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Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg
Oberirdische Gewässer, Gewässerökologie 72
Gewässerentwicklung in 72
ie Baden-Württemberg Teil 3 – Arbeitsanleitung zur Erstellung von Gewässerentwicklungsplänen Oberirdische Gewässer, Gewässerökolog Gewässer, Oberirdische
LANDESANSTALT FÜR UMWELTSCHUTZ Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg BADEN-WÜRTTEMBERG 6.0524_LFU_Umschlag.qk4 28.06.2002 8:11 Uhr Seite 2
Titel Band Jahr der Preis Heraus- (falls gabe lieferbar)
Seenphysikalische Prozesse in Baggerseen Modellgestützte Bewertungs – und Entscheidungshilfen - 62 2000 15
Anlagen zur Herstellung der Durch- gängigkeit von Fließgewässern 63 2000 16
Beschaffenheit der Fließgewässer Jahresdatenkatalog 1999 CD-ROM 64 2001 30
Das Hochwasser vom Oktober/ November 1998 65 2000 12
Fließgewässer in Baden-Württem- berg als Lebensraum ausgewählter Artengruppen 66 2001 9
Untersuchungen zum Vorkommen von 67 2001 9 Xenobiotika in Schwebstoffen und Sedi- menten Baden-Württembergs
Schadstoff-Informationssystem- Wasser (SIWAS) 68 2001 15 CD-ROM
Hochwasserabfluss-Wahrscheinlich- keiten in Baden-Württemberg CD-ROM 69 2001 30
Gewässerstruktur- gütekartierung in Baden-Württemberg 70 2001 11
Beschaffenheit der Fließgewässer Jahresdatenkatalog 2000 CD-ROM 71 2002 10 6.0524_LFU_001.qk4 18.06.2002 12:45 Uhr Seite 1
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Teil 3 – Arbeitsanleitung zur Erstellung von Gewässerentwicklungsplänen
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IMPRESSUM
Herausgeber Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg
76157 Karlsruhe ë Postfach 21 07 52, http://www.lfu.baden-wuerttemberg.de
ISSN 1436-7882 (Bd. 72, 2002)
Bearbeitung Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg, Abteilung 4 – Wasser und Altlasten
Redaktion Arbeitsgemeinschaft Henrich und Jehle, Offenburg Projektbegleitender Arbeitskreis: Willi Bold, (Stadt Reutlingen); Bernhard Burkhart, Kerstin Schmitt, Bernd Walser (Gewässerdirektion Südlicher Oberrhein/Hochrhein); Waldemar Ehrmann (Gewässerdirektion Nördlicher Oberrhein); Jürgen Reich (WBW- Fortbildungsgesellschaft für Gewässerentwicklung); Dr. Hans-Helmut Klepser (Regierungspräsidium Tübingen); Walter Heuser (Stadt Stuttgart); Verena Friske (Landesanstalt für Umweltschutz)
Umschlaglayout Stephan May Grafik-Design, 76227 Karlsruhe
Titelbild Jutta Ruloff Dipl.-Designerin, 76275 Ettlingen
Druck Kraft Druck und Verlag GmbH, 76275 Ettlingen
Umwelthinweis gedruckt auf Recyclingpapier aus 100 % Altpapier
Bezug über Verlagsauslieferung der LfU bei JVA Mannheim - Druckerei, Herzogenriedstr. 111, 68169 Mannheim Telefax 0621/398-370
Preis 12,00
Nachdruck - auch auszugsweise - nur mit Zustimmung des Herausgebers unter Quellenangabe und Überlassung von Belegexemplaren gestattet. ¸ LfU Inhaltsverzeichnis 3
Inhaltsverzeichnis
ZUSAMMENFASSUNG ...... 5
1 EINFÜHRUNG ...... 6
1.1 Zielgruppe und Anwendungsbereich ...... 6
1.2 Ziele und Bedeutung der Gewässerentwicklung ...... 6
1.3 Gewässerentwicklung als Planungsinstrument ...... 9
2 AUFGABEN UND INHALTE EINES GEWÄSSERENTWICKLUNGSPLANS ....10
2.1 Gewässerentwicklungsplanung in Baden-Württemberg ...... 10
