braucht unter dem Gesichtspunkt der so- zialen Marktwirtschaft nicht wichtig zu sein. Das Rasner (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- sind doch Begriffe, mit denen wir in Wirklichkeit men und Herren! Zwischen den Fraktionen war gar nichts anfangen können; sie schillern. eine Verständigung über die Reihenfolge der Red- Man hat hier gesagt, ich hätte mich für „Versil- ner und auch über eine Schlußzeit für diese Debatte berung" ausgesprochen. Das können Sie mir nicht erzielt worden. Diese Verständigung ist — ich will nachweisen, Herr Kollege Conrad; ich habe an kei- jetzt nicht etwas Anklagendes sagen — nicht an der ner Stelle von Versilberung von Betrieben gespro- CDU gescheitert, sondern von einer anderen chen. Ich habe mich immer dafür eingesetzt, daß wir Fraktion sind diese Verabredungen nicht honoriert gerechte und richtige Preise bekommen. worden. Ich bitte infolgedessen um die Zustimmung Nun zu den Ausführungen des Herrn Kollegen gerade auch der Opposition, daß wir nunmehr diese Dr. Deist! Herr Dr. Deist, wenn Sie unterstellen und Debatte fortsetzen. Vermutungen und Verdächtigungen aussprechen, (Zustimmung bei der SPD.) daß bei der Teilprivatisierung der Preussag irgend- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1669

Bundesminister Dr. Lindrath welche Erdöl- oder Kaliinteressen mitspielen oder minderwertig ist oder geringeren Wert hat, wer- mitgespielt haben oder überhaupt im Spiele sind, den Sie nicht bestreiten können. Wir haben die Ab- so können Sie dafür aber auch nicht den leisesten sicht, breiten Schichten unserer Bevölkerung Aktien Beweis antreten. Niemand hat daran gedacht, und anzubieten, die mindestens so viel Wert haben wie gerade Sie bei Ihrer Kenntnis der Wirtschaft müß- die normalen Aktien. Es kommt uns nicht auf den ten doch ganz genau wissen, daß eine Veräußerung Inhalt der Aktie an, sondern es kommt uns darauf von 28,6 % niemanden veranlassen könnte, insbe- an, daß neben dem Recht auf Dividende, das mit der sondere wenn diese Aktien breit gestreut werden, Aktie verbunden ist, auch ein Mitspracherecht für eine Sperrminorität aufzukaufen. Hierzu wäre es die Kleinaktionäre, für die Volksaktionäre, geschaf- notwendig, daß bis auf 3,5 % dieses Zusatzkapitals fen wird. Das sind unsere Absichten, die wir hier- das gesamte Kapital in einer Hand vereinigt würde. bei verwirklichen wollen. Das ist doch praktisch unmöglich, wenn man es breit (Beifall bei der CDU/CSU.) gestreut hat. Vizepräsident Dr. Preusker: Das Wort hat Vizepräsident Dr. Preusker: Herr Bundes- der Abgeordnete Dr. Fritz. minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage? Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) : Herr Prä- Dr. Lindrath, Bundesminister für wirtschaft- sident! Meine Damen und Herren! Altere Ange- lichen Besitz des Bundes: Vielleicht am Schluß. Ich hörige des Bundestags haben mir schon mehrmals möchte jetzt erst zu Ende sprechen, um zum Schluß bestätigt, daß im vergangenen halben Jahr des die Dinge noch einmal konzentrierter zusammen- 3. Deutschen Bundestags weniger gesetzgeberische zufassen. Arbeit geleistet worden ist als in den vergleich- Weiterhin ist gesagt worden, in einigen Dingen baren Perioden des 1. und des 2. Bundestags. Es dürften Sie mich, wenn von Wahlreden gesprochen wurde auch gesagt, dies sei deshalb der Fall, weil werde, nicht ausnehmen; Mittelstandspolitik und die eigentliche praktische Arbeit durch große An- breite Eigentumsstreuung hätten doch nichts damit fragen und ähnliche parlamentarische Aktionen zu tun. Wo habe ich heute ein Wort von Mittel- ständig verzögert würde. standspolitik und breiter Streuung im gleichen Zu- (Sehr richtig! in der Mitte. — Zuruf von sammenhang gesagt? Mittelstandspolitik habe ich der SPD: Ach du lieber Himmel!) nicht erwähnt; schauen Sie bitte im Protokoll nach. Es ist wohl sicherlich nicht anzuzweifeln, daß die Sie haben vielleicht auf irgendeine meiner früheren SPD in der Produktion von Anträgen hier im Hause Reden Bezug genommen. Sie können doch nicht be- die fruchtbarste Arbeit geleistet hat und noch haupten, ich hätte hier eine Wahlrede zu halten leistet. versucht. Das liegt mir gar nicht. Ich bin in der (Zurufe von der SPD.) Regel als viel zu sachlich bekannt, als daß ich etwa in diesem Zusammenhang eine Wahlrede hielte. - Ich habe hier eine Aufstellung, Herr Dr. Deist, Über Mittelstandspolitik und breite Eigentums- aus der hervorgeht, daß bisher von der Fraktion streuung habe ich hier kein Wort verlauten lassen; der CDU/CSU eine Große Anfrage, von der SPD das beruht auf einem Irrtum. Das muß ich zurück- acht und von der FDP vier eingebracht worden sind. weisen. (Zuruf von der SPD: Zur Sache bitte!) Wenn wir unser Anliegen der Privatisierung und unser Anliegen der breiten Eigentumsstreuung ver- Vizepräsident Dr. Preusker: Herr Abgeord- wirklichen, wollen wir von Fall zu Fall absolut ver- neter Fritz, ich wollte Sie eben auch bitten, mög- nünftig vorangehen. Wir wissen, daß der Privatisie- lichst auf die Sache einzugehen. rungsgedanke und der Gedanke der Politik einer brei- ten Eigentumsstreuung sowohl eine wirtschaftspoli- Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU): Herr Prä- tische als auch eine gesellschaftspolitische Wurzel sident, ich fühle mich doch verpflichtet, zu dem hat, wie auch schon von anderen Damen und Her- Schlußwort von Herrn Dr. Deist, das wir nach dieser ren meiner Fraktion gesagt worden ist. Aus diesen Absprache nicht erwartet haben, Stellung zu neh- beiden Ursachen wird in dem einzelnen Fall, insbe- men. Das gehört hier einmal gesagt. Ausgangspunkt sondere bei dem von Herrn Dr. Deist angesproche- dieser Debatte war das Problem der Bundesunter- nen kleinen und mittleren Betrieb, eine Veräuße- nehmen. Das muß ich betonen, weil wir uns durch rung wahrscheinlich sehr häufig nur aus wirtschafts- das Schlußwort von Herrn Dr. Deist von diesem politischen Gründen durchgeführt 'werden können, Ausgangspunkt wieder etwas entfernt hatten. während eine gesellschaftspolitische Begründung nur dann gefunden werden kann, wenn wirklich In der großen Anfrage standen zwei Fragen von Volksaktien ausgegeben werden können. großer Bedeutung zur Diskussion. Es heißt hier: Herr Dr. Deist, Sie haben mich noch wegen der Erkennt die Bundesregierung an, daß Bundes- Volksaktie angesprochen und haben gesagt, dann unternehmen wichtige Mittel der Wirtschafts- wäre die Aktie überhaupt keine Volksaktie mehr. politik sein können? In welchem Umfange hält Daß eine Aktie, die als vinkulierte Namensaktie die Bundesregierung hiernach den Besitz von außerordentlich schweren Handelsbeschränkungen Bundesunternehmen für erforderlich oder zweck- unterworfen ist, einer normalen Aktie gegenüber mäßig? 1670 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Fritz Die Bundesregierung und unsere Sprecher haben Leider spielt auch die SPD auf diese Frage bereits eine eindeutige Antwort (erneute ironische Bravo-Rufe links) gegeben. Das Bundesvermögen kann und darf nicht Mittel für Lenkungsexperimente sein. Wir wissen, nach wie vor, so ungern sie dies auch hört, mit meine Damen und Herren von der sozialdemokra- mehr oder weniger verschwommenen Vorstellun- tischen Opposition, daß wir Ihnen sehr wehe getan gen und Lieblingsgedanken direkter und indirek- haben, ter Sozialisierung. (Lachen bei der SPD) (Wiederholte ironische Bravo-Rufe links.) als auf dem Bundesparteitag der CDU in Hamburg Dabei ist sie in ihrer Meinungsbildung durchaus am 14. Mai 1957 unter dem Stich- Schwankungen unterworfen. wort „Eigentum für jeden" ein wirtschaftspolitisches (Händeklatschen und erneute ironische und sozialpolitisches Programm entworfen hat, Bravo-Rufe links.) (Abg. Schröter [Berlin] : Jetzt kommt die Einmal ist es für den Funktionär, wie er jetzt hier Wahlrede!) so schön klatscht, das von tödlicher Wirkung für die Reste antiquier- (Lachen bei der SPD) ter Sozialisierungsvorstellungen in der Bundes- Pflicht, das schöne und traditionsreiche Wort „So- republik sein mußte. zialisierung" auszusprechen und der Bevölkerung (Beifall in der Mitte. - Lachen und Zu propagandistisch einzuhämmern, und ein andermal rufe von der SPD.) wieder darf er reformerisch das Wort „Sozialisie- rung" nicht mehr in den Mund nehmen. Dasselbe — Herr Schmidt, Sie kommen auch noch dran. gilt für andere Vokabeln wie Gemeineigentum, Staatskontrolle usw. Vizepräsident Dr. Preusker: Ich bitte um (Fortgesetzte Zurufe links.) etwas mehr Ruhe. Das Wort „Staatskontrolle der wirtschaftlichen Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU): Karl Ar- Großmacht" stammt, glaube ich, von Herrn Deist. nold hat sich damals bewußt für eine breite Streu- Oder es wird von „öffentlicher Kontrolle" geredet, ung des Eigentums aller Art in der Bevölkerung (ironische Bravo-Rufe und Händeklat ausgesprochen, weil allein dieses Programm un- schen links) seren freiheitlichen Standpunkt in der westlichen die, wie vorhin Herr Hellwig richtig sagte, keine Welt in der Wirtschaftspolitik sinnnbildlich demon- Kontrolle durch die Öffentlichkeit bedeutet, son- strieren kann. dern lediglich eine Funktionärskontrolle gewisser (Händeklatschen und ironische Zurufe der Verantwortung enthobener Pfründenträger dar- links: Ausgezeichnet!) stellt. (Lachen und Zurufe links.) Vizepräsident Dr. Preusker: Herr Abgeord- Die SPD ist deswegen unruhig — — neter Fritz, ich darf einen Augenblick um Gehör bitten. Vizepräsident Dr. Preusker: Herr Abgeord- Ich bitte um etwas mehr Ruhe auf allen Seiten neter Fritz, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Ab- des Hauses. geordneten Erler? (Anhaltende Zurufe links.) Erler (SPD) : Haben Sie, Herr Kollege, mit der Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) : Dieses Pro- letzten Bemerkung über die der Verantwortung ge- gramm ist das Ergebnis unserer Erfahrungen mit genüber der Öffentlichkeit usw. entzogenen Funk- dem wirtschaftspolitischen Dirigismus nationaler tionäre die Beamten des Bundeskartellamts gemeint? Diktatoren in der Vergangenheit und mit dem wirtschaftspolitischen Dirigismus sowjetischer Dik- Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU) : Nein, die tatoren, der gegenwärtig — leider auch bei -unseren habe ich nicht damit gemeint. Brüdern und Schwestern in Mitteldeutschland — (Zuruf links: Er hat Geschäftsführer der jenseits des Eisernen Vorhangs herrscht. Industrie- und Handelskammer gemeint. (Zuruf links: Alles bekannt! — Weitere — Weitere Zurufe links.) Zurufe links.) — Hören Sie ruhig mal zu! Wir haben Sie vorhin Dieses Bekenntnis zum Eigentum ist die einzige auch sprechen lassen. Alternative, die sich für uns heute im Westen er- (Anhaltende Zurufe links.) gibt, (Händeklatschen bei der SPD) Vizepräsident Dr. Preusker: Meine Damen ein Bekenntnis, das in wirtschaftspolitischer Hin- und Herren, das Wort hat im Augenblick der Abge- sicht tatsächlich auch von magnetischer Kraft für ordnete Fritz. unsere Brüder drüben sein muß. (Abg. Erler: Er soll dann zur Sache reden! (Erneutes Händeklatschen und ironische Die Anfrage betrifft das Bundesvermögen! Bravo-Rufe links.) — Weitere Zurufe links.) Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1671