2.2 Aufgaben eines Gewässerentwicklungsplans ...... 10
2.3 Inhalt eines Gewässerentwicklungsplans ...... 11
3 ERSTELLUNG EINES GEWÄSSERENTWICKLUNGSPLANS ...... 13
3.1 Festlegen des Planungsgebietes ...... 14
3.2 Angebot und Auftragsvergabe ...... 15
3.3 Ermitteln der planungsrelevanten Daten und Unterlagen ...... 15
3.4 Bestandsaufnahme im Gelände ...... 18
3.5 Sonderuntersuchungen ...... 18
3.6 Leitbild ...... 19
3.7 Bewertung ...... 20
3.8 Entwicklungsziele ...... 21
3.9 Maßnahmen ...... 22
3.10 Plandarstellung ...... 25
4 HINWEISE ZUR VORGEHENSWEISE ...... 26
4.1 Einbeziehung von Dritten in die Planungsphase ...... 26
4.2 Vorstellung des Gewässerentwicklungsplans ...... 27
4.3 Öffentlichkeitsarbeit ...... 28 4 Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg ¸ LfU
4.4 Integration in die rechtsverbindliche Planung ...... 30
4.5 Erfolgskontrolle und Fortschreibung ...... 31
5FÖRDERMÖGLICHKEITEN ...... 33
5.1 Förderrichtlinie Wasserwirtschaft ...... 33
5.2 Weitere Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten ...... 33
6 LITERATUR ...... 35
Anlagen
1 MUSTER-INGENIEURVERTRAG
2 CHECKLISTE FÜR EIN LEISTUNGSVERZEICHNIS
3 AUSWERTUNG DER UMFRAGE HONORARE VON GEWÄSSERENTWICKLUNGS- PLÄNEN
Anhang : Beispiele von Gewässerentwicklungsplänen Echaz Naturraum: Vorland der mittleren schwäbischen Alb, Mittlere Kuppenalb, Schönbuch und Glemswald
Erlenbach Naturraum: Mittlerer Schwarzwald (Unterer Grundgebirgs-Schwarzwald / Breite Schwarz- wald-Talsohlen)
Heidenwuhr Naturraum: Südlicher Hochflächenschwarzwald (Hotzenwald)/ Hochrheingebiet
Kaibach Naturraum: Mittleres Albvorland (Echaz-Albvorland, Echaz-Randbucht)
Kanzelbach Naturraum: Vorderer Odenwald / Südlicher Grundgebirgs-Odenwald
Körsch Naturraum: Filderebene (Keuper und Lias)
Lipbach Naturraum: Oberschwäbisches Hügelland/Bodenseebecken
Rench Naturraum: Nördliche Ortenauer Vorbergzone
Rinnbach Naturraum: Mittleres Oberrhein-Tiefland 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 5
© LfU Zusammenfassung 5
ZUSAMMENFASSUNG
In der Schriftenreihe „Oberirdische Gewässer, Der Leitfaden „Gewässerentwicklung in Baden- Gewässerökologie“ werden von der Landesan- Württemberg“ ist in vier Teilen konzipiert: Teil 1 stalt für Umweltschutz Baden-Württemberg Ar- des Leitfadens erschien 1999 als Einführung und beitshilfen zur naturnahen Gewässerentwicklung befasst sich mit den rechtlichen und fachlichen herausgegeben. Die Arbeitsmaterialien werden Grundlagen, insbesondere mit den Zielen und gemeinsam mit Fachleuten aus der Praxis erar- Umsetzungsmöglichkeiten einer naturnahen Ge- beitet. Sie richten sich an Behörden, Planer und wässerentwicklung, er wird zurzeit fortgeschrie- Betroffene gleichermaßen. ben. Teil 2 des Leitfadens erschien 1998 als ver- Die Gewässerentwicklung stellt gegenwärtig und waltungsinterne Loseblattsammlung, er be- auch in Zukunft mit der europäischen Wasserrah- schreibt die Vorgehensweise bei der Erstellung menrichtlinie ein zentrales Aufgabenfeld der von Gewässerentwicklungskonzepten. Wasserwirtschaft in Baden-Württemberg dar. Da Der Teil 3 des Leitfadens wird als Arbeitsanlei- die Gewässer die verbindenden Elemente der tung zur Erstellung von Gewässerentwicklungs- Landschaften sind, ist die naturnahe Entwicklung plänen vorgelegt und ist eine Richtschnur für die unserer ausgebauten Gewässer von großer Be- längerfristige Koordination aller Maßnahmen zur deutung. Zu den klassischen Nutzungen hinzu- naturnahen Entwicklung. Der Leitfaden be- gekommen ist der Erholungs- und Erlebniswert schreibt die Vorgehensweise bei der Erstellung für den Menschen, der an naturnahen Gewäs- eines Gewässerentwicklungsplans, gibt Hinweise sern am größten ist. Auch er gehört zu den Zielen zur Umsetzung im Zusammenhang mit der Bau- der Gewässerentwicklung. leitplanung einschließlich frühzeitiger aktiver Be- Ziel der Gewässerentwicklung ist die Erhaltung teiligung der Öffentlichkeit und enthält eine Über- und Entwicklung funktionsfähiger Fließgewässer- sicht über die derzeitigen Fördermöglichkeiten. Ökosysteme und eine nachhaltige Gewässerbe- Als Anlagen ist ein Muster-Ingenieur-Vertrag, eine wirtschaftung. Dies gilt für die Gewässerstruktur Checkliste für die Erstellung eines Leistungsver- und das Abflussgeschehen ebenso wie für die zeichnisses und eine Übersicht über Honorarer- Lebensraumqualität für Pflanzen, Tiere und den fahrungswerte aus Baden-Württemberg beige- Menschen selbst. Die Ziele der Gewässerent- fügt, außerdem sind im Anhang ausführliche Bei- wicklung werden nur erreicht, wenn der Schutz spiele aus Gewässerentwicklungsplänen darge- der Gewässer vor Einträgen von Schad- und stellt. Nährstoffen und vor hygienischer und thermi- Im Teil 4 soll zu einem späteren Zeitpunkt der scher Belastung in ausreichendem Umfang er- Stand der Gewässerentwicklung in Baden –Würt- folgt. temberg dokumentiert werden. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 6
6 Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg © LfU
1 EINFÜHRUNG
1.1 Zielgruppe und Anwendungsbereich 1.2 Ziele und Bedeutung der Gewässerentwicklung Der vorliegende Leitfaden ist für die Träger der Unterhaltungslast, das sind Fließgewässer und ihre Auen sind bedeutende - die Gewässerdirektionen und Bereiche Lebensräume unserer Landschaft. Sie werden für Gewässer I. Ordnung, aufgrund ihrer vernetzenden Eigenschaften zu - die Städte und Kommunen für Gewässer Recht als Lebensadern bezeichnet. Die hohe II. Ordnung und ökologische Wertigkeit von Fließgewässern und die Planungsbüros als Auftragnehmer zur Er- ihre vielfältigen Wechselbeziehungen mit der sie stellung der Gewässerentwicklungspläne umgebenden Landschaft sind jedoch durch ver- konzipiert. schiedene, auch heute noch ständig zunehmen- Der Leitfaden soll eine Arbeitshilfe zur Erstellung de Eingriffe und Nutzungen eingeschränkt. Die von Gewässerentwicklungsplänen für Fließge- sich intensivierende Landnutzung hat parallel mit wässer in Baden-Württemberg sein. dem Ausbau und der Unterhaltung dazu geführt, dass die natürlichen Auen fast vollständig ver- schwunden sind. Ebenso ist ein Rückgang der regional unterschiedlichen Kulturlandschaften zu verzeichnen. Naturnahe Kulturlandschaften be- sitzen aufgrund des vielfältigeren Angebots an unterschiedlichen Lebensräumen eine höhere Artenvielfalt als Naturlandschaften. Auch deshalb ist Gewässerentwicklung notwendig geworden.