Dr. Fritz (Ludwigshafen) (CDU/CSU): Wir haben Wort ergriffen — obgleich die über ein Schlußwort Sie ja auch aussprechen lassen, und Herr Deist hat zur Sache hinausgehenden Ausführungen des Kolle- in seinem Schlußwort zu einer Sache gesprochen, gen Dr. Deist dazu genügend Veranlassung gege- die tatsächlich auch nur mittelbar im Zusammen- ben hätten —, wenn es nicht erforderlich wäre, hang mit dem Gegenstand der Großen Anfrage auch in diesem Hause einmal an den guten parla- stand. Und wenn Sie unser Privatisierungspro- mentarischen Brauch zu erinnern, wenn neue Kolle- gramm in breitester Form angreifen, müssen Sie gen ihre erste Rede halten, ihnen mit Aufmerksam- uns auch gestatten, daß wir auf Ihre Vorstellungen keit zuzuhören, zumindest aber sie nicht laufend zu von der Gestaltung der Produktion hinweisen, die stören. Das ist soeben geschehen. auf Ihrem Parteitag in Stuttgart zum Ausdruck ge (Zustimmung in der Mitte.) kommen sind, wo Sie sich über das Grundsatzpro- gramm selber nicht einigen konnten. Das Haus hat bisher in solchen Fällen durchaus einen gewissen parlamentarischen Stil gewahrt. Ich (Lachen und Zurufe von der SPD.) bedaure, daß das heute nicht geschehen ist. Ich glaube, die Angriffe, die Sie hier gegen unsere (Beifall bei der CDU/CSU. - Abg. Schrö Wirtschaftspolitik, vor allem gegen unser Anliegen ter [Berlin] : Das war der Abgesang einer der breiten Streuung des Eigentums richten, empörten Jungfrau! — Weitere Zurufe von (Lachen und ironische Bravo-Rufe von der SPD.) der SPD) Ich habe hier noch eine Bemerkung anzufügen, um noch einmal die Problematik klarzumachen, die sind sehr billig. Es ist sehr billig, von Ihrer Seite in den Ausführungen von Herrn Dr. Deist wie ein aus solche Angriffe zu erheben, da Sie ja selber roter Faden hindurchging. Man versichert, daß über diesen Punkt keine genauen Vorstellungen man unter bestimmten Voraussetzungen zum pri- besitzen vaten Eigentum und auch zur Privatisierung stehe. (ironische Zurufe: Ausgezeichnet! und Aber im konkreten Fall geht man um die Entschei- weitere Zurufe von der SPD) dung herum. Es war durchaus berechtigt, daß mein und da Sie bisher auch nicht in der Lage waren, Fraktionskollege Dr. Fritz auf die verschwommenen sich zu einem Grundsatzprogramm durchzuringen. Vorstellungen vom Stuttgarter Parteitag der SPD Dessen Verabschiedung haben Sie wieder bis zum und die Ausführungen von Dr. Deist selbst ver- Jahre 1960 hinausgeschoben. wiesen hat, nämlich auf die große Problematik, wo die Anerkennung des privaten Eigentums beginnt (Beifall bei der CDU/CSU. — Gelächter bei und aufhört. Auf dem Stuttgarter Parteitag hat der der SPD.) Kollege Dr. Deist das private Eigentum an kleinen und mittleren Unternehmungen bejaht; es wurde Vizepräsident Dr. Preusker: Meine Damen des Schutzes auch der SPD und ihres Programms und Herren, ehe ich weiter das Wort an den Abge- versichert. Er hat hier vorhin in seinem Schlußwort ordneten Hellwig gebe, möchte ich schon jetzt be- auch einige Bemerkungen über Mittelschichtenför- kanntgeben, daß eine interfraktionelle Vereinbarung derung gemacht. Herr Kollege Dr. Deist: Wo liegt erfolgt ist, nach der für morgen früh 9 Uhr eine nach Ihrer Meinung die Grenze zwischen schutzbe- neue Sitzung des Bundestages einberufen werden dürftigem und schutzwürdigem kleinem und mitt- soll. Als Punkt 1 soll der jetzige Punkt 3, die lerem Eigentum und einem offenbar einem Verruf zweite Beratung des von der Fraktion der SPD ein- unterliegenden Großeigentum? Soll diese Grenze gebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Volksbe- je nach politischer oder wirtschaftlicher Zweck- fragung wegen einer atomaren Ausrüstung der Bun- mäßigkeit variiert, durch Parlamentsbeschlüsse deswehr auf der Tagesordnung stehen. Gleichwohl festgesetzt oder verschoben werden? Herr Dr. Deist, wollen wir versuchen, die übrige Tagesordnung das private Eigentum ist ein unteilbares Grundrecht. heute bis 9 Uhr soweit wie möglich zu fördern. (Beifall bei der CDU/CSU.) Ich muß weiterhin auf Bitten des Vorstandes der Es kann generell aus sozialen und anderen Grün Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft bekannt- den eingeschränkt werden; aber es an bestimmten geben, daß der Vortrag von Herrn Dr. Max- Beer, Stellen und Teilen aufzuheben, ist nur unter ganz zu dem eingeladen war, auf 9 Uhr verlegt worden bestimmten Voraussetzungen möglich. Diese Vor ist, so daß die Abgeordneten bis 9 Uhr der Sitzung aussetzung jedoch ist — vom Grundgesetzgeber aus folgen können. — nicht die Größe oder die mittlere oder kleinere Substanz. Wenn die Grenze je nach Zweckmäßigkeit Zu der vorhin erwähnten Vereinbarung gehört manipuliert werden soll, dann allerdings kommt ferner noch, daß morgen früh als zweiter Punkt die zweite und dritte Beratung des von der Bundesre- alles, was von Ihrer Seite über den Schutz privaten gierung eingebrachten Entwurfs eines Dritten Ge- mittleren und kleinen Eigentums gesagt wird, in ein sehr merkwürdiges Zwielicht. Dieses Zwielicht kann setzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts behan- delt werden soll. ich hier nicht anders illustrieren als mit Ausführun gen, die schon vor Jahren einmal Herr Professor Ich darf nunmehr dem Herrn Abgeordneten Hell- Gleitze bei einer Schilderung der Vorgänge in wig das Wort erteilen. der sowjetischen Besatzungszone gegeben hat. Er wies darauf hin, daß es keiner allgemeinen gesetz Dr. Hellwig (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine lichen Abschaffung des privaten Eigentums an Pro Damen und Herren! lch hätte nicht nochmals das duktionsmitteln in der sowjetischen Besatzungszone 1672 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Dr. Hellwig bedurft habe, sondern daß das private Eigentum Daher, glaube ich, kann unsere Aufgabe nicht sein durch Lenkungs- und Planungsmaßnahmen, durch — jedenfalls wir sehen es so —, das private Eigen die Mitbestimmung der SED und der Gewerkschaft tum als Quelle einer legitimen Kontrollfunktion in und last not least durch Steuern und sonstige diesen Unternehmungen überhaupt auszuschalten Lasten ausgehöhlt worden ist. und auch diese Funktion noch auf die Inhaber der Das ist die Antwort, die wir von Ihnen vermis- öffentlichen Gewalt zu übertragen, sondern unsere sen. Dieser Versuch, zu trennen zwischen privatem Aufgabe muß es sein, das private Eigentum als Eigentum, welches für kleine und mittlere Unter- Quelle dieser Kontrollfunktion zu stärken. nehmungen gelten solle, und großem Eigentum, das Nun muß ich Ihnen noch folgendes sagen. Die man abschaffen oder unter Sonderrecht, das heißt Vereinigung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht unter Ausnahmerecht stellen will — das ist es, was und politischer Macht, gleichgültig ob in Behörden, uns immer wieder mit Verdacht erfüllt. Daher sind Verbänden usw., ist in unserer freiheitlichen Ord- auch alle Ihre Ausführungen über eine wirkliche nung nur als Ausnahme zu ertragen. Sie ist im- Mittelschichtenpolitik — Sie haben sie vorhin ein- mer Gegenstand größter Wachsamkeit. Das ist geflochten — nicht glaubhaft. Wie wollen Sie mitt- auch eine Erkenntnis, der wir folgen. Aber sie zum lere und kleinere Unternehmungen fördern, wenn Prinzip unserer wirtschaftlichen und gesellschaft- Sie gleichzeitig die Ausdehnung öffentlicher Unter- lichen Ordnung zu erheben, wie es in Vorschlägen nehmungen und die Ausdehnung der frei-gemein- von Ihrer Seite in den letzten Wochen wiederholt wirtschaftlichen Unternehmungen verlangen? Auf geschehen ist, das ist die stärkste Gefährdung des diese Dinge ist eine Antwort notwendig. machtverteilenden Prinzips, auf dem unsere Gesell- schafts- und Wirtschaftsordnung gegründet sein Und nun zur Frage der Privatisierung. Herr soll. Dr. Deist, Sie haben selber innerhalb ihrer Stutt- garter Ausführungen davor gewarnt, Kataloge über Herr Dr. Deist, ich kann nur bedauern, daß durch die Sozialisierung aufzustellen. Kataloge seien kein Ihr Schlußwort eine Ausweitung herbeigeführt brauchbares Mittel, sie beruhigten sehr leicht die worden ist. Ich möchte aber hoffen, gezeigt zu Gewissen; und was schlimmer sei, je umfangreicher haben jedenfalls habe ich mich bemüht, es zu sie seien, um so unverbindlicher seien sie letzten tun - , daß das zentrale Anliegen so wichtig ist, Endes. Genau das ist die Überlegung, die wir hin- daß es aus der parteipolitischen Polemik heraus- sichtlich der Privatisierung anstellen. Wir haben es gehalten werden müßte, wenn wir zu wirklichen abgelehnt, in einen generellen Katalog über diese Lösungen kommen wollen. Ich kann nur bedauern, Dinge einzutreten, und haben gesagt: Es muß an daß bei der Erörterung dieses Themas von Ihrer I) einem hierfür geeigneten Objekt zunächst ein Ver- Seite immer nur Wert darauf gelegt wird, den such, ein Modell entwickelt werden, um zu einer Unterschied zu uns, den Unterschied zur Markt- tragfähigen Lösung — auch unter Wahrung des wirtschaft, den Unterschied zur Privatwirtschafts- Prinzips, Machtkonzentrationen nicht zu vermehren, ordnung des Westens herauszuarbeiten, während sondern abzubauen zu kommen. man mit gleicher Deutlichkeit den Unterschied zu den Organisationsformen der totalen Staats- oder Hiermit komme ich zu dem anderen roten Faden Verbandswirtschaft im östlichen Bereich bisher der Ausführungen von Dr. Deist. Das ist das Pro- nicht herausgearbeitet hat. Das läßt uns an der blem der Machtkonzentration. Er spricht immer, Aufrichtigkeit Ihrer Argumentation zweifeln. hier und draußen, von der Gefahr der Machtkonzen- tration, insbesondere der Vermachtung der Märkte, (Beifall bei der CDU/CSU. — Pfui-Rufe in privaten Unternehmungen. Nun, meine Damen von der SPD. — Abg. Schröter [Berlin] : und Herren: wir sehen das Problem; es ist ein Pro- Ohne Dreckschleuder geht's nicht mehr! blem der modernen Industriegesellschaft. Aber wir Immer die Dreckschleuder zum Schluß! — halten es für völlig verfehlt, es dadurch lösen zu Weitere Zurufe von der SPD.) wollen, daß diese wirtschaftliche Macht aus privater Hand nun auch noch an die Träger von politischer Vizepräsident Dr. Preusker: Das Wort hat und Verbandsmacht weiterhin verlagert und ange- der Abgeordnete Dr. Deist. reichert wird. - (Zustimmung bei der CDU/CSU.) Dr. Deist (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen Das Prinzip der Machtverteilung kann des privaten und Herren! Sie verstehen, daß ich zu den Äußerun- gen verschiedener Redner — wenn ich mich auch zu Eigentums einfach nicht entbehren. beschränken beabsichtige — noch einiges sagen Und nun: Wo ist die Grenze bei diesen großen muß. Unternehmungen hinsichtlich des privaten Eigen- Der Herr Bundesschatzminister hat davon gespro- tums? Ich glaube, Sie denken immer noch im Grunde chen, ich hätte Vermutungen und Verdächtigungen genommen im Sinne der Marxschen Vorstellung bezüglich der Auslieferung von Bundesunterneh- von der Vermögenskumulation. Dabei ist das Pro- mungen an die Erdölindustrie und dergleichen mehr blem gar nicht mehr die Konzentration des Eigen- ausgesprochen. Meine Damen und Herren, daß so tums, sondern die Konzentration von Verfügungs- selten unterschieden wird, ob von bestimmten Ten- gewalt unabhängig von dem Eigentum. denzen, von bestimmten Interessenlagen, aus denen (Sehr richtig! bei der SPD. — Weitere sich Konsequenzen ergeben, oder von finsteren Ab- lebhafte Zurufe links.) sichten gesprochen wird! Hier ist gar nicht etwa von Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1673 Dr. Deist bösartigen Menschen die Rede, sondern von Dabei sollten Sie mit solchen Formulierungen vor- zwangsläufigen Folgen des Konzentrationsprozes- sichtig sein, Herr Bundesschatzminister, denn es ses, insbesondere in solchen Industriezweigen, die könnte sonst die Frage auftauchen, ob Sie nicht be- oligopolistisch verseucht sind. Darum sprechen Sie reits marxistisch verseucht sind. bitte nicht von Verdächtigungen oder Unterstellun- Ich möchte noch mit einigen kurzen Worten auf gen. Ich habe vielmehr Tendenzen, die sich in die- die Ausführungen von Herrn Hellwig eingehen. sen Industriezweigen zeigen, gekennzeichnet. Hier handelt es sich um zwei verschiedene Dinge. Daraus ergibt sich zwangsläufig das Interesse ge- Zunächst einmal sagte er: Ihr Sozialisten gebt immer rade der Gruppe von Wintershall an der Preußag. ein globales Bekenntnis zum Privateigentum ab, und Im übrigen, Herr Bundesschatzminister, hätten Sie wenn es sich in der Praxis darum handelt, Privat- die Debatte wesentlich erleichtern können, wenn eigentum zu schützen, dann seid ihr auf einmal Sie die verbindliche Erklärung abgegeben hätten: nicht mehr da; dann heißt es „öffentliches Interesse", 1. Wir werden durch eine gesetzliche Regelung das und dann zeigt sich, daß ihr es mit dem Bekenntnis Entstehen einer Sperrminorität verhindern. 2. Wir zum Privateigentum gar nicht ernst meint. Herr werden eine Beteiligung von privaten Interessenten Hellwig hat ein großes Wort gesprochen, das er an der Preußag über diese 28,6 % hinaus nicht her- einmal überprüfen sollte, nämlich das Wort: Das beiführen. Wenn Sie diese Erklärung ohne jeden Privateigentum ist ein unteilbares Recht. Meine Da- Vorbehalt abgeben könnten, sähen wir viel klarer. men und Herren, wer ein wenig die soziologische Dann wurde im Zusammenhang mit dem Volks- und die Rechtsliteratur studiert und wer dabei auch aktienmodell beim Volkswagenwerk von Herrn an der Enzyklika Quadragesimo anno nicht ganz Hellwig gesagt, man wolle keine großen Theorien vorbeigeht, wird feststellen müssen, daß zwischen und keine großen Rezepte Eigentum und Eigentum ein Unterschied ist und daß die Form und der Inhalt des Eigentums in der Ge- (Abg. Dr. Hellwig: Keine Kataloge!) schichte durchaus wandelbar sind. In der Enzyklika — keine Kataloge -, sondern ein bestimmtes prak- steht ferner -- ich kann jetzt nicht wörtlich zitieren tisches Beispiel. Warum müssen Sie immer gleich —, daß es heute in der Wirtschaft wider jedes na- plagiieren? Lassen Sie mir das doch! türliche Recht angemaßte Herrschaftsmacht gebe, die (Abg. Dr. Hellwig: Ich habe Sie zitiert! zu öffentlichen Gegenmaßnahmen zwingt. Wenn ich Das ist kein Plagiat!) nicht sehr irre, wird dann ausgeführt, daß berech- tigte Bestrebungen und Forderungen dieser Art — Schön. Ich möchte nur folgendes feststellen. Der nichts an sich hätten, was mit christlicher Auffas- Witz Ihrer Voìksaktie, dieses ersten Modells, war, sung in Widerspruch stehe. Dann gibt es eine daß sie so ausgestattet und damit zu einem ganz weitere Stelle in der Enzyklika, in der es heißt: speziellen Instrument werde, um breite Schichten, die Unter diesen Umständen sei es durchaus angemes- bisher zum Aktiensparen nicht geneigt oder in der sen, daß wichtige Grundstoffe und anderes in öffent- Lage waren, anzusprechen. Alle diese Besonder- liches Eigentum übergeführt würden. heiten, die das Wesen der Volksaktie ausmachten, haben Sie so allmählich beseitigt; jetzt gibt es nur (Sehr richtig! bei der SPD.) noch die normale Aktie. Herr Bundesschatzminister, Herr Kollege Hellwig, da soll man nicht solche uns interessiert dabei Ihre Begründung nicht. Sie Redensarten von dem „unteilbaren Eigentum" haben wahrscheinlich recht. Wir haben immer ge- bringen. sagt, daß all die Sonderregelungen, die Sie für die (Beifall bei der SPD. — Abg. Dr. Hellwig: Volksaktie vorsahen, fauler Zauber sind. Unteilbares Grundrecht, das man nicht nach (Unruhe in der Mitte.) wechselnden Größenvorstellungen beurtei Aber was aus Ihren Darlegungen deutlich wurde, len kann!) war, daß Sie — aus welchen Gründen immer - — Jetzt spreche ich über Ihr „unteilbares Eigen- diese besondere Volksaktie inzwischen in den tum", Herr Kollege Hellwig, und das müssen Sie Schrank gestellt haben, so daß dieses besondere mir schon gestatten. Mittel zur Aktienstreuung ausfällt. Mehr wollten (Abg. Dr. Hellwig: Sie sollen nur meine wir nicht sagen. Aber das festzustellen erschien- mir nötig. Frage richtig verstehen!) Sie haben, Herr Bundesschatzminister, das letzten Meine Damen und Herren, wir sollten uns doch Endes auch am 4. März über den Bayerischen Rund- darüber klar sein, daß es völlig falsch ist, so zu tun, funk bestätigt. Da haben Sie nämlich gesagt: Ich als ob das, was wir alle und was auch jeder drau- habe mich mit Erfolg dafür eingesetzt, den Grund- ßen unter Privateigentum versteht, dasselbe wäre satz einheitlichen Rechts höherzustellen und wich- wie das sogenannte Eigentum an Aktien. Wenn tiger zu nehmen — also keine Sonder-Volksaktie wir von Eigentum sprechen, versteht der normale zu schaffen — als den Vorwurf, die heute noch ein- Mensch darunter ein Haus oder andere Gegen- kommensschwachen Schichten seien durch normale stände, die er besitzen kann und bei denen ihm, Aktien nicht zu Eigentümern zu machen. Darin liegt wie Herr Kollege Dr. Dresbach sagt, das Eigentum doch wohl das Eingeständnis, daß diese Aktie eben anschaulich ist. Herr Flender von der Arbeitsge- keine Möglichkeit mehr ist, Angehörige der breite- meinschaft selbständiger Unternehmer hat über den sten Schichten zu Aktionären zu machen und damit, modernen Großbetrieb so nett gesagt — das wie Sie so nett sagen, Herr Bundesschatzminister, brauche ich nicht zu sagen, ich hätte es gar nicht „Eigentum an Produktionsmitteln zu schaffen". so schön sagen können —: 1674 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode – 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Dr. Deist Der moderne Großbetrieb in Form der Publi- Fraktion der SPD betreffend Howaldtwerke Ham kums-AG ist ein Unternehmen an sich. Seine burg AG - Drucksache 367 — ist damit geschlossen. Aktionäre sind dinglich gesicherte Obligatio- Der Ältestenrat schlägt Ihnen vor, den Antrag der näre, die mit Aktien wie mit Altpapier han- Fraktion der SPD betreffend Howaldtwerke Ham- deln und keineswegs mehr mit dem Unterneh- burg AG an den Haushaltsausschuß — federführend men identisch sind. — und an den Wirtschaftsausschuß zu überweisen. Meine Damen und Herren, Sie sollten doch sehen, Besteht damit Übereinstimmung? welcher Unterschied zwischen den Besitzern der (Zustimmung.) Aktie und dem wirklich zu unterstützenden und zu befürwortenden privaten Eigentum besteht, das die Ich höre keine gegenteilige Meinung. Es ist so be- Grundlage für größere wirtschaftliche Selbständig- schlossen. keit und Freiheit sein kann. Da die Punkte 3, 3 a und 3 b als Punkte 1, 1 a und (Beifall hei der SPD.) 1 b auf die Tagesordnung der morgigen, der 31. Sit- zung gesetzt worden sind, fahren wir nunmehr mit Was Sie hier machen, ist gerade unter den Ge- Punkt 4 fort. Ich rufe also auf: sichtspunkten einer wirklich freiheitlichen und so- zialen Marktwirtschaft denkbar gefährlich. Denn Sie Antrag der Fraktion der FDP betr. Zunahme täuschen darüber hinweg, daß Eigentum an Groß- von Mißgeburten (Drucksache 386). unternehmungen mit Herrschaftsmacht seinen Cha- Dazu liegt eine schriftliche Begründung der Frak- rakter völlig geändert hat und eine große Gefahr tion der FDP vor. Im Ältestenrat ist vereinbart wor- für eine freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschafts- den, auf eine mündliche Begründung und auf eine gestaltung ist. Debatte zu verzichten. Ebenso soll auf eine über- (Beifall bei der SPD.) weisung an die Ausschüsse verzichtet werden. Der In der Debatte ist gesagt worden: Das kommt eben Auftrag an die Bundesregierung ist klar. darauf an, wo das öffentliche Interesse beginnt. Ja- Ich bitte diejenigen, die dem Antrag der Frak- wohl, darauf kommt es an, darauf kommt es sehr tion der FDP auf Drucksache 386 zuzustimmen wün- an. schen, um ein Handzeichen. - Ich bitte um die Herr Kollege Hellwig, wir haben den Herrn Bun- Gegenprobe. — Soweit ich sehe, eine Gegenstimme. desschatzminister aufgefordert, an Hand von prak- Enthaltungen? — Gegen eine Stimme angenommen. tischen Beispielen der Bundesunternehmen — nicht theoretisch; darüber können wir uns weiter strei- Ich rufe auf Punkt 5 der Tagesordnung: ten, und darin liegt so viel Möglichkeit zu propa- Beratung der Sammelübersicht 6 des Aus- gandistischen und sonstigen Effekten — darzulegen: schusses für Petitionen (2. Ausschuß) über Die und die Unternehmungen sind im Bundesbesitz, Anträge von Ausschüssen des Deutschen Bun- bei den und den Unternehmen halten wir öffent- destages zu Petitionen (Drucksache 414). liches Interesse nicht für gegeben, und bei den und den Unternehmen halten wir Bundesbesitz im Auch hier schlägt Ihnen der Ältestenrat sofortige öffentlichen Interesse für geboten. Dann soll er Beschlußfassung vor. Ich bitte diejenigen, die der sich mit uns unterhalten, auch über solche Dinge, Sammelübersicht 6 zuzustimmen wünschen, um das wie wir sie im Hinblick auf die Oligopolsituation Handzeichen. - Gegenprobe! - Ich stelle einstim- auf dem Kraftfahrzeugmarkt beim Volkswagenwerk mige Zustimmung fest. und hinsichtlich des Erdölmarkts und Kalimarkts an- geführt haben. Dann soll er sich mit uns darüber Ich rufe auf Punkt 6 der Tagesordnung: auseinandersetzen. Wir wünschen eine solche Aus- Erste Beratung des Entwurfs eines Gesetzes einandersetzung an Hand eines praktischen Plans über Preise für Getreide inländischer Erzeu- über die zukünftige Behandlung des Bundesvermö- gung für das Getreidewirtschaftsjahr 1958/59 gens. Dann werden Sie sehen, daß wir einen sehr, sowie über besondere Maßnahmen in der Ge- sehr weiten Raum für private Unternehmungen in- treide- und Futtermittelwirtschaft (Getreide- nerhalb der Wirtschaft nicht nur für zulässig, son- preisgesetz 1958/59 (Drucksache 379). dern für gesund halten. Aber dort, wo ernsthafte- öffentliche Interessen vorliegen, muß, wie in allen Seitens der Bundesregierung wird auf eine münd- freiheitlichen Ländern der Welt, die öffentliche liche Begründung verzichtet. Wird sonst das Wort Gewalt, die Staatshand ihre Aufgabe erfüllen dazu gewünscht? — Ich sehe, das ist nicht der Fall. und dafür sorgen, daß Freiheit in Wirtschaft Der Ältestenrat hat Ihnen Überweisung an den und Gesellschaft erhalten bleibt und nicht durch Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft und For- die mächtigen Großunternehmungen untergraben sten als federführenden Ausschuß und an den Wirt- wird. schaftsausschuß zur Mitberatung vorgeschlagen. Ich (Beifall bei der SPD.) sehe keine Wortmeldungen. Ich nehme daher Ihr Einverständnis damit an. Es ist so beschlossen. Vizepräsident Dr. Preusker: Meine Damen und Herren, nun liegen mir zu Punkt 2 keine Wort- Ich rufe auf Punkt 7 der Tagesordnung: meldungen mehr vor. Die Beratung der Großen An- a) Beratung des Antrags der Fraktion der SPD frage der Fraktion der SPD betreffend Bundesunter- betr. Änderung und Durchführung des Lasten nehmen — Drucksache 335 — und des Antrags der ausgleichsgesetzes (Drucksache 366) ; Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1675 Vizepräsident Dr. Preusker b) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Ich bitte desregierung eingebrachten Entwurfs eines um das Handzeichen zur Zustimmung. — Gegen- Neunten Gesetzes zur Änderung des Lasten- stimmen? — Enthaltungen? — Danke. Auch Ein- ausgleichsgesetzes (9. ÄndG LAG (Druck- leitung und Überschrift sind angenommen. sache 324); Damit schließe ich die zweite Beratung und rufe Schriftlicher Bericht des Ausschusses für den auf zur Lastenausgleich (15. Ausschuß) (Drucksache dritten Beratung 380) . des Entwurfs eines Neunten Gesetzes zur Änderung (Erste Beratung 25. Sitzung.) des Lastenausgleichsgesetzes. Wer diesem Gesetz Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Dr. Hes- in dritter Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte berg. Wünschen Sie das Wort zur Berichterstattung, ich, sich zu erheben. — Ich bitte um die Gegen- Herr Abgeordneter? probe. — Ich bitte um Enthaltungen. — Soweit ich sehe, ist das Neunte Gesetz zur Änderung des (Abg. Dr. Hesberg: Ja, ein Wort!) Lastenausgleichsgesetzes einstimmig angenommen. Das Wort als Berichterstatter hat der Abgeord- Ich rufe dann auf Punkt 8: nete Dr. Hesberg. Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Dr. Hesberg (CDU/CSU): Herr Präsident! Meine Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über Damen und Herren! Ich kann mich auf den Schrift- die Gewichtsbezeichnung an schweren, auf lichen Bericht beziehen, möchte aber namens des Schiffen beförderten Frachtstücken (Druck- Ausschusses noch folgendes zum Ausdruck bringen. sache 254); Es ist der Wunsch des Ausschusses, daß bei der Ge- Schriftlicher Bericht des Ausschusses für durch Rechts- währung von Vorrangeinräumungen Arbeit (21. Ausschuß) (Drucksache 388). verordnungen eine gründliche Prüfung stattfinden und dahin gewirkt werden soll, daß die Interessen (Erste Beratung 20. Sitzung.) des Lastenausgleichsfonds so wenig wie möglich ge- Es liegt Ihnen der Schriftliche Bericht des Aus- fährdet werden. schusses für Arbeit auf Drucksache 388 hierzu vor. Berichterstatter ist der Abgeordnete Behrend. Vizepräsident Dr. Preusker: Sie haben den Wünscht der Berichterstatter noch das Wort? — Das ist nicht der Fall. kurzen Bericht gehört. Wird im übrigen zu den Punkten 7 a und b das Wort gewünscht? — Das ist Wir treten in die zweite Beratung ein. Der An- nicht der Fall. Dann nehme ich Ihr Einverständnis trag des Ausschusses lautet, den Gesetzentwurf damit an, daß der Antrag der Fraktion der SPD auf unverändert nach der Vorlage anzunehmen. Drucksache 366 gemäß dem Vorschlag des Ältesten- Ich rufe auf Art. 1. Ich bitte zur Zustimmung um rates an den Ausschuß für den Lastenausgleich das Handzeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltun- überwiesen wird. Ich höre keine gegenteilige Mei- gen? — Einstimmig angenommen. nung; es ist so beschlossen. Art. 2. Zustimmung bitte! — Gegenstimmen? — Dann komme ich zur zweiten Beratung des unter Enthaltungen? — Art. 2 ist einstimmig angenommen. Punkt 7 b aufgeführten Entwurfs eines Neunten Ge- setzes zur Änderung des Lastenausgleichsgesetzes, Art. 3. Ich bitte um die Zustimmung. — Gegen- Drucksache 324. Der Antrag des Ausschusses geht stimmen? — Enthaltungen? — Auch Art. 3 ist ein- dahin, den Gesetzentwurf unverändert nach der stimmig angenommen. Vorlage anzunehmen. Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Ich bitte Ich rufe auf § 1. Wer dem § 1 zuzustimmen um das Handzeichen zur Zustimmung. — Gegen- wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich stimmen? — Enthaltungen? — Ebenfalls einstimmig bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — So- angenommen. weit ich sehe, ohne Enthaltungen und Gegenstim- Damit ist die zweite Beratung geschlossen. men angenommen. Ich rufe auf zur Ich rufe auf § 2, Anwendung in Berlin. Wer ihm dritten Beratung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Hand- zeichen. — Ich bitte um die Gegenstimmen. -- Ent- des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des haltungen? — Soweit ich sehe, ist auch § 2 einstim- Gesetzes über die Gewichtsbezeichnung an schwe- mig angenommen. ren, auf Schiffen beförderten Frachtstücken. Wird das Wort zur dritten Beratung gewünscht? — Das Ich rufe auf § 3, Nichtanwendung im Saarland. ist nicht der Fall. Ich schließe damit die dritte Be- Ich bitte um die Zustimmung durch Handzeichen. - ratung und rufe auf zur Schlußabstimmung. Wer Ich bitte um die Gegenstimmen. — Enthaltungen?— dem Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Auch § 3 ist, soweit ich sehe, einstimmig angenom- Gewichtsbezeichnung an schweren, auf Schiffen be- men. förderten Frachtstücken zuzustimmen wünscht, den Ich rufe auf § 4, Inkrafttreten. Ich bitte zur Zu- bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke Ihnen. stimmung um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenstimmen? — Offensichtlich eine Gegenstimme. Gegenstimmen. — Enthaltungen? -- § 4 ist eben- Enthaltungen? — Das Gesetz ist gegen eine Stimme falls einstimmig angenommen. angenommen. 1676 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Vizepräsident Dr. Preusker Ich rufe auf Punkt 9: Punkt 10 der Tagesordnung wird zunächst aus geklammert. Ich werde sehen, ob er nach Erledi- Zweite und dritte Beratung des von der Bun- gung der anderen auf der Tagesordnung stehen- desregierung eingebrachten Entwurfs eines den Gegenstände noch aufgerufen werden kann. Gesetzes über die Sammlung des Bundes- Eine interfraktionelle Vereinbarung über dieses rechts (Drucksache 278); Verfahren ist getroffen worden. Schriftlicher Bericht des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) (Drucksache 399). Ich rufe Punkt 11 der Tagesordnung auf: (Erste Beratung 20. Sitzung.) Zweite und dritte Beratung des von der Bun- desregierung eingebrachten Entwurfs eines Hier liegt ein Schriftlicher Bericht des Rechtsaus- Protokoll zur Änderung des schusses, Drucksache 399, vor. Berichterstatter ist Gesetzes zu dem Abkommens zur Vereinheitlichung von Re- Herr Abgeordneter Hoogen. Wünschen Sie noch das geln über die Beförderung im internationa- Wort? — Das ist nicht der Fall. len Luftverkehr (Drucksache 220) ; Drucksache 399 sieht einige Änderungen vor. Ich Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ver- rufe also § 1 in der Fassung der Ausschußbeschlüsse kehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Aus- auf Drucksache 399 auf. Wird das Wort gewünscht? schuß) (Drucksache 426). — Das ist nicht der Fall. Ich bitte zur Zustimmung (Erste Beratung 16. Sitzung.) um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegen- stimmen. — Enthaltungen? — In zweiter Beratung Der Schriftliche Bericht des Ausschusses für Ver- einstimmig angenommen. kehr, Post- und Fernmeldewesen liegt Ihnen auf Ich rufe auf § 2. Wird das Wort gewünscht? — Drucksache 426 vor. Berichterstatter ist Herr Ab- Das ist nicht der Fall. Ich bitte zur Zustimmung um geordneter Eisenmann. Er wünscht nicht mehr das das Handzeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltun- Wort zu nehmen. gen? — § 2 ist ebenfalls einstimmig in der Aus- Nachdem auch hier der Ausschuß die unverän- schußfassung angenommen. derte Annahme der Vorlage empfohlen hat, rufe ich zur zweiten Beratung auf. Ich frage, ob zu den Ich rufe auf § 3. Wird das Wort gewünscht? — Artikeln 1, — 2, — 3, — 4, — Einleitung und Über- Das ist nicht der Fall. Ich bitte um die Zustimmung schrift das Wort gewünscht wird. — Das ist nicht durch Handzeichen. — Ich bitte um die Gegen- der Fall. Wer dem Entwurf eines Gesetzes zu dem stimmen. — Enthaltungen? — Auch § 3 ist in der Protokoll zur Änderung des Abkommens zur Ver- Ausschußfassung angenommen. einheitlichung von Regeln über die Beförderung Ich rule § 4 auf. Wird das Wort gewünscht? — im internationalen Luftverkehr zuzustimmen Das ist nicht der Fall. Ich bitte um Zustimmung wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — durch Handzeichen. — Ich bitte um die Gegenstim- Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Enhaltun- men. — Enthaltungen? — § 4 ist angenommen. gen? — Damit ist der Gesetzentwurf in zweiter Beratung angenommen. Ich rufe § 5 auf. Wortmeldungen? — Keine. Ich bitte um Zustimmung durch Handzeichen. — Ich Ich rufe zur bitte um die Gegenstimmen. — Enthaltungen? — dritten Beratung § 5 ist ebenfalls angenommen. des Gesetzentwurfs auf. Wird das Wort gewünscht? Ich rufe § 6 auf. Ich bitte um Wortmeldungen. — — Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich diejenigen Keine Wortmeldung. Zustimmung bitte durch Hand- Damen und Herren, die diesem Gesetz zuzustim- zeichen. — Gegenstimmen? — Enthaltungen? — men wünschen, sich zu erheben. — Danke. Ich bitte Ebenfalls einstimmig angenommen. um die Gegenprobe. — Enthaltungen? - Soweit ich Ich rufe Einleitung und Überschrift auf. Ich bitte sehe, einstimmig angenommen. um Zustimmung durch Handzeichen. — Danke. Gegenstimmen? — Enthaltungen? — Damit ist die Ich rufe dann Punkt 12 der Tagesordnung auf: zweite Beratung des von der Bundesregierung- ein- Zweite und dritte Beratung des von der Bun- gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Samm- desregierung eingebrachten Entwurfs eines lung des Bundesrechts in der Fassung der Druck- Gesetzes zu dem Abkommen vom 22. Mai sache 399 abgeschlossen. 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutsch- Ich rufe auf zur land und dem Australischen Bund über den Luftverkehr (Drucksache 221); dritten Beratung. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Ver- Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. kehr, Post- und Fernmeldewesen (23. Aus- Ich schließe die Beratung und bitte diejenigen schuß) (Drucksache 427). Damen und Herren, die dem Entwurf des Gesetzes (Erste Beratung 16. Sitzung.) über die Sammlung des Bundesrechts in der in zweiter Lesung beschlossenen Fassung zuzustimmen Der Schriftliche Bericht des Ausschusses für Ver- wünschen, sich zu erheben. — Danke. Ich bitte um kehr, Post- und Fernmeldewesen auf Drucksache die Gegenstimmen. — Ich bitte um Enthaltungen. — 427 liegt Ihnen vor. Wünscht der Berichterstatter, Ich stelle fest, daß das Gesetz einstimmig angenom- Herr Abgeordneter Schulze-Pellengahr, noch das men worden ist. Wort? — Das ist nicht der Fall. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1677

Vizepräsident Dr. Preusker Nachdem der Ausschuß die unveränderte An- Dann eröffne ich die Beratung. Wird das Wort nahme des Entwurfs empfohlen hat, darf ich ihn in gewünscht? — Das ist nicht der Fall. -zweiter Beratung aufrufen, und zwar die Art. 1, 2, — 3, — Einleitung und Überschrift. — Wird das Ich bitte diejenigen, die dem Antrag des Aus- Wort gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann ist schusses auf Drucksache 377 zuzustimmen wünschen, die Beratung geschlossen. um das Handzeichen. — Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Der Antrag des Ich bitte diejenigen, die dem Abkommen zuzu- Ausschusses auf Drucksache 377 ist angenommen. stimmen wünschen, um ein Handzeichen. - Ich danke Ihnen. Ich bitte um die Gegenprobe. — Ent- haltungen? — Soweit ich sehe, ist der Gesetzent- Ich rufe auf Punkt 15: wurf in zweiter Beratung einstimmig angenommen. Beratung der Übersicht 2 des Rechtsausschus- Ich rufe damit auf die ses (12. Ausschuß) über die dem Deutschen Bundestag zugeleiteten Streitsachen vor dem dritte Beratung Bundesverfassungsgericht (Drucksache 392). des Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen Der Antrag des Ausschusses geht dahin: vom 22. Mai 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Australischen Bund über den Der Bundestag wolle beschließen, Luftverkehr. Wird in der dritten Beratung das Wort von einer Äußerung zu den nachstehend auf- gewünscht? — Das ist nicht der Fall. Dann schließe geführten Streitsachen vor dem Bundesver- ich die Beratung. fassungsgericht abzusehen. Wer dem Gesetz zu dem Abkommen vom 22. Mai 1957 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Wird das Wort noch gewünscht? — Ich bitte Herrn dem Australischen Bund zuzustimmen wünscht, den Abgeordneten Hoogen, das Wort zu ergreifen. bitte ich, sich zu erheben. — Ich danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Ich stelle einstimmige Annahme fest. Hoogen (CDU/CSU) : Herr Präsident! Meine Da- men und Herren! Namens des Rechtsausschusses Ich rufe auf Punkt 13: darf ich Sie bitten, in der Übersicht auf der letzten Beratung des Schriftlichen Berichts des Seite unter der laufenden Nummer 588 den Rechts- Außenhandelsausschusses (17. Ausschuß) streit des dort aufgeführten Arztes von der Liste über den Entwurf einer Siebzehnten Verord- zu streichen, und zwar aus folgendem Grunde: nung über Zolltarifänderungen zur Durch- Es handelt sich hier um eine Verfassungsbe- führung des Gemeinsamen Marktes der Eu- schwerde gegen das Kassenarztrecht. In der Zwi- ropäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl schenzeit sind dem Rechtsausschuß sieben oder acht (Harmonisierte Eisen- und Stahlzölle) (Druck- weitere Verfassungsbeschwerden zugegangen, die sachen 374, 253). dort noch nicht überprüft werden konnten, von de- Der Schriftliche Bericht des Außenhandelsaus- nen aber feststeht, daß sie sich alle gegen die schusses liegt Ihnen in der Drucksache 374 vor. Be- Grundlage des Kassenarztrechtes richten. Der Rechts- richterstatter ist Herr Abgeordneter Müller (Erben- ausschuß hat deshalb beschlossen, in die grund- dorf). Wünscht der Herr Berichterstatter noch das sätzliche Überprüfung dieser Frage einzutreten, und Wort? — Das ist nicht der Fall. meint, daß es nicht gut wäre, wenn zu dieser Ver- Dann eröffne ich die Beratung. Wird das Wort ge- fassungsbeschwerde schon die Erklärung abgegeben wünscht? — Das ist nicht der Fall. würde, daß das Plenum sich in diesem Verfahren nicht äußern wolle. Der Rechtsausschuß meint, es Der Antrag des Ausschusses geht dahin, der sei richtig, alle Verfahren einheitlich dem Plenum Drucksache 253 unverändert nach der Vorlage zuzu- zu unterbreiten. stimmen. Ich bitte diejenigen, die dem Antrag ent- sprechend dem Verordnungsentwurf Drucksache 253 Infolgedessen bitte ich Sie um die Streichung der zuzustimmen wünschen, um das Handzeichen. — laufenden Nummer 588 aus dem Katalog. Danke! Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltun- gen? — Damit ist der Antrag einstimmig angenom- men. Vizepräsident Dr. Preusker: Sie haben den Antrag des Vorsitzenden des Rechtsausschusses ge- Ich rufe auf Punkt 14: hört, aus der Übersicht unter dem Punkt B, Verfas- Beratung des Schriftlichen Berichts des Aus- sungsbeschwerden, die Nr. 588 zu streichen. Wird schusses für Sozialpolitik (20. Ausschuß) über diesem Antrag auf Streichung zugestimmt? — Ich den Antrag der Abgeordneten Frau Dr. h. c. höre keine Gegenstimmen. Dann ist so beschlossen. Weber (Essen), Dr. Mommer und Genossen Wer dem Antrag auf Drucksache 392 seine Zu- betr. Gemeinsame europäische Sozialpolitik stimmung geben will, den bitte ich um das Hand- (Drucksachen 377, zu 377, 96). zeichen. — Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthal- Der Schriftliche Bericht des Abgeordneten Birkel- tungen? — Dann ist gemäß dem Ausschußantrag — bach liegt Ihnen in der Drucksache 377 vor. Wünscht unter Berücksichtigung der von Herrn Abgeordne- der Abgeordnete Birkelbach noch das Wort? — Das ten Hoogen beantragten Streichung der Nr. 588 — ist nicht der Fall. beschlossen. 1678 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Vizepräsident Dr. Preusker Ich rufe Punkt 16 auf: Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoogen Beratung des Mündlichen Berichts des Rechts- Ich nehme an, daß kein weiterer Bericht erforder- lich ist, weil aus dem Antrag des Ausschusses alles ausschusses (12. Ausschuß) über die Streit- klar hervorgeht. Wird das Wort gewünscht? — Das sache vor dem Bundesverfassungsgericht — ist nicht der Fall. Dann darf ich diejenigen Damen Antrag des Bundesrates, vertreten durch sei- und Herren, die zuzustimmen wünschen, um das nen Präsidenten, gegen den Bundespräsiden- Handzeichen bitten. — Ich bitte um die Gegen- ten auf Feststellung, daß mit der Ausfertigung probe. — Enthaltungen? — Soweit ich sehe, ein- und Verkündung des Gesetzes zur Errichtung stimmig angenommen. einer Stiftung „Preußischer Kulturbesitz" und zur Übertragung von Vermögenswerten des ehemaligen Landes Preußen auf die Stiftung Punkt 18 in der Tagesordnung: vom 25. Juli 1957 (BGBl. I S. 841) gegen Beratung des Antrags des Bundesministers Art. 82 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit den für wirtschaftlichen Besitz des Bundes Art. 78, 84 Abs. 1, 105 Abs. 3 und 135 Abs. 5 betr. Zustimmung zur Veräußerung der ehem. des Grundgesetzes verstoßen und damit der fliegertechnischen Vorschule in Bremen-He- Bundesrat in seinen ihm durch das Grund- melingen, Saarburger Straße 50-56, an die gesetz übertragenen Rechten verletzt worden Stadtgemeinde Bremen (Drucksache 381). ist (Drucksache 409). Der Ältestenrat hat Ihnen vorgeschlagen, auf Be- Berichterstatter ist Herr Abgeordneter Hoogen. gründung und Aussprache zu verzichten und den Wünschen Sie das Wort dazu? Antrag an den Haushaltsausschuß zu überweisen. — (Abg. Hoogen: Obwohl noch kein Schrift Das Wort wird nicht gewünscht. Wer dem Antrag licher Bericht vorliegt, bin ich bereit, auf auf Überweisung an den Haushaltsausschuß zuzu- einen Mündlichen Bericht zu verzichten, stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei- wenn das Hohe Haus es wünscht!) chen. — Ich danke; der Antrag ist damit überwie- sen. — Herr Abgeordneter Hoogen ist bereit, auf Erstat- tung eines Mündlichen Berichts zu verzichten, ob- wohl noch kein Schriftlicher Bericht vorliegt. — Ich rufe Punkt 19 auf: Das Haus verzichtet auf Mündlichen Bericht. Beratung des Antrags des Bundesministers Der Antrag des Ausschusses lautet: der Finanzen betr. Bundeshaushaltsrechnung für das Rech- Der Bundestag wolle beschließen: nungsjahr 1956 (Drucksache 383). In dieser Streitsache wird der Deutsche Bun- Hier liegt die gleiche Empfehlung des Ältesten- destag gemäß § 65 Abs. 1 des Gesetzes über rates — Überweisung an den Haushaltsausschuß das Bundesverfassungsgericht dem Verfahren — vor. — Das Wort wird nicht gewünscht. Ich bitte vor dem Bundesverfassungsgericht auf seiten diejenigen, die mit der Überweisung an den Haus- des Antraggegners beitreten. haltsausschuß einverstanden sind, um das Handzei- Der Bundestagsabgeordnete Hoogen wird er- chen. — Die Überweisung ist beschlossen. mächtigt, den Bundestag in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht Ich rufe Punkt 20 auf: zu vertreten. Beratung des interfraktionellen Antrags Wird das Wort gewünscht? — Das ist nicht der betr. Überweisung von Anträgen an die Aus- Fall. Ich bitte diejenigen Damen und Herren, die schüsse (Umdruck 53). dem Antrag des Ausschusses zuzustimmen wün- schen, um das Handzeichen. — Ich bitte um die Ge- Wer dem interfraktionellen Antrag auf Umdruck genprobe. — Enthaltungen? — Soweit ich gesehen 53 zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das habe, ist der Antrag gegen zwei Stimmen ange- Handzeichen. — Die Gegenprobe! — Die Überwei- nommen. - sung ist beschlossen.