Das Ziel der Gewässerentwicklung ist das Wiederherstellen naturnaher Gewässer als funktionsfähige Fließgewässer-Ökosysteme mit den Teilzielen
Naturnahe Regelung des Wasserhaushalts und des Abflussgeschehens Erhaltung bzw. Wiederherstellung naturnaher Gewässerstrukturen Verbesserung der Lebensverhältnisse für Flora und Fauna im und am Gewässer
unter Beachtung der gesellschaftlichen Bedingungen und der zulässigen Nutzungen im Sinne einer nachhaltigen Gewässerbewirtschaftung. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 7
© LfU Ziel und Bedeutung der Gewässerentwicklung 7
Gewässer haben für den Menschen seit jeher ei- ist, als weiterer Aspekt zu den klassischen Nut- ne besondere Bedeutung. Für den heutigen zungen hinzugekommen und gehört somit auch Menschen ist der Erholungs- und Erlebniswert, zu den Zielen der Gewässerentwicklung. welcher an naturnahen Gewässern am größten
Abbildungen 1 und 2 : Naturnahe, gut zugängliche Gewässer haben eine große Anziehungskraft auf den Menschen (Fotos: Reich, Jehle).
Die biologische Gewässergüte hat sich in den darstellt. Jedoch hat sich gezeigt, dass trotz Ver- beiden letzten Jahrzehnten fortlaufend verbes- besserung der Gewässergüte die fließgewässer- sert. So ist der Anteil der Gewässer mit Gütedefi- typischen Tier- und Pflanzenarten weiter im Rück- ziten (Güteklassen II-III bis IV) von 40,9 % (1981) gang sind. Die Gründe hierfür sind hauptsächlich auf 23,8 % (1998) zurückgegangen (LfU 1998). der mangelhafte strukturelle (morphologische) Dies ist überwiegend das Ergebnis der landes- Zustand der Gewässer, diffuse Stoffeinträge und weit verbesserten Abwasserreinigung und Re- Gewässernutzungen (Abbildung 3). Dadurch er- genwasserbehandlung. Diese Anstrengungen gibt sich die Notwendigkeit einer ganzheitlichen zum Schutz der Gewässer müssen fortgeführt Betrachtung eines Fließgewässers, d.h. das Ge- werden, da eine ausreichend gute Wasserbe- wässer, einschließlich der Ufer- und Auenbereiche schaffenheit die Voraussetzung für die weitere ist als Lebensraum und Ökosystem zu berück- Entwicklung des Lebensraums Fließgewässer sichtigen. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 8
8 Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg © LfU
Ferner sind das ganze Einzugsgebiet als Stofflie- Auch die zulässigen Nutzungsansprüche sind zu ferant und die Wechselwirkungen zwischen dem beachten. Gewässer und seinem Umfeld einzubeziehen.
Abbildung 3 : Nutzungen an Fließgewässern (vereinfacht).
Für die Gewässer gilt es heute, die meist starken chende Anzahl an ökologisch funktionsfähigen Veränderungen der Gewässerstruktur zu erken- Bächen und Flüssen in unserer Landschaft vor- nen. Die fließgewässertypischen Tier- und Pflan- handen sind. Gewässerabschnitte, die sich auf- zenarten sind, abgesehen von einer Reduktion grund der Eingriffe auch über längere Zeiträume auf ein für sie erträgliches Maß an Schad- und nicht naturnah entwickeln können (z.B. harter Nährstoffeinträgen, auf naturraumtypische Bäche Uferverbau, Querbauwerke), sind soweit möglich und Flüsse angewiesen. Ziel ist die naturnahe durch geeignete Maßnahmen umzugestalten Gewässerentwicklung. Hierfür sind naturnahe (Rückbau, Ersatz durch ingenieurbiologische Gewässer zu erhalten, beeinträchtigte Gewässer Sicherung). naturnah zu entwickeln, so dass eine ausrei- 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 9
© LfU Gewässerentwicklung als Planungsinstrument 9
1.3 Gewässerentwicklung als Planungsinstrument
Die Gewässerentwicklungsplanung ist ein Planungsinstrument um vorhandene Informa- tionen zu sammeln, zu bündeln und die für die Gesamtbetrachtung des Gewässers feh- lenden Informationen zu erarbeiten und abzustimmen. Die Gewässerentwicklungsplanung zeigt alle notwendigen Maßnahmen auf, um die an- gestrebten Ziele zu erreichen. Bei einer fachgerechten Planung werden alle das Fließ- gewässerökosystem prägenden Faktoren berücksichtigt.