Punkt 21: Ich rufe nunmehr Punkt 17 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung Beratung des Mündlichen Berichts des Rechts- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über ausschusses (12. Ausschuß) über die Streit- die Wahl der Bundesversammlung und des sache vor dem Bundesverfassungsgericht — Bundespräsidenten (Drucksache 358). Antrag der Landesregierungen von Baden- Württemberg, Hessen und Niedersachsen Die Bundesregierung hat auf Begründung ver- wegen Prüfung, ob das Gesetz zur Errich- zichtet. Der Ältestenrat schlägt vor, auf die Aus- tung einer Stiftung „Preußischer Kulturbe- sprache zu verzichten und den Entwurf an den Aus- sitz" und zur Übertragung von Vermögens- schuß für Inneres zu überweisen. — Ich sehe keine werten des ehemaligen Landes Preußen auf Wortmeldungen. Ich bitte diejenigen, die mit der die Stiftung vom 25. Juli 1957 (BGBl. I S. 841) Überweisung an den Ausschuß für Inneres einver- mit dem Grundgesetz nicht vereinbar und standen sind, um das Handzeichen. — Ich danke; daher nichtig ist (Drucksache 410). es ist so beschlossen. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1679 Vizepräsident Dr. Preusker Ich rufe Punkt 22 auf: Dann rufe ich Punkt 27 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur die Errichtung des Bundesverwaltungsamtes Aufhebung des Gesetzes über die Einschrän- (Drucksache 405. kung der Verwendung von Maschinen in der Zigarrenindustrie (Drucksache 373). Auf die Begründung wird auch hier verzichtet. Der Ältestenrat hat Verzicht auf Aussprache und Es wird Verzicht auf Begründung und Aussprache Überweisung an den Ausschuß für Inneres vorge- sowie Überweisung an den Wirtschaftsausschuß schlagen. — Ich sehe keine Wortmeldungen. Ich vorgeschlagen. — Ich sehe keine Wortmeldungen. bitte um das Handzeichen, wenn Sie mit der Über- Wer dem Vorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte weisung einverstanden sind. — Es ist so beschlos- ich um das Handzeichen. — Ich danke. Auch das ist sen. beschlossen. Punkt 23 der Tagesordnung: Ich rufe Punkt 28 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über dem Abkommen vom 10. April 1957 zwischen die Zweite Vereinbarung zur Ergänzung des der Bundesrepublik Deutschland und der Fö- Allgemeinen Abkommens zwischen der Bun- derativen Volksrepublik Jugoslawien über desrepublik Deutschland und Frankreich über den Luftverkehr (Drucksache 368). die Soziale Sicherheit und über die Fünfte Hier ist vom Ältestenrat Überweisung an den Zusatzvereinbarung über die Einbeziehung Ausschuß für Verkehr, Post- und Fernmeldewesen des Landes Berlin in das Allgemeine Abkom- vorgeschlagen. Wer damit einverstanden ist, den men nebst Briefen (Drucksache 406). bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlos- Auch hier wird Verzicht auf Begründung und Aus- sen. sprache empfohlen und die Überweisung an den Ich rufe Punkt 24 der Tagesordnung auf: Ausschuß für Sozialpolitik vorgeschlagen. Wer dem Vorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um Erste Beratung des von der Bundesregierung das Handzeichen. — Ich danke. Es ist so beschlossen. eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu dem Abkommen vom 29. August 1957 zwischen Ich rufe Punkt 29 auf: der Bundesrepublik Deutschland und den Erste Beratung des von der Bundesregierung Vereinigten Staaten von Brasilien über den eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu planmäßigen Luftverkehr (Drucksache 369). dem Internationalen Übereinkommen zur Auch hier ist Überweisung an den Ausschuß für Vereinheitlichung der Methoden zur Unter- Verkehr, Post- und Fernmeldewesen vorgeschlagen. suchung und Beurteilung von Wein (Druck- Wer der Überweisung zuzustimmen wünscht, den sache 385). bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlos- sen. Es wird Verzicht auf Begründung und Aussprache empfohlen und Überweisung an den Ausschuß für Punkt 25: Ernährung, Landwirtschaft und Forsten — feder- Erste Beratung des von der Bundesregierung führend — und an den Ausschuß für Gesundheits- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu wesen — mitberatend — vorgeschlagen. dem Abkommen vom 31. August 1957 zwi- (Abg. Dr. Hellwig: Außenhandelsausschuß!) schen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Uruguay über den Luftverkehr — Ich darf feststellen, daß keine anderen Anträge (Drucksache 370). vorliegen. Wer dem Vorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke. Es Es ist die Überweisung an den Ausschuß für Ver- ist so beschlossen. kehr, Post- und Fernmeldewesen vorgeschlagen. Wer dieser Überweisung zuzustimmen wünscht, den Dann rufe ich Punkt 30 auf: bitte ich um das Handzeichen. — Es ist so beschlos- - Erste Beratung des von den Abgeordneten sen. Dr. Kopf, Dr. Böhm, Hilbert, Probst (Freiburg) Jetzt rufe ich Punkt 26 auf: und Genossen eingebrachten Entwurfs eines Erste Beratung des von der Bundesregierung Gesetzes über die Neugliederung des Ge- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur bietsteiles Baden des Bundeslandes Baden Abkürzung handelsrechtlicher und steuer- Württemberg nach Artikel 29 Abs. 2 und 3 rechtlicher Aufbewahrungsfristen (Drucksache des Grundgesetzes (Drucksache 375). 372). Hier wird ebenfalls empfohlen, auf Begründung und Hier wird Verzicht auf Begründung und Aus- Aussprache zu verzichten. Es wird vorgeschlagen, sprache sowie die Überweisung an den Rechtsaus- den Gesetzentwurf an den Rechtsausschuß — feder- schuß — federführend — und an den Finanzaus- führend — und an den Ausschuß für Inneres — schuß — mitberatend — vorgeschlagen. — Das Wort mitberatend — zu überweisen. — Wortmeldungen wird nicht gewünscht. Wer dem Überweisungsvor- sehe ich keine. Wer dem Vorschlag zu folgen schlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich Handzeichen. — Ich danke. Es ist so beschlossen. danke. Es ist so beschlossen. 1680 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Vizepräsident Dr. Preusker Jetzt rufe ich Punkt 31 auf: Meine Damen und Herren, jetzt rufe ich noch Punkt 10 auf: Erste Beratung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Zweite und dritte Beratung des von der Bun- Änderung der Pfändungsfreigrenzen (Druck- desregierung eingebrachten Entwurfs eines sache 415). Dritten Gesetzes zur Aufhebung des Be- satzungsrechts (Drucksache 110); Empfohlen wird, auf Begründung und Aussprache zu verzichten. Es wird Überweisung an den Rechts- Erster Schriftlicher Bericht des Rechtsaus- ausschuß — federführend — und an den Ausschuß schusses (12. Ausschuß) (Drucksache 305). für Arbeit — mitberatend — vorgeschlagen. Wer (Erste Beratung 7. Sitzung.) dem Vorschlag zu folgen wünscht, den bitte ich um Dazu liegt noch ein Änderungsantrag auf Umdruck das Handzeichen. — Ich danke. Das ist beschlossen. 54 vor. Dann rufe ich Punkt 32 auf: Berichterstatterin ist die Abgeordnete Frau Dr. Schwarzhaupt. Wünscht die Berichterstatterin das Erste Beratung des von der Bundesregierung Wort? — Das ist nicht der Fall. Ich darf dann Herrn eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über Staatssekretär Strauß das Wort erteilen. die Feststellung des Wirtschaftsplans des ERP-Sondervermögens für das Rechnungsjahr 1958 (ERP-Wirtschaftsplangesetz 1958) (Druck- Dr. Strauß, Staatssekretär im Bundesministerium sache 419). für Justiz: Herr Präsident! Meine Damen und Her- ren! Ich möchte gleich zu Beginn der zweiten Be- Es wird vorgeschlagen, auf Begründung und Aus- ratung dieses Gesetzentwurfs zur Vermeidung von sprache zu verzichten und den Gesetzentwurf an Mißverständnissen und zur Ausräumung eines im den Wirtschaftsausschuß — federführend und an In- und Ausland vereinzelt aufgetretenen Verdach- den Haushaltsausschuß — mitberatend — zu über- tes folgende Erklärung für die Bundesregierung ab- weisen. Wer dem Vorschlag zu folgen wünscht, den geben. bitte ich um das Handzeichen. — Danke. Es ist so beschlossen. Wenn die Bundesregierung in ihrem Gesetzent- wurf vorschlägt, neben zahlreichen anderen Vor- Punkt 33: schriften das Gesetz Nr. 5 des Obersten Befehls- habers der Alliierten Streitkräfte, das die Auflösung Erste Beratung des von der Bundesregierung der NSDAP betraf, aufzuheben, so will sie damit eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über selbstverständlich in keiner Weise diese Rechtslage Rechte an Luftfahrzeugen (Drucksache 423). ändern oder ein Wiederaufkommen nationalsozia- Auf Begründung und Aussprache wird verzichtet. listischer Regungen auch nur im geringsten erleich- Es wird Überweisung an den Rechtsausschuß vor- tern. Die durch jenes Gesetz angeordnete Auflö- geschlagen. Wer dem Vorschlag zu folgen wünscht, sung der NSDAP und ihrer Organisationen wird den bitte ich um das Handzeichen. — Ich danke. Es selbstverständlich aufrechterhalten. Alle in der Ver- ist so beschlossen. gangenheit eingetretenen Rechtswirkungen des be- satzungsrechtlichen Gesetzes bleiben unberührt. Ich rufe jetzt Punkt 34 auf: Im übrigen möchte ich zum richtigen Verständnis Erste Beratung des von der Bundesregierung der Rechtslage und ihrer etwas komplizierten histo- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über rischen Abfolge folgendes erläuternd bemerken. Das den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland bereits bei der ersten Besetzung deutschen Gebiets, zu dem Abkommen vom 19. Juni 1948 über also im Jahre 1944, erlassene Gesetz Nr. 5, das die die internationale Anerkennung von Rechten Bundesregierung nunmehr zur formellen Aufhe- an Luftfahrzeugen (Drucksache 424). bung vorgeschlagen hat, war bereits durch das am 10. Oktober 1945 vom Kontrollrat erlassene Gesetz Auch hier wird auf Begründung und Aussprache Nr. 2 über Auflösung bzw. Liquidierung der Nazi- verzichtet. Es wird Überweisung an den Rechtsaus- organisationen, das denselben Inhalt und weitge- schuß vorgeschlagen. Wer diesem Vorschlag zuzu- hend denselben Wortlaut wie das Gesetz Nr. 5 stimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. hatte, aber umfassender war und im gesamten be- — Danke. Es ist so beschlossen. setzten Gebiet galt, praktisch ersetzt worden, wenn es auch nicht ausdrücklich aufgehoben wurde. Das Punkt 35: Kontrollratsgesetz Nr. 2 wiederum wurde von den Erste Beratung des von der Bundesregierung westlichen Besatzungsmächten selbst durch das Ge- eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zu setz Nr. 16 der Alliierten Hohen Kommission auf- dem Übereinkommen über die Geltend- gehoben. Entschuldigen Sie die lange Aufzählung. machung von Unterhaltsansprüchen im Aus- Die Dinge sind etwas kompliziert. Aber sie tragen, land (Drucksache 425). glaube ich, dazu bei, das Mißverständnis zu besei- Auch hier wird empfohlen, auf Begründung und tigen. Aussprache zu verzichten und den Gesetzentwurf an Wenn später dieses Gesetz Nr. 16 zwar das Kon- den Rechtsausschuß zu überweisen. Wer dem Vor- trollratsgesetz Nr. 2, nicht aber ausdrücklich das schlag zuzustimmen wünscht, cien bitte ich um das fast Bleichlautende frühere Gesetz Nr. 5 des Ober- Handzeichen. — Danke. Es ist so beschlossen. sten Befehlshabers der Alliierten Streitkräfte auf- Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1681 Bundesverteidigungsminister Strauß hob, so konnte der Grund hierfür nur der sein, daß Ich bitte daher das Hohe Haus, dem Regierungs- die Besatzungsmächte selbst davon ausgingen, daß entwurf in der vom Rechtsausschuß vorgelegten das Gesetz Nr. 5 durch das Gesetz Nr. 2 des Kon- Fassung seine Zustimmung zu geben. trollrats sachlich überholt war. Auch eine Notwen- (Beifall.) digkeit, das Gesetz Nr. 5 wegen der darin enthal- tenen Strafvorschrift aufrechtzuerhalten, bestand nicht, da das Gesetz Nr. 16 eigene Strafvorschriften Vizepräsident Dr. Preusker: Meine Damen einschließlich der Androhung lebenslänglicher Frei- und Herren, Sie haben die Erklärung des Herrn heitsstrafen enthielt. Dieses Gesetz Nr. 16 wieder- Staatssekretärs gehört. Ich eröffne die zweite Be- um ist später durch das letzte Gesetz der Alliierten ratung und rufe auf den § 1. Zu § 1 liegt Ihnen auf Hohen Kommission A 38 vom 5. Mai 1955 aufge- Umdruck 54 der Änderungsantrag der Fraktion der hoben worden, weil auch westliche Besatzungs- SPD vor, in der Anlage 1 (zu § 1) den Abschnitt B mächte davon überzeugt waren, daß die bestehen- zu streichen. Frage an die Antragsteller: wird das den und geltenden deutschen Rechtsvorschriften ge- Wort zur Begründung gewünscht? — Herr Abgeord- nügen, jeder Gefahr eines Wiederauflebens natio- neter Wittrock! nalsozialistischer Tätigkeit wirksam entgegentreten zu können. Sie können mir glauben, daß die Bundes- Wittrock (SPD) : Herr Präsident! Meine Damen regierung auch nicht den kleinsten Finger dazu her- und Herren! Die sozialdemokratische Bundestags- geben würde, um etwaigen unverbesserlichen Nazi fraktion ist der Auffassung, daß das Gesetz Nr. 5 sten ihr Handwerk zu erleichtern. Das Gesetz Nr. 5 des Obersten Befehlshabers der Alliierten Streit- wäre aber — und das scheint mir wichtig zu sein — kräfte aus dem Katalog im Anhang zu dem vorlie- für die Bekämpfung solcher Bestrebungen völlig genden Gesetzentwurf gestrichen werden sollte. unbrauchbar, schon deshalb, weil die darin enthal- Dabei möchte ich feststellen, daß in diesem Hohen tene Strafbestimmung ausdrücklich die Ausübung Hause bezüglich der Einschätzung der Rechtslage der Strafgerichtsbarkeit den Gerichten der Militär- keine Meinungsverschiedenheiten bestehen. Auch regierung zuweist, die Strafdrohung selbst völlig die sozialdemokratische Bundestagsfraktion ist der unbestimmt ist und das Strafmaß vollkommen in Meinung, daß die Aufnahme oder Nichtaufnahme das Ermessen der Militärregierungsgerichte stellt, dieses Gesetzes des Obersten Befehlshabers der einschließlich der ausdrücklich angedrohten Todes- Alliierten Streitkräfte in den Katalog aufzuhebender strafe, die in Widerspruch zu unserem Grundgesetz Vorschriften an der Rechtslage nichts verändert. Die steht. nationalsozialistische Partei ist verboten, und sie Demgegenüber glaube ich feststellen zu dürfen, bleibt auch dann verboten, wenn das Gesetz Nr. 5 daß die einschlägigen Bestimmungen unseres deut- aus dem Katalog herausgestrichen wird. Die Vor- schen Rechts in jeder Beziehung ausreichend sind. schriften des deutschen Rechts — ich möchte das Art. 9 Abs. 2 des Grundgesetzes verbietet jede Ver- ausdrücklich feststellen, um hier in aller Klarheit einigung, deren Zweck oder deren Tätigkeit sich zu betonen, was in diesem Hause zu diesem Punkte gegen die verfassungsmäßige Ordnung richtet, und unstreitig ist —, die Vorschriften sowohl des Grund- damit selbstverständlich auch jeden Zusammen- gesetzes wie auch unseres Strafgesetzbuches, bieten schluß auf einer nationalsozialistischen Grundlage. eine ausreichende Grundlage für die Bekämpfung Die §§ 90 a und 93 des Strafgesetzbuches genügen etwaiger nationalsozialistischer Bestrebungen. Die vollständig, jeden Versuch zur Gründung national- Bildung einer nationalsozialistischen Partei ist unzu- sozialistischer Vereinigungen zu unterbinden. Par- lässig und damit verboten. teien mit einer derartigen Zielsetzung werden nach Art. 21 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 90 a Aber, meine Damen und Herren, neben der Un- des Strafgesetzbuches genauso verboten werden wie tersuchung der Rechtslage haben wir uns nach Auf- jede andere verfassungswidrige Partei. Das ist bei fassung meiner Fraktion die politische Optik, die der SRP bekanntlich schon geschehen. den Akten dieses Parlaments zukommt, zu über- Die formelle Aufhebung des Gesetzes Nr. 5, das legen. Dieses Parlament befaßt sich im Zusammen- praktisch bereits seit 1945 überholt und ohne Bedeu- hang mit der Behandlung dieses Punktes mit einem tung ist, dient ausschließlich der Bereinigung des außerordentlich delikaten Problem. Ich bin über- in Deutschland geltenden Rechts. Das Ziel aller- un- zeugt und wir Sozialdemokraten sind überzeugt, serer Gesetze zur Aufhebung des Besatzungsrechts daß alle Mitglieder dieses Hauses die Rechtslage ist die Wiederherstellung einer Rechtsordnung, die richtig einschätzen. Aber es mögen Zweifel darüber allein auf deutschen Gesetzen beruht. Der Gesetz- bestehen, ob Einmütigkeit hinsichtlich der Würdi- entwurf, der Ihnen vorliegt und der schon im 2. Bun- gung der politischen Situation und gewisser innen- destag eingebracht und im Bundesrat seinerzeit ein- politischer Tendenzen besteht. Es ist eine nicht zu gehend beraten worden ist, ist insoweit bisher nie- leugnende Tatsache mals beanstandet worden, bis in Pressemeldungen (Unruhe und Zurufe rechts) aus Pankow verbreitet wurde, die Bundesregierung — meine Damen und Herren, ich sage das hier in beabsichtige, die Auflösung der NSDAP rückgängig aller Ruhe und Gelassenheit, und Sie brauchen sich zu machen. Wir brauchen uns aber aus Pankow nicht aufzuregen —, es ist eine nicht hinwegzudis- nicht darüber belehren zu lassen, wie wir unsere kutierende Tatsache, die ich hier feststellen möchte: Verfassung zu schützen haben, und wir sind der An- es gibt in der Bundesrepublik, nicht in irgendeinem sicht, daß wir hierzu auch nicht der Krücken eines massiv in Erscheinung tretenden Maße, aber in Besatzungsrechts aus dem Jahre 1944/45 bedürfen. einem spürbaren Umfang, Tendenzen neofaschisti- 1682 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 Wittrock schen Charakters, und wir sind überzeugt, daß diese der umgekehrten Meinung wie Sie. Ich glaube, nach Leute die Rechtslage nicht so einschätzen, wie Sie den Erklärungen, die die Bundesregierung soeben alle, meine Damen und Herren, es tun. Der Akt abgegeben hat, kann in Deutschland aber auch wirk- des Parlaments, das hier in Betracht kommende Ge- lich der Dümmste, von dem Sie sprechen, keinen setz Nr. 5 in der Liste der aufzuhebenden Gesetze Zweifel daran haben, daß die vorgesehene Maß- beizubehalten, würde für diese Leute ein symbo- nahme, die Bereinigung des Besatzungsrechts, auch lischer Akt sein, und wir meinen, dieses Hohe in bezug auf das Gesetz Nr. 5 nicht die Bedeutung Haus sollte einen solchen Eindruck vermeiden. Die- haben soll und kann, daß etwa grünes Licht für ein ses Hohe Haus sollte eine jede Mißdeutung bei all Wiederaufleben der NSDAP gegeben werde. Ich denen, die die Rechtslage unzutreffend einschätzen, glaube außerdem, daß die rechtsradikalen Kreise, vermeiden. Das Hohe Haus sollte eine jede Miß- an die Herr Wittrock denkt, schon bisher gemerkt deutung im Inland und auch im Ausland vermeiden. haben müssen, daß das deutsche Recht zu ihrem Deshalb meinen wir, an diesem Punkt, nämlich Verbot ausreicht; denn die bisher ergangenen Ur- an dem Gesetz Nr. 5 des alliierten obersten Be- teile, z. B. das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, fehlshabers, sollten wir nicht rühren, auch aus das die SRP für verfassungswidrig erklärt, stützen Gründen der politischen Optik. Ein Beschluß des sich ja auch nur auf dieses deutsche Recht und Parlaments, ein Akt dieses Hohen Hauses, soweit brauchten bereits das Gesetz Nr. 5, um dessen Auf- es sich um einen Akt im Bereich der Ausübung rechterhaltung Sie sich bemühen, nicht. Jedem muß der gesetzgebenden Gewalt handelt, ist geeignet, schon bisher klargeworden sein, daß wir das Besat- unser Normensystem zu ändern, und wirkt bereini- zungsrecht in Deutschland nicht mehr brauchen, gend. Wir erkennen hinsichtlich des übrigen Inhalts um klarzustellen, daß die NSDAP eine verbotene, des vorliegenden Gesetzentwurfs durchaus an, daß eine erloschene, eine überhaupt nicht mehr vorhan- hier eine bereinigende Wirkung angestrebt und er- dene Partei ist und daß jeder Versuch, sie wieder- zielt wird. Aber neben der Veränderung und Be- erstehen zu lassen, verboten und unzulässig ist. einflussung unseres Normensystems hat ein jeder Wie mir scheint, sprechen aber auch andere Gründe Akt des Parlaments auch eine symbolische Bedeu- der Optik, vielleicht auch der Symbolik, dafür, das tung, und wir Sozialdemokraten sind der Auffas- Besatzungsrecht zu bereinigen; denn es muß uns sung, daß wir uns gerade im Hinblick auf die Dum- darauf ankommen, nun endgültig deutlich zu machen, men und die Blinden draußen im Lande die sym- daß es nicht auf dem Willen der Besatzungsmächte, bolische Wirkung und die symbolische Bedeutung sondern auf dem Willen des deutschen Volkes be- eines solchen Beschlusses, nämlich die Aufhebung ruht, daß die NSDAP verboten ist und nicht wie- gerade dieses Gesetzes, sehr wohl überlegen soll- dergegründet wird. ten. (Beifall bei der CDU/CSU und bei der FDP.) Aus diesen sachlichen Überlegungen hat die so- Ich glaube, diese Optik und diese symbolische Seite zialdemokratische Bundestagsfraktion den Antrag der Streichung ist die wichtigere. Auf sie sollte es Umdruck 54 gestellt. Dieses Gesetz Nr. 5 des alli- uns entscheidend ankommen. ierten obersten Befehlshabers ist eine Art Grabmal. Es ist ein Grabmal, das am Ende einer unheilvollen Zum Schluß habe ich noch eine Frage an die So- zialdemokratie. Wie weit soll eigentlich die optische und verderblichen Entwicklung steht. An diesem Aufrechterhaltung des Gesetzes gehen? Wollen Sie Grabmal sollten wir als deutscher Gesetzgeber nicht etwa auch aus optischen Gründen die Todesstrafe, rühren. Deshalb bitten wir Sie um die Zustimmung die in diesem Gesetz vorgesehen ist, aufrecht- zu unserm Antrag Umdruck 54. erhalten? Das wollen Sie doch wahrscheinlich selber (Beifall bei der SPD.) nicht! (Beifall bei der CDU/CSU und der FDP. — Vizepräsident Dr. Preusker: Meine Damen Abg. Dr. Arndt: Das sind doch dumme und Herren! Sie haben die Begründung des Herrn Witze, die Sie machen! — Oho-Rufe von Abgeordneten Wittrock gehört. der Mitte und rechts. — Abg. Dr. Arndt: Zum Wort hat sich Frau Abgeordnete Dr. Schämen Sie sich! Dumme Witze sind das! Schwarzhaupt gemeldet. — Zurufe von der Mitte und rechts.)