Dieses Vorgehen gilt auch für urbane Gewässer. Mit dem Gewässerentwicklungsplan hat der Allerdings sind in städtischen Bereichen die Nutz- Unterhaltungslastträger eine fundierte Grund- ungsansprüche differenzierter und meist höher. lage für die Arbeit am Gewässer. Der Gewässer- Häufig sind dort dementsprechend auch Städte- entwicklungsplan gibt die Richtschnur vor, und landschaftsplanerische Ziele sowie Möglich- was an einem Gewässer von der Unterhaltung keiten zur Erholung, Freizeitgestaltung und Aus- bis zur längerfristigen Entwicklung zu tun ist. übung von Sport zu berücksichtigen. Dadurch können auch einzelne, kleinere Maß- nahmen sinnvoll koordiniert werden, so dass im Lauf der Jahre aus den einzelnen Teilen wie bei einem Puzzle ein ganzes, neues Bild entsteht. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 10
10 Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg © LfU
2 AUFGABEN UND INHALTE EINES GEWÄSSERENTWICKLUNGSPLANS
2.1 Gewässerentwicklungsplanung 2.2 Aufgaben eines in Baden-Württemberg Gewässerentwicklungsplans
Die Gewässerentwicklung stützt sich rechtlich Die Hauptaufgabe des Gewässerentwicklungs- auf das Wasserhaushaltsgesetz und das Wasser- plans ist es, unter Beachtung der Randbedin- gesetz Baden-Württemberg in dem z. B. in § 68a gungen (z.B. Infrastruktur, Hochwasser- Abs. 1 steht: „Der Träger der Unterhaltungs- schutz), Entwicklungsziele und darauf auf- last ... hat ... die Aufgabe, bei nicht naturnah bauende Maßnahmenvorschläge zu erarbei- ausgebauten Gewässern in einem angemes- ten. Eine weitere wichtige Aufgabe des Plans ist senen Zeitraum die Voraussetzungen für eine die Berücksichtigung und Integration übergeord- naturnahe Entwicklung zu schaffen. Hierzu neter Planungen bzw. Fachplanungen anderer sind Gewässerentwicklungspläne aufzustel- Disziplinen und die frühzeitige Abstimmung mit len.“ Die weiteren rechtlichen Grundlagen sind allen Beteiligten. Insbesondere mit inhaltlich nah im Leitfaden Teil 1, der zur Zeit fortgeschrieben verwandten Planwerken (z.B. Landschaftsplan) wird, in einem eigenen Kapitel abgehandelt. sollte eine enge Abstimmung gesucht werden, Auch die europäische Wasserrahmenrichtlinie dies könnte besonders gut bei zeitlich paralleler (Richtlinie 2000/60/EG vom 23.10.2000) definiert Erarbeitung gelingen. Deshalb sind von Beginn in Artikel 4 Umweltziele: „Die Mitgliedstaaten an alle Behörden, Verbände und sonstige Institu- schützen, verbessern und sanieren alle Ober- tionen, die mit dem Schutz, der Pflege und Unter- flächenwasserkörper ... mit dem Ziel, spätes- haltung des Gewässers beauftragt sind, in die tens 15 Jahre nach Inkrafttreten dieser Richt- Planung einzubeziehen bzw. über die Planung zu linie ... einen guten Zustand der Oberflächen- informieren. gewässer zu erreichen.“ Durch den Austausch mit Bürgern, Verbänden Ein Gewässerentwicklungsplan baut üblicherwei- und anderen Betroffenen (z.B. Fischerei) kann se auf einem Gewässerentwicklungskonzept auf. der Planer neben der Erfassung des aktuellen Gewässerentwicklungskonzepte werden von den Datenstands auch zu Hintergrundwissen, Zu- Gewässerdirektionen für alle Gewässer mit ei- sammenhängen und Hinweisen (Geschichte, nem Einzugsgebiet größer 20 km2 erstellt. Ist ak- Nutzungskonflikte etc.) über das Gewässer ge- tuell noch kein GEK vorhanden, so sind im Rah- langen, die allein aus der Datenerhebung und men des Gewässerentwicklungsplans wichtige Geländeaufnahme nicht erfassbar sind. Inhalte wie z.B. naturräumliche Grundlagen und gewässerkundliche Daten aufzuarbeiten. Auf Landesebene werden Zielvorstellungen der Ge- wässerentwicklung formuliert. Landesübersichten dienen als Grundlage für Programme und Rah- menvorgaben der Politik und Verwaltung. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 11
© LfU Inhalt eines Gewässerentwicklungsplans 11
Auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme ist im Gewässerentwicklungsplan der Ist-Zustand mit dem Leitbild (heutiger potenzieller natürlicher Gewässerzu- stand, hpnG) zu vergleichen und eine Bewertung des Gewässerzustands durch- zuführen. Unter Berücksichtigung der Randbedingungen leiten sich die Entwick- lungsziele und daraus resultierend die notwendigen Maßnahmen zum Erreichen der Ziele ab.
2.3 Inhalt eines Gewässerent- wicklungsplans
Bei der Aufstellung eines Gewässerentwick- lungsplans sind mindestens folgende Punkte zu berücksichtigen bzw. zu erheben:
Inhalt des Gewässerentwicklung s p lans
½ Planungsrelevante Vorgaben
½ Naturräumliche Daten
½ Gewässerzustand
½ Hydrologische und hydraulische Daten
½ Historischer Gewässerverlauf und historische Gewässernutzungen
½ Geländeaufnahme (heutige Situation)
½ Vorhandene Gutachten und Planungen
½ Gewässernutzungen, Wasserrechte, Bewilligungen und Erlaubnisse
½ Leitbild
½ Bewertung des Ist-Zustandes
½ Entwicklungsziele
½ Maßnahmen
½ Priorisierung der Maßnahmen 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 12
12 Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg © LfU
Im Normalfall sind der momentane Gewässerzu- Biotoptypen durch eigene Kartierung zu erheben. stand (baulicher Zustand, Morphologie, Beson- Alle anderen Punkte sollten aus dem vorhande- derheiten wie z.B. Müllablagerungen), die an- nen Datenmaterial ohne vertiefende Untersu- grenzende Landnutzung sowie die vorhandenen chungen zu klären sein.
Ein Gewässerentwicklungsplan gliedert sich in:
Erläuterungsbericht, Beschreibung der einzelnen Gewässerabschnitte und Planteil.