Frau Dr. Schwarzhaupt (CDU/CSU) : Herr Prä- Vizepräsident Dr. Preusker: Einen Augen- sident! Meine Damen und Herren! Ich stelle zu- blick, Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren, nächst mit Freude fest, daß Herr Wittrock, die wir sind bei einem Thema, das sehr ernst ist und Sozialdemokratische Partei und wir uns darüber in unserem Volk immer wieder sehr ernste Gefühle einig sind, daß rechtliche Gründe nicht für den Än- erweckt. Ich bitte trotzdem jeden der Damen und derungsantrag der SPD sprechen. Ich bin auch be- Herren, dabei die gebotene Ruhe und den Ernst zu reit, Ihnen insoweit entgegenzukommen, als ich bewahren. Ich glaube nicht, daß der Ausdruck, der sagen würde, von der Rechtslage aus gesehen dem Abgeordneten Dr. Arndt soeben entschlüpft würde er auch nicht schaden. ist, ihm bei einem anderen Gegenstand entfahren Unsere Meinungsverschiedenheiten beziehen sich wäre. auf die Optik. Es ist ja an sich eine etwas seltsame (Abg. Dr. Arndt: Es ist doch empörend, was Situation, daß man sich über eine rechtliche Maß- daraus gemacht wird! — Weitere Zurufe nahme vom Gesichtspunkt der Optik her unterhält. von der SPD.) In bezug auf diese Optik sind wir allerdings genau Herr Abgeordneter Bucher! Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1683

Dr. Bucher (FDP) : Herr Präsident! Meine Damen § 3 entfällt. und Herren! Wir sollten diese Auseinandersetzung Ich rufe auf § 4 in der ursprünglichen Fassung des nicht mit Schärfen belasten. Erfeulicherweise hat Regierungsentwurfs, der der 12. Ausschuß zuge- auch niemand im Hause behauptet, er sei mehr oder stimmt hat. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich weniger für das Wiederentstehen der NSDAP. um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegen- Es geht doch eigentlich nur um psychologische probe. — Enthaltungen? — Offensichtlich bei we- und optische Momente, wie gesagt wurde. Vom nigen Enthaltungen angenommen. rechtlichen Standpunkt aus ist die Sache klar. Das ist in dem Bericht der Frau Kollegin Dr. Schwarz- Ich rufe auf § 5 in der Fassung der Beschlüsse des haupt sehr überzeugend dargelegt. Auch die ge- 12. Ausschusses. Wer zuzustimmen wünscht, den schichtliche Entwicklung, wie sie uns der Herr bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Staatssekretär geschildert hat, gibt die Rechtslage Gegenprobe. — Enthaltungen? — Offensichtlich bei klar wieder, aber ich darf das vielleicht noch etwas wenigen Enthaltungen angenommen. ergänzen. Das Gesetz Nr. 5 enthält zweierlei, erstens Ich rufe auf § 6 in der Fassung des Rechtsaus- einen Verwaltungsakt, der die NSDAP aufgelöst schusses. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich hat. Durch ihn ist sie aufgelöst und bleibt um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegen- aufgelöst. Der Verwaltungsakt ist damit konsumiert probe. — Enthaltungen? — Offensichtlich einstim- und kann also nicht wiederaufgehoben 'oder per- mig angenommen. petuiert werden. Er ist erledigt. Zweitens enthält das Gesetz das Verbot, die NSDAP wieder zu be- Ich rufe auf § 7 in der Fassung der Beschlüsse des gründen. Daß wir dieses Verbot in einem Besatzungs- Rechtsausschusses. Wer zuzustimmen wünscht, den gesetz nicht mehr brauchen, ist, wie gesagt, von bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — den Vorrednern sehr deutlich gemacht worden. Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Ich rufe auf § 7 a. Wer zuzustimmen wünscht, den Wir sollten hier gar nicht so sehr gesetzesperfek- bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — tionistisch denken. Ich gebe dem, was der Kollege Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. Wittrock gesagt hat, in der Grundtendenz recht. Aber meiner Ansicht nach hätte es sogar nicht ein- § 8 entfällt. mal des Gesetzes Nr. 5 bedurft; denn so deutlich hat Ich rufe auf § 8 a. Wer zuzustimmen wünscht, den sich vor der Geschichte doch noch nie eine politische bitte ich um das Handzeichen. — Gegenprobe! — Partei aufgelöst, wie sich die NSDAP selbst aufge- Enthaltungen? — Einstimmig angenommen. löst hat. Wenn wir glaubten mit Gesetzen allein den Befürchtungen Rechnung tragen zu können, die § 9. Wer zuzustimmen wünscht, den bitte ich um der Kollege Wittrock vorgetragen hat, wären wir das Handzeichen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? auch auf dem Holzwege. Außerdem haben wir die — Einstimmig angenommen. Gesetze. Das ist hier im Bericht ausführlich zum Ich rufe auf Einleitung und Überschrift. Wer zu- Ausdruck gebracht. zustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzei- Wir sehen deshalb keine Notwendigkeit, ent- chen. — Gegenprobe! — Enthaltungen? — Ange- sprechend dem Antrag der SPD den Abschnitt B nommen. hier aus dem Anhang 1 auszuklammern. Damit ist die zweite Beratung geschlossen. (Beifall bei der FDP.) Ich rufe auf die dritte Beratung Vizepräsident Dr. Preusker: Wird das Wort weiter gewünscht? Ich sehe, daß das nicht der Fall des Entwurfs eines Dritten Gesetzes zur Aufhebung ist. Dann bitte ich diejenigen, die dem Änderungs- des Besatzungsrechts. Wird das Wort gewünscht? antrag der Fraktion der SPD Umdruck 54 zuzustim- Das ist nicht der Fall. men wünschen, um das Handzeichen. — Ich bitte Dann bitte ich diejenigen Damen und Herren des um die Gegenprobe. — Das letzte ist die Mehrheit; Hauses, die diesem Gesetzentwurf zuzustimmen der Antrag ist abgelehnt. wünschen, sich zu erheben. — Danke. Ich bitte um die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Das Gesetz Dann rufe ich zur Abstimmung über § i in der ist mit großer Mehrheit bei wenigen Gegenstim- Fassung der Beschlüsse des 12. Ausschusses auf. men und mehreren Enthaltungen angenommen. Wer dieser Fassung zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um die Gegen- Damit sind wir am Schluß der heutigen Tages- probe. — § 1 ist in dieser Fassung angenommen. ordnung angelangt. Ich rufe § 2 in der Fassung der Beschlüsse des Ich berufe die 31. Sitzung des Deutschen Bundes- 12. Ausschuss auf. Wer zuzustimmen wünscht, tages auf Freitag, den 13. Juni 1958, 9 Uhr, ein. den bitte ich um das Handzeichen. — Ich bitte um Die Sitzung ist geschlossen. die Gegenprobe. — Enthaltungen? — Soweit ich sehe, gegen ganz wenige Stimmen angenommen. (Schluß: 21.17 Uhr.)

Deutscher Bundestag - 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1685

Anlagen zum Stenographischen Bericht

Anlage 1 b) Urlaubsanträge Liste der beurlaubten Abgeordneten Graf Adelmann 30. 6. Frau Berger-Heise 30. 6. Abgeordneter) beurlaubt bis einschließlich Burgemeister 3. 7. a) Beurlaubungen Dr. Furler 21. 6. Häussler 30. 6. Dr. Bärsch 15. 6. Mensing 28. 6. Berger 13. 6. Dr. Preiß 30. 6. Bergmann 13. 6. Ramms 21. 6. Birkelbach 13. 6. Ruf 30. 6. Dr. Birrenbach 14. 6. Sander 20. 6. Demmelmeier 13. 6. Schoettle 19. 7. Deringer 13. 6. Siebel 20. 6. Döring (Düsseldorf) 13. 6. Etzenbach 13. 6. Frehsee 13. 6. Anlage 2 Drucksache 380 Dr. Frey 21. 6. Gaßmann 21. 6. Schriftlicher Bericht Geiger (München) 14. 6. des Ausschusses für den Lastenausgleich (15. Aus- 13. 6. Dr. Gossel schuß) über den von der Bundesregierung einge- Hackethal 13. 6. brachten Entwurf eines Neunten Gesetzes zur Än- Dr. Dr. Heinemann 13. 6. derung des Lastenausgleichsgesetzes (9. ÄndG LAG) 13. 6. Hübner (Drucksache 324) Illerhaus 13. 6. Jahn (Marburg) 14. 6. Berichterstatter: Abgeordneter Dr. Hesberg 13. 6. Kalbitzer Mit dem Entwurf eines Neunten Gesetzes zur 13. 6. Dr. Kempfler Änderung des Lastenausgleichsgesetzes hat sich 14. 6. Frau Dr. Kuchtner der Ausschuß für den Lastenausgleich am 8. Mai Kühlthau 16. 6. 1958 befaßt. Er hat dabei der Vorlage zugestimmt Kunze 15. 6. und ist damit der Begründung der Bundesregierung Leber 13. 6. für den Gesetzentwurf gefolgt, daß die im § 116 Lenz (Brühl) 13. 6. LAG enthaltenen Voraussetzungen für die Einräu- Frau Dr. Dr. h. c. Lüders 30. 6. mung von Befriedigungsvorrechten vor der öffent- Marx 16. 6. lichen Last der Hypothekengewinnabgabe einer ge- Frau Meyer-Laule 14. 6. wissen Erweiterung bedürfen, namentlich dann, Müller-Hermann 14. 6. wenn mit Gebäudeinstandsetzungen gewisse Ver- Nieberg 13. 6. besserungen des Gebäudes verbunden sind. Der Frau Niggemeyer 12. 7. Oetzel 13. 6. Ausschuß hält es ferner auch für geboten, die Ollenhauer 14. 6. schnelle Durchführung von Kreditprogrammen der Frau Dr. Pannhoff 14. 6. öffentlichen Hand durch eine generelle Einräumung Pietscher 16. 6. des Befriedigungsvorrechts im Wege der Rechts- Frau Pitz-Savelsberg 15. 6. verordnung zu ermöglichen, selbst wenn damit in Pütz 13. 6. einzelnen Fällen eine geringfügige Gefährdung der Rasch 25. 6. Interessen des Lastenausgleichs verbunden sein Frau Dr. Rehling 13. 6. könnte. Der Ausschuß geht dabei allerdings auch Dr. Schellenberg 14. 6. von der Erwartung aus, daß durch solche Kredit- Scheppmann 13. 6. programme die Ertragsgestaltung der Grundstücke, Dr. Schmid (Frankfurt) 13. 6. für die das Befriedigungsvorrecht gewährt wird, Dr. Schranz 13. 6. günstig beeinflußt werden und daß durch Rechts- Spies (Brücken) 13. 6. verordnungen jeweils nur für solche Kreditpro- Dr. Starke 13. 6. gramme allgemein ein Befriedigungsvorrecht ein- Stauch 13. 6. geräumt wird, bei denen auf die Interessen des Dr. Storm (Duisburg) 13. 6. Ausgleichsfonds entsprechend Rücksicht genommen Storm (Meischenstorf) 13. 6. wird. Sträter 30. 6. Der Ausschuß hat daher beschlossen, dem Ple- Struve 30. 6. num des Deutschen Bundestages zu empfehlen, den Dr. Wahl 13. 6. Gesetzentwurf ohne Änderung anzunehmen. Frau Dr. h. c. Weber (Essen) 13. 6. Dr. Weber (Koblenz) 13.6. Bonn, den 8. Mai 1958 Wehner 14. 6. Weimer 17. 6. Dr. Hesberg Dr. Winter 13. 6. Berichterstatter 1686 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Anlage 3 Drucksache 388 lose, auch alle Nebengebiete umfassende Sammlung der Rechtsvorschriften in ihrer heute gültigen Fas- Schriftlicher Bericht sung. Die Sammlung des Bundesrechts soll diese des Ausschusses für Arbeit (21. Ausschuß) über den Lücke schließen. Sie soll mit der rechtlichen Garan- von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf tie ausgestattet werden, daß die nicht in ihr ent- eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die haltenen Rechtsvorschriften auf künftige Tatbe Gewichtsbezeichnung an schweren, auf Schiffen be- stände nicht mehr anwendbar sind. förderten Frachtstücken (Drucksache 254) Die Rechtsbereinigung soll dem Gesetzgeber die Berichterstatter: Abgeordneter Behrendt Möglichkeit geben, die neue Gesetzgebung an den vorhandenen, nunmehr im gesamten Wortlaut dar- Der Bundesrat hat in seiner 189. Sitzung am gestellten Rechtszustand anzupassen und Änderun- 28. Februar 1958 gemäß Artikel 76 Abs. 2 GG be- gen und Aufhebungen eindeutig zu bestimmen. Sie schlossen, gegen den Entwurf des Gesetzes keine dient ferner der Vereinfachung der öffentlichen Einwendungen zu erheben. Der Bundestag über- Verwaltung. wies in seiner 22. Sitzung vom 16. April 1958 in erster Lesung ohne Debatte den Gesetzentwurf dem Für die Bereinigung sind zwei Gesetze vorge- Ausschuß für Arbeit zur weiteren Beratung. Der sehen. Das vorliegende erste Gesetz soll den Um- Ausschuß für Arbeit hat sich in zwei Sitzungen mit fang der Bearbeitung abgrenzen, die Grundsätze dem Gesetzentwurf befaßt. Der Verlauf und das der Bereinigung bestimmen und die in § 3 vorge- Ergebnis der Verhandlungen wird den Mitgliedern sehene Ausschlußwirkung festlegen, die der berei- des Bundestages durch den nachstehenden Bericht nigten Sammlung nach deren Abschluß zuerkannt zur Kenntnis gebracht. werden soll. Die Rechtswirkung der Sammlung muß schon jetzt bestimmt werden, weil sich nach ihrem In der Beratung wurde festgestellt, daß der § 2 Inhalt die Art der Bearbeitung richtet. Ein nach des Gesetzes über die Gewichtsbezeichnung an Vorliegen der ganzen Sammlung einzubringendes schweren, auf Schiffen beförderten Frachtstucken zweites Gesetz soll den Abschluß der Sammlung vom 28. Juni 1933 (RGBl. I S. 412) dem Internatio- feststellen (Abschlußgesetz). nalen Übereinkommen Nr. 27 über die Gewichts- bezeichnung an schweren, auf Schiffen beförderten Frachtstücken widerspricht, da das Obereinkommen II. ausnahmslos die Anbringung einer Gewichtsbe- zeichnung an jedem Frachtstück oder jedem ande- Der Ausschuß hat sich nach eingehender Beratung ren Gegenstand von 1000 kg oder mehr Bruttoge- im wesentlichen den Vorschlägen der Bundesregie- wicht vorsieht, das zu einer Beförderung zur See rung angeschlossen. Im einzelnen hat der Ausschuß oder auf Binnenwasserstraßen aufgegeben wird. folgendes beschlossen: Die Aufhebung der Ausnahmebestimmung, die sich auch auf den Arbeitsschutz günstig auswirkt, Zu §1 wurde von allen beteiligten Kreisen gebilligt. Die § 1 bestimmt den Begriff und Umfang der Be- Beifügung der negativen Saar-Klausel erübrigt sich, reinigung. In der Begriffsbestimmung des Ab- da das Gesetz auch im Saarland gelten soll. satzes 1 ist zu dem Hauptwort „Bundesrecht" das Beiwort „geltende" gestrichen worden, um nicht Bonn, den 13. Mai 1958 den Eindruck zu erwecken, daß alle in die Samm- lung aufgenommenen Vorschriften unbedingt gültig Behrendt sind. Es ist nämlich notwendig, auch Vorschriften Berichterstatter aufzunehmen, deren Geltung zweifelhaft ist. Die Wirkung der Sammlung kann nur dahingehend be- stimmt werden, daß nicht aufgenommene Vorschrif- Anlage 4 Drucksache 399 ten ihre Gültigkeit verlieren, aufgenommene jedoch, wenn sie ungültig sein sollten, nicht gültig werden Schriftlicher Bericht (vgl. § 3 Abs. 4). - des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über den von In Absatz 2 ist die Bereinigung auf den Inhalt der der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Hauptverkündungsblätter beschränkt, um die Samm- Gesetzes über die Sammlung des Bundesrechts lung von unbedeutenden Vorschriften freizuhalten. (Drucksache 278) Eine noch durchzuführende Bereinigung des Inhalts der Nebenverkündungsblätter wird durch dieses Berichterstatter: Abgeordneter Hoogen Gesetz nicht berührt. Der Rechtsausschuß hat es für richtig gehalten, von der im Absatz 2 unter Nr. 6 vorgesehenen Aufzählung der Verkündungsblätter Aufgabe der Sammlung des Bundesrechts ist es, der Länder abzusehen und dafür anstelle der Nr. 6 die seit langem verlorengegangene Übersicht über und des Satzes 2 folgende Formulierung zu wäh- den noch fortgeltenden Rechtsbestand herzustellen. len: „Zu bereinigen ist auch das in den Ländern Die bisher allein chronologische Verkündung von vor dem 7. September 1949 gesetzte Recht, soweit Rechtsvorschriften kann über den jeweils gültigen es Bundesrecht geworden ist." Von dem Grundsatz Rechtsbestand keine unmittelbare Auskunft geben. der Beschränkung auf die Hauptverkündungsblätter Es fehlt eine nach Sachgebieten geordnete, lücken kann hier abgewichen werden, weil die Länder sich Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1687

bereit erklärt haben, die Rechtsvorschriften der Ne- Neufassungen auf Grund einer Ermächtigung keine benverkündungsblätter mitzuteilen, die über Ar- neuen Rechtsquellen sind. Die Bereinigung kann tikel 123 bis 125 GG Bundesrecht geworden sind. jedoch, wie sich aus Absatz 3 ergibt, eine Neufas- Es handelt sich in erster Linie um das in den Län- sung auf Grund einer Regierungsermächtigung als dern in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis 6. September Grundlage für die Bereinigung ansehen und ist nicht 1949 verkündete Recht. Aber auch der unwahr- verpflichtet, das Zustandekommen solcher Neufas- scheinliche Fall, daß in Verkündungsblättern der sungen auf Fehler zu überprüfen. Um aber klarzu- Länder vor dem 9. Mai 1945 Rechtsvorschriften ent- stellen, daß die der Neufassung zugrunde liegenden halten sind, die als Bundesrecht weitergelten, ist Rechtsquellen von der Ausschlußwirkung der hierin eingeschlossen. Die Ausschlußwirkung der Sammlung nicht erfaßt werden, und damit die Mög- Sammlung hat für den Fall, daß Bundesrecht ge- lichkeit zu haben, evtl. Unstimmigkeiten übernom- wordene Vorschriften aus Länderverkündungsblät- mener Neufassungen zu berichtigen, ist der Halb- tern versehentlich nicht mitgeteilt werden, konsti- satz angefügt worden: „mit der Neufassung gelten tutive Bedeutung: die nicht aufgenommenen Vor- die ihr zugrunde liegenden Rechtsvorschriften als in schriften verlieren also ihre Geltung. Nach dem die Sammlung aufgenommen". Eintritt der Ausschlußwirkung der Sammlung kann dann nicht mehr auf Bundesrecht verwiesen wer- Zu § 3 den, das in Länderverkündungsblättern enthalten ist. § 3 behandelt die Wirkung der Sammlung. Wie zu § 1 Abs. 1 bereits ausgeführt, hat die Sammlung Absatz 3 enthält eine sachliche Einschränkung keine positive Rechtswirkung. Es treten jedoch der Bereinigung. Es werden Vorschriftengruppen die nicht in die Sammlung aufgenommenen Vor- von der Bereinigung — damit auch von der Aus- schriften von einem durch das Abschlußgesetz zu schlußwirkung der Sammlung — ausgenommen, die bestimmenden Tage an außer Kraft. Die Ausschuß- entweder einen eng begrenzten Personenkreis be- fassung sieht im Gegensatz zum Regierungsentwurf treffen oder eine nur beschränkte Anwendungs- davon ab, nähere Bestimmungen über den Tag des dauer haben oder einem häufigen Wechsel unter- Eintritts der Wirkung bereits jetzt zu treffen. Daher worfen sind. Die Vorschriftengruppe ist erweitert wird auch § 3 Abs. 5 entbehrlich. worden um Staatsverträge und Abkommen ein- schließlich der zu ihrer Inkraftsetzung ergangenen Die Änderung in § 3 Abs. 3 dient einer ge- naueren Bestimmung der intertemporalen Anwend- Vorschriften. Der Regierungsentwurf hatte vorge- barkeit nicht aufgenommener Vorschriften. sehen, diese Vorschriften lediglich von der Aus- schlußwirkung auszunehmen, da wegen der ver- Absatz 4 stellt ausdrücklich klar, daß die Samm- traglichen Natur eine Bestimmung, daß die nicht lung keine positive Rechtswirkung haben wird und aufgenommenen Vorschriften nicht gültig sind, nicht daß vor allem auch landesrechtliche Vorschriften hätte ausgesprochen werden können. Der Ausschuß durch die Aufnahme in die Sammlung ihren landes- hält es für zweckmäßiger, die Staatsverträge über- rechtlichen Charakter nicht verlieren. Sie trägt der haupt von der Sammlung auszunehmen. Tatsache Rechnung, daß vielfach die Frage, ob eine Anstelle der allgemein gehaltenen Nr. 5 des Re- Vorschrift Landesrecht oder Bundesrecht ist, nicht gierungsentwurfs wird die präzisere, kasuistische eindeutig geklärt werden kann und daß häufig Regelung vorgeschlagen: „Rechtsvorschriften oder Vorschriften bundes- und landesrechtlichen Inhalt Teile von solchen, die lediglich die Errichtung, Zu- haben und bei Wiedergabe nur der bundesrecht- ständigkeit, Gliederung und Aufhebung von öffent- lichen Teile nicht mehr verständlich wären. lich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stif- tungen sowie die Gebietseinteilung regeln". Damit Zu § 4 sind alle von der Bereinigung ausgenommenen Als Ausnahme von der Ausschlußwirkung bleiben Vorschriftengruppen einwandfrei abgrenzbar. Im in Abweichung von der Regierungsvorlage nur § 2 Abs. 2 ist in diesem Zusammenhang eine wei- Übergangsbestimmungen und Bestimmungen über tere Nr. 6 eingefügt. Sie besagt, daß Vorschriften, die Geltung oder Nichtgeltung von Vorschriften im wenn und soweit sie vollzogen sind, nicht in die Lande Berlin oder im Saarland erhalten. Die Staats- Sammlung aufgenommen zu werden brauchen, z. B. verträge und Abkommen sind von der Bereinigung wenn die eine Änderung oder Aufhebung anord- ausgenommen und brauchen daher nicht mehr im nende Vorschrift, deren Gültigkeit fortwirkt, im § 4 erwähnt zu werden. Ebenso war der Hinweis Text der Sammlung berücksichtigt ist. entbehrlich, daß die sonst im § 1 Abs. 3 von der Bereinigung ausgenommenen Arten von Vorschrif- Zu § 2 ten von der Ausschlußwirkung unberührt bleiben. Übergangsbestimmungen sollen, wenn sie noch we- § 2 beschreibt die Methode der Bereinigung. Die sentliche Bedeutung haben, in die Sammlung auf- in Absatz 1 erwähnte Zusammenarbeit mit den genommen, im übrigen weggelassen werden. Da Ländern besteht bereits. Sie dient vor allem der Er- nicht immer übersehen werden kann, ob Über- fassung des in den Ländern erlassenen, als Bundes- gangsbestimmungen noch Bedeutung haben, wer- recht fortgeltenden Rechts. den vorsorglich alle Übergangsbestimmungen von Bei dem Katalog der nicht aufzunehmenden Vor- der Ausschlußwirkung ausgenommen. Bestimmun- schriften ist unter Nr. 3 des Regierungsentwurfs das gen über die Geltung im Lande Berlin oder im Wort „neugefaßt" herausgenommen worden, da Saarland sind häufig der einzige, bei der Bereini- 1688 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 gung noch übrigbleibende Inhalt von Änderungs- 12. März 1958 an den Ausschuß für Verkehr, Post- vorschriften, die in andere Vorschriften eingearbei- und Fernmeldewesen überwiesen. tet sind. Sie werden von der Ausschlußwirkung aus- Der Ausschuß hat den Entwurf in seiner 15. Sit- genommen, um zu vermeiden, daß sie nur wegen zung vom 8. Mai 1958 beraten und einstimmig be- der Berlin- und Saar-Klausel nach besonders in die schlossen, dem Bundestag die unveränderte An- Sammlung aufgenommen werden müssen. nahme des Entwurfs zu empfehlen. Das in Den Haag am 28. September 1955 unterzeichnete Proto- Zu § 5 koll ändert das in Warschau am 12. Oktober 1929 Der Ausschuß hat sich eingehend mit der Frage (RGBl. 1933 II S. 1039) geschlossene Abkommen zur befaßt, ob bereits in diesem Gesetz der Bundes- Vereinheitlichung von Regeln über die Beförde- rung im internationalen Luftverkehr. Es enthält Be- minister der Justiz ermächtigt werden soll, die stimmungen über die Beförderungsdokumente und Sammlung auch nach dem Abschlußtag durch Über- über die Haftung im internationalen Luftverkehr. sichten über die späteren Änderungen oder durch Bekanntmachung des geltenden Wortlautes von Es ändert und ergänzt § 29 h des Luftverkehrs- gesetzes in der Fassung vom 26. Januar 1943 Vorschriften zu ergänzen. Er ist der Auffassung, daß die einmal hergestellte Ordnung im Verkün- (RGBl. I S. 69) und das sogenannte Warschauer Abkommen vom 12. Oktober 1929. Da das Abkom- dungswesen laufend aufrechterhalten werden soll. Gegenstände der Bundesgesetzgebung be- Die Bundesgesetzgebung ist in steter Entwicklung men rührt, ist gemäß Artikel 59 Abs. 2 Satz 1 GG die begriffen. Die Sammlung würde schon bald nach Zustimmung des Bundestages erforderlich. ihrem Erscheinen wieder veralten, wenn sie nicht laufend sachgebietsweise ergänzt würde. Eine Er- Nach geltendem deutschem Recht sind die Vor- gänzung durch einen Fundstellennachweis ist, wie schriften über den innerstaatlichen und den zwi- die Erfahrung gezeigt hat, nicht ausreichend, um schenstaatlichen Lufttransport einander angegli- den Überblick zu erhalten und um festzustellen, ob chen (§§ 29 a bis 29 f des Luftverkehrsgesetzes). Da und in welcher Fassung eine Bestimmung gilt. Nur das Protokoll Regeln des zwischenstaatlichen Ver- eine lesbare, also im Text vorliegende Darstellung kehrs ändert, werden auch die Vorschriften über der Sachgebiete gewährleistet die Erhaltung der den innerstaatlichen Verkehr zu ändern bzw. an- zuverlässigen Kenntnis des geltenden Rechts. Der zupassen sein. Da aber zum Inkrafttreten des Pro- Ausschuß hat daher beschlossen, diese Vorschrift tokolls 30 Ratifikationen erforderlich sind (Artikel des Regierungsentwurfs aufzunehmen. Der Auf- XXII Abs. 1), hat die Bundesregierung davon abge- wand, die Sammlung auf dem laufenden zu erhal- sehen, jetzt schon einen Entwurf zur Änderung der ten, ist im Verhältnis zu dem Aufwand für eine §§ 29 a bis 29 f des Luftverkehrsgesetzes vorzu- sonst bald wieder notwendig werdende erneute Be- legen. reinigung denkbar gering. Der Ausschuß schlägt da- her vor, die Weiterführung der Sammlung in Sach- Bonn, den 8. Juni 1958 gebieten schon jetzt gesetzlich sicherzustellen. Eisenmann Berichterstatter Zu § 6 Die übliche Berlin-Klausel ist auf Antrag des Bundesrates eingefügt. Anlage 6 Drucksache 427

Bonn, den 16. Mai 1958 Schriftlicher Bericht Hoogen des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmelde- wesen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Ge- Berichterstatter setzes zu dem Abkommen vom 22. Mai 1957 zwi- schen der Bundesrepublik Deutschland und dem Australischen Bund über den Luftverkehr (Druck- Anlage 5 Drucksache 426 sache 221)

Schriftlicher Bericht Berichterstatter: Abgeordneter Schulze-Pellengahr des Ausschusses für Verkehr, Post- und Fernmelde- Nach Rückerlangung der Lufthoheit wurde im wesen (23. Ausschuß) über den Entwurf eines Ge- Rahmen der von der Bundesrepublik mit auslän- setzes zu dem Protokoll zur Änderung des Abkom- dischen Staaten abgeschlossenen zweiseitigen Luft- mens zur Vereinheitlichung von Regeln über die verkehrsabkommen am 22. Mai 1957 in Bonn das Beförderung im internationalen Luftverkehr (Druck- Abkommen mit dem Australischen Bund unter- sache 220) zeichnet. Inhaltlich entspricht es den schon früher von der Bundesrepublik Deutschland auf dem Ge- Berichterstatter: Abgeordneter Eisenmann biete des internationalen Luftverkehrs abgeschlos- Der Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll zur senen Vereinbarungen und regelt die den Vertrags- Änderung des Abkommens zur Vereinheitlichung partnern zustehenden Flugrechte. Entsprechend der von Regeln über die Beförderung im internatio- zwischenstaatlichen Praxis hatte bereits das Deut- nalen Luftverkehr — Drucksache 220 — wurde in sche Reich zweiseitige Luftverkehrsabkommen ab- der 16. Sitzung des Deutschen Bundestages vom geschlossen, die jedoch inzwischen veraltet sind. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1689