Der Erläuterungsbericht enthält allgemeine An- z. B. auf der Grundlage einer Datenbank erfol- gaben zum Gewässer (Geologie, Hydrologie) gen. Standardisierte Datenblätter, mit Foto, er- und zur Gewässerentwicklung. Ebenso stellt er leichtern den Überblick. Der Planteil sollte auf je- Methodik und Vorgehensweise des speziellen den Fall aus einem Bestandsplan, einer Bewer- Gewässerentwicklungsplans vor. Die Beschrei- tung der einzelnen Abschnitte und aus einem bung der einzelnen Gewässerabschnitte kann Maßnahmenplan bestehen. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 13
© LfU Erstellung eines Gewässerentwicklungsplans 13
3 ERSTELLUNG EINES GEWÄSSERENTWICKLUNGSPLANS
Datenerhebung (siehe 3.3) Ermitteln der planungsrelevanten Unterlagen
Bestandsaufnahme (siehe 3.4) Aufnahme der Morphologie, der Biotoptypen und der angrenzenden Nutzungen
Leitbild (siehe 3.6) Vorbild-, Referenzgewässer (hpnG)
Bewertung (siehe 3.7) Abweichung des aktuellen Zustands vom Leitbild
Entwicklungsziele (siehe 3.8) Festlegung der realisierbaren Ziele
Maßnahmen (siehe 3.9) Schrittweise Umsetzung zum Erreichen der Ziele
Abbildung 4 : Ablaufschema 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 14
14 Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg © LfU
3.1 Festlegen des Planungsgebiets
Der Auftraggeber (Unterhaltspflichtiger) legt üb- Unter Umständen kann es ausreichend sein, ein- licherweise mit Beteiligung der Gewässerdirekti- zelne Abschnitte (wie Naturschutzgebiete, Wald- on/Bereich den zu untersuchenden Gewässerab- strecken) weniger intensiv zu bearbeiten. Für schnitt fest und wird sich hierbei an den Grenzen diese Abschnitte sollten zumindest die Grundla- seiner Unterhaltungspflicht (z. B. Gemeindegren- gen entsprechend den Inhalten des Gewässer- zen) orientieren. Im Gewässerentwicklungskon- entwicklungskonzepts aufgearbeitet werden. zept werden häufig Abschnitte vorgeschlagen, für die ein Gewässerentwicklungsplan aufgestellt In der Planung ist die gesamte Breite des Tal- werden sollte. raums zu betrachten. Intensiv zu bearbeiten ist außer dem Gewässerbett beidseitig der für die Wenn kein Gewässerentwicklungskonzept vor- Gewässerentwicklung notwendige Streifen als liegt, ist es, sowohl aus finanzieller als auch aus potentieller Gewässerentwicklungsraum. Dieser ökologischer Sicht, sinnvoll, längere Abschnitte – sollte je nach Größe, Typ und örtlichen Verhält- möglichst von der Quelle bis zur Mündung – zu nissen 20 – 100 Meter breit sein. bearbeiten. In diesem Fall hat sich der Zusam- menschluss mehrerer Unterhaltungslastträger für die Beauftragung eines Gewässerentwicklungs- plans bewährt. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 15
© LfU Angebot und Auftragsvergabe 15
3.2 Angebot und Auftragsvergabe
In der Leistungsbeschreibung ist der Leistungs- Umfrage über Honorare von bereits vergebenen umfang und der geplante Zeitaufwand so detail- Gewässerentwicklungsplänen durchgeführt. Dem- liert wie möglich festzulegen. In Anlage 2 (Check- nach liegt die Preisspanne für Gewässerentwick- liste Leistungsverzeichnis) sind als Hilfestellung lungspläne von 700 EUR/km bis zu 3.200 EUR/km. die wichtigsten Punkte eines Leistungsverzeich- Diese Spanne ergibt sich aus dem Detaillie- nisses zur Erstellung eines Gewässerentwick- rungsgrad, den Ansprüchen des Auftraggebers lungsplans dargestellt. Aufgrund der Vegetations- und den individuellen Anforderungen des Gewäs- erhebungen sollte zwischen Auftragsvergabe sers. Die Auswertung