Die den beiden Vertragsstaaten zustehenden Ver- Ziel des Antrages ist es, sicherzustellen, daß die kehrsrechte ergeben sich aus Artikel 2 des Abkom- Arbeiten des Europarates auf dein Gebiet der So- mens und einem durch diplomatischen Notenwech- zialpolitik energisch vorwärts getrieben werden. sel vereinbarten Fluglinienplan. Danach können Dabei sollen sich die verantwortlichen Minister der australische Luftverkehrsunternehmen auf verein- Mitgliedstaaten selbst einschalten, wenn die natio- barten Luftlinien Frankfurt (Main) und deutsche nalen Auffassungen durch Kompromißlösungen ein- Unternehmen unter den gleichen Umständen Sydney ander angeglichen werden müssen, um zu gemein- anfliegen. samen Grundlagen zu kommen. Die Abhaltung Der Ausschuß hat in seiner 15. Sitzung am 8. Mai regelmäßiger Konferenzen der Sozialminister der 1958 den obigen Gesetzentwurf beraten und ihm Mitgliedstaaten könnte auf diese Weise eine beson- einstimmig zugestimmt. dere Bedeutung gewinnen. Die Konferenzen sollten nur dann stattfinden, wenn ganz bestimmte Pro- Bonn, den 4. Juni 1958 blemstellungen klar herausgearbeitet sind und in die Tagesordnung aufgenommen werden können. Schulze-Pellengahr Der Vertreter der Bundesregierung gab zu erken- Berichterstatter nen, daß auch die Bundesregierung ein solches Vor- gehen als nützlich ansieht. Beim Europarat sind die Vorarbeiten für eine Anlage 7 Drucksache 374 europäische Sozialcharta und einen europäischen Kodex der sozialen Sicherheit soweit gediehen, daß Schriftlicher Bericht in absehbarer Zeit mit konkreten Vertragstexten des Außenhandelsausschusses (17. Ausschuß) über gerechnet werden kann. Die europäische Sozial- den Entwurf einer Siebzehnten Verordnung über charta hat zum Ausgangspunkt die Überlegung, Zolltarifänderungen zur Durchführung des Gemein- man müsse die europäische Konvention der Men- samen Marktes der Europäischen Gemeinschaft für schenrechte und Grundfreiheiten ergänzen durch Kohle und Stahl (Harmonisierte Eisen- und Stahl- ein ähnliches Abkommen, das sich auf die sozialen, zölle) (Drucksache 253) wirtschaftlichen und kulturellen Rechte beziehe, „um den europäischen Völkern die Möglichkeit zu Berichterstatter: Abgeordneter Müller (Erbendorf) gehen, unter menschenwürdigen Bedingungen und Der Außenhandelsausschuß hat sich in seiner frei von Furcht und Not zu leben". In einem sol- Sitzung vom 7. Mai 1958 mit dem Entwurf einer chen Abkommen sollten die sozialpolitischen Ziele Siebzehnten Verordnung über Zolltarifänderungen festgelegt werden, die in den Mitgliedstaaten zu zur Durchführung des Gemeinsamen Marktes der verfolgen wären. Nachdem in der Beratenden Ver- Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl sammlung der deutliche Wille einer überwiegenden (Harmonisierte Eisen- und Stahlzölle) — Druck- Mehrheit zu erkennen war, dieser Charta nicht sache 253 — befaßt; er hat sich der Begründung bloß deklamatorischen Wert zu geben, sondern eine der Bundesregierung angeschlossen und einstimmig Reihe von ganz bestimmten, die Regierungen der dem Verordnungsentwurf zugestimmt. Mitgliedstaaten unmittelbar bindenden Vorschriften aufzunehmen und ein europäisches Organ vorzu- Bonn, den 8. Mai 1958 sehen, das die Einhaltung der Verpflichtungen und ihren weiteren Ausbau ständig zu überwachen Müller (Erbendorf) hätte, traten die nicht geringen Schwierigkeiten Berichterstatter erst richtig in Erscheinung. Verschiedene Entwürfe konnten nicht endgültig verabschiedet werden. Der Ministerrat seinerseits beauftragte ein besonderes Anlage 8 zu Drucksache 377 Sozialkomitee, das sich aus hohen Regierungsbe- amten zusammensetzt, mit der Vorbereitung eines Schriftlicher Bericht eigenen Entwurfes. des Ausschusses für Sozialpolitik (20. Ausschuß) Zunächst geht es um die Frage, ob das Abkom- über den Antrag der Abgeordneten Frau Dr. h. c. men so gefaßt sein soll, daß es auch von Ländern Weber (Essen), Dr. Mommer und Genossen (Druck- ratifiziert werden kann, deren Regierungen nur die sache 96) betr. Gemeinsame europäische Sozialpoli- Absicht bekunden, sich die aufgeführten sozialpoli- tik tischen Zielsetzungen zu eigen zu machen, ohne jedoch von Anfang an eine Reihe von ganz be- Berichterstatter: Abgeordneter Birkelbach stimmten bindenden Verpflichtungen zu überneh- Der Ausschuß für Sozialpolitik hat sich in seiner men. Des weiteren ist zu klären, ob die Zusiche- Sitzung vom 7. Mai 1958 mit diesem Antrag be- rung der absoluten Koalitionsfreiheit die Praxis des schäftigt und diesen mit einigen sprachlichen Än- „closed shop" anerkenne oder nicht. Eine andere derungen einstimmig angenommen. Staatssekretär Rechtsfrage, die noch zu klären ist, bezieht sich auf Dr. Claussen vom Bundesministerium für Arbeit die sogenannte Tarifautonomie. Inwieweit sollen und Sozialordnung gab einen Überblick über die die Regierungen verpflichtet sein, gewisse Rechte auf dem Gebiet der europäischen Sozialpolitik an- durch gesetzgeberische oder Regierungsmaßnahmen stehenden Fragen. Er behandelte in erster Linie zu gewährleisten, wenn im allgemeinen die Gestal- diejenigen Angelegenheiten, die zur Zeit im Rah- tung der Entlohnungs- und Arbeitsbedingungen in men des Europarates bearbeitet werden. dem betreffenden Land herkömmlicherweise der 1690 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode - 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

freien Vereinbarung zwischen Arbeitgeber- und Ar- Ländern erleichtern und im Laufe der Zeit dazu beitnehmerorganisationen vorbehalten bleibt? dienen können, eine fortschreitende Anhebung der Mindestbedingungen herbeizuführen. Was den materiellen Gehalt der zu übernehmen- den Verpflichtungen angelst, so wird zu entschei- Mit der Errichtung der Europäischen Wirtschafts- den sein zwischen einer Lösung, die durch ihre gemeinschaft werden zunächst zwei Fragen auf so- niedrig angesetzten Normen nur einen geringen zialpolitischem Gebiet eine besondere Rolle spie- Wert besitzt, und einer solchen mit hohen Normen, len: die allmähliche Verwirklichung der Freizügig- die aber dann zunächst nur von wenigen Ländern keit der Arbeitnehmer und die Abschirmung der ratifiziert werden würde. Besonders umstritten — Arbeitnehmer gegenüber den Risiken, die sich aus auch in der Beratenden Versammlung — ist die Zu- den durch den gemeinsamen Markt notwendig ge- sammensetzung und die Aufgabe des sogenannten wordenen Umstellungs- und Anpassungsmaßnah- Kontrollorgans. Einig war man sich zwar in der For- men für einzelne Unternehmungen ergeben werden. derung nach Einschaltung der unmittelbar Beteilig- Eine wichtige Vorbedingung für die Verwirk- ten, also der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerver- lichung der Freizügigkeit ist die Sicherstellung der treter, und in dem Willen, die engste Verbindung Rechte der Arbeitnehmer auf dem Gebiet der So- mit der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf zialversicherung im Falle der Arbeitsaufnahme in zu halten. Da aber die ersten Vorschläge einen auf- einem anderen Land. Ein Übereinkommen, das in geblähten „europäischen Wirtschafts- und Sozial- den einzelnen Ländern in aller Kürze in Form rat" vorsahen, der nahezu die gleiche Zahl von Mit- einer Regierungsverordnung gleichen Wortlauts in gliedern haben sollte wie die Beratende Versamm- Kraft gesetzt werden soll, wurde bereits durch die lung selbst, konnte man bisher zu keiner allgemein Hohe Behörde der Europäischen Gemeinschaft für akzeptierten Lösung kommen. Kohle und Stahl und die Internationale Arbeits- Die Sozialcharta würde sich im Materiellen auf organisation in Genf vorbereitet. folgende Gebiete erstrecken: Die Risikoabschirmung der Arbeitnehmer soll Das Recht der Arbeit einschließlich der Freiheit nach dem Vertrag über die Europäische Wirtschafts- der Arbeitsplatzwahl, die Begrenzung der Arbeits- gemeinschaft durch einen der Europäischen Kom- zeit, das Recht auf menschenwürdige Arbeitsbedin- mission unterstellten internationalen Sozialfonds gungen, das Recht auf angemessene Entlohnung, das gewährleistet werden. Sobald diese Einrichtung so- Koalitionsrecht einschließlich der Kollektivverein- weit ist, daß an eine praktische Auswertung des barungen, den Jugendschutz, den Mutterschutz, das Sozialfonds gedacht werden kann, wird man auch Recht auf Berufsausbildung, das Recht auf soziale in der Bundesrepublik, gegebenenfalls durch ge- Sicherheit, das Recht auf Freizügigkeit, der Schutz setzgeberische Maßnahmen, festlegen müssen, der Wanderarbeiter u. a. welche eigenen Leistungen zum Beispiel im Rahmen der Tätigkeit der Bundesanstalt für Arbeitsvermitt- Das Recht auf soziale Sicherheit ist in den ein- lung und Arbeitslosenversicherung erforderlich zelnen Ländern nach ganz verschiedenen Gesichts- sind, um diese Risikoabschirmung wirksam durch- punkten geregelt. Während in einem Land die Al- führen zu können. tersversorgung besonders gut ausgebaut ist, gibt es woanders einen besonders leistungsfähigen Ge- Der Vertreter der Bundesregierung sagte dem sundheitsdienst oder eine fortschrittliche Kinder- Ausschuß zu, ihn rechtzeitig und laufend über die geldregelung. Es erschien daher zweckmäßig, einen Gestaltung der europäischen Sozialpolitik zu unter- europäischen „Kodex der Sozialen Sicherheit" aus- richten. zuarbeiten. Vorbereitende Arbeiten sind seit ge- raumer Zeit im Gange; sie fußen auf der Konven- Bonn, den 4. Juni 1958 tion 102 der Internationalen Arbeitsorganisation über Mindestnormen der sozialen Sicherheit. Diese Birkelbach Mindestnormen sollen entsprechend dem auf Europa Berichterstatter beschränkten Geltungsbereich höher angesetzt wer- den, als das für die Konvention 102 möglich war. Dieser europäische „Kodex der Sozialen Sicherheit"- Anlage 9 zu Drucksache 375 wird sich nach den jetzt vorliegenden Entwürfen mit folgenden Fragen befassen: Ärztliche Betreu- Schriftliche Begründung ung, Krankengeld, Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Leistungen bei Alter, Leistungen bei Arbeitsunfäl- zu dem von den Abgeordneten Dr. Kopf, Dr. Böhm, len und Berufskrankheiten, Familienleistungen, Lei- Hilbert, Probst (Freiburg) und Genossen einge stungen bei Mutterschaft, Leistungen bei Invalidität, brachten Entwurf eines Gesetzes über die Neuglie- Leistungen an Hinterbliebene. derung des Gebietsteiles Baden des Bundeslandes Baden-Württemberg nach Artikel 29 Abs. 2 und 3 Beide Vorhaben, die „Europäische Sozialcharta" des Grundgesetzes (Drucksache 375) und der europäische „Kodex der Sozialen Sicher- heit" können durch die Errichtung der Europäischen Allgemeiner Teil Wirtschaftsgemeinschaft und die Schaffung einer europäischen Freihandelszone besondere Bedeu- Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts tung erlangen. Sie würden eine systematische vom 30. Mai 1956 — 2 Bv 1/56 — ist in der Zeit Orientierung der Sozialpolitik in den einzelnen vom 3. bis 16. September 1956 im Gebietsteil Baden Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1691

(früher Freistaat Baden im Gebietsumfang vom rungsgesetzes verdankt (vgl. Urteil vom 23. Okto- 9. Mai 1945) gemäß Artikel 29 Abs. 2 GG ein Volks- ber 1951). Es kann schließlich nicht zweifelhaft sein, begehren mit dem Ziel der Wiederherstellung des daß, wenn von Anfang an der badischen Bevölke- alten Landes Baden als selbständiges Bundesland rung die Möglichkeit der Durchführung eines Volks- durchgeführt worden. Von der zum Landtag des begehrens gegeben gewesen wäre, sie mehrheitlich Landes Baden-Württemberg im Gebietsteil Baden für die Wiederherstellung des Landes Baden ein- damals wahlberechtigten Bevölkerung von 2 054 534 getreten wäre (vgl. die Probeabstimmung vom haben sich 309 825 oder 15,1 v. H., als 50 v. H. mehr 24. September 1950). Mindestens besteht danach als nach Artikel 29 Abs. 2 Satz 2 GG erforderlich, eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür, daß wenn gültig in die Listen eingetragen. Das badische Artikel 29 GG nicht suspendiert gewesen wäre und Volksbegehren ist daher zustande gekommen. Nach die Rechtsgrundlage für die Neugliederung von dieser Initiative des badischen Volkes obliegt es Anfang an abgegeben hätte, der Bundesgesetzgeber dem Bundesgesetzgeber, gemäß Artikel 29 Abs. 2 der starken Initiative der badischen Bevölkerung und 3 GG ein Gesetz über die künftige Landes- Rechnung getragen hätte und die unnatürliche, zugehörigkeit des Gebietsteiles Baden zu beschlie- durch die Besatzungsmacht geschaffene Situation im ßen, das in diesem Gebietsteil zum Volksentscheid Südwesten nicht durch die Bildung des Landes zu bringen ist, bei dem die Mehrheit der für das Baden-Württemberg, sondern durch die Wiederher- Gesetz abgegebenen Stimmen entscheidet. stellung der alten Länder Baden und Württemberg normalisiert worden wäre. Mit anderen Worten: Der vorliegende Entwurf eines Neugliederungs- Der Wille der badischen Bevölkerung ist durch die gesetzes will der Gesetzesinitiative des badischen Besonderheit der politisch-geschichtlichen Entwick- Volkes, wie sie in dem um 50 v. H. überzeichneten lung überspielt worden . . . Volksbegehren zum Ausdruck gelangt ist, entspre- chen. Er kann nach der durch Urteil des Bundes- . . . Bei der Abstimmung am 9. Dezember 1951 verfassungsgerichts vom 30. Mai 1956 für zulässig haben — wenn man von dem Gebiet des früheren erklärten „Neugliederung in Phasen" auch unabhän- preußischen Landesteiles Hohenzollern absieht — gig von den Neugliederungsbestrebungen im übri- „zwei Bevölkerungen", die badische und die würt- gen Bundesgebiet vorgelegt werden. Das Urteil tembergische, in der Weise gemeinsam abgestimmt, führt hierzu aus: daß die zahlenmäßig stärkere die schwächere majo- risieren konnte. Es war also eine Abstimmung, in „ . . . Soweit das (die Neugliederung uno actu, also der die badische Bevölkerung gerade nicht selbst durch e i n Gesetz) nicht geschehen kann, ist die in bestimmen konnte, in welchem staatlichen Ver- Artikel 29 Abs. 2 bis 6 des Grundgesetzes gemeinte bande sie künftig leben will . . ." umfassende Aufgabe in Teilregelungen („Phasen") und technisch in einer Mehrzahl von Gesetzen zu Dem Gesetzentwurf liegt daher auch der Gedanke bewältigen . . ." der Wiedergutmachung zugrunde. Beim Volksent- scheid vom 9. Dezember 1951, der das Land Baden- Die vorläufige Gliederung im Südwestraum nach Württemberg schuf, stimmten in (Gesamt-) Baden Artikel 118 GG, die durch den Volksentscheid vom rund 53 v. H. für die Wiederherstellung des Landes 9. Dezember 1951 zur Bildung des Bundeslandes Baden (in Südbaden allein 62,2 v. H.) und nur Baden-Württemberg geführt hatte, bedarf nach dem 47 v. H. für die Vereinigung mit Württemberg. Das Zustandekommen des Volksbegehrens im Gebiets- badische Neugliederungsverlangen unterscheidet teil Baden einer baldigen Überprüfung nach den sich darum wesentlich von den übrigen Neugliede- Grundsätzen des Artikels 29 GG. Der wahlberech- rungsbestrebungen im Bundesgebiet. Die Verkür- tigten Bevölkerung des Gebietsteiles Baden kann zung der demokratischen Rechte der badischen Be- auch nach dem Urteil des Bundesverfassungs- völkerung bedarf nach der rechtsstaatlichen Ord- gerichts vom 30. Mai 1956 die Ausübung ihres nung einer raschen Korrektur. Dieser „zwingende Selbstbestimmungsrechts nicht länger vorenthalten Grund" rechtfertigt die bundesgesetzliche Vorweg- werden. Dort ist ausgeführt: nahme der badischen Neugliederung, die allein die rasche Beseitigung des auch von der Regierung „ . . . Das Grundgesetz perhorresziert (verabscheut),- weil es das demokratische Prinzip ernst nimmt, die des Landes Baden-Württemberg immer beklagten Bildung neuer Länder über den Kopf der Bevölke- und schädlichen Schwebezustandes im Südwestraum rung hinweg und will sicherstellen, daß unter sei- ermöglicht. ner Herrschaft jeder Bevölkerung, die dieses Schick- Der Gesetzentwurf geht davon aus, daß ein wie- sal erlitten hat, Gelegenheit gegeben wird, sich zur derhergestelltes Land Baden die sachlichen Neu- Frage ihrer zukünftigen Staatszugehörigkeit zu gliederungsgrundsätze des Artikels 29 Abs. 1 GG äußern . . . erfüllt. Zu diesem Ergebnis gelangte auch vorbe- . . . Die Aufgabe, die der Bundesgesetzgeber nach haltlos das Gutachten des sogenannten Luther- Artikel 29 Abs. 2 bis 6 GG heute zu erfüllen hat, ausschusses (Abschnitt D VIII Ziff. 21 ff. Seite 99). beschränkt sich also auf diesen Raum (den derzei- Der Umstand, daß Art. 29 Abs. 2 letzter Satz GG tigen Geltungsbereich des Grundgesetzes) . . . „die Bundesregierung" ausdrücklich verpflichtet, dem Gesetzentwurf über die Neugliederung einen . . . es kann weiter nicht zweifelhaft sein, daß das bestimmten Inhalt zu geben, kann das allgemeine Land Baden-Württemberg seine Entstehung nur der Recht der Gesetzesinitiative, das dem Bundestag besonderen Ausgestaltung des Zweiten Neugliede und seinen Mitgliedern zusteht, nicht berühren. 1692 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Besonderer Teil Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern vom 4. Mai 1951 — sog. 2. Neugliederungsgesetz — Zum Ersten Abschnitt (BGB1. I S. 284). Diese Grundsätze haben sich bei In § 1 Abs. 1 ist der Volksentscheid über die Wie- der Bildung des (provisorischen) Landes Baden- derherstellung des Bundeslandes Baden festgelegt. Württemberg bewährt. Die Bestimmung über die künftige Landeszugehö- Die Wahl des Badischen Ministerrates konnte den rigkeit des Gebietsteiles Baden erfolgt durch den in Baden gewählten Mitgliedern des badisch-würt- Bundesgesetzgeber, vorbehaltlich der Bejahung der tembergischen Landtags übertragen werden (§ 4), zur Abstimmung gestellten Frage durch das badi- für die Wahlen zur Verfassunggebenden Landesver- sche Volk, das nach Artikel 29 Abs. 3 GG allein sammlung das badisch-württembergische Landtags- zum Volksentscheid berufen ist. wahlgesetz mit seinen ergänzenden Vorschriften Das Ergebnis des badischen Volksbegehrens wie die vorgesehen werden (§ 5). Gründe des Urteils des Bundesverfassungsgerichts Die Rechte und Pflichten der badischen Übergangs- vom 30. Mai 1956 zwingen zu dieser Gesetzesfas- organe und der Regierung und des Landtages des sung, wenn dem Selbstbestimmungsrecht der Bade- Landes Baden-Württemberg entsprechen denen, die ner Rechnung getragen werden soll. Ein anderes im Zweiten Neugliederungsgesetz für die beteiligten Neugliederungsziel, etwa die Bestätigung des Lan- Länder und Stellen vorgesehen waren. des Baden-Württemberg, käme einer erneuten Be- Die finanzielle Auseinandersetzung zwischen dem einträchtigung des Eigenbestimmungsrechtes der neuen Bundesland Baden und dem Kerngebiet des Badener und einer Bekräftigung der bedenklichen Landes Baden-Württemberg sollte späterer Rege- Entscheidung vom Jahre 1951 gleich, die zum Nach- lung vorbehalten werden, da ihre Notwendigkeit teil des badischen Volkes trotz Artikel 79 Abs. 3 GG sich erst aus einem positiven Ausgang des Volks- das demokratische Prinzip und das Prinzip der entscheides ergeben wird. Rechtsgleichheit außer acht ließ. Eine solche Lösung widerspräche dem wahren Sinn des Grundgesetzes Zum Dritten Abschnitt und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Durch die Ausgliederung des Gebietsteiles Baden 30. Mai 1956; sie verstieße auch gegen Treu und wird nach § 13 des Entwurfes der Fortbestand des Glauben und verletzte erneut das Rechtsgefühl des bisherigen Bundeslandes Baden-Württemberg in badischen Volkes. dem Gebietsstand des früheren Landes (Gesamt-) § 1 Abs. 2 umschreibt den Gebietsteil Baden, in dem Württemberg mit dem früheren preußischen Landes- das Volksbegehren zustande kam und in dem daher teil Hohenzollern nicht berührt. Dessen Landeszuge- der Volksentscheid nach Artikel 29 Abs. 3 GG statt- hörigkeit wird nicht geändert. Die Abtrennung und finden muß. Verselbständigung des kleineren Gebietsteiles Für die Durchführung des Volksentscheids gilt das Baden läßt den Kern der größeren schwäbischen Gesetz vom 3. Dezember 1955 (BGBl. I S. 835). Als Lande samt der Landeshauptstadt unberührt. Für letzter Termin wird in § 2 des Entwurfs der 7. De- die Anordnung eines Volksentscheids auch in zember 1958 vorgeschlagen, jedoch kann der Bundes- (Gesamt-)Württemberg mit Hohenzollern fehlt es minister des Innern einen früheren Abstimmungs- daher an allen rechtlichen Voraussetzungen. Das tag festsetzen. Der Wortlaut des Stimmzettels ist Land Württemberg war schon vor dem Jahre 1945 durch Artikel 29 Abs. 3 GG bestimmt. Es kann nur ein reicher und leistungsstarker Bundesstaat. Es über das Gesetz als solches, nicht über eine be- kann nicht bezweifelt werden, daß es auch für sich stimmte Neugliederungsfrage abgestimmt werden. allein zusammen mit Hohenzollern in vorzüglicher Zur Verdeutlichung der Abstimmungsfrage für die Weise die Voraussetzungen des Artikels 29 Abs. 1 Masse der Abstimmenden empfiehlt es sich jedoch, GG erfüllt. der formalen Frage nach der Annahme oder Ableh- Da trotz der Abtrennung des Gebietsteils Baden nung des Gesetzes in einem erklärenden Zusatz das sich die Landeszugehörigkeit von (Gesamt-)Würt- Neugliederungsziel beizufügen. temberg mit Hohenzollern nicht ändert und dieses Gebiet als selbständiges Bundesland fortbesteht, Zum Zweiten Abschnitt - bedarf es auch nicht der Bestellung eines Über- In § 3 ist die Folge eines erfolgreichen Volksent- gangsregimes. Landtag und Regierung des bisheri- scheides niedergelegt: Wird das Gesetz mit der ein- gen Landes bleiben erhalten — wenn auch vermin- fachen Mehrheit der gültigen Stimmen bejaht, so ist dert durch die badischen Mitglieder. Sie können in das alte Land Baden als Bundesland wiederherge- eigener Zuständigkeit die durch die Abtrennung des stellt. Der genaue Zeitpunkt der Wiederherstellung Gebietsteiles Baden erforderlich werdenden Maß- ergibt sich aus § 7 Abs. 2 des Entwurfs. Mit diesem nahmen (Neuwahl des Landtages, Verfassungs- Zeitpunkt endet nach § 7 Abs. 3 auch die Mitglied- änderung, Bildung einer neuen Regierung, Ände- schaft der im Gebietsteil Baden gewählten Abgeord- rung der Landesgesetze, Berichtigung der Bezeich- neten des Landtags des bisherigen Landes Baden nung des Landes usw.) treffen. Die Regelung dieser Württemberg. Fragen durch den Bundesgesetzgeber würde in un- Die Übergangsregelung vom Volksentscheid bis zur zulässiger Weise in die Kompetenz des Landes ein- Wiederherstellung des neuen Bundeslandes Baden greifen. in §§ 3 bis 12 des Entwurfs folgt im übrigen fast Das Gesetz soll gemäß § 14 nach seiner Annahme wörtlich den Bestimmungen des Zweiten Gesetzes durch Volksentscheid am Tage nach seiner Verkün- über die Neugliederung in den Ländern Baden, dung in Kraft treten. Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958 1693

.) Anlage 10 Drucksache 305 nung 118 vom 1. Juli 1949 betr. den Nordwestdeut- schen Rundfunk sowie die dazugehörende Bekannt- Erster Schriftlicher Bericht machung vom 19. August 1949, die Verordnung 187 des Rechtsausschusses (12. Ausschuß) über den von vom 30. Oktober 1948 betr. Errichtung des Südwest- der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines funks sowie die Verordnung 188 vom 30. Oktober Dritten Gesetzes zur Aufhebung des Besatzungs- 1948 betr. Zuweisung der Rundfunkeinrichtungen an rechts (Drucksache 110) den Südwestfunk, jeweils in der Fassung der Ver- ordnung 278 vom 24. April 1952, zu streichen, da Berichterstatterin: Abgeordnete Frau Dr. Schwarz- eine Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers zur haupt Aufhebung dieser Vorschriften oder zum Erlaß von Der dem Bundestag bereits in der 2. Wahlperiode Ersatzvorschriften nicht gegeben sei. Der Rechtsaus- zugeleitete Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Auf- schuß hat zu dieser verfassungsrechtlichen Frage hebung des Besatzungsrechts ist von der Bundesre- keine Stellung genommen, sondern beschlossen, die gierung in der 3. Wahlperiode unverändert wieder genannten Vorschriften (mit Ausnahme der Bekannt- vorgelegt worden. Zweck des Gesetzentwurfs ist machung vom 19. August 1949) sowie zusätzlich die weitere Bereinigung der deutschen Rechtsord- noch das Gesetz Nr. 26 vorn 15. September 1949 nung von auf fremdem Recht beruhenden Bestand- betr. Verfügung über Vermögenswerte, die sich in teilen. Die Rechtsgrundlage hierfür sind Artikel 1 der amerikanischen Besatzungszone befinden und und 2 des Vertrages zur Regelung aus Krieg und vordem der Reichsrundfunkgesellschaft gehört ha- Besatzung entstandener Fragen, wonach besatzungs- ben, im Ausschuß anhängig bleiben zu lassen. Der rechtliche Vorschriften aufgehoben und außer Wirk- Ausschuß ging hierbei von der Auffassung aus, daß samkeit gesetzt werden können. über die vom Bundesrat aufgeworfene Frage nach der Gesetzgebungskompetenz des Bundes auf dem Zu 1 Gebiete des Rundfunkwesens nicht ohne eingehende Erörterung entschieden werden könne. Um die par- § 1 wurde unverändert Absatz 1. Es wurde als lamentarische Behandlung des Gesetzes im übrigen Absatz 2 eine Vorschrift angefügt, wonach das Ge- nicht zu verzögern, wurde die Entscheidung über setz Nr. 42 der Alliierten Hohen Kommission ledig- die rundfunkrechtlichen Bestimmungen zurückge- lich für Seeschiffe, die nach dem Flaggenrechtsgesetz stellt; die zurückgestellten Teile der Anlage bleiben vom 8. Februar 1951 (BGBl. I S. 79) die Bundesflagge im Ausschuß anhängig; sie werden später behandelt führen, nicht mehr anzuwenden ist. Für den Teil- und dem Plenum dann besonders vorgelegt werden. bereich der Binnen- und Interzonenschiffahrt muß 3. Entsprechend dem Wunsche des Bundesrates, das Gesetz in Kraft bleiben. dem sich die Bundesregierung angeschlossen hatte, wurde die Verordnung Nr. 284 vom 26. Juni 1954 Zur Anlage zu § i betr. die Ausübung der Jagd und Fischerei durch 1. Die Aufnahme des Gesetzes Nr. 5 des Obersten Angehörige der Alliierten Streitkräfte in der fran- Befehlshabers der Alliierten Streitkräfte betreffend zösischen Besatzungszone gestrichen. Ebenso wurde die Auflösung der Nationalsozialistischen Deutschen die Bekanntmachung vom 19. August 1949 betr. In- Arbeiterpartei in den Katalog dient der Rechtsberei- krafttreten von Bestimmungen über den Nordwest- nigung. Eine Änderung der Rechtslage tritt damit deutschen Rundfunk gestrichen. nicht ein, denn das Verbot der NSDAP, ihrer Glie- 4. Da bei einigen besatzungsrechtlichen Vorschrif- derungen und von Verbänden mit ähnlichen Bestre- ten nicht ganz zweifelsfrei ist, ob sie durch das Bun- bungen beruht seit Jahren auf deutschem Recht, desbankgesetz vom 26. Juli 1957 (BGBl. I S. 745) nämlich auf den Artikeln 9, 18 und 21 des Grund- aufgehoben worden sind, hat der Ausschuß in die gesetzes und den §§ 90 a und 93 StGB. Im Ausschuß Anlage 1 noch folgende Vorschriften neu aufgenom- wurde das Bedenken geäußert, ob die Nennung des men: Gesetzes Nr. 5 in dem Katalog nicht unter Umstän- a) Gesetz Nr. 15 vom 15. Dezember 1949 betr. den Anlaß zu der Mißdeutung geben könnte, die Änderung von Rechtsvorschriften über Bankwe- NSDAP solle wieder erlaubt werden. Dieses Miß- sen und Währungsreform (A I) verständnis war bereits in der ausländischen Presse- b) Gesetz Nr. 29 Artikel 2, 3, 4 und 5 vom 29. Juni aufgetaucht. Der Ausschuß hielt es jedoch für 1950 betr. Änderung von Rechtsvorschriften richtig, gerade mit der Aufhebung deutlich zu über Banken und Währungsreform (A I) machen, daß das Verbot der NSDAP auf deutschem Recht beruht. Gegen eine Streichung des Gesetzes c) Bekanntmachung vorn 1. April 1948 betr. Grün- Nr. 5 wurde auch eingewandt, daß diese nachträg- dung von Landeszentralbanken (E III) liche Streichung das Mißverständnis bestätigen d) Verordnung Nr. 155 a vom 16. Juni 1948 betr. könne, als habe die ursprüngliche Absicht, das Ge- Ermächtigung für die Landeszentralbanken, der setz Nr. 5 aufzuheben, wirklich eine Änderung der Bank deutscher Länder beizutreten, in der Fas- Rechtslage zugunsten der NSDAP bezweckt. Auf sung des AHK-Gesetzes Nr. 29 vom 29. Juni Grund dieser Erwägungen hat der Ausschuß ein- 1950 (G I) . stimmig der Vorlage der Bundesregierung zuge- stimmt. Zu §§ 2 und 3 2. Der Bundesrat hatte in seiner Stellungnahme § 3 der Regierungsvorlage wurde als Absatz 2 an zu dem Gesetzentwurf vorgeschlagen, die Verord § 2 angefügt. 1694 Deutscher Bundestag — 3. Wahlperiode — 30. Sitzung, Bonn, Donnerstag, den 12. Juni 1958

Zu §4 setzes zur Aufhebung des Besatzungsrechts (Druck- Die Vorschrift wurde unverändert angenommen. sachen 110, 305) Der Bundestag wolle beschließen: Zu §5 In der Anlage 1 (zu § 1) wird der Abschnitt B ge- Entsprechend dem Beschluß des Ausschusses, die strichen. Vorschriften zurückzustellen, in denen die Frage der Rundfunkgesetzgebung berührt wird, ist die Vor- Bonn, den 10. Juni 1958 schrift, wonach die Rechte der Rundfunkorganisatio- nen an den ihnen übertragenen Vermögensgegen- Ollenhauer und Fraktion ständen unberührt bleiben, herausgenommen wor- den und im Ausschuß anhängig geblieben. Anlage 12 Zu §6 Schriftliche Begründung Die Änderung ist durch die Neubekanntmachung zu dem Antrag der Fraktion der FDP betr. Zunahme des Einkommensteuergesetzes vom 13. Oktober 1957 von Mißgeburten (Drucksache 386) (BGBl. I S. 1793) bedingt und lediglich redaktionel- ler Art. Der mitbeteiligte Finanzausschuß hat § 6 Die Veröffentlichung des Bayreuther Kinder- ebenfalls zugestimmt. arztes Dr. Beck, wonach im Einzugsbereich der Kin- derklinik Bayreuth die Zahl der Neugeborenen mit Zu §7 Mißbildungen sich von 1,1 % im Jahre 1950 auf Entsprechend der Empfehlung des Finanzaus- 3,7 % im Jahre 1957 vermehrt habe, hat in der deut- schusses hat der Ausschuß in § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buch- schen Presse zu einer Reihe von Veröffentlichungen stabe c den Satz 2 gestrichen. geführt, welche teilweise dazu angetan sind, weite Teile der Bevölkerung in Sorge, Angst und Schrek- ken zu versetzen. Zu § 7a Es will und soll nicht Aufgabe unseres Antrages Die Bezugnahme auf § 8 mußte aus der Berlin- sein, dieses Gefühl der Angst noch zu erhöhen, son- Klausel herausgenommen werden, da diese Vor- dern wir hoffen im Gegenteil, daß durch umfang- schrift selbst entfällt. reiche Erhebungen der Bundesregierung festgestellt Die in § 7 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe 9 des Entwurfs werden kann, daß die Zahlen der Bayreuther Kin- vorgesehene Neufassung des § 2 Nr. 2 des Kraft- derklinik nicht generell auf das Bundesgebiet umzu- fahrzeugsteuergesetzes ist hinsichtlich der dort er- legen sind, zumal Herr Dr. Beck ausdrücklich darauf wähnten Fahrzeuge der Bundeswehr und des Bun- hingewiesen hat, daß er das Gebiet Oberfranken, desgrenzschutzes im Lande Berlin gegenstandslos, zufolge seiner geologischen Struktur, hinsichtlich da durch den vorliegenden Entwurf an dem recht- des Auftretens erhöhter Radioaktivität für beson- lichen und tatsächlichen Status nichts geän- ders gefährdet halte. dert werden kann und soll. Wir dürfen allerdings keineswegs die Augen ver- schließen vor der doch recht deutlichen Sprache, Zu §8 welche der auf Initiative des Deutschen Bundestages § 8 wurde gestrichen, da die darin vorgesehene eingesetzte Sonderausschuß Radioaktivität in sei- Ersatzbestimmung für den durch Artikel III des nem ersten Bericht vom Januar 1958, der den Mit- Kontrollratsgesetzes Nr. 34 gestrichenen § 127 der gliedern dieses Hauses zugegangen ist, spricht und Reichshaushaltsordnung durch das Bundesbesol- welches erschütternde Zahlenmaterial uns aus den dungsgesetz vom 27. Juli 1957 (BGBl. I S. 993) über- Städten Nagasaki und Hiroshima vorliegt. Die Be- holt ist. völkerung der Bundesrepublik hat ein Anrecht dar- auf, weder durch verallgemeinerte Zahlen in Angst noch durch oberflächliche Behauptungen in Sorg- Zu §§ 8 a und 9 - losigkeit versetzt zu werden. Die Bevölkerung der Diese Vorschriften enthalten die Saar-Klausel und Bundesrepublik wird dankbar empfinden, durch die die Bestimmung über das Inkrafttreten des Gesetzes. Annahme unseres Antrages zu wissen, daß Volks- vertretung und Bundesregierung gewillt sind, die Bonn, den 28. Februar 1958 für das ganze Bundesgebiet zutreffende Entwick- lung in dieser Frage festzustellen, um auf Grund Frau Dr. Schwarzhaupt dieser Feststellungen sich weitere Schritte über- Berichterstatterin legen zu können. Wir bitten Sie deshalb, den Antrag der Fraktion der Freien Demokratischen Partei anzunehmen. Anlage 11 Umdruck 54 Bonn, den 12. Juni 1958 Änderungsantrag der Fraktion der SPD zur Spitzmüller zweiten Beratung des Entwurfs eines Dritten Ge Dr. Mende und Fraktion