der Umfrage und Vorschläge und Abgabetermin ein Frühsommer liegen. Die zur Preisgestaltungen werden in Anlage 3 wieder- Preise pro Kilometer Gewässerentwicklungsplan gegeben. sind u.a. von der Gesamtplanungslänge abhän- gig. Üblicherweise steigt der Preis/km je kürzer Bei der Erstellung von Gewässerentwicklungs- die Planungsstrecke ist, da der Datenerhebungs- plänen wird für die einzelnen Leistungen üb- aufwand teilweise unabhängig von der Planungs- licherweise folgender Zeit- und Arbeitsaufwand länge ist. In diesem Zusammenhang wurde eine kalkuliert (in % vom Gesamtaufwand):
1. Klären der Aufgabenstellung und Ermitteln des Leistungsumfangs 1 - 3 Ermitteln der Voraussetzungen zur Lösung der Planungsaufgabe
2. Ermitteln der Planungsgrundlagen und Sichten der vorhandenen Daten und 15 - 22 Unterlagen
3. Bestandsaufnahme im Gelände; Leitbild und Bewertung 20 - 25
4. Entwurf 30 - 40 Erarbeiten von Entwicklungszielen und Maßnahmen
5. Endgültige Planfassung 5 - 10
3.3 Ermitteln der planungsrelevanten Daten und Unterlagen
Die bereits vorhandenen Daten und Unterlagen Punkt ein zentraler Aspekt des Gewässerent- zu ermitteln, zu sichten, auf Plausibilität zu prü- wicklungsplans. Hierdurch bekommt der Unter- fen und die gewässerrelevanten Aussagen in den haltungslastträger einen aktuellen Bestandsplan Gewässerentwicklungsplan einzubauen, kann und ein Werkzeug für die tägliche Arbeit (z. B. sehr zeitaufwendig sein. Gleichzeitig ist dieser Ausarbeitung von Stellungnahmen). 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 16
16 Gewässerentwicklung in Baden-Württemberg © LfU
Vorhandene Daten und Unterlagen erheben:
Übergeordnete Planungen ½ Regionalplan, Landschaftsrahmenplan, ½ Flächennutzungsplan, Landschaftsplan
½ Gewässerentwicklungskonzept1 ½ Einstufung nach Wasserrahmenrichtlinie
Schutzgebiete / Biotope ½ Wasserschutzgebiete
½ Überschwemmungsgebiete (Ausuferungsstrecken)
½ Naturschutzgebiete / Landschaftsschutzgebiete / Naturdenkmale /
geschützte Grünbestände
½ Besonders geschützte Biotope nach § 24a Naturschutzgesetz Baden-Württemberg
½ Regional bedeutsame Biotope und regionaler Biotopverbund
½ Natura 2000 (Biotope/Flächen der FFH-Richtlinie)
Naturräumliche Daten ½ Angabe des Naturraums, evtl. Standorttyp
½ Gewässertypologie
½ Klima, Niederschlag
½ Geologie, Boden, Geomorphologie
Historischer Gewässerverlauf und Gewässernutzung Hierbei sind insbesondere historische Karten und Berichte heranzuziehen (z.B. Aus- bauplanung, alte Flurkarten aus dem 19. Jhrd.), um einen früheren naturnahen Gewässerverlauf und die kulturhistorische Landschaftsentwicklung ermitteln zu können.
1 Inhalte sind in den Gewässerentwicklungsplan zu übernehmen. 6.0524_LFU_005_032.qk4 19.06.2002 11:28 Uhr Seite 17
© LfU Ermitteln der planungsrelevanten Daten und Unterlagen 17
Gewässerzustand ½ Gewässergüte ½ Gewässermorphologie (-struktur)
½ Gewässernutzungen (Wasserkraft, Ein- und Ausleitungen etc.) aus dem Wasser- buch, Wasserkraftkataster ½ Gewässerkreuzungen, parallele Leitungen
Hydrologische und hydraulische Daten ½ Größe des Einzugsgebiets
½ Niedrig-, Mittel- und Hochwasserabflussmenge (mit 5-, 10- und 100- Jährlichkeit)
½ Gefälle und Abflussspende, Versickerungen
½ Grundwassersituation
Gutachten / Studien z. B. Fischerei, Makrozoobenthos, Vögel, Muscheln, Wanderungshindernisse
Rechtsverbindliche Pläne z. B. Bebauungsplan, Planfestgestellte Vorhaben, Gewässerausbauplan
Dabei können aus folgenden Karten (Auswahl) Informationen entnommen werden: